100 Jahre Hauptbahnhof Kiel

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100 Jahre Hauptbahnhof Kiel Ein Rückblick von Ingo Dierck und Ralph Müller Herausgegeben von der DB Station&Service zum 1. Juni 1999

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Ein Rückblick von Ingo Dierck und Ralph Müller

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100 Jahre Hauptbahnhof KielEin Rückblick von Ingo Dierck und Ralph Müller

Herausgegeben von der DB Station&Service zum 1. Juni 1999

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Eine Chronik von Ingo Dierck und Ralph Müller zum 1. Juni 1999

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Gruß der DB Station&Service

Während der Jahrhundertwende waren die Bahnhöfe für Bürger

und Besucher attraktive Anziehungspunkte im Zentrum der

Stadt. Leider haben die Bahnhöfe in den letzten Jahrzehnten

einen Teil ihrer ursprünglichen Wirkung verloren.

DB Station&Service möchte die Bahnhöfe wieder zu Visiten­

karten der Städte und der Bahn werden lassen. Damit wir dies

mit hohem Tempo erreichen, haben wir das sogenannte Bahn­

hofspaket geschnürt: Durch Planung und Entwicklung aus einer

Hand werden wir so innerhalb eines Zeitraums von nur drei

Jahren an 26 Standorten kundenfreundliche Verkehrsstationen

mit hohem Aufenthaltswert schaffen. Ab dem Jahr 2001 können

dadurch rund 1,2 Millionen Bahnkunden täglich ihre Reise an

einem attraktiven, modernen Bahnhof beginnen und beenden.

Ich freue mich sehr, daß auch die Landeshauptstadt Kiel Teil

unseres Projektes ist. Der Bahnhof wird in seiner historischen

Struktur wiederhergestellt und erhält gleichzeitig ein modernes

und umfangreiches Serviceangebot. Diese Broschüre gibt Ihnen

bereits jetzt eine Vorstellung davon, wie der Hauptbahnhof Kiel

bald in neuem Glanz erstrahlen wird.

Dieter Ullsperger

Bereichsvorstand der DB Station&Service

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Grüße der Landeshauptstadt Kiel

Investitionen in die Bahn haben sich für Kiel schon immer

gelohnt. Daß 1844 die erste Linie nach Altona in Betrieb ging,

verdankt das Land auch dem Kieler Mut zu dieser damals ganz

neuen Technologie. Dazu gehörte die Bereitschaft, eine ganze

Reihe Anteile der Bahnstrecke zu finanzieren.

Kiels überregionale Verbindungen erweiterten sich schlagartig

und schufen dem Hafen ein ganz neues Hinterland. Nebenbei

brachte die Eisenbahn auch den Tourismus nach Kiel in Gang

und sorgte für einen schnellen und weitreichenden Versand der

Kieler Sprotten ­ beides war gut fürs Kieler Image und auch

wirtschaftlich interessant.

Marine und Werften ließen Kiel in amerikanischem Tempo zur

Großstadt wachsen. Neue Strecken verbanden Kiel mit anderen

Städten des Landes. Ein moderner, funktionaler und repräsenta­

tiver Bahnhof war unabdingbar für eine Stadt auf der Höhe der

Zeit. Das galt schon vor 100 Jahren und ist auch für die heutige

Hauptstadt des Landes Schleswig­Holstein noch immer aktuell.

Kiel öffnet sich derzeit noch weiter zum Wasser. Die Innenstadt

verändert ihr Gesicht, bekommt an der Hörn mit der Kai­City

Kiel ein neues, attraktives Quartier. Die Stadt gestaltet das

Umfeld des Hauptbahnhofes entsprechend seiner Bedeutung.

Nach dem Umbau wird auch der Kieler Hauptbahnhof wieder

zum Wasser hin offen sein und so ein Stück Kieler Geschichte

wieder sichtbar machen.

Der Bahnhof verbindet Stadtteile und Menschen. Er verbindet

Kiel täglich mit all denen aus den Umlandgemeinden, die in der

Stadt ihren Arbeitsplatz haben oder zum Einkaufen und

Bummeln kommen. Er ist eine Visitenkarte für unsere Gäste, ob

sie zur Kieler Woche, zu Kongressen oder zur schwimmenden

Bootsmesse "in­water boot" anreisen, ob sie die Kieler EXPO­

Projekte besichtigen oder Urlaub im Norden machen.

Wir wünschen dem Kieler Hauptbahnhof eine erfolgreiche

Zukunft und viele zufriedene Reisende.

Cathy Kietzer Norbert Gansel

Stadtpräsidentin Oberbürgermeister

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Die Kieler Zeitung berichtete es stolz am 1. Juni 1899 morgens:

„Das Kaiserpaar und der Kronprinz sind Abends 8 Uhr 30

Minuten mittelst Hofzuges von Berlin in Kiel eingetroffen. Auf

dem Bahnhof fand großer Empfang

statt. Hierzu waren erschienen der

Großherzog und die Großherzogin

von Baden, Prinzessin Henriette von

Schleswig­Holstein, der General­

Inspek teur Admiral Köster, Staats­

minister Konter­Admiral Tirpitz,

Oberpräsident von Köller, Stadt­

kommandant, Oberst von Höpfner,

Oberhofmarschall, Freiherr von

Seckendorff und der Hofstaat des

Groß herzogs von Baden. Auf dem Bahnsteig erfolgte eine herzli­

che Begrüßung zwischen dem Kaiserpaar und dem Großherzog.

… Auf dem Bahnhofe entwickelte sich heute schon zeitig eine

festliche Stimmung, hervorgerufen durch ein großes Publikum,

welches in freudiger Er war tung der Ankunft des Kaiserpaares

entgegensah. Schon bei An kunft des Schnellzuges, Abends 7 Uhr

22 Minuten, waren Hun derte von Personen auf dem Bahnhofe,

um sich eine günstige Position zu sichern. Und diese Men ge von

Menschen wuchs mit jeder Minute,

je näher die Ankunftstunde des

Hofzuges heranschritt. So bald der

Kaiser in der Ankunfthalle erschien,

er trug die Uniform der Marine,

erschollen von allen Seiten tausend­

stimmige Hurrahs, wofür der

Mo narch und die Kaiserin dank­

ten.“

Wilhelm II. und seine Gattin bega­

ben sich un verzüglich zur Jensen­

brücke direkt unterhalb des Bahn hofs und von dort zur kaiserli­

chen Jacht „Hohenzollern“.

Dies war das letzte große Ereignis, das der alte Kieler Bahnhof an

der Klinke sah. Mit einem der letzten Züge war das kaiserliche

Paar nämlich hier und nicht am neuen Haupt bahnhof eingetrof­

Kaiser Wilhelm II. bei einem späteren Besuch.Photographie. Stadtarchiv, Kiel.

Der Kieler Hauptbahnhof auf einer Zeichnung von 1896. Fahnenschmuck und der Pavillon lassen auf einen Besuch des Kaisers schließen.Tatsächlich ist die Fassade jedoch erst 1902 fertiggestellt worden.Reproduktion einer Zeichnung von 1896. Archiv der Deutschen Bahn AG, Kiel.

GroSSer BahNhof für DeN KaiSer

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fen. Der neue wurde erst am nächsten Tag er öffnet, am 1. Juni.

Bereits am Nachmittag vor der Ankunft Wilhelms II. traf sich

eine illustre Gesellschaft auf Einladung der Kieler Handels­

kammer zu einer kleinen Vorfeier. Bei Krebs suppe, Bachforellen,

Spargel, „S.M.S.­Hohenzollern­Eis“ und anderen Leckereien lie­

ßen die Spitzen von Wirtschaft, Ver­

waltung, Post und Bahn es sich

wohlsein. Besetzt hatten sie dafür

den Wartesaal der Dritten und Vier­

ten Klasse, der einstweilen als Warte­

saal der Ersten und Zweiten Klasse

diente. Letzterer wurde nämlich

noch von Zügen durchfahren, aber

dazu später. Zuvor hatte man sich

die neuen Bahnhofsanlagen besehen

und brachte nun bei vielen schönen

Reden „den alten Bahnhof zur

Ru he“, wie es der preußische Minister

für öffentliche Arbeiten, Thielen, ausdrückte. Nach dem Mahl

verließ die Runde eilig den Bahnhof, denn es lockte noch eine

Abendfahrt in See mit dem neuen Postdampfer „Prinz Sigis­

mund“. Das Schiff hatte tags zuvor seine Einweihungsfahrt nach

Son derburg unternommen und verstärkte von nun an die Post­

dampferlinie Kiel–Korsør.

Der neue Bahnhof begann seinen Dienst unspektakulär. Kai ser­

wetter herrschte nicht gerade an diesem 1. Juni 1899, einem

Donnerstag. Der Himmel war

bewölkt, und es war für die Jah reszeit

mit etwa fünfzehn Grad Celsius

ziemlich kühl. Der Kaiser war beilei­

be nicht wegen des Bahn hofs gekom­

men. Nein, den Vormit tag verbrach­

te er beim Stapellauf eines neuen

Pan zerschiffs, dann zog er sich auf

seine Jacht zurück, um erst gegen

fünf Uhr nachmittags an der

Jensenbrücke einzutreffen. Da hatte

der neue Hauptbahnhof fast schon

einen ganzen Tag hinter sich. Nur

kurz besah Wilhelm II. die An lagen, be grüßte einige Ehren gäste,

nahm wie üblich ein paar vieltausendstimmige Hochrufe entge­

gen und dampfte ab nach Berlin. Kiel hat te seinen neuen

Der alte Bahnhof an der Klinke auf einer Zeichnung. In dieser Form ist der Bahnhof jedoch nie gebaut worden, die Türme wurden wahrscheinlich aus Kostengründen gestri-chen.Lithographie, Archiv der Landesbibliothek, Kiel.

Phototermin zur Eröffnung des neuen Bahnhofs am 31. Mai 1899. In der großen Halle des Empfangsgebäudes gaben sich Kieler Prominenz und preußische Politik die Ehre. Zu den Gästen gehörten Eisenbahn-Präsident Jungnickel (Präsident der Eisenbahndirektion Altona), Staatsminister Thielen (preuß. Minister für öffentliche Arbeiten), Geheimrat Sartori (Vorsitzender der Kieler Handels kammer), Oberlandesgerichtspräsident Beseler, Oberbaudirektor Schröder, Präsident des kaiserlichen Kanalamts Loewe, Landesdirektor von Graba, Paul Fuß, Oberbürgermeister der Stadt Kiel u. a.

Im Hintergrund rechts die Öffnung in der Hauptfassade des Empfangsgebäudes, durch das noch bis 1902 die Züge zum alten Bahnhof an der Klinke fuhren.Photographie, 1899. Stadtarchiv, Kiel.

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Bahnhof.

Der alte Bahnhof, fertiggestellt 1846, stand nun schon 53 Jahre

an der Klinke, jener Straße, die die Vorstadt mit dem Sophien­

blatt verband. Sein Empfangsgebäude öffneten sich dem Reisen­

den in Längsrichtung zum Sophienblatt hin. Gegenüber lag

da mals noch der Ziegelteich, erst später zugeschüttet.

Der Bahnhofsstandort war das Ergebnis eines klassischen Kom­

promisses: Die Eisen bahn gesellschaft Kiel–Altona wollte die

Strec ke an der St. Jürgen­Kape lle enden lassen. Dann hätte der

Bahnhof schon ungefähr an der Stelle des Neubaus von 1899

gestanden. Die Bewohner der Altstadt, damals noch der größere

Teil der Stadtbevölkerung, protestierten scharf. Dann müßten sie

ja viel zu weit aus der Stadt hinauslaufen, das sei nicht zuzumu­

ten. Viel besser sei es doch, den Bahnhof vor dem Pfaffentor zu

er rich ten. Dann hätte er ungefähr an der Stelle des heutigen

Kaufhauses C&A direkt vor dem Bootshafen gestanden, ideal für

den Fracht verkehr zum Hafen, doch für die Bahngesellschaft ein

zu schwieriges Gelände. Also einigte man sich auf die Mitte, auf

die Stelle an der Klinke. Die Eisen bahn von Altona allerdings, die

Christian VIII. Ostsee bahn, war schon seit 1844 in Betrieb. Über

ein Jahr lang fuhren die Züge den sogenannten Interims bahnhof

an, weit vor der Stadt, in Höhe der Marthastraße, also jenseits der

heutigen Gablenz brücke, die freilich erst 1910 erbaut worden ist.

Ein unvertretbar langer Fußmarsch!

Vor dem Bahnhofsgebäude ging noch das Gleis zum Hafen in

Be trieb. Die Stadt versprach sich viel von der neuen Hafenbahn,

die mit hohem Aufwand gebaut wurde. Das Gleis zweigte ganz

kurz vor dem Bahnhof ostwärts ab auf die Kaistraße und führte

dann nordwärts, über eine Dreh brücke über den Boots hafen. Am

alten Wall gab es wegen der Enge eine Wagen drehscheibe, mit der

die Wagen auf das Hafengleis umgesetzt wurden. Das tiefe

Gelände niveau erforderte teure Auf schü t tun gen für das geneigte

Hafen gleis. Der Bahnhof lag 18 Fuß über dem Normalwasserstand,

das Hafen gelände jedoch nur sechs Fuß. Zwölf Fuß waren also

auf kurzer Distanz zu überwinden. Die Stadt steuerte damals

8.000 Speziestaler bei. Aber dafür bekam Kiel mit der Eisenbahn

und der Postdampferlinie Kiel–Korsør (seit 1819) ja auch die

schnellste Verbindung zwischen Mitteleuropa und Skandinavien

Der alte Bahnhof an der Klinke mit Bahnhofsvorplatz und dem Ziegelteich, welcher 1866 zugeschüttet wurde.Im Hintergrund die Nicolaikirche am Alten Markt und der Brauer’sche Speicher, welcher 1871 abgerissen wurde. An gleicher Stelle wurde 1872 das Hotel ‘Germania’ errichtet.Photographie. Stadtarchiv, Kiel.

Der BahNhof vor Dem BahNhof

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und einen leistungsfähigen Hafenanschluß dazu.

Kiel hätte noch viele Jahre wie eine mittlere Landstadt weiterexi­

stieren können. Doch 1863 kam es zum Konflikt mit Dänemark.

Die dänische Regierung hatte im März beschlossen, die Gesamt­

staatsver fassung für Hol stein und

Lauenburg zu beseitigen und Schles­

wig zu einem Teil des dänischen

König reiches zu machen. Das war

der An laß für den Deut schen Bund,

zur Wahrung seiner Rechte das

Militär in Bewegung zu setzen. Am

29. De zem ber 1863 marschierten

preußi sche und österreichische Trup­

pen in Kiel ein. Nach den Kämpfen

des Win ters 1863/1864 ver zichtete

Dänemark im Frieden von Wien auf

Schleswig, Holstein und Lauenburg. Die Herzogtümer wurden in

drei Besatzungs zonen eingeteilt. Preußen verwaltete Schles wig

und Lauenburg, Österreich besetzte Holstein. Kiel, an der Grenze

zwischen Schles wig und Holstein gelegen, wurde zunächst

gemeinsam besetzt. Man einigte sich im September 1865, die

Stadt zu teilen. „Die Stadt Kiel wird in einen östlichen und einen

westlichen Be zirk geteilt. Die Grenze bilden die Chaussee von

Neumünster, Sophien blatt, Klinke,

Vorstadt, Hol sten straße,

Schloßstraße, Kattenstra ße bis zur

Wasser­Allee“, heißt es in dem dazu

aufgestellten Protokoll. Preu ßen

be kam den östlichen Teil und damit

den Hafen und den Bahnhof. Im

Ha fen lag bereits ein Teil der preu­

ßischen Kriegsflotte, denn die Verle­

gung der Marine station von Danzig

nach Kiel war schon beschlossene

Sache. Sofort begannen die Preußen,

sich häuslich einzurichten. Als die Österreicher im Krieg 1866

vertrieben waren, hatten die Preußen schon über tausend Mann

Marine in Kiel. Unverzüglich begannen sie mit dem Ausbau des

Ausschnitt der „Karte von der Stadt Kiel“, gemessen, gezeichnet und herausgegeben von Thalbitzer, 1853.Vervielfältigt mit Genehmigung der Landeshauptstadt Kiel, Stadtvermessungsamt.

Die preUSSeN KommeN

Gleisanlagen und Bahnhofshalle an der Klinke.Postkarte, ca. 1850. Archiv der Landesbibliothek, Kiel.

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Kriegshafens. Damit war Kiels Schicksal entschieden.

Die alten Kieler und insbesondere die Kieler Intelligenz standen

den neuen Herren zunächst sehr reserviert gegenüber. Sie standen

auf der Seite Fried richs III., des Her zogs von Schles wig­Holstein­

Son der burg­Augusten burg. Der

Herzog hoffte 1864 noch, er könne

die Lan desherrschaft übernehmen,

und reiste nach Kiel, wo er sich im

Bahn hofs­Hotel einquartierte, um

seine Ansprüche geltend zu machen.

Die Schleswig­Holsteiner hatten ihn

schon anerkannt, doch er blieb Epi­

sode. Bismarck überging ihn einfach.

Thronanspruch hin oder her. Die

Schleswig­Holsteiner waren natür­

lich beleidigt. Doch die strahlende Größe des Reiches seit 1871,

der neue, selbst bewußte Geist in Deutschland ließen die Skeptiker

bald verstummen. Kiel hatte zwar durch die Tren nung von

Dänemark seine alten Ver kehrs verbindungen nach Norden ver­

loren und damit auch einen großen Teil seines traditionellen

Handels ge bie tes. Doch das wur de durch die neuen Herren und

ihre Rüstungspolitik mehr als wettgemacht.

Von nun an ging es rasend schnell. Jedes neue Flotten bau pro­

gramm brachte mehr Arbeit für die

Werften, mehr Arbeiter nach Kiel,

mehr Verkehr, mehr Bau, noch mehr

Ver kehr. Kiel ging völlig aus dem

Leim. In den dreißig Jahren von

1860 bis 1890 verfünffachte sich die

Ein woh ner zahl. Kiel war zeitweise

die am schnellsten wachsende Stadt

im Reich. Zeitgenossen sprachen von

geradezu amerikanischer Geschwin­

digkeit. Mit allen Folgen: Noch heu­

t e zeigen uns Straßenzüge in Kiel­Süd, wie etwa die Harriesstraße,

in welch unorganischer, hastiger Weise die Viertel nach einander

aus dem Boden ge stampft wurden.

Doch Krisen blieben nicht aus, schon vor dem Ersten Weltkrieg.

Blick auf die Westseite des Sophienblatts in Richtung Klinke. Rechts am Bildrand der alte Bahnhof um die Jahrhundertwende. Postkarte, datiert 1903. Stadtarchiv, Kiel.

Alter Bahnhof mit Hotel Germania, errichtet 1872.Postkarte, ca. 1900. Archiv der Landesbibliothek, Kiel.

NeUe GröSSe, NeUer GeiSt

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War ein Abschnitt im Flottenbau ab geschlossen, stagnierte die

Ein wohnerzahl, der Güterverkehr ging zurück. Zu sehr war Kiel

aus schließlich von Militär und Marine schiffbau abhängig. Das

Militär dominierte auch in der

Be völkerung immer deutlicher: Die

Zahl der zivilen Einwohner Kiels

hatte 1914 einen Stand von 190.822

erreicht, die Zahl der Soldaten ihren

Höchst stand 1913 mit 33.211.

17,4% aller Kieler waren Soldaten,

beinahe jeder fünfte. Die se ungesun­

de Entwicklung sollte sich noch

rächen.

Der alte Bahn hof war für ein Städt­

chen von 13.000 Bewohnern ge plant.

Ein wenig Gü ter verkehr für den

Hafen sollte hier mit abgewik kelt

werden. Eisen bahn anschluß nur aus

einer Rich tung sollte er aufnehmen.

Nun aber platzte er aus allen Nähten. Denn inzwischen waren die

Strecken nach Asche berg–Eutin –Lü beck (seit 1866) und nach

Eckernför de–Flensburg (seit 1881) dazugekommen. Im Jahre

1883 wurde die Eisenbahnlinie Kiel–Altona verstaatlicht. Der

preußische Staat hielt es aus verschiedenen Gründen für notwen­

dig, die Eisenbahnen in seiner Hand zu vereinen. Zum einen war

so die Finanzierung sichergestellt und der Bestand auch der

defizitären Strecken gesichert. Dann hoffte man weiterem, plan­

losen Wildwuchs von neuen Bahnen zu begegnen. Nur eine

Der alte Bahnhof an der Klinke ca. 1903. Das linke Gebäude war das Empfangsgebäude und führte zum Bahnsteig. Das rechte Gebäude beherbergte das Bahnhofshotel. Im Hintergrund rechts der neue Bahnhof. Das Foto zeigt den Ostflügel mit der unfertigen Front, die den Blick auf die Bahnsteighalle freigibt.Postkarte. Archiv der Landesbibliothek, Kiel.

1773 6.0001860 17.5001867 24.0001890 86.0001904 120.0001910 212.0001918 243.0001922 204.000

1933 218.0001942 306.0001945 143.0001961 273.0001970 274.0001980 250.0001987 237.0001999 234.000

Einwohnerzahlen der Stadt Kiel

Einwohnerzahlen der Stadt Kiel. Mit Errichtung der Werften in Kiel stieg die Einwohnerzahl drastisch an, Einbrüche dagegen sind jeweils nach den Kriegen zu verzeichnen. Grafik: R. Müller.

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Staatsbahn versprach für die Landesverteidigung in geeigneter

Weise zur Verfügung zu stehen. Für Schleswig­Holstein hatte die

Ver staat lichung die Folge, daß die

Königlich preußische Eisenbahn­

Verwaltung ein ordentliches Bahn­

netz im Lande aufbaute. Natürlich

hatte sich in den Jahren des ungezü­

gelten Wachstums auch das Stadtbild

radikal verändert. Das bebaute Stadt­

gebiet hatte sich besonders nach

Sü den und auf das Ostufer ausgewei­

tet. Demgegenüber war die Einwoh­

ner zahl der Altstadt gesunken, typi­

sches Kennzeichen der be ginnenden

City bildung: Der Stadt kern erhielt

vor allem Handels­ und Verwal tungs­

funktion, der Wohn bereich wanderte

nach außen. Der alte Bahn hof lag

zwar dicht am Stadthafen, jedoch

waren die Gleis anlagen immer mehr zum Hindernis für den

Verkehr geworden. Sie bildeten einen Riegel, der die Wohn­

gebiete im Süd westen von den Werf ten in Gaarden abschnitt und

jeden, der um die Hörn zwischen West­ und Ostufer verkehren

wollte, zu großen Umwegen zwang. Unter den Gleisen führten

nur zwei Wege hindurch, die Ring­

straße und die Hafen gasse, letztere

zudem nur als Fußweg. Die Stadt

hoffte, im Rah men des Bahnhofs­

neu baues endlich auch dieses

Problem zu lösen.

Im Dezember 1881 machte sich eine

Abordnung der Stadt in Kiel auf

nach Berlin und wurde bei verschie­

denen preußischen Ministern vor­

stellig. Man äußerte den dringenden

Wunsch nach einem Bahnhofs neu­

bau und begab sich wieder heim.

Doch fast sechs Jahre lang geschah

weiter nichts. Wahrscheinlich woll­

ten die preußischen Behörden

zu nächst das Er geb nis der Verstaat­

lichungsaktion abwarten, bis sie in ihre neu gewonnenen Eisen­

bahnen in größerem Maß stab investierten.

‘Hôtel Europäischer Hof ‘gegenüber dem Bahnhof.Postkarte, ca. 1900. Archiv der Landesbibliothek, Kiel.

Sophienblatt mit Kirche St. Jürgen. Rechts ‘Hôtel Europäischer Hof ’ um 1906.Postkarte, Archiv der Landesbibliothek, Kiel.

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Im Juli 1889 begann die heiße Phase der Pla nung. Zwei

Projektentwürfe wurden öffentlich ausgelegt. Vertreter des

Regierungspräsidenten, der Stadt und der Eisenbahndirektion

Altona verhandelten ausführlich über

die Entwürfe.

Der erste Entwurf sah vor, den neuen

Bahnhof an der Stelle des alten zu

errichten, nur wenige Meter nach

Süden versetzt. Das Elegante dieses

Entwurfes war, daß der gesamte Bau

einschließ lich des zuführenden Bahn­

dammes bis hinter das Ende der Hörn

als Hochbahn errichtet werden soll­

te, wie wir sie aus Hamburg oder

Berlin kennen. Damit wären die Ver­

kehrs probleme zum Ost ufer und zum Hafen hin mit einem

Schla ge gelöst gewesen. Man hätte nur für Friedrichstraße, Ler­

chen straße, Ringstraße und Gaar dener Straße jeweils Unter­

führungen anlegen müssen. Doch das Projekt war der Eisenbahn­

direktion schlicht viel zu teuer. Angesichts dieser Wei ge rung fiel

den Stadtverordneten die Entscheidung leicht, für das zweite

Projekt zu stimmen, das sogenannte Lerchen stra ßen projekt. Das

Ergebnis dieser Pla nung sehen wir

noch heute vor uns. Es ist der jetzige

Haupt bahnhof.

So selbstverständlich war dies aber

den Zeitgenossen nicht. Anfang der

neunziger Jahre, also kurz nach der

Entscheidung von 1889 legte der

Ingenieur Kayerer einen weiteren

Plan vor. Auch dieser hätte das Hörn­

Verkehrsproblem völlig gelöst, noch

dazu ohne aufwendige Hoch bahn.

Der Bahnhof sollte nach Kaye rers

Vision nach Westen rücken, an die Strecke nach Eckernförde. Es

sollte wieder ein Kopf bahnhof werden, dessen Empfangs gebäude

neben dem Schreven teich hätte stehen sollen, etwa auf dem

Grund stück des heutigen Heizkraftwerks. Man stelle sich die

Die drei Alternativen für den Standort des neuen Bahnhofs.Ausschnitt des „Neuesten Plan der Stadt Kiel…“, 1903. Das gestrichelte Straßennetz entspricht weitgehend der Planung von Joseph Stübben von 1896.Vervielfältigt mit Genehmigung der Landeshauptstadt Kiel, Stadtvermessungsamt. Ergänzende Grafik: R. Müller

wohiN SoLL Der NeUe?

Grundriß des Empfangsgebäudes nach einem Entwurf des Stadtbaurates Schwartz. 1886, Stadtarchiv, Kiel.

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Auswirkungen auf das Stadtbild vor! Kiel hätte ein völlig anderes

Gesicht bekommen: die große Liegewiese im Schre ven park –

Bahnsteige, Gleise, Weichen. Der Professor­Peters­Platz – ein

Ran gierbahnhof. Der Knooper Weg hätte dann die Funktion

eines Bahn hofszubringers übernom­

men. Zugegeben, ein reizvoller Ent­

wurf, denn es hätte so bald keine

Platz probleme gegeben, jedenfalls

nicht für die Eisenbahn. Und die

Stadt hätte große Verkehrsflächen in

direkter Hafennähe gewonnen. Doch

die Ratsversammlung lehnte ab.

Daraufhin lief Ingenieur Kayerer

nochmals zur Höchstform auf und

präsentierte einen weiteren Entwurf:

Der Bahnhof sollte – wenn schon,

dann aber richtig – noch weiter nach

Süden herausgezogen werden, hinter

die heutige Gablenzbrücke. Auch

hier wäre das Verkehrsproblem gelöst gewesen. Der Bahnhof

hätte freilich ein gutes Stück vom Stadt kern entfernt ge stan den.

Trotzdem: Aus heutiger Sicht vertreten viele die Ansicht, wenn

man diesen Entwurf weiterentwickelt hätte, so daß der neue

Bahnhof eine Durchgangsstation geworden wäre, dann wäre das

Optimum erreicht gewesen. Alle Strecken, auch die später erbau­

ten, hätten sich bequem dort treffen können, und man hätte die

Züge etwa von Altona nach Flensburg gleich durchlaufen lassen

können. Stadt und Eisenbahndirektion blieben beim Lerchen­

straßenprojekt.

Doch noch stand der alte Bahnhof, und er erfüllte nach wie vor

Montage nach Blaupausen der Entwürfe zum neuen Kieler Bahnhof. Links oben die östliche Fassade mit Kaiserportal, rechts daneben die Frontansicht mit Haupteingang.Reproduktion von Blaupausen, 1896. Stadtarchiv, Kiel.

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seinen Zweck. Noch bei der Eröffnungsfeier des neuen

Hauptbahnhofes erinnerte der Präsident der Eisenbahndirektion

Altona, Jungnickel, an die zurückliegenden Jahre. Die Kieler

Zeitung faßte seine Sätze so zusam­

men: „Der Redner glaubt undankbar

zu sein, wenn er dem alten Bahnhof

nicht auch einige Worte widmen

wollte, und ruft die Kanalfeier des

Jahres 1895 in’s Gedächtniß, wäh­

rend welcher der Bahnhof und

besonders auch das Empfangs­

gebäude in kritischen Tagen sich gut

bewährt habe.“ 1887 war der Bau

des Nord­Ostsee­Kanals begonnen

worden, noch unter dem 90­jährigen

Wilhelm I. Acht Jahre lang waren tausende von Arbeitern hier

beschäftigt. Nach dem Ende des Kanalbaus verließen viele Kiel

wieder. Im Juni 1895 reiste Kaiser Wilhelm II. mit großem

Gefolge zur Eröffnung an. Flot tenabordnungen aus vielen

Ländern ankerten in der Förde, und tausende von Besuchern

waren angereist, natürlich mit der Bahn über den alten Kieler

Bahnhof. Es war wohl angesicht dieser Men schen massen nicht

übertrieben, wenn Präsident

Jungnickel später von „kritischen

Tagen“ sprach.

Der neue Kanal, so wichtig er auch

für die Handelsschiffahrt werden

sollte, war grundsätzlich ein Militär­

projekt. Der Stadt Kiel hat er wenig

gebracht. In den Jahren nach dem

Kanalbau ging die ohnehin schon

kleine Kieler Handelsflotte noch

weiter zurück. Das wenige an Güter­

umschlag vom Schiff auf die Bahn

schwand ebenfalls, denn die Schiffe konnten jetzt ungehindert die

Nordsee erreichen. So wurde ein ziviler Zweig der Kieler

Wirtschaft geschädigt, und die Stadt war noch mehr als vorher

dem Militär ausgeliefert.

Abbruch des alten Bahnhofs.Photographie, 1902. Archiv der Landesbibliothek, Kiel.

Ehrenpforte zur Begrüßung des Kaisers Wilhelm II. bei seinem Kieler Besuch im Jahre 1888.Photographie, 1888. Foto-Renard, Kiel.

Letzter GLaNz

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Der neue Bahnhof im Bau. Rechts im Bild ein Zug, der die unfertige Fassade zum alten Bahnhof durchfährt.Postkarte, datiert 1899. Archiv der Landesbibliothek, Kiel.

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Im Jahr der Kanaleröffnung begann dann endlich auch der

Bahnhofsneubau. Am 6. Juni 1892 hatte der preußische Landtag

das Gesetz zum Bau beschlossen. Daraufhin begannen die Ver­

handlungen der Stadt mit der Eisen bahndirektion über die

Kosten vertei lung. Brunnen anlagen im Gelände einschnitt für den

Bahndamm mußten verlegt werden,

und der neue Schienenweg schnitt

die Ring straße jetzt vom Hafen ab.

Dafür sollte die Bahn eine Fuß­

gänger unterführung einrichten. Die­

ser Tun nel ist tatsächlich gebaut und

erst Ende der achtziger Jahre zuge­

mauert worden, seit das Erlebnis­

zentrum „CAP“ den wasserseitigen

Ausgang versperrt. Ein Ersatz für die

eingezogene Ringstraße ist seitdem

die bis zum Wasser verlängerte Lerchen straße; dieser Abschnitt,

zwischen Hauptbahnhof und Bus bahn hof, heißt heute Raiff­

eisen straße. Die Kosten teilten sich beide Seiten so, daß die

Eisenbahn die Ringstraßenunterführung errichten, das Gelände

für Bahn hofs vorplatz und Lerchenstraße der Stadt übereignen

und herrichten und nicht zuletzt die Umbauten an den städti­

schen Brunnen anlagen bezahlen sollte. Im Gegenzuge übernahm

die Stadt die dauernde Pflege der Lerchen straße, des Bahnhofs­

vorplatzes und der Unterführung. Weitere Aufgabe der Stadt war

es, der Bahn die Grund stücke zu verkaufen, die für den Bahn­

hofsbau zusätzlich erforderlich waren.

Grundsätzlich blieb die Bahnstrecke

auf dem Gelände des alten Bahn­

dam mes, doch brauch te es für die

Bahnhofsgebäude und das Rangier­

feld wesentlich mehr Platz als vorher.

Mit 25 Mark für den Quadratmeter

war dabei ein vormaliges Lager­

gelände an der Kaistraße das teuer­

ste.

Das Hauptproblem für die Stadt Kiel

blieb allerdings bestehen: Nachdem

die Ringstraße fortgefallen war, lag die erste Verbin dung zwischen

Stadt und Hafen jetzt noch nördlicher. Alles, was zum Hafen oder

aufs Ostufer wollte, mußte entweder durch den Tunnel oder um

den Bahnhof herum. Doch dort lag während der Bauzeit außer­

dem noch das Gleis zum alten Bahnhof, der Fahrbetrieb dorthin

ging ja unvermindert weiter.

Kolorierte Architektenzeichnung des neuen Empfangsgebäudes.Postkarte, datiert 1902. Archiv der Landesbibliothek, Kiel.

Das Stadtkloster von der Bahnsteighalle aus gesehen.Photographie, 1900. Archiv der Landesbibliothek, Kiel.

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Am 4. September 1895, der Trubel um die Kanalfeier und die

darauf folgende Kieler Woche hatte sich endlich gelegt, geneh­

migte das preu ßische Ministerium für öffentliche Arbeiten den

Bauplan und übertrug dem Eisen­

bahn­Bauinspektor Bur gund die

Bau leitung. In knapp vier Jahren war

der erste Bauabschnitt fertig und

wurde am 1. Juni 1899 in Betrieb

genommen. Der Bau war eine

be triebstechnische Meister leistung,

da der Bahnverkehr unvermindert

mitten durch die Baustelle zum alten

Bahnhof lief. Leider sind aus der

Bauzeit kaum Bilder erhalten. Nur

ganz selten gewinnen wir einen Blick

in das laufende Baugeschehen. Die Gruppen aufnah me von der

Eröffnungsveranstaltung etwa zeigt die noch unfertige Ost seite

des Empfangsgebäudes vom Inneren der Bahnsteighalle aus.

1899 ging der Bahnhof zwar in Betrieb, aber es sollte bis 1911

dauern, bis er im vollen Umfang fertiggestellt war. Zur Eröffnung

1899 war in der Kieler Zeitung bereits eine große Beschreibung

und kritische Würdigung des Neubaus erschienen. Dort hieß es:

„Manches, was heute beengt und

unpraktisch erscheint, wird nach der

endgültigen Vollendung des Baues

geräumigen und bequemen Anlagen

gewichen sein; und wenn in nicht zu

ferner Zeit die letzte Hand an das

Gebäude gelegt sein wird, so wird

sich Kiel im Besitz eines Bahnhofs

befinden, dessen innere Anlagen

inbezug auf rationelle und übersicht­

liche Vertheilung aller Räumlich­

keiten keinerlei moderne Ansprüche

unbefriedigt lassen dürften.“ Bis dahin war allerdings noch ein

gutes Stück Wegs zu gehen. Sofort nach Inbetriebnahme wurde

der noch fehlende Gebäudetrakt zwischen dem Hauptportal und

dem fördeseitigen Ostflügel mit dem Kaiserportal in Angriff

Empfangsgebäude und Bahnhofsvorplatz.Postkarte, 1906. Archiv der Landesbibliothek, Kiel.

Blick über die Gleisanlagen und das Hafenvorfeld.Photographie, ca. 1910. Stadtarchiv, Kiel.

BaUSteLLe mit BahNaNSChLUSS

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genommen. Ein gutes halbes Jahr später, am 20. Januar 1900,

konnte das ganze Gebäude seiner Bestimmung übergeben wer­

den. Nur die Einrichtung der Fürstenzimmer im Ostflügel dauer­

te noch bis zum 14. Juni 1900. Am 24. November 1900 kam

Seine Majestät wiederum nach Kiel, um die Räume einzuweihen.

Der Bahnhof hatte nunmehr alle erforderlichen

Funktionsräume.

Fassade und Innengestaltung folgten

dem Zeitgeschmack. Das äußere

Er scheinungsbild war üppig, das auf­

strebende Mauerwerk in rotem Back­

stein ausgeführt, Gebäudeecken und

Fensterein fassungen in grauem Sand­

stein. Der Baustil war historistisch

und enthielt vor allem Ele mente aus

der barocken Formen sprache. Eine

riesige, halbrunde Fen sterfront do mi­

nierte die Nord fassade und ließ reichlich Tageslicht in die

Eingangs halle. Diese öffnete sich dem Ankommenden über eine

Trep penanlage zur Bahnsteighalle. Zwischen Eingangshalle und

Bahn steighalle war ein weiteres halbrundes Fenster, das in Glas

den preußischen Adler auf gelbem Grunde zeigte. Die Halle war

mit den Wappen schleswig­holsteinischer Städte und mit

Sinnbildern des Verkehrs bemalt. Zu ihren beiden Seiten lagen

die Wartesäle der Ersten und Zweiten Klasse links sowie der

Dritten und Vierten Klasse rechts. Geradeaus ging es auf die

Bahn steige. Von den heute sechs Gleisen gab es damals erst die

östlichen, Gleis 1 bis 4. Die Gleise 5 und 6 kamen erst später

hinzu, als die Bahnstrecke nach

Osterrönfeld/Rendsburg eröffnet

wurde. Der westliche Seiten flügel

umschloß die Ausgangshalle zum

Sophienblatt und enthielt das

Telegraphenbüro, weitere Dienst­

räume sowie die Wohnungen des

Stationsvorstehers und weiterer

Beamter. Im östlichen Seitenflügel,

in seiner Mitte das Kaiser portal,

lagen die Fürsten zimmer. Sie bestan­

den aus einem Empfangssaal, Räu men für den Kaiser, für die

Kaiserin und verschiedenen Neben zimmern. Ein breites Portal

verband diese Räume mit der großen Bahn steig halle. Mit

Eichenpaneel, Leder tapete und Kristallüster war der kaiserliche

Empfangssaal würdig ausgestattet. Den Für sten flügel krön te an

Bahnhofsvorplatz und Sophienblatt.Postkarte, ca. 1910. Stadtarchiv, Kiel.

Bahnhofsvorplatz von der Ostseite betrachtet. Rechts im Bild eine Straßenbahn der Gaardener Linie, seit dem 6. Februar 1901 in Betrieb.Die Strecke verlief vom Hauptbahnhof über Kaistraße, Gaardener Straße, Karlstal und Schulstraße bis zur Ecke Elisabethstraße/Augustenstraße.Postkarte, ca. 1906. Stadtarchiv, Kiel.

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seinem nördlichen Ende ein Treppenturm mit einer Zier kuppel,

von der man bei Anwesen heit des Regenten das kaiserliche

Banner wehen ließ.

Zu seinem endgültigen Ausbau zustand fehlten dem Bahnhof

immer noch zwei Gleise, der dritte Bogen der Bahnsteighalle

sowie die hintere Hälfte des West flügels. Bis 1904 hatte sich aller­

dings noch nichts getan, die

Reisenden begannen sich zu beschwe­

ren, da sich in der nach Westen hin

offenen Halle der Wind verfing und

den Aufenthalt auf den Bahnsteigen

sehr ungemütlich werden lassen

konnte. Auch für einen geordneten

Betrieb wurde der Bahn hof schon

wieder etwas eng. Seit dem Mai

1899, bereits einen Monat vor der

Eröff nung, hatte Kiel eine Schnell­

zugverbindung nach Berlin. In den

Kieler Bahnhof liefen nun die Strecken aus Altona, Asche berg,

Eckernförde und Schönberg ein. Die Strecke nach Rends burg

kam am 15. Oktober 1904 dazu. Schließlich hatte Kiel trotz sei­

ner 120.000 Einwohner im Jahre 1904 keinen weiteren Bahnhof.

Alle Reisenden mußten den Haupt bahnhof aufsuchen. Immerhin

fuhr seit 1881 eine Straßenbahn zunächst im Pferde betrieb, seit

1896 sogar elektrisch. Das machte es etwas erträglicher. Der folg­

lich nötige Ausbau des Bahnhofs begann 1907 mit der Räumung

des Geländes hinter dem Stadtkloster. Dort entstanden bis 1908

zunächst die beiden letzten Gleise mit ihren Bahn steigen sowie

der westliche Hallen bogen mit der

Wetterschutzwand. Im Jahr darauf

riß man das Stadt kloster ab. Auf dem

Grundstück liegt seitdem und bis

heute der Anbau des Bahnhofs­

Westflügels. Der ältere Teil des West­

flügels diente von da an vor allem zur

Gepäck aufbewahrung und für die

Auskunft. 1911 war alles fertig, und

der Bahnhof hatte seine heutige

Ausdehnung erreicht.

1909/1910 war auch endlich das

Problem des Ost ufer verkehrs ge löst: Die Gaardener Straße lief

von nun an von der Hummelwiese über eine Brücke, die heutige

Gablenz brücke, und dann am südlichen Hörnende vorbei über

einen absteigenden Fahrdamm zum Ostufer. Heute ist diese

Die Bahnsteighalle vor der Überdachung der Gleise 5 und 6, die 1908 in Betrieb genommen wurden.Postkarte, ca. 1910. Stadtarchiv, Kiel.

Luftbild der Kieler Innenstadt mit Hauptbahnhof und Innenförde. Mittig am oberen Bildrand die Kirche St. Nikolai, rechts daneben das Kieler Schloß. Mittig in der oberen Bildhälfte das Hotel Ger-ma nia an der Klinke, rechts daneben das Hauptpostamt. In der Bildmitte das Sophienblatt, am Bahnhofsvorplatz das Hansa-Hotel. Rechts unten die Kirche St. Jürgen mit rückwärtigem Friedhof.Photographie, ca. 1928. Stadtarchiv, Kiel.

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Der Bahnhof vom Wasser aus betrachtet.Photographie, ca. 1910. Stadtarchiv, Kiel.

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Brücke noch immer eine unverzichtbare Ost­West­Verbindung.

Kiel hatte nun einen recht imposanten Bahnhof. Leider fiel gegen

diesen städtebaulichen Glanzpunkt

das Umfeld noch erheblich ab. Hier

hatte es bisher keine zusammenhän­

gende städtebauliche Planung gege­

ben. Was bot sich dem jenigen, der

den Bahnhof verließ und auf das

Sophien blatt trat? Das Bild einer

Provinzkleinstadt, unvereinbar mit

dem Selbstverständnis, wie es der

Bahnhof ausstrahlte! Nun, da dieser

fertig war, bemühte die Stadt sich,

Investoren für repräsentative

Gebäude am Sophienblatt zu finden. Und sie hatte durchaus

Er folg: Das Hansa­Hotel am Bahn hofs vorplatz, der monumenta­

le Werk stein­Palast der Schleswig­Hols teinischen Landgesell­

schaft, der (alte) Sophienhof, ein weiteres reich geschmücktes

Haus an der Ecke Sophien blatt und Herzog­Friedrich­Straße und

der Er weiterungs bau des Thaulowmuseums sind Beispiele für das

neue, großstädtische Repräsen tations be dürf nis des Reichskriegs­

hafens. An der Südseite des Sophien­

platzes er setzte die St. Jürgen­Kirche

seit 1902 die abgebrochene Kapelle.

Seit dem Abbruch des Stadt klosters

stand sie frei und schloß den Platz

auf eindrucksvolle Weise ab.

In diesen Jahren errechneten kühne

Planer eine künftige Größe Kiels von

bis zu einer Million Einwohnern.

Das aber wäre sicher auch dann

unrealistisch gewesen, wenn der Erste

Weltkrieg nicht ausgebrochen wäre.

Wirtschaftlich denkenden Leu ten war dies klar. Kiels ungesunde

Wirtschaftsgrundlage, seine Abhän gigkeit von der Marine lagen

auch damals auf der Hand und sind oft mahnend in Erinnerung

gerufen worden, etwa von der Handelskam mer. Die optimisti­

eiNe GroSStaDt iNSzeNiert SiCh

Reges Treiben auf dem Bahnhofsvorplatz und Sophienblatt.Photographie, ca. 1907. Stadtarchiv, Kiel.

Hansa-Hotel am Bahnhofsvorplatz.Postkarte, ca. 1920. Archiv der Landesbibliothek, Kiel.

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schen Millionens chätzungen fanden zumindest an satz weise ihren

Weg in die Stadt planung. Für eine Stadt wie Kiel völlig überdi­

mensionierte Straßen zeugen noch heute davon. Man halte sich

Ausfallstraßen wie die Eckern förder

Straße vor Augen: Derartige Pisten

erwartet man eigentlich nur in

Städten wie Berlin. Bis zum Ersten

Weltkrieg verschwand auch die histo­

rische Be bauung der Alt stadt bis auf

wenige Reste. Nur selten protestierte

die Bevölkerung, wie etwa vor dem

Abriß des Schweffel hauses. Das statt­

liche und markante Haus an der

Ecke Vorstadt und Klin ke wurde

umgestoßen, weil die Stadt den

Straßenzug Holstenstraße – Vorstadt

verlängern wollte. Diese Maßnahme

ergab eine längere, eindrucksvollere

Sichtachse. Kiel hatte eben von alters

her kaum längere, gerade Straßen. Für eine moderne Stadt muß­

ten aber große Schneisen und breite Straßen auch in die Alt stadt

hinein. Was damals fortschrittlich schien, hat letztlich bis heute

aus Kiel eine ganz ungewöhnlich stark auto­ und straßendomi­

nierte Stadt gemacht. Aber vor 1914 war der Zukunftsglaube

noch ungebrochen. Kiel hatte Selbstbewußts ein. Der Bruder des

Kaisers, Prinz Heinrich, wohnte im Kieler Schloß, die Marine tat

ein Übriges. Immer neue, eindrucksvolle Bauten entstanden in

den Jahren bis 1914: Der Neumarkt, heute Rat hausplatz, mit

Sophienblatt mit Stadtkloster und Kirche St. Jürgen.Postkarte, 1927. Archiv der Landesbibliothek, Kiel.

Luftbild des Hauptbahnhofs mit Bahnhofsvorplatz.Photographie, 1928. Stadtarchiv, Kiel.

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dem Rat haus und dem Opernhaus ist neben dem Bahnhofsensemble

das augenfälligste Beispiel.

Mitten in diese sonnigen Jahre fielen am 28. Juni 1914 die nicht

nur für den österreichischen

Thronfolger Franz Ferdinand, son­

dern für das ganze alte Europa tödli­

chen Schüsse von Sarajevo. Wenige

Wochen später galt auch in Kiel das

Kriegsrecht. Das bedeutete zunächst

eine weitere Verstärkung der

Garnison und der Werften, also eine

weitere Zunahme der Bevölke rung.

Und für den Bahnhof? Vor allem

eine Zunahme der Militär transporte

von Soldaten und Fracht. Und je

länger der Krieg dauerte, umso knapper wurden Personal und

Be triebs mittel. Viele junge Eisenbah ner waren zum Krieg einge­

zogen worden, und viele kehrten nie zurück. Mit den Kriegsjahren

wuchs aber auch der Unmut der Bevölkerung.

Der Kaiser, der vor dem Kriege oft und gern nach Kiel gekom­

men war, ließ sich jetzt kaum noch sehen. Je schwieriger die

Kriegführung wurde, desto mehr zog er sich zurück und überließ

schließlich fast das ganze

Regierungsgeschäft der Obersten

Heeresleitung. Am 24. September

1918 um 9 Uhr morgens, nur sechs­

einhalb Wochen vor seiner

Abdankung und Flucht, traf der

Kaiser ein letztes Mal mit dem

Hofzug bei „Kaiserwetter“ in Kiel

und bei seiner geliebten Marine ein,

um durch seinen Auftritt die Moral

der Truppe noch einmal zu stärken.

Den Kaiser empfingen Prinz Hein­

rich und dessen Frau, der Herzog und die Herzogin von Sachsen­

Meiningen, Stationschef Admiral Bachmann, der Chef des

Admiral stabes, Admiral Scheer, Oberbürgermeister Lindemann

und andere am Hauptbahnhof. Die Gesellschaft verließ das

Umzug der Matrosen beim Ausbruch der Revolution.Photographie, Nov. 1918. Stadtarchiv, Kiel.

Ansprache von Gustav Noske an die U-Boot Mannschaften in Kiel.Photographie, 29. November 1918. Stadtarchiv, Kiel.

revoLUtioN!

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Gebäude wie üblich durch das Kaiserportal und begab sich zur

kaiserlichen Jacht. Wilhelms Ankunft war nicht besonders

bekanntgemacht worden, und trotzdem fanden sich viele

Schaulustige ein. Matrosen bildeten ein Ehrenspalier vom

Bahnhof zur Bahn hofsbrücke.

Fünf Wochen später brach die Revolution los. Nach Kiel kam am

1. November das III. Geschwader mit fünf Groß kampf schiffen

und mehr als 5.000 Mann Besatzung, darunter 47 in Wil helms­

haven verhaftete Rädels führer, die mit dem Tode zu rechnen

hatten. Welch explosive Mischung die Marineleitung da anrührte,

beschreibt der Historiker Wolfram Wette in der „Geschichte der

Stadt Kiel“ von 1991: „Im Novem ber 1918 waren dort etwa

50.000 Militärangehörige stationiert (im Bereich der gesamten

Ostsee station sogar 80.000). Die Anzahl der Kieler Erwerbs­

tätigen betrug zur gleichen Zeit etwa 100.000. Von ihnen waren

70% Arbeiter und nur 30% Ange stellte und Selbständige. Der

Anteil der Soldaten war also überdimensional hoch und derjenige

der Arbeiter ebenfalls. In dieser kriegsbedingten Bevölkerungs­

struktur lag eine der Voraussetzungen dafür, daß der Fun ken der

Revolution gerade in Kiel entfacht werden konnte.“

Als bei einer großen Kundgebung am Sonntag, dem 3. November

1918, sieben De mon stranten von Truppen des Orts kom man dan­

ten, Admiral Souchon, erschossen und weitere 29 verletzt wur­

den, war kein Halten mehr. Am 4. November lag die reale Macht

in den Händen der Soldaten und Arbeiter, am 5. November

begann der Generalstreik, und es gründete sich der erste Solda­

tenrat der Revolution.

In diesem Moment wurde wieder der Kieler Bahnhof zum

Zentrum des Geschehens. Denn am 4. November trafen aus

Berlin die Reichstags abgeordneten Gustav Noske (SPD) und

Conrad Hauß mann (Fort schrittspartei) mit dem Schnellzug ein.

Noske wurde am Hauptbahnhof von Hunderten Ma trosen begei­

stert empfangen. Die Menge zog zum Wilhelmplatz, wo Noske

bereits eine halbe Stunde nach seiner Ankunft eine mit großem

Beifall aufgenommene Ansprache hielt. Unter dessen hatten sich

Abord nungen der Kieler Matrosen schon – ebenfalls mit der

Eisenbahn – in alle Richtun gen aufgemacht, um die Revolution

im Reich zu verbreiten. Am 9. No vem ber mußte der Kaiser

abdanken, am 11. November unterzeichnete die Reich s re gierung

den Waffen still stand mit den West alliierten. Im gleichen Moment

sah sich wiederum die Eisenbahn vor einer ungeheuren Aufgabe.

Denn aus Kiel wie aus anderen Garnisonstädten drängten Zehn­

tausende demobilisierter Solda ten nach Hause, wo sie unbedingt

noch vor Weihnachten bei ihren Familien sein wollten. Eine

Die kaiserliche Flotte in der Kieler Förde, wenige Wochen vor der Revolution.Photographie, ca. August 1918. Stadtarchiv, Kiel.

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Reise welle durchflutete das Reich. Und Kiel wurde merklich klei­

ner.

Im Februar 1919, während des Sparta kusaufstandes, bekämpften

sich auch in Kiel bürgerliche und revolutionäre Kräfte bis aufs

Blut. Während die Spartakisten sich

mit den Soldaten zu verbünden, die

Massen zu mobilisieren und Waffen

zu bekommen versuchten, besetzten

die Bürgerlichen vor allem strategi­

sche Punkte, um die Stadt unter

Kontrolle zu behalten. So erhielt

auch der Haupt bahnhof eine Wache,

die den weiteren Zustrom von

Spartakisten verhindern sollte.

Die Jahre der Weimarer Republik

sahen wenige herausragende Ereig­

nisse, die sich mit dem Bahnhof

verbanden. Sicherlich, auch jetzt

noch trafen hohe Persönlichkeiten hier ein, wie etwa Reichs­

präsident Paul von Hinden burg 1929 zu Flotten manövern. Aber

der alte Glanz wollte sich nicht wieder einstellen. Wichtige Verän­

der un gen fanden aber unter der Ober fläche statt. Bis nach dem

Kriege gab es in Deutsch land immer noch die acht Länder bahn ­

ver wal tungen. Sie agierten völlig unabhängig voneinander, was

schon im Krieg zum Pro blem wurde. Jetzt hielt die Reichs ­

regierung den Zustand für ganz unhaltbar und kaufte den Län­

dern am 31. März 1920 ihre Bahnen

für insgesamt 39 Milliarden Mark

einfach ab. Der Betrag wurde wohl

noch nicht einmal ausbezahlt. Das

Reich gründete als Sonder vermögen

die Deutsche Reichsbahn Gesell­

schaft (DRG), die das gesamte Ver­

mögen und das Personal übernahm.

So wurde aus dem königlich preu­

ßischen der preußische und schließ­

lich der Reichsbahnhof Kiel.

Der Frieden und die Entwaffnungs­

bestimmungen hatten Kiel ins Mark

getroffen. Kaum noch Marine, kaum

noch Schiffbau, weniger Sol daten, weniger Bevölkerung, Arbeits­

losig keit – so kann man die Lage in wenige Worte fassen. Jetzt

rächte sich, daß der Aufbau einer Friedens industrie verschlampt

worden war. Fast alle Kieler Betriebe waren vom Militär abhängig

Sophienblatt mit Kirche St. Jürgen.Photographie um 1932. Stadtarchiv, Kiel.

Reichspräsident Paul von Hindenburg in Begleitung ranghoher Marineoffiziere anläßlich eines Flottenmanövers.Photographie, 1928. Stadtarchiv, Kiel.

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und gerieten nun in die Krise. Trotz des zurückgegangenen

Frachtaufkommens ging die DRG in den zwanziger Jahren daran,

endlich die Umgestaltung des Güter verkehrs zu verwirklichen,

ein Projekt, an dem seit 1912 gearbeitet wurde. Seit 1899 lief der

gesamte Kieler Güterverkehr über

den Kieler Bahnhof, der auch einen

Güter bahn hof umfaßte. Das

Besondere an diesem Güterbahnhof

war eine Laderampe, die es erlaubte,

Güterwagen von drei Seiten mit

schwerem Gerät zu befahren. Des­

halb kamen hier bis in die jüngere

Zeit alle Zirkus­ und Jahrmarkt­

wagen an.

Im Jahre 1925 ging am 15. Septem­

ber der Ver schiebe bahnhof Meimers­

dorf in Be trieb. Von nun an wurden

alle Güter züge für den ganzen Raum

Kiel hier empfangen und abgefertigt. Eigens hierfür gingen

gleichzeitig zwei Umfahr gleise in Betrieb, eines zum Abzweig

Schönberger Strand und eines nach Hassee. Diese Anlagen sind

auch heute noch in Betrieb. Dagegen kam das größte Vorhaben,

der Bau des Haupt güter bahnhofs am Tonberg, nicht recht von­

statten. Ebenfalls bereits vor dem Kriege geplant, hatte man es bis

1929 endlich geschafft, die zufüh ren den Gleise, Ladestraßen,

Schup pen fundamente (nicht die Schuppen selbst!) und

Verwaltungs gebäude zu errichten.

Sogar im preußischen Landtag

beschwerten sich die schleswig­hol­

steinischen Ab ge ordneten über die

schleppende Bauweise. Und es fehl­

ten ja noch Beleuchtung, Gleis waage,

Kran und andere Aus rüstung. Mit

größter Mühe wurden dann auch

hierfür die Mittel zusammengekratzt,

und am 6. Januar 1930 sollte der

Güter bahnhof endlich eröffnet wer­

den. Nun allerdings erhob die Stadt

Kiel arge Bedenken. Man sei kaum

in der Lage, bis zur Eröffnung die

erforderlichen Zu fahrt straßen herzurichten. Den bestehenden

Wegen sei der Last wagen verkehr nicht zuzumuten. Daraufhin

hob die Bahn direk tion den Eröffnungs beschluß auf, und der

Bahnhof ruhte bis 1939 ungenutzt vor sich hin, eine Investi­

Sophienblatt mit Bahnhofsvorplatz. Rechts das Hansa-Hotel.Postkarte, ca. 1937. Sammlung J. Branat, Kiel.

Der Bahnhofsvorplatz um 1937. Links das Hansa-Hotel. Auf dem Ostufer die Hallen der Krupp’schen Germania-Werft.Postkarte, ca. 1937. Archiv der Landesbibliothek, Kiel.

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tionsruine. Schließlich wurde er, wahr scheinlich 1939, doch noch

eröffnet.

Am 30. Januar 1933 ernannte der greise Reichspräsident Hinden­

burg Adolf Hitler zum Reichskanzler. Für die meisten Menschen

änderte sich damit zunächst einmal

wenig. Es waren ja immer nur relativ

wenige, denen es an den Kragen

ging. Wer davon nichts bemerken

wollte, mußte es auch nicht. Die

meisten verfuhren entweder nach der

Devise „Maul halten und unauffällig

bleiben!“ oder sie waren sowieso auf

der Seite der Nazis. Scheinbare

Erfolge blieben auch nicht aus.

Allmählich besserte sich für viele die

wirtschaftliche Lage, die seit der Welt wirt schafts krise 1929 völlig

am Boden gelegen hatte. „Hitler hat die Ar beits losen von der

Straße geholt“, das war für jeden sichtbar. Daß dahinter eine

haarsträubend unsolide Finanzpolitik und vor allem die Aufrüstung

zum Kriege standen, drängte sich demgegenüber nicht jedem

auf.

Kiel war seit 1935 wieder eine richtige Marinestadt. Seit der

Einführung der Wehrpflicht begann die Aufrüstung auch zur See

mit Macht. Die Werften hatten wie­

der zu tun, die Kasernen waren wie­

der voll, und die Einwohnerzahl

Kiels wuchs wieder schneller.

Schließlich bemächtigte sich die

nationalsozialistische Regie rung auch

der Kieler Woche als

Propagandainstrument. In kaiserli­

cher Zeit war die Kieler Woche ein

diplomatisches Ereignis erster Güte

gewesen, Wilhelm II. war jedesmal

in Kiel und segelte selbst. Verschie dene gekrönte Häupter,

Industrielle, Diplomaten, Politiker gaben sich ein Stelldichein.

Nach dem Ersten Welt krieg lag die Kieler Woche wie so vieles

darnieder. Die Stadt bemühte sich aber, sie, mit neuem Geist

Bahnsteighalle in den dreißiger Jahren.Photographie, ca. 1935. Sammlung Feldmeier, Klausdorf.

Antikisierender Torbogen vor dem Kaiserportal zu den Olympischen Segelwettbewerben vom 3. bis 12. August 1936 in Kiel.Photographie, 1936. F. Urbahns, Eutin.

mit voLLDampf iNS Dritte reiCh

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erfüllt, wieder auferstehen zu lassen. Bis 1933 waren bescheidene

Erfolge erzielt, die Veranstaltung hatte jetzt einen vor allem sport­

lichen Charakter. Ausländische Beteiligung war aber rar gewor­

den. 1934 und 1935 wurde die nun zentral von Berlin aus gelenk­

te Kieler Woche zu einer riesigen

Propagandaveranstaltung und diente

der Vorberei tung der Olympischen

Spiele 1936. Erstmals kamen wieder

höchste Repräsen tanten des Staates

– und jetzt auch der Partei – nach

Kiel. Allerdings, die Zeiten hatten

sich gewandelt. Für die Kieler Woche

hatte man eine Son derflugver bin­

dung mit Berlin eingerichtet, und

die Berühmtheiten reisten durch die

Luft an.

Die Olympischen Segelwettkämpfe

1936 fanden in Kiel statt. Die Stadt hatte sich prächtig herausge­

putzt. Vor dem Kaiserportal des Bahnhofs war ein im Stil der Zeit

antikisierender Torbogen aufgebaut worden, obenauf die Olym­

pi schen Ringe, links das Stadtwappen, rechts der Reichsadler, in

der Mitte die Aufschrift „Wir grüßen die Jugend der Welt“. Der

gesamte Propagandaapparat war aufgefahren: Massenszenen,

Feuerwerk, Scheinwerfer, Musik und Sport. Doch alles war nur

Kulisse, hinter der die Kriegsvorbereitung weiterging. Mit

Kriegsausbruch verschwanden Segeln und Kieler Woche von der

Förde.

Das letzte Mal war der Bahnhof am 22. August 1938 offiziell

festlich geschmückt worden. An diesem Tage reiste der ungarische

Reichsverweser Admiral Horthy zum Staatsbesuch an. Anlaß war

der Stapellauf des Schweren Kreuzers „Prinz Eugen“. Ein Jahr

Fahnenschmuck zum Besuch des ungarischen Reichsverwesers Horthy am 22. August 1938.Photographie, 1938. F. Urbahns, Eutin.

Bunkerbau am Sophienblatt im April 1942.Photographie, 1942. F. Urbahns, Eutin.

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darauf, am 1. September 1939, brach mit dem deutschen Überfall

auf Polen der Zweite Weltkrieg aus.

Der Zweite Weltkrieg endete für

Deutschland mit der totalen

Katastrophe. Das galt insbesondere

für die Eisenbahnen, gehörten sie

doch zu den kriegswichtigsten

Einrichtungen überhaupt. In

Schleswig­Holstein sind vor allem

die Bahnanlagen in Neumünster und

Kiel mehrfach schwer getroffen wor­

den. Der Knoten Neumünster war

sogar völlig zerstört. Schon bald nach

Kriegsbeginn war aber auch die akute

Gefahr für den Kieler Bahnhof klar.

Im Frühjahr 1942 wurde deshalb das Sophienblatt vor dem

Westausgang tief ausgeschachtet und ein Luftschutzbunker für

2.500 Menschen in die Erde gebaut. Dieser Bunker befindet sich

heute noch dort. Früheren Gerüchten zufolge sollte er unter

Wasser stehen. Doch tatsächlich ist er trocken, beleuchtet und als

Luftschutz raum möbliert. Ein Zugang befindet sich im

Untergeschoß des Bahnhofs­Westflügels. Im Rahmen der

Vermessungsarbeiten für den jetzigen Umbau ist er wieder einmal

begangen worden.

Bahnsteighalle 13.5.43. Bei einem Großangriff am 14.5.43 mit Hauptziel Gaarden wurde der Hauptbahnhof nochmals schwer beschädigt.Photographie 1943. Archiv Deutsche Bahn AG, Kiel.

am BoDeN zerStört

Truppentransporte ab Hauptbahnhof Kiel.Photographie 1942. Archiv Deutsche Bahn AG, Kiel.

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Empfangsgebäude und Bahnhofsvorplatz am 24. Juni 1946.Photographie 1946. Archiv Deutsche Bahn AG, Kiel.

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Doch dieser Bunker konnte natürlich die schweren Zerstörungen

am Bahnhofsgebäude nicht verhin­

dern. Bei Kriegsende war die Haupt­

fassade bis auf den großen Fenster­

bogen praktisch völlig zerstört, eben­

so der westliche Gebäudeflügel am

Sophienblatt. Die danebenstehende

St. Jürgen­Kirche war ebenfalls

schwer beschädigt. Sie wurde nach

dem Krieg notdürftig geflickt, um

dann in den fünfziger Jahren zusam­

men mit dem Friedhof der Verbrei­

terung des So phien blattes geopfert

zu werden. Die große Bahnsteighalle

war bis auf die Stahl kon struk tion

abgebrannt.

Am besten erhalten war noch der

Ostflügel auf der Hörn sei te. Die

Kaisertreppe vor dem Portal war

nahezu unbeschädigt. Von hier

sprach Mitte Mai 1946 der britische

Feldmarschall Montgo mery zu seinen Soldaten. Der Bahn ­

hofsbetrieb fand in dieser Zeit so weit es ging in der Ruine statt.

Der Wiederaufbau begann erst 1950.

Während die Bahn steig halle nur

repariert und neu eingedeckt zu wer­

den brauchte, mußten Süd­ und

Westflügel praktisch neu erbaut wer­

den. Hierbei gab es größere Verän­

derungen an der Fassade. Man ver­

zichtete, dem Zeitgeist folgend, auf

jeden Schmuck am Mauerwerk und

auf alle Kup peln, und führte statt­

dessen glat te Zie gelwände aus. Der

gesamte Bau bekam ein Flachdach.

Die halbrunden Fenster der beiden

Zwi schen bauten wichen hochrecht­

eckigen Fenstern, die über zwei

Stock werke gingen. Der Trep pen ­

turm mit der Kaiserkrone an der

nordöstlichen Ecke wurde nicht wie­

dererrichtet. Dafür be kam der

Ostflügel ein zu sätz liches Geschoß.

In den bisherigen Wartesaal Dritter und Vierter Klasse zog die

Querbahnsteig mit Verkaufspavillons am 21. Juni 1946.Das Photo von der Eröffnungsfeier am 31. Mai 1899 (Seite 10) zeigt einen ähnlichen Bildausschnitt – ebenfalls mit einem Loch in der Hauptfassade.Photographie 1946. Archiv Deutsche Bahn AG, Kiel.

Die Eingangshalle am 21. März 1946. Trotz der schweren Schäden ist die Ausstrahlung der Halle noch erkennbar.Photographie 1946. Archiv Deutsche Bahn AG, Kiel.

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Fahr kar ten ausgabe ein. Im Wartesaal der Ersten und Zweiten

Klasse eröffnete das Bahnhofsrestaurant.

Zu Weihnachten 1955 war der Wie deraufbau vollendet. Er hatte

dreieinhalb Millionen Mark geko­

stet.

Doch die Zeiten hatten sich geän­

dert. Der Bahnhof in Kiel, genauso

wie fast alle anderen Bahnhöfe,

erlangte bis heute nicht wieder die

Bedeutung als städtischer

Kristallisationspunkt, als Eingangstor

zur Stadt, wie er sie vor dem Krieg

besessen hatte.

Dem Fetisch Eisenbahn, diesem

Sym bol des Fortschritts, folgte ein

neues: das Auto. Als „Kathedralen des Fortschritts“ würden wir

heute die Bahnhöfe wohl nicht mehr bezeichnen. Nach dem

Krieg wurde die Bahn für lange Zeit sogar zum Stiefkind des

Fortschritts. Von der Politik lange im Stich gelassen, mußte sie

ihren Wiederaufbau aus eigenen Mitteln bezahlen. Außerdem

trug sie eine Reihe von außergewöhnlichen Kriegsfolgelasten,

zum Beispiel im Krieg er worbene Pensionsansprüche, für die sie

nicht oder nur unvollkommen ent­

schädigt wurde.

Mit der allgemeinen, politisch

gewollten Motorisierung brach dann

der Personenverkehr immer mehr

ein. In Zeiten des Wirt schaftswunders

begann auch „Otto

Normalverbraucher“ mit dem eige­

nen Wagen in den Sommer urlaub zu

reisen. Im Güterverkehr gab – und

gibt es noch heute – eine

Parallelentwicklung. Klassische Bahn­

güter wie Lebensmittel, Bier, die Post oder das gute, alte Stückgut

wurden der Bahn von der ständig sich vermehrenden Last­

wagenflotte Stück für Stück abgejagt. Massen güter wie Kohle, Erz

und Stahl fallen immer weniger an, weil die dahinterstehende

Arbeiter beim Eindecken der Bahnsteighallen.Photographie, 1952. Archiv der Deutschen Bahn AG, Kiel.

Baugerüste zum Wiederaufbau des Haupteingangs des Empfangsgebäudes.Photographie, 9. Dezember 1950. Archiv Deutsche Bahn AG, Kiel.

eiN NeUer fetiSCh

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Schwerindustrie bis heute schrumpft. Oder wer erinnert sich

noch der jährlichen Rübenkampagne, die traditionell fast gänz­

lich über die Schiene lief? Kurzum: Es kam zu jener Spirale aus

Schulden, Preis erhöhungen, Kundenverlust, noch mehr Schulden,

die schließlich die Bahnreform erzwang, beinahe zu spät. Daß die

politisch­finanzielle Vernachlässigung der Bahn auch das

Selbstbewußtsein und das öffentliche

Auftreten veränderte, liegt auf der

Hand.

Auch im Kieler Stadtbild verlor der

Bahnhof seine dominierende Posi­

tion. In den fünfziger Jahren wurde

das Sophienblatt verbreitert. Dafür

mußte die St. Jürgen­Kirche mit

ihrem Friedhof weichen. Seitdem hat

das Gebiet seine ruhige, platzartige

Lage verloren, und der Durchgangs­

verkehr rauscht am Bahnhof vorbei.

Sinnbild für die realen Kräfte verhältnisse.

Architektonisch wurde der Bahnhof ebenso unscheinbar. Dabei

war das Ergebnis des Wiederaufbaus zunächst recht eindrucksvoll.

Der große Fen ster bogen war ja erhalten und bekam wieder seine

Glasscheiben. Die ebenfalls erhaltene Stuckverzierung der

Seitenwände fiel der Neugestaltung allerdings zum Opfer. Die

Fen ster der beiden Trakte neben dem Hauptportal wurden sogar

noch vergrößert und zeigen sich uns seitdem als markante, hoch­

rechteckige, die Fassade bestimmende Elemente. Zusätzlich

erzielte eine üppige Bestückung mit Leuchtstoffröhren für eine

fast romantische Erscheinung des

Bahnhofs zur Nachtzeit. In den

Folgejahren allerdings fehlten viel­

fach die Mittel und auch das Gespür

dafür, daß Bahnhof und Umfeld

laufend modernisiert werden müs­

sen, um sich den wechselnden

Ansprüchen des Publikums immer

aufs Neue anzupassen.

Dennoch zeigten die damaligen

Planungen für den Bahnhofs vorplatz

eine recht mutige Experimen tier­

freude.

Haupt ziel war, den Raum vor dem Em pfangs ge bäude möglichst

intensiv als Park fläche zu nutzen. Ein Ent wurf sah z. B. vor, den

westlichen Bahnhofsvorplatz bis zum Haupt portal aufzuschütten.

Modell zum Wiederaufbau des Bahnhofs.Photographie 10. Januar 1950.Archiv Deutsche Bahn AG, Kiel.

Empfangsgebäude und Bahnhofvorplatz mit Taxistand.Photographie, 14. Oktober 1955. Archiv Deutsche Bahn AG, Kiel.

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Die Eingangs halle hätte dann im Bahnsteigniveau gelegen.

Treppen zur unteren Ebene wären auf den Vorplatz verlegt wor­

den, und das ganze Areal hätte als Park platz in zwei Ebenen und

groß zügiger Fußgängerbereich zur Ver fügung gestanden. Sogar

das Kaiserportal mit der Freitreppe

wäre dabei erhalten geblieben.

Die Nachkriegszeit ist auch in

Schleswig­Holstein und in Kiel von

Stillegungen gekennzeichnet gewe­

sen. Beginnend mit dem Haltepunkt

Levensau, wurden seit 1954 alle

Kieler Bahnhöfe für den Personen­

verkehr geschlossen außer dem

Haupt bahnhof. 1961 verschwand

die Strecke nach Segeberg, 1975 die

Bahn nach Schön berg. Vor einigen

Jahren gab die Bahn dann auch den Güter bahnhof Kiel West

vollständig auf. Er ist inzwischen abgerissen worden, und auch

die Zir kuswagen rampe gibt es nicht mehr. Allein das Gleis von

Hassee liegt noch verlassen da. Wenn es nicht bald für eines der

immer wieder aufkommenden, bisher nie verwirklichten

Stadtbahnpro jekte benutzt wird, ist es in Gefahr, auch bald abge­

baut zu werden.

Immerhin: Auch nach dem Zweiten Weltkrieg entstand die Kieler

Woche neu, und wieder wurde es zur guten Tradition, daß das

Staatsoberhaupt sie eröffnete. Bis vor wenigen Jahren sind alle

Bundespräsidenten hiergewesen. Erst

Richard von Weizsäcker hat davon

Abstand genommen. Noch Gustav

Heinemann reiste dazu mit dem Zug

an. Bis zu den Olympi schen Spielen

1972 war der Zug auch immer noch

das schnellste Verkehrsmittel von

Hamburg nach Kiel. Erst als zur

Olympiade die Auto bahn nach

Neumünster fertig wurde, än derte

sich das für einige Zeit. Inzwischen

hat angesichts des allgemeinen

Straßen­Verkehrsstaus die Bahn wieder die Nase vorn. Auch der

Bahnhof erfuhr in dieser Zeit bauliche Veränderungen. Auf dem

bis dahin leergebliebenen Trümmergrundstück nördlich des

Bahnhofsvorplatzes wurde damals das ZOB­Parkhaus als

Provisorium errichtet. Es steht heute noch. Der Bahnhof erhielt

bei dieser Gele genheit längere Bahnsteige für den Schnellzugbetrieb

Wartesaal der 2. Klasse. Photographie, 5. Mai 1959.Archiv Deutsche Bahn AG, Kiel.

Fahrkartenausgabe im ehemaligen Wartesaal der dritten Klasse. Photographie, 16. August 1958. Archiv Deutsche Bahn AG, Kiel.

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und eine blaue Stahl­Fußgängerbrücke zum ZOB. Diese

Konstruk tion, Provisiorium, wie gesagt, empfanden die meisten

allerdings als ästhetisch sehr unbefriedigend. Hinzu kam, daß

durch den Einzug einer

Zwischendecke die große

Eingangshalle stark in ihrer Wirkung

beeinträchtigt wurde.

Offizielle Politik der Stadt Kiel nach

dem Krieg war: nicht schön, sondern

schnell und zweckmäßig. Kiel mel­

dete als erste Groß stadt in

Deutschland „trümmerfrei“.

Bauschutt wurde geräumt, Frei­

flächen bebaut oder, wo dies nicht

sofort möglich war, pflanzten Schul kinder die heute fast ver­

schwundenen „Gayk­Wäldchen“. Die starke Zerstörung der

Innenstadt diente der Verwaltung aber auch als willkommene

Gelegenheit, nun endlich Licht und Luft in Kiels enge Straßen zu

bringen. Aus heutiger Sicht drängt sich der Eindruck auf, das

Motto sei gewesen: „Erst mal provisorisch ab rei ßen, dann sehen

wir weiter!“ Ganz so schlimm war es natürlich nicht geplant, doch

fielen der Abriß wut einige historische Gebäude zum Opfer. Mit

etwas Geduld und Ehrfurcht vor der

Geschichte hätte man vielleicht das

Thau low­Museum, die Universität,

das Schloß teilweise retten können.

In den achtziger Jahren kam die

Stadt dann endlich zur Sanierung der

noch immer teilweise kriegszerstör­

ten Bahnhofsgegend. Nach

großflächigem, von Protesten der

Einwohner begleitetem Abriß des

gesamten Areals zwischen Lerchen­

straße, Hopfenstraße, Sophienblatt und Herzog­Friedrich­Straße

steht dort seit 1988 das Einkaufszentrum Sophienhof. In diesem

Zusammen hang unternahmen Stadt und Bahn auch einen neuen

Anlauf, den Bahn hof stärker in den Fußgänger­ und

Einkaufsbereich einzubinden. Es entstanden die beiden Balkone

Der Bahnhofsvorplatz vor Errichtung des ZOBs.Photographie, ca. 1960. Magnussen, Stadtarchiv, Kiel.

Eingangshalle des Empfangsgebäudes.Photographie, ca. 1960. Magnussen, Stadtarchiv, Kiel.

NeUerLiCheS UmDeNKeN

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vor den Zwischenflügeln auf der Bahn hofs­Nordseite (in der

Stadtverwal tung scherzhaft als „Büstenhalter“ bezeichnet), ver­

bunden mit je einer neuen, überdachten Fußgängerbrücke zum

ZOB und zum Sophienhof. So konnte wenigstens der unglückli­

che, blaue Stahlbalkon direkt vor dem großen Fenster der

Eingangshalle verschwinden.

Unbefriedigend ist jedoch noch

immer das wabenförmige Ensemble

von Pavillons, vielleicht eher Buden

in der Querhalle, das noch immer

wie ein Notbehelf wirkt. Auch daß

der Bahnhof keinen deutlich erkenn­

baren Ausgang zur Wasserseite hat,

ist nach dem Bau des neuen

Fährterminals und der städtebaulich

äußerst effektvollen Hörnbrücke ein

Nachteil. Es gibt einen Ausgang, den

man aber nur als schmalen Durchschlupf mit einer verzinkten

Profilstahltreppe ausführte und den daher der Ortsfremde lange

suchen muß.

Die teilüberdachte Bushaltestellen anlage im Sophienblatt gehört

ebenfalls in diesen Maßnahmenkomplex, der das Bahnhofsvorfeld

zu einem Verkehrsknoten insbesondere für den Fußgängerverkehr

machen soll. Daß nahezu zeitgleich mit dem Sanierungsbeginn

die Kieler Straßenbahn abgeschafft wurde, wurde und wird inzwi­

schen auch von vielen Verantwortlichen bedauert. Kiel war eine

der letzten Städte, die die Renaissance der Straßenbahnen verpaß­

ten. Aber die entsprechenden

Planungen und Beschlüsse gingen

weiter zurück und waren schon 1984

angesichts der klammen Finanzlage

kaum noch mit vertretbarem

Aufwand zurückzudrehen.

Seit einigen Jahren ist der Bahnhof

nun endlich – zumindest für

Fußgänger – zum

„Durchgangsbahnhof“ geworden:

nach dem Abriß des Bahnpostamtes

auf der Hörnseite baute eine

Investoren gesellschaft dort das Kino­ und Gastronomiezentrum

„CAP“, das vom Sophienhof aus durch den Bahn hof zu erreichen

ist. Dieses Experiment, dessen Ergebnisse sicher lich noch

Möglichkeiten zur Optimierung aufzeigen, stellt aber den Anfang

eines neuen Weges dar: Der Bahnhof ist nicht länger nur ein

Busbahnhof am Sophienblatt.Photographie, 15. Januar 1989. J. Branat, Kiel.

Eingangshalle des EmpfanhsgebäudesPhotographie, ca. 1989. Archiv der Deutschen Bahn AG

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Verkehrsknoten, sondern er bietet Raum für Erlebnis und

Freizeitgestaltung auch für Nicht­Bahnkunden. Diesem neuen

Weg wird nun mit dem jetzt begonnenen Umbau auch der

Bahnhof folgen.

Bei der Bahnreform 1994 hat sich

die Deutsche Bahn AG gegründet.

Aus der Bundesbehörde wurde damit

ein privatwirtschaftlich arbeitendes

Unternehmen. Die DB

Station&Service, ein Teil der

Deutschen Bahn Gruppe befaßt sich

heute ausschließlich mit dem Bahn­

hofs betrieb. Den Reisen den nicht

mehr als Verwaltungs­ und Beförderungs fall, sondern als König

Kunde zu behandeln, das ist heute der Grund satz. Dafür haben

sich seit der Bahnreform neue Freiräume und Chancen eröffnet.

In Kiel ist die neue Dienstleistungsqualität seit der Kieler Woche

1995 in Gestalt des Service Point sichtbar. Dort stehen die

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bahn den Kunden mit Rat

und Tat zur Seite. Das 3­S­Programm soll mit mehr Sauber keit,

Service und Sicherheit Ankunft,

Aufenthalt und Abfahrt im Bahnhof

angenehmer machen.

Nunmehr beginnt der erste umfas­

sende Umbau des gesamten Bahnhofs

seit der Wiederherstellung. Er ist Teil

des Programms „Bahnhof der

Zukunft“ der Deutschen Bahn AG.

Investi tions mittel in Höhe von 36

Millionen Mark fließen in das

Projekt. Der Kieler Hauptbahnhof

gehört mit 25 anderen Bahnhöfen in

ein Maßnah menpaket zur bundesweiten Bahn hofs revitalisierung.

Was ist geplant? Grundsätzlich ist der Umbau eine Annäherung

an den historischen Gebäudeplan mit mo dernen Mitteln. Noch

vorhandene historische Teile werden saniert, zerstörte Teile zum

Sophienblatt mit Fußgängerbrücke zum EKZ Sophienhof.Photographie, 15. Januar 1989. J. Branat, Kiel.

Der Kopfbahnsteig mit VerkaufspavillonsPhotographie, 1989. Archiv Deutsche Bahn AG, Kiel.

UND morGeN?

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Teil behutsam nachgebildet, wie etwa der Treppenturm an der

Ostseite. Moderne An­ und Einbauten müssen weichen, denn das

Gebäude soll von innen und außen so weit wie möglich die histo­

rischen Raum verhältnisse wiedergewinnen. Das bedeutet den

Abbruch der Balkone und der

Fußgängerbrücke zum ZOB und die

Entfernung der Zwischendecke über

dem Sockelgeschoß der großen

Eingangshalle. Diese Halle wird wie­

der die gesamte Höhe der Nordfassade

einnehmen. Das nach dem Krieg

vermauerte Kaiserportal wird wieder

geöffnet. Dadurch entsteht eine

direkte, fuß läufige Verbindung zwi­

schen Hörn brücke und Sophienhof.

Die bislang in der Querhalle plazier­

ten Verkaufs pavillons, die diesen

Weg behindern würden, werden

ebenfalls entfernt. Ihren Platz nehmen neue, verglaste

Verkaufsräume ein. Insgesamt wird der Vermarktungsbereich

intensiviert und vergrößert. Der Verkehrsbereich erfährt ebenfalls

die längst fällige Modernisierung. Neue, wettergeschützte Bereiche

und Bahnsteig möbel sollen den täglich 24.000 Reisenden und

Besuchern den Weg zu den 240 Reisezügen so bequem wie mög­

lich machen. Ein Gesichtspunkt übrigens, der bereits bei der

Eröffnung vor 100 Jahren genauso hervorgehoben wurde.

Ergänzend zu den Umbauten am

und im Gebäude wird die Stadt Kiel

das Bahnhofsumfeld umgestalten.

Der Autoverkehr wird in seine

Schranken verwiesen und die

Fahrbahnfläche der Raiffeisenstraße

verkleinert. Dafür entstehen vor dem

Bahn hofsportal neue Parkplätze. Ein

sogenannter „kiss+ride“­Bereich

dient dem Ein­ und Ausladen und

dem schnellen Abschiedskuß.

Großzügige Plätze an der

Raiffeisenstraße und vor dem

Kaiserportal unterstreichen in

Zukunft die markante städtebauliche Stellung des Bahnhofs wie­

der stärker. Und noch etwas anderes läßt den Bahnhof buchstäb­

lich in die Mitte der Stadt rücken: Zwei Minuten zu Fuß über die

schon erwähnte Hörnbrücke entsteht gerade die „Kai­City Kiel“,

Bahnsteig Gleis 1 und 2 mit Verkaufspavillons nach dem Umbau von 1999/2000.Computeranimation, 1998. Archivision, Hamburg.

Architektenzeichnung der Ost- und Hauptfassade zum Umbau 1999/2000.Zeichnung, 1999. Von Gerkan, Marg und Partner, Hamburg /Archiv Deutsche Bahn AG, Kiel.

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Architektenzeichnung der Westfassade zum Umbau 1999/2000.Zeichnung, 1999. Von Gerkan, Marg und Partner, Hamburg /Archiv Deutsche Bahn AG, Kiel.

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ein weltweites Projekt der Expo 2000. Unter dem Motto

„Innerstädtisches Arbeiten und Wohnen am Wasser“ entsteht hier

ein ganz neuer Stadtteil. Der Hauptbahnhof rückt damit ganz

von selbst noch mehr ins

Stadtzentrum.

Der kürzeste Weg vom Ostufer in die

Einkaufszone führt jetzt direkt durch

den Bahnhof, Herausforderung und

Chance für Stadt und Bahn. Für die

Bahn ist es der Anlaß, in die Offensive

zu gehen: ein bequemer, zweck mä­

ßiger und schöner Bahnhof ist die

beste Werbung.

Das gilt auch für diejenigen, die

nicht gerade mit dem Zug fahren

wollen, sondern den Bahnhof zum

Einkaufen oder einfach nur als Treffpunkt nutzen. Für die Stadt

ist es die Aufwertung eines der prominentesten Orte in Kiel. Und

in Zeiten, in denen man die Grenzen des Automobils erkennt,

eröffnet sich den Bewohnern der Kai­City Kiel im Zusammenwirken

von Fährterminal und Bahnhof das Tor zur Welt in zweifacher

Weise.

Das Umbauprojekt soll den Bahn hofsbereich wohnlicher, attrak­

tiver, ansprechender machen. Dies wäre schon vor hundert Jahren

ganz im Sinne der Erbauer gewesen.

Wenn wir auch heute Stadt planung

nicht mehr mit dem Pathos unserer

Urgroßväter, sondern mit viel mehr

Nüchternheit betreiben: Der

Bahnhof soll wieder den Platz und

die Bedeutung im Stadtbild erhalten,

die ihm gebühren. Dabei gehorcht

unsere Zeit anderen Gesetzen als

damals, das ist jedem klar. Die priva­

tisierte Bahn muß natürlich gewinn­

orientiert arbeiten. Dafür treten

neben der reinen Beför­

derungsleistung auch andere Geschäfts felder mehr aus dem

Hintergrund. Hierzu gehört auch die Vermarktung der Bahnhöfe.

Menschen sicher, umweltfreundlich und schnell zu befördern

wird auch in Zukunft Aufgabe der Bahn sein. Der neue Bahnhof

schafft nicht nur die Voraussetzung für eine erfolgreiche Zukunft,

Dachkonstruktion der neuen Bahnsteighalle.Computeranimation, 1998. Archivision, Hamburg .

Empfangsgebäude mit Verkaufspavillons nach dem Umbau von 1999/2000.Computeranimation, 1998. Archivision, Hamburg.

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Danksagungen

Wir bedanken uns herzlich bei allen Personen, Institutionen und

Fir men für die freundliche Unterstützung und Beratung, ohne

die die Anfertigung dieser Festschrift im vorliegenden Umfang

nicht möglich gewesen wäre.

Besonderer Dank gilt Frau Paczkowsky von der Landesbibliothek,

Kiel; Herrn Dagge vom Stadtarchiv Kiel für das umfangreiche

Bild ma terial und den unbürokratischen Zugang zum Stadtarchiv;

Herrn Koller vom Stadtvermessungsamt Kiel für die spontane

Zusage zur Bereitstellung historischer Pläne; Herrn Branat für die

Überlassung seiner Photographien und Frau Urbahns für ihre

Be mühungen zur Beschaffung von Photographien aus den 30er

Jahren.

impressum

herausgeber:

Deutsche Bahn AG

DB Station&Service, Niederlassung Hamburg/Schleswig­Holstein

Bahnhofsmanagement Kiel

Sophienblatt 25­27, 24103 Kiel

verfasser:

Ingo Dierck, Kiel

Gestaltung und Bildredaktion:

Ralph Müller, smile Gebrauchsgrafik, Kiel/Molfsee

Konzeption:

Wolfgang Gaudes, SWAMP, Hamburg

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Die Geschichte der Firma Stilke ist gleichzeitig auch ein Kapitel

der Geschichte des Bahnhofbuchhandels. Im nord­ und ostdeut­

schen Raum war der Name Stilke Jahrzehnte hindurch gleichbe­

deutend mit ‘Bahnhofsbuchhand­

lung.

Das Unternehmen wurde im Jahre

1872 von Georg Stilke in Berlin

ge grün det. Nach dem Tod des

Firmen grün ders machte sein Sohn

Her mann Stilke 1901 die ersten

Bord buch handlungen auf

Überseefahrgastschiffen auf. Es folg­

ten Kioske auf U­Bahnhöfen und die

ersten Hotel buch hand lun gen in

Hamburg und Berlin. 1911 wurde Hermann Stil ke zum Königlich

preu ßischen Kommerzienrat und Hofbuch händler ernannt. Im

ersten Weltkrieg richtete das Unternehmen 381 Frontbuch­

handlungen ein. Weiterer Höhepunkt war die Eröffnung einer

Buchhandlung im Roosevelt Hotel in New York im Jahre 1924.

Dr jur. Georg Stilke wird im Jahre 1928 im Alter von nur 24 Jah­

ren Nachfolger seines verstorbenen Vaters. Zu den prominen­

testen Kunden gehören gehören der ehemalige Reichs kanzler Otto

von Bis marck, der in Berlin und spä­

tere im Sach senwald mit aktuellen

Zeitun gen und Illu strier ten versorgt

wurde und der ame ri kanische Präsi­

dent Dwight D. Eisenhower, der sich

während einer Reise durch Deutsch­

land mit ausländischen Zeitungen

eindeckte.

1945 ist durch die Auswirkungen des

Krieges der Verlust von 450 Bahn­

hofs buchhandlungen zu beklagen.

Seit 1982 ist Stilke unter dem Namen Stilke Aktuell ein Begriff.

Zur Zeit sind rund 520 MitarbeiterInnen in 70 Ver kaufsstellen

von Flensburg bis Fulda beschäftigt.

Der Kiosk der Bahnhofsbuchhandlung Stilke in den zwanziger Jahren.Photographie, ca. 1925. Sammlung Stilke, Hamburg.

DaS UNterNehmeN - StiLKe aKtUeLL

Firmengründer Georg Stilke, sein Sohn Hermann Stilke und Enkel Dr. jur. Georg Stilke. (v. l.)Photomontage, 1999. Sammlung Stilke, Hamburg.

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Unter dieses Leitmotto stellen wir die Aktivitäten bei derModernisierung des Kieler Hauptbahnhofes.

Wir möchten dabei einmal mehr unser technisches Know-How und unsere Kompetenzin der Abwicklung von schlüsselfertigen Großprojekten beweisen.

Gerade das Bauen im Bestand erfordert ein hohes Maß an technischem Verantwortungsbewußtsein unter gleichzeitiger Rücksichtnahme auf den Publikumsverkehr während der Bauzeit.

Wir freuen uns über die Aufgabe,den Kieler Hauptbahnhof für das nächste Jahrtausend fit zu machen.

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