11. Thementage Grenz- und Oberflächentechnik …...2015/09/16  · Primäre Adhäsion von Bakterien...

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Primäre Adhäsion von Bakterien auf Kunststoffoberflächen 11. Thementage Grenz- und Oberflächentechnik Workshop Antimikrobielle Oberflächen Nathalie Stefani / Prof. Dr. Hans-Achim Reimann

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Primäre Adhäsion von Bakterien auf Kunststoffoberflächen

11. Thementage Grenz- und Oberflächentechnik

Workshop Antimikrobielle Oberflächen

Nathalie Stefani / Prof. Dr. Hans-Achim Reimann

Primäre Adhäsion von Bakterien auf Kunststoffoberflächen

Oberflächen in der Lebensmittelverarbeitung

Primärbesiedlung mit Mikroorganismen

Oberflächenmodifikation mit Plasmatechnik

Messung mikrobieller Adhäsionskraft

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Motivation

ZIM-Projekt zur Entwicklung von Behältern für den Einsatz in der Fleischverarbeitung

mit leicht zu reinigender Oberfläche

EU Verordnungen für Verarbeitung von Lebensmitteln tierischen Ursprungs*

und mikrobiologische Kriterien** und Fleischhygieneverordnung***

z.B.:

Entfernung von Oberflächenverunreinigungen mit Trinkwasser*

Grenzwert z.B. E.coli Fleischzubereitung 5-50 x 10² KBE / g oder cm² **

am Ende des Arbeitstages sorgfältig reinigen…***

eingeschränkte Nutzung von Desinfektionsmitteln und Flächenbezug

Reinigung innerhalb von Stunden (primäre Adhäsion von Mikroorganismen)

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Bakterien und Oberflächen

[1] F. Siedenbiedel and J. C. Tiller (2012) Polymers, vol. 4, no. 1, pp. 46–71

Abwehr verhindert Ablagerungen, die als Substrat für spätere Ansiedlung geeignet wäre:

„Reinigung ist besser als Desinfektion“

Keimarme Oberflächen durch

abwehren oder abtöten

abtötend repulsiv, antiadhäsiv

Mechanismen antimikrobiell ausgerüsteter Oberflächen (nach [1])

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Adhäsion von Bakterien auf Oberflächen

Bakterienadhäsion

Umgebung

Material

Organismus

pH-Wert Expositionszeit Temperatur Ionenstärke

Oberflächen-

Funktionalitäten

Oberflächen-

Rauhigkeit

Oberflächen-

Polarität

Zellwand-

Funktionalitäten

Extrazelluläre

Polysaccharide

Zell-

Konzentration

Quelle: Papukashvilli, N. (2009)

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Anhaftung von Bakterien auf Oberflächen

Reversible Adhäsion

Biofilm-bildung

Irreversible Adhäsion

Mikro- kolonisierung

Bildung neuer Mikrokolonien

Primäre Adhäsion

Oberfläche

Monolayer nach 30min [1] Rev. Adh. 10s [1]

Initiale Adhäsion 24h [2] Mikrokolonien 48h [2]

Mikrokolonien nach 3-4h [1]

Biofilm 3d [2]

[1] G. O’Toole, H.B. Kaplan, and R. Kolter (2000) Annu. Rev. Microbiol., Vol. 54, no. 1, 49–79 (Pseudomonas aeruginosa) [2] C.Lüdecke, K.D.Jandt, D.Siegismund, M.J.Kujau, E.Zang (2014) PLoS ONE 9(1): e84837 (E.coli EC081)

Phasen (nach [1])

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Primärbesiedlung

Primärbesiedlung ist, wenn ein Mikroorganismus

initial adhäriert ist,

noch keinem Biofilm angehört,

noch als eigenständiges System agiert,

die repulsive Energiebarriere überwindet,

noch typische Gene für die planktonische Lebensform exprimiert,

noch keine für seine EPS typischen Substanzen extrazellulär ausgebildet hat.

Oberflächenkriterien für eine Primärbesiedlung sind

Gesamtsystem Oberfläche / Schmutz / Trägerphase

Parameter Topographie, Oberflächenenergie, Oberflächenladungen [1]

[1] Bellmann, Calvimontes, Caspari, Marx, Mauermann; CIT (2012) 1531 6

Oberflächenkriterium Oberflächenenergie

[1] Bobe, Wildbrett; CIT (2006) 1615; [2] Dexter et al.; Appl. Microb.(1975) 298; [3] R.E. Baier; Bull. N.Y. Acad. Med. (1972) 48, 257

Oberflächenenergie / Trennkraft

niederenergetische Oberflächen sind leichter reinigbar [1]

Oberflächenenergie beeinflusst Verkeimung [2]

Emaille: hohe Oberflächenenergie vs. niedrige Trennkraft [1]

Baier-Kurve: Minimum bei 23 mN/m zeigt

Resistenz gegenüber Bioadhäsion (nach [3])

[2] surface free energy (mNm-1)

[3]

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[1] DIN 1672-2; [2] Weigl (2004) Dissertation TU München

Oberflächenrauheit

DIN 1672-2: Rauheit Ra </= 0,8µm für produktberührende Oberflächen im

Lebensmittelbereich [1]

Trennkraft von Hefezellen auf glatten Oberflächen (Ra < 0,2µm) größer als auf

Oberflächen mit Ra = 0,2-1,5µm [2]

Haftverminderung durch mikrorauhe Topographie

wenige Oberflächenkontakt für

Mikroorganismen (1-2 µm)

Größenordnung der Oberflächenstrukturen

0,1-1 µm (Rillenbreite)

Oberflächenkriterium Oberflächenrauheit

glatte Oberfläche

mikrorauhe Oberfläche

rauhe Oberfläche < 1µm

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Plasmamodifikation

Plasmaätzen von PMMA PMMA im HF-Diodensputter (13,56 MHz, Ar, O2, 2 min) Rillenbreite: ca. 0,15 µm

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Modifizierte Polycarbonatproben

43,30

10,76

1,98

0,27

0

10

20

30

40

50

60

70

80

Kontrolle Ar+C4F8

En

erg

ie in

[mN

/m]

Dispers Polar

Ultrahydrophobe Polycarbonatproben

Plasmamodifikation:

20 min Argon (1000 W)

5 min Octafluorcyclobutan (170 W)

Benetzbarkeit mit Wasser

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Kultivierung für eine Primärbesiedelung

Fermenter für 10 Proben (76x26mm)

Rührerdrehzahl 45 rpm

Temperatur 32 C

Sauerstoffsättigung 100%

Kein Antischaummittel

E. coli JM 109 in PM-Medium

Vorkultur:

16 h, 1 x 109 Bakterien/mL

Inoculum: 50 mL in 1500 mL

Hauptkultur:

6 h, 3 x 108 Bakterien/mL

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Kultivierung für eine Primärbesiedelung

0

20

40

60

80

100

0 1 2 3 4 5 6

Zeit [h]

Standardkultivierung E.coli JM 109

pH Sauerstoffsättigung [%] Rührerdrehzahl [rpm] Temperatur [°C]

stabile und reproduzierbare Kultivierung

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a b

E.coli JM109 nach 6 h Kultivierung a: Kontrolle; b: Ar und C4F8

Modifizierte Polycarbonatproben

sterile Probennahme spülen mit Wasser digitale Lichtmikroskopie

Plasmamodifizierte Probe (b) zeigt geringeren Bewuchs

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Messung der Adhäsionskraft

Prinzip der Kraftmessung (Schubkraft)

entspricht einer Scherkraftwirkung:

Roboter im REM Positioniergenauigkeit: 0,5 - 5 nm

Kraftmessung 10 nN – 50 mN

Federkonstante:

12,5 N/m,125 N/m

Materialprobe

mit Bakterien

Instrument (Glasspitze,

<100 nm Spitzenradius)

Hooke‘sches Gesetz

F [N] = c [N/m] x s [m]

F [N]

c [N/m]

s [m]

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Haftkraft mit Mikromanipulator

1. Positionierung 2. Krafteinleitung 3. Ablösung

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Erste Ergebnisse zur Adhäsionskraft von E.coli

a b

Probe PC (Kontrolle) (a) PC (Ar+C4F8) (b)

Fmax [µN] Fmax [µN]

102,32 15,26

92,41 12,24

94,54 11,07

90,23 20,85

104,65 22,98

108,51 14,00

138,87 23,53

84,86 22,11

77,99 10,59

71,63 11,06

Mittelwert 96,6 µN +/-17,9 µN 16,4 +/-5,1 µN

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Ausblick / Fazit

Oberflächenreinigung mit Entfernung aller Rückstände ist vorteilhaft.

Die Primäre Adhäsion ist vom Mikroorganismus und der Oberfläche abhängig.

Ultrahydrophobe PC-Oberflächen erniedrigen die Adhäsionskraft von E.coli-Bakterien.

Die Messung der mikrobiellen Adhäsionskraft singulärer Mikroorganismen ist geeignet,

die geeignetste Oberfläche im Vergleich vorherzusagen.

Kraftmessprinzip entspricht einer Scherkraftwirkung.

Adhäsionskraft ist ein direkter Parameter.

Einzelfallbetrachtungen vom System Oberfläche / Mikroorganismus / Umgebung.

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Dank

Dipl.-Ing. Kerstin Bogendörfer

Dipl.-Ing.(FH) Philipp Häfner

Nadine Lörler

Simone Marxt

B.Sc. Nathalie Stefani

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