11_12_Mobile-Business

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064 [ LOGISTICS ] Die grundlegende Herausforderung bei der Steuerung mobiler Einheiten beschreibt das mathematische „Problem des Handelsreisen- den“: In welcher Reihenfolge muss der Außen- dienstmitarbeiter eine gegebene Anzahl von Städ- ten bei gleichem Start- und Zielpunkt anfahren, damit die Strecke möglichst kurz bleibt?“ Schon bei 15 Städten müssten 43,6 Mrd. Möglichkeiten durchgerechnet werden, um die kürzeste Strecke zu ermitteln. Kommt nur eine Auswahl an Städten infrage – Einwohnerzahl 250.000, Altersschnitt der Kontaktpersonen unter 40 Jahre, verfügbares Ein- kommen über 2.800 Euro –, erhöht sich durch die Anzahl der Randbedingungen der Rechenaufwand weiter. Geht es nicht um einen einzigen Hand- lungsreisenden, sondern um deren 100, und müs- sen kontinuierlich neue Städte in die Route einge- baut werden, sind selbst Supercomputer überfor- dert, wenn sie alle Möglichkeiten durchrechnen müssen. Software, mit der mobile Einheiten in der Logistik, in Industrie-Unternehmen oder in Krankenhäusern gesteuert werden, gehen in unterschiedlicher Wei- se mit diesen Herausforderungen um. Konventio- nelle Lösungen verzichten in der Regel darauf, op- timierte „Strecken“ auszurechnen. Sie helfen dem Nutzer lediglich, Dispositionsentscheidungen zu treffen: Sie summieren die Strecke pro Handlungs- reisendem, errechnen daraus Reisezeiten, zeigen Reiserouten an und dokumentieren Bewegungen. Kommt ein neuer Auftrag herein, entscheidet der Disponent meist so: „Mitarbeiter x hat am Mitt- woch noch Zeit und kann dort vorbeifahren.“ Ist der Mitarbeiter einmal auf einer Route unterwegs, lässt sich in der Folge kaum mehr etwas ändern. Mobile Mitarbeiter müssen möglichst schnell zu den für sie vorgesehenen, wechselnden Einsatzorten manövriert werden. Gleiches gilt für Ressourcen und Geräte. In der logistischen Praxis in Industrie, Flughäfen oder Krankenhäusern werden dazu intelligent optimierende Steuerungslösungen eingesetzt, deren Funktionsweise an einigen Beispielen aufgezeigt werden soll. 15 Städte – 43,6 Mrd. Möglichkeiten Um die kürzeste Strecke eines Außendienstmitarbeiters für insgesamt 15 Städte zu ermitteln, müssen 43,6 Mrd. Möglichkeiten durchgerechnet werden. MOBILE BUSINESS 12.2011 AUSGABE 12 | 2011

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[ logist ics ]

Die grundlegende Herausforderung bei der Steuerung mobiler Einheiten beschreibt das mathematische „Problem des Handelsreisen-den“: In welcher Reihenfolge muss der Außen-dienstmitarbeiter eine gegebene Anzahl von Städ-ten bei gleichem Start- und Zielpunkt anfahren, damit die Strecke möglichst kurz bleibt?“ Schon bei 15 Städten müssten 43,6 Mrd. Möglichkeiten durchgerechnet werden, um die kürzeste Strecke zu ermitteln. Kommt nur eine Auswahl an Städten infrage – Einwohnerzahl 250.000, Altersschnitt der Kontaktpersonen unter 40 Jahre, verfügbares Ein-kommen über 2.800 Euro –, erhöht sich durch die Anzahl der Randbedingungen der Rechenaufwand weiter. Geht es nicht um einen einzigen Hand-lungsreisenden, sondern um deren 100, und müs-sen kontinuierlich neue Städte in die Route einge-baut werden, sind selbst Supercomputer überfor-dert, wenn sie alle Möglichkeiten durchrechnen müssen.

Software, mit der mobile Einheiten in der Logistik, in Industrie-Unternehmen oder in Krankenhäusern gesteuert werden, gehen in unterschiedlicher Wei-se mit diesen Herausforderungen um. Konventio-nelle Lösungen verzichten in der Regel darauf, op-timierte „Strecken“ auszurechnen. Sie helfen dem Nutzer lediglich, Dispositionsentscheidungen zu treffen: Sie summieren die Strecke pro Handlungs-reisendem, errechnen daraus Reisezeiten, zeigen Reiserouten an und dokumentieren Bewegungen. Kommt ein neuer Auftrag herein, entscheidet der Disponent meist so: „Mitarbeiter x hat am Mitt-woch noch Zeit und kann dort vorbeifahren.“ Ist der Mitarbeiter einmal auf einer Route unterwegs, lässt sich in der Folge kaum mehr etwas ändern.

Mobile Mitarbeiter müssen möglichst schnell zu den für sie vorgesehenen, wechselnden Einsatzorten

manövriert werden. Gleiches gilt für Ressourcen und Geräte. In der logistischen Praxis in Industrie, Flughäfen

oder Krankenhäusern werden dazu intelligent optimierende Steuerungslösungen eingesetzt, deren Funktionsweise an einigen

Beispielen aufgezeigt werden soll.

15 städte – 43,6 Mrd.

Möglichkeiten

Um die kürzeste Strecke eines Außendienstmitarbeiters für insgesamt 15 Städte zu ermitteln, müssen 43,6 Mrd. Möglichkeiten durchgerechnet werden.

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Auf diese Weise können unmöglich op-timierte Routen gefunden werden – we-der für Handlungsreisende noch für Gabelstapler, Lkw oder Patiententrans-porte.

Mathematisch fundiert

Intelligent optimierende Software arbei-tet grundsätzlich anders: Sie nutzt ma-thematisch fundierte Verfahren, etwa Operations Research oder Fuzzy Logic, um das Problem des Handlungsreisen-den mit Standard-PC-Technik (keine Supercomputer) möglichst optimal zu lösen. Je besser die Qualität der Algo-rithmen, desto mehr mobile Einheiten können dabei gesteuert werden und desto genauer können die tatsächlichen Prozesse über die Berücksichtigung von Randbedingungen modelliert werden. Da die Software die optimierten Routen kennt, kann sie auch die Dispositions-entscheidungen selbstständig treffen. Der Disponent wird davon entlastet und muss sich nur noch um die kritischen Fälle kümmern.

Da es in der Praxis immer um dynami-sche Systeme geht – es kommen laufend neue Aufträge hinzu oder die Randbe-dingungen ändern sich kontinuierlich – rechnen leistungsfähige Steuerungs-lösungen das Optimum mit Blick auf die aktuelle Gesamtsituation in Echtzeit immer neu aus. Für die mobilen Einhei-ten heißt das, dass sie sich nicht nach starren Plänen bewegen, sondern ihre Anweisungen immer wieder neu erhal-ten, wenn sie einen Auftrag erledigt ha-ben (eine Stadt angefahren haben). Die Lösung des Handlungsreisenden-Pro-blems durch intelligente Software be-sitzt sowohl für Unternehmen als auch für die mobile Gesellschaft hohe Rele-vanz. Die Ersparnisse und die höhere Produktivität, die Unternehmen damit in der Logistik und in anderen Berei-chen realisieren können, liegen auf der Hand. Schon diese unternehmerischen Vorteile zahlen sich auch für die Ge-sellschaft aus: Weniger Bewegung bei gleich hoher Transportleistung bedeutet weniger Energieverbrauch und weni-ger klimaschädliche Emissionen. Schaut man weiter auf die zahlreichen Mobili-tätsprozesse, liefern die Verfahren den Schlüssel zu vielfältigen Optimierungen aus ökologischen und ökonomischen Perspektiven.

MatthIaS BERLIt

nur den Gesamtweg eines einzel-nen Staplers über alle anstehen-den aufträge zu minimieren.

Berücksichtigung der gesamtauftragslage

Die algorithmen eines intelli-genten transportleitsystems optimieren vorausschauend und erkennen zum Beispiel, dass es in der logistischen Gesamtsituation sinnvoller ist, zunächst längere anfahrtswege zum Quellplatz in Kauf zu nehmen, wenn sich unter Berücksichtigung der Gesamtauftragslage und der verfügbaren Ressourcen eine insgesamt kürzere Fahrstrecke für alle Stapler zusammen ergibt.Bei der Einführung eines intel-ligenten transportleitsystems werden Ressourcen „gepoolt“, so dass ein intralogistisches Gesamtsystem entsteht, das auf transportanforderungen flexibler und schneller reagieren kann als ein „Mosaik“ aus einzeln zu steuernden Komponenten.

Im Betrieb vergibt das transport-leitsystem immer nur einen einzel-nen auftrag an einen Stapler und berücksichtigt dabei immer dessen aktuellen Status und die logisti-sche Gesamtsituation. Erst wenn der Fahrer den laufenden auftrag als erfüllt meldet, erhält er einen nächsten. Die Dispositionsent-scheidung wird buchstäblich bis zum letzten Moment aufgescho-ben, sodass das transportleit-system maximal lange an idealen auftragskombinationen rechnen und sich kurzfristig ändernde Randbedingungen berücksichtigen kann – etwa eine neu entstandene transportaufgabe. Die Optimie-rung geschieht also in Echtzeit.MatthIaS BERLIt

Hinauszögern, um schneller zu sein

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◗ Wie eine intelligent optimieren-de Steuerung mobiler Einheiten funktioniert, soll hier am Beispiel des transportleitsystems Syn-crotess des aachener anbieters Inform illustriert werden. Die Software wird in jeweils ange-passter Form in der Intralogis-tik, in der automobillogistik, für die LKW Zulaufsteuerung, im Container-terminal-Management, beim Behältermanagement oder in Umschlagzentren eingesetzt.

In der Intralogistik stoßen regel-mäßig abzuarbeitende und spontan entstehende transportaufträge, mit unterschiedlichen anforde-rungen hinsichtlich Zeit, Dring-lichkeit, Quell- und Zielplätzen, Ladungen oder Fahrerqualifikation auf verfügbare transportres-sourcen. Diese haben wiederum passende oder nicht passende Eigenschaften, wie Ladekapazität, Geschwindigkeit, Verfügbarkeit etc. transportleitsysteme im allgemeinen bringen transportauf-träge mit -ressourcen zusammen. Dabei möchte man die insgesamt gefahrenen Strecken minimieren und die termintreue maximieren. Darüber hinaus sollte die Gesamt-kapazität an vorzuhaltenden Res-sourcen möglichst gering bleiben.

herkömmlichen Systemen stehen für den abgleich von aufträgen und Ressourcen nur beschränkte, einfache Verfahren zur Verfügung. Entsteht spontan eine transport-notwendigkeit, prüfen sie, welche passenden Stapler verfügbar sind und schicken denjenigen dorthin, der sich aktuell am nächsten zum Quellplatz befindet. Die Systeme sind jedoch nicht in der Lage, die Gesamtsituation in einem Werk im Blick zu behalten und Fahrstre-cken über diese Gesamtsituation hinweg zu optimieren oder auch