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10 Lage Die Boreale Zone umgibt die Erdkugel in Form ei- nes breiten Nadelwaldgürtels, der das größte ge- schlossene Waldökosystem der Erde ist. Sie kommt ausschließlich auf der Nordhalbkugel vor. Im Nor- den grenzt sie an die arktische Tundra (subpolare Waldtundra), im Süden an sommergrüne Laubwäl- der oder Steppen der Mittelbreiten. An den Ostseiten der Kontinente reicht sie bis 50° N, an den wärmeren ozeanischen Westseiten hingegen nur bis ca. 60° N. Zur Borealen Zone gehören große Teile Alaskas, Kanadas, Skandinaviens und Russlands sowie der größte Teil von Island. Kleinere, isolierte Vorkom- men mit vergleichbarer Vegetation („Gebirgstaiga“) findet man in der borealen Stufe der Hochgebirge wie z. B. in den Rocky Mountains, den Alpen, den Karpaten, im Kaukasus und in den südsibirischen Gebirgen (Tian Shan, Altai, Sayan). Klima Die Boreale Zone hat ein ausgeprägtes Jahreszeiten- klima und ist zweigeteilt in einen kontinentalen Kli- matyp (im Innern der Kontinente und – abgeschwächt – an ihren Ostseiten) und einen ozeanischen an den Westseiten. Zudem steigt die Jahrestemperatur von N nach S kontinuierlich an, und die Zahl der Mo- nate > 10 °C nimmt von 1 Monat am Nordrand auf 4 Monate am Südrand zu, ebenso steigt das Julimittel von 10 °C auf ca. 18 °C. Das Klima gehört zum kalt- gemäßigten Typ (Df; Köppen und Geiger 1954). Das kontinentale Teilgebiet weist große Unter- schiede zwischen den Winter- und Sommertempe- raturen auf, die im östlichen Sibirien von –70 °C bis +35 °C reichen können. Die Jahresmitteltempe- raturen liegen in den hochkontinentalen Gebieten unter –5 °C, die mittleren Jahresniederschläge vari- ieren zwischen ca. 150 und 300 mm und definie- ren ein insgesamt subhumides Regime. Die Win- ter sind schneearm (< 1 m Schneehöhe). Perma- frost ist verbreitet und wird z. B. im Becken von Jakutsk bis zu 400 m mächtig. Der ozeanische Bereich hat einen eher ausgegli- chenen Jahrestemperaturgang mit milderen Win- tern und weniger heißen Sommern (–50 bis +30 °C). Die T m liegt hier häufig um 0 °C. Die Jahresnieder- schläge erreichen mit > 300 mm deutlich höhere Werte (humides Regime). Die Schneehöhen liegen vielfach über 1 m, und die Schneedeckendauer be- läuft sich auf ca. 180–220 d a –1 . Permafrost ist, wenn überhaupt, nur sporadisch vorhanden. Vegetation Die Vegetation der Borealen Zone besteht überwiegend aus Nadelwäldern niedriger Artenzahl. Diese bilden an ihrem Südrand (sub- oder hemiboreale Zone) aufgrund der längeren und wärmeren Sommer (> 4 Monate mit T m > 10 °C) Mischwälder mit sommergrünen Bäumen. Physiognomisch unterscheidet man zwei Formen: In der Dunklen Taiga dominieren immergrüne Nadelbäume wie verschiedene Fichtenarten (z. B. Picea obovata in Sibirien), Kiefern (z. B. Pinus sibirica), Tannen (z. B. Abies sibirica). Hinzu kommen sommergrüne Pionier- bäume, vor allem Erlen, Birken und Pappeln, die nach den häufigen Waldbänden (s. u.) die erste Baumgene- ration aufbauen. Die Bodenvegetation besteht aus B · Boreale Zone (Taiga; kalt-gemäßigte Zone) B Boreale Zone (Taiga; kalt-gemäßigte Zone) · Lage, Klima, Vegetation Zwergsträuchern wie Heidel- und Preiselbeere (Vacci- nium-Arten), Moosen und Flechten. Lärchen (Larix gmelinii und L. sibirica) sind die dominierenden Baumarten der Hellen Taiga (Lärchentaiga). Ihr Vor- kommen ist auf das kontinentale Sibirien östlich des Jenissej beschränkt. Die beiden Lärchenarten sind mit ihrer dicken Borke und dem Laubabwurf im Winter perfekt an kontinuierlichen Permafrost und an tiefe Wintertemperaturen angepasst. An der pazifischen Küste herrschen Zwergkiefern (Pinus pumila) vor. Die Vegetationszeit variiert zwischen 3 Monaten (Norden) und ca. 6 Monaten (Süden); sie dauert in den ozeanisch geprägten Gebieten länger als in den kontinentalen. Waldbrände Ein Charakteristikum der borealen Wälder sind die epi- sodisch auftretenden Waldbrände, die durch Blitzschlag (Wildfeuer), aber auch vom Menschen verursacht wer- den. Sie sind ein bedeutender ökologisch-pedologi- scher Faktor, da sie die Mineralisierung der schwer ab- baubaren Rohhumuslagen fördern und dadurch die Naturverjüngung begünstigen. Durch häufige Brände entsteht sog. black carbon, von Feuer beeinflusste orga- nische Substanz, die in der Borealen Zone bis zu 40 % der organischen Bodensubstanz ausmachen kann (Preston und Schmidt 2006). In der Waldtundra Sibi- riens fanden Guggenberger et al. (2008) jedoch nur bis zu ~5 %. Während der Schneeschmelze werden be- achtliche Mengen ausgetragen, was die hohen Gehal- te an black carbon in den Sedimenten des Arktischen Ozeans erklärt. Da black carbon aromatische Ringstruk- turen aufweist, gehört er zum relativ stabilen C-Pool der Pedosphäre. Waldbrände wirken sich auch auf den Nährstoffkreislauf borealer Ökosysteme aus. So wer- den wichtige Pflanzennährstoffe aus der organischen Substanz freigesetzt, was die Waldregeneration durch nährstoffbedürftige sommergrüne Pionierbäume be- günstigt. Ein Teil des Bodenstickstoffs entweicht je- doch als gasförmiges Stickstoffoxid in die Atmosphä- re und geht dem Ökosystem verloren. Dieser Verlust wird aber leicht durch Luftstickstoff-bindende Mikro- organismen aufgefangen, die symbiontisch in den Wur- zeln der Erlen leben. Waldfeuer „öffnen“ also den N- Kreislauf. Dass sie auch die Baumartenverteilung in borealen Nadelwäldern beeinflusst haben und noch beeinflussen, zeigt ein Beispiel aus Kanada: So brann- ten Bestände von Abies balsamea besonders häufig vor 9 000 bis 5 000 Jahren, was zu einem Rückgang dieser Bestände führte, während sich Picea mariana ausdeh- nen konnte (de Lafontaine und Payette 2011). W. Zech et al., Böden der Welt, DOI 10.1007/978-3-642-36575-1_2, © Springer Berlin Heidelberg 2014

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LageDie Boreale Zone umgibt die Erdkugel in Form ei-nes breiten Nadelwaldgürtels, der das größte ge-schlossene Waldökosystem der Erde ist. Sie kommtausschließlich auf der Nordhalbkugel vor. Im Nor-den grenzt sie an die arktische Tundra (subpolareWaldtundra), im Süden an sommergrüne Laubwäl-der oder Steppen der Mittelbreiten. An den Ostseitender Kontinente reicht sie bis 50° N, an den wärmerenozeanischen Westseiten hingegen nur bis ca. 60° N.

Zur Borealen Zone gehören große Teile Alaskas,Kanadas, Skandinaviens und Russlands sowie dergrößte Teil von Island. Kleinere, isolierte Vorkom-men mit vergleichbarer Vegetation („Gebirgstaiga“)findet man in der borealen Stufe der Hochgebirgewie z. B. in den Rocky Mountains, den Alpen, denKarpaten, im Kaukasus und in den südsibirischenGebirgen (Tian Shan, Altai, Sayan).

KlimaDie Boreale Zone hat ein ausgeprägtes Jahreszeiten-klima und ist zweigeteilt in einen kontinentalen Kli-matyp (im Innern der Kontinente und – abgeschwächt– an ihren Ostseiten) und einen ozeanischen an denWestseiten. Zudem steigt die Jahrestemperatur vonN nach S kontinuierlich an, und die Zahl der Mo-nate > 10 °C nimmt von 1 Monat am Nordrand auf4 Monate am Südrand zu, ebenso steigt das Julimittelvon 10 °C auf ca. 18 °C. Das Klima gehört zum kalt-gemäßigten Typ (Df; Köppen und Geiger 1954).

Das kontinentale Teilgebiet weist große Unter-schiede zwischen den Winter- und Sommertempe-raturen auf, die im östlichen Sibirien von –70 °Cbis +35 °C reichen können. Die Jahresmitteltempe-raturen liegen in den hochkontinentalen Gebietenunter –5 °C, die mittleren Jahresniederschläge vari-ieren zwischen ca. 150 und 300 mm und definie-ren ein insgesamt subhumides Regime. Die Win-ter sind schneearm (< 1 m Schneehöhe). Perma-frost ist verbreitet und wird z. B. im Becken vonJakutsk bis zu 400 m mächtig.

Der ozeanische Bereich hat einen eher ausgegli-chenen Jahrestemperaturgang mit milderen Win-tern und weniger heißen Sommern (–50 bis +30 °C).Die Tm liegt hier häufig um 0 °C. Die Jahresnieder-schläge erreichen mit > 300 mm deutlich höhereWerte (humides Regime). Die Schneehöhen liegenvielfach über 1 m, und die Schneedeckendauer be-läuft sich auf ca. 180–220 d a–1. Permafrost ist, wennüberhaupt, nur sporadisch vorhanden.

VegetationDie Vegetation der Borealen Zone besteht überwiegendaus Nadelwäldern niedriger Artenzahl. Diese bilden anihrem Südrand (sub- oder hemiboreale Zone) aufgrundder längeren und wärmeren Sommer (> 4 Monate mitTm > 10 °C) Mischwälder mit sommergrünen Bäumen.Physiognomisch unterscheidet man zwei Formen: In derDunklen Taiga dominieren immergrüne Nadelbäumewie verschiedene Fichtenarten (z. B. Picea obovata inSibirien), Kiefern (z. B. Pinus sibirica), Tannen (z. B.Abies sibirica). Hinzu kommen sommergrüne Pionier-bäume, vor allem Erlen, Birken und Pappeln, die nachden häufigen Waldbänden (s. u.) die erste Baumgene-ration aufbauen. Die Bodenvegetation besteht aus

B · Boreale Zone (Taiga; kalt-gemäßigte Zone)

B Boreale Zone (Taiga; kalt-gemäßigte Zone) · Lage, Klima, Vegetation

Zwergsträuchern wie Heidel- und Preiselbeere (Vacci-nium-Arten), Moosen und Flechten. Lärchen (Larixgmelinii und L. sibirica) sind die dominierendenBaumarten der Hellen Taiga (Lärchentaiga). Ihr Vor-kommen ist auf das kontinentale Sibirien östlich desJenissej beschränkt. Die beiden Lärchenarten sind mitihrer dicken Borke und dem Laubabwurf im Winterperfekt an kontinuierlichen Permafrost und an tiefeWintertemperaturen angepasst. An der pazifischenKüste herrschen Zwergkiefern (Pinus pumila) vor. DieVegetationszeit variiert zwischen 3 Monaten (Norden)und ca. 6 Monaten (Süden); sie dauert in den ozeanischgeprägten Gebieten länger als in den kontinentalen.

WaldbrändeEin Charakteristikum der borealen Wälder sind die epi-sodisch auftretenden Waldbrände, die durch Blitzschlag(Wildfeuer), aber auch vom Menschen verursacht wer-den. Sie sind ein bedeutender ökologisch-pedologi-scher Faktor, da sie die Mineralisierung der schwer ab-baubaren Rohhumuslagen fördern und dadurch dieNaturverjüngung begünstigen. Durch häufige Brändeentsteht sog. black carbon, von Feuer beeinflusste orga-nische Substanz, die in der Borealen Zone bis zu 40 %der organischen Bodensubstanz ausmachen kann

(Preston und Schmidt 2006). In der Waldtundra Sibi-riens fanden Guggenberger et al. (2008) jedoch nur biszu ~5 %. Während der Schneeschmelze werden be-achtliche Mengen ausgetragen, was die hohen Gehal-te an black carbon in den Sedimenten des ArktischenOzeans erklärt. Da black carbon aromatische Ringstruk-turen aufweist, gehört er zum relativ stabilen C-Poolder Pedosphäre. Waldbrände wirken sich auch auf denNährstoffkreislauf borealer Ökosysteme aus. So wer-den wichtige Pflanzennährstoffe aus der organischenSubstanz freigesetzt, was die Waldregeneration durchnährstoffbedürftige sommergrüne Pionierbäume be-günstigt. Ein Teil des Bodenstickstoffs entweicht je-doch als gasförmiges Stickstoffoxid in die Atmosphä-re und geht dem Ökosystem verloren. Dieser Verlustwird aber leicht durch Luftstickstoff-bindende Mikro-organismen aufgefangen, die symbiontisch in den Wur-zeln der Erlen leben. Waldfeuer „öffnen“ also den N-Kreislauf. Dass sie auch die Baumartenverteilung inborealen Nadelwäldern beeinflusst haben und nochbeeinflussen, zeigt ein Beispiel aus Kanada: So brann-ten Bestände von Abies balsamea besonders häufig vor9 000 bis 5 000 Jahren, was zu einem Rückgang dieserBestände führte, während sich Picea mariana ausdeh-nen konnte (de Lafontaine und Payette 2011).

W. Zech et al., Böden der Welt, DOI 10.1007/978-3-642-36575-1_2,© Springer Berlin Heidelberg 2014

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BodenbildungDie steuernden Faktoren sind: Das kalte biskaltgemäßigte, semiaride bis (sub)humide Klima,das sanfte, durch Glazialerosion geformte Relief,die metamorphen und magmatischen Gesteineder geologischen Schilde (anstehend oder vonDecksedimenten wie Moränen, Sandern, Lössoder fluvioglazigenen Substraten überlagert) so-wie der Permafrost. Auf gut dränierten Standor-ten dominiert die chemische Verwitterung, inerster Linie durch aggressive Säuren und Kom-plexbildner, die eine starke Auswaschung ausdem Oberboden mit Verlagerung der gelöstenStoffe in den Unterboden zur Folge hat. Auf ver-nässten Standorten dominieren Vergleyung undMoorbildung.

BödenIm ozeanisch geprägten Teil mit höherem Feuch-tigkeitsüberschuss kommt es besonders im Be-reich des diskontinuierlichen Permafrosts zu ver-breiteter periodischer Staunässe, während in aus-gedehnten Niederungen (Westsibirien, Finnland,Hudsonbay, Alaska) hochanstehendes Grund-wasser vorherrscht. Da die Streu auf vernässten

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Boreale Zone (Taiga; kalt-gemäßigte Zone) · Böden und ihre Verbreitung

Standorten nur langsam abgebaut wird, bildensich Torfe und/oder Rohhumus.

In den Niederungen dominieren daher hydro-morphe Böden, vor allem Gleysole und Histosole.Auf gut dränierten Standorten überwiegen Pod-zole (W- und O-Kanada, Skandinavien, W-Russ-land). Ab dem südlichen Mischwaldbereich wirdTonverlagerung bedeutsam, die häufig zu Stau-nässe und Oberbodenbleichung führt, teils auchzu einem zungenförmigem Hineinragen des ge-bleichten Oberbodens in den tonreicheren Unter-boden. Nach den vorherrschenden Merkmalenunterscheidet man Stagnosole, Albeluvisole, Ali-sole und Luvisole (letztere in Gunstlagen wiez. B. SO-Karelien, Kasachstan, Alberta, Saskat-chewan). Hinzu kommen Planosole, wenn derWasserstau durch einen abrupten** Bodenarten-wechsel ausgelöst wird. In vielen Hochgebirgenkommen als typische Erscheinung des hypso-graphischen Formenwandels ähnliche Bödenwie in der Borealen Zone vor, z. B. Cryosole,Histosole, Gleysole, Podzole und Cambisole(„mountain taiga“).

Der subhumide, kontinentale Bereich der Bo-realen Zone (Zentral- und Ostsibirien, N-Alberta)

wird großteils von einer kontinuierlichen Perma-frosttafel unterlagert. Auf ihr sind Cryosole häu-fig, in Senken auch Histosole, und wenn der Per-mafrost erst in größerer Tiefe beginnt, kommenGleysole hinzu. Im Mittel- und OstsibirischenBergland sowie in den Gebirgen um den Baikalseetreten südexponiert verbreitet Cambisole auf, inKuppenlagen kryoturbat gestörte Leptosole undan nordexponierten Hängen Podzole, Übergän-ge zwischen Podzolen und Cambisolen (russ.Podbure) und Umbrisole. Die Senken werden vonHistosolen und Gleysolen und die intramontanenEbenen von Phaeozemen eingenommen.

Ein klimatischer Sonderfall sind die hoch-kontinentalen, z. T. semiariden Regionen um dasJakutische Becken in Ostsibirien sowie das Peace-River-Gebiet in Kanada. Unter dem Einfluss ex-tremer Temperaturschwankungen und sehr ge-ringer Niederschläge (< 300 mm a–1) sind hierBöden mit geringer Verlagerungstendenz (Cam-bisole) bis hin zu solchen mit saisonal aszenden-tem Stofffluss und semiariden Merkmalen wieSolonetze entstanden. Auch Chernozeme wurdenbeschrieben.

Im Fernen Osten, auf Kamtschatka, den Kurilenund auf Hokkaido, bildeten sich aus Gesteinen deszirkumpazifischen Andesitvulkanismus Ando-sole; diese kommen auch auf Island vor.

Mit zunehmender Klimaerwärmung ist ähnlichwie in der Cryosol-Landschaft mit einer beacht-lichen Freisetzung klimarelevanter Gase (CO2,N2O, CH4) durch beschleunigten Humusabbau zurechnen. Problematisch ist insbesondere dieFreisetzung von CH4, dessen Treibhauspotenzialmindestens 25fach höher ist als jenes von CO2.(Methan kann jedoch im Gegensatz zu CO2 in derAtmosphäre langfristig wieder abgebaut werden. )Tatsächlich lassen sich in der Atmosphäre überden sibirischen Mooren und anderen Feucht-gebieten deutlich erhöhte Methankonzentra-tionen nachweisen. Besonders hohe Emissionenweisen Thermokarstseen auf, in denen sich CH4

aus ursprünglich in Permafrost sequestrierterorganischer Substanz bildet (Walter et al. 2007).

Die oft hohen Humusvorräte borealer Bödenenthalten vielfach anorganische und organischeSchadstoffe, die z. B. über den Luftpfad eingetra-gen werden. So finden sich z. B. in Folic* Histo-solen der Nördlichen Kalkalpen zwei Maximades Isotops 137Cs. Das in ca. 30–40 cm Tiefe lie-gende ist eine Folge der oberirdischen Atom-bombenversuche, während das obere unmittel-bar nach der Tschernobyl-Katastrophe eingetra-gen wurde.

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DefinitionBöden mit organic** Material in folgender Mäch-tigkeit: (a) ≥ 10 cm von der GOF bis zu Eis, konti-nuierlichem Fels oder Skelett, wenn eventuelleHohlräume auch mit organic** Material ausgefülltsind, (b) kumulativ ≥ 60 cm, wenn das organic**Material zu ≥ 75 Vol. -% aus Moosfasern besteht,(c) kumulativ ≥ 40 cm, in allen anderen Fällen. ImFalle von (b) und (c) kann das organic** Materialvon bis zu 40 cm mineral** Material überlagertsein, z. B. von Hangschutt, vulkanischen Aschenoder äolischen Decken.

Histosole umfassen alle organischen Böden,auch die mit Permafrost. Moore haben einen histic**Horizont (organic** Material ≥ 1 Monat im Jahrkontinuierlich wassergesättigt) und meistens dieHorizontfolge H-Cr, bei Permafrost z. B. [email protected] unterscheidet zwischen grundwasserbeein-flussten (Rheic*, dt. : topogenen) Niedermoorenund regenwasserbeeinflussten (Ombric*, dt. :ombrogenen) Hochmooren, jedoch sind Übergän-ge möglich. Histosole, deren organic** Material < 1Monat im Jahr wassergesättigt ist, haben einenfolic** Horizont (Folic*) und typischerweise dieHorizontfolge O-(Bw-)C oder O-(Bw-)R. Hierzugehören z. B. die Tangelhumusböden in den Alpen.

Physikalische Eigenschaften� Moore (mit histic** Horizont): wassergesättigt

in ≥ 1 Monat des Jahres durch hohen GW-Spie-gel oder gespeichertes Regenwasser; terrestri-sche Histosole (mit folic** Horizont): wasser-gesättigt in < 1 Monat des Jahres;

� Lagerungsdichte 0,05–0,1 kg dm–3 (bis 0,4 imNiedermoor);

� Porenvolumen bis zu 90 %;� hohe WSK (≈ 40 mm dm–1), hohe gesättigte

Wasserleitfähigkeit (bis 30 cm d–1);� Moore: Luftmangel.

Chemische Eigenschaften� Hohe Gehalte an OS (s. Diagnostika);� stark reduzierter Streuabbau, vielfach zu nass;

Profilcharakteristik · Ausgewählte Bodenkennwerte eines Rheic Eutric Hemic Histosol aus der Streu von Erlen, Moosen und Zwergsträuchern

DiagnostikaOrganic** Material� In den meisten Jahren ≥ 1 Monat kontinuierlich wasser-

gesättigt (oder früher wassergesättigt, jetzt aber dräniert)(wenn ≥ 10 cm: histic** Horizont):≥ 12 % Corg (OS ≥ 20 Massen-%) bei fehlendem Ton in

der Mineralfraktion;12–18 % Corg (OS = 20–30 %) bei Tonanteil von 0–60 %;≥ 18 % Corg (OS ≥ 30 %) bei einem Tonanteil ≥ 60 %;

� in den meisten Jahren < 1 Monat kont. wasserges. (wenn≥ 10 cm: folic** Horizont): ≥ 20 % Corg (OS ≥ 35 %).

Mächtigkeit des organic** Materials in Histosolena ) ≥10 cm von der GOF bis zu Eis, kontinuierlichem Fels oder

Skelett, wenn eventuelle Hohlräume auch mit organic**Material ausgefüllt sind,

b) innerhalb 100 cm: kumulativ ≥ 60 cm, wenn das or-ganic** Material zu ≥ 75 Vol. -% aus Moosfasern besteht,

c) innerh. 100 cm: kumul. ≥ 40 cm, in allen anderen Fällen.Im Falle von (b) und (c) kann das organic** Material von biszu 40 cm mineral** Material überlagert sein.

B.1 Histosole (HS) [gr. histós = Gewebe]DBG: Moore; O/C-Böden (Felshumusböden und Skeletthumusböden)FAO: HistosolsST: Histosols, Histels

� schlechte Nährstoffversorgung, da die Vorräte anP, K und S niedrig sind, und die Nachlieferungvon N, P und S ungenügend ist; bes. Hochmoore(Ombric*) sind P- und K-Mangelstandorte;

� pH-Werte: Hochmoore (Ombric*, Dystric*)2,5–4, Niedermoore (Rheic*, oft Eutric*) 4–6(7);jedoch auch ≥ 8,5 möglich (Alcalic*);

� keine Al-Toxizität, da der Al-haltige Mineralan-teil in organischen Böden niedrig ist;

� KAKeff hoch bis sehr hoch, pH-abhängig:

pH KAKeff (cmol(+) kg–1 FE)

3,5 70 – 805,0 100 – 1306,0 130 – 1607,0 160 – 2008,0 >200

Biologische Eigenschaften� Geringe biologische Aktivität (verlangsamter mi-

krobiologischer Streuabbau, bedingt durch Nässe,Kälte, Luftmangel, Acidität, hohe Elektrolytgehalte,Nährstoffarmut des Pflanzenmaterials etc.).

Vorkommen und VerbreitungHistosole entwickeln sich auf Standorten, deren Bio-masse-Produktion höher ist als der Abbau. Das sindin erster Linie Niederungen (Marschen, Lagunen,Mangroven, Seeverlandungen) mit hohem Grund-wasserstand, aber auch Bergländer mit hohen Nie-derschlägen, geringer Evapotranspiration oder kon-tinuierlichem Hangzugwasser. In kühlen, nieder-schlagsreichen Bergregionen treten auch terrestrische(also nicht wassergesättigte) Histosole auf (Folic*).

Weltweit nehmen Histosole ca. 350 · 106 ha ein,etwa die Hälfte davon liegt in der borealen Nadel-waldzone N-Eurasiens und Kanadas. Ferner kom-men sie in Feuchtgebieten der gemäßigten Klimazo-nen (z.B. in den Zungenbecken ehemaliger Glet-scher) vor sowie in Mangroven und Überschwem-mungsgebieten der Tropen (z. B. Kalimantan).

Nutzung und GefährdungTerrestrische Histosole nur extensiv als Wald oderWeide genutzt. Nutzung der Moore häufig problema-tisch (Grundwasserabsenkung durch Torfstich, Ge-fahr der Vermulmung ehemaliger Niedermoortorfeunter Kultur, beachtliche Freisetzung von Treibhaus-gasen, geringe Tragfähigkeit, kaum befahrbar). Bes-ser als Schutzgebiete („Feuchtgebiete“) ausweisen.Früher extensiver Torfabbau, besonders in Finnlandund Russland; heute jedoch umfangreiche Renaturie-rungsprojekte, z. B. in Deutschland und Polen. Sieumfassen folgende Schritte: Wiedervernässung (beiHochmooren schwierig, da sie mit nährstoffarmemWasser versorgt werden müssen), Beseitigung vonBäumen und Sträuchern, ev. Mähen, Entfernung vonNichtmoor-Pflanzen. Renaturierung durch Anhebendes Grundwasserspiegels reduziert zwar die CO2-Emissionen, jene von N2O und CH4 können jedochansteigen (Denitrifikation bzw. Methanogenese).Auf Sumatra werden derzeit zur Anlage von Ölpalm-plantagen großflächig Histosole dräniert. Die da-durch ausgelöste Mineralisation der organischenSubstanz setzt riesige Mengen an CO2 frei. In NW-Deutschland fanden Beetz et al. (2012) auf intensivals Grünland genutzten Histosolen Emissionen vonca. 500 bis 800 g CO2-C m–2 a–1, während sich auf na-turnahen Histosolen die CO2-Aufnahme und -Abga-be die Waage hielten. Landwirtschaftlich genutzteHistosole (Mist und N-haltige Mineraldünger) set-zten 0,7–3,1 g N2O m–2 a–1 frei (Flessa et al. 1998).

Qualifier für die KlassifikationPräfix-Qualifier. Folic · Limnic · Lignic · Fibric · Hemic · SapricFloatic · Subaquatic · Glacic · Ombric · Rheic · Technic · CryicHyperskeletic · Leptic · Vitric · Andic · Salic · CalcicSuffix-Qualifier. Thionic · Ornithic · Calcaric · Sodic · Alcalic · ToxicDystric · Eutric · Turbic · Gelic · Petrogleyic · Glacic · Skeletic · TidalicDrainic · Transportic · Novic

Qualifier für die Erstellung von KartenlegendenMain Map Unit Qualifier. Cryic · Thionic · Folic · Fibric/Hemic/Sapric · Tech-nic · Hyperskeletic/Leptic · Vitric/Andic · Dystric/Eutric · Rheic/OmbricOptional Map Unit Qualifier. Alcalic · Calcaric · Calcic · Drainic · FloaticGelic · Glacic · Lignic · Limnic · Novic · Ornithic · Petrogleyic · PlacicSalic · Skeletic · Sodic · Subaquatic · Tidalic · Toxic · Transportic · Turbic

B · Boreale Zone (Taiga; kalt-gemäßigte Zone)

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Bodenbildende Prozesse

� Torf- und MoorbildungLang andauernde Wassersättigung hemmt den Streuabbauund führt zur Akkumulation unvollständig zersetzten Pflan-zenmaterials. Weist es mehr als 30 Massen-% OS auf, sprichtman von Torf; Böden mit Torflagen ≥30 cm nennt man in derdeutschen Bodensystematik Moore. Viele Moore gehören inder WRB zu den Histosolen. Moore treten in den borealen Wäl-dern großflächig auf; die zahlreichen glazigenen Hohlformen(Zungenbecken, Toteislöcher u. a. ), wasserstauender Permafrostund die geringe Verdunstung fördern die Moorbildung.

Beispielhaft für die Entstehung eines Moors ist die allmähli-che Verlandung eines glazigenen Sees. Zunächst entwickelnsich Algen, die nach dem Absterben zur Bildung von Muddenbeitragen. Allmählich siedeln sich Binsen, Seggen und Schilf amSeerand an (1). Aus den abgestorbenen Resten dieser Pionier-pflanzen entsteht Binsen-, Seggen- und Schilftorf, auf demz. B. Heidekraut und Vaccinium-Arten zu wachsen beginnen

und vom Land her Bruchwald (z. B. Erlen) seewärts vor-dringt (2). Der See ist jetzt zur Hälfte zugewachsen, und ein vomGrundwasser gespeistes Moor (Niedermoor) hat sich entwickelt.

Hält die Verlandung des Sees an, wächst der Niedermoortorfweiter auf. Wenn die Pflanzenwurzeln das Grundwasser nichtmehr erreichen, wird das anspruchslose Sphagnum-Moos kon-kurrenzfähig. Der Moorcharakter wechselt allmählich vom Nie-der- zum Hochmoor. Dem Bruchwald folgen hygrophytischeBäume, vorwiegend Fichten, Kiefern, Birken und Latschen (3).

Schließlich ist der See vollständig verlandet. Das Moor hatsich zu einem Hochmoor entwickelt, das sich häufig uhrglas-förmig aufwölbt und seinen Nährstoffbedarf aus dem Regen-wassereintrag deckt (4). Deshalb heißen Hochmoore auchombrogene Moore, im Gegensatz zu den topogenen Nieder-mooren, deren Pflanzen ihren Nährstoffbedarf hauptsächlichaus dem Grundwasser beziehen. Sofern das Grundwasser reichan Calciumhydrogencarbonat [Ca(HCO3)2] ist, sind die pH-Werte

des Niedermoors hoch, jene des Hochmoors bleiben jedochniedrig.

Am Rand der Senke hat sich der ehemalige Moorbodenwegen der geänderten hygrischen Verhältnisse (Trockenfallendes Bodens außerhalb des Grundwassereinflusses) in Richtungeines Waldbodens (z. B. Podzol) entwickelt (4, links).

Im Stadium des Hochmoors dominieren Torfmoose der Gat-tung Sphagnum das Artenspektrum. Es bildet dichte, filzigeMoosteppiche, von denen nur die oberste Lage belebt ist (5).Die Sphagnum-Matte wirkt wie ein feinporiger Schwamm, derfür die hohe Wasserhaltekapazität der Moore verantwortlich ist.

Da sich in den Mooren Pollen sehr gut erhalten, sind sie be-vorzugte Archive für Pollenanalysen, die Hinweise auf klimati-sche Veränderungen geben können. So wurde nachgewiesen,dass in Mitteleuropa nach der letzten Vereisung sich zunächstKiefern- und Birkenwälder ausdehnten, und erst später Eichenund Buchen einwanderten.

Rheic Dystric Sapric Histosol. Vernässung durch saures Hangzugwasser begünstigt die Akkumulationvon organischer Substanz und die Bleichung des Mineralbodens (Schwarzwald); Horizontfolge im Bildnach DBG (1971); nach FAO (2006): H-AEr-Cr

Rheic Dystric Sapric Cryic Histosol. Der cryic** Horizont beginnt 90 cm unter der Bodenoberfläche(Pamir, 4 100 m üNN); Horizontfolge H-Hf

B.1 · Histosole (HS)

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DefinitionGrundwasserbeeinflusste Mineralböden in Sen-ken und in Hanglagen, die innerhalb der oberen50 cm des Profils eine mindestens 25 cm mächti-ge Lage haben, die an einer beliebigen Stelle re-duzierende** Verhältnisse und durchgängig eingleyic** Farbmuster aufweist. Sie sind im Unter-boden ständig (meist > 300 d a–1), im Oberbo-den zeitweise vernässt. Dadurch entwickeln sichredoximorphe Merkmale, die im zeitweise belüf-teten Oberboden zu einem rostfarben geflecktenOxidationshorizont (Bl) und im dauervernässtenUnterboden zu einem graublauen bis grauschwar-zen Reduktionshorizont (Br, Cr) führen. TypischeHorizontfolgen sind Ah-Bl-Cr, Ahl-Br-Cr, Ah-Bl-Coder H-Bl-Cr. Zu den Gleysolen gehören auchgrundwasserfreie Böden, in denen die reduzie-renden** Verhältnisse und das gleyic** Farb-muster durch aufsteigende Reduktgase (CO2 oderCH4) verursacht werden (Reductic*, n. DBG:Reduktosole).

Physikalische Eigenschaften� Im nassen Zustand haben tonreiche Gleysole ein

Kohärentgefüge, nach Austrocknung dagegenein polyedrisches bis prismatisches Gefüge; san-dige Gleysole weisen Einzelkorngefüge auf;

� der Oxidationshorizont weist rostbraune (Ferri-hydrit), gelbbraune (Goethit), seltener orange-rote(Lepidokrokit) oder gelbe (Jarosit) Flecken auf;

� der Reduktionshorizont kann weiß bis hellgrau(Sande), blau bis grün (Lehme und Tone) oder

B · Boreale Zone (Taiga; kalt-gemäßigte Zone)

B.2 Gleysole (GL) [russ. gley = schlammige Bodenmasse]DBG: GleyeFAO: GleysolsST: z. B. (Endo-)Aquods, (Endo-)Aquents, (Endo-)Aquepts, (Endo-)Aquolls

dunkelgrau bis schwarz (sulfidhaltige Sub-strate) sein.

Chemische Eigenschaften� Reduktionshorizont aufgrund von O2-Mangel:

rH < 20;� pH mit großer Bandbreite (z. B. Thionic*: 2,5;

Sodic* bis 9,5);� BSpot stark unterschiedlich (z. B. Dystric*:

10 %; Calcaric*: 100 %).

Biologische Eigenschaften� Hoher Grundwasserspiegel hemmt die Ent-

wicklung der Bodenfauna;� Wassersättigung erschwert den Streuabbau

und die Durchwurzelung.

Vorkommen und VerbreitungIn lokalen Depressionen (Tälern, Senken, Dellen)und an Fluss-, See- und Meerufern vorkommend.Ausgangsgesteine sind i. d. R. mittel- bis feinkör-nige Sedimente oder glazigene Ablagerungen inehemals vergletscherten Gebieten.

Weltweit nehmen Gleysole eine Fläche vonca. 720 · 106 ha ein. Größere zusammenhängen-de Gebiete finden sich auf der Nordhemisphärein den Senken und Tiefländern der zirkumpola-ren Tundren und borealen Waldländer sowie welt-weit in den Überschwemmungsarealen und Del-tas großer Flüsse und Ströme (Mississippi, Nil,Kongo, Ganges, Brahmaputra, Mekong, Jangtse-kiang, Huang He u. a. ).

Nutzung und GefährdungHäufig werden Gleysol-Gebiete unter Schutzgestellt (Naturschutz, Grundwassergewinnung).Hoher Grundwasserstand sowie niedriges Re-doxpotenzial im wasserführenden Horizontbeeinträchtigen das Wachstum vieler Pflan-zen. Nur Spezialisten sind an diese besonde-ren Standortsbedingungen angepasst, wie z. B.Erlen.

Auf Gleysolen der Tropen und Subtropen wirdoft Reis angebaut. Die Böden haben häufig einegeringe Tragfähigkeit, weshalb sie nur schwer mitMaschinen zu bearbeiten sind. Sulfidreiche Gley-sole versauern nach Trockenlegung, weil S2– zuSO4

2– oxidiert wird und durch Hydrolyse Schwe-felsäure entsteht (Thionic*).

Qualifier für die KlassifikationPräfix-Qualifier. Folic · Histic · Anthraquic · Technic · FluvicEndosalic · Vitric · Andic · Spodic · Plinthic · Mollic · Gypsic · CalcicAlic · Acric · Luvic · Lixic · Umbric · HaplicSuffix-Qualifier. Thionic · Abruptic · Calcaric · Tephric · ColluvicHumic · Sodic · Alcalic · Alumic · Toxic · Dystric · Eutric · PetrogleyicTurbic · Gelic · Greyic · Takyric · Arenic · Siltic · Clayic · DrainicNovic

Qualifier für die Erstellung von KartenlegendenMain Map Unit Qualifier. Thionic · Folic/Histic · Mollic/UmbricPisoplinthic/Plinthic · Gypsic · Calcic/Calcaric · Dystric/EutricOptional Map Unit Qualifier. Abruptic · Acric · Alcalic · AlicAlumic · Andic · Anthraquic · Arenic · Clayic · Colluvic · DrainicEndosalic · Fluvic · Gelic · Greyic · Humic · Lixic · Luvic · NovicPetrogleyic · Siltic · Sodic · Spodic · Takyric · Technic · TephricToxic · Turbic · Vitric

DiagnostikaReduzierende** VerhältnisseMindestens eines der folgenden Merkmale:� rH der Bodenlösung < 20 (rH = Eh / 29 + 2pH, mit

Eh = Redoxpotenzial in mV);� freies Fe2+, zu erkennen an einer intensiv roten Farbe auf

frisch aufgebrochenen und geglätteten Oberflächen ei-ner feldfrischen Bodenprobe nach Besprühen mit einer0,2%igen α,α -Dipyridyl-Lösung in 10%iger Essigsäure;

� Auftreten von Eisensulfid;� Auftreten von Methan.Gleyic** FarbmusterMindestens eines der folgenden Merkmale:� ≥ 90 Flächen-% Reduktionsfarben, also neutral weiß bis

schwarz oder bläulich bis grünlich;� ≥ 5 Flächen-% Flecken mit Oxidationsfarben (d. h. alle

Farben außer den vorgenannten Reduktionsfarben),vornehmlich auf den Aggregatoberflächen.

Profilcharakteristik · Ausgewählte Bodenkennwerte eines Dystric Gleysol aus schluffig-lehmigem Sand

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15B.2 · Gleysole (GL)

� VergleyungTypisch für semiterrestrische Böden. Gleysole weisen im Ober-boden auf den Aggregatoberflächen Rostflecken auf (Bl-Ho-rizont), die durch hoch anstehendes Grundwasser oder ober-flächennahes Hangzugwasser hervorgerufen werden. DerUnterboden (Br, Cr) ist ständig vernässt und reich an Reduk-tionsfarben. Steht das Grundwasser sehr hoch an, kann derBl-Horizont fehlen, bei sehr sauerstoffreichem Grundwasserist der Br- oder Cr-Horizont nur schwach ausgeprägt.

Der Grund für diese redoximorphen Merkmale ist anhal-tender Sauerstoffmangel des Grundwassers, das reliefbedingtin Mulden und feinkörnigen Auen- bzw. Marschsedimentennur sehr langsam fließt. Bei niedrigem Redoxpotenzial kommtes zur Mobilisierung der Fe- und Mn-Verbindungen, die jenach Art der vorherrschenden Wasserpotenziale lateral mitdem Grundwasserstrom oder aszendent mit dem Kapillar-wasser verlagert werden. Im letzten Fall wandern sie in denKapillaren des Porensystems bis in den Bereich der luft-gefüllten Grobporen, wo Fe2+ und Mn2+ als Oxide aufAggregatoberflächen (extrovertiert) ausfallen und dort denüber dem reduktimorphen Cr- bzw. Br-Horizont liegendenrostfleckigen oximorphen Bl-Horizont bilden.

Kalkreiches Grundwasser führt durch aszendente kapil-lare Verlagerung von Ca2+, zusammen mit HCO3

–, ggf. zur

Bodenbildende Prozesse

Ausfällung von Wiesenkalk (Alm) im Kapillarwassersaum(Calcic*).Oximorpher Bl (rH ≥≥≥≥≥ 20). Oxidation der mit dem Kapillar-wasser aufsteigenden Fe2+- und Mn2+-Ionen und anschlie-ßende Ausfällung als rostbraune bis orangefarbene Über-züge (Ferrihydrit, Goethit, seltener Lepidokrokit) auf Aggre-gatoberflächen und/oder in Wurzelröhren, die über Grob-poren in Kontakt mit Luftsauerstoff stehen. Jarositflecken sindhingegen gelb (Thionic*). Bei tiefem pH tritt im oximorphenHorizont eine erhöhte Anionenaustauschkapazität auf.

Starke Anreicherung von Fe im oximorphen Horizontführt zur Bildung von Raseneisenerz (Petrogleyic*) und inden Tropen zur Entstehung von Plinthit (Plinthic*).Reduktimorpher Br oder Cr (rH < 20). Graue (in Sanden),blaue, blaugrüne (in Lehmen, Tonen) oder schwarze (in sul-fidhaltigen Substraten) Reduktionsfarben, ständig wasser-gesättigt, O2-Mangel; aszendente Verlagerung von Fe2+ undMn2+ in den Kapillaren.

In der borealen Ökozone fördert Permafrost die Vergley-ung, da sich über dem wasserstauenden Cf-Horizont (Gelic*)zunächst ein reduzierter Br- oder Cr-Horizont und darüberder oxidierte Bl-Horizont ausbilden kann.

Grafik nach Hintermaier-Erhard und Zech (1997).

Eutric Mollic Gleysol (Fluvic, Siltic) aus holozänem Schwemmlöss imRheintal. Der Ap-Horizont in den obersten 25 cm ist als anthric** Hori-zont anzusprechen. Darunter folgen der orange gefärbte Oxidationsho-rizont (Bl) und der überwiegend vernässte und reduzierte Cr-Horizont

Stetiger kapillarer Aufstieg von Fe2+-reichem Grundwasser kann zurAkkumulation beachtlicher Mengen an Eisenoxiden im Oxidations-horizont führen. Dieses sogenannte Raseneisenerz (bog iron) wurdefrüher zur Eisenverhüttung abgebaut. Die Aufnahme zeigt ein Bandrostroter Fe-Konkretionen in einem humosen Oberboden

Eutric Histic Gleysol aus alluvialen Sedimenten im oberbayerischenJungmoränengebiet. Das Grundwasser sitzt so hoch, dass auf den Ahl-Horizont direkt der reduzierte Cr-Horizont folgt

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DefinitionStark saure, i. d. R. sandige Böden mit der Hori-zontfolge O-Ah-E-Bhs-Bsh-C. Bhs und Bsh bildenzusammen den spodic** Horizont, der innerhalb200 cm u. GOF beginnt. Starke Versauerung derOberbodenhorizonte bedingt intensive Verwitte-rung und Zerstörung der primären und sekun-dären Minerale. Die Bruchstücke werden ionarund nach Komplexierung durch organische Ver-bindungen mit dem Sickerwasser aus dem Ober-in den Unterboden verlagert. Dadurch bildet sichder gebleichte, aschgraue E-Horizont (Eluvation= Auswaschung), der freie Quarzkörner enthältund wie „gepudert“ erscheint. Darunter folgt derAnreicherungshorizont (Illuviation = Anreiche-rung). Seine Farbe ist schwärzlich (Bh: Anreiche-rung von OS) oder rötlich (Bs: Anreicherung vonSesquioxiden). Werden sowohl OS als auch Ses-quioxide verlagert, so folgt zuerst der Bh- unddarunter der Bs-Horizont. Man spricht von Ort-erde und bei stärkerer Verfestigung von Ortstein.

Physikalische Eigenschaften� Grobe Textur, häufig Sand, auch mit Skelett;� Bhs teils mit Kittgefüge (bes. Ortstein);� hohe Wasserdurchlässigkeit, außer bei Vorlie-

gen eines Ortsteins – dann Weiterentwicklungin Richtung Stagnosol oder Histosol möglich;

� Tongehalte häufig < 10 Masse-%;� an Grobsand reiche Podzole haben eine gerin-

ge WSK (< 5 mm dm–1), deshalb ist Wasser-stress möglich.

Chemische Eigenschaften� Tiefe pH-Werte im Oberboden (3–4,5), im Un-

terboden höher (bis 5,5);

B · Boreale Zone (Taiga; kalt-gemäßigte Zone)

B.3 Podzole (PZ) [russ. pod = unter und zola = Asche]DBG: PodsoleFAO: PodzolsST: Spodosols

� besonders im Oberboden arm an Makro- undMikronährstoffen;

� N- und P-Mangelstandorte; niedrige Minera-lisationsrate führt auch bei hohen Vorräten zugeringer Nährstoffnachlieferung; außerdemPhosphationen vielfach sehr fest an Al und Fe(sowie Fe-Oxide) gebunden;

� weites C/N-Verhältnis: Oberboden > 25, Unter-boden > 20;

� KAKpot im E-Horizont niedrig, da arm an OSund Tonmineralen;

� BS sehr niedrig; Al-Toxizität möglich;� Tonfraktion der spodic** Horizonte über-

wiegend aus Vermiculit und sekundäremChlorit.

Biologische Eigenschaften� Sehr geringe biologische Aktivität; gehemmte

Mineralisation;� kaum Bodenwühler;� bei Ortstein schlechte Durchwurzelbarkeit;� typische Humusform: Rohhumus.

Vorkommen und VerbreitungPodzole entwickeln sich vorwiegend aus sauren,quarzreichen, kalk- und silicatarmen, häufig un-verfestigten Gesteinen wie Quarzsanden (z. B.Flugsande) oder Granitgrus, aber auch aus Fest-gesteinen wie Granit, Gneis, Quarzit oder Kiesel-schiefer.

Weltweit nehmen Podzole eine Fläche von ca.490 · 106 ha ein. Sie dominieren in der borealenNadelwaldzone unter (zumindest gemäßigt) ozea-nischem Klima (Kanada, Skandinavien, NW-Russ-land), wobei sie in den Erosionslagen der Gebir-ge meistens fehlen. Daneben gibt es auch in den

humiden Tropen zahlreiche Vorkommen, die aufgut dränenden Gesteinen große Entwicklungs-tiefen erreichen (so genannte „giant podzols“).Sofern der spodic** Horizont jedoch unterhalb200 cm u. GOF beginnt, klassifiziert man dieseBöden nicht mehr als Podzole, sondern als Are-nosole, falls das Substrat sehr sandig ist. (vgl.Abschnitt G. 1).

Nutzung und GefährdungWegen schlechter Nährstoffversorgung, tieferpH-Werte und häufig niedriger Wasserspeicher-leistung insgesamt schwierige Ackerböden. NachAufkalkung und Düngung günstiger (Kartoffel-anbau). Ortstein ist ein ernstes Hindernis für denAckerbau, mancherorts ist Tiefumbruch erforder-lich. Forstliche Nutzung überwiegt. In den hu-musreichen O- und Bh-Horizonten reichern sichbevorzugt Schwermetalle aber auch organischeSchadstoffe (wie polyzyklische aromatische Koh-lenwasserstoffe) an.

Qualifier für die KlassifikationPräfix-Qualifier. Placic · Ortsteinic · Carbic · Rustic · Entic · AlbicFolic · Histic · Technic · Hyperskeletic · Leptic · Gleyic · VitricAndic · Stagnic · Umbric · HaplicSuffix-Qualifier. Hortic · Plaggic · Terric · Anthric · Ornithic · FragicRuptic · Turbic · Gelic · Oxyaquic · Lamellic · Densic · SkeleticDrainic · Transportic · Novic

Qualifier für die Erstellung von KartenlegendenMain Map Unit Qualifier. Carbic/Rustic · Albic/Entic · GleyicStagnic · Folic/Histic/Umbric · Hyperskeletic/Leptic · Vitric/Si-landic/Aluandic · HaplicOptional Map Unit Qualifier. Anthric · Densic · Drainic · FragicGelic · Hortic · Lamellic · Novic · Ornithic · Ortsteinic· OxyaquicPlacic · Plaggic · Ruptic · Skeletic · Technic · Terric · TransporticTurbic

DiagnostikaSpodic** Horizont (diagnostischer UBH)� pH(H2O)-Wert < 5,9 in ≥ 85 % des Horizonts;� Corg-Gehalt ≥ 0,5 % oder optische Dichte des Oxa-

latextrakts ≥ 0,25, zumindest in einem Teil des Hori-zonts;

� Variante a oder b:– Variante a: albic** Horizont über dem spodic** Hori-

zont und direkt unter dem albic** Horizont (also nichtnotwendigerweise im ganzen spodic** Horizont) eineder folgenden Farben:– hue 5YR oder stärker rot;– hue 7. 5YR, value ≤ 5, chroma ≤ 4;– hue 10YR oder neutral, value ≤ 2, chroma ≤ 2;– 10YR 3/1;

– Variante b: eine der unter Variante a aufgeführtenFarben oder hue 7. 5YR, value ≤ 5, chroma 5 oder 6und zusätzlich mindestens eines der folgenden Merk-male:– Verkittung und eine mindestens sehr feste Kon-

sistenz in ≥ 50 Vol. -% (bei Verhärtung: Ortstein);– rissige Überzüge auf ≥ 10 % der Sandkörner;– ≥0,5 % Alo + ½Feo, und es gibt einen darüber liegen-

den Mineralbodenhorizont, der weniger als halb soviel Alo + ½Feo hat wie der spodic** Horizont;

Profilcharakteristik · Ausgewählte Bodenkennwerte eines Folic Albic Podzol aus quarzreichem Sand

– optische Dichte des Oxalatextrakts ≥ 0,25, und esgibt einen darüber liegenden Mineralbodenho-rizont, der eine weniger als halb so hohe optischeDichte hat wie der spodic** Horizont;

– eine ≥ 25 cm mächtige Lage mit Eisenbändchen,die zusammen ≥ 10 Vol. -% ausmachen (vgl.Bändchenpodsol n. DBG);

� Mächtigkeit ≥ 2,5 cm.

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Folic Albic Podzol aus jungpleistozänem Sand (Norddeutschland). Un-ter der mächtigen, sauren Rohhumusauflage (Folic*) folgt ein gering-mächtiger Ah-Horizont, dann der gebleichte E-Horizont (Albic*). DerIlluvationshorizont ist im oberen Teil schwarz (Bh), nach unten gelb-lich (Bs), was auf die Akkumulation von Humus bzw. Sesquioxidenhinweist. Die dunklen, vertikalen Farben beruhen auf Humusein-spülung entlang von Wurzelbahnen

Umbric Albic Rustic Podzol aus quarzreichen Sanden (WasserscheideNil/Kongo, 2 500 m üNN, Rwanda). In den kühlen, humiden Gebirgslagenhat sich ein mächtiger, saurer umbric** Oberbodenhorizont gebildet.Darunter folgt der ebenfalls mächtige, gebleichte E-Horizont. Derspodic** Horizont besteht überwiegend aus Sesquioxiden (Rustic*)

B.3 · Podzole (PZ)

� Podzolierung (Cheluviation)Bei tiefem pH werden primäre und sekundäre Minerale zer-stört und die Bruchstücke zusammen mit gelöster organi-scher Substanz (DOM) nach unten verlagert.

Basenarmes, quarzreiches und gut durchlässiges Aus-gangsgestein, schwer abbaubare Streu (z. B. von Calluna,Erica, Rhododendron, Koniferen) und fehlende Bodenwühlerbegünstigen die Akkumulation von Rohhumus, in demniedermolekulare organische Säuren entstehen, die als Kom-plexbildner wirken. Sie zerstören die Kristallstrukturen derMinerale und lösen Sesquioxide aus dem Gitter, die dannprotoniert, reduziert und/oder als organische Komplexe(Chelate, darunter viele Fulvate) nach unten verlagert wer-den. Dadurch verarmt der Oberboden an Al, Fe, Mn, Schwer-metallen (SM) sowie OS und färbt sich nach und nach grau(Sauerbleichung); es entsteht der Bleich- oder Eluvial-horizont (E-Horizont n. FAO, bzw. Ae- oder Ahe-Horizontn. DBG), während im Unterboden, wo die Sesquioxide we-gen steigender pH-Werte bzw. steigender Me / C-Quotien-ten wieder ausfallen, dunkle bis rötliche/rostfarbeneAnreicherungshorizonte entstehen (Illuvialhorizonte,spodic** Horizont n. WRB, bzw. Bh- oder Bs-Horizont). Beimanchen Podzolen sind die Humusgehalte im Oberboden sohoch, dass die Verlagerung von OS in den Unterboden zwaranalytisch nachweisbar ist, aber der E-Horizont nach wie vordunkel gefärbt ist (z. B. „insubrische Podzole“ der Südalpen).

Im obersten Subhorizont des B-Horizonts akkumulierenbesonders die organischen Stoffe (Bh), während sich dieSesquioxide (Bs) v. a. darunter anreichern.

Bodenbildende Prozesse

Der Bhs-Horizont weist ein Kittgefüge auf. Solange er lo-cker und erdig ist, spricht man von der Orterde, nach Verfes-tigung von Ortstein (Ortsteinic*).

Im Zusammenhang mit der durch menschliche Aktivitätbedingten Versauerung der Niederschläge („Saurer Regen“)wird auch von anthropogener Podzolierung gesprochen. Dieswird verständlich wenn man bedenkt, dass z. B. in Bayern diepH-Werte nicht gedüngter Oberböden während der letzten50 Jahre um ca. 0,5–1,0 Einheiten niedriger wurden. In Mit-teleuropa wurde die Podzolierung außerdem durch über Jahr-hunderte praktizierte Streunutzung und den Aufbau vonFichtenmonokulturen gefördert.

� KittgefügeSpezialform des Bodengefüges, entsteht durch Verkittung vonMineralkörnern mittels eingelagerter Sesquioxide (Fe-, Al-[hydr]oxide) – vor allem Bs-Horizont der Podzole (speziell beiOrtstein). Gibt es auch im petrocalcic** Horizont (Calcrete)der Calcisole, Kittsubstanz ist hier CaCO3.

Sesquioxid-Bändchen (thin iron pan, Placic*) am Übergang Bh-/Bs-Horizont

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DefinitionLessivierte Böden vornehmlich kalt-kontinenta-ler bis gemäßigt-humider Gebiete mit der Hori-zontfolge Ah-E-Bt-C oder Ah-Eg-Btg-C. Der Btbeginnt innerhalb von 100 cm u. GOF und erfülltdie Kriterien eines argic** Horizonts. Der A-Ho-rizont ist i. d. R. als humusarmer Horizont unterModer ausgebildet. Darunter folgt ein fahlbrau-ner bis stark gebleichter, eluvialer E-Horizont vontonarmer, eher gröberer Textur. Er greift zungen-förmig in den darunter folgenden tonreicherenargic** Horizont. Dieses Phänomen heißt albe-luvic** Tonguing (Zungenbildung) und ist dasdiagnostische Merkmal der Albeluvisole. Die inden Bt eindringenden „Zungen“ sind an Ton undEisen verarmt; in aggregierten Böden entwickelnsie sich auf den Aggregatoberflächen. Der Ober-boden kann erodiert sein. Viele Albeluvisole sindstark von Stauwasser geprägt. Wasserstau kannin der Borealen Zone während der Schneeschmel-ze über dem (noch) gefrorenen Unterboden ent-stehen, vor allem aber durch den tonreichen Bt-Horizont. Die Ablagerung von Tonmineralen(und Oxiden) an den Zungenrändern behindertdas Eindringen von Wasser und Wurzeln in denBt-Horizont („closed box system“).

Physikalische Eigenschaften� Eluvialer Bleichhorizont: tonarm, instabiles

Gefüge;� argic** Horizont: periodischer Wasserstau,

wenn Bt verdichtet (Fragipan, fragic** Hori-zont: Fragic*) oder gefroren (bei Permafrost:Gelic*);

� Perkolation bevorzugt in den Zungen.

Chemische Eigenschaften� Niedrige Nährstoffvorräte und schlechte Ver-

fügbarkeit (N- und P-Mangel);

B · Boreale Zone (Taiga; kalt-gemäßigte Zone)

B.4 Albeluvisole (AB) [lat. albus = weiß und eluere = auswaschen]DBG: Pseudogleye, Stagnogleye, FahlerdenFAO: PodzoluvisolsST: z. B. Glossaqualfs, Glossocryalfs, Glossudalfs

� relativ weites C/ N-Verhältnis (≈ 20–30);� niedrige pH(CaCl2)-Werte von ca. 4–5,5;� BSpot des E-Horizonts stets niedrig (< 10 %);

jene des Bt-Horizonts schwankt zwischen 10 %(Dystric*) und 90 % (Eutric*);

� hohe Gehalte an austauschbarem Al möglich(> 50 %: Alumic*);

� KAKpot (10–20 cmol(+) kg–1 FE) zeigt ein Maxi-mum im A-Horizont (bedingt durch OS), mitt-lere Werte liegen im Bt-Horizont vor (bedingtdurch Ton), während der E-Horizont ein Mini-mum aufweist;

� Tonminerale zeigen Al-Einlagerungen (Chlo-ritisierung);

� Redoxpotenzial vielfach periodisch niedrig.

Biologische Eigenschaften� Langsamer Streuabbau vorwiegend durch Pil-

ze und Actinomyceten; insgesamt geringe bio-logische Aktivität;

� Bodenwühler fehlen weitgehend, daher nurgeringe Bioturbation;

� Wurzeln bevorzugt in den Zungen; der (beson-ders an den Zungenrändern) verdichtete Bt istfür viele Wurzeln nicht durchdringbar;

� während der Nassphase vielfach Denitrifikati-on und Methanogenese.

Vorkommen und VerbreitungAus entkalkten, quarzreichen Feinsedimenten(Flug-, Dünen- und andere Sande, Terrassen- undDeltasedimente, Lösslehm). Je häufiger Bodenver-nässung und -austrocknung wechseln, desto aus-geprägter ist das albeluvic** Tonguing.

Die von Albeluvisolen eingenommenen Flä-chen sind schwer abschätzbar, weil auf das albe-luvic** Tonguing bei Bodenkartierungen bisherkaum geachtet wurde. Die FAO schätzt die Flä-che auf ca. 320 · 106 ha weltweit. Albeluvisole

finden sich vor allem am Südrand der borealenWälder Europas (Osteuropäische Plattform) undKanadas. Ferner in den Feuchten MittelbreitenW-Europas (SW-, W-Frankreich, Benelux, W-Deutschland) und der USA (westlich der GroßenSeen). Sporadisch auch in den Niederungen sub-tropischer und tropischer wechselfeuchter Kli-mate (S-Vietnam, Südstaaten der USA).

Nutzung und GefährdungNur mäßig fruchtbare Ackerböden, da zu sauer,zu häufig vernässt, zu nährstoffarm. Anbau vonSommerweizen, Gerste, Zuckerrüben, Futter-pflanzen und Kartoffeln nach Kalkung undDüngung möglich. Besser geeignet für Weide-oder Forstwirtschaft. Auf den AB der BorealenZone stocken im Norden Koniferen (bevorzugtKiefern), im Süden Mischwälder. Der struktur-schwache Oberboden der Albeluvisole neigt imhügeligen Gelände unter Ackernutzung zurErosion.

Intensive Kalkung und Düngung kann bei we-niger staunassen Albeluvisolen eine starke Bio-turbation auslösen, wodurch die Zungenstrukturverloren gehen kann und die Albeluvisole in Luvi-sole übergehen.

Qualifier für die KlassifikationPräfix-Qualifier. Fragic · Cutanic · Folic · Histic · Technic · GleyicStagnic · Umbric · Cambic · HaplicSuffix-Qualifier. Anthric · Manganiferric · Ferric · Abruptic · RupticAlumic · Dystric · Eutric · Gelic · Oxyaquic · Greyic · Densic · ArenicSiltic · Clayic · Drainic · Transportic · Novic

Qualifier für die Erstellung von KartenlegendenMain Map Unit Qualifier. Gleyic · Stagnic · Folic/Histic · UmbricManganiferric/Ferric · Alumic · Dystric/EutricOptional Map Unit Qualifier. Abruptic · Anthric · Arenic · CambicClayic · Cutanic · Densic · Drainic · Fragic · Gelic · Greyic · NovicOxyaquic · Ruptic · Siltic · Technic · Transportic

DiagnostikaArgic** Horizont (Definition s. Luvisole, Abschnitt C)Albeluvic** TonguingDie in den argic** Horizont hineingreifenden Zungen� haben die Farbe eines albic** Horizonts;� sind tiefer als breit und haben folgende waagerechte

Ausdehnung:≥ 5 mm in tonigen argic** Horizonten,≥ 10 mm in tonig-lehmigen und schluffigen argic** Ho-

rizonten,≥ 15 mm in schluffig-lehmigen, lehmigen oder sandig-

lehmigen argic** Horizonten;� nehmen ≥ 10 Vol. -% in den oberen 10 cm des argic**

Horizonts ein (vertikal und horizontal);� haben eine Korngrößenverteilung entsprechend jener des

gebleichten Eluvialhorizonts über dem argic** Horizont.

Profilcharakteristik · Ausgewählte Bodenkennwerte eines Dystric Albeluvisol aus schluffigem Lehm

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19B.4 · Albeluvisole (AB)

� Lessivierung� evtl. PseudovergleyungDie Genese der Albeluvisole lässt Merkmale der Lessivierungund vielfach auch der Pseudovergleyung erkennen.

Im Einzelnen gilt:1. Auswaschung von Basen-Kationen und Tonverlagerung

(s. Lessivierung im Abschnitt C. 2, Luvisole).2. Oberhalb des verdichteten Bt-Horizonts oder über gefro-

renem Unterboden staut sich in vielen Albeluvisolen, be-sonders im Frühjahr, das Wasser. Dies führt zur Mobilisie-rung von Fe und Mn und partieller lateraler Verlagerung.Dadurch bleicht der Oberboden aus (Nassbleichung), undan Stellen mit höherem Redoxpotenzial können sichFe/Mn-Konkretionen bilden. Im Unterboden entsteht eineMarmorierung.

3. Häufiger Wechsel von Austrocknung (→ Oxidation) undVernässung (→ Reduktion) begünstigt Versauerung undTonmineralzerstörung im Oberboden.

Bodenbildende Prozesse

Im Gegensatz zur Podzolierung tritt in den Albeluvisolenkeine Anreicherung von organischer Substanz (Bh) und vonSesquioxiden (Bs) im Unterboden auf.

� Albeluvic** Tonguing (albeluvic Zungen)Kennzeichen der Albeluvisole ist das zungenförmige Eindrin-gen des gebleichten Eluvialhorizonts in den darunter liegen-den Bt-Horizont, wobei die Zungen die fahle Farbe einesalbic** Horizonts und die grobkörnige Textur des Eluvialho-rizonts aufweisen. Die Zungen entstehen durch Lessivierungund Tonzerstörung entlang von Rissen, bei aggregiertenargic** Horizonten entlang der Aggregatoberflächen. DieRisse können Trockenrisse sein, oder sie entstanden währendder letzten Eiszeit unter Permafrost in Bt-Horizonten, die sichbereits in Interglazialen gebildet hatten. Dabei kann auchMaterial aus dem E-Horizont in die Risse fallen. Die Aggregat-oberflächen tragen oft schluffige, im trockenen Zustand weißgepudert erscheinende Überzüge. Die Zungen sind tiefer als

Dystric Stagnic Albeluvisol (Cutanic, Fragic, Siltic) aus Löss im Zonienwald (Belgien) mit der Horizont-folge O-Ah-Eg-Btg. Wahrscheinlich ist der argic** Horizont im letzten Interglazial entstanden. Währendder Weichselkaltzeit haben sich dann durch Austrocknung große Risse gebildet, in die grobkörnigeresMaterial gefallen ist (albeluvic** Tonguing). Weitere Quellung und Schrumpfung haben dann an denAggregatoberflächen zu Verdichtungen geführt (fragic** Horizont, „closed boxes“), die kaum von Wur-zeln durchdrungen werden können. Unter den sauren und staunassen Bedingungen (stagnic** Farb-muster im Bt, Fe-Abfuhr im E) ist die Bioturbation minimal, weshalb im Unterboden der fragic Horizonterhalten bleibt und im Oberboden nur ein geringmächtiger Ah-Horizont ausgebildet ist. Das helleMaterial innerhalb des Ah-Horizonts beruht auf einer Störung

Eutric Stagnic Albeluvisol (Cutanic, Siltic) aus umgelagertem Löss im Südosten Stuttgarts. Tonverlage-rung führt zur Ausbildung eines argic** Horizonts, in dem sich Schrumpfrisse bilden, was schließlich dieEntstehung des albeluvic** Tonguing bewirkt. Durch intensive Stauwasserdynamik wird Eisen einerseitsaus dem Oberboden lateral abgeführt und andererseits im Unterboden ins Innere der Aggregatebewegt (stagnic** Farbmuster). Horizontfolge O-Ah-Eg-Btg

breit, wobei die Breite von sandig-lehmigen Substraten überschluffige zu tonigen hin abnimmt.

Der Verzahnungshorizont (Ael+Bt) der Fahlerde (n. DBG)erfüllt in manchen Fällen die Kriterien des albeluvic** Tonguing,doch sind die meisten Fahlerden Luvisole oder Alisole.

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DefinitionPeriodisch stauwasserbeeinflusste Böden mit derHorizontfolge Ah-Bg-C oder Ah-Eg-Btg-C. Ent-weder durchgängig schluffig-feinstsandige Textur(DBG: Haftpseudogley) oder gröbere (z. B. Sand)über feinerer (z. B. Ton) Bodenart (DBG: Pseudo-gley, Stagnogley) als Folge von sedimentationsbe-dingter Schichtung (dann Ah-Eg-2Bg-2C-Profil)oder Tonverlagerung; Tongehaltsunterschiedezwischen grobkörnigerem OBH und feinkörnige-rem UBH sind jedoch so gering, dass kein abrup-ter** Bodenartenwechsel vorliegt (sonst: Plano-sol); außerdem kein albeluvic** Tonguing (sonst:Albeluvisol).

Diagnostisch sind zeitweise reduzierende**Verhältnisse, speziell in den oberen 50 cm desMineralbodens. Reduziertes Eisen wird groß-räumig lateral abgeführt, wodurch ein gebleich-ter albic** Horizont entsteht, und/oder klein-räumig von den Aggregataußenflächen ins Ag-gregatinnere verlagert, was zur Ausbildung ei-nes stagnic** Farbmusters führt. Die E-Hori-zonte weisen, besonders an ihrer Basis, oft Kon-kretionen auf und die B-Horizonte eine Mar-morierung. Bereiche mit Reduktionsfarben (wieim albic Horizont oder bei stagnic Farbmuster)plus Bereiche mit Oxidationsfarben (s. stagnicFarbmuster) nehmen zusammen mind. 50 %des Volumens der oberen 50 cm des Mineral-bodens ein.

Physikalische Eigenschaften� Bodenart entweder über das gesamte Profil

schluffig-feinstsandig (grobporenarm) oder

B · Boreale Zone (Taiga; kalt-gemäßigte Zone)

B.5 Stagnosole (ST) [lat. stagnare = stehen]DBG: Pseudogleye, Haftpseudogleye, StagnogleyeFAO: z. B. Stagnic Luvisols, Stagnic AlisolsST: z. B. Aqualfs, Aquults, Aquepts

gröbere Bodenart (z. B. Sand, grobporenreich)über feinerer (z. B. Ton, im gequollenen Zu-stand grobporenarm);

� in der Regenzeit Wasserstau und Luftmangel,in der Trockenzeit Wassermangel möglich;

� Bleichung (mit oder ohne Konkretionen) imOberboden, Marmorierung im Unterboden.

Chemische Eigenschaften� pH und BS je nach Ausgangsmaterial und Ver-

witterung unterschiedlich;� Streuzersetzung gehemmt, beachtliche Humus-

akkumulation, aber häufig Mangel an pflan-zenverfügbarem N und P;

� in Konkretionen okkludiertes P, Fe und Mnschlecht pflanzenverfügbar;

� K-Mangel auf sandigen Stagnosolen wahr-scheinlich; außerdem häufig schlechte Versor-gung an Mg und Ca.

Biologische Eigenschaften� Aktivität der Bodenfauna wegen des häufigen

Wechsels von Nass- und Trockenphasen beein-trächtigt;

� während der Nassphase Sauerstoffmangel, De-nitrifikation und Methanogenese;

� schlechte Durchwurzelbarkeit, zumindest desUnterbodens.

Vorkommen und VerbreitungDurch wechselfeuchte Klimate begünstigt; oftkleinräumiger Wechsel mit anderen Böden, vor-nehmlich durch Bodenart bedingt. Häufig in Pla-teaulagen jedoch auch in Flachhang-Lagen und

in Niederungen. Erst 2006 in der WRB eingeführt,deshalb derzeit noch keine Angaben über dasweltweite Flächenaufkommen.

Nutzung und GefährdungAuf Standorten mit Neigung zu Trockenstresswirkt die zeitweilige Staunässe ertragsfördernd;dort auch Ackerbau möglich, jedoch Neigung zuAl-Toxizität. Auf sauren Standorten Applika-tion basisch wirkender N- und P-Dünger vor-teilhaft. Meist jedoch Weide oder Wald. Anbautiefwurzelnder staunässetoleranter Baumarten(z. B. Erle, Eiche, Tanne, Eucalyptus, Casuarina),sonst Windwurfgefahr. Künstliche Drainage we-gen der Grobporenarmut nur eingeschränkt wirk-sam. Gefügeverbesserung durch Kalkung (Kar-tenhausstruktur). In den Tropen und SubtropenNassreisanbau.

Qualifier für die KlassifikationPräfix-Qualifier. Folic · Histic · Technic · Vertic · Endosalic · PlinthicEndogleyic · Mollic · Gypsic · Petrocalcic · Calcic · Alic · AcricLuvic · Lixic · Umbric · HaplicSuffix-Qualifier. Thionic · Albic · Manganiferric · Ferric · RupticGeric · Calcaric · Ornithic · Sodic · Alcalic · Alumic · Dystric · EutricGelic · Greyic · Placic · Arenic · Siltic · Clayic · Rhodic · ChromicDrainic

Qualifier für die Erstellung von KartenlegendenMain Map Unit Qualifier. Folic/Histic · Mollic/Umbric · VerticAlic/Acric/Luvic/Lixic · Albic · Gleyic · Gypsic · Petrocalcic/CalcicDystric/EutricOptional Map Unit Qualifier. Alcalic · Alumic · Arenic · CalcaricChromic · Clayic · Drainic · Endosalic · Ferric · Gelic · Geric · GreyicManganiferric · Ornithic · Placic · Plinthic · Rhodic · Ruptic · SilticSodic · Technic · Thionic

DiagnostikaStagnic** Farbmuster� Umfasst Rost- und Bleichflecken;� wenn Bereiche vorhanden sind, die weder rost- noch

bleichfleckig sind (Matrix):– die Rostflecken sind mindestens eine hue-Stufe inten-

siver rot und mindestens eine chroma-Stufe leuchten-der als die Matrix;

– die Bleichflecken sind mindestens eine value-Stufe hel-ler und mindestens eine chroma-Stufe fahler als dieMatrix;

� wenn keine Bereiche vorhanden sind, die weder rost-noch bleichfleckig sind: die Rostflecken sind mind. einehue-Stufe intensiver rot, mind. eine value-Stufe dunklerund mind. zwei chroma-Stufen leuchtender als dieBleichflecken;

� wenn Aggregate vorhanden sind: die Außenbereiche sindbevorzugt bleichfleckig, die Innenbereiche sind bevorzugtrostfleckig.

Albic** Horizont (diagnostischer Horizont)� Farben (trocken), Variante a oder b:

a) value 7 oder 8 und chroma ≤ 3;b) value 5 oder 6 und chroma ≤ 2;

� Farben (feucht), Variante a, b oder c:a) value 6, 7 oder 8 und chroma ≤ 4;b) value 5 und chroma ≤ 3;c) value 4 und chroma ≤ 2 (chroma 3 erlaubt, wenn die

Ausgangsmaterialien ein hue 5YR oder intensiver rot

Profilcharakteristik · Ausgewählte Bodenkennwerte eines Dystric Albic Stagnosol aus schluffigem Ton

haben und wenn das chroma durch nicht umhüllteSchluff- oder Sandkörner hervorgerufen ist);

� Mächtigkeit ≥ 1 cm.Reduzierende** VerhältnisseMindestens eines der folgenden Merkmale:� rH der Bodenlösung < 20 (rH = Eh / 29 + 2pH, mit

Eh = Redoxpotenzial in mV);

� freies Fe2+, zu erkennen an einer intensiv roten Farbeauf frisch aufgebrochenen und geglätteten Oberflächeneiner feldfrischen Bodenprobe nach Besprühen miteiner 0,2%igen α ,α -Dipyridyl-Lösung in 10%igerEssigsäure;

� Auftreten von Eisensulfid;� Auftreten von Methan.

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21B.5 · Stagnosole (ST)

Albic Luvic Stagnosol (Greyic) aus Riß-Moräne in Oberschwaben mit der Horizontfolge O-Ah-AEg-Btg.Durch Tonverlagerung entstand ein argic** Horizont, der stark wasserstauend wirkt. Redoxprozesse führ-ten zu einem stagnic** Farbmuster im Unterboden und zu einer lateralen Fe-Abfuhr im Oberboden(albic** Horizont). Anders als bei den Albeluvisolen ist der argic Horizont jedoch durchwegs einheitlichtexturiert. Im sauren Ah-Horizont haben sich gebleichte Quarzkörner ausgebildet (Greyic*), währendder Unterboden noch eine hohe Basensättigung besitzt (Luvic*)

Bathygleyic Albic Alic Stagnosol (Siltic) aus Südnorwegen. Tonverlagerung und Stauwasserdynamikführen zur typischen Horizontfolge O-Ah-Eg-Btg-Br. Die Schlieren im oberen Btg kommen durch Frost-einwirkung zustande. Im Unterboden zeigt sich schwacher Grundwassereinfluss. Der Boden hat durch-gängig eine niedrige Basensättigung, weshalb zur Kennzeichnung des argic** Horizonts der Alic* Qualifierzu verwenden ist

� Humusakkumulation� evtl. Tonverlagerung� RedoxprozesseHumusabbau durch zeitweiligen Sauerstoffmangel ge-hemmt, dadurch Anreicherung von OS häufig in Form vonModer oder Rohhumus.

Stagnosole mit Tonanreicherung im Unterboden gehenoft aus Luvisolen oder Alisolen hervor (seltener aus Lixisolenoder Acrisolen).

Die Entwicklung zum Stagnosol wird maßgeblich durchden jahreszeitlichen Wechsel zwischen reduzierenden undoxidierenden Bedingungen gesteuert. Während des Was-serstaus in der Regenzeit wird immobiles Fe3+ zu mobilemFe2+ reduziert. Dieses wird in Hanglage aus dem grobporen-reichen Oberboden lateral abgeführt, wodurch dieser einefahlgraue Farbe bekommt (meist albic** Horizont). In Sen-ken kann sich Fe wieder anreichern und Raseneisenerze bil-den. Fe kann aber auch kleinräumig vom Aggregatäußerenins Aggregatinnere wandern und dadurch ein stagnic**Farbmuster hervorrufen.

Die Oxidation von OS durch die in den Grobporen leben-den Mikroorganismen führt dort zu einem Verbrauch an Sau-erstoff, der bei Wassersättigung nicht aus der Luft nachgelie-

Bodenbildende Prozesse

fert werden kann. Mit sinkendem Redox-potenzial kommen andere Elektronenak-zeptoren zum Zuge, bis schließlich Fe3+ zuFe2+ reduziert und damit mobilisiert wird.Es wandert ins Innere der Aggregate, dasfür Mikroorganismen schwer zugänglichist und wo sich infolgedessen noch Sau-erstoff erhalten hat. Dieser oxidiert nundas farblose Fe2+ abermals zu intensivgefärbten Fe3+-Oxiden. In der folgendentrockeneren Jahreszeit wird der ganzeBoden wieder durchlüftet. Wenn sich die-se Vorgänge Jahr für Jahr wiederholen,können sich beachtliche Mengen an Eisenim Aggregatinneren akkumulieren und alskleine Konkretionen oder als gröbere Mar-morierung sichtbar werden. Neben Eisenwerden auch Mangan-Verbindungen re-duziert, und zwar bereits bei höheremRedoxpotenzial als Fe3+. Wiederholte Re-duktion (Mobilisierung) und Oxidation(Wiederausfällung) führt zur Ausbildungschwarzer Mn-Konkretionen.

Grafik nach Hintermaier-Erhard und Zech (1997).

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B · Boreale Zone (Taiga; kalt-gemäßigte Zone)

Histosol-Landschaft in Kamtschatka, O-Sibirien. Der kleine See ist glazialer Genese (Toteisloch); er ver-landet vom Ufer her, wobei sich sog. Schwingrasen bilden. Er stellt ein Initialstadium des von Grund-wasser gespeisten (Rheic*) Niedermoors dar. Nach weiterem Aufwachsen von Moosen und anderenTorfbildnern entsteht ein von Regenwasser dominiertes (Ombric*) Hochmoor (Photo: © R. Bäumler)

Gleysol-Landschaft am Ufer des Kivu-Sees (Rwanda). Von Grundwasser beeinflusste Böden werden oftintensiv landwirtschaftlich bzw. gartenbaulich genutzt, weil sie auch während der Trockenperioden Er-träge liefern. Ist die Nutzung über lange Zeit hinweg verbunden mit dem Eintrag von organischemMaterial, so entsteht ein hortic** Horizont und schließlich ein Anthrosol

Thermokarst-Landschaft in N-Jakutien. Hier ist der Permafrost oft mehrere hundert Meter mächtig.Schädigung des Waldes (z. B. durch Brand) erhöht die Sonneneinstrahlung und bewirkt ein tieferes Auf-tauen und damit ein Absacken des Oberbodens. Dadurch entstehen konkave Geländeformen, in denensich Thermokarst-Seen bilden. Sie bilden sich aber auch im Zusammenhang mit Klimaänderungen. Soentstanden zahlreiche Thermokarstseen in Jakutien während des holozänen Klimaoptimums. Dort wer-den sowohl wassergefüllte wie trockene Thermokarst-Hohlformen als Alasse bezeichnet

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Boreale Zone (Taiga; kalt-gemäßigte Zone) · Landschaften und Böden

B · Boreale Zone (Taiga; kalt-gemäßigte Zone)

Rhizolithe entstehen u. a. durch zylindrische Mineralansammlungen (z. B. Eisenoxide, Carbonate) umWurzelröhren. Das Bild zeigt Rhizolithe aus dem Cr-Horizont eines Gleysols. Die Rostfarben um dieRhizolithe lassen vermuten, dass in ihrem Bereich Sauerstoff über die Wurzelbahnen in den reduzierten,wassergesättigten Cr geleitet wurde (Pampa, Argentinien)

Dystric Ferric Folic Stagnic Albeluvisol (Clayic) aus tertiärem Ton mit der Horizontfolge O (nicht sicht-bar)-Ah-Eg-Btg-C. Die intensive rote Farbe der Bodenmatrix des Btg-Horizontes weist auf tertiäre Ver-witterung hin. Aus dem Eg-Horizont greifen gebleichte Zungen tief in die rote Matrix des Btg-Horizon-tes hinein (albeluvic** Tonguing). Ihre Korngrößenzusammensetzung ist gröber als jene des Btg-Hori-zontes und entspricht der Textur des E-Horizontes. Periodischer Wasserstau verstärkt die Bleichung desOberbodens und die Marmorierung im Unterboden, welche kräftig rote, große Überzüge aufweist undmit dem Ferric* Qualifier bezeichnet wird (Seedorf, Oberpfalz)

Folic Albic Carbic Podzol aus lockerer, quarzsandreicher Deckschicht über saprolithischem Gesteinszer-satz. Die Horizontfolge lautet: O-Ah-E-Bh-2C. Podzole sind typische Böden kühler, feuchter Regionen.Sie können aber auch in den humiden Tropen aus nährstoffarmen Sanden entstehen (Kalimantan,Indonesien). Der spodic** Horizont besteht vornehmlich aus verlagerter organischer Substanz

Der „Moorgürtel“ am Kilimandscharo. Histosole entstehen nicht nur in Niederungen, sondern auch inregenreichen Bergländern bei reduzierter Evapotranspiration oder auf Standorten mit Hangzugwasser.Voraussetzung ist, dass die Biomasse-Produktion höher ist als der Abbau der organischen Bodensubstanz

Auftauender Pingo (Burjatien). Landschaften mit Permafrost weisen oft mehrere Meter hohe, rundlicheHügel auf (Pingo, Hydrolakkolith). Ihr Inneres besteht aus einem Eiskern, der jetzt während des wärme-ren Holozäns auftaut. Dadurch entstehen Hohlformen, die sich mit Wasser füllen (Thermokarst-Seen,s. auch Photo auf vorheriger Seite)

Waldbrände treten in borealen Wäldern episodisch auf. Sie begünstigen die Naturverjüngung durch„Öffnen“ des N-Kreislaufes. Ein Teil des Bodenstickstoffs geht allerdings gasförmig verloren, weil sichNOx-Gase bilden (N-Jakutien)

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B Boreale Zone (Taiga; kalt-gemäßigte Zone) · Landschaften und Böden

B · Boreale Zone (Taiga; kalt-gemäßigte Zone)

Dystric Albic Folic Stagnosol (Clayic) aus tertiärem Ton mit der Horizontfolge O-Ah-Eg-Bg-C. Bei Wasser-stau kommt es zu reduzierenden** Verhältnissen. Dabei wird Fe bes. im Oberboden lateral abgeführt,wodurch der gebleichte Eg-Horizont entsteht. Im Unterboden ist eine schwache Marmorierung (Bg) zuerkennen (Goldkronach, Fichtelgebirge)

In den Btg-Horizonten von Stagnosolen können sich um Wurzeln Bleichzonen durch Ausscheidungniedermolekularer organischer Säuren bilden, die Fe mobilisieren (Lössprofil, Santa Ana, Uruguay)

Den größten Flächenanteil der Histosole nehmen die Moore ein. Kleinflächig gibt es aber auch terrestri-sche Histosole (meist Felshumusböden und Skeletthumusböden nach DBG, traditionell auch „Tangel“genannt). Sie sind durch den Folic* Qualifier gekennzeichnet. Das Bild zeigt einen Eutric EndolepticSapric Folic Histosol am Guggenauer Köpfl in den Bayerischen Kalkalpen. Der folic** Horizont liegt di-rekt auf massivem Dolomit und zeigt trotz niedrigen pH-Wertes eine sehr hohe Ca-Sättigung

Albic Podzol (Ortsteinic) aus Küstensanden in Malaysia. Unter den mäßig ausgebildeten O- und A-Hori-zonten liegt ein 80 cm mächtiger schlohweißer E-Horizont. Auch die Illuvialhorizonte Bh und Bs sindgut ausgebildet und teilweise verhärtet (Ortstein). Solche mächtigen Podzole sind auf nährstoffarmenSanden in alten tropischen Landschaften zu finden

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Boreale Zone (Taiga; kalt-gemäßigte Zone) · Catenen

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