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Christian Thielscher 1. Jahrestagung der DGFM 2012 Düsseldorf | 14. November 2012 Tagungsband in Kooperation mit Führung und Marktorientierung in Medizin und Pflege

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  • Christian Thielscher

    1. Jahrestagung der DGFM 2012 Düsseldorf | 14. November 2012

    Tagungsband

    in Kooperation mit

    Führung und Marktorientierung in Medizin und Pflege

  • 1. Jahrestagung der DGFM 2012Führung und Marktorientierung in Medizin und Pflege

    Essen 2013

    © 2013 by

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  • Jahrestagung der DGFM 2012

    Vorwort

    Die 2011 gegründete Deutsche Gesellschaft für Führung und Marktorientierung in der medi-zinischen und pflegerischen Versorgung e. V. (DGFM) hat sich zum Ziel gesetzt, das Marke-ting im Gesundheitswesen zu erforschen und zu verbessern. Die Mitglieder der DGFM sind Praktiker und Wissenschaftler aus dem Bereich des Gesundheitswesens, die zusammen Konzepte und Strategien entwerfen und somit praxisnahe Lösungen zur Gestaltung optimier-ter Führungs- und Marketingprozesse im Gesundheitswesen entwickeln.

    Auf der 1. Jahrestagung der DGFM Im Rahmen der MEDICA 2012 wurden Ergebnisse und Forschungsansätze der einzelnen Forschungsfelder von Vertretern der DGFM aus Wissen-schaft und Praxis erstmals vorgestellt und diskutiert. Dabei standen Themen wie Akquise von geeignetem Personal, Web 2.0 bzw. Einsatz von Social Media, Krankenhausmarketing sowie die Möglichkeiten des Einsatzes von IT im Krankenhaus im Vordergrund.

    Dabei arbeitet die DGFM eng mit der FOM Hochschule sowie mit weiteren Wissenschafts- und Wirtschaftspartnern zusammen, deren Akteure wesentliche Anteile in die Forschungs-leistung mit einbringen. Auf Basis des im Juni 2012 geschlossenen Kooperationsvertrags verfolgen DGFM und FOM gemeinsam das Ziel, den Dialog zwischen Wissenschaft und Praxis über gesundheitswirtschaftliche Themen zu fördern. Hierzu initiiert der Vorstand der DGFM, dem unter anderen Prof. Dr. Dr. Christian Thielscher (Wissenschaftlicher Leiter des KCG KompetenzCentrum für Management im Gesundheits- und Sozialwesen an der FOM) angehört, Veranstaltungen und Publikationen und überträgt so die Expertise in die Lehre der FOM.

    Der FOM Hochschule ist es ein Anliegen und eine große Freude zugleich, mit diesem Ta-gungsband die ersten Ergebnisse gemeinsamer Forschungsprojekte vorstellen zu können. Es ist mir eine angenehme Pflicht, in diesem Zusammenhang Herrn Prof. Dr. Dr. Thielscher stellvertretend für alle an diesem Band beteiligten Akteure herzlich für ihr Engagement zu danken. Wir freuen uns auf die Fortsetzung der wissenschaftlichen Kooperation, die sicher auch Niederschlag in weiteren Publikationen finden wird und laden die interessierte Fachöf-fentlichkeit herzlich ein, an dem begonnen Fachdialog teilzunehmen und zu partizipieren.

    Prof. Dr. Thomas Heupel Prorektor Forschung der FOM Hochschule

  • Die Referenten

    Die Referenten

    Dipl.-Kfm. Horst Defren

    ist seit 1990 Geschäftsführer der Kliniken Essen-Mitte Evang. Huyssens-Stiftung/Knappschaft GmbH. In dieser Zeit leitete er die Fusion von zwei Krankenhäusern und die Kooperation mit Nieder-gelassenen und Einrichtung einer Klinik für Naturheilkunde.

    Heinz D. Diste

    ist seit 2007 Geschäftsführer der Contilia Gruppe und der Contilia Mana-gement GmbH in Essen. Zudem ist er Hauptgeschäftsführer der St. Elisa-beth Stiftung e. V. Darüber hinaus ist er Fachhochschul-Dozent und viel-facher Referent im Bereich Marketing.

    Prof. Dr. Dr. Wilfied von Eiff

    Im Anschluss an das Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Uni-versität Gießen war Prof. von Eiff als Projektleiter am Institut für Indust-riewirtschaft der Universität Tübingen tätig. Von 1977 bis 1980 war Prof. von Eiff Verwaltungsdirektor und Vorstandsmitglied am Klinikum Gießen. In den Jahren 1980 bis 1994 hatte er diverse Führungspositionen im Be-reich Organisation und Informations-Management in der Automobil-indusrie inne und war Chefberater eines internationalen Consulting-

    Unternehmens. Berufsbegleitend habilitierte er sich an der Universität Würzburg. Seit 1994 ist er Professor für Krankenhausmanagement an der Universität Münster und leitet das Cent-rum für Krankenhaus-Management, das 1994 von der Bertelsmann Stiftung Gütersloh ge-gründet wurde als Geschäftsführer.

    III

  • Die Referenten

    Prof. Dr. Hans-Joachim Flocke

    studierte Betriebswirtschaftslehre und Rechtswissenschaft in Münster und promovierte dort auf der Schnittstelle der beiden Wissenschaften. Im An-schluss daran war er 18 Jahre selbstständiger Einzelhändler in einem mittelständischen Betrieb. Seit 2002 ist Prof. Dr. Flocke selbstständiger Berater für betriebliche Altersversorgung und Gesamtstudienleiter der FOM in Essen. Er lehrt Allgemeine Betriebswirtschaft, Sozialversiche-rungsrecht, Europarecht und Medical Management Compact.

    Prof. Dr. Andreas Goldschmidt

    ist geschäftsführender Leiter des Internationalen Health Care Manage-ment Instituts sowie Vorstandsvorsitzender des Zentrums für Gesund-heitsökonomie (ZfG) der Universität Trier und Director der School of Health and Social Sciences der FOM Hochschule für Oekonomie & Ma-nagement. Der Gesundheitsökonom, Medizininformatiker und Biostatisti-ker kam aus der Industrie als Quereinsteiger in die Medizin. Seit 2003

    lehrt und forscht er im Bereich Gesundheitsmanagement und Logistik an der Universität Trier und hat dort die gleichnamige Professur inne. In seinen Forschungsprojekten geht es vor allem um die Zukunft der Gesundheitsversorgung und deren Optimierung.

    Dipl.-Kffr. Maria Huggenberger

    studierte Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Arbeit, Personal und Organisation an der Universität Trier und an der Universität Paul Va-léry in Montpellier. Seit 2012 ist sie Doktorandin am IHCI. Ihre For-schungsinteressen liegen vor allem in der Personalentwicklung im Gesundheitswesen, der Qualifizierung und Weiterbildung sowie den neu-en Berufsprofilen in der Gesundheitswirtschaft.

    IV

  • Die Referenten

    Prof. Dr. Thomas Jäschke

    ist Medizin- und Wirtschaftsinformatiker. Er lehrt unter anderem IT-Security, mobile Computing sowie Informations- und Wissensmanagement Netzwerke und Sicherheitsmanagement an der FOM Hochschule in den Studiengängen Wirtschaftsinformatik und IT Management. Außerdem ist er als Berater sowie als Datenschutzbeauftragter im Gesundheitswesen tätig. Als Gründer der ISPRO GmbH im Jahre 1996 hat Prof. Dr. Jäschke maßgeblich an der Erfindung und Markteinführung der Zuweiserportale

    mitgewirkt. Seit Ende 2010 unterstützt er den Fachbeirat der ZTG GmbH und gehört seit 2011 zum Vorstand der DGFM e.V..

    Dipl.-Kfm. Patric Sommerhoff

    absolvierte ein Interdisziplinäres Studium (Volkswirtschaftslehre, Be-triebswirtschaftslehre, Sozialwissenschaften und Jura) mit Diplom in Be-triebswirtschaftslehre in Hamburg sowie vier Semestern Medizin in Düs-seldorf. Nach unterschiedlichen leitenden Positionen in der Unterneh-mensentwicklung, Beschaffung und der Unternehmenskommunikation, ist er gegenwärtig Leiter der Unternehmenskommunikation des Universitäts-klinikums Düsseldorf.

    Prof. Dr. med. Dr. rer. pol. Christian Thielscher

    studierte an der Universität Bonn Humanmedizin. Nach seiner Ap-probation als Arzt absolvierte er zudem das Studium der Betriebs-wirtschaftslehre und der Volkswirtschaftlehre an der Universität Hagen, wo er zum Thema „Wo werde ich ordentlich behandelt?

    Messung und Kommunikation der Qualität deutscher Krankenhäuser“ promoviert wurde. Nach einigen Berater und Geschäftsführerposten ist Prof. Dr. Dr. Thielscher Gründungsge-sellschafter bei der Mednovum GmbH.

    V

  • Inhaltsverzeichnis

    Inhaltsverzeichnis

    1 Zur Arbeitgebermarke – durch Unterstützung

    in persönlichen Angelegenheiten Prof. Dr. Hans-Joachim Flocke

    1 2 Fachkräftepräferenzen und deren Adaption im Krankenhaus Dipl.-Kffr. Maria Huggenberger

    17 3 Praxis des Krankenhausmarketings Dipl.-Kfm. Horst Defren

    27 4 Chancen und Risiken durch Social Media im Krankenhaus Prof. Dr. Andreas Goldschmidt

    35 5 Marketing für Dienstleistungsunternehmen Heinz D. Diste

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    6 Krankenhausführer – Nutzen und Risiken Dipl.-Kfm. Patric Sommerhoff

    51 7 Geringe Korrelation von Krankenhausführern

    kann zu verwirrenden Ergebnissen führen Prof. Dr. Dr. Christian Thielscher

    59 8 Innovationen im Logistik-Management Prof. Dr. Dr. Wilfried von Eiff

    71 9 Aktuelles in der Krankenhaus-IT Prof. Dr. Thomas Jäschke

    83 10 Darstellung der Projektpartner

    - Deutsche Gesellschaft für Führung und Marketingorientierung in der medizinischen und pflegerischen Versorgung (DGFM) e. V. - FOM Hochschule

    101 Anhang: Auszug aus dem Tagungsprogram

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  • Zur Arbeitgebermarke – durch Unterstützung in persönlichen Angelegenheiten

    1 Zur Arbeitgebermarke – durch Unterstützung in persönlichen Angelegenheiten

    Prof. Dr. Hans-Joachim Flocke

    1 Einleitung

    1.1 Problemstellung

    Das in bestimmten Berufen wie Ingenieur oder Arzt schon heute ein Mangel an Arbeitskräf-ten herrscht, pfeifen die Spatzen bereits von den Dächern. Die demografische Entwicklung auf die im zweiten Kapitel in der gebotenen Kürze noch einmal eingegangen wird, lässt aber schon deutlich absehen, dass dieser Personalengpass in den nächsten 10 bis 20 Jahren sich nicht nur allgemein auf Fach- und Führungskräfte, sondern auch auf alle Arten von Ar-beitskräften erstrecken wird. Ähnlich wie vor ca. 40 Jahren die Unternehmen auf den enger werdenden Absatzmärkten sich durch den damals neuen Begriff des Marketings darum be-mühen mussten, ausreichend Kunden für ihr Unternehmen zu gewinnen, werden die nächs-ten Jahre davon gekennzeichnet sein, auf dem enger werdenden Arbeitsmarkt in hinrei-chender Menge das erforderliche Personal für das eigene Unternehmen zu gewinnen. Dazu muss das Unternehmen aber zunächst einmal im Arbeitsmarkt präsent und sichtbar sein. Es muss also eine Arbeitgebermarke etablieren.

    1.2 Ziel dieser Arbeit

    Dass angesichts der zunehmenden Vernetzung in sozialen Netzwerken von immer größeren Kreisen der Bevölkerung die Stimmung im Personal im eigenen Betrieb einen entscheiden-den Einfluss auf die nach außen wirkende Markenbildung des Unternehmens hat, wird an dieser Stelle nicht näher begründet. Das Ziel dieser Arbeit ist es vielmehr, eine empirische Erhebung vorzustellen, die untersucht hat, in welchen Bereichen sich Mitarbeiter eine Unter-stützung durch den Arbeitgeber vorstellen könnten. Im Lichte der Untersuchung sind aller-dings weitere Fragen deutlich geworden, die durch zukünftige Untersuchungen geklärt wer-den sollten, um insgesamt für Arbeitgeber eine bessere Empfehlung geben zu können, wel-che innerbetrieblichen Maßnahmen ergriffen werden müssen, um ein erfolgreiches Employer Branding zu untermauern.

    1.3 Aufbau

    Im Kapitel 2 werden die drei zentralen Einflussfaktoren der demografischen Entwicklung, ihre Beeinflussbarkeit und eine Prognose für die jeweilige Entwicklung dargestellt. Das Kapitel 3 enthält das Ergebnis dieser demografischen Entwicklung für die Unternehmen. Der Kern der Arbeit, nämlich die Ergebnisse der Untersuchung, werden in Kapitel 4 und zwar aufgeteilt auf den betrieblichen und den privaten Bereich dargestellt, um daraus im 5. Kapitel die Möglich-

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  • Zur Arbeitsgebermarke – durch Unterstützung in persönlichen Angelegenheiten

    keiten von Arbeitgebern abzuleiten. Die Arbeit schließt mit einem kurzen, hoffnungsvollen aber auch anspornenden Fazit.

    2 Einflussfaktoren der demografischen Entwicklung

    2.1 Geburtenrate

    Die Geburtenrate liegt in Deutschland aktuell bei ca. 1,4 Kindern pro Frau und ist ein wenig dadurch geschönt, dass Frauen mit Migrationshintergrund aus der jüngeren Vergangenheit einen leicht höheren Wert aufweisen, als Frauen ohne Migrationshintergrund oder solche, die schon längere Zeit, gegebenenfalls auch in der zweiten oder dritten Generation in Deutschland sind. Im Gegensatz zur weit verbreiteten Meinung liegt auch inzwischen welt-weit die Geburtenrate kaum auf Erhaltungsniveau. In Europa nimmt Deutschland einen Mit-telplatz ein und nur die Türkei, soweit man sie zu Europa zählen will, hat eine Geburtenrate auf bestandserhaltendem Niveau. Aber selbst dort gilt das nicht für die wirtschaftlichen Ent-wicklungszentren wie Istanbul und Ankara. Lediglich in Afrika gibt es noch Geburtenraten von weit über 2 Kindern pro Frau, allerdings auch dies nur in den Bevölkerungsteilen, die für unsere wirtschaftliche Entwicklung aktuell mangels Ausbildung keine Rolle spielen könnten. Auch in Afrika wird deutlich, dass mit zunehmender Bildung und wirtschaftlicher Entwicklung die Geburtenrate stark abnimmt.

    2.2 Lebenserwartung

    In 2010 hat die durchschnittliche Lebenserwartung aller Einwohner in Deutschland 80 Jahre überschritten und wächst – und das seit mehreren Jahrzehnten relativ konstant – um ca. 2 bis 3 Monate pro Jahr. Das bedeutet, das für die heutigen Berufseinsteiger, wenn sie sich dann dem Ruhestand nähern – wann immer der dann sein mag – von einer durchschnittli-chen Lebenserwartung von über 90 Jahren ausgehen können. Schon die heutige Entwick-lung zeigt, dass auch die dann Alten keineswegs alle pflegebedürftig sein werden, sondern überwiegend bis ins hohe Alter ein selbstbestimmtes Leben führen können, wollen und wer-den. Bei dieser eigentlich erfreulichen Tatsache darf aber nicht aus den Augen verloren wer-den, dass das Verhältnis von produktiven Leben zu „Freizeit“ - Lebensabend – nicht un-günstiger als heute werden darf. Die Alten benötigen Güter und Dienstleistungen, die nur von den Erwerbstätigen hergestellt werden können und daher wird die Beteiligung am Erwerbs-leben auch länger sein müssen.

    Die Einführung der Rente mit 67, die ja erstmalig in 2031 einen Menschen betreffen wird, war daher schon ein Schritt in die richtige Richtung und die Einführung des § 38 EStG VI zum 1. Januar 2012 mit der diese Maßnahme praktisch zurückgenommen wurde, war ein ausgesprochener Fehler. Danach können nämlich alle, die 45 Jahre Beitrags- oder Zusatz-zeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung haben, also praktisch alle, die mit oder vor ihrem 20. Lebensjahr eine Ausbildung oder eine Arbeitsstelle begonnen haben, mit 65 Jah-ren die ungekürzte Rente erhalten. Die Rente mit 67 ist also zunächst wieder herzustellen und ferner ist darauf zu achten, dass das Renteneintrittsalter für die Zukunft dynamisch wei-

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  • Zur Arbeitgebermarke – durch Unterstützung in persönlichen Angelegenheiten

    ter angehoben wird, um das Verhältnis von produktiver Lebensarbeitszeit zu Gesamtlebens-arbeitszeit nicht weiter zu verschlechtern.

    2.3 Wanderungssaldo

    Deutschland ist seit mehr als einem Jahrhundert ein Einwanderungsland. Allerdings nahm diese Tendenz in den 80er Jahren ab und wurde erst durch die Öffnung des „Eisernen Vor-hangs“ zu Beginn der 90er Jahre noch einmal verstärkt. Aber auch die Wirkung der Ostöff-nung ist mittlerweile Vergangenheit, so dass wir in den Jahren 2008 und 2009 bereits einen negativen Wanderungssaldo hatten. Der leicht positive Saldo in den vergangenen 3 Jahren ist ausschließlich der Tatsache geschuldet, dass etliche attraktive Zielländer in Süd- und Westeuropa im Anschluss an die Finanzkrise unter erheblichen wirtschaftlichen Schwierig-keiten leiden. Daher ist absehbar, dass der Wanderungssaldo wieder negativ wird, wenn diese Länder wirtschaftlich wieder Tritt fassen.

    Aus Osteuropa ist auf Dauer auch nicht mit einem nennenswerten Arbeitskräfteaufwuchs zu rechnen, denn die dortigen Geburtenraten sind noch deutlich niedriger als in Deutschland. Schon heute wird da ein Mangel an qualifizierten Arbeitskräften erkennbar. Es wird hohe Anstrengungen in unserem Land bedürfen, um die vergleichsweise geringen Migrationsrinsale jedenfalls teilweise nach Deutschland zu leiten.

    3 Ergebnis der demografischen Entwicklung

    Basis der nachfolgenden Zahlen ist die 12. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes, korrigiert um die Ergebnisse aus dem Zensus 2011. Zugrunde gelegt wurde der obere Korridor, weil die Vorausberechnung keine dynamisierten Prognosedaten enthält, also beispielsweise nicht die weiter ansteigende Lebenserwartung beinhaltet. Danach wird die Gesamtbevölkerung von 2010 bis 2060 von 80,5 Mill. auf 70,1 Mill. und davon um 10,4 Mill. abnehmen. Diese Zahl als solche kann nicht als besorgniserre-gend angesehen werden. Problematisch ist, dass im gleichen Zeitraum der Anteil der Er-werbsfähigen von 49,1 auf 36,9 Mill. mithin also um 12,2 Mill. fällt. Dabei ist schon unterstellt, dass als Erwerbsfähig alle diejenigen gelten, die bis 70 Jahre alt sind. Der Anteil der Nicht-erwerbsfähigen, also der jungen unter 20 Jahre und der alten über 70 Jahre, wird trotz der deutlich schrumpfenden Bevölkerung sogar von 31,4 Mill. auf 33, 2 Mill. also um 1,8 Mill. ansteigen. Nachdem also heute jeder Erwerbsfähige außer sich selber noch ungefähr 0,64 weitere Personen versorgen muss, wird er in 2060 außer sich selber noch 0,9 weitere Per-sonen versorgen müssen.

    Diese Zahlen veranschaulichen, warum das Angebot an Fachkräften immer knapper wird. In den nächsten 15 Jahren gehen ständig mehr Menschen in den Ruhestand als neu auf den Arbeitsmarkt kommen. In diesem engeren Arbeitsmarkt werde ich als Arbeitsplatz anbieten-des Unternehmen nur erfolgreich rekrutieren können, wenn ich einerseits wahrgenommen werde und andererseits diese Wahrnehmung auch bei den Anbietern von Arbeitskraft positiv

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  • Zur Arbeitsgebermarke – durch Unterstützung in persönlichen Angelegenheiten

    aufgenommen wird. Letzteres wird aber nur gelingen, wenn insbesondere in den sozialen Medien deutlich wird, dass meine aktuellen Arbeitnehmer zufrieden sind.

    4 Empirische Erhebung

    4.1 Design der empirischen Erhebung

    In einem Fragebogen wurden zu 56 Problemstellungen Fragen erhoben, wie zufrieden der Mitarbeiter mit der Unterstützung durch seinen Arbeitgeber in diesem Punkt ist. Grundlage der Befragung waren etwa 10 Unternehmen, davon 50 % aus dem Gesundheitswesen, 30 % aus dem sonstigen öffentlichen Dienst und 20 % gewerblich oder sonstige privat gemeinnüt-zig. Bei allen Unternehmen wurde die Befragung sowohl durch die Geschäftsführung als auch die Personalleitung aber auch durch die Mitarbeitervertretungen ausdrücklich begrüßt und persönlich unterstützt. Der Fragebogen wurde an 7.000 Mitarbeiter persönlich verteilt und im Laufe der 3-monatigen Rücklauffrist mehrfach an die Rückgabe erinnert. Mit 889 auswertbaren Antwortbögen, das entspricht etwa 13 %, blieb der Rücklauf zwar deutlich un-ter den Erwartungen der beteiligten Unternehmen, kann aber im Vergleich mit anderen ähnli-chen empirischen Erhebungen als ausgesprochen positiv betrachtet werden und hat abge-sehen von verschiedenen statistischen Mängeln der Erhebung zumindest eine starke indi-zielle Wirkung.

    Die Mitarbeiter hatten für jeden einzelnen Punkt 6 Antwortmöglichkeiten von

    - voll zufrieden

    - überwiegend zufrieden

    - eher zufrieden

    - eher unzufrieden

    - überwiegend unzufrieden

    - voll unzufrieden.

    Für diese Auswertung wurden die Antworten von eher unzufrieden bis voll unzufrieden zu-sammengefasst und im Folgenden die Punkte betrachtet, bei der etwa die Hälfte oder mehr der Mitarbeiter unzufrieden war. Die Unzufriedenheitswerte für die einzelnen Unternehmen und damit auch die betrachteten Branchen wichen nicht nennenswert voneinander ab, so dass hier nur die Gesamtwerte dargestellt werden.

    4.2 Zufriedenheit mit der persönlichen Arbeitssituation

    In der folgenden Tabelle 1 sind in absteigender Prozentzahl die Punkte aus dem persönli-chen Arbeitsbereich aufgeführt.

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  • Zur Arbeitgebermarke – durch Unterstützung in persönlichen Angelegenheiten

    Mit den Aufstiegsmöglichkeiten im Unternehmen sind sicher nicht nur hierarchische Aufstie-ge sondern auch fachliche Entwicklungen gemeint.

    Bei der Arbeitsbelastung ist wohl zu berücksichtigen, dass die Erhebung im ersten Teil des Jahres stattfand, in der die Belastung in Einrichtungen des Gesundheitswesens aus be-stimmten Gründen immer überproportional ist.

    Wenn in Unternehmen, die sich so engagiert an dieser Erhebung beteiligt haben, eine nach-haltige Personalförderung bemängelt wird, scheint das vor allem auf eine mangelnde Kom-munikation hinzudeuten. Das gleiche gilt sicherlich auch für die Einbindung in den Informati-onsfluss. Hier spielt allerdings die Einrichtung in den sonstigen öffentlichen Dienst eine stär-kere Rolle, bei der im Zusammenhang mit einer Untersuchung zum Employer Branding fest-gestellt wurde, dass die Mitarbeiter nach dem Grundsatz leben: Wissen ist Macht und Macht gib ich nicht ab.

    Auch bei der Unzufriedenheit über die Unterstützung bei einem Studium scheint die zentrale Frage weniger zu sein, dass der Arbeitgeber das Studium anbietet oder bezahlt, als mehr, dass er dazu ermutigt, gegebenenfalls fallweise Freiräume bietet und insgesamt die Bemü-hungen beispielsweise auch in der Karriereplanung anerkennt.

    Zur Unzufriedenheit mit der Essensversorgung sind sicherlich weitere Untersuchungen er-forderlich und die Unzufriedenheit mit den persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten über-schneidet sich sicherlich teilweise mit der Unzufriedenheit mit den Aufstiegsmöglichkeiten.

    4.3 Zufriedenheit bei der Unterstützung in allgemeinen Lebensfragen

    In der nachfolgenden Tabelle 2 sind die Punkte mit abfallender Prozentzahl aufgeführt, bei denen die Arbeitnehmer mehrheitlich durch die Unterstützung durch den Arbeitgeber unzu-frieden waren.

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  • Zur Arbeitsgebermarke – durch Unterstützung in persönlichen Angelegenheiten

    Natürlich sind die Aussagen dieser Tabelle eher vorsichtig zu interpretieren. Aber wenn ein Mitarbeiter ankreuzt, dass er mit der Unterstützung durch seinen Arbeitgeber in einem be-stimmten Punkt eher unzufrieden, eher unzufrieden oder sogar voll unzufrieden ist, kann doch mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass er dieses Problem für sich einerseits sieht und andererseits ein Unterstützungsangebot seines Arbeitgebers min-destens in Erwägung gezogen hätte. Die hier aufgeführten Themen gehen auch sehr weit über die inzwischen schon gelegentlich vorhandenen Unterstützungsangebote bei der Kin-derbetreuung oder der Versorgung von zu pflegenden Angehörigen hinaus und beinhalten sowohl Themen wie Miete und Eigentum, die für die Arbeitnehmer in der Regel Ausnahmesi-tuationen sind, in denen sie deshalb ja auch keine Kompetenz entwickeln können, aber auch Fragen der allgemeinen oder Gesundheitsvorsorge, die dem Arbeitnehmer durchaus häufi-ger beschäftigen könnte, die aber so komplex sind, dass eine Unterstützung durchaus hilf-reich wäre.

    5 Möglichkeiten von Arbeitgebern

    Schon in der Vergangenheit haben Personalabteilungen gelegentlich die Funktion eines Kummerkastens oder eines Lebensberaters jedenfalls teilweise mit übernommen. Daneben beinhaltet ein patriarchalischer Führungsstil eines Inhaberunternehmens als positiven Aspekt auch die Fürsorge und daraus folgend Unterstützung für seine Mitarbeiter. Insbesondere der letzte Aspekt ist aber schon rein zahlenmäßig nur bei kleineren und kleinen mittelständi-schen Betrieben möglich.

    Die insbesondere in den Tabellen 1 und 2 angesprochenen Punkte können und sollen aber auch nicht notwendig vom Unternehmer oder Unternehmen selbständig unterstützt werden. Es wäre schon ausgesprochen hilfreich und würde auch als Unterstützung durch das Unter-nehmen angesehen, wenn das Unternehmen einen Zugang zu den vielfältigen schon vor-handenen Unterstützungsangeboten vermitteln würde, bei denen für die meisten Arbeitneh-mer entweder nicht deutlich ist, das und wo es die überhaupt gibt oder wie sie aus der Fülle der Angebote die guten Angebote herausfinden sollen.

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  • Zur Arbeitgebermarke – durch Unterstützung in persönlichen Angelegenheiten

    Hier könnten die Unternehmen ihre Routine in der Verschaffung eines Marktüberblicks und sachliche Auswahlkriterien zur Verfügung stellen. Sie könnten eine Vielzahl ähnlicher Prob-leme zusammenfassen und damit möglicherweise Nachfragemacht bündeln. Diese Nachfra-gemacht muss nicht immer in besseren Preise resultieren, sondern kann beispielsweise für Beratungsangebote den Zugang zu deutlich höher wertigen Beratungen eröffnen. Soweit sich innerhalb eines Unternehmens noch nicht eine hinreichende Vielzahl von Problemen ergibt, die erfolgreich gebündelt werden könnten, könnte sich das Unternehmen mit anderen Unternehmen zusammenschließen, etwa in Berufsverbänden, Kammern oder freien Koope-rationen und dazu auch die bestehenden Kontakte einsetzen. Eine konkrete Möglichkeit könnte auch darin bestehen, eine qualifizierte Person oder ein entsprechendes Unternehmen generell damit zu beauftragen, die Wünsche Probleme und Nöte der Arbeitnehmer aufzu-nehmen und an entsprechende Stellen weiterzuleiten. Derartige Einrichtungen existieren bereits und werden zukünftig noch größere Verbreitung finden.

    Die Konsequenzen aus einem solchen Angebot sind vielfältig.

    - Ein Mitarbeiter ohne Sorgen kann sich besser auf seine Arbeit konzentrieren - Ausfallzeiten wegen persönlicher Probleme werden verringert - Vorgesetzte müssen sich weniger mit Ausreden von Mitarbeitern auseinandersetzen - Gehaltsforderungen können sachlicher behandelt werden und verlieren ihren ultimati- ven Charakter - Die Mitarbeiter fühlen sich vom Unternehmen ernst genommen - Die Mitarbeiter sind gerne Botschafter ihres Unternehmens

    6 Schluss

    Die Welt ist in den vergangenen Jahrzehnten komplexer geworden und der Komplexitätsgrad wird weiter steigen. Auch wenn unser Leben in vielerlei Hinsicht angenehmer, weniger kör-perlich belastend und wesentlich stärker durch Freizeit gekennzeichnet ist als in den vergan-genen Generationen, ist die gefundene Belastung des Einzelnen vor allem durch die unüber-schaubare Fülle von Möglichkeiten sehr stark gestiegen und Beratung wird in allen Lebens-bereichen immer wichtiger.

    Diese Beratung und damit Unterstützung den Arbeitnehmern zu bieten, ist zweifellos keine arbeitsvertragliche Pflicht des Arbeitgebers. Aber ebenso wie ein Unternehmen rechtlich oder moralisch nicht verpflichtet ist, sich um seine Kunden zu kümmern, es aber trotzdem tut, um sie als Kunden zu behalten, sollte das Unternehmen sich um seine Mitarbeitern kümmern, um sie für sein Unternehmen zu gewinnen, zu binden und gegebenenfalls auch rückgewinnen zu können. Die Parallelen zum modernen Customer Relationship Manage-ment sind nicht nur zufällig.

    Gute Mitarbeiter in für das Unternehmen ausreichender Zahl wird es auch in Zukunft immer geben, dem einzelnen Unternehmen muss es lediglich gelingen, diese Menschen auch ge-rade für dieses Unternehmen zu begeistern.

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  • Zur Arbeitsgebermarke – durch Unterstützung in persönlichen Angelegenheiten

    Prof. Dr. Hans-Joachim Flocke 1

    Zur Arbeitgebermarke- durch Unterstützung in persönlichen Angelegenheiten

    MEDICA – Jahrestagung der DGFM e.V.

    14. November 2012

    Prof. Dr. Hans-Joachim FlockeFOM Hochschule für Oekonomie & Management

    Prof. Dr. Hans-Joachim Flocke 2

    Inhalte des Vortrags

    1. Entwicklung der Erwerbsbevölkerung2. Herausforderung für Arbeitgeber3. Beispiel aus der empirischen Forschung4. Möglichkeiten für Arbeitgeber5. Konsequenzen6. Gute Mitarbeiter wird es auch in Zukunft geben

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  • Zur Arbeitgebermarke – durch Unterstützung in persönlichen Angelegenheiten

    Prof. Dr. Hans-Joachim Flocke 3

    Entwicklung der Erwerbsbevölkerung

    Drei Einflussfaktoren auf die Bevölkerungsentwicklung

    • aktuell bei ca. 1,4 Kindern pro Frau in Deutschland auch weltweit kaum auf Erhaltungsniveau

    Geburtenrate

    • in 2010 für Deutschland 80 Jahre überschritten1900 ca. 46 Jahre

    • fernere Lebenserwartung eines 60jährigen 23 Jahre

    Lebensdauer

    • 2008 und 2009 negativ• 2010 -2012 kleiner Überschuss nicht

    genug für Ausgleich GeburtenrückgangWanderungssaldo

    Langfristiges Ergebnis auf folgender Folie

    Prof. Dr. Hans-Joachim Flocke 4

    Entwicklung der Erwerbsbevölkerung

    2010 2060 Differenz

    Bevölkerung 80,5 Mio 70,1 Mio 10,4 Mio

    Erwerbsfähige 49,1 Mio 36,9 Mio 12,2 Mio

    Nichterwerbsf. 31,4 Mio 33,2 Mio + 1,8 Mio

    Quelle: Statistisches Bundesamt 12. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung, korrigiert um Zensus 2011Erwerbsfähige 2000: 20 bis 65 Jahre 2060: 20 bis 70 Jahre

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  • Zur Arbeitsgebermarke – durch Unterstützung in persönlichen Angelegenheiten

    Prof. Dr. Hans-Joachim Flocke 5

    Entwicklung der Erwerbsbevölkerung

    Kurzfristiges Ergebnis

    Das Angebot an Fachkräften wird weiter knapper

    schon in den kommenden 5 Jahren erreichen 5,1 Mio das Rentenalter aber nur 4 Mio kommen neu auf den Arbeitsmarkt

    die geburtenstarken Jahrgänge der 60er und 70er Jahre gehen in den nächsten 15 Jahren in den Ruhestand

    Prof. Dr. Hans-Joachim Flocke 6

    Herausforderung

    627. September 2011

    Mitarbeiterzufriedenheit und Personalgewinnung:

    Ergebnis einer Diplomarbeit zum Thema

    „Employer Branding“:

    Wenn die aktuellen Mitarbeiter sich nicht wohl fühlen, sind alle nach außen gerichteten Maßnahmen wirkungslos.

    Die Stimmung im Betrieb hat entscheidenden Einfluss auf die Möglichkeit, qualifizierte Mitarbeiter zu gewinnen.

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  • Zur Arbeitgebermarke – durch Unterstützung in persönlichen Angelegenheiten

    Prof. Dr. Hans-Joachim Flocke 7

    Beispiel aus der empirischen Forschung

    727. September 2011

    1. Ein überzeugendes System der betrieblichen Altersvorsorge ist Standard

    2. Viele Mitarbeiter haben oft ganz andere Sorgen

    3. Gute Lösungsmöglichkeiten

    - durch Organisationsfähigkeit

    - auch für mittelständische Unternehmen

    Prof. Dr. Hans-Joachim Flocke 8

    Bedürfnisse von Mitarbeitern

    827. September 2011

    Design der empirischen Erhebung

    ca. 7.000 Fragebögen á 56 Fragen

    ca. 10 Unternehmen

    ca. 50% Gesundheitswesen

    ca. 30% sonstiger öffentlicher Dienst

    ca. 20% gewerblich privat

    889 auswertbare Antwortbögen

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    Prof. Dr. Hans-Joachim Flocke 9

    Bedürfnisse von Mitarbeitern

    927. September 2011

    Auf einer Skala mit den Werten

    - voll zufrieden

    - überwiegend zufrieden

    - eher zufrieden

    - eher unzufrieden

    - überwiegend unzufrieden

    - voll unzufrieden

    waren die Mitarbeiter mit folgenden Angeboten des Arbeitgebers

    „eher unzufrieden“ bis „voll unzufrieden“

    Prof. Dr. Hans-Joachim Flocke 10

    Bedürfnisse von Mitarbeitern

    1027. September 2011

    %-WertAufstiegsmöglichkeit im Unternehmen 57,6Arbeitsbelastung 56,6Nachhaltige Personalförderung 51,2Möglichkeit eines Studiums 50,4Einbindung in den Informationsfluss 49,2Essensversorgung 49Persönliche Entwicklungsmöglichkeiten im Unternehmen

    48,4

    Hinsichtlich der persönlichen Arbeitssituation waren es vor allem folgende Punkte

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  • Zur Arbeitgebermarke – durch Unterstützung in persönlichen Angelegenheiten

    Prof. Dr. Hans-Joachim Flocke 11

    Bedürfnisse von Mitarbeitern

    1127. September 2011

    Unterstützung bei allgemeinen Lebensfragen

    Beratung zu Miete oder Eigentum 68,5

    Ausbildung der Kinder 66,2

    Kinderbetreuung 66,1

    Partnerprobleme 60,5

    Beratung zur Berufsunfähigkeitsvorsorge

    59,6

    Beratung zum Hinterbliebenenschutz 54,5

    Beratung für Risiko im privaten Bereich

    50,6

    Beratung zur Vorsorge 50,3

    Gesundheitsvorsorge 48,1

    Prof. Dr. Hans-Joachim Flocke 12

    Möglichkeiten von Arbeitgebern

    1227. September 2011

    - Kenntnisse und Fähigkeiten der Personalabteilung

    - Routine in der Verschaffung eines Marktüberblicks

    - Sachliche Auswahlkriterien

    - Bündelung einer Vielzahl ähnlicher Probleme

    - Bündelung von Nachfragemacht

    - Zugang zu höherwertigen Beratungsangeboten

    - Zusammenschluss mit anderen Unternehmen

    - Kontakte über Verbände und ähnliche Einrichtungen

    - und vieles mehr

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  • Zur Arbeitsgebermarke – durch Unterstützung in persönlichen Angelegenheiten

    Prof. Dr. Hans-Joachim Flocke 13

    Konsequenzen

    1327. September 2011

    -

    - ein Mitarbeiter ohne Sorgen kann sich besser auf seine Arbeit konzentrieren

    - Ausfallzeiten werden verringert

    - Ausreden wegen privater Probleme entfallen

    - Gehaltsforderungen können sachlicher behandelt werden und ihren ultimativen Charakter verlieren

    - der Mitarbeiter fühlt sich von seinem Unternehmen ernst genommen

    - die Bindung des Mitarbeiters an das Unternehmen steigt

    - der Mitarbeiter ist gerne Botschafter seines Unternehmens

    Prof. Dr. Hans-Joachim Flocke 14

    Die Welt wird komplexer

    Durch die erforderliche Spezialisierung wird Beratung in allen Lebensbereichen wichtiger

    - in der Technik- in der Kommunikation- in der Lebensplanung und- in vielen anderen Bereichen

    Das ist nicht meine Pflicht als Arbeitgeber – aber ich will die Leute doch haben

    14

  • Zur Arbeitgebermarke – durch Unterstützung in persönlichen Angelegenheiten

    Prof. Dr. Hans-Joachim Flocke 15

    Gute Mitarbeiter wird es auch in Zukunft geben

    -Ich muss sie nur für mein Unternehmen

    begeistern

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  • Fachkräftepräferenzen und deren Adaption im Krankenhaus

    2 Fachkräftepräferenzen und deren Adaption im Krankenhaus – Empirische Analyse der Präferenzen von Fachkräften in den Bereichen Med. Dokumentation und Med. Informatik sowie im Bereich der Pflege in Krankenhäusern

    Dipl.-Kffr. Maria Huggenberger

    Die Akquise und Bindung von Fachkräften spielen für Gesundheitseinrichtungen eine immer wichtigere Rolle. Die Prognosen zeigen, dass der Bedarf an Fachpersonal weiter steigen wird und sich die Arbeitssituation insbesondere von Pflegekräften in den letzten 15 Jahren zunehmend verschärft hat. Diese Entwicklung kann als kritisch bewertet werden, wenn mit einbezogen wird, dass der Krankenhausmarkt zu großen Teilen eine Dienstleistungsbranche darstellt und damit besonders personalintensiv ist. Dementsprechend entfallen fast zwei Drit-tel der Kosten für die stationäre Patientenversorgung auf die Personalkosten. Nach Angaben der Gesundheitsberichterstattung (www.gbe-bund.de) sind davon rund ein Drittel den Pfle-gekräften und etwa ein Viertel dem ärztlichen Dienst zuzuordnen.

    Somit ist es notwendig, den Personalbestand in den einzelnen Einrichtungen zu sichern. Dazu muss einerseits die Attraktivität der Berufe verbessert werden, um den Nachschub an qualifiziertem Personal zu sichern und andererseits die Zufriedenheit der Fachkräfte gestei-gert werden, um diese weiterhin im Unternehmen zu halten. Essentiell zur Erreichung dieser Ziele ist es, die Bedürfnisse der Gesundheitseinrichtungen, der Fachkräfte sowie der Patien-ten besser miteinander in Einklang zu bringen.

    Dazu führte das Internationale Health Care Management Institut (IHCI) der Universität Trier drei Umfragen mit verschiedenen Berufsgruppen durch. Die erste Kurzumfrage 2011 in Ko-operation mit der Zeitschrift mdi sowie eine weitere Erhebung 2012 in Kooperation mit den Berufsverbänden BVMI und DVMD bezogen sich auf den Bereich der Med. Dokumentation sowie der Med. Informatik. Eine dritte Umfrage in Kooperation mit der Zeitschrift ‚Die Schwester Der Pfleger’ von April bis Juli 2012 bezog sich auf die Fachkräfte der Pflege in deutschen Krankenhäusern. Alle Umfragen beschäftigten sich mit der aktuellen Arbeitssitua-tion und den Präferenzen der Zielgruppen in Bezug auf deren Arbeitssituation mit dem Fo-kus, die Personalbindung in Krankenhäusern und anderen Gesundheitseinrichtungen zu optimieren.

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  • Fachkräftepräferenzen und deren Adaption im Krankenhaus

    Bereich der Med. Dokumentation und Med. Informatik

    An der ersten Kurzumfrage 2011 nahm insgesamt ein auswertbarer Teilnehmerkreis von 123 ‚Befragten’ teil. Diese stammten aus unterschiedlichen Institutionen der Gesundheitswirt-schaft darunter u. a. stationäre Gesundheitseinrichtungen, Hochschulen, das Segment Dienstleistung und Beratung sowie Produzenten. Essentiell für die weitere Untersuchung der Berufsgruppen waren die Ergebnisse der Abfrage folgender Aussagen: Auf einer sechsstufi-gen Skala von ‚trifft voll und ganz zu’ bis ‚trifft überhaupt nicht zu’ wurde die Wichtigkeit und Notwendigkeit der Kenntnisse in den Einrichtungen abgefragt. Dabei stimmten über die Hälf-te der Befragten den Aussagen ‚voll und ganz zu’, dass die Kenntnisse der Med. Dokumen-tation und Med. Informatik im Gesundheitswesen immer wichtiger werden und in ihren Un-ternehmen absolut notwendig sind. Zusätzlich gaben über 80 Prozent der Befragten (N=86) an, dass Personal mit IT- und Dokumentationskenntnissen im Gesundheitswesen ‚Mangel-ware’ ist. Zusätzlich zu diesen Einschätzungen gaben 54,7 Prozent (N=64) an, Stellenbeset-zungsprobleme im Bereich der Med. Informatik zu haben. Im Bereich der Med. Dokumentati-on waren es 40,3 Prozent (N=67).

    Des Weiteren war von Interesse, welche Personalbindungsmaßnahmen in den einzelnen Einrichtungen eingesetzt werden. Hauptsächlich wurden Arbeitszeitflexibilität, ein gutes Be-triebsklima, ein vielfältiges Aufgabenspektrum sowie Weiterbildungsangebote genannt. Be-sonders selten, also weniger als 30 Prozent der Befragten nannten Entlohnungsgerechtig-keit, Karriereperspektiven, leistungsabhängige Vergütung und ein überdurchschnittliches Grundgehalt. Dazu wurde die Wichtigkeit der Maßnahmen für die Fachkräfte erhoben, um einen Vergleich zwischen Angebot und Präferenzen zu realisieren. Es stellte sich heraus, dass z. B. im Bereich der Arbeitszeitflexibilität, des vielfältigen Aufgabenspektrums und der Weiterbildungsmaßnahmen die Präferenzen hoch waren, aber diese Maßnahmen auch weit-gehend von den Einrichtungen angeboten wurden. In den Bereichen leistungsabhängige Vergütung und überdurchschnittliches Grundgehalt war das Angebot an Maßnahmen eher niedrig, jedoch auch die Wichtigkeit der Maßnahmen wurde als eher niedrig eingeschätzt. Optimierungspotenziale der Personalbindung zeigten sich insbesondere dort, wo die Präfe-renzen hoch und das Angebot niedrig waren. Dies zeigte sich v. a. für die Bereiche Entloh-nungsgerechtigkeit, Karriereperspektiven und Betriebsklima. Bei Serviceleistungen war das Angebot der Einrichtungen relativ hoch, die Präferenzen der Befragten jedoch eher niedrig. Hier könnten Gesundheitseinrichtungen somit Einsparungen erzielen.

    Eine weitere Studie wurde 2012 für den Krankenhausbereich durchgeführt. An dieser Umfra-ge nahmen 204 Befragte aus dem Bereich der Fachkräfte und 156 Befragte aus dem Be-reich der Arbeitgeber in Krankenhäusern teil. Die Fachkräfte der Med. Dokumentation und Med. Informatik gaben insgesamt an, mit ihrer derzeitigen Arbeitssituation ‚eher zufrieden’ zu sein (vgl. Abb. 1).

    18

  • Fachkräftepräferenzen und deren Adaption im Krankenhaus

    Abb. 1: Gesamtzufriedenheit mit der derzeitigen Arbeitssituation

    Die Fachkräfte zeigten sich insbesondere mit der Vielseitigkeit der Aufgaben, dem selbst-ständigen Arbeiten, der Arbeitszeitflexibilität, den Arbeitsinhalten, der Sicherheit des Arbeits-platzes sowie der Übernahme von Verantwortung zufrieden. Eher unzufrieden waren sie mit der variablen Vergütung, der Anerkennung von Leistung, der Entlohnungsgerechtigkeit, den Karriereperspektiven und der Kommunikationspolitik. Dabei gaben ca. ein Drittel der Befrag-ten (N=167) an, dass sie beabsichtigen in den nächsten zwei Jahren das Unternehmen zu wechseln.

    Insgesamt konnte festgestellt werden, dass Nachhol- und Anpassungsbedarf bei den Maß-nahmen der Gesundheitseinrichtungen im Bereich der Personalbindung besteht und dass die Präferenzen der Fachkräfte zum Teil nicht mit den Angeboten der Arbeitgeber überein-stimmen. Obwohl in der zweiten Erhebung herausgestellt wurde, dass die Fachkräfte mit ihrer Arbeitssituation ‚eher zufrieden’ waren, besteht jedoch eine Wechselintension für die nächsten zwei Jahre und es existieren bereits unbesetzte Stellen. Dabei ergeben sich Opti-mierungspotenziale zur Personalbindung dieser Fachkräftegruppen. Es lässt sich herausstel-len, dass insbesondere die Karriereperspektiven sowie die variablen Vergütungsbestandteile ausgebaut und die Anerkennung der Leistung verbessert werden sollte.

    Pflegeumfrage des IHCI

    Die dritte Umfrage beschäftigte sich mit den Präferenzen und der Arbeitssituation von Fach-kräften der Pflege in deutschen Krankenhäusern. Insgesamt nahmen daran 961 Personen teil, wovon 855 Fragebögen ausgewertet werden konnten. Die auswertbaren Teilnehmerin-nen und Teilnehmer an der Umfrage werden im Folgenden als ‚Befragte’ bezeichnet.

    Von den Befragten waren 41 Personen in der Ausbildung und 779 Personen als examinierte Pflegekräfte tätig. Weitere 35 Personen (‚Sonstige’) waren Studierende, Lehrkräfte, pflegeri-sche Hilfskräfte usw. Im Durchschnitt waren die Befragten 41,15 Jahre alt und 17,74 Jahre in

    0%

    15%

    30%

    45%

    60%

    sehr zufrieden zufrieden eher zufrieden eher nicht zufrieden

    nicht zufrieden überhaupt nicht zufrieden

    Gesamtzufriedenheit (N=194, k.A.=10)

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  • Fachkräftepräferenzen und deren Adaption im Krankenhaus

    ihrem Beruf tätig. 49,4 Prozent der Befragten arbeiteten in öffentlichen Krankenhäusern, 10,1 Prozent in privaten und 15,4 Prozent in frei-gemeinnützigen Häusern. 41,1 Prozent der Be-fragten gaben an, auf Normalstation, 19,5 Prozent auf Intensivstation oder Intermediate Ca-re, 7,0 Prozent im OP, 10,1 Prozent im Bereich der Lehre und 6,7 Prozent in der Verwaltung tätig zu sein. 20,9 Prozent waren sonstigen Bereichen, darunter Ambulanzen, Anästhesiolo-gie, Psychiatrie, Notaufnahmen und Palliativstationen zuzuordnen (vgl. Abb. 2).

    Abb. 2: Einsatzorte (N=855, k. A.=4) Quelle: Eigene Erstellung. Anmerkung: Mehrere Einsatzorte pro Befragte/r möglich.

    Zehn Prozent der examinierten Pflegekräfte (N=770) arbeiteten wöchentlich durchschnittlich bis zu 20 Stunden, 13,5 Prozent bis zu 30 Stunden, 55,6 Prozent bis zu 40 Stunden und knapp 21 Prozent über 40 Stunden. Der Großteil der Auszubildenden (ca. 70 Prozent) gab an, die normale tariflich vereinbarte Arbeitszeit von bis zu 40 Stunden zu arbeiten. Von den befragten examinierten Pflegekräften (N=746) verdienten 5,5 Prozent bis 1.200 Euro, 17,2 Prozent zwischen 1.201 und 2.000 Euro, 15,2 Prozent zwischen 2.001 und 2.300 Euro, 19,2 Prozent zwischen 2.301 und 2.600 Euro, 17,6 Prozent zwischen 2.601 und 3.000 Euro und 25,4 Prozent über 3.001 Euro. Fast alle Auszubildenden gaben an, gemäß normal tariflicher Vergütung bis zu 1.200 Euro zu verdienen. Die Gehälter der examinierten Pflegekräfte zeig-ten einen signifikanten Zusammenhang mit der wöchentlichen Arbeitszeit (vgl. Abb. 3).

    0%

    5%

    10%

    15%

    20%

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    30%

    35%

    40%

    45%

    Normalstation Intensivstation/ Intermediate Care

    OP Lehre Verwaltung Sonstiges

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  • Fachkräftepräferenzen und deren Adaption im Krankenhaus

    Abb. 3: Trend der Gehaltsverteilung (brutto) in Abhängigkeit von der Arbeitszeit (N=816)1

    Nur 4,9 Prozent der Befragten (N=855, k.A.=32) waren mit ihrer derzeitigen Arbeitssituation ‚sehr zufrieden’, 44,2 Prozent ‚zufrieden’ bis ‚eher zufrieden’, 39,5 Prozent ‚eher unzufrieden’ bis ‚unzufrieden’ und 7,6 Prozent der Befragten waren ‚sehr unzufrieden’. Kleinere Zufriedenheitsunterschiede zeigten sich zwischen den verschiedenen Hierarchien und Tätig-keiten bzw. Arbeitsbereichen der Pflegkräfte. Während 47,5 Prozent der Pflegedienstleitun-gen ‚sehr zufrieden’ bis ‚zufrieden’ waren, waren dies unter den Stationsleitungen 27,7 Pro-zent, unter den Bereichsleitungen 23,7 Prozent und unter den Personen ohne Leitungsfunk-tion nur 23,1 Prozent. Ähnlich waren 37,5 Prozent der Personen in der Verwaltung ‚sehr zu-frieden’ bis ‚zufrieden’, 30,9 Prozent im OP-Bereich, 23,3 Prozent auf Intensivstationen oder Intermediate Care und nur 19,4 Prozent auf Normalstation. Auch wenn somit die Zufrieden-heit der befragten Fachkräfte durchschnittlich auf einem mittleren Niveau lag, gaben 68,8

    1 Hier zeigen sich die Trends der Bruttogehaltsverteilung in Abhängigkeit von der Arbeitszeit: Ähnlicher Lohn bei vergleichbarer Leistung, Arbeitszeit, Erfahrung, Ausbildung und Zusatzqualifikation ist ein wichtiges Maß für das Gerechtigkeitsempfinden, weshalb dieser Aspekt bei Zufriedenheitsuntersuchungen nicht unterschätzt werden darf. BLAU: Die relativ niedrigen Monatsgehälter (das sind die bis 1.200 Euro und die zwischen 1.201 bis 2.000 Euro) erhalten erwartungsgemäß zu etwa 94% aller Teilzeitbeschäftigten mit bis zu 20 Stunden Ar-beitszeit sowie die Azubis. BRAUN: Immerhin noch 41% aller Teilzeitbeschäftigten mit bis zu 30 Stunden Ar-beitszeit erhalten ebenfalls nur diese relativ niedrigen Monatsgehälter, aber fast alle anderen (58%) verdienen mittelhohe Gehälter zwischen 2.001 und 2.600 Euro. ROT und GRÜN: Vollzeitbeschäftigte (ohne oder mit Überstunden) bekommen nur zu einem geringen Anteil die genannten relativ niedrigen Monatsgehälter, in ei-nem Viertel bis zu einem Drittel der Fälle liegen deren Gehälter im mittelhohen Bereich zwischen 2.001 und 2.600 Euro und bei jedem siebten bis vierten im gehobenen Bereich zwischen 2.601 und 3.000 Euro. Relativ hohe Monatsgehälter von über 3.000 Euro werden dagegen nur von etwa jedem vierten Vollzeitbeschäftigten in der regulären Arbeitszeit bzw. mit bis zu 40 Stunden erzielt, aber immerhin von der Hälfte der Vollzeitbe-schäftigten mit Überstunden bzw. über 40 Stunden (Trend = Polynom 3. Grades der in Klassen aufgeteilten Häufigkeitsverteilungen).

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  • Fachkräftepräferenzen und deren Adaption im Krankenhaus

    Prozent an, dass Stellen in ihrer Abteilung unbesetzt sind. Zusätzlich würden sich laut Um-frage nur 54,4 Prozent derzeit wieder für ihren Beruf entscheiden. Zudem vermuteten aller-dings 74,2 Prozent der Befragten einen steigenden Bedarf in ihrer Abteilung in den nächsten fünf Jahren.

    In Bezug auf die einzelnen Tätigkeitsaspekte der Pflegekräfte waren die Befragten im Durch-schnitt ‚eher unzufrieden’ mit der Arbeitsbelastung, dem Gehalt, der Unternehmenskultur sowie der Vereinbarkeit von Arbeit mit Familie und Freizeit. Mit der Anerkennung von Leis-tung durch Kollegen, dem Betriebsklima, der beruflichen Weiterbildung, der flexiblen Arbeits-zeitgestaltung, den Karriereperspektiven, der Teamarbeit und der Verantwortungsübernah-me waren sie dagegen ‚eher zufrieden’. ‚Zufrieden’ zeigten sich die Befragten nur mit der Anerkennung von Leistung durch Patienten, der Arbeitsplatzsicherheit und der Aufgabenviel-falt. Gerade die ‚Arbeitsbelastung’ wurde im Vergleich zu den anderen Aspekten schlecht bewertet. Dazu gaben 46,2 Prozent der Befragten an, dass sie sich mit ihrer Arbeit oft über-fordert fühlen (‚trifft voll und ganz zu’ bis ‚trifft eher zu’). 51,6 Prozent hatten Angst vor Fehlern bei ihrer Tätigkeit und 69,3 Prozent fühlten sich bei ihrer Arbeit oft körperlich belastet (‚trifft voll und ganz zu’ bis ‚trifft eher zu’). Hingegen stimmten nur 29,5 Prozent der Aussage zu, ausreichend Zeit zu haben, um ihre Aufgaben qualitativ gut zu erfüllen. Positiv ist jedoch, dass 56,4 Prozent angaben, dass sie sich mit ihrem Krankenhaus identifizieren, dass 83,6 Prozent ihre fachlichen Kenntnisse in die Arbeit einbringen können und dass 85,7 Prozent stolz auf ihre Arbeit sind. Bedenklich ist allerdings, dass für 84,5 Prozent der Befragten die Dokumentation einen Großteil der Arbeitszeit in Anspruch nimmt.

    Um die Personalbindung der Fachkräfte zu verbessern, reicht es nicht aus, die aktuelle Situ-ation der Fachkräfte zu kennen, sondern es ist auch notwendig, deren Präferenzprofil zu analysieren. Erst mit der Übereinstimmung zwischen Maßnahmen und Präferenzen wird eine effiziente Bindung von Personal möglich. Dazu wurde zunächst abgefragt, welche Kriterien zur Berufswahl für die Befragten wichtig waren: Als ‚sehr wichtig’ wurde die Arbeit am Men-schen angesehen, als ‚wichtig’ die Aufgabenvielfalt, die beruflichen Weiterbildungsmöglich-keiten, das Interesse an der Medizin, die Sicherheit des Arbeitsplatzes, die sozialen Aspekte der Tätigkeit, das Tätigkeitsspektrum sowie die Verantwortungsübernahme. ‚Eher wichtig’ waren das Ansehen des Berufsbilds, das Gehalt und die Karriereperspektiven. In Zusam-menhang mit der Arbeitssituation wurden insbesondere das Betriebsklima, die Vereinbarkeit der Arbeit mit Familie und Freizeit sowie Teamarbeit als ‚wichtig’ angesehen. An zweiter Stelle standen die Anerkennung von Leistung durch Patienten, die Arbeitsplatzsicherheit, die Aufgabenvielfalt, die berufliche Weiterbildung, die flexible Arbeitszeitgestaltung, das Gehalt sowie die Verantwortungsübernahme. Eher mittlere Wichtigkeit hatten die Unternehmenskul-tur, die Karriereperspektiven sowie die Anerkennung der Leistung durch Kollegen.

    Im Vergleich zwischen Wichtigkeit (‚sehr wichtig’ und ‚wichtig’) und Zufriedenheit (‚sehr zu-frieden’ und ‚zufrieden’) lässt sich erkennen, wo Optimierungspotenziale für die Einrichtun-gen liegen (Abb. 4).

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  • Fachkräftepräferenzen und deren Adaption im Krankenhaus

    Abb. 4: Vergleich von Zufriedenheit und Wichtigkeit der verschiedenen Aspekte der Arbeitstä-tigkeit (N=855)2

    Es lassen sich drei verschiedene Zusammenhänge zwischen den Präferenzen der Fachkräf-te und der Zufriedenheit mit den verschiedenen Aspekten erkennen. Zunächst diejenigen Aspekte, bei denen die Wichtigkeit hoch und die Zufriedenheit bereits gewährleistet ist. Dazu gehörten die Anerkennung der Leistung durch Patienten, die Arbeitsplatzsicherheit, die Auf-gabenvielfalt sowie auch auf einem mittleren Zufriedenheitsniveau die berufliche Weiterbil-dung, die Verantwortungsübernahme sowie die Arbeitszeitgestaltung. Gleichfalls war bei-spielsweise Unternehmenskultur für die befragten Fachkräfte nicht sehr wichtig, wobei dann die geringe Zufriedenheit nicht als Hauptaufgabe im Unternehmen gesehen werden sollte. Karriereperspektiven und Anerkennung von Leistung durch Kollegen wurden nur als ‚eher wichtig’ klassifiziert und zeigten eine mittlere Zufriedenheit. Optimierungspotenziale ergeben sich an den Stellen, an denen größere Differenzen in den Zusammenhängen auftreten: Das Betriebsklima und die Teamarbeit wurden von den Fachkräften als besonders wichtig bewer-tet, zeigten aber nur ein mittleres Zufriedenheitsniveau. Insbesondere die Vereinbarkeit von Arbeit mit Familie und Freizeit wurde als sehr wichtig angesehen, jedoch waren die Fachkräf-te damit sehr unzufrieden. Dies gilt auch, nur in geringerem Maße, für die Aspekte Gehalt und Arbeitsbelastung. Somit wären geeignete Optimierungspotenziale im Bereich der Perso-nalbindung in der Stärkung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie bzw. Freizeit, der Ver-ringerung der Arbeitsbelastung, in Schulungen im Umgang mit Verantwortung und Fehlern, in der Verbesserung des Betriebsklimas und auch im Bereich des Gehalts zu sehen.

    2 In dieser Grafik zeigt sich der Unterschied zwischen Realität und Wirklichkeit, also zwischen dem, was die Pflegekräfte für wichtig erachten und dem, wie zufrieden sie damit sind. In der Länge der vertikalen Verbindung drückt sich das entspre-chende Spannungsfeld aus. Besonders groß ist der Widerspruch bei den Themen Arbeitsbelastung, Betriebsklima, Gehalt, Unternehmenskultur und bei der Vereinbarung von Arbeit und Familie/Freizeit.

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  • Fachkräftepräferenzen und deren Adaption im Krankenhaus

    Fazit

    Mit dem Ziel der Verbesserung der Personalbindung lassen sich über die Gestaltung von Präferenzprofilen für verschiedene Berufsgruppen Optimierungspotenziale generieren. Diese sind erstens in den einzelnen Berufsgruppen unterschiedlich und zweitens beruhen sie nicht nur auf monetären Maßnahmen. Beispielsweise sollten im Bereich der Med. Dokumentation und Med. Informatik insbesondere die Karriereperspektiven, die Anerkennung von Leistung und die variablen Vergütungsbestandteile optimiert werden, während bei Pflegekräften die Verbesserung der Vereinbarkeit von Arbeit mit Familie bzw. Freizeit sowie die Arbeitsbelas-tung im Vordergrund stehen. Eine Analyse der Präferenzen für die einzelnen Zielgruppen ist somit notwendig, um ein effizientes Personalbindungsmanagement aufbauen zu können. Da bereits heute in allen untersuchten Bereichen Schwierigkeiten der Stellenbesetzung bzw. offene Stellen in den Einrichtungen bestehen, könnte diese Situation zu weiterer Unzufrie-denheit und Arbeitsbelastung der verbleibenden Fachkräfte führen. Demnach wäre eine zeit-nahe Analyse und Umsetzung der Maßnahmen des Personalbindungsmanagements in den Gesundheitseinrichtungen sinnvoll.

    Vielen Dank an die Redaktion der mdi sowie an die Redaktion von "Die Schwester Der Pfle-ger" für die Unterstützung der Umfrage.

    Vielen Dank an die Redaktion von f&w für die weitere Publikation der Umfrageergebnis-se (genehmigte Re-Publikation durch den Verlag).

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  • Fachkräftepräferenzen und deren Adaption im Krankenhaus

    Literatur

    Huggenberger, M.; Goldschmidt, A.; Born, K. (2012): Arbeitssituation und Präferenzen in deutschen Krankenhäusern, in: Die Schwester Der Pfleger, 09/2012, S. 114-120.

    Huggenberger, M.; Goldschmidt, A.; Born, K. (2012): Was Pflegende wollen, in: f&w 05/2012, S. 512-516.

    Huggenberger, M.; Goldschmidt, A.; Kuhl, K. (2011): Kurzumfrage zu Präferenzen und Fach-kräftebedarf in der Gesundheitswirtschaft für Medizininformatiker und Medizinische Do-kumentare in Deutschland, in: mdi 03/2011, S. 119-122.

    Das ausschließliche Copyright liegt bei den Autoren und Verlagen.

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  • Praxis des Krankenhausmarketings

    3 Praxis des Krankenhausmarketings Dipl.-Kfm. Horst Defren

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    Dr. Max Müller-Mustermann

    Horst Defren

    Praxis des Krankenhausmarketings

    Horst DefrenGeschäftsführer Kliniken Essen-Mitte

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  • Praxis des Krankenhausmarketings

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    Horst Defren

    Die Kliniken Essen-Mitte

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    Horst Defren

    Bisheriges Verständnisvon Marketing

    (oft):

    Marketing =Pressearbeit, Flyer, Webauftritt

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    Horst Defren

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    Die Zukunft:

    „Der Wettbewerbsdruck machtein professionelles Marketing

    für Krankenhäuserüberlebensnotwendig.“

    „Die Zielgruppen müssen immer mehr dort abgeholt werden, wo sie einen Teil ihres Lebens verbringen.“

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    Quelle: MLP Gesundheitsreport über Statista

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    Quelle: Trill/Grupe

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    Wie viele Mitarbeiter arbeiteten am 1. Januar 2011 im Bereich “Marketing/PR” bei Ihnen.

    Quelle: Trendmonitor Klinikmarketing 2011

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    Horst Defren

    Wichtige Faktoren für das Klinikmarketing

    - Professionalisierung von Klinikmarketing

    - Ohne Strategie kein Erfolg

    - Zielgruppendifferenzierung und Ansprache

    - Differenzierung der Angebote

    - Transparenz nach innen und außen

    - Neue Kommunikationswege beschreiten

    ZIEL ERLÖSSTEIGERUNG

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    Horst Defren

    Erlössteigerung

    - Spezialisierung

    - Nischenbesetzung

    - Qualitätssteigerung

    - Attraktivität

    - Einweisermanagement

    - Marketing

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    Integriertes Kommunikationsmodell der KEM

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    Dr. Max Müller-Mustermann

    Horst Defren

    UmsetzungBeispiele

    Vernetzung von Print, Digital und Multimedial

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    Horst Defren

    Vielen Dank!

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  • Chancen und Risiken durch Social Media im Krankenhaus

    4 Chancen und Risiken durch Social Media im Krankenhaus Prof. Dr. Andreas Goldschmidt

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  • Chancen und Risiken durch Social Media im Krankenhaus

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  • Marketing für Dienstleistungsunternehmen

    5 Marketing für Dienstleistungsunternehmen Heinz D. Diste

    Marketing ist nicht Unternehmenskommunikation

    Fragt man Menschen, was sie assoziieren, wenn sie den Begriff Marketing hören, nennt die überwiegende Mehrheit die Begriffe „Werbung“ oder „Unternehmenskommunikation“. Stellte man dieselbe Frage auf einem Führungskongress der Sozialwirtschaft, käme man zu einem ähnlichen Ergebnis, denn auch in den meisten Unternehmen der Sozialwirtschaft wird der Begriff des Marketings offensichtlich auf den Begriff der Kommunikation eingeengt. So hat eine Studie von Thielscher et al. ergeben, dass Universitätsklinika unter Marketing aus-schließlich das verstehen, was in anderen Unternehmen die Werbeabteilung darstellt (Thiel-scher, Christian, M. Möllenbeck (2012), Krankenhausmarketing an Unikliniken – eine empiri-sche Untersuchung; Gesundheitsökonomie und Qualitätsmanagement, 17 (5) 2012; S. 246-250).

    Befragt man Geschäftsführer von Unternehmen der Sozialwirtschaft, heben sie mit großer Regelmäßigkeit hervor, dass Marketing für sie und ihr Unternehmen eine große Bedeutung hat und diese Bedeutung in den nächsten Jahren in ihrer Einschätzung noch zunehmen wird (Trill, Roland; Fritz Grupe (2009), Markenbildung in der Gesundheitswirtschaft. Gemini Exe-cutive Search. Schriftenreihe; Flensburg und Hamburg). Auffällig ist allerdings, dass auch hier Marketing sehr eingeengt (im o.g. Sinne) verstanden wird.

    Fragt man andere Berufsgruppen in Unternehmen der Sozialwirtschaft – Pflegende oder Ärztinnen und Ärzte beispielsweise – erlebt man in nicht seltenen Fällen eine direkte Ableh-nung: Marketing hat in unseren Einrichtungen nichts zu suchen. Wir machen das, was wir machen, um der Menschen Willen. Da hat Marketing, was mit einer Ökonomisierung des eigenen Tuns verbunden wird, nichts verloren.

    Die vier klassischen Felder des Marketings

    Spätestens seit den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts wissen wir – allerspätes-tens aber, seit Meffert uns in den 70er Jahren Marketing als seriösen Zweig der BWL nahe-brachte –, dass Marketing doch einiges mehr ist und leisten kann, als man prima vista zu sehen im Stande ist (Meffert, Heribert, Christoph Burmann, Manfred Kirchgeorg (1. Auflage 1977; 2008); Marketing. Grundlagen der markorientierten Unternehmensführung. Konzepte, Instrumente, Praxisbeispiele, Wiesbaden / Meffert, Heribert, Manfred Bruhn (2006); Dienst-leistungsmarketing. Grundlagen, Konzepte, Methoden. Mit Fallstudien, Wiebaden / Meffert, Heribert, Christoph Burmann, Martin Koers (HG), (2005); Markenmanagement. Identitätsori-entierte Markenführung und praktische Umsetzung. Mit Best-Practice-Fallstudien, Wiesba-den;)

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  • Marketing für Dienstleisungsunternehmen

    Etymologisch betrachtet oder auch mit Blick auf die Genese des Marketings seit den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts in den USA gilt: Ein Unternehmen, das Marketing betreibt, macht eigentlich nichts anderes, als dass es sich aktiv – um nicht zu sagen proaktiv – in sei-nen relevanten Märkten bewegt. Das klingt trivial.

    Ist es auch.

    Aber es ist nicht selbstverständlich.

    Viele Unternehmen agieren gern an ihren Märkten vorbei. Sie stellen Dinge, beispielsweise Produkte oder Dienstleistungen her, die sie immer schon hergestellt haben. Sie agieren pro-duktorientiert – um nicht zu sagen: produktverliebt. Oder aber sie tun das, was sie können. Weil sie es können. Und weil ihre handwerklichen, aus Tradition geborenen, technischen und technologischen Möglichkeiten es ihnen ermöglichen, genau das zu tun, was sie tun. Sie agieren technologieorientiert. Oder sie agieren so, wie es für das Unternehmen und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am effizientesten und wirtschaftlichsten erscheint. Sie füh-ren ihre Unternehmen prozessorientiert - eine Unternehmensausrichtung, die wir gern in Un-ternehmen der Sozialwirtschaft vorfinden, insbesondere in Krankenhäusern und Einrichtun-gen der stationären Pflege und Betreuung.

    Das funktioniert einwandfrei, solange nur ein Anbieter den Markt beherrscht. Das funktioniert einwandfrei, wenn Markt und Preisfindung engen Regeln unterworfen sind. Das kann auch dann funktionieren und oft auch über einen mittelfristigen (und teilweise sogar erstaunlich langen) Zeitraum, wenn sich sehr vergleichbare Anbieter auf einem engen Markt tummeln. Doch die Wahrscheinlichkeit, dass ein Unternehmen langfristig überleben kann, wenn es seine Märkte und die in ihnen agieren Menschen (manche sprechen auch von Kunden, po-tentiellen Kunden, Wettbewerbern und anderen Stakeholders) strukturiert ignoriert (und sich nur auf seine Produkte bzw. Dienstleistungen, Prozesse oder Technologien fokussiert), ist allerdings relativ gering. Wie gesagt: Kurz- und mittelfristig kann das funktionieren. Langfris-tig eher nicht.

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  • Marketing für Dienstleistungsunternehmen

    Daraus folgt, dass Unternehmen, die vorhaben, länger als nur mittelfristig am Markt zu blei-ben, versuchen sollten, ihre Märkte und ihr Umfeld aktiv zu gestalten. Das bedeutet unter anderem für diese Unternehmen, dass sie ihre Märkte einschließlich der Wettbewerber ken-nen sollten, will sagen:

    - dass sie versuchen sollten, Bedarfe und Bedürfnisse der Kunden und potentiellen Kunden zu kennen oder zu antizipieren (was voraussetzt, dass man eine Vorstellung davon hat, welche Stakeholder zu den Kunden gezählt werden müssen (s.o.)),

    - dass sie die Strategien der Wettbewerber, das sozialpolitische Umfeld, demographi-sche Entwicklungen, ggf. internationale Marktentwicklungen usw. kennen sollten,

    - dass sie Veränderungen in den legislativen und exekutiven Systemen des föderalen und europäischen politischen Systems antizipieren und bewerten können und

    - dass sie in der Lage sein sollten, technologischen Entwicklungen und die in ihnen steckenden Potentiale zu (er)kennen und in die Zukunft zu extrapolieren.

    Aber die bloße Kenntnis reicht natürlich nicht. Ihr müssen Strategien und den Strategien müssen Taten folgen. So müssen Unternehmen versuchen, sich auf diese Bewegungen, Trends, Entwicklungen und Strategien der Wettbewerber einzustellen, sie müssen versu-chen, relevante Märkte aktiv zu gestalten, sie müssen Bedürfnisse der Stakeholder kennen und die entsprechenden Produkte und Dienstleistungen bereitstellen.

    In manchen Situationen müssen sie Bedürfnisstrukturen so beeinflussen, dass Produkte und Dienstleistungen von Kunden und potentiellen Kunden erkannt und begehrt werden – Pro-dukte oder Dienstleistungspakete nämlich, die die Kunden vorher nicht kannten und schon gar nicht begehrten. Sie müssen dies mit betriebswirtschaftlichem Nutzen tun. Müssen also den Gleichgewichtspreis ihrer Produkte und Dienstleistungen kennen. Sie müssen wissen, auf welchen Wegen diese Produkte oder Dienstleistungen am besten und möglichst friktions-frei zu den Kunden und potentiellen Kunden gelangen können (was, wie zu zeigen ist, vor allem für Dienstleistungen eine spannende Herausforderung sein kann, wenn es richtig ist, dass der Vertriebsweg einer Dienstleistung der Ort ist, an dem sie erbracht wird). Und sie müssen wissen, mit welchen Medien und Maßnahmen sie all ihr Tun in den relevanten Märk-ten kommunizieren. Oder vereinfacht: Sie müssen sich aktiv in ihren relevanten Märkten be-wegen und diese gestalten. Mit vier Worten: Sie müssen Marketing machen.

    Spätestens an dieser Stelle wird klar, dass die übliche Marketingabteilung oder das, was üblicherweise so benannt wird, massiv überfordert wäre, wollte man erwarten, dass sie all dies täte. Es wird klar: Marketing ist nicht der Job einer Abteilung in einem Unternehmen. Marketing ist eine strategische Aufgabe. Marketing ist mithin Chefsache.

    An dieser Stelle wird die Rolle der Unternehmensführung sehr spannend. Denn hier greift die Erkenntnis: Marketing macht das Unternehmen. Und zwar in allen seinen Fasern. Immer! Ob man das will oder nicht. Hier könnte man Paul Watzlawicks berühmte Aussage modifizieren: Kein Unternehmen kann kein Marketing machen. Entscheidend ist die Frage, ob dieses Mar-

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  • Marketing für Dienstleisungsunternehmen

    keting einfach nur passiert oder ob es das Ergebnis eines strategischen Prozesses ist. Den strategischen Prozess dazu verantwortet der Chef. Immer. So oder so.

    Kotler hat bereits in den 70er Jahren Unternehmenstypen beschrieben, die sich dadurch unterscheiden, wie und wo das Thema Marketing in diesen Unternehmen verankert ist (Kotler, Philip, Friedhelm Bliemel (2000), Marketing Management. Analyse, Planung und Verwirklichung; Stuttgart). Ein Unternehmen, in dem alle relevanten Entscheidungen be-wusst (sic! denn darauf kommt es an, wenn man strategisches Marketing meint) – letztend-lich die gesamte Allokation der stets knappen Unternehmensressourcen - aus seinen rele-vanten Märkten abgeleitet werden, ist auch heute noch (und insbesondere im deutschspra-chigen Raum) eher selten zu finden.

    Es geht um die marktorientierte Entwicklung der Produkte und Dienstleistungspakete eines Unternehmens, um die Wege, wie diese Produkte und Dienstleistungspakete an den Kunden und die Kundin gebracht werden, um die Medien und Maßnahmen, mit denen all dies kom-muniziert wird und um die Findung des Gleichgewichtspreises, bzw. in regulierten Märkten um ein proaktives Contracting.

    So wurden gerade mit vielen Worten die vier klassischen Arbeitsfelder des Marketings be-schrieben:

    - die Produkt- und Dienstleistungsentwicklung,

    - die Preis- und Vertragspolitik,

    - die Vertriebeswegegestaltung (in Krankenhäusern weitgehend identisch mit der In-vestitions- und Instandhaltungspolitik eines Hauses) und

    - die Kommunikationspolitik.

    Interessant ist, betrachtet man den Markt der sozialwirtschaftlichen Unternehmen, dass in den seltensten Fällen konzediert würde, dass all diese Felder im Sinne eines strategischen Marketings bearbeitet werden. Mehr noch: In vielen Fällen wird abgestritten, dass man sich überhaupt mit Marketing (das über den oben beschriebenen eingeschränkten Marketingbe-griff im Sinne von „Unternehmenskommunikation“ hinausgeht) beschäftigt.

    Gleichwohl gilt: Die Felder des Marketings werden aber bearbeitet. Viele Krankenhausge-schäftsführerinnen, viele Geschäftsführer von Senioreneinrichtungen, viele Einrichtungsleiter von Behinderteneinrichtungen machen genau das, was man aus der Perspektive eines stra-tegischen Marketings von ihnen erwarten muss. Aber: Sie machen es nicht im Sinne eines strategischen Marketings – was zu verschmerzen wäre. Und sie machen es nicht strukturiert – was dem Marktauftritt die mögliche Effizienz nimmt. Und das ist schade.

    Und dann gibt es da noch die Besonderheiten des Marketings für Dienstleistungsunterneh-men. Und die Besonderheiten von Dienstleistungsunternehmen in Märkten der Sozialwirt-schaft. Aber: Der Reihe nach.

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  • Marketing für Dienstleistungsunternehmen

    Die Besonderheiten des Dienstleistungsmarketings

    Was ein Produkt ist, ist schnell definiert. Bei den Dienstleistungen fällt es uns schon schwe-rer. Ein Produkt kauft man, über definierte Vertriebswege, im Laden, auf dem Flohmarkt, an der Haustür oder im Internet (um nur einige Vertriebsmöglichkeiten zu nennen), man nimmt es mit nach Hause oder man lässt es sich liefern, man kann es zurückgeben oder bei Schadhaftigkeit zurückrufen (diese Variante wird in der Automobilindustrie bekanntlich gern genommen), man kann ein Produkt auf Halde produzieren und lagern usw. All das funktio-niert bei Dienstleistungen in der Regel nicht. Leider. Die Beziehung des Autors zu seiner Frisörin wäre definitiv eine andere, wäre es möglich, Dienstleistungen zurückzunehmen ...

    Eine Dienstleistung ist offensichtlich etwas ganz besonderes. Es lohnt sich, über eines der letzten Mysterien des Marketings eine Runde zu drehen.

    Was ist eine Dienstleistung?

    Abstrakt gesprochen: Eine Dienstleistung entsteht, wenn ein Mensch ein Problem hat, und ein anderer kann es für ihn oder mit ihm oder mit anderen gemeinsam lösen – und zwar wertschöpfend (Dienstleistung ohne Wertschöpfung ist Altruismus). Der Vertriebsweg einer Dienstleistung ist damit der Ort, an dem diese Leistung erbracht wird: Das Hotel, die Kun-denwohnung und der Außendienstberater, das Internet, die Senioreneinrichtung oder das Krankenhaus (auch hier kein Anspruch auf Vollständigkeit). Vertriebswegegestaltung wird damit zur Investitionspolitik des Hauses, denn sie schafft das Ambiente, in das der Kunde gern kommt, sie schafft die Plattform, auf der der Dienstleister sich entfalten kann.

    Der Dienstleister ist immer ein Problemlöser. Die Erbringung der Dienstleistung kann folge-richtig nie von dem Menschen, der das Problem hat, gelöst werden. Sie kann aber vor allem eines nicht: Sie kann nie von dem Menschen getrennt werden, der das Problem allein oder im Team löst. Dienste zu leisten ist immer eine Interaktion von mindestens zwei Personen. Damit wird der Mensch zum fünften Element im strategischen Marketing-Mix (Kotler spricht von product, price, promotion, place und dem fünften „P“: people).

    Diese wertschöpfende Interaktion zwischen Menschen, die wir Dienstleistung nennen, hängt in ihrer Qualität also völlig von den Menschen ab, die sie erbringen. Damit wird klar, dass der traditionelle, sehr stark im Produktmarketing verhaftete Marketingbegriff ergänzt werden musste. Das geschah bereits in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts.

    Die Beziehung zwischen dem Unternehmen und seinen Kunden, also das, auf das man sieht, wenn man klassischerweise Marketing betreibt, ist damit nur eine Ebene (von mindes-tens drei denkbaren). Diese Ebene nennt man bekanntlich die Ebene des Externen Marke-tings. Hier finden die klassischen Tätigkeiten des Marketers statt: Kunden erkennen, befra-gen, ansprechen, Produktentwicklung, Kommunikation, Vertrieb, Preisverhandlung, Feed-back usw.

    Wichtig!!

    Aber nicht allein wichtig.

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  • Marketing für Dienstleisungsunternehmen

    Angenommen der Kontakt zwischen dem Kunden und dem problemlösenden Mitarbeiter bildet die Ebene der Wertschöpfung in Dienstleistungsunternehmen, dann ist dieser Ebene ein besonderes Augenmerk zu widmen. Dies wäre dann die Ebene des Interaktiven Marke-tings. Hier, im Kontakt zwischen Mitarbeiterin und Kunden, zwischen Krankenpfleger und Patient, zwischen Ärztin und Angehörigem, zwischen Verwaltungsmitarbeiterin und MdK (die Kette der Points of Sale ließe sich noch erheblich verlängern) – hier wird Geld verdient. Oder vernichtet. Der Unternehmenserfolg in Dienstleistungsunternehmen hängt also auf Gedeih und Verderb von der Ebene des Interaktiven Marketings ab. Vor diesem Hintergrund ist es dann schon erstaunlich, mit welchem Interesse manche Unternehmensführenden sich dieser Quelle der Wertschöpfung widmen. So oder so.

    Wenn es also richtig ist, die Beziehungsebene zwischen dem Unternehmen und seinen Kun-den als Externes Marketing zu bezeichnen, wenn es weiterhin richtig ist, die Beziehung zwi-schen den Kunden und den Mitarbeiterinnen als Interaktives Marketing zu bezeichnen, dann liegt es auf der Hand, das man sich auch die Beziehungsebene des Unternehmens zu sei-nen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ansehen muss, also die Ebene, die man Internes Mar-keting nennt.

    Dies ist vor allem wichtig, wenn man sich die Besonderheiten der Situation von Menschen und ihren Tätigkeitsfeldern in Unternehmen der Sozialwirtschaft ansieht (Beispielhaft: Bär, Stefan (2011), Das Krankenhaus zwischen ökonomischer und medizinischer Vernunft. Kran-kenhausmanager und ihre Konzepte; Wiesbaden / Thielscher, Christian (HG) (2012); Medi-zinökonomie. Band 1: Das System der medizinischen Versorgung; Band 2: Unternehmeri-sche Praxis und Methodik. Lehrbuch; Wiesbaden).

    Die Besonderheiten des Dienstleistungsmarketings in Unternehmen der Sozialwirt-schaft

    Menschen, die sich dafür begeistern können, Maschinen zu bauen oder Computer zu pro-grammieren oder Websites zu gestalten oder Reisen zu vermitteln, die Haare (regelhaft an-derer Leute) zu schneiden, ihnen Kleidungsstücke herzustellen oder zu verkaufen, ihre Flug-zeuge zu fliegen oder ihnen in denselben mehr oder weniger schmackhafte Speisen zu ser-vieren - all diese Menschen sind bezogen auf ihre Berufe dem Grunde nach vergleichbar. Diese Menschen haben dem Grunde nach Verständnis für den Job des jeweils anderen. Sie sagen vielleicht: "Ist nicht mein Ding, was der da macht, aber ich kann erkennen, dass es für ihn (und vielleicht sogar für mich) gut ist, das zu tun."

    Menschen hingegen, die Spaß daran haben, anderen die Bäuche aufzuschneiden, in den Eingeweiden herumzuwühlen, alten Menschen die Windeln zu wechseln, Schicksale zu erle-ben, Schwer- und Schwerstbehinderte zu betreuen, Menschen an biografischen Scheidewe-gen (Geburt, Krankheit, Tod ...) zu begleiten, diese Menschen werden von den anderen (s.o) mit einer gewissen Fassungslosigkeit betrachtet. Mit anderen Worten: Ärztinnen und Ärzte, Pfleger und Pflegerinnen, aber auch der Sozialarbeiter oder der Seelsorger im Krankenhaus, sie alle gehören zu einer ganz besonderen Spezies.

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  • Marketing für Dienstleistungsunternehmen

    Sie sind meist hochgradig intrinsisch motiviert, sie haben ein Arbeitsethos, ethische Vorstel-lungen, sie wollen Menschen helfen, sie sind bereit, sich mit den Problemen anderer Men-schen zu belasten, sie sind hochqualifiziert und müssen viel tun, um so hoch qualifiziert zu bleiben. Sie leben in einem Umfeld von Blut, Schweiß und Tränen (auch wenn dies zuweilen Freudentränen sind). In diesem Umfeld tut man als Marketer gut daran, die emotionalen, charakterlichen, biographischen, spirituellen und intellektuellen Besonderheiten dieser Men-schen zu berücksichtigen.

    Das bedeutet, dass die Ebene des Interaktiven Marketings und vor allem die des Internen Marketings in Dienstleistungsunternehmen der Sozialwirtschaft eine ganz besondere Auf-merksamkeit im Rahmen des strategischen Marketings beansprucht.

    Es ist der Fluch, der auf den Menschen lastet, dass sie nur in Bildern kommunizieren kön-nen. Unter anderem aus diesem Grund bedienen sich fast alle Managementtheorien, so auch die Theorien des Marketings, eines mehr oder weniger stringenten Systems aus Bil-dern und Metaphern. Die meisten Managementtheorien, mit denen wir uns in den letzten Jahrzehnten beschäftigen durften, haben sich einer Metaphorik bedient, die dem Sport (wenn nicht sogar der Kriegskunst) entnommen wurde. Viele Vorbehalte, die Menschen in sozialen Dienstleistungsunternehmen gegen Marketing und Managementtheorien entwi-ckeln, kommen daher, dass sie sich in der martialischen (Bild-)Sprache des klassischen Marketings nicht wiederfinden. Marketing für Dienstleistungsunternehmen im Allgemeinen und für Dienstleistungsunternehmen der Sozialwirtschaft im Besonderen braucht also eine neue, eine andere als die übliche Metaphorik. Hierzu gibt es Lösungen. Die zu beschreiben würde aber den Rahmen dieses Artikels sprengen.

    In jedem Falle aber gilt, dass die Gestaltung des Interaktiven Marketings in Dienstleistungs-unternehmen der Sozialwirtschaft ein besonders kluges, den Menschen zugewandtes Kon-zept und sowohl Schulungen als auch Systeme der Organisationsveränderung und -entwicklung benötigt. Das geschieht dann auf der Ebene des Internen Marketings.

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  • Marketing für Dienstleisungsunternehmen

    Internes –Interaktives – Externes Marketing. Ein Regelkreis

    Auf diese Weise entsteht ein Regelkreis, der im Internen Marketing beginnt. Hat ein Unter-nehmen ein gutes - also strukturiertes und zielorientiertes und den Menschen zugewandtes - Internes Marketing, liegt die Vermutung nah, dass auch das Interaktive Marketing funktionie-ren wird. In diesem Zusammenhang muss auf jeden Fall auf eine Kausalität verwiesen wer-den: Ein gutes Internes Marketing wird stets das Ziel haben, die Mitarbeitenden zu positiven Multiplikatoren des Unternehmens und seiner Dienstleistungen zu machen. Gelingt dies, hat man hochgradig glaubwürdige und effiziente Kommunikatoren für das Unternehmen gewon-nen. Die Dimension des Mitarbeiters als Multiplikator ist in ihrer Bedeutung nicht zu unter-schätzen. Das wird leider immer dann besonders und nicht selten auf tragische Weise deut-lich, wenn Mitarbeitende zu negativen Kommunikatoren werden.

    Das externe Marketing wird auf diese Weise dann zu einem Tätigkeitsfeld der dritten Priori-tät. Um es mit Kotler zu sagen: Geschafft hat man es, wenn es gelingt, alle Gliederungen des Unternehmens dazu zu bringen, Marketing zu machen. Eine Marketingabteilung, die sich selbst überflüssig macht, ist erfolgreich.

    Oder mit Schulze-Fürstenow: Du kannst nach draußen nur dann effektiv verkaufen, wenn man dir drinnen den Koffer gefüllt hat.

    P.S.: das feminine resp. maskuline Genus wurde rein zufällig benutzt

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  • Krankenhausführer – Nutzen und Risiken

    6 Krankenhausführer – Nutzen und Risiken Dipl.-Kfm. Patric Sommerhoff

    Überblick

    Viele Internetportale erheben den Anspruch unter Verwendung von Qualitätsdaten für su-chende Nutzer das ideale Krankenhaus nach individuellen Suchkriterien zu ermitteln.

    Der Vortrag beleuchtet die Gültigkeit dieser Versprechen und geht unter anderem auch auf den Nutzenaspekt für Krankenhäuser ein.

    Risiken bei der Verwendung von Krankenhausführern im Internet werden außerdem aus Sicht der Patienten besprochen.

    Für Entscheider in Kliniken werden relevante Kriterien zur Entscheidung für oder gegen Ein-träge in bestimmte Portale erörtert.

    Zum Thema

    Nach mehreren Jahren der Zunahme an Krankenhausführern und Krankenhausportalen ist nun eine gewisse Sättigung mit leichten Schrumpfungstendenzen erkennbar. Eine weitere Konsolidierung ist auch aus Gründen der Übersichtlichkeit wünschenswert. Insbesondere wäre es aus meiner Sicht erfreulich, wenn diejenigen Portale die beispielsweise nur über die Zahlung von Insertionsgebühren eine Auswahl der Kliniken selektieren, aus dem Markt aus-scheiden.

    Eine besondere Schwierigkeit bei der Bewertung von Bewertungsportalen ist die Tatsache, dass eine „richtige Empfehlung“ für einen bestimmten Patienten ein bestimmtes Kranken-haus auszuweisen, auch bei Einzelfallprüfungen nicht eindeutig bewertbar ist. Daher wird bei einem Vergleich von Klinikführern meist versucht, Korrelationen zwischen den Empfehlungen unterschiedlicher Klinikführer als Indikator für Objektivität und Gültigkeit der Empfehlung her-anzuziehen.

    Weiterhin hat das Ärztliche Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ) hat im Auftrag der Bundesärztekammer und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung „Qualitätsanforderungen an Klink- und Arztbewertungsportale“ erarbeitet und veröffentlicht. Diese hier nur Auszugs-weise gezeigten Kriterien für „gute“ Portale, sind aus meiner Sicht nicht so ausgerichtet, dass sie den Selektionsprozess für geeignete Klinikportale kanalisieren werden. Stattdessen wird hauptsächlich der „Schutz der Branche“ vor den heute üblichen und schnell öffentlich geäu-ßerten Meinungen im Internet in einer nicht zeitgemäßen und kaum durchsetzbaren Form gefordert.

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  • Krankenhausführer – Nutzen und Risiken

    Risiken bestehen für den Nutzer von Krankenhausvergleichs-Portalen schon wegen der un-terschiedlichen und meist kaum nachvollziehbaren Bewertungsalgorithmen der Portale. Auch durch die Art und Weise des individuellen Suchverhaltens von Nutzern, sind deutliche Unter-schiede der Krankenhausempfehlungen möglich. Beispiele reichen von Fehlinterpretationen über die Verwendung falscher Suchkriterien, bis zu den zufällig gewählten Keywords bei der Suche nach einem Bewertungsportal mit Hilfe von Suchmaschinen, die dann zu dem einen oder dem anderen Bewertungsportal führen, welches jeweils andere Empfehlungen aus-spricht als die Portale, die man ebenfalls zufällig mit anderen Keywords gefunden hätte. Letztlich kann der Nutzer auch nicht bewerten, wie aktuell die Datenbasis in dem von ihm genutzten Portal ist und ob die (oft nicht sichtbar) hinterlegten Bewertungskriterien für ihn überhaupt relevant sind.

    Die Übersicht zeigt die Empfehlung unterschiedlicher Klinikführer bei einer Suche nach einer bestimmten Erkrankung in einer bestimmten Region. Man erkennt deutlich, dass kaum Kor-relationen bestehen, bzw. teilweise bei dreien der Klinikführer eine Tendenz zu bestimmten Empfehlungen zu erkennen ist. Dies lässt auf ähnliche, aber nicht identische Kriterien und Algorithmen bei diesen drei Portalen schließen.

    Bei vielen Portalen kann man auch gegen „Insertionsgebühren“ den eigenen Eintrag erwei-tern, besser auffindbar machen etc. Hier sind neben der Bewertung der „Potenz“ der Domain in Bezug auf die relevanten Keywords ausreichend Traffic zu liefern auch eine Reihe von Fragen aus Sicht der jeweiligen Klinik zu beantworten, bevor man sich für die Investition, die neben den finanziellen auch erhebliche personelle Ressourcen bindet, entscheidet.

    Empfehlung für Nutzer

    Für den Nutzer, der für eine medizinische Maßnahme ein geeignetes Krankenhaus sucht bleibt weiterhin nur die Empfehlung, vor allem mit seinem (Fach-)Arzt zu besprechen, wel-ches Krankenhaus warum am besten geeignet ist. Flankierend dazu kann der Nutzer auch vor dem Arztgespräch im Internet recherchieren. Es empfiehlt sich aber wegen der hier ge-zeigten Uneinheitlichkeit, mehrere Klinikbewertungsportale zu „befragen“ und die häufigsten Empfehlungen in die engere Wahl zu nehmen und ggf. die Fallzahlen zu prüfen sowie die Webseiten der jeweiligen Kliniken und die Patienten-Kommentare in Internetforen zu lesen. Eine Recherche in nur einem Klinikvergleichsportal ist heute noch nicht empfehlenswert.

    Empfehlung für Kliniken

    Nach heutigem Stand ist Kliniken in den meisten Fällen davon abzuraten, in solche Portale zu investieren, die über die „Gebühren“ selektieren bzw. in der Darstellung eine Bevorzu-gung anbieten. In jedem Falle sollten Klinken anhand der im Vor