1.1 Bilanzpolitik - Grundlagen Wagenhofer/Ewert 2002. Alle Rechte vorbehalten.

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Bilanzpolitik - Grundlagen

www.uni-graz.at/iufwww/EUwww.wiwi.uni-frankfurt.de/Professoren/Ewert/EU

Wagenhofer/Ewert 2002. Alle Rechte vorbehalten.

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1.2Ziele

Darstellung der bilanzpolitischen Instrumente und Maßnahmen

Analyse von bilanzpolitischen Zielvorstellungen wie Gewinnmaximierung, Gewinnminimierung, Gewinnglättung, und Erreichung vorgegebener Ziele

Diskussion der Möglichkeiten, empirisch Bilanzpolitik zu erkennen und zu durchschauen

Förderung des Verständnisses der Methoden und der Ergebnisse empirischer Studien, die Art und Umfang von Bilanzpolitik nachzuweisen suchen

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1.3Wirkungen von Bilanzpolitik (1)

Bilanzpolitik (Jahresabschlusspolitik, creative accounting, window dressing, earnings management)

Ergreifen von Maßnahmen, die Auswirkungen auf den Jahresabschluss haben

Ziel: Beeinflussung von Bilanzadressaten oder RechtsfolgenVoraussetzung: EntscheidungsspielräumeBeispiel: Steuerbilanzpolitik

Negativer Beigeschmack trotz legaler SpielräumeMögliche Täuschung der Bilanzadressaten oder

Hintergehung von Vertragspartnern im Vordergrund (?)

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1.4Wirkungen von Bilanzpolitik (2)

Wirkung abhängig vom Informationsstand der Adressaten

Bei einem informationseffizienten Kapitalmarkt kein direkter Einfluss auf Entscheidungen der Bilanzadressaten

Aber: Trotz Informationseffizienz Anreize für Bilanzpolitik möglich

Anknüpfung gesetzlicher oder vertraglicher Rechtsfolgen an Positionen des Jahresabschlusses

Direkter Effekt auf Cashflows und den MarktpreisBeispiele

Ausschüttungen vertragliche Ansprüche (zB Gewinnbeteiligungen des

Managements) direkte steuerliche Konsequenzen (Maßgeblichkeitsprinzip) politische Kosten

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1.5Bilanzpolitische Maßnahmen

R eale B ilanzpolitik(Sachverhaltsgesta ltung)

W ahlrechte E rm essensspie lräume

M aterie lle Bilanzpolitik(B ilanzierung und Bew ertung)

Form ale B ilanzpolitik(A usw eis und D arste llung)

B uchm äßige B ilanzpolitik

B ila n z p o l i t ik

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1.6Reale Bilanzpolitik (1)

Erhöhen oder Reduzieren von Auszahlungen, die sofort gewinnwirksam sind

Veräußerung von Anlagevermögen

Beeinflussung des Lieferzeitpunktes von Waren

Vorräte, Wertpapiere usw. kaufen oder verkaufen

Vertragliche Gestaltung mit unterschiedlichen bilanziellen Auswirkungen

Beispiele: Sale and Lease Back, Operate vs. Finance Leasing

Umstrukturierung im rechtlichen Aufbau des Unternehmens

Beispiele: Joint Ventures, Ausgliederung von Teilbetrieben

K u rz fris t ige S ach ve rh a ltsg e s ta ltu ng L a n g frist ig e S a ch verh a ltsg es ta ltu ng

Reale Bilanzpolitik(M a ß na h m en d e r G e sch ä ftspo lit ik)

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1.7Reale Bilanzpolitik (2)

Beeinflussung der realen Sachverhaltsgestaltung durch Rechnungslegungsregeln

Gestaltung von Verträgen, um bestimmte Bilanzierung zu ermöglichen

Gegenläufige Folgewirkungen bei Geltung des Kongruenzprinzips

Verschieben von Gewinnen/Verlusten über Perioden

Einfluss auf gesetzliche Regelungen oder Rechnungslegungsstandards (Lobbying)

Im weitesten Sinne reale Bilanzpolitik

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1.8Buchmäßige Bilanzpolitik

Ausweis der Geschäftsfälle in Bilanz bzw GuV

Darstellung und Erläuterung im Anhang

Spielräume bei den Gliederungsvorschriften

Beispiel: Ausweis ungewöhnlicher Aufwendungen als außerordentlich

Bilanzierung und Bewertung von Geschäftsfällen

Offene und faktische Wahlrechte

Ermessensspielräume Beurteilung des

Sachverhalts durch das Unternehmen selbst

F o rm a le B ila nzp o lit ik M a te rie lle B ila n zp o lit ik

Buchm äßige Bilanzpolitik(A b b ild un g vo n e rfo lg te n G e sch ä fts fä lle n )

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1.9

Beispiele für bilanzpolitische Maßnahmen nach dem HGB (1)

BilanzansatzwahlrechteAktivierung des Firmenwertes, Aufwendungen für Ingangsetzung

und Erweiterung, aktive latente Steuern, Aufwandsrückstellungen

BewertungswahlrechteHerstellungskosten allgemein und bei langfristiger Fertigung,

Abschreibung auf niedrigeren Wert beim Umlaufvermögen, Einsatzbewertung bei Vorräten, Konsolidierungszeitpunkt, Durchleitung steuerlicher Ansätze in den Konzernabschluss, Verrechnung des Firmenwertes

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1.10

Beispiele für bilanzpolitische Maßnahmen nach dem HGB (2)

IndividualspielräumeAnsatz und Bewertung von Rückstellungen, Schätzung der

Nutzungsdauer von Anlagen, Schätzung des Restwertes, Einzelwertberichtigung zu Forderungen, voraussichtliche Dauer einer Wertminderung, Zurechnung des Leasinggegenstandes, Wesentlichkeit

VerfahrensspielräumeAbschreibungsverfahren, Herstellungskosten von

Kuppelprodukten, Pauschalwertberichtigungen, Pauschalrückstellungen, Währungsumrechnungen im Konzern

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1.11Einschränkungen der Bilanzpolitik

Stetigkeitsprinzip

Beibehaltung von einmal verwendeten Methoden der Bilanzierung desselben Geschäftsfalles in künftigen Jahresabschlüssen

Durchbrechung nur bei Vorliegen besonderer Umstände

Zweck: bessere Vergleichbarkeit von Jahresabschlüssen über die Zeit

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1.12

Auswahl unter bilanzpolitischen Maßnahmen

Zeitliche FlexibilitätVerfügbarkeit der Maßnahmen

Flexibilität in der HöheEntweder-Oder-Entscheidungen, kontinuierliche Wirkungen

Schnelligkeit und Dauer der Wirkung Folgewirkungen auf spätere Perioden

Durchbrechen des Kongruenzprinzips möglich Folgewirkungen auf andere Geschäftsfälle

Verstärkung oder Reduzierung des Effekts durch Stetigkeit Erkennbarkeit

Erläuterungen im Anhang Kosten

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1.13Ziele der Bilanzpolitik (1)

Maximierung des ausgewiesenen ErfolgsUnternehmensverkauf oder ZusammenschlussAufnahme von Eigenkapital über den KapitalmarktGünstige KreditkonditionenAnreize des Managers (Karrierechancen, „Denkmal“)

Minimierung des ausgewiesenen ErfolgsSteuern sparen – MaßgeblichkeitsprinzipAktienrückkaufAnreize des Managers (Management Buyout, Stock Options,

„big bath“)

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1.14Ziele der Bilanzpolitik (2)

Glättung des ausgewiesenen Erfolgs über die ZeitGeringe Schwankungen um das Sollergebnis

(idR Vorjahresergebnis)Kreditkonditionen, Erwartungen der Investoren,

Steuereffekte

ˆ() (1)mb bt t t

t......„tatsächlicher“ Gewinn der Periode t t̂.....Sollgewinn der Periode t m......bücherlicher Gewinn b [0, 1]

Erreichen von ZielgrößenPrognosen von AnalystenPositive Ergebnisse und Erreichung des Budgets

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1.15Ziele der Bilanzpolitik (3)

Bilanzpolitik im mehrperiodigen KontextAbhängigkeit von bilanzpolitischen Maßnahmen in den

VorperiodenErwartungen über die Notwendig künftiger bilanzpolitischer

Maßnahmen

Konkurrierende ZielvorstellungenSteuern sparen vs. Aktienkurs erhöhenRelative Bedeutung der ZieleBereinigung der Bilanzpolitik durch Adressaten schwierig

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1.16Erkennen von Bilanzpolitik (1)

Schwierigkeiten bei der BeurteilungPerformance Measure Hypothesis

Verwendung der Periodenabgrenzungen, um künftige Lage des Unternehmens informativer zu beschreiben als mit Cashflows

Opportunistic Accrual Management Hypothesis Vortäuschen einer Situation, um günstigen Effekt für

Unternehmen bzw Management zu erreichen

Beispiel IAS 38 – Aktivierung von Entwicklungskosten, wenn daraus

hinreichend zuverlässig wirtschaftlicher Nutzen resultiert. Beobachtung: Hoher Anteil wird aktiviert. Schlussfolgerung: Erfolgreiche Entwicklung oder „unerwünschte“ Bilanzpolitik?

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1.17Erkennen von Bilanzpolitik (2)

Durchschauen der BilanzpolitikÄnderungen von Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden

regelmäßig in den Erläuterungen im AnhangErmessensspielräume weniger offenkundig

Häufig keine Berücksichtigung bei Kapitalmarktreaktionen

Funktionale Fixierung der AdressatenKosten der Informationsbeschaffung und –verarbeitung

Ausspruch

Im Editorial einer Ausgabe des The Wall Street Journal (1.10.1974) fand sich folgender Aus-spruch:

„A lot of executives apparently believe that if they can figure out a way to boost reported earnings their stock price will go up even if the higher earnings do not represent any underlying economic change. In other words, the executives think they are smart and the market is dumb.”

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1.18Erkennen von Bilanzpolitik (3)

Vorgehensweise in der praktischen Bilanzanalyse: Erstellen eines Profils der Bilanzpolitik

Ausübung von Wahlrechten tendenziell gewinnerhöhend oder gewinnmindernd

Gewinnmaximierung und Gewinnminimierung erkennbar

Gewinnglättung und Erreichen von Gewinnzielen schwer auszumachen

Grenzen durch Stetigkeitsprinzip

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1.19Abschätzung der Bilanzpolitik (1)

Änderung der Periodenabgrenzungen (accruals)

„Diskretionäre“ Periodenabgrenzung GPA = NPA + DPAGPA....Gesamte PeriodenabgrenzungNPA....„normale“ PeriodenabgrenzungDPA....„diskretionäre“ Periodenabgrenzung

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1.20Abschätzung der Bilanzpolitik (2)

Hypothesen zur Bestimmung der „normalen“ Periodenabgrenzung

NPAt = 111

tGPA

T t T

NPAt = GPAt–1

DPAt = GPAt – GPAt–1

Durchschnittsbildung

Random Walk-Modell

und damit

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1.21Abschätzung der Bilanzpolitik (3)

„Jones-Modell“

Branchen-Modell

NPAt = 1 + 2Umsatzt + 3Bruttoanlagevermögent

DPAt = GPAt – NPAt = GPAt – 1 – 2Umsatzt –3Bruttoanlagevermögent

NPAt = 1 + 2Mediant(GPAt)

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1.22Empirische Belege

Anwendung der Modelle in empirischen StudienTrotz Einfachheit und Ungenauigkeit der Modelle

interessante Einsichten„Jones-Modell“ liefert tendenziell schärfste ErgebnisseNachteil aller Modelle: Annahme von keiner (wesentlichen)

Bilanzpolitik in den Vorjahren

Empirische StudienTests von HypothesenHäufig signifikante ResultateErklärungskraft insgesamt (zB das Bestimmtheitsmaß R² in

einer Regression) relativ gering

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1.23

Empirische Belege und Wettbewerbsbeschränkungen

Hypothese: Gewinnmindernde Bilanzpolitik von Unternehmen, die Antrag auf Schutzzölle oder andere wettbewerbsbeschränkende Maßnahmen stellen

Regressionsfunktion gemäß „Jones-Modell“

Ergebnis: Signifikant gewinnmindernde Bilanzpolitik (negatives DPAt/BSt1) im Jahr der Entscheidung über Wettbewerbsbeschränkung

U m s a t z B r u t t o a n l a g e v e r m ö g e n11 2 3

1 1 1 1 1

D P A G P At t t tB S B S B S B S B S

t t t t t

B S t – 1 . . . . B i l a n z s u m m e z u B e g i n n d e s J a h r e s t

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1.24

Empirische Belege und Börsengang

Hypothese: Gewinnerhöhende Bilanzpolitik von Unternehmen bei Börsengang

Besondere Wirksamkeit durch asymmetrische Information zwischen Eigentümern und Kapitalmarkt

Ergebnis: Signifikant positive diskretionäre Periodenabgrenzungen im Jahr des Börsengangs

-6

-4

-2

0

2

4

6

0 1 2 3 4 5 6

Jahr nach IPO

Perio

dena

bgre

nzun

gen

DPA /BS

NPA /BS

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1.25

Empirische Belege und Entlohnungsstruktur (1)

Hypothese: Gewinnerhöhende Bilanzpolitik eines Managers, der gewinnabhängig entlohnt wird (Bonushypothese)

Annahme: Entlohnungssysteme mit Mindest-entlohnung (L) und Deckelung nach oben (H)

Bonus

L H Ausgewiesener Gewinn

Bonus

L H Ausgewiesener Gewinn

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1.26

Empirische Belege und Entlohnungsstruktur (2)

ModellDifferenzierte Anreize zu

Bilanzpolitik aus Entlohnungsschema

Bilanzpolitik (b) nur in gewissen Grenzen um den „tatsächlichen“ Gewinn

Gewinnausweis m  [ – b,  + b], wobei die maximale Höhe der Bilanzpolitik b bekannt ist

Betrachtung von zwei Perioden

Drei Regionen identifizierbar

„Tatsächlicher“ Gewinn

Ausge-wiesener

Gewinn m

Bonus

Bilanz-politischer Spielraum

L H „Tatsächlicher“ Gewinn

Gewinnerhöhende Bilanzpolitik

Gewinnmindernde Bilanzpolitik

„Tatsächlicher“ Gewinn

Ausge-wiesener

Gewinn m

Bonus

Bilanz-politischer Spielraum

L H „Tatsächlicher“ Gewinn

Gewinnerhöhende Bilanzpolitik

Gewinnmindernde Bilanzpolitik

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1.27

Empirische Belege und Entlohnungsstruktur (3)

Gewinnerhöhende Bilanzpolitik bei mittlerem Gewinn

Vorzug eines früheren Bonus gegenüber späterenGrenzfall = H Für < H soviel Bilanzpolitik, um ausgewiesenen Gewinn auf

m = H oder sonst höchstmöglich zu steigern

Gewinnmindernde Bilanzpolitik bei hohem Gewinn ( > H)

Verlust an Bonuszahlungen bei m > HVerschiebung des Bonus auf später (vollständige Verlagerung

nur bei Geltung von H + b möglich)

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1.28

Empirische Belege und Entlohnungsstruktur (4)

Gewinnmindernde Bilanzpolitik bei niedrigem Gewinn („big bath“)

Gewinnmindernde Bilanzpolitik bei keiner Aussicht auf Bonus ( < L – b )

Bei relativ niedrigem Gewinn Abwägen erforderlich - Zukunftschance verbessern oder versuchen, jetzt noch einen Bonus zu erhalten (durch gewinnerhöhende Bilanzpolitik)

Grenzwert ̂ abhängig vom künftig erwarteten Gewinn, der Zeit- und der Sicherheitspräferenz

Empirische Überprüfung Random Walk-Modell mit GPA=DPAStatistisch signifikante Ergebnisse der Hypothesen

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1.29

Empirische Belege und Kreditverträge

Kreditverträge mit Bezugnahme auf Daten der Rechnungslegung

zB Fälligstellung des Kredits, wenn der Verschuldungsgrad Grenzwert übersteigt

Hypothese: Gewinnerhöhende Bilanzpolitik, wenn das Unternehmen in die Nähe des Grenzwertes kommt (Verschuldungsgradhypothese)

Problem: Nähe zu Grenzwerten schwer feststellbarStudie über Unternehmen, die Kreditvertragsklauseln

verletzt haben

Ergebnis: Im Jahr der Verletzung signifikant positive diskretionäre Periodenabgrenzungen

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1.30

Analyse der Auswirkungen von Bilanzpolitik (1)

Analyse der Verteilung ausgewiesener GewinneDirekte Messung der Auswirkungen von BilanzpolitikHäufigkeit von Bilanzpolitik messbarGute Analysierbarkeit der bilanzpolitischen Zielsetzung,

bestimmte Zielgrößen zu erreichenAndere Hypothesen jedoch kaum analysierbar

Zielvorstellungen und empirische ResultateVermeiden leicht negativer Ergebnisse durch BilanzpolitikErhalten oder Steigern der bisherigen PerformanceErreichen oder Übertreffen der Gewinnschätzungen von

Analysten

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1.31

Analyse der Auswirkungen von Bilanzpolitik (2)

Ergebnis: 30 – 44 % der Unternehmen mit kleinen „tatsächlichen“ Verlusten betreiben Bilanzpolitik, um Gewinn ausweisen zu können

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1.32

Einzelne Maßnahmen der Bilanzpolitik

Präzisere Hypothesen und Untersuchungsdesigns durch isolierte Betrachtung einzelner MaßnahmenVerwendung von manipulativen bilanzpolitischen Maßnahmen

Die US-amerikanische Securities and Exchange Commission (SEC) analysiert eingereichte Jahresabschlüsse börsennotierter Unternehmen sowohl routinemäßig als auch aus besonderen Anlässen im Hinblick auf Verletzungen von Rechnungslegungsstandards. In einer empirischen Studie von 188 veröffentlichten Fällen in den Jahren 1982 bis 1989 wurden Maßnahmen in Bezug auf folgende Bilanzpositionen verwendet:

Bilanzposition Häufigkeit Forderungen 100 Vorräte 32 Beteiligungen 15 Anlagevermögen 29 Verbindlichkeiten 33 Marktfähige Wertpapiere 3 Sonstige Vermögensgegenstände 11 Umbuchungen 13 Gesamt 236

Die meisten Verletzungen wurden zur Erhöhung des Gewinns vorgenommen, zum Teil in erheblichem Umfang. Ungefähr ein Drittel der Unternehmen hätte ohne Bilanzpolitik einen Verlust ausgewiesen.

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1.33Studien zur Ergebnisglättung

Betrachtung einzelner Position, bei denen Bilanzpolitik vermutet wird

VorgehensweisenVergleich des Ergebnisses vor und nach Bilanzpolitik jeweils

abzüglich eines SollergebnissesSchätzung des Ergebnistrends und des Trends in einer

bestimmten Position (zB außerordentliche Posten) mittels Regressionsgleichung, Analyse der Korrelation der Residuen (Abweichung zwischen Prognosewert und Istwert)

Problem dieser Studien: Tatsächlicher Anteil der bilanzpolitischen Ursachen für die Änderung der betrachteten Posten schwer erkennbar

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1.34Außerplanmäßige Abschreibung

Wert eines Gegenstandes < Buchwert HGB: Beizulegender Wert dauernd unter Buchwert,

Wertaufholung bei Wegfall des Grundes IFRS: Impairment-Test, niedrigerer Wert ist höherer Wert

aus Nutzungswert und Nettoveräußerungspreis, Wertaufholung bei Wegfall des Grundes

US-GAAP: Fair value, keine Wertaufholung

Bilanzpolitik durch Höhe, zeitliche Durchführung und gesonderten Ausweis - Ergebnisse

Verwendung eher zur „big bath“-Politik als zur Gewinnglättung

Bilanzpolitische Motive vor allem bei Firmenwertabschreibungen und Restrukturierungen

63 % der außerplanmäßigen Abschreibung im 4. Quartal

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1.35

Wertberichtigung aktiver latenter Steuern

SFAS 109: Wertberichtung auf aktive latente Steuern bei weniger als 50 % Wahrscheinlichkeit, dass diese in Zukunft genutzt werden können

Abhängig von Erwartungen und Einschätzungen des Managements

Bewertung schlägt in vollem Ausmaß auf Nettogewinn durch

Sehr gute Eignung für Bilanzpolitik

Ergebnis: Wertberichtigung im Wesentlichen mit ökonomischen Gründen und weniger mit Bilanzpolitik zusammenhängend

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1.36

Erstmalige Anwendung von Standards

Häufig Wahlrechte bei der erstmaligen Anwendung von neuen oder geänderten Rechnungslegungsstandards

Einführung des SFAS 106 Schreibt Bilanzierung von Leistungen an ehemalige

Arbeitnehmer erstmalig ab Geschäftsjahren nach dem 15.12.1992 vor

Wahlrecht: Nicht bilanzierte Verpflichtungsbeiträge sofort oder linear über die durchschnittliche Dienstzeit der Arbeitnehmer bzw jedenfalls über 20 Jahre rückstellen

Großer Spielraum für Unternehmen Sofortige Nachholung bei Unternehmen mit stark

gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmern Nachholung über mehrere Jahre bei stark verschuldeten

Unternehmen

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1.37

Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen (1)

Gute Eignung für reale Bilanzpolitik IdR keine kurzfristig spürbaren negativen Folgen durch

Reduktion dieser Ausgaben, Folgeeffekte in späteren Jahren

Verstärkter Anreiz zur Reduktion bei gewinnabhängig entlohnten Manager, der kurz vor Pensionierung steht („horizon problem“)

00,20,4

0,60,81

1,21,41,6

-6 -5 -4 -3 -2 -1 0 1 2 3 4 5 6

Jahr relativ zur Pensionierung

Wac

hstu

m v

on F

&E

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1.38

Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen (2)

„Horizon problem“ geringer, je mehr Aktien und Aktienoptionen der Manager hält

Alternative Gründe für geringe F&E-Aufwendungen

Schlechte Wirtschaftslage des UnternehmensManager hält Nachfolger Entscheidungen über größere

F&E-Ausgaben offen („lame duck“-Hypothese)Beide alternativen Hypothesen in statistischen Tests als wenig

wahrscheinlich verworfen