1. Tag Samstag, 23. Mai 2009 Weingarten - Frankfurt - …

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Samstag, 23. Mai 20091. Tag

Weingarten - Frankfurt - Damaskus

Am Samstag, den 23.5.09, trafen sich 25 Syrienreisende um 10.15 Uhr auf demParkplatz vor der Walzbachhalle. Der Bus der Firma Kasper stand schon bereit.Schnell wurden die Koffer eingeladen. Und einige von uns stellten sich vermutlichauch die Frage: Habe ich auch den richtigen Pass dabei? Der richtige Pass - dasmusste dieses Mal ein Pass ohne Stempel des Staates Israel sein. Er hätte eineEinreise nach Syrien unmöglich gemacht. Deswegen mussten sich einige einenzweiten Pass besorgen. Zudem mussten wir Kopien unserer Reispässe anferti-gen, die wir für die Einreise in Syrien benötigten. Wir verabschiedeten uns von denzahlreichen Angehörigen und machten uns auf den Weg nach Frankfurt zum Flug-hafen. Einen Zwischenstopp legten wir in Kronau ein, wo uns Marietta schon sehn-lichst erwartete. Dieses Mal flogen wir vom Terminal 2 ab, etwas ungewöhnlich für alldiejenigen, die in den vergangenen Jahren unsereFahrten mitgemacht hatten. Im Duty-Free-Shop wurde zunächst eingekauft. Als wir danach in die Flughafenkapelle imTerminal 2 gehen wollten, um Gott um seinen Segen für den Flug und den Aufenthalt inSyrien zu erbitten, mussten wir feststellen, dass sich diese Kapelle genau in derentgegen gesetzten Richtung befand und wir deshalb nochmals durch die Handgepäck-kontrolle hätten gehen müssen. Das wollten wir uns ersparen. So beteten wir denReisesegen im Wartesaal, der zu diesem frühen Zeitpunkt noch relativ leer war. Da-nach füllten einige ihre leeren Wasserflaschen mit Trinkwasser auf. Pünktlich starte-ten wir mit Syrienair in Richtung Damaskus. Während des Fluges lernten wir einigeMitglieder von zwei weiteren Reisegruppen kennen, die ebenfalls mit „Biblische Rei-sen“ ihre Syrientour organisiert hatten. Ein Imbiss verkürzte die Reisezeit, und nachdreieinhalb Stunden landeten wir wohlbehalten in Damaskus.Hier wartete bereits Farid, unser Guide, auf uns, um uns bei den Einreiseformalitätenzu helfen. Auch die spannende Frage, ob wir die Kopien unserer Pässe abzugebenhätten, wurde mit einem eindeutigen „ja“ beantwortet. Einige von uns machten auchauf dem Flughafen ihre ersten Erfahrungen mit syrischen Toiletten. Nachdem sich die„Besonderheiten“ herumgesprochen hatten, hielt der/die eine oder andere sein/ihr drin-gendes Bedürfnis zurück bis zur Ankunft im Hotel. Nachdem die Einreiseformalitätengeregelt waren, führte uns Farid zu unserem Bus, wo unser netter, charmanter Busfah-rer uns schon erwartete. Auf dem Weg zum Hotel gab uns Farid erste Informationenüber das Land und seine Bewohner. Als nette Begrüßungsgeste bekamen wir syri-sche Kekse angeboten, die uns gut mundeten. Im Hotel angekommen, checkten wirein, und Hubert war sehr erleichtert, dass die zum Teil negativen Aussagen von Rei-senden über unser Hotel, die er bei seiner Recherche im Internet zuvor in Erfahrunggebracht hatte, in jedem Fall so nicht eintrafen. Das Essen mundete uns allen gut.Müde gingen wir zu Bett - voller Erwartung auf den morgigen Tag.

Brigitta

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Sonntag, 24. Mai 20092. Tag

Damaskus

Die erste Nacht auf syrischem Boden war schnell vorüber, und nach einem reichhal-tigen Frühstück brachen wir pünktlich um 9:00 Uhr bei blauem Himmel und einemherrlichen Sonnenschein zur Erkundung der Hauptstadt auf. Auf der Fahrt zu unse-rem ersten Tagesziel erhielten wir von Farid, unserem fachkundigen Reiseführer,erste Informationen über Damaskus . Die Stadt gilt als eine der ältesten, ununterbro-chen bewohnten Städte der Welt. Die ersten Menschen lebten hier schon im 4.Jahrtausend v. Chr. Als „Dimashqa“ wurde sie erstmals auf ägyptischen Hieroglyphen-tafeln erwähnt. Am Schnittpunkt wichtiger Handelswege gelegen, war sie bei denMächtigen zu allen Zeiten besonders beliebt. Die Stadt ist auch heute genau sodynamisch wie zu Zeiten der Pharaonen, der Aramäer, Babylonier, Perser, Grie-chen, Römer und Byzantiner oder - nach der islamischen Eroberung im 7. Jahrhun-dert - in der Zeit der Omaijaden- und Abbasiden-Herrscher.Die Stadt, von den Damaszenern früher als „Paradies auf Erden“ bezeichnet, liegt imTal des Flusses Baradas (Goldfluss der Antike) zwischen zwei fruchtbaren Grün-streifen. Die Oase Ghuta trennt sie von der Wüstensteppe. Aufgrund der starkenLandflucht ist die Bevölkerung der Stadt in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhundertssehr stark angewachsen, von ca. 200.000 auf 5 Millionen Einwohnern (mit den neuenStadtteilen). Farid erklärte uns, dass die Bewohner auf einer Fläche leben, die inetwa der Fläche Kölns entspricht.Um diese großartige Stadt an nur einem Tag erkunden zu können, muss man sichauf die wichtigsten Sehenswürdigkeiten konzentrieren. Nach einer kurzen Fahrt stie-gen wir direkt vor dem syrischen Nationalmuseum aus. Das Museum ist das größ-te und wichtigste des Landes und beherbergt eine weltweit beachtete Ausstellungarchäologischer und historischer Funde aus 9000 Jahren syrischer Kultur. In dieNordfassade (Eingangsportal des Museums) ist das stuckgeschmückte Tor desWüstenschlosses von Qasr al-Hir al-Gharbi eingefügt, das ein Omaijaden-Kalif im8.Jahrhundert westlich von Pal-myra bauen ließ. Am Beispieldes Palastmodells, das im Ein-gangsbereich des Museums zusehen war, erklärte uns Faridden Bau und die Funktion die-ser festungsähnlichen Schloss-anlagen, von denen es einige aufdem Handelsweg vom Euphratzum Mittelmeer gab und die sei-ner Sicherung und dem Schutzder Karawanen dienten.

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Vor einer riesigen Kulturkarte des Vorderen Orients erläuterte uns Farid die Bedeu-tung der großen Königreiche (Ugarit, Ebla, Mari, Quatna oder Dura Europos) imheutigen syrischen Raum für die Entwicklung der späteren abendländischen Zivilisa-tion. Viele der Funde, die man bei den archäologischen Ausgrabungen in diesenStädten gemacht hat, sind in den einzelnen Sälen des Museums zu bewundern.Nicht ohne Stolz vermerkte Farid, dass man Syrien als Knotenpunkt der Kulturen imöstlichen Mittelmeerraum und als Ort der Begegnung von Orient und Okzident be-zeichnen kann.Gleich der erste Saal barg die Funde aus Ugarit, einem bedeutenden Königreich derKanaaniter (auch Kanaanäer), das seine Blütezeit im 14. Jahrhundert v. Chr. hatte.Hier verehrte man die Götter El und seinen Sohn Baal. Farid schilderte uns anhandeiniger Beispiele die Bedeutung der Baals-Religion für die Welt der Bibel. In Ugaritgab es bereits um 1400 v. Chr. ein 30 Buchstaben umfassendes erstes Alphabet inKeilschriftform, mit dessen Hilfe erste Verträge geschrieben und Glaubensvorstellungender Bevölkerung in Form von Sagen, Epenund Mythen festgehalten wurden. Wir be-wunderten dieses nur ca. 10 cm langeTontäfelchen mit seinen keilschrift-formigen Buchstaben. Parallel dazu ent-wickelten auch die Ägypter ein Alphabetin ihrer so genannten Hieroglyphenschrift.In einem anderen Saal waren Funde aus Mari (ein Königreich aus dem mittlerenEuphrat) zu sehen: 4000 Jahre alte Figuren/Skulpturen und Schmuck aus Gold,Lapislazuli, Bronze und Elfenbein, zumTeil ein Geschenk des Königs von Ur (dieHeimat Abrahams) in Südmesopotamien.Aus Ebla stammen einige Keilschrift-Ton-tafeln aus dem 3. Jahrtausend v. Chr. EinAufseher führte uns in einen Raum imErdgeschoss des Museums, in dem manein prachtvolles Familiengrab ausPalmyra (2.Jahrh. n.Chr.) mit seinengroßartigen Reliefbildnissen rekonstruiertund wieder errichtet hat. Hauptattraktiondes Museums ist die Synagoge (um 250 n.Ch.) aus Dura Europos. Das Gottes-haus wurde am Euphrat an seinem Standort zerlegt und in einem Haus neben demMuseum wieder aufgebaut. Sehenswert sind die Wandmalereien, denn sie zeigenSzenen aus dem Alten Testament trotz des altjüdischen Bilderverbots. Interessantwar auch der Museumsgarten mit seinen verstreuten Skulpturen und Steinfragmenten.Nach dem Museumsbesuch ging es in die Höhe, genauer gesagt auf den Berg Kas’yun(ca. 690 Meter). Von hier oben genießt man einen hervorragenden Blick auf dieMetropole, die nahe gelegenen Golanhöhen und – wenn die Sicht es erlaubt- auf dieschneebedeckten Gipfel des Hermongebirges.

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Von unserer Aussichtsplattform ginges danach wieder hinunter in die Alt-stadt, die seit 1979 als UNESCO-Weltkulturerbe anerkannt ist. Wir stie-gen bei der alten Stadtmauer vor derPaulus-Kapelle am Bab Kaysanaus. Sie erinnert an die Flucht desHeiligen vor seinen jüdischen Geg-nern und steht an der Stelle, an derihn seine Anhänger nachts in einemKorb von der Stadtmauer herabließen

(Apg 9,23). Brigitta las uns diese Episode aus der Apostelgeschichte vor. Danachverließen wir die Kapelle und gelangten durch das restaurierte antike Osttor (2.Jahrh.)in das uralte Christenviertel Bab Tuma. Da lag sie vor uns, die „Gerade Stra-ße“, die in der Apostelgeschichte 9,11 erwähnt wird und die uns zum „Haus desAnanias“ führte.Die Ananias-Kapelle wurde der Überlieferung nach an der Stelle errichtet, in derjener Christ lebte, der durch die Taufe den „Saulus zum Paulus“ machte. Die Apo-stelgeschichte erzählt, dass Ananias in einer Vision von Gott aufgefordert wird, ei-nen gewissen Saulus von Tarsus, der als Christenverfolger bekannt ist, aufzusu-chen, ihm die Hände aufzulegen und ihn durch die Taufe von seiner „Blindheit“ zuheilen. Die unterirdisch gelegene Kapelle ist eine der ältesten christlichen Sakral-bauten. Seit dem 14. Jahrh. ist sie in der Obhut der Franziskaner. Auf drei kleinenBildtafeln an der Wand hinter dem Altar werden die dramatischen Ereignisse derApostelgeschichte gezeigt. Brigittalas uns den Text vor, und wir sangengemeinsam „Lobe den Herrn“ und„Laudate omnes gentes“. Es war eingutes Gefühl, am Ort des biblischenGeschehens beten zu können.Gegen 14:00 ging es zur verdientenMittagspause. Wir folgten Farid durchdie engen, alten Gassen zu einem vonihm ausgesuchten Lokal. Dort stilltenwir unseren kleinen Hunger mit zahl-reichen landestypischen Vorspeisen,den so genannten Mezze, die auf kleinen Tellern serviert wurden und die uns sehrgut mundeten.Nach dem Essen war ein Treffen angesagt mit dem in Syrien bekannten LazaristenPater Paul, der uns an seinem freien Nachmittag empfing und uns über sein Le-benswerk informierte.Er stammt aus dem Libanon, das er mit vielen anderen Flüchtlingen verlassen musste.Im Flüchtlingslager war er erschüttert von der Not und dem Schicksal der Flüchtlings-

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kinder, besonders der Kinder, die an Sko-liose- und Polio erkrankt waren. DiesenKindern musste geholfen werden! Von die-sem Gedanken kam Pater Paul nicht mehrlos. Aber zunächst hatte er außer seinenvielen Plänen und Überlegungen weder diefinanziellen, noch personellen Möglichkei-ten. Er suchte im Gebet Rat und Hilfe undstartete Spendenaktionen. Er erwähnte da-bei eine besonders große finanzielle Un-

terstützung während eines Aufenthaltes in Deutschland. Durch sein Engagementund das seiner zahlreichen freiwilligen Helfer werden heute in Syrien, im Libanon undin anderen orientalischen Ländern Menschen in Not geholfen und ihnen neue Le-bensfreude geschenkt und damit neue Lebensperspektiven eröffnet. Auch wir betei-ligten uns an diesem großartigen Werk der Nächstenliebe durch unsere Geldspendeund jeder erhielt beim Abschied vom Pater einen Holzfisch, der zu Gebet und Medi-tation einladen soll. In der Hauskapelle feierten wir noch einen Wortgottesdienst mitGedanken und Texten, die sich auf die Leistung und das Werk des VölkerapostelsPaulus bezogen.Durch die Altstadt führte uns der Weg nun zur Hauptsehenswürdigkeit von Damas-kus, zur bedeutenden Omaijaden-Moschee des 8. Jahrhunderts. Die engen Gassenzeigen zu beiden Seiten oft Häuser mit einem Innenhof, zu dem sich alle Fensterund Türen öffnen und in deren Mitte oft ein Springbrunnen steht, umgeben von Zitro-nen- und Bitterorangenbäume.An der Nordwestecke außerhalb der großen Moschee steht das Saladin-Mauso-leum . Saladin einte die islamische Welt gegen die Kreuzfahrer. Er war auch be-rühmt wegen seiner Milde und Gnade gegenüber den unterlegenen Kreuzrittern undseiner ihm nachgesagten Toleranz gegenüber Andersgläubigen. Diese Eigenschaftwurde gegen Ende des 19. Jahrhunderts von Europas Intellektuellen hoch geehrt.Kaiser Wilhelm II. veranlasste die Instandsetzung der 1193 erbauten Grabstätte desSultans und stiftete 1898 bei seinem Staatsbesuch in Damaskus auch den großenMarmorsarkophag. Im 2. Holzsarkophag aus dem 13. Jh. ist Saladins Sekretär bei-gesetzt. Bevor wir das Mausoleum betreten durften, mussten alle Frauen unsererGruppe bodenlange, traditionelle Gewän-der und Kopftücher anziehen.Unmittelbar in der Nähe, sozusagen imHerzen der Altstadt, befindet sich dieprachtvolle Omaijaden-Moschee. Vor Be-treten der Moschee zogen wir alle unsereSchuhe aus.Die Omaijaden-Moschee ist eine der älte-sten im Islam. Sie steht auf heiligem Bo-den, und seit Urzeiten beten die Menschen

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an dieser Stelle, zuerstzum aramäischen Sonnen-gott Bel Hadad, später - inder Römerzeit - zu Jupiter.Dieser riesige Tempelmusste nach der Christia-nisierung des Reiches imvierten Jahrhundert der Ka-thedrale Johannes’ des Täu-fers weichen. Dann ließendie omaijadischen Kalifen(705 n. Chr.) hier eine Mo-schee errichten. Die Bau-

arbeiten, bei denen die Mauern und viele Säulen der Kathedrale verwendet wurden,dauerten zehn Jahre. Die Moschee gilt als Grundlage für die Entwicklung eineseigenen Baustils für Moscheen, den so genannten Pfeilerhallenmoscheen.Die Innenhofwände sind mit farbigen Mosaiken verziert. Sie zeigen Landschaftenund Paläste, Obstgärten und Bäche. Sie nehmen mit ca. 4.000 m² die größte Flä-che von Goldmosaiken in der islamischen Welt ein. Allerdings sind nur noch einigeMosaiken Originale des 8. Jahrhunderts, weil ein Teil davon bei einem Großbrand1893 zerstört wurde. Doch auch die moderne Darstellung an der Südfassade derMoschee beeindruckt. Neben dem Brunnen für die rituellen Waschungen fällt daskleine, auf acht Säulen ruhende und ebenfalls mit Mosaiken bedeckte so genannteehemalige „Schatzhaus“ auf. Der Innenraum der 130 m langen Moschee ist faszi-nierend mit seinen Deckenmalereien und Fresken, den Gebetsnischen und der Kan-zel. In ihrer Mitte steht ein kleiner Kuppelbau, in dem das angebliche Haupt desTäufers aufbewahrt wird, jenes Haupt, das Salome von Herodes Antipas erhielt,nachdem sie für ihn getanzt hatte.In unmittelbarer Nähe der Moschee befindet sich der Eingang zu der langen gedeck-ten Sukstraße, bedeckt mit einem hohen Zinkblechdach. Die kleinen Geschäftesind verglast und zweistöckig. Es gibt neben Spielzeug, Textilien, Lebensmittel undSouvenirs alles zu kaufen. Einem Damast-Stoffhändler statteten wir einen Besuchab, und einige kauften sich hier ihre ersten Andenken.

In unmittelbarer Nähe des Saladin-Denk-mals holte uns der Busfahrer ab. Wir er-lebten einen Tag voller imposanter Ein-drücke, Erfahrungen und Erlebnisse inder Millionenmetropole Damaskus. Nunwaren wir müde und die Beine schwergeworden. So kehrten wir ins Hotel zu-rück. Mit einem ausreichendem Abend-essen ging dieser erste Tag zu Ende.

Elzbieta und Karl Haustein

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Montag, 25. Mai 20093. Tag

Ma’alula - PalmyraIn die Wüste

Das Ziel dieses Tages war die Wüstenstadt Palmyra, heute Tadmur genannt. Zuvorjedoch wollten wir zwei Klöster in Ma’alula, ungefähr 50 km nördlich von Damaskus,besuchen.Pünktlich um 8 Uhr setzte sich der Bus in Bewegung. Nachdem wir Damaskusverlassen hatten, fuhren wir einige Zeit durch die syrische Steppe und gelangtenschließlich in die Ausläufer des Antilibanon, eines Gebirgszuges, der sich zwischenLibanon und Syrien über eine Länge von 150 km von Nordosten nach Südwestenerstreckt und parallel zur Mittelmeerküste verläuft. Während der Fahrt erzählte unsFarid einiges über das syrische Schulsystem.Unser erstes Ziel, das Dorf Ma’alula, ist eines von drei Dörfern, in dem noch einaramäischer Dialekt der Sprache gesprochen wird, die auch Jesus vor 2000 Jahrensprach. Etwa 70 Prozent der Bevölkerung des Ortes sind Christen. Vor dem Dorfhielten wir kurz an, um die an den Berg und den Felsen gebauten blauen und weißenHäuser des Dorfes zu fotografieren. Ein paar Minuten später erreichten wir dann aufder höchsten Stelle des Ortes das Sergius- und Bacchus-Kloster. Sergius und Bac-chus waren der Legende nach Offiziere der römischen Grenztruppen. Wegen ihreschristlichen Glaubens wurden sie ausgepeitscht. Bacchus starb an den Folterun-gen, Sergius überlebte sie, soll aber später enthauptet worden sein. Diesen beidenfrühchristlichen Märtyrern zu Ehren wurde in Ma’alula dieses Kloster mit seiner Kir-che in den Jahren 318 bis 325 errichtet. Erwähnenswert ist auch, dass vor einigenJahren deutsche Wissenschaftler mit Hilfe der Radiokarbonmethode (C14) heraus-fanden, dass die zum Bau verwendeten Baumstämme rund 2000 Jahre alt sind, einBeleg für das Alter der Kirche und des Klosters, das zu den ältesten noch erhaltenenchristlichen Klöstern der Welt gehört. Reste eines heidnischen Tempels, der vorheran der Stelle des Klosters stand, wurden in die Klostergebäude integriert.Durch eine niedrige Tür - vergleichhbar mit dem Eingangstor der Geburtskirche inBethlehem - betraten wir den kleinen Innenhof und gingen weiter in die Kirche, die aus

einem Hauptschiff mit einer Kuppel undzwei Seitenschiffen besteht. Eine Beson-derheit dieser Kirche sind die Ikonen ausbyzantinischer Zeit. Eine interessante Iko-ne ist eine Darstellung des Abendmahls,die Jesus nicht – wie üblich – in der Mittezeigt, sondern am Bildrand, was wohl hei-ßen soll, dass Jesus sich nicht bedienenlässt, sondern selbst bedient, er der Die-ner der anderen sein will. Eine weitere Be-

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sonderheit ist der Altar, der als einer der älte-sten der Welt gilt. Er ist im eigentlichen Sinnnoch ein heidnischer Opferalt ar. Seine Ober-fläche ist eine Marmorplatte mit einer siebencm hohen Umrandung. Die dadurch entstande-ne Vertiefung diente in heidnischer Zeit dazu,das Blut der Opfertiere in Richtung des einge-lassenen Abflusses zu leiten. Da später solcheAltäre von der Kirche verboten wurden, ist die-ser einer der wenigen erhaltenen dieser Art. Ineiner Seitenkapelle wies uns Farid auf die Be-malung im Baldachin über dem dortigen Altarhin: Sie zeigt den Himmel, die Sonne, den Mondund die Sterne sowie Jesus und die vier Evan-gelisten.Ein beeindruckendes Erlebnis war auch, als einejunge Dame aus dem Ort das Vaterunser in demaramäischen Dialekt sprach, den auch Jesusbenutzte. Daran schloss sich unser Morgen-impuls an.

Nachdem wir das Kloster verlassen hatten, führte uns der Weg durch eine wunder-schöne Schlucht zum Kloster der heiligen Thekla . Der Überlieferung nach war dieHeilige, die von Paulus zum Christentum bekehrt worden war, auf der Flucht vor denHäschern ihrer Familie, als sich vor ihr der Fels öffnete und sie durch diese Schluchtentkommen konnte. Am Ende der Schlucht er-hebt sich ihr zu Ehren das griechisch-orthodo-xe Kloster, das auch ihre sterblichen Überresteenthält. Nach einem kurzen Besuch der Kircheund der Grotte, in der Thekla Schutz vor ihrenVerfolgern gefunden hatte, erwartete uns der Buszur Weiterfahrt nach Palmyra.

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Auf dem Weg durch die syrische Steppe und die Wüste gab uns Farid einen Überblicküber mehrere tausend Jahre Geschichte des Vorderen Orients. Er erzählte uns vonden zahlreichen alten Kulturvölkern, die in dem Großraum des heutigen Syriens, derTürkei und des Iraks lebten und die mit ihren kulturellen und geistigen Errungenschaf-ten nachhaltig die weitere Geschichte der abendländischen Zivilisation prägten: Sume-rer, Hethiter, Assyrer, Babylonier, Perser, Griechen und Römer. In den vergangenen1300 Jahren beherrschten die islamischen Dynastien der Omaijaden, der Mameluckenund Osmanen das Land, zuletzt waren es die europäischen Kolonialmächte der Eng-länder und Franzosen, die um Macht und Einfluss stritten. 1946 zogen die letztenfremden Truppen ab, Syrien wurde unabhängig.Etwa 250 km mussten wir nach Palmyra zurücklegen, eine lange Fahrt. Auch wenndie karge und wüstenartige Landschaft mit ihren kleinen Steinen und vereinzelten nied-rigen Pflanzenbüscheln nicht sehr abwechslungsreich war, es gab doch immer wiederetwas Neues zu entdecken: besondere Berg- oder Hügelformationen, kleine Oliven-plantagen oder Waldstücke, vereinzelt Häuser, umgeben von kleinen Anbauflächenund natürlich die Zelte der Noma-den, den eigentlichen Bewohnern die-ser Landschaft, mit ihren kleinenSchafherden. Zu entdecken gab esauch Wege oder Pisten, die von derStraße abzweigten und sich irgend-wo in der Ferne verloren.Eine willkommene Abwechslung warunser Aufenthalt in der Raststätte„Bagdad Café“ , genau 100 km vorPalmyra. Hier gab es Tee oder Kaf-fee mit Kardamom, aber auch Cola.Auf der mit Pflanzen überwachsenen„Terrasse“ gab es Schatten, und der Wüstenwind fühlte sich gleich ein wenig kühleran. Besitzer und Betreiber dieses Cafés ist eine Beduinenfamilie.Nach über drei Stunden Fahrt erreichten wir dann das antike Palmyra. Ein leichtesMittagessen und eine kurze Pause im Hotel brachte die Lebensgeister wieder inSchwung, so dass wir gegen 16 Uhr gestärkt und ausgeruht zu unserer Besichti-gung aufbrachen.Die Oase Palmyra ist etwa 40 Millionen Jahre alt. Der Ort Palmyra wurde erstmalsim 18. Jahrhundert vor Christus auf Tontafeln von Mari erwähnt, war aber schon we-sentlich früher besiedelt, wie Faustkeilfunde von vor 800.000 Jahren belegen. Palmyrawar ein wichtiges Karawanenzentrum, auf halber Strecke zwischen Damaskus unddem Euphrat gelegen. Seine Handelswege, auf denen mit Gewürzen, Edelsteinen,wertvollen Metallen und kostbaren Stoffen gehandelt wurde, reichten bis nach Asien,Ägypten, Spanien und sogar nach Wales. Der Handel und die Lage der Stadt brach-ten ihr großen Reichtum und große Bedeutung ein. In seiner Blütezeit hatte dasStadtgebiet einen Durchmesser von 7 km.

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Ende des 3. Jahrhunderts n.Chr.wurde die Stadt von den Römernzerstört. Die Ursache war derAufstand von Zenobia, der Herr-scherin von Palmyra, gegen dierömische Herrschaft. Sie vertriebdie römischen Soldaten und be-setzte Kleinasien und TeileÄgyptens . Auf diese Weisemachte sie Palmyra in dieserZeit zu einer der prunkvollstenStädte der damals bekanntenWelt. Der römische KaiserAurelian besiegte 272 die palmyrenischen Truppen und führte Zenobia als Gefange-ne nach Rom. Während der römischen Besetzung kam es zu zwei Aufständen derBevölkerung Palmyras, worauf die Stadt vollkommen zerstört wurde. Später ließ KaiserDiokletian die Stadt sehr viel kleiner wieder aufbauen und errichtete ein Militärlager.Palmyra blieb zwar weiterhin eine Karawanenstation, allerdings mit neuem „Perso-nal“ und unter römischer Aufsicht.Heute ist Tadmur eine Stadt mit etwa 60.000 Einwohnern, die hauptsächlich vomTourismus leben. Die meisten der zu besichtigenden antiken Stätten in Palmyrastammen aus dem 1. bis 3. Jahrhundert.Unsere Besichtigung begann im Osten der Stadt auf dem riesigen Areal mit demBaal-Tempel oder Bel-Tempel, eine quadratische Anlage, die von einer mehr als 11m hohen Mauer von ca. 200 m Seitenlänge eingefasst wird. In der Mitte des Arealssteht der eigentliche Tempel mit seiner hervorragend erhaltenen Cella, zu der nur diePriester Zugang hatten und zu deren Eingang eine gewaltige Treppe mit recht nied-rigen Stufen führte. Die Stufen waren so niedrig, damit Dromedare die Statuen derGötter zu Prozessionen aus und in den Tempel tragen konnten. Zu den alljährlichenZeremonien für den Gott Baal kamen Tausende von Gläubigen aus dem Umland undbrachten ihre Opfertiere mit. Der Opfertisch (mit Abflusssystem) befand sich außer-halb des Tempels, so dass die Menschen den Opfern beiwohnen konnten.

Vom Tempelareal gingen wir, begleitetvon fliegenden Händlern, zum prächti-gen Hadrianstor , das den Beginn derSäulenstraße und des Stadtgebietsmarkiert. Dieses Tor liegt nicht, wie üb-lich, auf einer Linie mit dem Eingangdes Tempels und dem Eingang zumTempelareal, sondern versetzt in einemWinkel von 37 Grad. Wegen dieser Ab-weichung wurden die Seitentore desHadrianstors schräg versetzt gebaut.

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Gleich links hinter dem Tor stand der Tempel der Gottheit Nabu, eines Sohnes vonBaal, der nach dem Glauben toleranter als sein Vater war und daher auch beliebterbei den Menschen war.Vorbei an einigen Granitsäulen aus Ägypten führte uns Farid zum sehr gut erhalte-nen Theater , das 1500 Besuchern Platz bot. Weil aber die Kapazität des Theatersfür die damalige Bevölkerung Palmyras bei weitem nicht ausreichte, gab es immermehrere Vorstellungen. Nur etwa ein Drittel der ursprünglichen Sitzreihen sind nocherhalten, und auch vom Bühnenbild ist nur das unterste von drei Stockwerken zusehen, allerdings sehr gut erhalten.Die Agora, der Markt-und Handelsplatz antiker Städte, hatte 11 Zugänge. Hier wur-den zwar Handelsgüter ausgestellt und die Geschäfte abgeschlossen, aber die Warenselbst wurden außerhalb der Stadt gelagert. An einer Wand der Agora befindet sichein Steinquader mit einem griechischen Text auf der linken Seite und seiner

aramäischen Übersetzung auf der rech-ten Seite.Ein markanter Punkt in der etwa 1200 mlangen Kolonnadenstraße ist ein Torbauaus vier Gruppen von je vier Säulen, dasTetrapylon . Es steht an einer Stelle, ander die Säulenstraße einen kleinen Knickmacht, und eben dieser sollte mit Hilfedieses Tetrapylons kaschiert werden.Fast am Ende der Großen Säulenstraßestand der Allat-Tempel, einer der größten

in Palmyra. Er war der Athena geweiht. Es gab dort keine Tieropfer, was durch eineLöwenskulptur mit einer Gazelle zwischen dessen Füßen (der Löwe beschützt dieGazelle) symbolisiert ist. Das Original dieser Skulptur ist zu besichtigen im Museumvon Palmyra, die Kopie am Museumseingang in Damaskus.Zum Schluss zeigte uns Farid noch Diokletians Militärlager, das nach der ZerstörungPalmyras errichtet wurde und schon außerhalb der eigentlichen Stadt liegt.Hier erwartete uns auch der Bus, der uns in wenigen Minuten zu der auf einem Bergüber der Stadt thronenden Burg (erbaut im 13. Jahrhundert) brachte. Leider konnten wirdie Aussicht nicht genießen, denn ein Sandsturm verschleierte den Blick auf die Aus-grabungen von Palmyra. Zwar konnten wirnicht den Ausblick, dafür aber Brigitt asSundowner in Form eines Ouzo genie-ßen, der auch Farid sehr mundete. Undunsere treuen Wegbegleiter während derBesichtigung Palmyras, die fliegendenbzw. Moped fahrenden Händler, ließenuns auch hier nicht im Stich.Nach einem kurzen Aufenthalt im Hotelbrachte uns der Bus zum Abendessen zu

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einem großen Beduinenzelt gleichaußerhalb Palmyras. Eigentlichwollten wir als erste Gruppe eintref-fen, doch eine italienische Gruppewar schneller als wir und hatte imZelt bereits Platz genommen. Faridtröstete sich damit, dass es wenig-stens keine Franzosen waren. DasEssen, syrische Vorspeisen und alsHauptgericht sehr gutes, zartesHammelfleisch mit Reis oder Cous-cous, schmeckte fein und fand brei-ten Zuspruch. Die Musik (Laute undTrommeln) war etwas gewöhnungs-bedürftig, dafür genossen die Tän-zer und das tanzende „Brautpaar“unseren Respekt und Beifall undanimierten auch einige unserer Da-men, es ihnen gleich zu tun.Auf der Rückfahrt zum Hotel durcheine sternenklare Nacht legten wirnoch einen Fotostopp zwischenBaal-Tempel und Hadrianstor ein.Die beleuchteten und angestrahltenBauten und Säulen ließen die Her-zen unserer Fotografen höher schla-gen und sie nutzten die Gelegen-heit weidlich aus.Damit neigte sich unser erster Tagin der Wüste dem Ende entgegen.Wer an diesem Abend nicht recht-schaffen müde war, hatte mit Sicher-heit einiges verpasst.

Rainer Hartmann

Perlen in der Wüste

Zwei Schmuckhändler kamen eines

Nachts ungefähr gleichzeitig in einer

Karawanserei in der Wüste an. Jeder

war sich der Gegenwart des anderen

durchaus bewusst, und als der eine sein

Kamel ablud, konnte der andere der

Versuchung nicht widerstehen, wie zu-

fällig eine große Perle fallen zu lassen.

Sie rollte auf den anderen zu, der sie

mit gespielter Liebenswürdigkeit auf-

hob, sie ihrem Eigentümer zurückgab

und sagte: »Ihr habt hier eine wunder-

schöne Perle, mein Herr. Groß und

schimmernd wie wenige.« »Wie reizend

Ihr das sagt«, erwiderte der andere. »Tat-

sächlich ist es .eine der kleineren aus

meiner Kollektion.« Ein Beduine, der

am Feuer saß, hatte dieses Schauspiel

beobachtet. Er erhob sich und lud die

beiden ein, mit ihm zu essen. Als sie

ihr Mahl begannen, erzählte er folgen-

de Geschichte: »Auch ich, meine Freun-

de, war einmal Schmuckhändler wie

Ihr. Eines Tages geriet ich in der Wüste

in einen großen Sturm. Meine Karawa-

ne und ich wurden hin und her getrie-

ben, bis ich mein Gefolge verloren und

mich verirrt hatte. Tage vergingen, und

von panischer Angst ergriffen, merkte

ich, dass ich im Kreis herumwanderte

und kein Gefühl mehr hatte, wo ich war

und welche Richtung ich einschlagen

sollte.

Als ich fast verhungert war, lud ich al-

les Gepäck von meinem Kamel ab und

durchwühlte es wohl zum hundertsten

Mal. Stellt euch meine Aufregung vor,

als ich einen Beutel fand, den ich zu-

vor übersehen hatte. Mit zitternden Fin-

gern riss ich ihn auf in der Hoffnung,

etwas Essbares zu finden. Ihr werdet

meine Enttäuschung verstehen, als ich

sah, dass er nur Perlen enthielt.«

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WORTRÄTSEL

Unsere Reise im KREUZWem es zu schwer ist: Lösungen auf Seite 20

Waagrecht

3 Ort des bedeutendstensyrischen Säulenheiligen

8 Hauptstadt Syriens

11 Bazar

16 hier wurde das erste Alphabetgefunden

17 antike Oasenstadt

18 Fluss durch den syrisch-arabischen Graben

19 Stadt der Zitadelle

20 hellenistisch-römische Stadt

Senkrecht

1 „Wohnung“ der Nomaden

2 selbsternannte Herrscherin von Palmyra

4 Kreuzritterburg

5 Herrschergeschlecht im Islam

6 Gräberform in Palmyra

7 in sein Haus wurde Paulus geführt

9 Ort, in dem noch aramäisch gesprochen wird

10 frühchristlicher Martyrer

11 unser Reiseland

12 Heilige, die fliehen musste

13 unser Guide

14 Tell mit den Überresten des Astarte-Tempels

15 musste in einem Korb aus Damaskus fliehen

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Dienstag, 26. Mai 20094. Tag

Turmgräber - Krak des Chevaliers

Heute wird es viel zu sehen geben. Ca.350 km liegen vor uns. Die Nacht istfür den einen oder anderen in unsererGruppe etwas kurz geraten, dennschon um 3.30 Uhr weckt ihn der un-überhörbare Ruf des Muezzins, der alleGläubigen (Muslime) zum ersten Ge-bet des neuen Tages aufruft.Nach dem gemeinsamen Frühstückgeht es pünktlich um 9.00 Uhr los.Nach kurzer Busfahrt, nochmals vor-bei an den gewaltigen Kolonnaden-Säulen von Palmyra, erreichen wir die Totenstadt- das Tal der Gräber. Unser Reiseführer Farid führt uns wie immer mit seinen fundier-ten Geschichtskenntnissen durch das riesige Gelände. Man sieht schon von weitemdie Turmgräber, in denen die Toten in ihren Särgen übereinander in Nischen in meh-reren Stockwerken aufbewahrt wurden. Die sozialen Unterschiede werden auch beider Bestattung der Toten sichtbar.Da gibt es einen Turm der Familiensippe „Ilabel“ aus dem Jahr 103 n. Chr. Er ist dieGrabstätte für 280 Gräber, verteilt über vier Stockwerke. Die Nischen sind breiter,denn hier passten die in Särgen bestatteten Leichen hinein. Die Nischen wurden mitPlatten verschlossen und von außen mit Büsten und Namen der Verstorbenen verse-hen. Nach ca. 7-8 Jahren wurden die Nischen freigemacht für die nachfolgende Ge-neration. Die Gebeine wurden nach unten in die Erdgräber verlegt.Danach besuchen wir das so genannte „Drei Brüder“-Grab, ein unterirdisches Grab,ein so genanntes Hypogäum. Diese hatten die Idee, in ihrem Grabhaus auch nocheinfachere Leute mit aufzunehmen. So bauten sie kleinere, schmalere Nischen, umdiese dann zu vermieten (analog zu den gemieteten Plätzen auf unseren Friedhö-fen). Die Leichen wurden nicht in Särge gelegt, sondern in Tücher gehüllt und brauchten

somit weniger Platz. Die Grabkammerweist wunderschöne erhaltene Freskenauf, die teilweise Symbolcharakter besit-zen: z. B. eine Frau mit Kind = Symbolfür Leben, eine Frau mit Schleier = Sym-bol für Tod.Gegen 10 Uhr erfolgt dann die Abfahrt vonPalmyra in Richtung Homs.Nach dem morgendlichen „Rückblick“ aufdie Ereignisse des vorherigen Tages

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(Farid) trägt uns Brigitta einaus dem jüdischen stammen-des Gebet vor. Wir singen ge-meinsam ein Lied. BeimBlick aus dem Busfensterkann man sehen, wie sich dieLandschaft allmählich verän-dert. Aus der Halbwüste(Steppe) kommend, wird dieLandschaft nun immer grüner,der Einfluss des Mittelmeer-klimas immer spürbarer.Gegen 13 Uhr erreichen wir die

berühmte Kreuzritterburg „Krak des Chevaliers“ auf einem schon von weitem her sicht-baren Berg thronend. Vor ihrer Besichtigung stärken wir uns noch bei einem gemein-samen Essen (Grillgericht) in einem bekannten Restaurant am Fuße der Burg.Nach dem Essen machen wir uns auf den Weg, dieses gewaltige und gut erhalteneBauwerk zu besichtigen.Es ist die großartigste mittelalterliche Festung, die die einstige Größe der christli-chen Kreuzfahrer im Orient auf sichtbare Weise dokumentiert. Sie steht 35 kmlandeinwärts auf dem südlichen Ausläufer eines Gebirgszuges. Von dieser 300 mhohen vorteilhaften Stellung aus, die einen weiten Blick über die fruchtbare Ebenebietet, konnten die Kreuzritter den Moslems den Zugang zum Meer verwehren undRaubzüge ins Landesinnere unternehmen.Während seines Feldzugs von 1187/88, in dem er eine Burg nach der anderenstürmte, ritt Saladin zum Krak hinauf, um die Verteidigungsbauten zu erkunden. Erkam zum Schluss, dass eine Belagerung zu langwierig und kostspielig wäre, undritt wieder von dannen. Damals hatte die Festung eine Besatzung von rund 2000Männer, viele von ihnen waren Johanniter, doch später verringerte sich ihre Zahl. Alsder Mameluckensultan Baibars sie 1271 angriff, waren es noch 200; trotzdem hiel-ten sie einem einmonatigen Beschuss stand. Dann traf, so will es die Legende, einBrief vom Kommandeur der Ritter in Tripoli (im heutigen Libanon) ein, der ihnenmitteilte, dass sie nicht mit Verstärkungen rechnen könnten und eine Übergabe

aushandeln sollten. Das war das Ende derchristlichen Herrschaft über die Burg. DieJohanniter bekamen freien Abzug zugesi-chert und verließen die Burg. Erst bei ih-rer Ankunft in Tripoli erfuhren sie, dass derBrief eine Fälschung gewesen war.Hinter dem Haupttor beginnt der über-wölbte Treppenaufgang, der mehrfach ge-knickt zur Kernanlage hinaufführt; an ei-ner Stelle biegt er im spitzen Winkel nach

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rechts ab. Zwischen äußerer und in-nerer Mauer gibt es einen mit Wassergefüllten Ringgraben. Fast wie eineBergwand ragt die steinerne Böschungauf, die von den Johannitern erbautwurde, um die Südmauer der Oberburgvor dem Einsturz durch Untergrabung,Erdbeben oder von Wurfmaschinen ge-schleuderte Geschosse zu schützen.Die Eingangsrampe führt zum Innen-hof, der wegen der ringsum hinzuge-

fügten Anbauten für eine solch mächtige Anlage überraschend klein wirkt. Man fühltsich in die Zeit der europäischen Gotik versetzt, denn zu sehen sind eine elegantegotische Vorhalle, durch die man in den großen Rittersaal gelangt, und ein riesigerRaum, dessen Gewölbe bis zum Boden reichen und der einst in Küchen, Vorratsräu-me und dem Speisesaal aufgeteilt war. Die schlichte spätromanische Burgkapelle inder Nordostecke des Hofes wurde in muslimischer Zeit in eine Moschee umgewan-delt. Auf der Kanzel hören wir den Rufen des „Muezzins“ zu, d.h. einem jungenMann, der den Gesang der Gebetsausrufer in hervorragender Weise wiedergibt. Da-bei beeindruckt auch die Akustik in dem Raum. Für einen kurzen Augenblick ertöntdanach in der alten Kapelle wieder ein christliches Lied: „Laudate omnes gentes“,wie immer stimmlich und mit hoher Qualität vom Chor der Kolpingsfamilie Weingar-ten vorgetragen. Über Treppen auf der Außenseite gelangt man vom Innenhof in dieehemaligen Wohn- und Schlafräume der Ritter. Von diesen Türmen hat man einenphantastischen Blick auf die umgebene Landschaft. In ihren besten Zeiten beherrsch-ten die Ritter das Land bis zum Horizont; später mussten sie sich sehr einsamgefühlt haben, abgeschnitten durch einen übermächtigen Feind.Nach eingehender Besichtigung der vielen Gänge und Keller-Räume der Burg ma-chen wir uns auf den Weg zurück zum Bus. Farid macht uns nochmals auf die Lageder Burg in der Ebene um Homs aufmerksam, denn sie liegt an der wichtigen dama-ligen „Seidenstraße“, die vom Zweistromland bis zum Mittelmeer reicht.Um 15.30 Uhr setzen wir unsere Busfahrt in Richtung Latakia am Mittelmeer fort.Jetzt fahren wir nur noch durch grünes, fruchtbares Land. Wir kommen gegen 17 Uhrin unserem Hotel „Le Meridien“ an, dasdirekt am Meer liegt. Viele freuen sichnach der heute doch langen Busfahrt aufein Bad im Pool. Ein Bad im Meer ist auf-grund des verschmutzten Strandes leiderwenig einladend.Wir freuen uns auf unser Abendbüffet, einGlas Wein oder ein Bier muss es heuteAbend in jedem Fall sein!

Günther und Waltraud Lohr

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Mittwoch, 27. Mai 20095. Tag

Ugarit - Apameia - Aleppo

Um 9.30 Uhr fahren wir bei sehrschönem Wetter mit dem Bus vonunserem Hotel „Le Meridien“ inLatakia ab. Unser Weg führt uns indas 14 km entfernte Ras Schamra,das antike Ugarit.Bevor wir mit der Besichtigung derAusgrabungsstätte beginnen, stei-gen wir auf einen kleinen Aussichts-hügel, von dem man einen Panora-mablick über das Ausgrabungs-gelände hat. Hier halten wir unseren„Morgenimpuls“ ab. Wir singen gemeinsam das Lied „Vom Aufgang der Sonne bis zuihrem Niedergang“ und beten aus dem Büchlein „Lieder und Gebete für unterwegs“den „Morgenlob aus Afrika“.Danach führt uns Farid in die Geschichte von Ugarit ein. Erste Zeugnisse der antikenStadt reichen bis ins 7. Jahrtausend v.Chr. zurück. Ugarit betrieb vor über 4000 Jah-ren Handel mit Griechenland, Zypern, Ägypten und den Städten am Euphrat. Obwohldie Stadt sehr reich war und der Handel aufgrund der strategisch günstigen Lage amMittelmeer blühte, spielte das Militär nur eine untergeordnete Rolle, da es keinegroßen Kämpfer und Kräfte besaß. Durch geschickte Politik des Herrschers gelanges aber, sich mit den Anrainerstaaten zu arrangieren. 1192 v.Chr. wurde Ugarit vonSeevölkern angegriffen und schnell vernichtet, da die Hilfegesuche an benachbarteHerrscher entweder abgelehnt wurden oder gar nicht erst ankamen. Durch den Ein-fall der Seevölker und der Handlungsunfähigkeit des jungen Herrschers Hammurapi II.wurde die Stadt in kürzester Zeitvernichtet.Wir erfahren von Farid, dass derTell, der Ausgrabungshügel, dersich im Laufe der Jahrtausendeaus übereinander gelagertenSiedlungsresten gebildet hatte,abgetragen wurde und wir heuteden Grundriss der Stadt aus dem13. Jh. v. Chr. sehen. Die mei-sten der Funde wurden in den1930er Jahren nach Paris und injüngerer Zeit in die Museen von

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Damaskus und Aleppo gebracht. SeineBedeutung für die syrische Geschichteerlangte der Hügel als Fundort eines rie-sigen Tontafelarchivs. Darunter befandsich eine kleine Tontafel mit dem älte-sten Alphabet der Welt, entstanden um1400 v.Chr. Die Ugariter schufen damitfür ihre semitische Sprache eine alpha-betische Keilschrift mit 31 Zeichen, dieje einen Konsonanten bedeuteten. Das

war ein großer Fortschritt gegenüber der mesopotamischen (zuerst sumerischen)Keilschrift mit etwa 600 Zeichen, die teils Wörter, teils Silben darstellten. Es scheint,dass die Ugariter sich an das phönizische Alphabet anlehnten. Statt der phönizi-schen graphischen Zeichen, die letzten Endes von den ägyptischen Hieroglyphenabgeleitet sind, nahmen sie aber Keilschriftzeichen.Farid führt uns an den Eingang zum Königspalast. Er ist charakteristisch für diesyrische und späthethitische Architektur. Der Palast stellte ohne Zweifel den Mit-telpunkt der Stadt dar, auch wenn er nicht zentral, sondern im Westen der Stadtlag. Der Palast muss dem Herrscher von Ugarit Ansehen verschafft, seine einstigeGröße und Schönheit für Aufsehen gesorgt haben. Archäologen haben nämlichentdeckt, dass die Bewohner von Ugarit damals bereits Techniken beherrschten,warmes Wasser für den Herrscher zur Verfügung zu stellen. Spaziert man heutedurch die Ruinen des alten Herrscherpalastes, findet man überall im Boden Was-serleitungen, durch die der Palast mit dem erfrischenden Nass versorgt wurde.Das Prinzip des Bades war schon weit vor unserer Zeitrechnung in Ugarit bekanntund fand Anwendung. Auch seine gewaltigen Umfassungsmauern und versteiner-ten Holzbalken, die zwischen die Mauerschichten gelegt wurden zum Zweck derStabilisierung der Häuser und zum Schutz vor Erdbeben geben einen guten Ein-druck von der einstigen Bedeutung dieser Stadt vor 3.500 Jahren.Auf unserer Besichtigungstour durch die Stadt gelangen wir in das Haus eines vor-nehmen Bürgers, der unter seinem Haus für sich und seine Angehörigen eine Grab-kammer erbauen ließ. Ein schmaler, ursprünglich mit Steinplatten gedeckter Treppen-gang führt in eine zeltförmige Gruft. Die Decke ist aus vorzüglich gearbeiteten Stein-

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quadern gebildet, Wandnischen konnten Grabbeigaben aufnehmen. Ihre sorgfältigbehauenen Steinblöcke zeugen von einer hochstehenden Baukunst. Solche Grab-kammern finden sich in weiteren Häusern Ugarits. In zwei Gruppen von jeweils achtPersonen können wir die Gruft besichtigen. Manfred erhält eine Sonderbesichtigung,um ungestört Bilder machen zu können und – da ihn diese Bautechnik fasziniert –zusätzliche Informationen von Farid.Auf einer Anhöhe des Tells nördlich des Hauptgrabungsbezirks liegt die Akropolis.Hier finden sich die Ruinen der beiden Haupttempeln, die dem Baal und dem GottDagan geweiht waren. Zwischen den beiden Tempeln lagen die Priesterwohnungen,

in denen man Hunderte von Tontafeln mit my-thologischen Texten entdeckte.Direkt vor uns liegt der ehemalige Opferstein.Manfred opfert sich freiwillig, Farid, der „Prie-ster“, nimmt die Opferhandlung vor. Er hält einMesser in der Hand, beugt sich über das Op-fer. Das Opfer lacht, die Zuschauer amüsie-ren sich, Fotogra-fen drücken aufdie Auslöser ihrer

Kameras, möglicherweise geben diese Faktoren den Aus-schlag dafür, dass der Priester seinem Opfer das Lebenschenkt. Die Beweislast wäre sonst zu erdrückendgewesen.Nach der Besichtigung erfrischen wir uns in der Gast-stätte mit Getränken.Von Ugarit führt uns der Weg weiter in Richtung Aleppo.Unterwegs machen wir eine kleine Mittagspause in einerGaststätte, in der Farid sich wie zu Hause fühlt, was heißt,dass sie ihm wohl sehr häufig als Anlaufstation dient,wenn er mit seinen Gruppen unterwegs ist. In jedem Fallstellt er sich in die Küche und backt uns seine Lamm-Fleischküchle. Kommentar der meisten, die sie gegessen haben: das war Spitze!Wir passieren den syrisch-arabischen Grabenbruch, der sich von der Türkei bis andas Rote Meer zieht und gelangen in das fruchtbare Tal des Orontes. Obstbäume,Kartoffel- und Getreidefelder, Klatschmohn, Silberdisteln, Orontes-Kieferbäume zie-hen an unserem Auge vorüber.Die Orontes-Auen mit ihrem Baumwoll-, Zuckerrohr- und Weizenanbau lockten seitTausenden von Jahren Menschen an, sich hier niederzulassen und Landwirtschaft

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zu betreiben. Daran hat sich bis heute nichtsgeändert.Gegen 16.00 Uhr kommen wir in Apameia an.Wir besichtigen das hellenistisch-römischeRuinengelände, das auf einem Hügel über demTal des Orontes liegt. Sie war eine der wichtig-sten Städte des Reiches, das nach dem TodAlexanders des Großen an seinen FeldherrnSeleukos gefallen war. 64 v.Chr. eroberte derrömische General Pompeius das Seleukiden-reich. Apameia wurde römisch und von den neu-en Herren prächtig ausgebaut. Farid erzählt uns,dass die Stadt einst 500.000 Einwohner hatteund von immenser Bedeutung war für die Si-cherung der Ostgrenze des Reiches (vor allemgegen die Parther). Von der Stadt und ihrenHäusern ist nichts mehr zu sehen bis auf dieRuinen eines Theaters. Was aber ein Besuchlohnenswert macht ist der Cardo, die von Säulen-

Kolonnaden begrenzte ehemalige in Nord-Süd-Richtung verlaufende Straße mit knapp 1,8 kmLänge und 37,5 m Breite und die mit ihren seit-lichen Säulenhallen das Rückgrat der Stadtan-lage bildete. Reichtum und Macht der Stadt fin-den sich in dieser Säulenstraße repräsentiert.Wir sehen spiralförmig kannelierte Säulen,Giebelfelder großer Tempel, kunstvoll gemei-ßelte Kapitelle und Friese. Eingerahmt war derCardo auf beiden Seiten von Geschäften. Aufhalbem Weg an einer Kreuzung machen wirein Gruppenfoto.Wenn man bedenkt, dass hier bis vor 30 Jahrennoch kein Stein auf dem anderen stand, so ist esbemerkenswert, wie aus Tausenden von Tonnender originalen Steine die alte Hauptstraße der rö-mischen Stadt wieder entstanden ist. Diese groß-artige Restaurierung haben wir dem syrischen Ge-schäftsmann Dr. Osman Aidi zu verdanken.Nach einer kleinen Verschnaufpause mit Ge-tränken verlassen wir die Ruinenstadt Apameia und fahren entlang der Orontes-Auen unserem Tagesziel Aleppo entgegen. Mit vielen schönen Eindrücken und mitviel Spaß im Bus durch unsere Witze-Erzähler Brigitte, Toni und Farid erreichenwir um ca. 19.00 Uhr unser Sheraton-Hotel in Aleppo.

Brigitte Kunz

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Donnerstag, 28. Mai 20096. Tag

Aleppo

Angesagt ist telefonisches Wecken und Frühstück ab 8 Uhr im 5-Sterne-HotelSHERATON - zentral in Aleppo gelegen. Freudig registrieren wir, dass die Koffer fürzwei weitere Nächte unberührt bleiben können. Die Urlaubsstimmung wächst zuse-hends.In Abänderung des vor-gesehenen Programmswerden wir heute dieStadt und deren High-lights zu Fuß erleben.Im Norden des Landesgelegen, ist es eine dervier größten Ansiedlun-gen mit stark wachsen-der Bevölkerungszahl.Historisch leitet sich dieBedeutung der Stadt abdurch ihre geografischeLage an der Seidenstra-ße, als Ausgangspunkt der Expeditionen nach Osten und Ziel der Handelskarawanenaus Indien und China Richtung Mittelmeer.Doch nun zu der markanten Zitadelle, die schräg ummauert auf dem in die Altstadteinbezogenen Hügel imposant aus dem Häusermeer herausragt. Die erste Siedlungsoll bis 4000 Jahre zurückreichen. Damit ist Aleppo neben Damaskus die Stadt, dieüber eine solch lange Zeit bis heute durchgehend bewohnt gewesen ist.Wir beginnen die Besichtigung durch das nach Süden gerichtete Haupttor über eineansteigende Brücke zu einem mächtigen Turmbau.Der Aufgang ist ein Meisterwerk der frühen Militärarchitektur - fünfmal abgeknicktund durch eisenbeschlagene Tore abgesichert.Die vier Tore, geschmückt mit Reliefs in Form von Schlangen, Löwen und Blumen(Lilien) preisen in Inschriften Allah, den Barmherzigen. Der größte Teil der Akropolisliegt zwar längst in Trümmern, aber die Reste eines Hethitertempels, eine in einekleine Moschee verwandelte byzantinische Kirche mit Elias-Mausoleum, die vom

Ayyubiden-Sultan Ghazi al-Malik erbau-te große Moschee und der prächtigeThronsaal hoch oben im Turm, lassen Be-deutung, Schönheit und den Wunsch nachweiterer Restaurierung erahnen.Nach kurzem Aufenthalt in einem antiken

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arabischen Badehaus sammelt uns Brigitta um 10 Uhr zum Morgenimpuls live mitbesinnlichen Worten und Liedern und mit Blick auf das neu erbaute und in der Ge-samtanlage integrierte Freilufttheater. Von wo und wohin man auch schaut, es istimmer der prachtvollste Blick runter auf die Stadt.In die freudige Stimmung nach Verlassen der Burg um 11.30 Uhr tragen auch die inblau gekleideten Schüler/innen bei, die in der Stadt euphorisch den Beginn ihrerdreimonatigen Schulferien feiern.Ein Spaziergang durch die City mit Besichtigung einer oder mehrerer Karawan-sereien schließt sich an: Khan al G’umruk es Sabin, al Wazir oder an Nahasin -Nomen est Omen.Die Bedeutung dieser Stätten im Mittelalter für den mittels Kamelkarawanen funk-tionierenden Warenhandel und die Versorgung der Bevölkerung mit allen benötig-ten Gütern lässt sich nur erahnen. Bei etwa 30 km Marschtempo pro Tag warendiese Oasen überlebenswichtig. Sie werden teilweise heute noch als Drehscheibedes Waren- und Güteraustausches genutzt (Agoren, Handelsgesellschaften, Ban-ken, Zoll, Konsulate, Moscheen etc.) Es umweht sie noch immer ein Hauch vonorientalischem Zauber.Es ist 12.00 Uhr und für eine weitere Stunde ist wiederum ein Höhepunkt vorgesehen- die Besichtigung der Großen- oder Omaijaden-Moschee , auch nach Zacharias,dem Vater Johannes des Täufers, benannt. Schon die Einkleidung der Damen amEingang gestaltet sich zum Spektakel. Die Vermummung regt noch nicht einmal dieFantasie an, und welcher vernünftige Mann wollte schon unbesehen bis zu drei die-ser Erscheinungen für sich reklamieren. Die etwa 715 n.Ch. erbaute Moschee beein-druckt durch die Längsachse des Hauptschiffes und die Schrägpfeiler. So konse-quent vor Betreten des islamischen Heiligtums alle Vorschriften zu beachten sind,so empfinden wir im Innern die Toleranz und Akzeptanz als sehr wohltuend, die vonden Betenden einer (christlichen) Touristengruppe entgegen gebracht werden. Inden vor dem Schrein des Zacharias um Fruchtbarkeit betenden weiblichen Wesenhabe ich jedoch kein mir bekanntes Gesicht entdeckt. Beim Verlassen der Moscheeerleben wir das zufällige Zusammentreffen der markanten Stimme des Muezzin miteiner nur von Männern im Laufschritt vorbeieilenden Prozession mit dem Sarg einesin Baumwolle gehüllten Toten,um in der Moschee für ihn dasTotengebet zu sprechen und dieletzte rituelle Waschung an ihmvorzunehmen.Die von dem Staat gewährte reli-giöse Freiheit zeigt sich auch imweiteren Verlauf unserer Tages-tour auf dem Fußweg durch dasvon Erzbischof Germanus im 14.Jahrh. gegründete christlicheViertel. Die Besichtigung einer

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griechisch-katholischen Kirche vertieft die-sen Eindruck.Es ist 13 Uhr, und die Zeit der Ent- undVersorgung naht. Professionell wie immerführt uns Farid gezielt zu einem im 16.Jahrh. erbauten Haus, das heute noch alsfunktionelle Sehenswürdigkeit und Hotelmit Namen BEIT WAKIL vielfach genutztwird. Die Schönheit dieses Fachwerkhau-ses, in dessen Atrium wir köstlich bewir-

tet werden, lässt sich erahnen, wenn man bedenkt, dass die einstige Wandtäfelungeines Raumes, der heute als Hotel-Rezeption genutzt wird, im Museum für islami-sche Kunst in Berlin (Südflügel des Pergamon-Museums) zu sehen ist.Es ist 14.00 Uhr und es fällt uns schwer, diese prachtvolle und gastfreundliche Stättezu verlassen. Ein weiteres Ziel dieses Tages ist der Besuch des weltberühmten SukBah Antakya, des fast 12 km langen und damit größten Basar des Orients. Derzweckmäßigste Einstieg wird uns in der West-Ost-Achse, vom Antiochia-Tor bis hinzur Zitadelle nahe gelegt und vorgegeben. Obwohl die Begehung zeitlich bis zumAbendessen freigestellt ist, orientieren und organisieren wir uns zweckmäßig in klei-nere Gruppen. Auch hier erleben wir turbulentes, funktionierendes und geschäftigesTreiben von tausenden Handel treibenden „Tante-Emma-Läden“. Das Chaos scheintvorprogrammiert, doch das Geschehen läuft in geordneten Bahnen ab. Eine Allegoriezu einem Ameisenhaufen drängt sich auf. Die gegenseitige Rücksichtnahme, Gelas-senheit und Toleranz jedoch ist spürbar und bewundernswert.Sogar in den zahlreichen, sich abzweigenden Nebenstraßen ist keine „Achse desBösen“ zu erkennen. Wir fühlen uns sicherer als in manchen europäischen Haupt-bahnhöfen. Jeder nutzt die Freizeit nach Interessenslage.Um 19 Uhr ist das Abendessen im nahe gelegenen Hotel angesagt mit der vonFarid uns versprochenen syrisch/orientalischen Linsensuppe mit Safran. Das Büf-fet ist gut und reichhaltig, doch die Suppe habe ich, allein schon in Weingarten,besser gegessen.Einem Gerücht zufolge sollen die auf den für uns reservierten Tischen platziertenNamensschilder „ADONIS“ bei unseren Frauen für Irritationen gesorgt haben.

Doch das Top-Programm des heutigen Ta-ges ist noch nicht beendet. Es erwartetuns ein orientalischer Folklore-Abend aufeiner Freilichtbühne in einem ehemaligenmittelalterlichen Krankenhaus. Es spieltdie Tanzgruppe „KOSMOS“ begleitet vontanzenden Derwischen und einem in Syri-en bekannten Sänger aus Aleppo mit ei-ner orientalischen 6-Mann-Kapelle. Es istimmer ein Ereignis, andere fremde Kultu-

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ren zu erleben. Am Beeindruckendsten fürmich ist die sportliche Leistung der bei-den erwachsenen Derwische, die sich mitangelegtem Kopf etwa acht Minuten imKreis wie in Trance entrückt bewegen. Alssie für ihre zweite Darbietung noch dieUnterstützung von einem 12-jährigen Jun-gen erhalten, sind wir alle danach erleich-tert, dass dieser ohne erkennbare Schwin-delgefühle die Bühne aufrecht gehendverlässt. Nach der 1 ½ Stunden dauern-den Darbietung beenden wir mit einem Spa-ziergang einen erlebnisreichen Tag. Bei ei-nem „Absacker“ in der Hotel-Lounge las-sen wir den heutigen Tag noch einmalRevue passieren und begeben uns dannzum wohlverdienten Schlaf, in der Erwar-tung, am nächsten Morgen Traum undWirklichkeit auseinanderhalten zu können.

Wolfgang Alker

DieFußspuren

GottesEin französischer Gelehrter

durchstreift die Wüste und hat

sich als Führer einige Araber

mitgenommen. Beim Sonnen-

untergang breiten die Araber

ihre Teppiche auf den Boden

und beten. „Was machst Du

da?“ fragt er den einen.

„Ich bete.“ „Zu wem?“ „Zu

Allah“.„Hast Du ihn je gese-

hen, betastet, gefühlt?“ „Nein.“

„Dann bist Du ein Narr!“

Am nächsten Morgen, als der

Gelehrte aus seinem Zelt

kriecht, meint er zu dem Ara-

ber: „Hier ist heute Nacht ein

Kamel gewesen!“ Da blitzt es

in den Augen des Arabers:

„Haben Sie es gesehen, beta-

stet, gefühlt?“ „Nein.“ „Dann

sind sie aber ein sonderbarer

Gelehrter!“ „Aber man sieht

doch rings um das Zelt die

Fußspuren!“ Da geht die Son-

ne auf in all ihrer Pracht. Der

Araber weist in ihre Richtung

und sagt: „Da sehen Sie: die

Fußspuren Gottes!“

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Freitag, 29. Mai 20097. Tag

Ain Dara - Simeonskloster - Abschluss

Der Tag begann mit einem Geburtstagsliedfür Brigitta. Leider konnten nicht alle mit-singen, weil Brigitta früher als erwartet ge-kommen war. Um 9.30 Uhr fuhren wir losdurch die Steinwüste Nordsyriens, das sogenannte Syrische Kalksteinmassiv, bis fastzur türkischen Grenze. Unsere Ziele warendie Toten Städte (zwei von ihnen sahen wirnur aus dem Bus – eigentlich schade!) undAin Dara mit dem großen Astartetempel aus

dem 1. Jahrtausend v. Chr. Da am heutigen Freitag der Ruhetag der Muslime ist,kamen wir auf der Straße gut voran.Wir fuhren zunächst am Simeonskloster vorbei. Brigitta begann mit dem Lesen desersten Teils der Geschichte über den Säulenheiligen Simeon.Die Steinwüste ging über in fruchtbares Gebiet, bewässert durch den Afrin-Fluss.Wir sahen Granatapfelplantagen, Olivenbäume, Sonnenblumen-, Zucchini- Saubohnen-felder, Feigen-, Pfirsich- und Maulbeerbäume. Aus Granatapfel lässt sich eine süß-säuerliche Paste für Salat herstellen. Erntezeit ist im Oktober/November.Die Fahrzeit verkürzte uns Farid durch Mesopotamische Musik aus Ninive. Am Stra-ßenrand winkten uns freundliche Kinder zu. Das Gebiet wird bewohnt von Kurden,die „die Opfer der englischen Politik in diesem Raum sind“ (Originalton Farid).Gegen 11 Uhr kamen wir in Ain Dara an, ca. 40 km nordwestlich von Aleppo. VieleVölker wie die Omaijaden und Osmanen hinterließen an dieser geschichtsträchtigenStätte ihre Spuren, am Beeindruckendsten sind jedoch die Überreste eines neu-hetithischen Tempels, der in seiner Form einzigartig ist. Der Tempel stammt ausdem 10. Jh. v. Chr. und war vermutlich derkanaanäischen Fruchtbarkeitsgöttin Ishtar(Astarte) geweiht.Begrüßt wurden wir von einem gut erhal-tenen Löwen aus Basalt, der uns die Zun-ge rausstreckte. Er war der Beschützerdes Tempels. Auch die Sockelsteine desTempels waren mit Löwen aus schwar-zem Basaltstein verziert. Die enge Ver-bindung zwischen dem Hethiterreich unddem ägyptischen Pharaonenreich belegenauch die Sphingen. Sie sind Symbol fürdie Gottheit und den Menschen, darge-

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stellt als Mischgestalt zwischenMensch (Kopf) und Tier (Körper, z.B.als Löwe). In der Bibel werden aus denSphingen die Cherubim und dieSeraphinen, Gottes Diener, Wächterund Träger des Thrones Gottes. Mitflammenden, blitzenden Schwerternbewachen sie z.B. auch das Paradies,seit der Mensch daraus vertrieben ist.Auch sie sind Mischgestalten zwischenMensch und Tier, mit Menschen-

gesicht, Tierfüßen und mit Flügeln (siehe das Kirchenlied „Großer Gott, wir lobendich...“). Auch um das Allerheiligste herum finden sich Basaltreliefs, in die Sphingenund Löwen gemeißelt sind.Das Innere mit einer (nicht mehr vorhan-denen) Astartefigur in einer Cella war ein„Kraftort“. Farid meinte, die Kraft nochjetzt zu spüren. Astarte war zu Beginndes 1. Jahrtausends v. Chr. eine belieb-te Göttin. Sie ist häufig dargestellt miteinem Sohn auf ihrem Arm, womit manden Übergang von der Göttin zu einemmännlichen Gott herstellte. Viele der hiergemachten Funde sind in verschiedenenMuseen ausgestellt (z.B. in Aleppo). Im 7. Jhdt. v. Chr. haben Assyrer das Gebieterobert. Sie zerstörten die Reliefs des Tempels. Später haben die Hethiter aus derTürkei das Gebiet wieder befreit und einen aramäischen Tempel daraus gemacht.Im Astartekult waren Opfertiere verboten. Dagegen war die Waschung vorgeschrie-ben. Der Tempel durfte nur mit nackten Füßen betreten werden. Darauf weisen dieriesigen fast einen Meter lange Fußabdrücke im Eingangsbereich hin. Zur Bedeu-tung der Fußspuren gibt es verschiedene Interpretationen. Riesig bedeutet: in gro-ßen Schritten zum Glauben kommen. Oder: sie gehören zu einem Gott, der den

Tempel betreten hat; sie sind als „Weg-weiser“ für die Gottheit anzusehen. IhreÜberdimensionalität verweist auf dieGröße und Übernatürlichkeit des Got-tes oder sie zeigen die Heiligkeit desTempels an.Der Tell war offensichtlich vom Zeitpunktder Geburt Christi bis ins 6. Jahrhun-dert nicht besiedelt. In der Omaijaden-zeit wurde er jedoch wieder befestigt undwar bis ins 16. Jahrhundert bewohnt.

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Die Fahrt ging wieder zurück zumSimeonskloster, zum Berg Qala’atSamaan. Der größte Teil der Gruppemachte den Anstieg auf dem Pilger-weg. Leider war das alte Haupttor,durch das die Pilger früher dieWallfahrtstätte betraten, verschlos-sen. Über einen kleinen Umweg ent-lang der Festungsmauern kamen sieam Busparkplatz dann doch ins In-nere. Der Rest war mit dem Bus aufden Berg gefahren und nutzte gleich die Gelegenheit zum Kauf von Ketten.Zunächst war Ruhe und Erholung angesagt verbunden mit einem Picknick unter denSchatten spendenden Bäumen. Farid hatte verschiedene salzige Teigstücke besorgt,Brigitta spendierte Bananen und Äpfel.Um 14.00 Uhr begann die Führung. Bri-gitta las zunächst den zweiten Teil derGeschichte über das Leben des Säu-lenheiligen Simeon vor. An einer rekon-struierten Aufnahme zeigte uns Fariddas ursprüngliche Aussehen derDoppelkirche. Das Kloster wurde nachdem Tod Simeons (Mitte des 5. Jahrh.n. Chr.) von den oströmischen KaisernZenon und Leon in einer Bauzeit von20 Jahren errichtet. Der Bau entstandin byzantinischem Stil. Es gab Konsolen oben und unten mit kleinen Säulen alsDekoration. Die dafür verwendeten Steine stammten von einem nahen Berg. Dienoch heute vorhandenen Zisternen sind Zeugnisse dieses Steinbruchs. Der Grundrissbestand aus vier dreischiffigen Basiliken, die mit einem Oktogon verbunden waren, in

dessen Mitte die Säulestand. Im Oktogon sah manverschiedene Kreuze, einSymbol dafür, dass sich alleChristen hier vertreten fühlendurften. Die Böden der Kirchewaren mit Marmor aus Italienbelegt, die Wände bemalt.Der Altar stand in der Ost-basilika. Die Apsis dieser Ba-silika ist schräg gebaut, einHinweis auf die KreuzigungChristi. Die Apsis einer Basili-

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ka weist normal drei Fenster auf, Sym-bole für die Dreifaltigkeit Gottes. Hier, imSimeonskloster, waren es fünf, doch fielnur bei drei von ihnen Licht in den Raum.Über den fünf Fenstern ist ein sechstesFenster zu sehen, das als Symbol fürGott zu deuten ist. An der Südbasilikalag der Eingang in Form eines dreitorigenTriumphbogens. Farid zeigte uns die ver-schiedenen Säulenkapitelle. Er deute-te sie als „Pfingstkapitelle“: die im Wind

sich neigenden Blätter als „Wind bzw. Sturm“, der „das Haus erfüllte, in dem dieApostel sich aufhielten“ und die „Feuerzungen-Kapitelle“ als Symbol für Gottes Geist,der sich „auf jeden einzelnen von ihnen niederließ“.Neben der Ostbasilika gab es eine Kindertaufkapelle mit mehreren Taufbecken. Inunmittelbarer Nähe zur Klausur der Mönche befand sich die Nekropole mit einemBeinhaus. Zweihundert Meter vom Südeingang der Kirche steht das Baptisterium,an dem jeder, der die Pilgerstätte betrat, vorbeigehen musste. So hatten „Heiden“ dieMöglichkeit, sich taufen zu lassen, bevor sie die Kirche betraten. Vom Baptisteriumaus bietet sich ein sagenhafter Blick auf die Landschaft.Im 10. Jahrh. haben Muslime zwar die Anlage erobert, doch konnte das Klosterle-ben bis ins 13. Jahrhundert weiter geführt werden. Die Kreuzritter bauten sie im 12.Jahrhundert zu einer befestigten Burg aus. Im 17. Jahrh. zerstörte ein Erdbebendie Anlage. Was heute zu sehen ist, wurde in den 70er Jahren des letzten Jahrhun-derts restauriert. Von der Säule des Simeon, im Zentrum des Oktogons stehend,ist nur ein Stumpf übrig geblieben.An einem schattigen Platz hinter der Ostapsis hielten wir dann noch einen Wort-gottesdienst ab.Anschließend hatten wir eine halbe Stunde Freizeit, die Hubert zu kurz schien. Kom-mentar von Rainer: „Du sollst ja nur fotografieren und nicht umbauen.“Brigitta wollte uns das Baptisterium zeigen, doch der größte Teil der Frauen verwei-gerte ihr die Gefolgschaft. Am Abend erfuhr sie den Grund des „Ungehorsams“: Wirprobten für den heutigen Abschlussabend nochmals den Tanz ein, den wir zu ihremGeburtstag unter der Regie Farids für sie einstudiert hatten. Im Bus verteilte BrigittaReiswaffeln und Arrak. So entspannt standder Rückfahrt nach Aleppo nun nichts mehrim Wege. Zu berichten gibt es noch, dasswir uns einen Meditationstext „zu den Stei-nen“ anhörten und auch noch die „Ge-schichte des Tages“ über den heiligen Ja-kob vernahmen.Zum Abendessen um 19.30 Uhr gab eseine große Überraschung. Wir durften imInnenhof des Grand-Hotels unter freiem

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Was siehst du?Der heilige Jakob war mit einemSchüler unterwegs in den Bergen.Als es dämmerte, errichteten sie ihrZelt und fielen müde in denSchlaf. Vor dem Morgengrauenwachte Jakob auf und weckte sei-nen Schüler. „Öf fne deine Au-gen“, sagte er, „und schau hinaufzum Himmel. Was siehst du?“„Ich sehe Sterne, Vater“, antwor-tete der schlaftrunken. „Unendlichviele Sterne.“ „Und was sagt dirdas?“, fragte Jakob. Der Schülerdachte einen Augenblick nach.„Dass Gott, der Herr, das großeWeltall mit all seinen Sternen ge-schaffen hat. Ich schaue hinaufin den Himmel und fühle michdankbar und demütig angesichtsdieser unendlichen Weiten. Wieklein ist doch der Mensch und wiewunderbar sind die Werke Gottes.“„Ach, Junge“, stöhnte Jakob.„Mir sagt es, dass jemand unserZelt gestohlen hat!“

Himmel tafeln. Brigitta bekam die traditionelle Geburtstagstorte, die sie mit einemSchwert anschneiden musste.Der obligatorische Abschlussabend verlief dieses Mal anders als von Brigitta ge-plant. Ihr übliches Procedere wurde dieses Mal kurzerhand gestrichen und dafür ihr60. Geburtstag in den Mittelpunkt gestellt. Rainer sprach die einführenden Worte,die Brigitta erklären sollten, dass der heutige Abend nicht nach Schema F ablaufensollte. Marianne, Bruni und Ella trugen Texte vor und die Frauen zeigten den mitFarid einstudierten Tanz. Brigitta war total überrascht – doch dies war auch unsereAbsicht. Zum Abschluss gab es die üblichen Geschenke für Farid. Von Wolfgangerhielt er dessen Krawatte mit Löwen. Die Gruppe traf sich anschließend noch indem riesigen Foyer und nahm auf den beiden Couchgarnituren Platz. Doch davonbekam die Protokollantin nichts mehr mit, weil sie erschöpft ins Bett fiel. Morgen istbekanntlich auch wieder ein Tag. Marianne Grässer

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Samstag, 30. Mai 20098. Tag

Aleppo - Frankfurt - Weingarten

O Heimatland, jetzt geht’s wieder hoim.

Nach einem reichhaltigen Frühstück nahmen wir um 8.00 Uhr Abschied von unse-rem TOP-Hotel in Aleppo mit Pool und allen Raffinessen, die man sich nur vorstel-len kann. Die Sonne schien vom strahlend blauen Himmel. Sogar eine winzig klei-ne Schildkröte fand sich vor dem Eingangsbereich des Hotels ein, um uns Adieuzu sagen oder einfach nur, um schnellstens Reißaus zu nehmen, als sie die Men-ge der deutschen Touristen entdeckt hatte.Der Bus brachte uns zum Flughafen von Aleppo. Bevor wir gegen 10.30 Uhr unsergastfreundliches Land verließen, mussten wir die routinemäßigen Kontrollen, sowie sie auf jedem Flughafen der Welt stattfinden, hinter uns bringen. Für die mei-sten unter uns waren das Einchecken, die Kofferaufgabe oder die Passkontrolleganz normale Vorgänge, so wie sie jeder von uns immer wieder erlebt, der privatoder als Teilnehmer der „Kolpingsfamilie Weingarten“ unter der Leitung Brigittasunterwegs ist. Da störte es auch nicht groß, dass im Bereich vor der Kofferaufgabeein anscheinend besitzerloser Rucksack herumstand. Da alle immer auch für dieanderen Verantwortung übernehmen, wurde der Eigentümer recht schnell ermittelt.Noch etwas fiel auf: Brigitte Kunz muss wohl den Zöllner angehimmelt haben, wiesonst ist es zu erklären, dass sie ihre volle Wasserflasche, die sie ihm vorzeigte,in das Flugzeug mitnehmen durfte.Nur Brigitta musste ihr Handgepäck ausräumen. Es war vor lauter Gold und Edel-steinen so schwer geworden, dass der Kontrolleur misstrauisch wurde. Deswegenwurde beschlossen, dass Manfred bei der nächsten Reise allen Schmuck um denHals gehängt bekommt. Lieber Gott, sooo viel Schmuck und nur ein Hals!Der Flug selbst verlief sehr ruhig. Was mir auffiel und so noch nicht erlebt habe,war die Menge von Kindern mit ihren Müttern bzw. Eltern. Vermutlich syrischeGastarbeiterfamilien, die nach einem Urlaub bei ihren Angehörigen nun wieder nachDeutschland zurückflogen.Gegen 14.30 Uhr landeten wir in Frankfurt. Nachdem wir Irene Nikolaus noch amFlughafen verabschiedet hatten, verstauten wir unsere Koffer im Bus der Firma Kas-per und machten uns gleich auf den Weg nach Weingarten. Während der Fahrt ließBrigitta, wie am Ende einer jeden Reise („the same procedure as every year, Brigit-ta“), die vergangenen neun Tage unserer interessanten Syrien-Reise Revue passie-ren. Gegen 16.30 Uhr wurden die Weingartener von ihren Angehörigen auf dem Park-platz vor der Walzbach-Halle in Empfang genommen. Auch wir, die sechs Malscher,waren kurz nach 17.00 Uhr zu Hause.An die beiden Bohrer, halt, an Brigitta und Manfred, für ihre perfekte Planung, Vorbe-reitung und Durchführung der Reise von allen Reiseteilnehmern ganz, ganz herzli-chen Dank! Wir freuen uns jetzt schon auf die nächste Fahrt.

Kurt und Antonia Heinzler

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