11.01.2014 Nadja Herz, Rechtsanwältin Behinderten- gleichstellungs- gesetz (BehiG)

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22.06.22 Nadja Herz, Rechtsanwältin Behinderten- gleichstellung s-gesetz (BehiG)

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11.04.23 Nadja Herz, Rechtsanwältin

Behinderten-gleichstellungs-gesetz (BehiG)

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Themenübersicht

Verfassungsrechtliche Grundlage

Zweck und Inhalt des BehiG

Verhältnis zu Richtlinien und zum kantonalen Recht

Geltungsbereich

Begriffe: Zugang und Verhältnismässigkeit

Beschwerderecht und Verfahren

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Art. 8 Abs. 2 BV Diskriminierungsverbot

Niemand darf diskriminiert werden, namentlich nicht wegen der Herkunft, der Rasse, des Geschlechts, des Alters, der Sprache, der sozialen Stellung, der Lebensform , der religiösen, weltan-schaulichen oder politischen Überzeu-gung oder wegen einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung.

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Art. 8 Abs. 4 BV Gesetzgebungsauftrag

Das Gesetz sieht Massnahmen zur Beseitigung von Benachteiligungen der Behinderten vor.

-> BehiG in Kraft seit 1.1.2004

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Anzahl Behinderter in der Schweiz

hörbehindert: ca. 550‘000 (8%) gehörlos: ca. 70‘000 (1%)

sehbehindert oder blind: ca. 70‘000 (1%)

gehbehindert: ca. 350‘000 (5%) Rollstuhlfahrer: ca. 35‘000 – 40‘000 (0.5%)

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BehiG Zweck (Art. 1)

Das Gesetz hat zum Zweck, Benachteiligun-gen zu verhindern, zu verringern oder zu beseitigen, denen Menschen mit Behinderun-gen ausgesetzt sind.

Es setzt Rahmenbedingungen, die es Men-schen mit Behinderungen erleichtern, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen und insbesondere selbständig soziale Kontakte zu pflegen, sich aus- und fortzubilden und eine Erwerbstätigkeit auszuüben.

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Das BehiG regelt:

Anspruch Behinderter auf: Zugang zu Bauten und Anlagen Zugang zu Einrichtungen oder Fahrzeugen

des öffentlichen Verkehrs Inanspruchnahme von Dienstleistungen Inanspruchnahme von Aus- und Weiter-

bildung

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Verhältnis zu Normen und Richtlinien

BehiG

Bei welchen Bauvorhaben muss behindertengerecht gebaut werden?

SN-Norm und Richtlinien

Wie muss genau gebaut werden, damit es behindertenge-recht ist?

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Norm SN 521 500 Behindertengerechtes Bauen

Behinderungsarten: Gehbehinderte, Sehbehinderte, Hörbehinderte

Regelungen über Aussenanlagen undGebäude

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Gehbehinderte Personen

Stufenlose Wege

geringe Steigungen

Genügende Wegbreite und

Manövrierflächen

Bodenbelag eben, hart,

gleitsicher

Handläufe bei Treppen

Behindertenparkplätze

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Sehbehinderte Personen

Erkennen von Verkehrs-flächen

Sicherung von Gefahren-stellen

Verletzungsgefahren ver-meiden

Wegführung, ertastbare Abgrenzung der Fahrbahn

Kontrastreiche Gestaltung Beschriftung und

Information

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Hörbehinderte Personen

Beleuchtung bei Aussen-anlagen

optische Anzeigen, visuelle Führung

Höranlagen in Versamm-lungsräumen

Tonverstärker in öffentlich zugänglichen Telefonanlagen

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Verhältnis zum kantonalen Recht

BehiG Kantonales Recht

Das BehiG steht weitergehenden Bestim-mungen der Kantone nicht entgegen (Art. 4)

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Kanton Zürich (§ 239 Abs. 4 PBG)

Bei Bauten und Anlagen, die dem Publikum zugänglich sind (...) sind hinsichtlich Gestal-tung und Ausrüstung die Bedürfnisse von Behinderten und Betagten zu berücksich-tigen.

In Wohnüberbauungen und Geschäftshäu-sern sind die Bedürfnisse von Behinderten und Betagten angemessen zu berücksich-tigen.

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Kanton Zürich (§ 34 BBV I)

Das behindertengerechte Bauen richtet sich nach dem Behindertengleichstellungsgesetz des Bundes (...) sowie nach den Bestim-mungen des kantonalen Rechts.

Die Richtlinien und Normalien gemäss Anhang 2.5 sind zu beachten,insbesondere auch für das Innere der Gebäude.

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Kanton Zürich anwendbare Richtlinien

Norm SN 521 500, Behindertengerechtes Bauen, 1988

Empfehlung Wohnungsbau hindernisfrei – anpassbar, Schweizerische Fachstelle für behindertengerechtes Bauen, 1992

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GeltungsbereichArt der Bauten (Art. 3)

Öffentlich zugängliche Bauten

Wohngebäude mit mehr als 8 Wohn-einheiten

Geschäftshäuser mit mehr als 50 Arbeitsplätzen

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GeltungsbereichAnpassungspflicht (Art. 3)

Das BehiG gilt für Bauten, für welche nach Inkrafttreten eine Bewilligung für den Bau oder die Erneuerung erteilt wird.

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Öffentlich zugängliche Bauten und Anlagen

  ... die einem beliebigen Personenkreis offen stehen, z.B. Restaurants, Museen, Kinos, Läden, Verkehrsanlagen, öffentliche Plätze, Parkplätze, Haltestellen, Fusswege, Pärke

 ... in einem besonderen Rechtsverhältnis zum Ge-meinwesen, z.B. Schulen, Spitäler, Kirchen oder Heime

 ... in denen private Dienstleistungsanbieter per-sönliche Dienstleistungen erbringen, z.B. Arzt-praxen, Architekturbüros

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Wohngebäude (Art. 3 lit. c)

Das BehiG gilt für Wohngebäude mit mehr als acht Wohneinheiten.

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Wohngebäude - Was gilt für bauliche Sondersituationen?

Bauten mit mehreren Hauseingängen

Überbauungen mit mehreren Gebäuden

Aneinandergebaute Gebäude

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Kanton Zürich,BRKE 0043/2005 vom 25.2.2005

Zum Begriff „Wohngebäude“

„Aneinandergebaute Gebäude mit separater interner Erschliessung sind nicht als ein einziges Wohngebäude zu betrachten.“

„Jeder Gebäudeteil zählt als selbständiges Gebäude, wenn ein eigener Zugang von aussen und eine Brandmauer zwischen den Gebäudeteilen existiert.“

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Wohngebäude Lösungsansatz

Das BehiG gilt bei Bauvorhaben, die eine bauliche und wirtschaftliche Einheit bilden und von einer gewissen Grösse sind, sobald insgesamt mehr als 8 Wohnein-heiten betroffen sind.

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Bauten mit Arbeitsplätzen

Das Behig gilt für Gebäude mit mehr als 50 Arbeitsplätzen (Art. 3 lit. d).

Problem: Anzahl der Arbeitsplätze ist bei der Baueingabe meist noch nicht bekannt.

Lösungsansatz: Abstellen auf die Geschoss-fläche:

Richtgrösse: Fläche von 20 m2 pro Arbeitsplatz (inkl. Erschliessungsfläche)

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Zugang (Art. 2)

Eine Benachteiligung beim Zugang zu einer Baute liegt vor, wenn der Zugang für Be-hinderte aus bauli-chen Gründen nicht oder nur unter er-schwerten Bedin-gungen möglich ist.

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Zugang (Art. 2) Anforderungen

Öffentlich zugängliche Bauten: Zugang zum Gebäude und Benutzbarkeit im Innern

Wohnbauten: Zugang zum Gebäude und zu den einzelnen Wohnungen

Geschäftshäuser: Zugang zum Gebäude (bei Bauten mit Publikumsverkehr auch Benutzbarkeit im Innern)

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VerhältnismässigkeitAllg. Grundsätze (Art. 11)

Angemessenes Verhältnis zwischen Nutzen und wirtschaftlichem Aufwand

Berücksichtigung der Anliegen der Verkehrs- und Betriebssicherheit

Berücksichtigung der Interessen des Umweltschutzes sowie des Natur- und Heimatschutzes

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Denkmalpflegmalschutz

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Denkmalschutz

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VerhältnismässigkeitKostenschranke (Art. 12)

der Aufwand für die Anpassung 5 Prozent des Gebäudeversiche-rungswertes oder des Neuwertes übersteigt.

der Aufwand für die Anpassung 20 Prozent der Erneuerungskosten übersteigt.

Es müssen keine (weiteren) baulichen Anpassungen vorgenommen werden, wenn:

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Klagerecht (Art. 7 und 9)

Behinderte Einzelpersonen

Behinderten-organisationen

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Rechtsansprüche (Art. 7)

während des Baubewilligungs-verfahrens bei der zuständigen Baubehörde.

nach Abschluss des Baubewilligungsverfahrens im Zivilverfahren, wenn das Fehlen der gesetzlich gebotenen Vorkehren im Baubewilligungsverfahren nicht erkennbar war.

Rechtsansprüche können geltend gemacht werden:

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Rechtsansprüche während des Baubewilligungsverfahrens

Massgebend für deren Geltend-machung sind die in den Kantonen geltenden Verfahrensvorschriften und Fristen für Einsprachen bzw. Rekurse.

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Rechtsansprüche im Zivilverfahren Anwendungsfälle

wenn Mängel im Baubewilligungsverfahren nicht erkannt werden konnten

wenn zu Unrecht kein Bewilligungsver-fahren durchgeführt worden ist

wenn sich die Bauherrschaft nicht an die bewilligten Baupläne hält

bei Baubewilligungen im Anzeigeverfahren

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Auswirkungen auf das baurechtliche Verfahren

Ausschreibungen: Bauvorhaben im Gel-tungsbereich des BehiG müssen öffentlich ausgeschrieben werden, damit das Klage-recht wahrgenommen werden kann.

Akteneinsicht: Das Beschwerderecht führt zu einer Erweiterung des Anspruchs auf Akteneinsicht.

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Beispiele aus der Praxis:

Zugang zu öffentlichen Bauten (Restaurants, Läden, Praxen)

WC‘s in öffentlich zugänglichen Bauten

Umbau in Teilbereichen

Interessenkonflikte mit Denkmalpflege

Anwendbarkeit bei Wohnbauten