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1 Reinhard Kinne – Rechtsschutz für Software – Juli 2007 Software ist ein durch geistige Leistung hervorgebrachter immaterieller Gegenstand. Nach weitestgehend verbreiteter Meinung soll dem Schöpfer der Software eine Belohnung dafür zukommen, dass er die Allgemeinheit mit dem Wissen dieser Software bereichert hat, also der Allgemeinheit Information zugeführt hat. Hierfür stehen das Urheberrecht und die so genannten technischen Schutzrechte, nämlich das Patentrecht und das Gebrauchsmusterrecht, zur Verfügung, die dem Schöpfer ein zeitlich begrenztes Ausschlussrecht zubilligen. Problematisch sind die Festlegung des Gegenstandes = Software und die für eine Schutzgewährung erforderlichen Mindestvoraussetzungen. Rechtsschutz für Software

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1Reinhard Kinne – Rechtsschutz für Software – Juli 2007

Software ist ein durch geistige Leistung hervorgebrachter immaterieller Gegenstand.

Nach weitestgehend verbreiteter Meinung soll dem Schöpfer der Software eine Belohnung dafür zukommen, dass er die Allgemeinheit mit dem Wissen dieser Software bereichert hat, also der Allgemeinheit Information zugeführt hat.

Hierfür stehen das Urheberrecht und die so genannten technischen Schutzrechte, nämlich das Patentrecht und das Gebrauchsmusterrecht, zur Verfügung, die dem Schöpfer ein zeitlich begrenztes Ausschlussrecht zubilligen.

Problematisch sind die Festlegung des Gegenstandes = Software und die für eine Schutzgewährung erforderlichen Mindestvoraussetzungen.

Rechtsschutz für Software

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2Reinhard Kinne – Rechtsschutz für Software – Juli 2007

Das Urheberrecht entsteht durch Schöpfung, und es ist an die Person des Schöpfers gebunden. Es endet 70 Jahre nach Tod des Schöpfers.

Computerprogramme werden im Urheberrechtsgesetz ausdrücklich als zu schützendes Sprachwerk erwähnt. Der Schutz erstreckt sich nur auf die Erscheinungsform, nicht aber auf die Idee oder einen dem Programm innewohnenden Algorithmus. Da es aber zumeist auf den Algorithmus ankommt, erscheint das Urheberrecht als ein weniger geeignetes bzw. als ein schwaches Schutzrecht.

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Das Patent entsteht durch den hoheitlichen Akt der Patenterteilung – nach vorheriger amtlicher Prüfung auf Neuheit, Erfindungshöhe und gewerbliche Anwendbarkeit. Die Schutzdauer beginnt mit der Patenterteilung und endet längstens 20 Jahre nach dem Tag der Patentanmeldung.

Das Patent gilt als starkes Schutzrecht. In den letzten Jahren sind häufig Klagen aufgetreten, dass Patente zu leicht erteilt worden seien, weil die Anforderungen an die Zumessung der Erfindungshöhe zu niedrig gewesen seien.

Ergebnisse einer EU-Umfrage von 2006:1. Innovationen sollen gefördert werden, vorausgesetzt, dass

Kriterien für die Patentierbarkeit streng beachtet werden.2. Verbreitung von Wissen soll durch Patentdokumentation gefördert

werden.3. Technologietransfer muss erleichtert werden.4. Das Patentsystem muss für alle Marktteilnehmer verfügbar sein.5. Das Patentsystem muss Rechtssicherheit für den Patentinhaber

und die Benutzer bieten.

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Patentanmeldungen weltweit von 1985 bis 2004

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Es muss allerdings berücksichtigt werden, dass jeweils ein Gegenstand in 3 bis 4 Ländern angemeldet wird, in 2004 handelt es sich also um ca. 450.000 Erfindungen.

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5Patentanmeldungen pro 1 Mio Einwohner

Weltdurchschnitt - 148

Österreich - 275

Deutschland - 587

China - 51

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In den letzten 20 Jahren hat sich die Anzahl der Patentanmeldungen weltweit ungefähr verdoppelt auf jetzt etwa 1,7 Millionen/Jahr.

EDV-Anmeldungen betragen davon rund 3% - jeweils zur Hälfte Software und Hardware.

Für Deutschland bedeutet dies für Software etwa 900 Patentanmeldungen im Jahr 2007. Für Österreich treffen ungefähr 5% (rund 50) davon zu.

Man kann davon ausgehen, dass die künftige Zunahme der Patentaktivität proportional zu der Entwicklung bei Software sein wird.

Ein besonderes Augenmerk verdienen die Verhältnisse in China. Auch wenn dort der Umfang eigener Entwicklungen langsam größer wird, kann man von einer großen Anzahl von (Raub-)Kopien ausgehen. Obwohl es dort seit gut 20 Jahren ein Patentsystem gibt und sich auch die Durchsetzungs-möglichkeiten stetig verbessern, ist die Situation noch nicht zufriedenstellend.

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800

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1200

Anmeldungen 22 39 49 65 130 156 203 334 405 538 719 1026

1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007

Patentanmeldungen beim Europäischen Patentamt aus Chinavon 1996 - 2007 (für 2007 Hochrechnung)

1996 bis 2007 rd. 50-fache Anmeldezahl

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Anteil von allen europäischen Patenten

Wert in Euro

7,2% > 10 Mio

68% < 1 Mio

1 bis 2% > 300 Mio

10% < 30 Tausend

Durchschnitt 400 Tausend

Wert von Patenten(EU-Studie von 2005 zum Wert europäischer Patente; Angaben sind

grob gerundet)

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Vorteile Erläuterung und Bemerkungen

Software-Erfindungen können durch Kopieren gestohlen werden. Ein Patent ist ein guter Schutz.

Der Beweis für eine Nachahmung lässt sich durch Vergleich von Funktionen relativ leicht erbringen.

Unternehmen, die ihre Erfindung nur selbst benutzen möchten, können sich gut gegen starke Konkurrenten verteidigen. Das ist besonders

wichtig für KMU.

KMU können sich mit anderen (stärkeren) verbünden.

Ein Patent hat einen gewissen Werbeeffekt. Es zeigt, dass das Unternehmen innovativ und auch gewillt ist, sich gegen Nachahmer zu

verteidigen.

Da KMU üblicherweise keinen großen Bekanntheitsgrad besitzen, tritt dieser Werbeeffekt auf. Bei großen Unternehmen geht man sowieso vom

Vorhandensein von Patenten aus.

Ein Patent hat einen Geldwert und kann verkauft werden. Patente erhöhen den Wert eines Unternehmens.

Das Patent kann vollständig übertragen werden, oder es können Lizenzen gegen Gebühr erteilt werden (DE-PatG §15).

Wegen der immer besser werdenden Rechtsangleichung ist in den Staaten des EPÜ die Beurteilung eines Patents relativ leicht geworden.

Man kann dadurch Möglichkeiten durch eigene oder Gefahren durch fremde Patente auch im europäischen Ausland leichter abschätzen.

Vorteile eines Patentschutzes für Software

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Nachteile, Kritik Erläuterung und Bemerkungen

Patente werden zu leicht erteilt. Das traf in einem gewissen Umfang zu für Patentanmeldungen vor etwa 1980. Von da an wurde die Prüfung erheblich strenger und darauf konzentriert, dass

Technizität vorliegen muss (nicht in USA).

Es gibt zu viele Trivialpatente. Wegen der auf 20 Jahre ab Anmeldetag eingeschränkten Schutzdauer sind etwaige Trivialpatente bereits abgelaufen. Es ist nicht erkennbar, dass der

Prozentsatz der Trivialpatente bei Software höher ist als in anderen Bereichen.

Die Entwicklung von Open-Source Software wird behindert.

Das ist die gleiche Situation wie in allen anderen Bereichen.

Durch Open-Source entwickelte Programmteile werden nachträglich von

Dritten patentiert.

Wenn solche Programmteile veröffentlicht sind, sind sie nicht mehr neu und können deshalb nicht mehr patentiert werden.

Patente behindern die Weitergabe von Informationen.

Das trifft nur zu, wenn es sich um eine besondere und patentierte Art der Weitergabe handelt. Informationen selbst sind nicht patentierbar und Weitergabe

von Informationen schlechthin ebenfalls nicht.

Patente sind zu teuer. Bis zur Erteilung eines deutschen Patents fallen je nach Schwierigkeit 5-15.000€ (amtliche Gebühren und Patentanwaltshonorare) an, ein Betrag, der in Bezug

gesetzt zur wirtschaftlichen Bedeutung von Patenten nicht als zu hoch angesehen werden kann, jedoch für KMU häufig unerschwinglich sein kann.

Nachteile eines Patentschutzes für Software

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Im EPÜ, Österreich und Deutschland gilt als

Voraussetzung für eine Patenterteilung:

Die Erfindung muss technisch sein.

Durch Rechtsprechung wird dies aus dem Gesetz abgeleitet. In Prüfungsrichtlinien wird dieser Grundsatz verwendet.

In Japan muss ein Naturgesetz angewendet werden.

In USA gilt:

Jeder konkrete (tangible) und nützliche Gegenstand ist patentierbar.

„anything under the sun made by men“, wovon auch Verfahren betroffen sind.

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Die im Vergleich zu allen anderen Ländern und dem EPÜ liberalere Haltung der USA bringt diesen beachtliche Vorteile ein.

Sie liegen im Wesentlichen darin, dass die Nicht-Amerikaner nicht mit der amerikanischen Praxis vertraut sind und dementsprechend einerseits von in USA geltenden Patenten überrascht werden und andererseits es häufig versäumt haben, ihre Erfindungen durch passende Patentanmeldungen in den USA zu sichern. Dies trifft insbesondere auf KMU zu.

Da alle Mitgliedsländer des Trips-Abkommens und so auch die USA nicht zu strengeren Gesetzen gezwungen werden können, bleibt als einzige Möglichkeit, sich an das Patentrecht der USA anzugleichen.

Zweckmäßig (und auch vernünftig) wäre der Wegfall des Technizitätserfordernisses für das Zulassen einer Patenterteilung.

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EPÜ Artikel 52

(1) Europäische Patente werden für Erfindungen erteilt, die neu sind, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sind.(2) Als Erfindungen im Sinn des Absatzes 1 werden insbesondere nicht angesehen:Entdeckungen sowie wissenschaftliche Theorien und mathematische Methoden;ästhetische Formschöpfungen;Pläne, Regeln und Verfahren für gedankliche Tätigkeiten, für Spiele oder für geschäftliche Tätigkeiten sowie Programme für Datenverarbeitungsanlagen;die Wiedergabe von Informationen.(3) Absatz 2 steht der Patentfähigkeit der in dieser Vorschrift genannten Gegenstände oder Tätigkeiten nur insoweit entgegen, als sich die europäische Patentanmeldung oder das europäische Patent auf die genannten Gegenstände oder Tätigkeiten als solche bezieht.

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Die Bestimmungen in Österreich und Deutschland sind gleich lautend wie im EPÜ, also Software als solche ist nicht schutzfähig.

In Japan ist Software nur dann schutzfähig, soweit ein Naturgesetz angewendet wird.

In USA ist Software schutzfähig, wenn sie nützlich ist.

Hier Beispiele von in den USA erteilten Patenten auf nichttechnische Dinge:

Patent 5.851.117 für ein Verfahren zum Trainieren von Gebäudereinigungspersonal, bei dem der Erfindungsgedanke darin liegt, diesem Personal auf einem Display die optimale Vorgehensweise bei der Reinigung eines Gebäudes zu zeigen.

Das Patent 5.761.857 erläutert ein System zum raumsparenden Bauen von Einfamilienhäusern auf in Größe und Form vorgegebenen Landstücken.

Das Patent 5.688.736 erläutert eine Art Innenarchitektur-Simulation zum Umgestalten existierender Häuser.

Das Patent 6.988.138 betrifft E-Learning und dabei die Verwaltung von Zugriffsberechtigungen für Datenbanken, in denen Lernmaterial abgespeichert ist.

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Der Begriff „als solche“ ist nicht bestimmbar und sollte aus den gesetzlichen Bestimmungen von EPÜ, Österreich und Deutschland gestrichen werden.

Auch der Begriff „technisch“ lässt sich nicht exakt definieren und sollte daher ebenfalls nicht verwendet werden.

Am ehesten eignet sich der im japanischen Recht verwendete Begriff „Anwendung eines Naturgesetzes“ zur Bestimmung einer patentfähigen Software. Allerdings erscheint auch diese Einschränkung nicht als nötig oder gerechtfertigt. Durch sie würden beispielsweise Geschäftsmethodenpatente verhindert.

Für das EPÜ, Österreich, Deutschland und in ähnlicher Weise für Japan wäre das bereits vorhandene Erfordernis der gewerblichen Verwertbarkeit als Voraussetzung für die Patentfähigkeit einer Software ausreichend.

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Vicom T208/84 EPA-Entscheidung vom 15. Juli 1986

Auch wenn der einer Erfindung zugrunde liegende Gedanke auf einer mathematischen Methode beruht, wird mit einem Anspruch, der auf ein technisches Verfahren gerichtet ist, bei dem diese Methode verwendet wird, kein Schutz für die mathematische Methode als solche begehrt.

Ein Patent wird erteilt für eine mathematische Methode, aber nur wenn diese in einem technischen Verfahren verkörpert wird.

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Seitenpuffer BGH, Beschluss vom 11.06.1991

1. Eine programmbezogene Lehre ist technisch, wenn sie die Funktionsfähigkeit der Datenverarbeitungsanlage als solche betrifft und damit das unmittelbare Zusammenwirken ihrer Elemente ermöglicht.

„technisch“ patentfähig 2. Ein Verfahren, das in der Erfassung und Speicherung der Information über

den aktuellen Speicherbereich eines in einer Datenverarbeitungsanlage ablaufenden Rechenprozesses und in einer bestimmten Ladestrategie für einen dem bevorzugten Zugriff unterliegenden, aber nur eine Auswahl von Speicherseiten fassenden Speicher besteht, betrifft die Funktionsfähigkeit der Datenverarbeitungsanlage als solche; es enthält die Anweisung, die Elemente einer Datenverarbeitungsanlage beim Betrieb unmittelbar auf bestimmte Art und Weise zu benutzen.

Damit kann eine in einem Betriebssystem liegende Softwarepatentiert werden.

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In den Rechtsprechungen aller Länder wird definiert, dass eine Erfindung eine Lehre zum technischen Handeln sei.

Sie soll eindeutig und in angemessenem Zeitraum nachvollziehbar sein, womit „Algorithmus“ definiert ist.

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Damit ein Gegenstand als patentfähig angesehen werden kann, muss er nicht nur neu sondern auch erfinderisch sein bzw. Erfindungshöhe haben (Dies ist ein diskreter Wert, der entweder vorliegt oder nicht vorliegt).

Dies gilt in allen Ländern, jedoch sind die Anforderungen unterschiedlich.

Als Maßstab gilt die Fiktion eines Durchschnittsfachmannes. Dieser kennt weltweit alle Veröffentlichungen, wie Patentschriften, Zeitschriften, Bücher etc.., besitzt aber „keine eigene Kreativität“.

In USA wurde bisher die Eigenschaft „keine Kreativität“ sehr eng ausgelegt, während in den anderen Ländern dem Durchschnitts-fachmann ein fachmännisches Wissen (etwa im Sinne eines durchschnittlichen Know How) zugebilligt wurde.

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Das EPA (Entscheidung T554/98) gibt für die Erfindungshöhe folgende Regeln an:

1. Bilden die Unterschiedsmerkmale eine andere Lösung als die des Anmeldungsgegenstandes, liegt Erfindungshöhe vor.

2. Sind die Unterschiedsmerkmale zwar identisch, dienen aber zur Lösung einer anderen Aufgabe als der der Erfindung zugrunde liegenden, so liegt Erfindungshöhe vor.

3. Dienen die Unterschiedsmerkmale in gleicher oder ähnlicher Weise zur Lösung der der Erfindung zugrunde liegenden Aufgabe, so liegt keine Erfindungshöhe vor.

4. Falls etwa vorhandene Unterschiedsmerkmale im Rahmen des üblichen fachmännischen Wissens auf dem betreffenden Fachgebiet vorliegen, so kann mit ihnen keine Erfindungshöhe begründet werden.

Mit der 1998 erfolgten Einführung dieser Regeln in die ständige Prüfungspraxis hat sich das EPA an die bisherige Praxis der anderen Länder angeglichen.

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„Bemessung“ von Erfindungshöhe

1. Ein Gegenstand wird durch die Kombination aus zwei Merkmalen, nämlich einem bekannten Merkmal a und und einem neuen Merkmal b beschrieben, das zur Lösung einer vorgegebenen Aufgabe dient.

2. Es gebe eine Anzahl von Lösungen der Aufgabe. Mit fachmännischem Wissen ist jede dieser Lösungen mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit zu finden. Je komplexer die Lösung, desto geringer wird die Wahrscheinlichkeit sein.

3. Für das Zuerkennen von Erfindungshöhe wählt man für die Wahrscheinlichkeit (subjektiv und willkürlich) eine Grenze (Mindestinformationsmenge).

Eine solche Vorgehensweise würde dem jeweiligen Patentprüfer wenigstens eine gewisse Formalisierungsmöglichkeit geben, die ihm zu besserer Ausgeglichenheit seiner Entscheidungen verhelfen könnte.

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Der bekannte Laufbalken (EP 0 394 160 B1 erteilt 1995) dürfte nach der jetzt geltenden Praxis des EPA nicht mehr patentiert werden.

In der erwähnten Vicom-Entscheidung wurde ein Bildbearbeitungsverfahren aufgrund der Erfindungsqualität eines Algorithmus patentiert. Die Anwendung dieses Algorithmus zur Lösung einer anderen Aufgabe dürfte nur dann patentfähig sein, wenn die Verwendung des Algorithmus zur Lösung dieser anderen Aufgabe nicht im Rahmen fachmännischen Wissens liegt.

Hierfür ein analoges Beispiel aus der Pharmazie:

Der Stoff des Medikaments Aspirin war als Kopfschmerzmittel bekannt. Als Blutverdünner wurde er erneut patentiert.

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Zur Zeit wird in den USA noch der TSM-Test (Teaching, Suggestion, Motivation) zur Ermittlung der Erfindungshöhe angewendet.

Seit Anfang 2007 ist beim Supreme Court ein Fall anhängig (KSR v. Teleflex), der voraussichtlich noch in 2007 entschieden werden wird. Man erwartet *, dass dem Durchschnittsfachmann eine im Rahmen üblichen fachmännischen Wissens liegende Kreativität zugebilligt werden wird.

Mit einer solchen Entscheidung würde sich die Rechtspraxis der der anderen Länder angleichen, und es würden damit zukünftige Trivialpatente vermieden werden.

Bei einem solchen Trivialpatent könnte es sich um das bekannte Blackboard-Patent handeln.

*nach Syllabus = unverbindliche Stellungnahme des Reporters

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Die Erfindung bestand in drei Maßnahmen, nämlich

1. Aufteilen in mehrere unterschiedliche Nutzerkategorien

2. Aufteilen in mehrere unterschiedliche Zugriffsrechte

3. Zuordnen von Nutzerkategorien zu Zugriffsrechten

Bei dem Gegenstand des Blackboard-Patents ging es darum, dass bei einer Internetplattform für Fernunterricht unterschiedliche Nutzerkategorien (Lehrer und Schüler) unterschiedliche Zugriffsrechte auf eine Datenbank haben.

Nach der zu erwartenden KSR-Entscheidung des Supreme Courts dürfte der Blackboard-Gegenstand nicht mehr als patentfähig angesehen werden, was zur Folge hätte, dass die in USA anhängigen Klagen gegen den Wettbewerber D2Learn abgewiesen würden.

Es ist zu erwarten, dass die beim EPA anhängigen Patentanmeldungen zurückgewiesen werden.

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Vorschläge

1. Änderung des EPÜ, des Gebrauchsmustergesetzes von Österreich und der Patentgesetze von Deutschland, Japan und der USA:

Neuerungen werden patentiert, wenn sie gewerblich anwendbar und erfinderisch sind.

2. EU-Richtlinie:

Zur Rechtsangleichung innerhalb der EU sollte baldigst eine Richtlinie zur Softwarepatentierung erlassen werden. Diese Richtlinie sollte von der obigen Formulierung Gebrauch machen.

3. KMU:

KMU sollten u.a. Patentamtsgebühren erlassen oder gestundet werden.

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Vielen Dank fürIhre Aufmerksamkeit!

Dr. Hubert Burda, scheidender Vorsitzender des Hochschulrates der Ludwig-Maximilians-Universität München, am 16. Juli 2007:

„Wer den Algorithmus schreibt, ist erfolgreich.“