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Literarische Zentren um 1200

Einführung und Vorüberlegungen

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Literatur um 1200 als Teil einer kulturhistorischen Situation

• Literatur als kultureller Gestus.• Literatur um 1200 als Teil einer vielschichtigen

Kultur der Adelsgesellschaft.• Kulturelle, gruppenbezogene Gesten der Adelskultur: • Jagd: Hetzjagd, Beizjagd;• Kampfspiele: Turnier: Tjost, Buhurt, • Tanz; Sport (Speerwerfen, Steinstossen) • Gesellschaftsspiele: Schach, Trictrac;• Literatur als Form der Geselligkeit: Aufführungs-/

Vortragscharakter von Literatur: Vor-lesen; Vor-singen.

• Literatur im performativen Vollzug vor der Adelsgesellschaft. Schriftlichkeit und Performanz.

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Die Bilder des Codex Manesse als Zeugnisse der Adelskultur (s. VL 3, 584-597)

• Codex Manesse (Große Heidelberger Liederhandschrift), um 1315/20 in Zürich entstanden.

• Angelegt im Umkreis, evtl. Auftrag des Zürcher Patriziers Rüdiger von Manesse.

• Bedeutendste Sammlung deutscher Lyrik des Mittelalters; nach Vorlage älterer Sammlungen (Liederbücher).

• Geordnet nach Autoren-Oeuvres, die jeweils durch eine Miniatur eingeleitet sind.

• Reine Texthandschrift (über 6.000 Strophen) ohne Melodieaufzeichnung.

• Enthält Leichs, Minnesang und Sangspruchdichtung von Autoren der Zeit um 1150/60 (Kürnberger) – 1320 (Hadlaub).

• Insgesamt 137 Miniaturen, die keine Portraits darstellen, wohl aber als Zeugnisse hoch- und spätmittelalterlicher Adelskultur gelten müssen.

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Adlige BeizjagdCodex Manesse, Zürich um 1320.Markgraf Heinrich von Meissen

1. Jagd

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Erotische Symbolik des Falken(s. Beate Schmolke-Hasselmann,Accipiter et chirotheca, in: GRM63, 1982, S. 387-417)

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Schwarzwild-Jagd.Codex Manesse, Zürich um 1320Heinrich Hetzbold von Weissensee

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Hetzjagd auf Hochwild.Codex Manesse, Zürich um 1320Der von Suonegge

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Sechs Ritter im Reiterkampf vor adligen Damen.Herzog von AnhaltCodex Manesse, Zürich um 1320.

2. Kampfspiele

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Reiterkampf vor adligen Damen.Codex Manesse, Zürich um 1320.Herzog von Anhalt

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Schwertkampf vor adligen Damen.Codex Manesse, Zürich um 1320.Herzog von Anhalt

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Steinstossen als AdelssportCodex Manesse, Zürich, um 1320Burggraf von Lüenz

3. Sport

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Tric-trac (Back gammon)Zürich, Codex Manesse, um 1320Herr Göli (Fahrender Sänger)

4. Gesellschaftsspiele

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Höf. Schachszene. Musik:Posaune, Trommel, Dudelsack.Codex Manesse, um 1320

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Reigentanz und Musik (oben).Abschied (unten).Meister Rumslant, M. 13. Jh.Codex Manesse, um 1320

5. Tanz

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Adliges Musizieren (und Singen?)Codex Manesse, um 1320Der Kanzler

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Instrumentalmusik: Fiedel, Schalmei,Flöte, Dudelsack, Schlagwerk.Heinrich von Meißen (Frauenlob)Codex Manesse, um 1320

Musik

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Literatur innerhalb der Kultur der Adelshöfe im 12.- 13. Jahrhundert

• Es existieren keine Primärzeugnisse für die Benutzung/ Aufführung von Literatur (Bumke, Höf. Kultur, S. 718ff.).

• Sekundärzeugnisse: • Bildungsstand des Laienadels: in der Regel ohne eigene

Schriftkompetenz (Lesen, Schreiben), ohne eigene Erfahrung mit dem Buch (Bumke, Höf. Kultur, S. 596ff.).

• Vermittlungsfunktion der Litterati/Clerici.• Deshalb Existenz der Literatur: Roman; Erzählung;

Minnesang, Sangspruch zum (Vor-)Lesen; (Vor)-Singen; Lyrik als Begleitung zum Tanz. (-> Performanz, RLW).

• Existenz von Saalbauten zur Gestaltung der Adelskultur (z.B. Palas der Wartburg, Eisenach)

• Literatur: Bumke, Höf. Kultur, S. ; Ders., Mäzene im Mittelalter, S. 59-65 (s. LV).

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Quantitative Präsenz deutschsprachiger Literatur um 1200

• Deutschsprachige Schriftlichkeit um 1200: ca. 5% innerhalb der überwiegend lateinischen Schriftlichkeit (ca. 95%).

• Bumke, Mäzene: „um 1200 scheint es in Deutschland nicht mehr als 5-10 Adelshöfe gegeben zu haben, an denen die neue höfische Dichtung gefördert wurde.“

• Zunahme im 13. Jh.; dazu Literaturförderung durch geistliche Höfe (Bumke, Höf. Kultur, S. 670ff.).

• Folgerungen: a) Zeugniswert der einzelnen Beobachtung relativ

hoch;b) Verallgemeinerungen des Einzelfalls im Hinblick auf

„das“ Mittelalter sind nur mit Einschränkungen möglich.