1 Physikalische Eigenschaften der Röntgenstrahlung … wurden von Wilhelm Conrad Röntgen im Jahre...

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1 Physikalische Eigenschaften der Röntgenstrahlung … wurden von Wilhelm Conrad Röntgen im Jahre 1896 als folgt formuliert: Strahlen X sind elektromagnetische Wellen, die sich im Vakuum mit der Lichtgeschwindigkeit verbreiten. Für elektromagnetische Wellen gilt (Maxwell-Gleichungen): Vektoren des elektrischen (E) und magnetischen (H) Feldes sind zueinander orthogonal und orthogonal zur Richtung der elektromagnetischen Welle. Beide Vektoren sind eine harmonische Funktion der Zeit Spektraler Bereich der Röntgenstrahlung: Die Wellenlänge der Röntgenstrahlung liegt zwischen der UV-Strahlung und der -Strahlung von radioaktiven Substanzen (0,4 – 2,5 Å). 1 Å = 10 –10 m = 0.1 nm. Optische Eigenschaften von Materialien: Der Brechungsindex für Röntgenstrahlung, n 0.99995 Röntgenstrahlung kann mit optischen Elementen (Linsen) nicht fokussiert werden, kann daher nicht für eine direkte Beobachtung im direkten Raum genutzt werden. Der Ausweg: Beobachtung im reziproken Raum – die Röntgenbeugung

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Physikalische Eigenschaften der Röntgenstrahlung… wurden von Wilhelm Conrad Röntgen im Jahre 1896 als folgt formuliert: Strahlen X sind elektromagnetische Wellen, die sich im Vakuum mit der

Lichtgeschwindigkeit verbreiten.

Für elektromagnetische Wellen gilt (Maxwell-Gleichungen): Vektoren des elektrischen (E) und magnetischen (H) Feldes sind zueinander orthogonal

und orthogonal zur Richtung der elektromagnetischen Welle. Beide Vektoren sind eine harmonische Funktion der Zeit

Spektraler Bereich der Röntgenstrahlung: Die Wellenlänge der Röntgenstrahlung liegt zwischen der UV-Strahlung und der -

Strahlung von radioaktiven Substanzen (0,4 – 2,5 Å). 1 Å = 10–10 m = 0.1 nm.

Optische Eigenschaften von Materialien: Der Brechungsindex für Röntgenstrahlung, n0.99995 Röntgenstrahlung kann mit optischen Elementen (Linsen) nicht fokussiert werden, kann

daher nicht für eine direkte Beobachtung im direkten Raum genutzt werden. Der Ausweg: Beobachtung im reziproken Raum – die Röntgenbeugung

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Kontinuierliches Frequenzspektrum

0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200-1

-0.8

-0.6

-0.4

-0.2

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 2000

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

1.4

1.6

Frequenzspektrum Wellenpaket – Photon

Fourier-Transformation des Signals = Frequenz-SpektrumInverse Fourier-Transformation des Frequenz-Spektrum = Signal

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„Länge“ des Wellenpaketes

Aus dem Heisenberg-Prinzip:

2

2

2

xhxh

hp

hp

hxp

Die Plancksche Konstante: h = 6,62620 x 10-34 J.s

Spektralbreite der CuK1-Strahlung: = 3.6 x 10-4 Å

Länge des Wellenpaketes ( = 1.54056 Å): x = 0.66 µm

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Kohärenzlänge der Röntgenstrahlung Longitudinale

Kohärenzlänge

Laterale Kohärenzlänge

2

2

TL… from the Heisenberg

principle

Typische Werte (für CuK1):

= 1.54056 Å, = 3.615x10-4 ÅLT > 1 m

V. Holy, U. Pietsch, T. Baumbach: High-Resolution X-ray Scattering from Thin Films and Multilayers, Springer Tracts in Modern Physics, Volume 149, Springer Verlag Berlin Heidelberg, 1999.

R

iSSS r

RL

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rS

S

i

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Laterale Kohärenzlänge

iSSS r

RL

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Konventionelle RöntgenröhreFokus 0.110 mm² = 1.5418 ÅR = 30 cmrS = 0.1 mm

LS = 0.23 µm

Synchrotronstrahlung

= 1.5418 ÅR = 40 mrS = 40 µm

LS = 77 µm

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Laterale Kohärenzlänge beim streifenden Einfall

fiffiitotal

i

ss

i

pp

L

LL

LL

cos

1

cos

1

sin

1

sin

1

2

sincos00

Konventionelle RöntgenröhreLS > 13 µm

SynchrotronstrahlungLS > 4 mm

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Limitierung der Röntgenstreuung (zugängliche Bereiche im direkten Raum)Weitwinkellimit (kleine Abstände

im direkten Raum)Kleinwinkellimit (große Abstände im direkten Raum)

2sin4

2

min

d

q

nqd

Bestimmt durch die Wellenlänge der Röntgenstrahlung

Bestimmt durch das Auflösungsvermögen des Diffraktometers bei sehr kleinem q

… und durch die Kohärenzlänge der Strahlung (longitudinale und laterale)

CLndss

ndssdq

0

02 2

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Eindringtiefe der Röntgenstrahlung

sinsin

sinsin

1: 0

ex

eI

dz

dIt

Beispiel:

CuK StrahlungAu, = 4011 cm-1

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Eindringtiefe der Röntgenstrahlung

L.G. Parratt, Surface Studies of Solids by Total Reflection of X-rays, Physical Review 95 (1954) 359-369.

Beispiel: Gold

= 4.640910-5

= -4.5823 10-6

112

1

21

211

0

2

2

in

fiffr

n

rn

ee

e

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Symmetrische Beugungsgeometrie

qz

qx

qy

Koplanare Beugung Parafokussierende Geometrie Symmetrische Anordnung Feste Richtung der

Beugungsvektors

-1Å101,0,0 zyx qqq

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Symmetrische Beugungsgeometrie

Plus

Arbeitet mit divergentem Primärstahl

Beugungsebene sind parallel zur Probenoberfläche

Simple Scans im reziproken Raum (Textur)

Minus

Anwendbar hauptsächlich für polykristalline Materialien

Beugungsebenen sind parallel zur Probenoberfläche

Eindringtiefe hängt vom Beugungswinkel ab

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Röntgenbeugung unter streifendem Einfall (Glancing angle X-ray Diffraction, GAXRD)

qz

qy

qx

Koplanare Beugungsgeometrie Kleiner (und konstanter)

Primärwinkel Bewegender Detektor Variable Richtung des

Beugungsvektors

-1-1 Å41,0,Å07 zyx qqq

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Röntgenbeugung unter streifendem Einfall (Glancing angle X-ray Diffraction, GAXRD)

Plus

Reduktion der Eindringtiefe beim kleinen Einfallwinkel

Die Eindringtiefe ist fast unabhängig vom Beugungswinkel

Minus

Anwendbar für polykristalline Werkstoffe

Komplexe Untersuchung des reziproken Raumes (bes. bei einer Vorzugsorientierung)

Probleme mit Oberflächenabsorption (Abnahme der Intensität bei rauen Oberflächen)

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GAXRD – Experimentelle Anordnung Asymmetrische Beugungsgeometrie; kleiner Einfallwinkel; großer

Austrittwinkel

Seemann-Bohlin geometry Parallel beam optics

X-ray tube

Monochromator

Sample

Detector withreceiving slit

Diffractometer axis

Monochromator

Detector

Sample

X-raytube

Sollercollimator

References:H. Seemann: Ann. Physik 59 (1919) 455.H. Bohlin: Ann. Physik 61 (1920) 420.

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-Verfahren

qz

qx

qy

Nichtkoplanare Beugungsgeometrie Asymmetrische (/2) Geometrie Variable Richtung des

Beugungsvektors

-1-1 Å101,0,Å10,10 zyx qqq

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-Verfahren

Plus

Messung in verschiedenen Richtungen des Beugungsvektors (notwendig für Eigenspannungs- und Texturmessungen)

Minus

Beschränkter Winkelbereich

Die Eindringtiefe hängt vom Beugungswinkel und von der Kippung der Probe ab

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-Verfahren

qz

qx

qy

Nichtkoplanare Beugungsgeometrie

/2 symmetrisch, Probe wird gekippt

Variable Richtung des Beugungsvektors

-1-1 Å101,Å100,0 zyx qqq

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-Verfahren

Plus

Messung in verschiedenen Richtungen des Beugungsvektors (notwendig für Eigenspannungs- und Texturmessungen)

Netzebenen sind erreichbar, die in koplanarer Beugungsgeometrie nicht untersucht werden können

Minus

Die Eindringtiefe hängt vom Beugungswinkel und von der Kippung der Probe ab

Der Primärstrahl muss kollimiert werden, dass die instrumentellen Aberrationen nicht zu groß sind und dass eine gute Kohärenz der Strahlung auch in der y-Richtung gewährleistet ist

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Röntgenreflexion im Kleinwinkelbereich

Monochromator

Probe

Detektor

Koplanare symmetrische Beugungsgeometrie

Kleiner Einfallwinkel, kleiner Austrittswinkel

Unveränderliche Richtung des Beugungsvektors

-1Å7.00,0,0 zyx qqqPlus

Amorphe oder kristalline Materialien (Schichten) können untersucht werden

Eine geringe Eindringtiefe – oberflächensensitive Methode

Minus

Kleine Divergenz des Primärstrahles ist wichtig

Anwendbar nur für glatte Oberflächen

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Grazing-incidence X-ray Diffraction (GIXRD)

qz

qx

qy

Nichtkoplanare Beugungsgeometrie

Beugung an den zur Probenoberfläche senkrechten Netzebenen

Messung im oberflächennahen Bereich

Gute Qualität der Oberfläche ist notwendig (die Oberfläche muss die Röntgenstrahlung reflektieren)

0,Å101,Å101 -1-1 zyx qqq

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Grazing-incidence X-ray Diffraction (GIXRD)

Plus

Sehr kleine Eindringtiefe (Oberflächenbeugung), einstellbar durch den Primärwinkel

Die Eindringtiefe ist konstant Strukturanalyse an polykristallinen

und epitaktischen Schichten

Minus

Zugänglich sind nur die Netzebenen (hk0) Anwendbar für Proben mit kleiner

Oberflächenrauhigkeit (Messung in der Nähe der totalen Reflexion)

Notwendig ist eine gute Kohärenz in der horizontalen sowie vertikalen Richtung (Synchrotronstrahlung)