116 116. Sitzung - Bayerischer Landtag | Herzlich … Bayerischer Landtag · PLENARPAOTOKOLL 9/116...

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Bayerischer Landtag · 9. Wahlperiode PLENARPROTOKOLL9t 116 03. 03. 82 116. Sitzung am Mittwoch, dem 3. März 1982, 9.00 Uhr In München Geschäftliches . . . .. 7551.7569, 7608, 7622, 7676 Geburtstagswünsche für Frau Abg. Gelss-Wltt- mann .... Mündliche Anfragen gern. § 76 GeschO 1. Urteil des Bundesarbeitsgerichts betr. Leh- rer mit befristetem Arbeitsvertrag; hier an- spruchsberechtigter Personenkreis Dr. Zech (FDP) ..... Staatsminister Dr. Maier . . . . . 2. Urteil des Hessischen Staatsgerichtshofs zur reformierten Oberstufe an Gymnasien; hier evtl. Auswirkung auf Bayern Fendt (CSU) . . .... Staatsminister Dr. Maier . . . 3. Restaurierung der Neubau-Kirche in Würz- burg Dr. Schlittmeier (SPD) Staatsminister Dr. Maier Eykmann (CSU) . . . . . 4. Berücksichtigung der schulpraktischen Be- wertung bei der Berechnung der Abschluß- note der musisch-technischen Fachlehrer Dr. Goppel (CSU) ... Staatsminister Dr. Maier ..... . 5. Zirndorf a1$ Standort einer zweiten Real- schule im L,llndkreis Fürth Schnell fieinrich (SPD) Staatsmirister Dr. Maier 6. Sicherstell ng der Ausbildung gewerblicher Fachlehrer n den Staatsinstituten in Mün- chen und sbach Harrer F drich (CSU) . Staatsmi ister Dr. Maier Dr. Gant er (SPD) . Schön K rl (CSU) Dr. Goppel (CSU) . 7551 7551 7551 7552 7552 7552 7552 7553 7553 7553 7553 7553 7554 7554 7555 7555 7555 7. Einflußnahme auf Schüler von Gymnasien, den zivilen Ersatzdienst dem !'Jehrdienst vorzuziehen Tauber (CSU) ..... Staatsminister Dr. Maier Schnell Heinrich (SPD) . 8. Ausbildung der Pädagogischen Assistenten und besoldungsrechtliche Eingruppierung Oswald (CSU) ..... . Staatsminister Dr. Maier Dr. Goppel (CSU) 9. Pauschalierung der Lehrpersonalkostenzu- schüsse und der Gastschülerzuschüsse der kommunalen Schulträger Eykmann (CSU) ... Staatsminister Dr. Maier Regensburger (CSU) Sieber (FDP) .. Klasen (SPD) .... 10. Grundschulneubau in der Stadt Aub im Landkreis Würzburg Franz (SPD) Staatsminister Dr. Maier Will (CSU) . Frau Stamm (CSU) . 11. Bereitstellung wissenschaftlichen Personals für den Modellversuch „Kontaktstudium zur berufsbezogenen Weiterbildung von Füh- rungskräften aus Wirtschaft und Verwaltung an der Universität Augsburg" Frau Schnell (CSU) ... Staatsminister Dr. Maier . 12. Vorlage eines Konzepts für den Bau des Regensburger Klinikums in Teilabschnitten Frau Meier (SPD) ............ . Staatsminister Dr. Maier . . . . . . . . . 13. Genehmigung des Raumprogramms für die Errichtung einer Sonderschule für Körper- behinderte in Ingolstadt Regensburger (CSU) .. Staatsminister Dr. Maier 7555 7555 7556 7556 7556 7556 7557 7557 7557 7557 7557 7558 7558 7558 7559 7559 7559 7559 7559 7560 7560 S_ 7S'f9

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Bayerischer Landtag · 9. Wahlperiode PLENARPROTOKOLL9t 116 03. 03. 82

116. Sitzung am Mittwoch, dem 3. März 1982, 9.00 Uhr

In München

Geschäftliches . . . .. 7551.7569, 7608, 7622, 7676

Geburtstagswünsche für Frau Abg. Gelss-Wltt-mann ....

Mündliche Anfragen gern. § 76 GeschO

1. Urteil des Bundesarbeitsgerichts betr. Leh­rer mit befristetem Arbeitsvertrag; hier an­spruchsberechtigter Personenkreis

Dr. Zech (FDP) ..... Staatsminister Dr. Maier . . . . .

2. Urteil des Hessischen Staatsgerichtshofs zur reformierten Oberstufe an Gymnasien; hier evtl. Auswirkung auf Bayern

Fendt (CSU) . . .... Staatsminister Dr. Maier . . .

3. Restaurierung der Neubau-Kirche in Würz-burg

Dr. Schlittmeier (SPD) Staatsminister Dr. Maier Eykmann (CSU) . . . . .

4. Berücksichtigung der schulpraktischen Be­wertung bei der Berechnung der Abschluß­note der musisch-technischen Fachlehrer

Dr. Goppel (CSU) ... Staatsminister Dr. Maier ..... .

5. Zirndorf a1$ Standort einer zweiten Real­schule im L,llndkreis Fürth

Schnell fieinrich (SPD) Staatsmirister Dr. Maier

6. Sicherstell ng der Ausbildung gewerblicher Fachlehrer n den Staatsinstituten in Mün-chen und sbach

Harrer F drich (CSU) . Staatsmi ister Dr. Maier Dr. Gant er (SPD) . Schön K rl (CSU) Dr. Goppel (CSU) .

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7551 7551

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7. Einflußnahme auf Schüler von Gymnasien, den zivilen Ersatzdienst dem !'Jehrdienst vorzuziehen

Tauber (CSU) ..... Staatsminister Dr. Maier Schnell Heinrich (SPD) .

8. Ausbildung der Pädagogischen Assistenten und besoldungsrechtliche Eingruppierung

Oswald (CSU) ..... . Staatsminister Dr. Maier Dr. Goppel (CSU)

9. Pauschalierung der Lehrpersonalkostenzu­schüsse und der Gastschülerzuschüsse der kommunalen Schulträger

Eykmann (CSU) ... Staatsminister Dr. Maier Regensburger (CSU) Sieber (FDP) .. Klasen (SPD) ....

10. Grundschulneubau in der Stadt Aub im Landkreis Würzburg

Franz (SPD) Staatsminister Dr. Maier Will (CSU) . Frau Stamm (CSU) .

11. Bereitstellung wissenschaftlichen Personals für den Modellversuch „Kontaktstudium zur berufsbezogenen Weiterbildung von Füh­rungskräften aus Wirtschaft und Verwaltung an der Universität Augsburg"

Frau Schnell (CSU) ... Staatsminister Dr. Maier .

12. Vorlage eines Konzepts für den Bau des Regensburger Klinikums in Teilabschnitten

Frau Meier (SPD) ............ . Staatsminister Dr. Maier . . . . . . . . .

13. Genehmigung des Raumprogramms für die Errichtung einer Sonderschule für Körper­behinderte in Ingolstadt

Regensburger (CSU) .. Staatsminister Dr. Maier

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7550 Bayerischer Landtag · PLENARPAOTOKOLL 9/116 v. 03.03.82

14. Schlußfolgerung aus der Tötung eines neu­geborenen Kindes durch Ärzte in einer Münchner Klinik

Frau Schnell (CSU) Staatssekretär Dr. Vorndran Dr. Flath (FDP) ...... .

15. Pauschale Erstattung der Fahrgeldausfälle durch unentgeltliche Beförderung Schwer­behinderter im öffentlichen Personenver­kehr

Görlitz (CSU) ..... Staatsminister Dr. Pirkl Jaeger (FDP)

16. Entzug der Beteiligung des Chefarztes der Urologischen Klinik am Elisabeth-Kranken-· haus in Straubing durch die Kassenärztliche Vereinigung

Geisperger (SPD) Staatsminister Dr. Pirkl Dr. Flath (FDP) ....

17. Fachliche Bewilligung der Sanierungs- und Erweiterungsmaßnahme des Krankenhaus­verbandes Coburg

7560 7560 7561

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7561 7562 7562

Koch (SPD) . . . 7563 Staatsminister Dr. Pirkl 7563 Klasen (SPD) . . . . . 7563 Schnell Heinrich (SPD) 7563

18. Zulässigkeit von Entscheidungen nachge­ordneter Verwaltungsbehörden im Rahmen der Flächennutzungs- und Bauleitplanung aufgrund des MS vom 19. August 1981

Hölzl Manfred (CSU) . 7564 Staatsminister Dick . . . . . . . . . . 7564

19. Förderung einer Anlage des SC Polisina Frickenhausen aus dem Programm „Freizeit und Erholung"

Loew ~PD) . . . . . . . . . . . . . . . . 7564 Staats inister Dick . . . . . . . . 7565 Franz ( PD) . . . . . . . . . . . . . . . 7565 Kalo ( PD) . . . . . . . . . . . . . 7566

20. Verteilunf. von Aufklärungsmaterial zur Kernene ienutzung durch das Staatsmini­sterium f r Landesentwicklung und Umwelt­fragen

Große (FDP) Staats inister Dick

21. Vermind rung des Schwefeldioxidgehalts der Luft ur Verhinderung sauren Regens

7566 7566

Huber rwin (CSU) . Staats inister Dick . Regen burger (CSU) Mitter eier (CSU) .

. .. 7567 . 7567, 7568

7568 . ... 7568

22. Austritt von radioaktivem Dampf aus Atom­kraftwerken mit Druckwasserreaktoren

Schmitt (SPD) .... Staatsminister Dick

7568,7569 7568,7569

Interpellation der Abg. Dr. Rothemund, Dr. Seebauer u. Frakt. betr. Arbeitsmarktlage und Beschäftigungspolitik (Drs. 10452)

Staatsminister Jaumann . . Dr. Rothemund (SPD), Interpellant Lang (CSU)

7569,7571 7569,7570

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Zurückstellung . . . .

Interpellation der Abg. Lang, Otto Meyer u. F rakt. betr. „ Das Schulwesen In Bayern" (Drs. 10232)

Lang (CSU), Interpellant Staatsminister Dr. Maier Frau Meier (SPD) ... . Oswald (CSU) .. . Frau Redepenning (FDP) .

(Unterbrechung der Sitzung)

7571

7571 7573 7608 7613 7616

Dr. Rost (CSU) Schmolcke (SPD)

. 7622

Engelhardt Karl Theodor (SPD) Donhauser (CSU) Jacobi (FDP) Dr. Goppel (CSU) Jaeger (FDP)

7624,7641 7626 7628 7631 7633

Engelhardt Walter (SPD) Dr. Glück (CSU) ..... Staatsminister Dr. Maier

Entwurf einer Verordnung zur Änderung der Verordnung über das Landesentwicklungspro­gramm Bayern (Drs. 10602)

Berichte des Landesentwicklungs-, des Sozial­politischen, des Verfassungs- und des Wirt­schaftsausschusses (Drs. 10800, 10965, 10071, 10984)

Huber Erwin (CSU), Berichterstatter Häußler (CSU), Berichterstatter . Dumann (CSU), Berichterstatter . Staatsminister Dick Kalo (SPD) ....

-7534 7637 7639 7643

7646 7646 7647 7647 7650

Huber Erwin (CSU) Großer (FDP)

7652,7657 7656

Beschluß .

Dringlichkeitsantrag der Abg. Jaeger, Großer, Grünbeck u. Frakt. betr. Standortkatalog für Wiederaulbereltungsanlagen In Bayern (Drs. 10856)

und Dringlichkeitsantrag der Abg. Dr. Rothemund, Kola, Zierer u. Frakt. betr. Standorträume für Wiederaufbereitungsanlagen (Drs. 10946)

Berichte des Umwelt- und des Wirtschaftsaus­schusses (Drs. 11 009, 11 010; 11101, 11102)

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Bayerischer Landtag · PLENARPROTOKOLL 9/116 v. 03.03.82 7551

Großer (FDP). Berichterstatter .. Dr. Zech (FDP), Berichterstatter . Staatsminister Dick Wolf (SPD) ....

765ß 7659

7660,7662 . .. 7663

Glück Alois (CSU) . Großer (FDP) Kola (SPD)

7664,766ß,7671 7667 7668

Beschluß ...

Antrag der Abg. Sieber. Großer betr. Ökologl­sches Gesamtgutachten für den Raum „Baye­rischer Untermain" (Drs. 6914)

Berichte des Landesentwicklungs-, des Wirt­schafts-, des Haushalts- und des Landwirt­schaftsausschusses (Drs. 7331, 9425, 10768, 9746)

7673

7673 7673 7674

Großer (FDP), Berichterstatter ... Dr. Zech (FDP). Berichterstatter . Jacobi (FDP), Berichterstatter Sieber (FDP) . Baumann (CSU) ....... . Dr. Zech (FDP) .. .

7674.7675 7674 7675

Zurückverweisung an die Fraktionen

Antrag des Abg. Hochleitner u. a. betr. Sicher­stellung des Fortbestehens des Modellver­suchs „Nachgeholter Hauptschulabschluß für ausländische Jugendliche (Drs. 8054)

Berichte des Kulturpolitischen, des Sozialpoliti­schen, des Dienstrechts- und des Haushalts­ausschusses (Drs. 8857. 9417. 9731, 11 086)

Frau Meier (SPD). Berichterstatter Kaiser Willi (SPD), Berichterstatter Franz (SPD), Berichterstatter Koch (SPD), Berichterstatter

Beschluß ....

Nächste Sitzung

Beginn der Sitzung: 9 Uhr 01 Minute

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7676 7676 7676 7676

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Erster Vlzep~sldent Kamm: Guten Morgen, meine sehr verehrt~n Damen und Herren! Ich eröffne die 116. Vollsitzu g des Bayerischen Landtags.

Sie kennen d n Text mit Hörfunk und Fernsehen. Ihre Zustimmung orausgesetzt, ist die Genehmigung für Aufnahmen e eilt worden.

Vor Eintritt in tion ausspre mann - ich s heute Gebu Namen des

ie Tagesordnung darf ich eine Gratula­hen. Frau Kollegin Maria Gelss-Wltt­he sie leider noch nicht im Hause - hat tag. Dazu beglückwünsche ich sie im hen Hauses und auch persönlich.

(Allgemeiner Beifall)

Ich wünsche~·hr weiterhin Energie und Beherztheit, wie sie sie ja mmer wieder bei der Behandlung ihrer Anträge im P num bewiesen hat, etwa beim Antrag betreffend R chverzicht für Lehrer an Schulen.

Ich rufe auf Punkt 8 der Tagesordnung:

Mündliche Anfragen gemäß § 76 der Geschäftsord­nung für den Bayerischen Landtag

Ich darf den Herrn Staatsminister für Unterricht und Kultus bitten, die ersten Anfragen zu beantworten.

Erster Fragesteller ist der Herr Abgeordnete Dr. Zech. Bitte, Herr Kollege!

Dr. Zech (FDP), Fragest e II er:

Herr Staatsminister, wieviele Lehrer mit befriste­tem Arbeitsvertrag In Bayern haben nach dem jüngsten Urteil des Bundesarbeitsgerichts An· spruch auf eine feste Anstellung?

Staatsminister Dr. Maler: Herr Präsident, Her Kol­lege Zech ! Ob die jüngste Entscheidung des Bundes­arbeitsgerichts über die Zulässigkeit von befristeten Arbeitsverträgen mit Lehrern Auswirkungen auf die Wirksamkeit derartiger Arbeitsverträge in Bayern hat, läßt sich augenblicklich noch nicht feststellen. Das läßt sich erst nach Vorliegen der schriftlichen Urteils­begründung sagen. Diese muß abgewartet werden.

Erster Vizepräsident Kamm: Zusatzfrage, der Frage­steller!

Dr. Zech (FDP): Herr Staatsminister, wann rechnen Sie mit dem Vorliegen der schriftlichen Urteilsbegrün­dung, nachdem meine Frage ja bereits für die letzte Fragestunde vorgesehen war?

Staatsminister Dr. Maier~ Leider dauert das gerade bei der höchstrichterlichen Rechtsprechung oft sehr lange. Es kann ein halbes Jahr. aber auch länger dau­ern.

Erster Vizepräsident Kamm: Zusatzfrage, Herr Abge­ordneter Dr. Zech}

Dr. Zech (FDP): Gibt es in Bayern ähnliche Arbeitsge­richtsprozesse, insbesondere bei Lehrern?

Staatsminister Dr. Maler: Arbeitsgerichtsprozesse gibt es keine. Ich kann aber eine Zahl nennen. Es sind rund 1700 Lehrer mit befristetem Arbeitsvertrag tätig, wobei die ausländischen Lehrer im bayerischen Schuldienst noch nicht berücksichtigt sind.

Ein vorläufiger Blick auf das Urteil zeigt allerdings, daß wir wohl deswegen nicht betroffen sind, weil der Bayerische Landtag immer sehr sorgfältig befristete Mittel ausgewiesen hat. Das Bundesarbeitsgericht übt ja keine Kritik daran, daß Lehrer befristet be­schäftigt werden, wenn die betreffenden Landtage und deren Haushaltsausschüsse ganz genau den Zweck setzen und die Zeit befristen. Das ist bei uns geschehen. Ich nehme also an, daß Bayern kaum be­troffen sein wird. Mit Sicherheit kann ich das aber erst sagen, wenn ich die schriftliche Urteilsbegrün­dung kenne.

Erster Vizepräsident Kamm: Nächster Fragesteller. Herr Abgeordneter Fendt. Bitte, Herr Kollege!

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7552 Bayerischer Landtag· PLENARPROTOKOLL 9/116 v. 03.03.82

Fendt (CSU), Fragesteller:

Herr Staatsminister, erkennt die Bayerische Staatsregierung, gemessen am Urteil des Hessi­schen Staatsgerichtshofes, der die r.efonnierte Oberstufe an hessischen Gymnasien aus Inhaltli­chen Gründen für verfassungswidrig erklärte, auch Notwendigkeiten, das Unterrichtsgesche­hen an bayerischen Gymnasien zu überprüfen?

Staatsminister Dr. Maler: Herr Kollege Fendt ! Mit seinem am 30. Dezember 1981 verkündeten Urteil hat der Hessische Staatsgerichtshof für Recht erkannt; ich darf mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten zitieren:

Die §§ 3 bis 6 des Gesetzes über die Neuordnung der gymnasialen Oberstufe vom 21. Juni 1977 ... verletzen das Grundrecht der antragstellenden El­tern aus Art. 55 Satz 1 der Verfassung des Landes Hessen.

In dem Urteil wird beanstandet,

- daß dem Unterrichtsfach Deutsch nicht die ange­messene Bedeutung eingeräumt wird;

- daß das Unterrichtsfach Geschichte nicht als selb­ständiges Fach unterrichtet, sondern in die „Ge­meinschaftskunde" einbezogen wird;

- daß die von den Schülern zu belegenden Kurse in keinem inhaltlich aufeinander bezogenen Zusam­menhang stehen;

- daß dem Klassenverband zu wenig Aufmerksam-keit gewidmet wird.

Wenn man diese vier Punkte auf die bayerische Aus­prägung der gymnasialen Oberstufe anwendet, ergibt sich folgendes:

Einmal wird in Bayern das Unterrichtsfach Deutsch grundsätzlich bis zum Abitur belegt; es ist mit vier statt mit drei Wochenstunden ausgestattet. Zweitens muß das Fa~h Geschichte, das als eigenständiges Fach eingeri~htet und verpflichtend vorgeschrieben ist, grundsä11<1ich in der Jahrgangsstufe 13 belegt werden; m8J1 kann es also nicht abwählen. Dann ist der inhaltlicht Zusammenhang zwischen den zu bele­genden Kur n sowohl durch die Sequenz-Struktur der Lehrplä als auch durch die Verpflichtung des Schülers ge ichert, grundsätzlich zwei aufeinander­folgende Ku e zu belegen. Schließlich wird die Jahr­gangsstufe 1 seit jeher als Klassenverband geführt, während an re Länder, zum Beispiel Hessen, hier bereits mit d m Kurssystem einsetzen.

Im übrigen nd die Lehrpläne an den obersten Bil­dungszielen usgerichtet, die in der Bayerischen Ver­fassung sie n. Ich sehe also keine Notwendigkeit, das Unterric tsgeschehen an den bayerischen Gym­nasien zu ü erprüfen. Das schließt natürlich nicht aus, daß an r Kollegstufe gewisse Änderungen vor­genommen erden, sobald dieses Hohe Haus über den Dringli hkeitsantrag der CSU-Fraktion vom 23. Oktober 981 entschieden hat.

(Abg. Fendt: Danke!)

Erster Vizepräsident Kamm: Nächster Fragesteller ist der Herr Abgeordnete Volker von Truchseß. Der Herr Abgeordnete Dr. Schlittmeier übernimmt die Frage.

Dr. Schllttmeier (SPD). Fragest e 11 er :

Herr Staatsminister, aus welchen Gründen ist die Restaurierung der Neubau-Kirche In Würzburg, des vom Universitätsgründer Fürstbischof Jullus Echter errichteten bedeutendsten Baudenkmals der Renaissance In Franken, die Ministerpräsi­dent a. D. Dr. Alfons Goppel anläßlich einer Sit­zung des Senats der Universität Würzburg am 23. Juli 1963 und anläßlich seiner Ehrung durch die Juristische Fakultät der Universität Würzburg am 17. Juli 1964 erneut zugesagt hatte, bis zum 400jährlgen Jubiläum der Universität Würzburg am 2. Januar 1982 nicht zum Abschluß gebracht worden, so daß sich das Bauwerk auch weiterhin als nicht betretbare Baustelle darbietet?

Staatsminister Dr. Maler: Herr Kollege Dr. Schlitt­meier, die sogenannte Neubau-Kirche in Würzburg, die im Eigentum der Körperschaft Universität steht, wird in zwei Abschnitten wiederhergestellt. Zunächst wurden nach den Planungen der Universität die Si­cherung des baufälligen Turms und seine Wiederher­stellung im Jahre 1964 in Angriff genommen; der Wie­deraufbau der Kirche war für einen späteren Zeit­punkt vorgesehen. Erst im Herbst 1972 gab der Bun­desminister für Bildung und Wissenschaft seinen Widerstand gegen eine Mitfinanzierung dieses Bau­projekts auf. Im November 1976 legte die Universität Würzburg den Bauantrag für den Umbau in eine Aula vor. Nach Sanierungsmaßnahmen ab 1977 konnte im Sommer 1980 mit dem Bau begonnen werden.

Die Zeitdauer der Wiederherstellung ist vor allem durch Finanzierungsprobleme bedingt, denn die Ko­sten sind - ohne den Turm - zuletzt auf 12,8 Millionen DM festgesetzt worden. Eine beträchtliche Summe, die nicht auf einmal mobilisiert werden kann! Dabei sind die umfangreichen Baumaßnahmen der Universi­tät Würzburg in der Innenstadt, am Hubland und vor allem für die Kliniken nicht zu vergessen, die ja auf­grund ihrer Bedeutung für die Funktionsfähigkeit der akademischen Lehre und Forschung Vorrang hatten.

Herr Ministerpräsident Goppel hatte die Wiederher­stellung der Neubau-Kirche weder verbindlich zuge­sagt noch einen Termin in Aussicht gestellt. Unter den gegebenen Umständen muß man froh sein, daß die Wiederherstellung trotz der Kürzung der Bundes­mittel für den Hochschulbau fortgeführt werden kann.

Erster Vizepräsident Kamm: Zusatzfrage, Herr Abge­ordneter Dr. Schlittmeier!

Dr. Schlittmeier (SPD): Herr Staatsminister, bis wann rechnen Sie spätestens mit dem Abschluß dieser Ar­beiten bei Zugrundelegen der heutigen Finanzlage?

Staatsminister Dr. Maier: Nachdem gegenwärtig so viele Mittel zwischen Bund und Land strittig sind, muß man diese Frage an die Bundesregierung in Bonn weitergeben.

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Bayerischer Landtag· PLENARPROTOKOLL 9/116 v. 03.03.82 7553

Erster Vizepräsident Kamm: Zusatzfrage. Herr Abge­ordneter Eykmann !

Eykmann (CSU): Herr Staatsminister, sind Sie mit mir der Auffassung, daß diese vertretbare Verzögerung auch dadurch entstanden ist, daß man bei den Arbei­ten an der Neubau-Kirche die uralte Stadtmauer Würzburgs gefunden hat, die denkmalspflegerisch behandelt werden muß? Dies hat allein sehr, sehr lange Zeit in Anspruch .genommen.

Staatsminister Dr. Maler: Das ist richtig. Außerdem waren umfangreiche Steinmetzarbeiten notwendig. Es ist ja immer so, daß viele Dinge zum Vorschein kommen, die man am Anfang noch nicht gekannt hat, wenn ein altes Bauwerk restauriert wird.

Erster Vizepräsident Kamm: Nächster Fragesteller, Herr Abgeordneter Thomas Goppel!

Dr. Goppel (CSU). Fragest e 11 er :

Herr Staatsminister, hat die Staatsregierung si­chergestellt, daß für die musisch-technischen Fachlehrer In der Übergangszelt bis 1983 die schulpraktlsche Bewertung ebenso bei der Be­rechnung der Abschlußnote berücksichtigt wird wie bei den Fachlehrern für Handarbeit und Haus­wirtschaft, und gllt eine evtl. getroffene Regelung rückwirkend mit dem Schuljahr 1981/82?

Staatsminister Dr. Maler: Herr Kollege Goppel, die Frage verlangt einige Details. Ich bitte das Haus um Geduld.

Im Jahre 1979 wurde die Ordnung der Anstellungs­prüfung für Fachlehrer, FPO II, dem neuen Sachstand angepaßt, so daß künftig nur mehr Fachlehrer der technisch-musischen Richtung mit einer Fächerver­bindung von drei Fächern aus den vier Fächern Tech­nisches Werken, Technisches Zeichnen, Kurzschrift, Maschinenschreiben oder mit der Fächerverbindung Handarbeit ulld Hauswirtschaft vorhanden sein wer­den.

Um zwischef1 beiden Gruppierungen ein Gleichge­wicht des scllulpraktischen Prüfungsteils, das sind sechs Punkt innerhalb eines Teilers von 13 für die Gesamtprüfu g, zu erreichen, war es erforderlich, die beiden prakti chen Prüfungen der Fachlehrerinnen für Handarbei und Hauswirtschaft mit 2 mal 3 Punk­ten zu bewe n. die drei ·praktischen Prüfungen der vorgenannten Fachlehrer mit 3 mal 2 Punkten. Diese Regelung wu e übrigens im Einvernehmen mit dem Landesperso !ausschuß getroffen.

Es sprach a r - und spricht auch weiterhin - gar nichts dafür, ie Prüfungsregelungen für die bereits im Auslauf be ndlichen Fächerverbindungen mit zwei Fächern, nä ich mit Kunsterziehung, Musik oder Sport, die in esamt mit 4 Punkten (von 11 für die Gesamtprüfu ) gewertet werden. noch zu ändern. Es wäre sonst ohne zwingenden Anlaß die Bewertung dieser Fäche erbindungen gegenüber den Vorjahren geändert wor n, und zwar - wie man nochmals be­tonen muß bei Fächerverbindungen, die, von

ganz wenigen Nachzüglern abgesehen, 1982 letztma­lig zur Anstellungsprüfung kommen. Eine Änderung für die kommende Prüfung 1982 wäre im übrigen schon rechtlich nicht mehr durchführbar, erst recht nicht rückwirkend. Für eine Neuregelung, die einen Prüfungsteil schwerer gewichtet und die damit für ei­nen Teil der Prüflinge möglicherweise eine Verbesse­rung, für einen anderen aber eine Verschlechterung bedeuten würde, müßte den Prüflingen eine ausrei­chende Vorlaufzeit, also mindestens ein volles Schul­jahr, zugebilligt werden. Eine - nur unter Beteiligung des Landespersonalausschusses mögliche - Ände­rung der FPO II, die zudem noch im Gesetz- und Ver­ordnungsblatt zu veröffentlichen wäre. würde nicht nur in das bereits laufende Schuljahr, sondern sogar in eine bereits laufende praktische Prüfung hineinge­raten. die - wie erwähnt - im wesentlichen die letzte der betreffenden Fächerverbindungen ist.

Nach 1982 gibt es Fälle mit 2-Fächer-Verbindungen nur mehr in außergewöhnlich seltenen Einzelfällen, nämlich in denen bei einer der seltenen Fachkombi­nationen von Musik/Kunsterziehung oder Musik/ Sport zugleich eine Verzögerung der Ausbildung vor­liegt.

Erster Vizepräsident Kamm: Zusatzfrage, der Frage­steller!

Dr. Goppel (CSU): Herr Staatsminister, wenn auch eine Änderung der Bedingungen in diesem laufenden Schuljahr kaum mehr möglich sein wird, sehen Sie nicht mit mir die Chance, daß durch eine Umgewich­tung hin zur Praxis und damit zur „Wiedergewinnung des Erzieherischen" auch sichergestellt worden wäre, daß der eine oder andere der alten Bewerber noch gute und vernünftige Leistungen gerade in die­sem erziehungspraktischen Teil erbracht hätte und man damit in diesem Bereich für eine bessere praxis­bezogenere Auswahl der Lehrkräfte hätte sorgen können?

Staatsminister Dr. Maler: Man wird diese Gesichts­punkte bei der Neugestaltung des gesamten Prü­fungsverfahrens sicher berücksichtigen müssen. In diesem Jahr ist es aus den im einzelnen dargestellten Gründen leider nicht mehr möglich.

Erster Vizepräsident Kamm: Nächster Fragesteller, Herr Kollege Heinrich Schnell!

Schnell Heinrich (SPD). Fragest e 11 er:

Ist das Staatsministerium für Unterricht und Kul­tus bereit, unter Berücksichtigung eines mit überwiegender Mehrheit vom Kreistag des Land­kreises Fürth gefaßten Beschlusses als Ort für eine zweite Realschule Im Landkreis Fürth Zirn­dorf festzulegen?

Staatsminister Dr. Maler: Herr Kollege Schnell, es kann gegenwärtig noch nicht abschließend beurteilt werden, ob Zirndorf als Standort für eine zweite Real­schule im Landkreis Fürth festgelegt werden kann.

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7554 Bayerischer Landtag· PLENARPROTOKOLL 9/116 v. 03.03.82

(Staatsminister Dr. Maier)

Das Kultusministerium hat dem Landkreis Fürth mit Schreiben vom 29. Dezember 1981 mitgeteilt, daß es Cadolzburg für den am besten geeigneten Standort einer weiteren Realschule im Landkreis Fürth hält. Das Ministerium hat sich damit der Auffassung der Regierung von Mittelfranken angeschlossen, die auf­grund einer von uns angeregten Untersuchung zum Ergebnis kam, da8 Cadolzburg als der „effektivste Standort" anzusehen sei. Als Vorteil eines Standorts Cadolzburg gegenüber Zirndorf wurden dem Land­kreis Fürth genannt: die zentrale Lage (ein Gesichts­punkt der Regional- und Landesplanung), die damit verbundene größtmögliche Auslastung und die bes­sere Erreichbarkeit für viele Schüler, also die Versor­gung des Zenngrundes.

Demgegenüber hat sich der Kreistag in seiner Sit­zung vom 26. Januar dieses Jahres mit überwiegen­der Mehrheit für Zirndorf ausgesprochen.

Der Kreistagsbeschluß und die in der Debatte des Kreistages vorgebrachten Argumente machen eine Uberprüfung der Überlegungen des Staatsministe­riums erforderttch. Dazu wurden Rückfragen bei den Staatsministerien der Finanzen und des Innern not­wendig, deren Beantwortung noch aussteht. Nach deren Eingang wird - gegebenenfalls unter nochmali­ger Beteiligung der Regierung von Mittelfranken und des Ministerialbeauftragten für die Realschulen in Mittelfranken - eine Entscheidung unverzüglich ge­troffen werden. Die notwendigen Schreiben stehen noch aus.

Erster Vizepräsident Kamm: Zusatzfrage, der Frage­steller!

Schnell Heinrich (SPD): Herr Minister, ist es so, daß man sich inzwischen auf Cadolzburg so festgebissen hat, daß man kaum mehr bereit ist, auf Zirndorf einzu­gehen? Ich frage Sie deshalb, weil ursprünglich ge­rade der Ministerialbeauftragte für die Realschulen in Mittelfranken den Standort völlig offen gelassen hatte.

Staatsminister Dr. Maler: Weder legen wir uns noch beißen wir l61S fest.

(Heiterkeit)

Erster Vizepräsident Kamm: Weitere Zusatzfrage, der Fragesteller!

Schnall Hei~rich (SPD): Herr Staatsminister, messen Sie dem mf' überwiegender Mehrheit gefaßten Be­schluß des reistages, der ja gehört worden ist und dessen Ste ungnahme schon einen gewissen Wert haben sollt , in Ihrer Gewichtung der Orte nicht eine entscheide e Bedeutung bei?

Staatsmlnli. er Dr. Maier: Das habe ich ja schon ge­tan, Herr K liege Schnell, indem ich neu in die Prü­fung einget ten bin und auch die beteiligten Ministe­rien noch e mal gefragt habe. Sicher wird auch die Regierung lion Mittelfranken erneut Stellung nehmen müssen.

Erster Vizepräsident Kamm: Nächster Fragesteller, Herr Kollege Friedrich Harrer!

Harrer Friedrich (CSU), Fragest e 11 er:

Herr Minister, Ich darf Sie fragen, ob die Ausbil­dung von gewerblichen Fachlehrern an den Staatsinstituten In München und Ansbach für die Zukunft gesichert Ist?

Staatsminister Dr. Maier: Da muß ich auch wieder et­was ausholen; ich bitte um Verständnis.

Die. Kapazität für die Ausbildung gewerblicher Fach­lehrer wurde im Jahre 1972 im Hinblick auf die seiner­zeit geplante Einführung der beruflichen Grundbil­dung in schulischer Form durch eine weitere Ausbil­dungsstätte in Ansbach zusätzlich zu der in München bestehenden Abteilung auf insgesamt 150 Ausbil­dungsplätze ausgebaut. Seither wurden rund 1400 gewerbliche Fachlehrer ausgebildet und in den Schul­dienst übernommen.

Die an beiden Einrichtungen bestehende Ausbil­dungskapazität mußte bereits im Vorjahr von 150 auf rund 90 Plätze reduziert werden, weil der Nachholbe­darf weitgehend gedeckt ist und zusätzlicher Bedarf wegen der Einführung der beruflichen Grundbildung überwiegend in kooperativer Form nicht mehr in grö­ßerem Umfang zu erwarten ist. Dazu kommt die Un­gewißheit, ob und in welchem Umfang in den näch­sten Haushalten zusätzliche Planstellen für die An­stellung gewerblicher Fachlehrer bereitgestellt wer­den.

Bei dieser Sachlage war zu prüfen, ob die Ausbildung weiterhin an zwei Standorten in Bayern beibehalten werden kann. Nach Berechnungen des Kultusmini­steriums reicht in den nächsten Jahren eine Ausbil­dungskapazität von jährlich 40 bis 50 Plätzen aus, um den Bedarf an gewerblichen Fachlehrern für den staatlichen und den kommunalen Schulbereich voll zu befriedigen. Dieser Rückgang kann durch eine gleich­mäßige Reduzierung der Ausbildungskapazitäten an beiden Abteilungen, München und Ansbach, nicht mehr aufgefangen werden, weil Institutseinheiten mit jeweils 20 bis 25 Plätzen kostenmäßig nicht zu verant­worten sind. Ich habe deshalb entschieden, die Aus­bildung gewerblicher Fachlehrer in München einzu­stellen.

Da sich weder für den Standort München noch für den Standort Ansbach unter dem Gesichtspunkt der Qualität der Ausbildung eindeutige Präferenzen erga­ben, sprachen für die Beibehaltung der Ausbildungs­stätte in Ansbach besonders regional- und struktur­politische Überlegungen und der Gesichtspunkt der Dezentralisation staatlicher Behörden und der Erhalt solcher Behörden in strukturschwachen Gebieten.

Erster Vizepräsident Kamm: Erste Zusatzfrage, der Fragesteller!

Harrer Friedrich (CSU): Herr Minister, nach Ihrer Mei­nung besteht also nicht die Befürchtung, daß wegen der Schließung eines Instituts die Anzahl der Fachleh­rer insgesamt stark reduziert wird?

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Bayerischer Landtag - PLENARPROTOKOLL 9/116 v. 03.03.82 7555

Staatsminister Dr. Maler: Ich glaube. daß wir mit der reduzierten Kapazität den Bedarf an Lehrern decken. die noch eine realistische Chance haben, angestellt werden zu können. Aber Sie wissen, wie schwer es ist, hier Zusagen und Zusicherungen für die nächsten Jahre zu geben.

Erster Vizepräsident Kamm: Nächste Zusatzfrage, Herr Kollege Dr. Gantzer1

Dr. Gantzer (SPD): Herr Minister, nachdem das Aus­bildungsangebot hier in München wesentlich größer gewesen ist als in Ansbach, weswegen haben Sie dann in München die Schule geschlossen?

Staatsminister Dr. Maler: Ich sagte es schon, aus re­gionalen und strukturpolitischen Gründen. Wenn ich vor die Wahl gestellt bin, eine Institution entweder in einem Ballungsraum oder in einem dünner besiedel­ten Gebiet zu schließen, dann werde ich den dünner besiedelten Raum durch die Aufrechterhaltung der Einrichtung bevorzugen, wenn es irgendwie zu ver­antworten ist.

(Beifall bei der SPD)

Erster Vizepräsident Kamm: Zusatzfrage, Herr Kol­lege Schön!

Schön Karl (CSU): Herr Kultusminister, die gewerbli­chen Fachlehrer haben doch im Lauf der letzten Jahr­zehnte hervorragend für unsere duale Ausbildung ge­sorgt. Ich fürchte, daß Sie durch Ihre jetzige Maß­nahme alles verschulen. Soll das richtig sein?

Staatsminister Dr. Maler: Mit Verschulung hat das wirklich nichts zu tun. Im Gegenteil, die Reduzierung ist auch deshalb notwendig, weil die schulische Form im wesentlichen nicht mehr weiter ausgebaut werden kann. Sie kl!nnen die Entscheidung der Wirtschaft im Anschluß an die Novellierung des Berufsbildungsge­setzes von 1978.

Erster Vizepräsident Kamm: Zusatzfrage, Herr Kol­lege Goppel!

Dr. Goppel, (CSU): Herr Staatsminister, darf ich die Frageste11u19 des Kollegen Schön in der Richtung in­terpretieren' daß es ihm darum ging, festgehalten zu wissen, da die Gewerbefachlehrer F a c h 1 e h r e r sind, also raktiker, während die neuen Lehrkräfte vornehmlic aus dem Berufsschulbereich kommen, also Theore iker sind? Darf ich in diesem Zusammen­hang konkr t fragen, Herr Staatsminister: Ist es rich­tig, daß der ewerbefachlehrer und damit der Prakti­ker immer ehr aus diesem Bereich dadurch ver­drängt wird daß das Kultusministerium die Ausbil­dung solch r Lehrer schon von sich aus einschränkt und damit direkt zusätzliche Beschäftigungsmög­lichkeiten r· Berufsschullehrer schafft?

Staatsminlaler Dr. Maier: Die Verwendung der ge­werblichen lachlehrer insgesamt soll nicht einge-

schränkt werden. Wir haben an den Berufsschulen in Bayern sowohl gewerbliche Fachlehrer wie Lehrer des höheren Dienstes. Beide Lehrergruppen werden gebraucht und erfüllen Aufgaben im Rahmen des dualen Systems: Fachlehrer überwiegen im Bereich qer Fachpraxis und der praktischen Fachkunde, die Lehrer des höheren Dienstes in der Fachtheorie, im Fachrechnen, in den berufsbezogenen allgemeinen Fächern.

Erster Vizepräsident Kamm: Zusatzfrage, Herr Kol­lege Harrer!

Harrer Friedrich (CSU): Herr Minister, da diese aus­zubildenden Fachlehrer auch in der Schule praktizie­ren müssen, frage ich Sie: Ist bekannt, daß sie in der Fachrichtung Holz z.B. von Ansbach aus 20 km nach Gunzenhausen fahren müssen, die Metzger und Kü­chenmeister 30 km nach Rothenburg, so daß deshalb die Fachrichtung Ernährung nach einem Jahr Versuch in Ansbach nach München verlegt worden ist, weil es so nicht möglich war? Und weiter: Was geschieht mit den Dozenten und Lektoren hier in München?

Erster Vizepräsident Kamm: Das waren zwei Zusatz­fragen.

Staatsminister Dr. Maier: Zunächst zur letzten, was mit dem Personal geschieht; ich habe hier die Über­sicht: Es sind drei hauptamtliche Lehrer, ein Oberstu­diendirektor, zwei Studiendirektoren und eine Sekre­tärin tätig. Der Leiter, der Oberstudiendirektor, geht ohnehin im Dezember dieses Jahres in den Ruhe­stand. Die beiden Studiendirektoren können an staat­liche Schulen im Großraum München übernommen werden. Auch die Weiterverwendung deJ Sekretärin ist sichergestellt.

Die zweite Frage betrifft natürlich alle ähnlichen Fälle. Mit dem Sinken des Lehrerbedarfs tritt das Problem auf, daß wir gewisse Kapazitäten verringern. Dadurch werden auch die Wege zu den Institutionen, die aus­bilden, länger. Aber lieber ein längerer Weg und eine bessere Berufsaussicht für einen geringeren und da­her noch unterzubringenden Kreis als Dutzende von Ausbildungsstätten, die die Illusion nach sich ziehen, es könnten alle im Land unterkommen. Hier muß man· einfach wählen und unter Umständen auch eine harte Entscheidung treffen.

Erster Vizepräsident Kamm: Nächster Fragesteller, Herr Kollege Tauber!

Tauber (CSU), Frage s te 11 er:

Herr Staatsminister, Ich frage die Staatsregie­rung, ob sie Anhaltspunkte dafür hat, daß die Schüler am Hardenberg-Gymnaslum, Helnrich­Schllemann-Gymnaslum und Helene-Lange-Gym­nasium in Fürth sowie am Gymnasium Oberas­bach bealnflußt werden, den zivilen Ersatzdienst dem Wehrdienst vorzuziehen.

Staatsminister Dr. Maler: Herr Kollege Tauber, das Staatsministerium hat keine Anhaltspunkte dafür, daß die Schüler am Hardenberg-Gymnasium, am Hein-

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(Staatsminister Dr. Maier)

rich-Schliemann-Gymnasium und am Helene-Lange­Gymnasium in Fürth sowie am Gymnasium Oberas­bach beeinflußt werden. den zivilen Ersatzdienst dem Wehrdienst vorzuziehen. Ich nehme an, daß sich Ihre Anfrage auf ein einzelnes Vorkommnis im evangeli­schen Religionsunterricht des Helene-Lange-Gymna­siums Fürth im Frühsommer 1981 bezieht, und möchte darauf hinweisen, daß dieser Fall vom Staats­ministerium im Einvernehmen mit dem Evangelisch­Lutherischen Landeskirchenamt mit Schreiben vom 23. Juni 1981 eindeutig geklärt und abschließend be­handelt worden ist. Eine Beeinflussung von Schülern im Sinne der Anfrage ist dabei offensichtlich nicht er­folgt.

Erster Vizepräsident Kamm: Zusatzfrage des Frage­stellers!

Tauber (CSU): Herr Staatsminister, worauf führen Sie es wohl zurück, daß am Gymnasium Oberasbach die Anzahl der Schüler, die den zivilen Ersatzdienst vor­ziehen, wesentlich größer ist als bei den anderen Gymnasien?

Staatsminister Dr. Maler: Dafür kann ich Gründe nicht nennen. Ich kann aber dieses Vorkommnis im evangelischen Religionsunterricht nicht zur Begrün­dung heranziehen. Hier gab es einen Briefwechsel mit dem Landeskirchenamt. Auch der betreffende Reli­gionslehrer ist einvernommen worden. Das Landes­kirchenamt hat mir versichert, daß dieser Religions­lehrer nicht in dem vermuteten Sinne tätig geworden sei.

Erstar Vlzapräsldant Kamm: Zusatzfrage, Herr Kol­lege Schnell!

Schnall Heinrich (SPD): Herr Staatsminister, halten Sie es für möglich, daß die Schüler des Gymnasiums Oberasbach. von Personen außerhalb des Unterrichts in der vom Herrn Kollegen Tauber angesprochenen Weise beeinflußt worden sein könnten?

Staatsminister Dr. Maler: Das ist nicht auszuschlie­ßen.

Erster Vlze~räsldant Kamm: Nächster Fragesteller, Herr Kolleg11 Oswald!

Oswald (Csj.J). Fragest e 11 er :

Herr Sta tsmlnlster, wie beurtellt die Staatsre­gierung le Bitte eines bayerischen Lehrerver­bandes, la Auablldung zum Pädagogischen As­sistenten alnzustallen und dla Im Dienst und In Ausblldu beflndllchen Assistenten basoldungs­rechtllch eu einzugruppieren?

Staatsmini er Dr. Maler: Herr Kollege Oswald, die Pädagogisc en Assistenten haben sich in Bayern aufs beste ewährt und sind gerade bei zurückge­henden Sc lerzahlen im Unterrichtsgeschehen sehr wichtig. Ein Höhergruppierung dürfte freilich ange-

sichts der gegenwärtigen Haushaltssituation kaum realistisch sein.

Erstar Vizepräsident Kamm: Zusatzfrage, der Frage-steller! '

Oswald (CSU): Herr Staatsminister, würden Sie mir dann zustimmen, daß wir die Pädagogischen Assi­stenten, die sich ja im unterrichtlichen Einsatz be­währt haben, selbst dann benötigen, wenn wir keine zusätzlichen Lehrerplanstellen schaffen könnten?

Staatsminister Dr. Maler: Gerade in den ländlichen Gebieten, wo wir heute eine geringe, aber doch fühl­bare· Zunahme der jahrgangskombinierten Klassen haben, brauchen wir die Pädagogischen Assistenten wie das liebe Brot; denn nur dadurch kann in jahr­gangskombinierte Klassen ein wenig Differenzierung hineingebracht werden. Die Pädagogischen Assisten­ten, ich möchte Ihre Frage damit bejahen, werden also auch in einem solchen Fall nötig sein.

Erster Vizepräsident Kamm: Zusatzfrage, Herr Kol­lege Goppel!

Dr. Goppel (CSU): Herr Minister, was können wir ge­meinsam tun, um wesentliche Vorsitzende wesentli­cher Verbände und ihre Vorstände davon zu überzeu­gen, daß dem so ist, wie Sie gesagt haben?

Staatsminister Dr. Maler: Herr Kollege Goppel, in dieser Kunst sollten sich alle Mitglieder dieses Hohen Hauses üben und damit dem Kultusminister kräftig den Rücken stärken.

Erstar Vizepräsident Kamm: Zusatzfrage, der Frage­steller!

Oswald (CSU): Herr Staatsminister! Von den Pädago­gischen Assistenten wird immer wieder auch der Wunsch geäußert, im Unterrichtseinsatz einen eigen­verantwortlichen Bereich zu bekommen. Sehen Sie hier irgendwelche Möglichkeiten?

Staatsminister Dr. Maler: Man sollte diesen Begriff „eigenverantwortlicher Bereich" einmal genau unter­suchen und ausloten. Hier sind sicher Veränderungen möglich.

Erster Vizepräsident Kamm: Zusatzfrage, Herr Kol­lege Goppel!

Dr. Goppel (CSU): Herr Staatsminister, die Verände­rungen der Arbeitszeit, die bei den Pädagogischen Assistenten Platz gegriffen haben, haben diesen ins­gesamt eine halbe Stunde mehr Verwaltungsarbeit gebracht entgegen einer Aussage des Kultusministe­riums, die Arbeitszeit werde verkürzt. Ich frage Sie: Haben hier interne Abstimmungen stattgefunden, daß mit Ihrer Hilfe hoffentlich noch einmal überprüft wird, ob unter Umständen der Unterrichtseinsatz der Päd­agogischen Assistenten verbessert werden kann?

Erster Vizepräsident Kamm: Im Grunde hat diese Frage mit der besoldungsrechtlichen Neueingruppie-

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(Erster Vizepräsident Kamm)

rung nichts zu tun. Es ist eine Arbeitszeitfrage. Aber bitte, Herr Minister, wenn Sie antworten wollen!

Staatsminister Dr. Maier: Ich gehe dieser Sache gerne nach.

Erster Vizepräsident Kamm: Nächster Fragesteller, Herr Kollege Eykmann !

Eykmann (CSU), Fragesteller:

Herr Staatsminister, wie beurteilt die Staatsre­gierung Vorschläge, die darauf abzielen, daß nach der Pauschallerung der Schulwegkosten künftig auch die Lehrpersonalkostenzuschüsse und die Gastschülerzuschü88e an die kommuna­len Schulträger pauschaliert werden?

Staatsminister Dr. Maier: Herr Eykmann !

E r s t e n s : Gemäß Artikel 7 des Schulfinanzierungs­gesetzes gewährt der Staat für kommunale Schulen je Rechnungsjahr einen Zuschuß zu den Lehrperso­nalkosten, den sogenannten Lehrpersonalzuschuß. Der Berechnung dieses Lehrpersonalzuschusses wird als Lehrpersonalaufwand je Schule zugrunde ge­legt das 11/,fache der Bezüge eines staatlichen Be­amten, bei Gymnasien der Besoldungsgruppe A 14, bei Realschulen der Besoldungsgruppe A 13. Dieser LehrpersonalzuschuB ist also bereits pauschaliert. Vorschläge für eine noch weitergehende Pauschalie­rung sind mir nicht bekannt.

Z w e i t e n s : Gemäß Artikel 8 des Schulfinanzie­rungsgesetzes gewährt der Staat kommunalen Sach­aufwandsträgern von Gymnasien und Realschul~ unter den dort genannten Voraussetzungen Gast­schülerzuschüsse. Der Zuschuß beträgt pro Rech­nungsjahr 250 DM für jeden 15 vom Hundert der Ge­samtzahl aller Schüler übersteigenden Gastschüler. Die Kommission für den Abbau von Staatsaufgaben und für Verwaltungsvereinfachung hat für den März dieses Jahrles eine Besprechung u. a. zum Thema Vereinfachung bei Gastschülerzuschüssen vorgese­hen, in der 13uch Probleme bei einer Pauschalierung von Gastschülerzuschüssen behandelt werden sol­len. An derlesprechung sollen die Staatsministerien des Innern, der Finanzen, für Unterricht und Kultus, der Bayeri he Landkreisverband, der Bayerische Gemeinde! · und der Bayerische Städteverband teil­nehmen. ·e Staatsregierung möchte das Ge­sprächserg bnis abwarten, ehe sie zu Pauschalie­rungsvorsc ägen Stellung nimmt.

Erster Vize räsldent Kamm: Erste Zusatzfrage des Fragesteller !

Eykmann ( Ihrer Antw sen: Darf i tigte Pause eine schriftl

U): Herr Staatsminister, zum ersten Teil , zu den Lehrpersonalkostenzuschüs­lhnen die Unterlagen für die beabsich­lierung zuschicken, damit Sie mir darauf he Antwort geben?

Staatsmini er Dr. Maler: Aber jederzeit. Ich bin im­mer für zus tzliche Informationen dankbar.

Erster Vizepräsident Kamm: Zusatzfrage, Herr Kol­lege Regensburger!

Regensburger (CSU): Herr Staatsminister, hat Ihr Haus einen Überblick über den Anteil der pauscha­lierten, Zuschüsse zu den Kosten der Schulwegfrei­heit an den Kosten, die den Kommunen tatsächlich entstehen?

Staatsminister Dr. Maler: Ich kann Ihnen diese Frage sicherlich präzise beantworten, aber aus dem Ge­dächtnis weiß ich nur, daß es sich um einen Betrag von etwa einer halben Milliarde handelt. Das wissen Sie ja auch. Ich kann Ihre Frage aber noch genau be­antworten, wenn Sie sie mir hereingeben.

Erster Vizepräsident Kamm: Zusatzfrage, Herr Kol­lege Sieber!

Sieber (FDP): Herr Staatsminister, gehe ich recht in der Annahme, daß bei diesen Vorstellungen auch die Abs.ich! des bayerischen Staates eine Rolle spielt, in Zukunft Finanzmittel z4 sparen?

Staatsminister Dr. Maler: Niemand kann daran ge­hindert werden, sich darüber Gedanken zu machen, wie man diese sehr hohen Zuwendungen mindestens nicht weiter ausweitet. Solche Gedanken haben auch wir vom Kultusministerium uns seit Jahren gemacht. Mit den kommunalen Spitzenverbänden sind ja schon bezüglich der Führung der Schulbuslinien und ande­rer verwaltungsvereinfachender Maßnahmen Gesprä­che geführt worden, in denen auch Ergebnisse erzielt wurden.

(Abg. Sieber: Aber auf Kosten der Kommunen!)

Erster Vizepräsident Kamm: Zusatzfrage, Herr Kol-lege Eykmann ! ,.

Eykmann (CSU): Herr Staatsminister, im Hinblick auf den zweiten Teil Ihrer Antwort, der sich auf das Ge­spräch bezog, das im Monat März zwischen den ver­schiedenen Ministerien über die Gastschülerzu­schüsse stattfinden wird, frage ich Sie: Werden Sie sich bzw. wird sich Ihr Ministerium mehr zustimmend oder zurückhaltend oder ablehnend verhalten?

Staatsminister Dr. Maler: Sie wissen, daß wir um je­den Titel und um jede Mark kämpfen. Ich glaube, ich stehe nicht im Verdacht, das nicht zu tun. Wenn aber die Haushaltslage des Staates so ist, wie sie ist, wäre es sinnlos, sich möglichen Einsparungen zu ver­schließen. Da sollte auch ein Bildungspolitiker ein we­nig an seine Rolle als Staatsbürger denken dürfen.

Erster Vizapräsldant Kamm: Letzte Zusatzfrage, Herr Kollege Klasen !

Klasen (SPD): Herr Staatsminister, sind Sie ange­sichts Ihrer lobenswerten Vorsätze einzusparen be­reit, bei diesen Verhandlungen zu berücksichtigen, daß dies keinesfalls auf Kosten der Kommunen ge­hen darf?

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Staatsminister Dr. Maler: Das ist in der Tat ein wich­tiger Gesichtspunkt. Wir haben in dieser Frage bisher immer mit den kommunalen Spitzenverbänden eng zusammengearbeitet.

Erster Vizepräsident Kamm: Nächster Fragesteller, Herr Kollege Franz!

Franz (SPD), Fragest e 11 er:

Hält die Staatsregierung einen Grundschulneu­bau in der Stadt Aub Im Landkreis Würzburg zum gegenwärtigen Zeitpunkt angesichts der vorhan­denen Pro-Kopf-Verschuldung sowie der Bela­stung aus dem Hauptschulneubau Röttingen und des Vorhandenseins eines Intakten Schulgebäu­des Im dortigen Schulverband gemäß dem Land­tagsbeschluß vom 23. Juli 1981 und der Stellung­nahme des Finanzministeriums vom 19. Novem­ber 1981 für finanziell vertretbar, schulorganisa­torisch und pädagogisch für sinnvoll und erfor­derlich?

Staatsminister Dr. Maier: Herr Kollege Franz, die Re­gierung von Unterfranken hat mit Rechtsverordnung vom 3. Februar 1981 die Stadt Aub als Schulsitz des Schulverbandes Aub/Gelchsheim bestimmt. Ferner wurde darin Gelchsheim als weiterer Schulort festge­legt, solange hierfür Bedarf besteht. Der Kulturpoliti­sche Ausschuß, der sich bereits dreimal mit dieser Angelegenheit befaßt hat, hat dieser Regelung zuge­stimmt. Daraus folgt, daß die Grundschüler der Ver­bandsschule vorrangig in Aub zu unterrichten sind. Da in Aub kein den Schulbaurichtlinien entsprechen­des Schulgebäude vorhanden ist und das Schulge­bäude in Gelchsheim ebenfalls nicht in vollem Um­.lang den Anforderungen an eine vierklassige Grund­schule genügt, ist langfristig - darüber sind sich alle Beteiligten einig - ein Schulhausbau erforderlich, und zwar am Schulsitz Aub. Der Markt Gelchsheim hat hierzu mit Schreiben vom 19. November1981 erklärt; ich darf zitieren: „Selbstverständlich wird die Markt­gemeinde Qelchsheim zu diesem Zeitpunkt" - also dem Zeitpu~kt, zu dem dies finanziell vertretbar ist -„keine Einwendungen gegen einen Schulhausneubau in Aub gelt•nd machen, weil Aub als Kleinzentrum anerkannter!naßen eine höhere Zentralität als Gelchs­heim hat und damit langfristig auch nicht ohne Grund­schule bleibf n kann."

Dieser Auff*sung schließe ich mich an, weil die Zu­sammenfüh ng aller Kinder des Schulverbands an einem 0 nicht nur aus organisatorischen, son­dern auch s pädagogischen Gründen sinnvoll ist. Damit aber teht nicht der Schulbau in Aub als sol­cher zur Di ussion, sondern lediglich die Frage des Zeitpunkts, u dem das Schulgebäude errichtet wer­den soll. H r wird man zweifellos im Sinne Ihrer Frage auf u s zugehen müssen.

i Erster Vizejäsident Kamm: Zusatzfrage, der Frage­steller!

Franz (SPoj: Herr Staatsminister, beabsichtigt die Staatsregierj.mg, den Bau der Grundschule in Aub zu

genehmigen unbeschadet der Tatsache, daß der Markt Gelchsheim gegenwärtig nicht bereit ist, sich an der Finanzierung des Baus s·owie an späteren eventuellen Mietkosten zu beteiligen?

Staatsminister Dr. Maier: Das hängt in erster Linie von der Finanzkraft der Gemeinden Aub und Gelchs­heim ab. Dazu müßte erforderlichenfalls der Staatsmi­nister des Innern Stellung nehmen. Das Finanzmini­sterium hat dem Schulverband zum Bau der Grund­schule und der Freisportanlagen am 22. Dezember letzten Jahres eine erste Beihilfe von 200 000 DM be­willigt. Sie kann allerdings erst in Anspruch genom­men werden, wenn der Schulverbandsausschuß der Bauausführung zustimmt.

Erster Vizepräsident Kamm: Zusatzfrage, Herr Kol­lege Will'

Will (CSU): Herr Staatsminister, sind Sie mit mir der Meinung, daß langfristig gesehen eine einhäusige Be­schulung in Gelchsheim nicht möglich ist?

Staatsminister Dr. Maier: Das habe ich ja betont. Man würde hier in der Tat in wirklich unverantwortli­che Schulverhältnisse zurückfallen.

Erster Vizepräsident Kamm: Zusatzfrage, Frau Kolle­gin Stamm!

Frau Stamm (CSU): Herr Staatsminister, sind Sie mit mir der Auffassung, daß weder der Bayerische Land­tag noch die Bayerische Staatsregierung, sondern in erster Linie der Schulverband bestimmt, wann die Schule in Aub gebaut wird?

Staatsminister Dr. Maier: Über das Wann wird der Schulverband sicher ein starkes, aber nicht das allein ausschlaggebende Wort zu sprechen haben. Denn man würde das Volksschulgesetz verkennen, wenn man glaubte, es hätte dem Schulverband die alleinige Entscheidung reserviert. Wir als Parlament haben eine Verantwortung auch für die Durchführung der Gesetze, die allen Schichten der Bevölkerung und al­len Teilen des Landes dienen.

Erster Vizepräsident Kamm: Zusatzfrage, Herr Kol­lege Franz!

Franz (SPD): Herr Staatsminister, ist es richtig, daß die Genehmigung des Raumprogramms und die schulaufsichtliche Genehmigung durch die Regierung von Unterfranken bereits im vergangenen Jahr erteilt wurde, obwohl diese im Schulverband nur einseitig von der Stadt Aub beantragt wurden, während der Markt Gelchsheim daran nicht beteiligt war? Ent­spricht dies den Bestimmungen des Volksschulge­setzes?

Staatsminister Dr. Maier: Herr Kollege Franz, nach­dem der Bayerische Landtag diese Strukturentschei­dungen noch einmal in drei Sitzungen des Kulturpoli­tischen Ausschusses hin- und hergewendet und schließlich die Entscheidung der Regierung bestätigt

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(Staatsminister Dr. Maier)

hat, frage ich Sie: Was muß denn noch geschehen, welche Gremien müssen noch eingeschaltet werden, damit das Volksschulgesetz vollzogen werden kann?

(Beifall bei der CSU)

Erster Vizepräsident Kamm: Zusatzfrage, Frau Kolle­gin Stamm!

Frau Stamm (CSU): Herr Staatsminister, halten Sie es für richtig, daß sich Kollegen aus diesem Haus einem Schulneubau in einem schwachstrukturierten Raum verschließen und damit eine Chance für diesen Raum vertun?

Erster Vizepräsident Kamm: Diese Frage bewegt sich zwar nicht mehr ganz im Rahmen der ursprüngli­chen Fragestellung, aber bitte, Herr Minister!

(Frau Abg. Stamm: Das ist doch genau der - Raum, Herr Präsident!)

Staatsminister Dr. Maler: Frau Kollegin, ich habe schon auf die Problematik der Zentralität hingewie­sen. Zwischen Aub und Gelchsheim besteht ja durch­aus Einverständnis darüber, daß Aub auf die Dauer der zentrale Schulsitz ist.

Ich glaube, die Mittel des Staates wären in der Tat schlecht angelegt, wenn man die Hauptinvestition an der schwächeren Stelle vornähme, an der auch gar keine entsprechenden Voraussetzungen schulischer Art vorhanden sind. Das würde leider mit der Landes­planung nicht übereinstimmen, zumal Aub ein Klein­zentrum ist.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Nächste Fragestelle­rin, Frau Kollegin Schnell!

Frau Schnell (CSU), Fragest e 11 er:

Herr Staatsminister, halten Sie das Augsburger Modell „ll!anagement" im Rahmen des Kontakt­studiums.an der Universität Augsburg für wichtig genug, U'1 genügend wlssenschaftllches Perso­nal bereli,:ustellen?

1 ' StaatsmlnlsJer Dr. Maler: Frau Kollegin, der 1974 be-gonnene, vtjm Bundesminister für Bildung und Wis­senschaft u~d vom Freistaat Bayern gemeinsam fi­nanzierte ~dellversuch „Kontaktstudium Manage­ment zur b rufsbezogenen Weiterbildung von Füh­rungskräfte aus Wirtschaft und Verwaltung an der Universität ugsburg" ist zum 31. Dezember letzten Jahres ausg laufen. Um die Fortführung des Kontakt­studiengan s nach diesem Zeitpunkt zu ermögli­chen, hat d s Staatsministerium für Unterricht und Kultus bere s mit Schreiben vom 14. Juli 1961 der Universität ugsburg zwei Stellen der Besoldungs­gruppe A 1 - je ein Akademischer Rat auf Lebens­zeit und ein Akademischer Rat auf Zeit - und eine Stelle der Vergütungsgruppe VII BAT für eine Schreibkraft 1m Wege des sog. Stellenrückflusses zu­gewiesen. itere Stellen für wissenschaftliches Per­sonal konnt~n und können auch jetzt nicht bereitge-

stellt werden, da im Haushalt 1981/82 im Stammhaus­halt der Universität Augsburg überhaupt kein Stellen­zuwachs und für sämtliche alten Hochschulen ein­schließlich der Universität Augsburg ein Zuwachs von insgesamt nur fünfzehn Stellen erreicht werden konnte. Ab dem Haushalt 1983/84 ist eine verbes­serte Personalausstattung sicher dringend zu wün­schen. Das Vorhaben, um Ihre Frage zu beantworten, ist förderungswürdig.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Zusatzfrage, die Fra­gestellerin!

Frau Schnell (CSU): Ich bedanke mich sehr, daß Sie sich so positiv aussprechen. Aber der Geschäftsfüh­rer Kochs hat kürzlich in einer Pressekonferenz aus­gesagt, -

Zweiter Vizepräsident Lechner: Eine Frage bitte, Frau Kollegin!

Frau Schnell (CSU): - daß spätestens im Sommer dieses Jahres die Einrichtung pleite ist. Was nützt uns dann die Hoffnung auf 1983/84?

(Zurufe, u. a. des Abg. Klasen)

Staatsminister Dr. Maler: Es tut mir leid. Sie kennen den Staatshaushalt genauso. Die Entscheidung, daß alte Universitäten kaum mehr neue Stellen kriegen, ist hier gemeinsam getroffen worden. Bitte, werfen Sie mir nicht etwas vor, was im Staatshaushalt einfach nicht zu machen ist.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Nächste Fragestelle­rin, Frau Kollegin Christa Meier!

Frau Meier (SPD), Fragest e 11 er:

Herr Staatsminister! Ist die Staatsregierung be­reit und In der Lage, bei den am 4. März 1982 stattfindenden weiteren Verhandlungen des Wis­senschaftsrates ein Konzept für den Bau des Re­gensburger Kllnlkums in Tellabschnltten vorzu­schlagen, wenn dies die Realisierungschancen erhöhen würde?

Staatsminister Dr. Maler: Der Wissenschaftsrat hat 1978 die Aufnahme des Klinikums Regensburg in den 8. Ratimenplan für den Hochschulbau empfohlen und sich lediglich vorbehalten, zur Bautätigkeit im einzel­nen entsprechend dem Baufortschritt und zum Ein­satz apersonaler Medien bei gegebener Gelegenheit noch einmal Stellung zu nehmen. Aber das sind Randprobleme.

Die jetzt vorliegende Planung für das Klinikum ent­spricht bis in die letzten Einzelheiten den bisherigen Empfehlungen des Wissenschaftsrates.

Der Wissenschaftsrat überprüft vor dem Hintergrund der angespannten Haushaltslage alle angemeldeten Investitionsvorhaben der Länder, ob sie .zur Auf­nahme in den 11./12. Rahmenplan empfohlen werden können, so auch das Klinikum Regensburg.

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(Staatsminister Dr. Maier)

Die Baumaßnahmen des Klinikums Regensburg wur­den im Vollzug des Ministerratsbeschlusses vom 27. Oktober 1981 mit besonderer Priorität zum 11./ 12. Rahmenplan angemeldet. Der Ministerrat hat am 19. Januar 1982 beschlußmäßig festgelegt, daß si­chergestellt werden muß, daß das Klinikum Regens­burg weder von der Konzeption noch vom finanziel­len Aufwand her Einschränkungen erfahren darf.

Das Staatsministerium für Unterricht und Kultus hat dem Wissenschaftsrat und dem Bundesminister für Bildung und Wissenschaft einen Zeit- und Finanzie­rungsplan unterbreitet, der es erlaubt, das gesamte Klinikum Regensburg in zwölf Jahren zu verwirkli­chen, wobei die ausgabenbegleitende Erstattung des Bundes gemäß Artikel 91a des Grundgesetzes nach Preisstand vom Januar 1982 in keinem Jahr mehr als 50 Millionen DM beträgt. Damit sollte das Argument, die Finanzlage lasse den Bau des Klinikums Regens­burg nicht zu, entkräftet sein.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Nächster Fragestel­ler, Herr Kollege Regensburger!

Regensburger (CSU), Fragest e 11 er :

Herr Staatsminister! Bis wann Ist mit der Geneh­migung des durch die Stadl Ingolstadt am 5. Fe­bruar 1981 beantragten Raumprogramms für die Errichtung einer Sonderschule für Körperbehin­derte In Ingolstadt zu rechnen, und welche Aus­sichten bestehen für die Genehmigung des Vor­schlags einer Integrierten Tagesställe?

Staatsminister Dr. Maler: Herr Kollege, das Raum­programm liegt dem Ministerium nicht vor, für die Ge­nehmigung ist ja die Regierung zuständig. Die Regie­rung hat allerdings dem Ministerium eine Rechtsfrage zur SprengEllbildung für mehrfachbehinderte Körper­behinderte vorgelegt, die für die Entscheidung be­züglich des' Raumprogramms von Bedeutung sein kann. Da weder aus dem Raumprogramm der Stadt Ingolstadt, das zwölf Klassen vorsieht, noch aus dem von der Regierung für erforderlich gehaltenen mit vierzehn Kl!15sen ersichtlich ist, welche Schulgliede­rung zugrunde gelegt ist, war eine Rückfrage von sei­len des Miristeriums erforderlich. Die Antwort ist in nächster zeit ZU erwarten.

1 Welche Plä~ die Stadt Ingolstadt hinsichtlich der Ta­gesstätte v rfolgt, ist mir nicht bekannt. Die Tages­stätte beda nicht der schulaufsichtlichen Genehmi-gung. i Zweiter VI epräsldenl Lechner: Zusatzfrage, der Fragesteller

Regensbu er (CSU): Herr Staatsminister! Halten Sie es für vertr tbar, daß staatliche Stellen zur Klärung dieser Fra und zur Genehmigung des Raumpro­gramms - eh dazu im Jahr der Behinderten - über ein Jahr br chen, ohne daß bis heute ein greifbares Ergebnis v liegt?

Staatsminister Dr. Maier: Ich bedauere natürlich jede Verzögerung. Aber die Frage der Förderung der Mehrfachbehinderten ist in der Tat eine sehr wichtige, schwierige und oft nur durch Einholen von Gutachten zu lösende Frage. Es können sich also durchaus bei der Planung längere Zeitfristen ergeben.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Zusatzfrage, der Fragesteller!

Regensburger (CSU): Herr Staatsminister! Darf ich Ihrer vorletzten Antwort entnehmen, daß in der Frage der Ausgestaltung der Tagesstätte bei der Körperbe­hindertenschule keinerlei staatliche Genehmigung er­forderlich ist und diese Ausgestaltung deshalb allein im Ermessen des Trägers liegt?

Staatsminister Dr. Maler: Das ist richtig; das habe ich vorhin schon betont.

Im übrigen darf ich noch die Information nachschie­ben, daß sich das Ministerium in vier sehr ausführli­chen Schreiben im letzten Jahr geäußert hat - ich kann Ihnen gern die entsprechenden Schreiben zulei­ten -, nämlich bezüglich des Vorrückens und freiwilli­gen Wiederholens von Schülern von Körperbehinder­tenschulen, bezüglich des Einsatzes von Kranken­gymnasien und Tagesstättenpersonal in der Schule, bezüglich der Erfüllung der Berufsschulpflicht körper­behinderter Kinder und bezüglich Schulaufnahme und -Oberweisungsverfahren.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Danke schön, Herr Staatsminister!

Die nächsten Fragen richten sich an das Staatsmini­sterium der Justiz.

Die Frage 16 wurde zurückgezogen. Zur Frage 17 Frau Kollegin Schnell, bitte!

Frau Schnell (CSU), Fragest e 11 er :

Ich frage die Staatsregierung: Ist der ungeheuer­liche Vorgang In einer Münchner Klinik, In der ein neugeborenes Kind von einem Arzl eine „Todes­spritze" erhielt und starb, ein Einzelfall, oder gibt es Anhaltspunkte dafür, daß die Legalisierung der Abtreibung die Ehrfurcht vor dem Leben bei manchen Ärzten hat schwinden lassen?

Staatssekretär Dr. Vorndran: Herr Präsident, ich darf die Frage wie folgt beantworten:

Die Staatsregierung ist durchaus der Auffassung, daß Änderungen von Gesetzen sehr oft auch Rückwirkun­gen auf die Einstufung von Werten bei der Bevölke­rung haben. Sie hat gerade auch im Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen um die Änderung des § 218 des Strafgesetzbuches auf die damit verbunde­nen Gefahren hingewiesen. Oie Tötung eines neuge­borenen Kindes, die Gegenstand der Verurteilung zweier Ärzte durch das Landgericht München 1 war, läßt jedoch als Einzelfall keine Schlüsse auf die Hal­tung von Ärzten im Gefolge der Änderung des § 218 des Strafgesetzbuchs zu.

(Zuruf des Abg. Jaeger)

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Bayerischer Landtag . PLENARPROTOKOLL 9/116 v. 03. 03. 82 7561

Zweiter Vizepräsident Lechner: Zusatzfrage, Herr Kollege Dr. Flath!

Dr. Flath (FDP): Herr Staatssekretär! Darf ich davon ausgehen, daß dieser Antwort zu entnehmen ist, daß auch für Länder, die den Schwangerschaftsabbruch vollziehen, wie hier Deutschland, keine Erkenntnisse vorliegen, daß zusammenhänge mit einer Tötung in diesem Sinne bestehen könnten?

Staatssekretär Dr. Vomdran: Diese Frage kann ich nicht beantworten. Sie geht weit über den Rahmen der hier gestellten Frage hinaus; sie betrifft andere Länder. Sie meinen wahrscheinlich Länder außerhalb der Bundesrepublik.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Danke schön. Die Frage 18 ist zurückgezogen.

Ich darf den Herrn Staatsminister für Arbeit und So­zialordnung zur Beantwortung bitten.

Nächster Fragesteller, Herr Kollege Görlitz!

Görlitz (CSU), Fragesteller:

Herr Staatsminister! Halten Sie des derzeitige pauschale Erstattungssystem der . Fahrgeldaus­fälle für die unentgeltliche Beförderung Schwer­behinderter Im öffentlichen Personenverkehr für gerecht, und wie kann In Zukunft der unterschied­lichen Inanspruchnahme von Verkehrsunterneh­men durch Frelfahrtberechtlgte besser Rechnung getragen werden?

Staatsminister Dr. Plrkl: Den bundesrechtlichen Re­gelungen der §§ 60 bis 63 Schwerbehindertengesetz liegt die Annahme zugrunde, daß Freifahrtberechtigte im Durchschnitt die öffentlichen Verkehrsmittel ebenso häufig benützen wie die übrige Bevölkerung. Deshalb sehen die einschlägigen Vorschriften eine pauschale Erstattung der Fahrgeldausfälle vor, die durch die Betörderung von Freifahrtberechtigten ent­stehen. Zur Zeit beträgt der Erstattungssatz 4,62 Pro­zent der gesi.nten Fahrgeldeinnahmen.

Bei dieser R"9elung bleibt allerdings unberücksich­tigt, daß versphiedene Orte und dort einzelne Ver­kehrslinien v'n freifahrtberechtigten Schwerbehin­derten besoniJers fre·quentiert werden. Dies gilt vor allem für die Kur- und Fremdenverkehrsorte. Es liegt auf der Handj daß Verkehrsunternehmer, die dort in überdurchsc · ittlich hohem Maße Schwerbehinderte unentgeltlich efördern müssen, durch die geltenden Pauschalrege ngen benachteiligt sind.

Dieser Sachv here Recht, Bundesgese schalerstattu sätzen vorge

rhalt ist nicht neu; denn auch das frü­ie es vor der Ausweitung durch das vom 9. Juli 1979 galt, hatte nur Pau­en nach bundeseinheitlichen Prozent­hen.

Ich habe den uständigen Bundesminister für Arbeit hreiben vom 15. November 1979 auf

diese Proble atik der pauschalen Erstattungsrege­lung hingewie$en.

Die 54. Konferenz der Arbeits- und Sozialminister hat den Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung ge­beten, zu prüfen, wie angemessene Erstattungslei­stungen gewährt werden können, wenn nachweislich wesentlich mehr Berechtigte als im Landesdurch­schnitt befördert werden müssen. Diese Überprüfung ist noch nicht abgeschlossen.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Zusatzfrage, Herr Kollege Jaeger!

Jaeger (FDP): Herr Staatsminister, teilen Sie meine Meinung, daß erstens die jetzigen sozialen Vergünsti­gungen von einigen Mitbürgern gröblich mißbraucht werden, und zweitens, daß im Interesse der geschä­digten Unternehmer dringend etwas geschehen muß?

Staatsminister Dr. Plrkl: Ich beantworte diese beiden Fragen wie folgt:

E r s t e n s : Auch bei dieser sozialen Vergünstigung gibt es Mißbrauch. Es ist deshalb sicher am Platze, auch hier darüber nachzudenken, wie Mißbrauch ver­hindert werden kann.

Z w e i t e n s : Die Frage beantworte ich mit einem klaren Ja. Es eilt, daß hier etwas geschieht.

zweiter Vizepräsident Lechner: Zusatzfrage, der Fragesteller!

Görlitz (CSU): Herr Staatsminister, können Sie mir bitte erklären, warum die pauschale Erstattung inner­halb der Bundesländer so unterschiedlich zu sein scheint?

Staatsminister Dr. Pirk!: Das ist nicht ein Problem der Bundesländer, vielmehr ein Problem der einzel­nen Verkehrslinien und der einzelnen Verkehrsorte.

Wir haben dieses Problem insbesondere natürlich ge­rade in den bayerischen Fremdenverkehrsgebieten, wo der Prozentsatz von 4,62 tatsächlich weit über­schritten wird.

zweiter Vizepräsident Lechner: Nächster Fragestel­ler, Herr Kollege Geisperger!

Gelsperger (SPD), Fragest e 11 er :

Herr Staatsminister, wie beurteilt die Staatsre­gierung die Tatsache, daß dem Chefarzt der be­stens ausgestatteten Urologischen Klinik am Eli­sabeth-Krankenhaus In Straubing von der Kas­senärztlichen Vereinigung die Zulassung zur Be­teiligung an der kassenärztlichen Versorgung für ambulante Überweisungsfälle mit der Begrün­dung entzogen wurde, bei zwei niedergelassenen Urologen für einen Einzugsbereich von rund 108000 Einwohnern bestehe kein Bedarf mehr, während in der Stadt München auf 25000 Einwoh­ner ein Urologe trifft und im Einzugsbereich Mal­lersdorl 35 000 Einwohner für einen Urologen ge­nügen?

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7562 Bayerischer Landtag · PLENARPROTOKOLL 91116 v. 03. 03. 82

Staatsminister Dr. Plrkl: Es trifft zu, daß der mit Ver­tretern der Krankenkassen und mit Ärzten besetzte Zulassungsausschuß die Beteiligung des in der Frage genannten Chefarztes. an der kassenärztlichen Ver­sorgung widerrufen hat.

Der betroffene Chefarzt hat gegen diese Entschei­dung Klage zum Sozialgericht erhoben. Nachdem sich sowohl das Sozialgericht als auch im Beschwer­deverfahren das Landessozialgericht mit der Frage der sofortigen Vollziehbarkeit befaßt haben, ist der­zeit das Hauptsacheverfahren anhängig. Rechtsstaat­liche Grundsätze gebieten deshalb eine Zurückhal­tung der Staatsregierung in der Sache.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Zusatzfrage, der Fragesteller!

Gelsperger (SPD): Herr Staatsminister, sind Sie un­abhängig von diesem Rechtsverfahren mit mir der Meinung, daß die Untersuchungs-, Operations- und Behandlungsmöglichkeiten niedergelassener Ärzte in den entsprechenden Abteilungen der Krankenhäuser auch für Kassenpatienten optimal genutzt werden sollen?

Staatsminister Dr. Plrkl: Ich darf auf § 368 a RVO verweisen und die Vorschrift insoweit zitieren: „an der kassenärztlichen Versorgung (sind) unmittelbar oder auf Überweisung durch Kassenärzte zu beteili­gen, sofern eine Beteiligung notwendig ist, um eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten zu gewährleisten". Nach diesem bundesrechtlichen Grundsatz haben sich die Zulassungsausschüsse zu verhalten.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Zusatzfrage, Herr Kollege Dr. Flath !

Dr. Flath (FDP): Herr Staatsminister, ist Ihnen be­kannt bzw. wären Sie bereit zu prüfen, ob ähnlich ge­lagerte Fälle auch in anderen Regierungsbezirken vorkommen; ich denke z. B. an den Regierungsbezirk Mittelfranken/ Ansbach? Haben Sie die Möglichkeit, entsprechend Einfluß auf die Zulassungsstellen zu nehmen?

Staatsminister Dr. Plrkl: Die Zulassungsstellen han­deln selbställdig. Einfluß ist mir nur dann möglich, wenn gegeri Recht oder gegen Gesetz verstoßen würde. !

(Abg. P,r. Flath: Oder im ve_rtrauensvollen 1Gespräch mit den Arzten!)

l Zweiter Vlz präsldent Lechner: Zusatzfrage, Herr Kollege Gei erger!

Gelsperger (SPD): Herr Staatsminister, gehört es nicht auch u den Aufgaben der Kassenärztlichen Vereinigung, die Facharztkollegen zur kollegialen Zu­sammenarb "! mit den Chefärzten im Krankenhaus anzuhalten, damit nicht diese Abteilungen weitge-

hend boykottiert werden und ihre wirtschaftliche Füh­rung hintertrieben wird und damit der finanzielle Kleinkrieg der Fachärzte auf dem Rücken der Patien­ten geführt wird?

Staatsminister Dr. Plrkl: Die ambulante ärztliche Tä· tigkeit steht nach dem Gesetz den niedergelassenen ambulant tätigen Ärzten zu. Bei der klinischen Be­handlung steht das Krankenhaus natürlich allein in Rede. Die ambulante Behandlung kann im Kranken­haus nach der vorhin zitierten rechtlichen Grundlage nur dann gestattet werden, wenn sie nicht durch am­bulant tätige Ärzte gewährleistet ist.

zweiter Vizepräsident Lechner: Zusatzfrage, Herr Kollege Geisperger'

Geisperger (SPD): Herr Staatsminister, halten Sie es für sinnvoll, daß einerseits von den Kommunen mit Hilfe des Staates durch Aufwendungen in Millionen­höhe hervorragende Einrichtungen geschaffen wer­den, die wegen des Kleinkrieges der Fachärzte unter­einander nicht genutzt werden können, während an­dererseits durch jahrelange Behandlungen ohne Operation und ohne entsprechende Untersuchung den Krankenkassen hohe Kosten und den Patienten viele Unannehmlichkeiten entstehen?

Staatsminister Dr. Pirkl: Herr Kollege, das Gesetz geht von dem Grundsatz aus, daß die Einrichtungen in Krankenhäusern, die nach dem Krankenhausfinan­zierungssystem mit öffentlichen Mitteln geschaffen werden, für die stationäre Betreuung bestimmt sind, während in der ambulanten Betreuung der Arzt für seine Einrichtungen selber aufzukommen hat und hier nicht etwa öffentliche Investitionen in Konkurrenz treten dürfen zu dem, was der niedergelassene Arzt durch eigene Investition selber vorhalten muß.

(Abg. Klasen: Ja, wer zahlt denn das?)

Zweiter Vizepräsident Lechner: Zusatzfrage, Herr Kollege Geisperger!

Geisperger (SPD): Herr Staatsminister, ist mein Ein­druck berechtigt, daß die Kassenärztlichen Vereini­guQgen mehr die finanzielle Absicherung der Fach­ärzte zum Ziele haben, deren Dienste bei den Patien­ten nicht gerade so begehrt sind, als die optimale ge­sundheitliche Versorgung der Kassenpatienten?

Staatsminister Dr. Plrkl: Die Kassenärztlichen Verei­nigungen und die Zulassungsausschüsse haben zu­nächst einmal für die ambulante Betreuung der Pa­tienten zu sorgen. Auf die angestellten Ärzte im öf­fentlichen oder privaten Dienst ist in der ambulanten Betreuung erst dann zurückzugreifen, wenn die nie­dergelassenen Ärzte ihre Aufgaben nicht mehr erfül­len können. Das ist geltendes Recht, und nach die­sem geltenden Bundesrecht verhalten sich die Zulas­sungsausschüsse.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Die nächste Frage stellt der Herr Kollege Koch.

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Bayerischer Landtag · PLENARPROTOKOLL 9/116 v. 03. 03. 82 7563

Koch (SPD), Fragest e 11 er:

Herr Staatsminister, Ich frage Sle, nachdem Sie mein an Sie gerichtetes Schreiben von Anfang Oktober 1981 bisher rtoch nicht beantwortet ha­ben: Welche vom Krankenhausverband Coburg zur Beantragung der fachlichen Billigung seiner Sanierungs- und Erweiterungsmaßnahme einge­reichten Planungsunterlagen waren entbehrlich, welche hätten gestrafft und welche überschauba­rer gestaltet werden müssen?

Staatsminister Dr. Plrkl: Die Frage nimmt Bezug auf ein Schreiben, über dessen Inhalt sowohl Herr Staatssekretär Dr. Rosenbauer als auch ich bereits mit Ihnen als dem Fragesteller gesprochen haben. Schon deswegen konnte ich davon ausgehen, daß eine schriftliche Antwort nicht mehr erforderlich ist und auch nicht mehr erwartet wird. Im übrigen habe ich die Frage der zweckentsprechenden Gestaltung der Planungsunterlagen zwischenzeitlich in einem er­freulich konstruktiven Gespräch mit dem Vorsitzen­den des Krankenhausverbandes Coburg, Herrn Land­rat Knauer, wie Sie ja auch wissen, abschließend erörtert, so daß hier derzeit für mich keine offenen noch unerledigten Fragen vorhanden sind. ,

Zweiter Vizepräsident Lechner: Zusatzfrage, der Fragesteller!

Koch (SPD): Herr Staatsminister, ich frage Sie den­noch: Wie erklären Sie sich die Tatsache, daß der Krankenhausträger von der zuständigen Regierung ein Lob dafür bekommen hat, daß die Unterlagen er­stens sehr gründlich und umfassend und zum zwei­ten auch sehr überschaubar gewesen sind?

Staatsminister Dr. Plrkl: Ich kann Ihnen nur sagen, daß wir in keinem Verfahren - auch nicht in viel größe­ren - acht Aktenkisten mit insgesamt 40 Ordnern vor­gelegt bekommen haben, um das Prüfungsverfahren zu beginnen. Aus diesen acht Kisten mit 40 Akten­ordnern mu8ten meine Prüfungsbeamten dann her­ausdestillieren, was für die jetzige Teilmaßnahme des gesamten Vorhabens bedeutsam war. Dies war der Gegenstand: der Äußerungen von mir bzw. von Staatssekrelär Dr. Rosenbauer.

Zweiter Vlz.präsldent Lechner: Noch eine Zusatz­frage des Fragestellers 1

Koch (SPDt' Herr Staatsminister, halten Sie es nach dem, was Si gesagt haben, nicht für notwendig, daß man die Kr kenhausträger darüber informiert, wel­chen Umfa solche Planungsunterlagen zur Bean­tragung der achlichen Billigung etwa haben müßten, damit sie si nicht unnötig Arbeit machen und damit Ihr Haus nie t unnötig belastet wird?

Staatsminis er Dr. Plrkl: Eigentlich wissen das die Planer im a gemeinen. Noch dazu handelt es sich hier um ein n Planer, der ja nicht das erste Mal im Krankenhau wesen tätig ist. Die Neue Heimat, die hier in Frag , steht, plant und baut ja z.B. auch das

Zweckverbandskrankenhaus Augsburg, so dail hier doch genügend Erfahrungen vorliegen dürften und keine neuerlichen Aufklärungen notwendig sind.

Zweiter Vizepräsident Lachner: Zusatzfrage, Herr Kollege Klasen!

Klasen (SPD): Herr Staatsminister, teilen Sie meine Bewertung, daß sich die Krankenhausträger darüber beklagen, daß das Ministerium zu viel Unterlagen an­fordert und bei relativ geringen Baumaßnahmen zu viel Bürokratie auslöst?

Staatsminister Dr. Plrkl: Herr Kollege, wir müssen die Unterlagen haben, die vom Gesetz bzw. vom Ver­fahren her unentbehrlich sind. Daß auf der anderen Seite die Genehmigungsbehörd~ auch einmal über zu viel Akten klagt, ist sicher ein erlaubtes Verfahren. Wir stehen hier also durchaus in einer fruchtbaren Gegenseitigkeit der Bitten und Anregungen.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Zusatzfrage, Herr Kollege Koch!

Koch (SPD): Herr Staatsminister, ist es nach dem, was sich jetzt in Frage und Antwort abgespielt hat, nicht so, daß die Krankenhausträger, wenn sie solche Planungsunterlagen einreichen, auf dem ganz schma­l~n Grat zwischen zu wenig und zu viel wandeln?

Staatsminister Dr. Pirkl: Wir sind gern bereit, in je­dem Einzelfall, wenn es der Träger wünscht, mit Rat und Tat zur Verfügung zu stehen.

Aber, meine Damen und Herren, eine allgemeine Be­merkung, die wohl auch zu allen zurückliegenden Fra­gen zu machen ist: Wenn wir uns vor Augen halten, daß jede Investitionsmaßnahme im bayerischen Kran­kenhauswesen im Regelfall mit mindestens 85 Pro­zent aus dem allgemeinen Krankenhausfinanzie­rungstopf bezahlt werden muß, wenn das Verfahren der Genehmigung gelaufen ist, dann werden sie doch zugeben müssen, daß zwangsläufig ein gewissenhaf­tes Prüfungsverfahren durchzuführen ist. Jedes Jahr stehen Gesamtsummen von über 1 Milliarde DM in Frage.

(Abg. Klasen: Das ist doch auch die öffentliche Hand!)

Zweiter Vizepräsident Lechner: Letzte Zusatzfrage, Herr Kollege Schnell!

Schnell Heinrich (SPD): Herr Staatsminister, wenn Sie selbst beklagen, daß die Gesetze zu viel Bürokra­tie verlangen, sind Sie dann nicht auch gewillt, Initiati­ven zu ergreifen, daß künftig weniger bürokratische Nachprüfung notwendig ist?

(Abg. Klasen: Stichwort Oberste Baubehörde!)

Staatsminister Dr. Plrkl: Herr Kollege, zu kaum einem anderen Gesetz als dem Krankenhausfinanzierungs-

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(Staatsminister Dr. Pirkl)

gesetz hat es in den Beratungen im Bundesrat so viele Abänderungsanträge gegeben. Leider sind nur wenige unserer Vorschläge zum Zug gekommen.

zweiter Vizepräsident Lechner: Danke schön.

Ich darf den Herrn Staatsminister für Landesentwick­lung und Umweltfragen zur Beantwortung bitten.

Erster Fragesteller ist der Herr Koffege Hölzl.

Hölzl Manfred (CSU), Fragesteller:

Herr Staatsminister, sind Sie der Auflassung, daß die nachgeordneten Verwaltungsbehörden auf­grund eines als „Fachbeitrag" Im Rahmen der Fortschreibung des LEP bezalchnetan Schriftsat­zes bereits weitreichende und die Entwlcklungs­chancan ganzer Gemeinden massiv beeinträch­tigende Entscheidungen Im Rahmen der Flächen­nutzungs- und Bauleltplanung treffen dürfen, wie dies offenkundig aufgrund des MS vom 19. Au­gust 1981 - Lärmschutzbereiche zur Lenkung der Bauleltplanung - geschieht?

Staatsminister Dick: Herr Präsident, meine sehr ver­ehrten Damen und Herren! Nach dem geltenden Lan­desentwicklungsprogramm sowie nach dem Entwurf der Fortschreibung sollen in den Regionalplänen un­beschadet der Anforderungen des Fluglärmgesetzes zur Lenkung der Bauleitplanung in der Umgebung von Flugplätzen Lärmschutzbereiche ausgewiesen werden.

Das Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen als oberste Fachbehörde für Lärm­schutzfragen hat in dem zitierten Schreiben vom Au­gust 1981 der Regionalplanung hierfür Fachbeiträge zur einheitlichen Handhabung zur Verfügung gestellt. Es ist Aufgab~ der Regionalplanung, die übermittel­ten LärmschJtzbereiche bei der Ausarbeitung der Regionalpläne zu berücksichtigen und auf der Grund­lage der nach ~em Landesentwicklungsprogramm zu­lässigen Nutzijngen Ziele aufzustellen: Erst nach ihrer Übernahme in Iden Regionalplan erhalten die Fachbei­träge somit 'ferbindlichkeit nach Landesplanungs­recht. Das !ndesentwicklungsprogramm gestattet der Regional lanung, die Nutzungen innerhalb der Lärmschutzb eiche entsprechend den Entwick­lungsnotwen gkeiten der Kommunen flexibel festzu­legen.

Unabhängig n dieser vorgesehenen Regelung in der Regional lanung hat das Staatsministerium für Landesentwl lung und Umweltfragen zusammen mit dem Staatsmi isterium des Innern bereits Anfang der siebziger Jah in besonders gravierenden Fällen, so beispielsweis auch im Falle des Militärflughafens Fürstenfeldbr ck, zum Schutz der Bevölkerung vor Fluglärm eine baurechtliche Übergangsregelung ge-troffen. ·

Danach habe die Behörden die Lärmschutzbereiche in der Bauleit anung als Beurteilungsmaßstab gemäß § 1 Absatz 4 alt) bzw. Absatz 6 (neu) des Bundes-

baugesetzes zu beachten. Dazu hatte das Staatsmini­sterium für Landesentwicklung und Umweltfragen die notwendigen Entscheidungsgrundlagen in Form von Lärmschutzzonenkarten und Nutzungskriterien zur Verfügung gestellt. Diese Karten und Kriterien wur­den für die erwähnten Fachbeiträge zur Regionalpla­nung entsprechend dem neuesten Erkenntnisstand fortgeschrieben. Das Staatsministerium für Landes­entwicklung und Umweltfragen hat keine Bedenken, wenn die Behörden die im "Schreiben vom August 1981 enthaltenen Kriterien zum Schutz der Bevölke­rung vor Fluglärm bis zur Aufstellung eigener ent­sprechender Ziele in den Regionalplänen als Grund­lage für die Beurteilung von Bauleitplänen gemäß § 1 Absatz 6 des Bundesbaugesetzes heranziehen.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Zusatzfrage, der Fragesteller!

Hölzl Manfred (CSU): Herr Staatsminister, würden Sie, wenn man an Ihre Ausführungen anschließt, auch die Meinung vertreten, daß natürlich die Regionalpla­nungs- bzw. Bezirksplanungsstellen die Verpflichtung haben, die in dem zitierten Schreiben enthalte11en Ausnahmeregelungen und Möglichkeiten dann auch mit einzubeziehen, wenn sie jetzt schon Bauleitpläne mit Bezugnahme auf dieses MS ablehnen bzw. nega­tiv verbescheiden?

Staatsminister Dick: Diese Meinung würde ich ver­treten.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Zusatzfrage, der Fragesteller!

Hölzl Manfred (CSU): Herr Staatsminister, teilen Sie die Auffassung, daß die Möglichkeiten der baulichen Lärmschutzmaßnahmen in der Lärmschutzzone C Priorität haben müßten, weil auch mit den insgesamt vorgesehenen Lärmschutzmaßnahmen die Bevölke­rung im Endeffekt nur vor dem Lärm geschützt wer­den kann, der sich innerhalb der Wohnungen bemerk­bar macht? Deswegen die Zielsetz~ng, daß den bauli­chen Lärmschutzmaßnahmen - Fenster usw. - Priori­tät eingeräumt wird.

(Zuruf des Abg. Hiersemann)

Zweiter Vizepräsident Lechner: Das geht jetzt über die Frage hinaus, Herr Kollege.

Staatsminister Dick: Ich habe eben betont, daß dem Schutz der Bevölkerung Priorität zukommt. Ich teile also diese Auffassung.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Nächster Fragestel­ler, Kollege Loew!

Loew (SPD), Fragest e 11 er:

Hält es die Staatsregierung angesichts dar der­zeitigen Finanzlage des Freistaates für politisch vertretbar, daß mit Steuergeldern in Höhe von 220000 DM über das Programm „Freizelt und Er­holung" die Anlage von vier unbenutzten Tennis-

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Bayerischer Landtag · PLENAAPROTOKOLL 9/116 v. 03. 03. 82 7565

(Loew [SPD])

plätzen lür einen Verein von 17 Mitgliedern geför­dert wird, wie es Im Falle des Tennisvereins „Po­llslna Frtckenhausen" geschehen Ist, und welche Konsequenzen hat die Bayerische Staatsregie­rung bislang aus diesem Förderungsfall gezo­gen?

Staatsminister Dick: Der SC Polisina beantragte im August 1978 einen Zuschuß und ein Darlehen zur Er­richtung von vier Tennisplätzen in Frickenhausen. Die Tennisanlage sollte zur Abrundung eines vorhande­nen Freizeitbereichs dienen, in dem bereits Camping­platz, Hallenschwimmbad, Bolzplatz, Spielplätze. Tischtenniseinrichtungen und Wanderwege vorhan­den waren. Die Marktgemeinde unterstützte deshalb zu Recht das Vorhaben nachdrücklich vor allem des­halb, weil die Anlagen nicht nur Vereinsmitgliedern. sondern der Allgemeinheit zur Verfügung stehen soll­ten. Die höhere Landesplanungsbehörde stellte fest. daß Frickenhausen zum Naherholungsraum des Oberzentrums Würzburg und zum Fremdenverkehrs­gebiet „Fränkisches Weinland" gehört und für den Fremdenverkehr geeignet ist; solche Gebiete seien bevorzugt mit Sportanlagen auszustatten; die Anla­gen sollten eine ganzjährige Nutzung ermöglichen; diesen Zielsetzungen entspreche auch die vorgese­hene Maßnahme. Der Sportstättenfachberater der Regierung von Unterfranken bejahte den Bedarf für das Vorhaben. Vergleichbare Anlagen sind in der Ge­meinde Frickenhausen noch nicht vorhanden gewe­sen.

Dem Verein wurde Ende 1981 zu den förderfähigen Kosten von 382000 DM ein Zuschuß von 114604 DM gewährt und ein Darlehen in Höhe von 114600 DM in Aussicht gestellt. Der Verein mußte sich also ein­schließlich der Rückzahlung des Darlehens mit na­hezu 70 Prozent der Kosten beteiligen. Zum Zeit­punkt der Bewilligung war bekannt, daß der Verein bereits im Jahre 1978 23 Mitglieder zählte und daß sich 100 nainentlich genannte Personen um eine Auf­nahme in den Verein beworben hatten. Ich sage das deshalb, weil die Zahl 23 unter Berücksichtigung der Tatsache, ß keine Spielfelder zur Verfügung stan­den, mit de 100 Bewerbern zusammen eine vernünf­tige Basis rstellte. Daß die Mitgliederzahl zum Zeit­punkt der ntragstellung nicht sehr hoch war, war nicht auße ewöhnlich, da zu diesem Zeitpunkt ge­eignete Te iseinrichtungen nicht vorhanden waren. Die Mitglie rzahl ist im übrigen kein entscheidendes Kriterium f„ die Bewilligung, zumal eine geringe Mit­gliederzahl er mit der Förderung bezweckten Nut­zung durc die Allgemeinheit, die beim Programm „Freizeit u Erholung" im Mittelpunkt steht und im Bewilligung bescheid auch ausdrücklich zur Auflage gemacht wi d, eher entgegenkommt. In anderen För­derfällen si gerade Klagen laut geworden, weil eine zu hohe Mit liederzahl des Trägervereins die Nutzung durch die lgemeinheit nicht mehr zulasse. Das Staatsminis rium für Landesentwicklung und Um­weltfragen 1 ßt zur Zeit prüfen, ob der Verein die Be­willigungsb ingungen hinsichtlich der Nutzungs­möglichkeit durch die Allgemeinheit einhält. Im übri-

gen hat der Verein der Gemeinde vertraglich das Recht zugesichert, die Nutzung durch die Allgemein­heit zu überprüfen.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Zusatzfrage, der Fragesteller!

Loew (SPD): Darf ich aus Ihren langen Ausführungen als Antwort auf meine Frage entnehmen, daß Sie diese Förderung für politisch vertretbar halten und daß, wenn Sie diesen Fall heute noch einmal zu ent­scheiden hätten, in Ihrem Hause wieder genauso ent­schieden würde?

Staatsminister Diele Herr Kollege, ich habe die übli­che Förderpraxis bereits dargestellt. Wären nur 17 Mitglieder mit dem Darlehen beglückt worden. hätte ich eine Bewilligung nicht befürwortet. Ich betone aber noch einmal, daß die Auflage im Bewilligungsbe­scheid überall gleich ist. Die Einrichtungen müssen der Allgemeinheit zur Verfügung stehen. Deshalb habe ich auch am Ende meiner Ausführungen er­wähnt, daß zur Zeit Überprüfungen stattfinden, ob die Allgemeinheit Zugang zu den Einrichtungen hat. Wenn das nicht der Fall wäre, wäre nach meiner An­sicht die Förderung fehl am Platze gewesen. Das ist aber heilbar, weil das Recht auf Zugang der Allge­meinheit ausdrücklich verankert ist. Förderungen aus dem Programm „Freizeit und Erholung" nur für Ver­eine hielte ich nicht für zweckmäßig.

zweiter Vizepräsident Lechner: Zusatzfrage, Herr Kollege Franz!

Franz (SPD): Herr Staatsminister, was sagen Sie zu der Tatsache, daß die Gemeinde Frickenhausen jen­seits des Maintales liegt, während die Tennisplätze hoch über dem Main auf der anderen Mainseite ein­gerichtet wurden und deshalb die Bürger von Frik­kenhausen nur auf einem umständlichen Umweg dorthin gelangen können und dabei sogar an Tennis­plätzen der Stadt Ochsenfurt vorbeifahren müssen?

zweiter Vizepräsident Lechner: Die Frage hat mit der ursprünglichen Frage nichts zu tun.

(Abg. Franz: Natürlich, von der Nutzung ber! - Abg. Hiersemann: Das hängt schon

zusammen, Herr Präsident! - Unruhe bei der SPD)

- Es ging um die Förderung, und jetzt geht es um die Lage des Tennisplatzes. Das sind zwei verschiedene Schuhe.

(Abg. Franz: Das hängt doch zusammen!)

Staatsminister Dick: Ich bin gern bereit, darauf zu antworten. Ich bin ja auch Präsident der Bayerischen Gebirgs- und Wandervereine. Aus dieser Sicht muß ich feststellen, daß es noch. niemandem geschadet hat, wenn er auch einmal längere Wege auf sich nimmt. noch dazu wenn er Sportler ist.

(Beifall bei der CSU)

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(Staatsminister Dick)

Wir sind nicht in der Lage und auch nicht bereit, je­dem vor der eigenen Haustüre einen Tennisplatz zu bezuschussen.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Zusatzfrage, Kollege Kolo!

Kolo (SPD): Herr Minister, könnten Sie uns gleichzei­tig sagen, wie hoch der Antragsstau beim gesamten Programm „Freizeit und Erholung" war?

Staatsminister Dick: Herr Kollege, bekanntlich ist der Antragsstau deshalb so hoch, weil das Programm so gut angenommen wurde. Natürlich zwingt uns die finanzielle Lage, die Zuschüsse auf den aktuellen Stand einzupendeln. Aber Sie können doch nicht be­haupten, der Antragsstau komme daher, daß wir den Tennisplatz von Frickenhausen gefördert haben. Ich betone nochmals: 17 Vereinsmitglieder allein würde niemand fördern. Seinerzeit waren es aber bereits 23 Mitglieder und 100 waren in Aussicht. Entscheiden­der ist aber die Auflage, daß solche Einrichtungen der Allgemeinheit ohne Rücksicht auf die Zugehörigkeit zum Verein zur Verfügung stehen müssen.

(Zuruf des Abg. Hiersemann)

Die Mitgliederzahl des Trägervereins spielt eine un­tergeordnete Rolle, wenn die Allgemeinheit Zutritt zu den Anlagen hat.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Zusatzfrage, Herr Kollege Loew.

Loew (SPD): Herr Staatsminister, sind Sie bereit zu­zugeben, daB bei der Prüfung, ob ein solches Vorha­ben tatsächlich notwendig ist und gebraucht wird, Ih­rem Hause Fehler unterlaufen sind, da sich Ihr Haus beim Programm „Freizeit und Erholung" die Einzel­entscheidung vorbehalten hat, wenn die Förder­summe - wie im vorliegenden Fall - über 200000 DM liegt?

StaatsmlnlsJer Dick: Fehler können jedem unterlau­fen. Bei der gegebenen Sachlage können Sie aber feststellen, (laß durch das Ministerium und die zu­ständigen t'ellen umfassend geprüft worden ist und daß die För rung, objektiv gesehen, sinnvoll und ge­rechtfertigt ar. Ich möchte die Gegenfrage stellen: Was haben ie gegen die Förderung?

: (A~g. Loew: Darf ich antworten?)

Wenn die ~llgemeinheit nicht zugelassen würde, würde ich scjfort dafür sorgen, daß Abhilfe geschaffen wird. i

Zweiter Vlz präsldent Lechner: Letzte Zusatzfrage, Herr Kolleg Franz.

Franz (SPD : Herr Minister, halten Sie die Förderung angesichts iner so extremen Außenlage und bei nur vier Plätzen nicht für überzogen? Hätte angesichts des Bedarf es nicht genügt, bei diesem Hotel ein, maximal zw i Plätze zu fördern?

Staatsminister Dick: Ich verstehe Ihre Haltung nicht. Die Gemeinde Frickenhausen hat das Projekt unter­stützt, vor allem deshalb, weil die Anlage in einem be­reits bestehenden Freizeitzentrum liegt. Ich habe auf­gezählt, welche Einrichtungen bereits vorhanden sind. Ich kann nur wiederholen: Es hat noch nieman­dem geschadet, wenn er Wege in Kauf nimmt, zumal wenn ein Freizeitzentrum vorhanden ist. Ich neige dazu, der Gemeinde recht zu geben, weil sie den ei­genen Bereich besser überschauen kann.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Nächster Fragestel­ler, Herr Kollege Großer!

Großer (FDP), Fragest e 11 er:

Herr Staatsminister, hält es die Staatsregierung für notwendig, Werbung für die Kernenergie-Nut­zung mit einem Emplehlungsschrelben des Staatsministeriums lür Landesentwicklung und Umweltfragen an Schulen zu vertanen, und Ist sie bereit, auch Aulklärungsmatertal von Umwelt­schutzverbänden wie dem Landesverband lür Vo­gelschutz oder dem Bund Naturschutz mit einem Emplehlungsschrelben des gleichen Ministe­riums an Schulen in Bayern verteilen zu lassen?

Staatsminister Dick: Herr Präsident, meine sehr ver­ehrten Damen und Herren! Das Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen hat im Novem­ber 19ß1 als Informationsmaterial über die. friedliche Nutzung der Kernenergie den Gymnasien je. drei Exemplare folgender Unterlagen zugesandt:

- Sonderheft des Verlags Bayerland: „Kernenergie unter Kontrolle"

- Beilage zur Wochenzeitung „Das Parlament": „Kann man nur für oder gegen Kernenergie sein?"

- Informationsmaterial der Kraftwerk Union (KWU)

Das Material war ausschließlich für Lehrer und nicht zur Verteilung an Schüler bestimmt und mit einem Anschreiben des Staatsministeriums für Landesent­wicklung und Umweltfragen versehen.

Die Staatsregierung hält in der Tat im Bereich ihrer Sachverantwortung gegenüber Parlament und Bürger Öffentlichkeitsarbeit für „n o t w e n d i g". Sie befin­det sich damit in wörtlicher Übereinstimmung mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 2. März 1977. Das Bundesverfassungsgericht hat es u. a. ausdrücklich als Aufgabe staatlicher Öffentlich­keitsarbeit bezeichnet, „Verständnis für erforderliche Maßnahmen zu wecken oder um ein ,bestimmtes' Verhalten zu w e r b e n". Die Staatsregierung be­treibt diese Information in der Regel mit eigenem Ma­terial - wie bekannt-, in geeigneten Fällen allerdings auch mit Unterlagen Dritter. Selbstverständlich ist das Ministerium bereit, im Rahmen entsprechender eigener Aktivitäten zur Öffentlichkeitsarbeit Material von Umweltschutzverbänden einzubeziehen, wenn diese Information objektiv und für den Unterricht för­derlich ist. Im übrigen hat das Kultusministerium beispielsweise auch schon in der Vergangen-

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(Staatsminister Dick)

heil dem Bund Naturschutz bereits die Zusendung von vereinseigenem Informationsmaterial an Schulen gestattet. Sie haben nur offene Türen eingerannt.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Nächster Fragestel­ler, Herr Kollege Erwin Huber!

Huber Erwin (CSU), Fragest e 11 er :

Herr Staatsminister! Welche polltlschen, rechtli­chen und technischen Mögllchkelten sieht die Staatsregierung, um den Schweleldloxldgehalt der Luft und damit den sauren Regen zu vermin­dern, der nach ersten wlssanscheftllchen Er­kenntnissen die verheerenden Forstschäden In Ostbayem mit verursachen soll?

Zweiter Vizepräsident Lechner: Herr Staatsminister!

Staatsminister Dick: Herr Präsident, verehrte Kolle­ginnen und Kollegen! Dies ist ein sehr komplexes Thema. Ich bitte um Verständnis, wenn ich versuche, die Frage nur stichwortartig zu beantworten, und den Fragesteller bitten möchte, damit einverstanden zu sein, daß ergänzend eine schriftliche Beantwortung erfolgt, weil dieser Komplex wirklich umfassend be­antwortet werden muß; er eignet sich weniger für eine mündliche Beantwortung. Aber nun stichwortar­tig zu dem Problem:

Schwefeldioxid entsteht bei der Verbrennung schwe­felhaltiger Brennstoffe wie Kohle und Heizöl. Den größten Anteil an den Schwefeldioxid-Emissionen ha­ben in der Bundesrepublik Deutschland Kraftwerke und Fernheizwerke, gefolgt von Anlagen der Indu­strie, von Kleinverbrauchern und Verkehr. Im Jahre 1978 wurden beispielsweise in der Bundesrepublik etwa 3,6 Mimonen Tonnen Schwefeldioxid emittiert, in der Tschechoslowakei 5 Millionen Tonnen, in der „DDR" 4 Millionen Tonnen. Ich glaube, es ist wichtig, einmal zu betonen, daß solche Luftfrachten an Gren­zen nicht halt 'machen, daß wir also dieses Problem in viel größerem: Umfang sehen müssen. Die Problema­tik hat ja wiederholt den Landtag beschäftigt.

' Der Schwefeldioxidgehalt der Luft läßt sich durch

- Vermindenrg des Auswurfs und - seine weitr4umige Verteilung

senken. Die )/errninderung des Auswurfs wird er­reicht durch :

- Rauchgase tschwefelungsanlagen, - Ersetzung ssiler durch andere Energieträger, - Energieein arung.

Rauchgasen! hwefelungsanlagen sind inzwischen in der Bundesre ublik zur Betriebsreife entwickelt wor­den und erzie n Entschwefelungsgrade von mehr als 80 Prozent.

Politische Ko sequenz dieser technischen Möglich­keiten ist ins sondere die Empfehlung der Umwelt­ministerkonfe . nz, die Schwefeldioxid-Emissionen

von Kohlekraftwerken mit einer elektrischen Leistung ab 175 MW auf 650 mgim' zu begrenzen. Diese Emp­fehlung kann durch Auflagen in den Genehmigungs­bescheiden für n e u e Kohlekraftwerke rechtlich auch durchgesetzt werden. Daneben ist auf die ge­plante Verordnung über Großfeuerungs- und Ver­brennungskraftmaschinenanlagen hinzuweisen, die Grenzwerte für gas- und staubförmige Emission~n in Abhängigkeit vom Brennstoff vorsieht.

Als Ersatz für fossile Brennstoffe kommen in erster Linie Erdgas und Kernenergie in Frage. Beim Haus­brand bietet sich die Umstellung auf Gas- oder Fern­wärmeversorgung an.

Deshalb hat das Staatsministerium für Landesent­wicklung und Umweltfragen den Ausbau kommunaler Gas- und Fernwärmeversorgung in vielen bayeri­schen Gemeinden bisher mit Zuschüssen von 42,8 Millionen DM und zinsverbilligten Darlehen von 165,8 Millionen DM gefördert. Außerdem werden gemein­sam mit den Städten Ingolstadt, Nürnberg, München und Regensburg Sonderförderaktionen für Heizungs­umstellungen durchgeführt, wozu das Staatsministe­rium für Landes~ntwicklung und Umweltfragen bisher Mittel in Höhe von 8,4 Millionen DM bereitgestellt hat. Daneben müssen natürlich alle Anstrengungen fort­geführt werden, den Energieverbrauch insgesamt weiterhin zu senken.

Alle diese Maßnahmen dienen der Bekämpfung des Übels an der Wurzel. Lediglich ein Kurieren an loka­len Symptomen ist dagegen die Verbesserung der Immissionssituation durch weiträumigere Verteilung der unveränderten Schwefeldioxidmenge, etwa durch Absenken der Immissionsgrenzwerte der TA Luft mit der Folge, daß die Kamine noch höher würden. Das würde Belastungen gebietsweise zwar vermindern, dafür aber an anderen Orten zusätzliche Belastungen hervorrufen.

Wir werden daher unsere Bemühungen auf alle Mög­lichkeiten konzentrieren, die Emissionen an der Quelle zu vermindern.

Ich möchte noch einmal vorschlagen, daß gerade zu diesem Problemkreis, der in den letzten Tagen in der Presse, in den Medien eine sehr bedeutsame Rolle gespielt hat, ein umfassender schriftlicher Bericht, das heißt eine Antwort an Sie, Herr Abgeordneter Hu­ber, erfolgen darf.

zweiter Vizepräsident Lechner: Eine Zusatzfrage, der Fragesteller!

Huber Erwin (CSU): Herr Minister, noch eine kurze zusätzliche Frage! Trifft es zu, daß bei den Kraftwer­ken die größte Belastung aus den alten Anlagen, von den alten Mühlen kommt, und ist es nicht möglich, im Wege einer nachträglichen Auflage Rauchgasent­schwefelungen einzubauen?

zweiter Vizepräsident Lechner: Herr Minister!

Staatsminister Dick: Diese Feststellung trifft zu. Das ist in der Regel nicht möglich. Hier ist vor allem § 17

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(Staatsminister Dick)

des Bundesimmissionsschutzgesetzes angespro­chen. Es ist aus rechtlichen Gründen, auch wegen „wirtschaftlicher Unzumutbarkeit". wie es dort heißt, und oftmals auch aus technischen Gründen nicht möglich, eine Umrüstung herbeizuführen. Deshalb ist es, glaube ich, um so dringlicher, daß wir unsere alten Anlagen wegbringen, also ersetzen. Sicherlich wird auch immer wieder festzustellen sein, daB in diesem Zusammenhang gerade die Kernenergie eine echte Alternative darstellt.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Regensburger!

Regensburger (CSU): Herr Staatsminister, sind Sie der Auffassung, daB die derzeit bestehenden Mög­lichkeiten des Bundes und des Landes ausreichend sind, um alle technisch möglichen und wirtschaftlich zumutbaren Auflagen zur Verminderung der Emissio­nen zu treffen?

zweiter Vizepräsident Lechner: Herr Minister!

Staetamlnlater Dick: Bei künftigen Anlagen ja, das habe ich vorhin erörtert, gerade auch durch die Be­schlüsse und Vorhaben, die die Umweltministerkon­ferenz getroffen hat. Aber Sie sehen - gestern stand es in der Presse -, daB das geplante Kohlekraftwerk im Saarland erhebliche Schwierigkeiten bringt, weil man dort unter früheren Auflagen bauen und offen­sichtlich noch Emissionswerte zulassen will, die heute als überholt gelten. Das ist aber ein Problem der Saarländer. Ich sage das nur, weil es gerade ge­stern in der Presse eine Rolle gespielt hat.

Zweiter Vliepräsldent Lechner: Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Mittermeier!

Mlttermelet (CSU): Herr Staatsminister, ist in Ihrem Hause bekannt, ob und inwieweit auch in anderen Landesteilen außerhalb Ostbayerns ähnliche ver­gleichbare !Schäden auftreten und werden diese in die Ursachtnforschung mit einbezogen?

! zweiter Vbjepriisldent Lechner: Herr Minister!

Staatsmini;· ter Dick: Es ist so, daß sich die Schäden unter dem tichwort „ Tannensterben" nicht allein auf Ostbayern eschränken.

Zweiter V epräsldent Lechner: Herr Kollege Re­gensburge !

er (CSU): Herr Staatsminister, darf ich rt von vorhin entnehmen, daß Sie der Auf­

fassung si , daB die gesetzlichen Möglichkeiten zur notwendig n Nachrüstung veralteter Anlagen nicht ausreichen sind, und ist die Staatsregierung bereit, sich für ei e wünschenswerte Änderung dieser ge­setzlichen estimmungen einzusetzen?

:

Zweiter Vlzepriisldent Lechner: Herr Minister!

Staatsminister Dick: Für die notwendige Nachrü­stung - die Frage habe ich vorhin schon beantwortet - sind die derzeitigen gesetzlichen Grundlagen in der Regel nicht ausreichend. Die Staatsregierung ist selbstverständlich bereit, Vorschläge zu machen. Das ist übrigens bei den Besprechungen der Umweltmini­sterkonferenz wiederholt geschehen. Hier zeigen sich aber in der Praxis Schwierigkeiten, die nicht ein­fach auszuräumen sind.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Nächster Fragestel­ler, Herr Kollege Schmitt! Es ist die letzte Frage der heutigen Fragestunde.

Schmitt (SPD), Fragest e 11 er:

Herr Staatsminister! Welche Folgerungen wird die Staatsregierung aus den Ergebnissen der Un­tersuchung des Heidelberger Instituts für Kern­energie- und Umweltforschung ziehen, nech de­nen bisher die Gefahren des Austritts von radio­aktivem Dampf aus dem Maschinenhaus von Atomkraftwerken mit Druckwesserreektoren nicht hinreichend berücksichtigt worden sind?

Staatsminister Dick: Herr Präsident, meine sehr ver­ehrten Damen und Herren! Bei Druckwasserreakto­ren wie im Kernkraftwerk Grafenrheinfeld ist das so­genannte Zweikreisprinzip verwirklicht; der Dampf­kreislauf der Sekundärseite, der die im Maschinen­haus befindliche Turbine antreibt, ist vom Primärkreis vollständig getrennt. Er kann somit keine Radioaktivi­tät enthalten. Ein katastrophaler Austritt von radioak­tivem Dampf aus dem Maschinenhaus ist daher und aufgrund der eingebauten Absperrvorrichtungen nicht möglich.

Die Anfrage ist folglich auf das Problem Austritt ra­dioaktiver Spaltprodukte aus dem Sicherheitsbehälter hin zu präzisieren. Hierzu hat das Institut für Kern­energie und Umweltforschung (IFEU) eine Studie er­stellt, die im wesentlichen zwei nach Meinung des IFEU repräsentative Unfallabläufe mit katastrophalen Auswirkungen auf die Umgebung des Kernkraftwerks Grafenrheinfeld - insbesondere auf die Stadt Schweinfurt - diskutiert:

a) Dampfexplosion nach einem Kernschmelzunfall mit sofortigem Versagen des Sicherheitsbehälters und Freisetzung radioaktiven Materials in die Atmo­sphäre,

b) Kühlmittelverlust-Störfall mit großem Leck im Si-cherheitsbehälter.

Das Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen hat die Gesellschaft für Reaktorsicher­heit (GRS), die Autorin der auch vom IFEU zitierten „Deutschen Risikostudie Kernkraftwerke" beauftragt, eine Stellungnahme zu den Aussagen der IFEU-Stu­die zu erarbeiten. Diese Stellungnahme habe ich in Kurzfassung bereits im Oktober 1981 sämtlichen Kol' leginnen und Kollegen des Bayerischen Landtags zu­geleitet.

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(Staatsminister Dick)

Die GAS kommt zu folgendem Ergebnis:

- Eine Dampfexplosion mit Zerstörung des Reaktor­druckgefäßes und des Sicherheitsbehälters, wie ihn die IFEU-Studie postuliert, ist in Kernkraftwer­ken aus physikalischen Gründen überhaupt nicht möglich. Diese Aussage wird durch neuere For­schungsergebnisse untermauert.

- Ein Kühlmittelverlust-Störfall mit großem Leck im Sicherheitsbehälter, der von der IFEU-Studie als repräsentativer „mittlerer Unfall" dargestellt wird, hat eine um Größenordnungen geringere Eintritts­häufigkeit als in der IFEU-Studie angegeben. Der Eintritt eines solchen Falles ist „nach den Maßstä­ben praktischer Vernunft", wie das Bundesverfas­sungsgericht formuliert, auszuschließen.

Die GAS stellt zusammenfassend fest, daß die IFEU­Studie keine neuen Gesichtspunkte und keine be­gründeten Schlußfolgerungen enthält, die Anlaß ge­ben, die im Rahmen des atomrechtlichen Genehmi­gungsverfahrens für das Kernkraftwerk Grafenrhein­feld durchgeführte Sicherheitsanalyse zu überprüfen.

Das Genehmigungsverfahren für das Kernkraftwerk Grafenrheinfeld, das wir stets sorgfältig und kompro­mißlos durchgeführt haben, stellt sicher, daß die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderli­che Vorsorge gegen Schäden durch die Errichtung und den Betrieb der Anlage getroffen ist. Das Staats­ministerium für Landesentwicklung und Umweltfra­gen sieht daher weiterhin keine Gründe, die die atom­rechtliche Genehmigung für das Kernkraftwerk Gra­fenrheinfeld in Frage stellen würden.

El'llter Vlzepriialdent Kamm: Zusatzfrage, Herr Abge­ordneter Schmitt!

Schmitt (SPD): Herr Staatsminister, haben Sie in Ih­rer Antwort übersehen, daß es zu den von mir zitier­ten Störfällen mit Dampfaustritt bereits gekommen ist, und zwar bei den Kernkraftwerken Biblis B, Stade und Obrigheim?

Staetsmlnlst r Dick: Das ist in der Antwort berück­sichtigt, hat it dem Kernkraftwerk in Grafenrheinfeld aber nichts u tun, weshalb auch nicht dieselben Schlußfolger gen gezogen werden können.

El'llter Vlzep gemein fests immer weni ganze Reihe gestellt word ten der Staa der nötigen die Form der

Iden! Kamm: Ich darf einmal ganz all­llen, daß diese Form der Fragestunde r Einzelfragen zuläßt. Es sind eine on Fragen dabei, die besser schriftlich n wären. Eine ganze Reihe von Antwor­regierung erfolgt zudem auch nicht in ürze. Ich meine, wir müssen uns über ragestunde einmal Gedanken machen.

(Abg. M slein: Sehr richtig! -Abg. Diethei:

Ich rufe auf

lnterpellatlo Seebaueru und Bnch

Höchste Zeit)

unkt 9 der Tagesordnung:

der Abgeordneten Dr. Rothemund, Dr. Fraktion betreffend Arbeltsmarktlaga

gungspolltlk (Drucksache 10452)

Gemäß § 72 Absatz 1 der Geschäftsordnung war ich gehalten, diese Interpellation auf die heutige Tages­ordnung zu setzen, da die Interpellanten mit einer Verschiebung der Behandlung ihrer Interpellation nicht einverstanden waren. Gemäß § 72 Absatz 2 der Geschäftsordnung frage ich die Staatsregierung, ob und wann sie die Interpellation beantworten kann oder aus welchem· Grund eine Beantwortung nicht möglich erscheint.

Das Wort hat der Herr Staatsminister für Wirtschaft und Verkehr.

Staatsminister Jaumann: Herr Präsident, Hohes Haus! Ich werde die Interpellation in der nächsten Plenarsitzung Ende März bantworten. So ist es auch zwischen den Fraktionen besprochen.

(Abg. Lang: Bei der nächsten Plenarsitzung!)

Erster Vizepräsident Kamm: Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Rothemund.

Dr. Rothemund (SPD): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Erklärung, die der Herr Staatsmini­ster für Wirtschaft und Verkehr soeben abgegeben hat, kann aus meiner Sicht nicht unwidersprochen bleiben. Wir hatten uns schon vor Monaten darauf verständigt, daß in der jetZ1 stattfindenden Plenarsit­zungswoche die Interpellation der SPD behandelt werden soll. Darüber gab es eine eindeutige Ab -sprach e im Ältestenrat. Staatskanzlei und Staatsregierung haben davon gewußt und der Be­handlung in dieser jetzigen Woche zugestimmt.

Wenn Sie, Herr Staatsminister, jetZ1 erklären, diese Interpellation erst Ende März zu behandeln, ohne eine Begründung dafür zu geben, warum Sie um eine Verschiebung der Interpellation bitten, dann muß ich dies als ungewöhnliches Verhalten bezeichnen.

(Beifall bei der SPD)

Meines Erachtens sollte Sie der Respekt gegenüber den Absprachen, die Sie mit uns getroffen haben, und die auch im Ältestenrat erfolgt sind, veranlassen, Ihre Bitte um Verschiebung vor diesem Hohen Haus entsprechend zu begründen.

Die Fragen der Beschäftigungspolitik und Arbeitslo­sigkeit sind so dringlich, daß wir sie hier nicht auf die lange Bank schieben können. Ich erwarte also, daß Sie uns eine wirkliche Erklärung über die Motive und Absichten geben, die Sie zu dieser Bitte um Ver­schiebung veranlaßt haben.

Erster Vizepräsident Kamm: Das Wort hat der Herr Staatsminister für Wirtschaft und Verkehr.

Staatsminister Jaumann: Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, Hohes Haus! Ich bin ei­nigermaßen verblüfft, weil ich davon ausgegangen bin, daß zwischen den Fraktionen alles besprochen worden ist und es einer Begründung eigentlich nicht bedarf. Ich sage ausdrücklich, daß ich davon ausge­gangen bin. Selbstverständlich kann ich eine Begrün-

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(Staatsminister Jaumann)

dung geben, was ich jetzt tun werde. Nach .meinen Informationen lag dem Ältestenrat, als dieser am 17. Februar 1982 die Tagesordnung für diese Sitzung festlegte, der Wunsch vor, zunächst die Interpellation der CSU betreffend „Das Schulwesen in Bayern" (Drucksache 10232) zu behandeln, die als erste an­gemeldet worden war.

Mir wurde dann signalisiert, daß die nächste Plenar­sitzung Ende März 1982 zur Beantwortung der Inter­pellation der SPD wohl die richtige sei. Diese Interpel­lation ist fraglos wichtig genug, weshalb wir sie auch zeitgerecht beantworten wollen. Zwei Gründe lassen den Termin Ende März jedoch geeignet erscheinen: Erstens wird heute, 3. März 1982, die Vorlage zum Beschäftigungsprogramm in Bonn eingebracht.

(Abg. Loew: Die ist doch schon bekannt!)

Natürlich ist das bekannt. Wir wissen aber noch nicht, welches Schicksal diese Vorlage im Bundestag ha­ben wird, was sich erst innerhalb der nächsten 14 Tage zeigen wird. Für die Beantwortung der Interpel­lation ist dies jedoch wichtig. Wir können doch schließlich nicht unabhängig vom Geschehen in Bonn für unser Handeln eine Leitlinie aufstellen.

Hinsichtlich der F r a g e 5 der Interpellation betref­fend die sogenannte Investitionsblockade ist festzu­stellen, daß unabhängig von der Interpellation ein SPD- A n t r a g vorhanden ist, dessen Behandlung einstimmig auf 1. April 1982 terminiert worden ist. Diese Terminierung ist aus vielerlei Gründen notwen­dig und erfolgte einstimmig. Nachdem dieser Antrag denselben Fragenkreis betrifft und das Hohe Haus dafür einstimmig den 1. April terminiert hat, ist es nach unserer Meinung wohl zweckmäßiger, Interpel­lation und Beantwortung der terminierten Fragestel­lung in etwa zusammenzulegen. Für das Hohe Haus ist es doch auch zweckmäßiger, mit fundierten Zahlen zu arbeiten, als da und dort noch Zahlen heranziehen zu müssen, die nicht den gesicherten Erkenntnissen einer solidel!I Arbeit entsprechen.

Das war der: Grund, warum ich in meiner Fraktion und dem Frakti'*1svorsitzenden gegenüber gesagt habe, wenn diese :Interpellation um 14 Tage oder drei Wo­chen versc ' ben werden kann, habe ich nichts dage­gen; ich bi allerdings auch bereit, sie sofort zu be­antworten. ann hat man sich darauf geeinigt, zuerst die lnterpell tion über das Schulwesen und erst dann die hier an sprochene Interpellation zu behandeln. Es hieß, es gebe keine Schwierigkeiten, und damit war die Sac e für mich zunächst erledigt.

Erster Vize räsldent Kamm: Das Wort hat der Herr Abgeordnet Dr. Rothemund.

Dr. Rothe nd (SPD): Herr Präsident, meine Damen Ich muß nochmals auf den Vorgang zu­. Herr Staatsminister, Sie konnten nach

den Bespr hungen im Ältestenrat nicht davon aus­gehen, daß n irgendeiner Weise eine Einigung statt­gefunden h tte. Zwar hat die CSU dort mit Massivität

vorgetragen, daß die Interpellation auf Ihren Wunsch hin verschoben werden soll,

(Abg. Loew: So war es!)

wir haben aber mit aller Entschiedenheit daran fest­gehalten, daß die einmal getroffene Absprache einge­halten werden muß. Wir haben deshalb darauf be­standen, daß die Interpellation auf die Tagesordnung dieser Plenarsitzungswoche gesetzt wird, so wie es auch den Bestimmungen unserer Geschäftsordnung entspricht. Es tut mit leid, wenn Sie, Herr Minister, von der CSU-Fraktion über den Vorgang im Ältesten­rat möglicherweise nicht ausreichend informiert wor­den sind. Das ist aber nicht mein Geschält, das ist das Geschält der CSU-Fraktion.

Im übrigen muß ich zu Ihren zwei B e g r ü n d u n -gen einige Bemerkungen machen. Sie haben auf die Vorlagen in Bonn abgestellt und gesagt, Sie müßten zunächst einmal abwarten, welches Schicksal diese Vorlagen in Bonn finden würden. Nun, dies steht in ei­nem krassen Gegensatz zu Ihren bisherigen Erklärun­gen und auch zu den Erklärungen seitens der Staats­regierung; denn danach haben Sie den Eindruck er­weckt, daß Sie diese Vorlagen nicht nur ablehnen, sondern daß Sie auch nicht bereit sind, etwa im Ver­mittlungsausschuß dafür zu sorgen, daß die Be -schäftigungsvorlage der Bundesre­g i e r u n g - natürlich einschließlich der damit ver­bundenen Erhöhung der Mehrwertsteuer - über die Runden kommt. Es scheint also so zu sein, daß Sie an Ihre eigenen Erklärungen nicht so recht glauben. Das stimmt aber eigentlich hoffnungsfroh. Wenn es so sein sollte, daß sich die Staatsregierung noch neu besinnt und wir damit rechnen können, daB das alles letzten Endes im Interesse der Bekämpfung der Ar­beitslosigkeit die Hürden des Bundesrats passiert, dann könnten wir dies nur begrüßen.

Ihre zweite Bemerkung, daß Sie wegen des Antrags der SPD in bezug auf den politisch verursachten 1 n -v e s t i t i o n s s tau nicht mit Zahlen aufwarten kön­nen, ist für uns jedenfalls sehr interessant. Denn in der Vergangenheit haben Sie ja immer mit dem Inve­stitionsstau operiert.

(Zustimmung bei der SPD)

Sie haben in vielen Reden auf den Investitionsstau hingewiesen. Nun ist es doch ein politisches Armuts­zeugnis, daß Sie jetzt hierher treten und sagen müs­sen, ich habe zwar in der Vergangenheit vom Investi­tionsstau geredet, ich kann ihn aber heute nicht bele­gen.

(Beifall bei der SPD -Abg. Loew: Noch vor drei Wochen war das!)

Das zeigt, meine Damen und Herren, daß Sie in der Öffentlichkeit mit Argumenten auftreten - und dann auch noch im Vollton der Überzeugung -, die Sie in Wirklichkeit in keiner Weise belegen können. Wir ha­ben schon seinerzeit im WirtschaltsausschuB, als un­ser Antrag dort behandelt wurde und die Staatsregie­rung aufgefordert worden ist, die Zahlen vorzulegen, gemerkt, wie schwer sich die CSU-Fraktion getan hat und wie unangenehm es ihr im Gru.nde gewesen ist,

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(Dr. Rothemund [SPD])

daß wir diesem Propagandamärchen, das Sie aufge­baut haben, endlich einmal auf den Grund gehen wol­len.

(Beifall bei der SPD - Zahlreiche Zurufe von der CSU, u. a. des Abg. Niedermayer: Dreht doch nicht alles um! Woran liegt es denn? Seid doch ehrlich! - Gegenruf des Abg.

Loew: Haben Sie die Zahlen, dann sagen Sie sie uns doch!)

Erster Vizepräsident Kamm: Nächste Wortmeldung, Herr Kollege Lang. Dann wäre ich aber schon dank­bar, wenn wir langsam zum Schluß dieser Geschäfts­ordnungsdebatte kommen könnten.

Lang (CSU): Herr Präsident, meine Damen und Her­ren! Ich möchte nur zur Geschäftsordnung eine An­merkung machen, damit keine Mißverständnisse blei­ben. Es liegen dem Landtagsamt zwei S c h r e i b e n d e r Staat s k an z 1 e i vor. In dem einen Schreiben wird ersucht, daß die Beantwortung der Interpellation der SPD betreffend Arbeitsmarktlage und Beschäfti­gungspolitik in dieser Plenarsitzung erfolgen soll. Darauf haben wir uns geeinigt; dies war auch der Vor­schlag der CSU-Fraktion. Dann kam eine weitere Bitte, und auch dieses Schreiben liegt dem Landtags­amt vor, und die Fraktionen haben davon Abschriften erhalten. In diesem Schreiben wird gebeten, daß über die Interpellation zur Arbeitsmarktlage erst nach den Beratungen der Bundesregierung über das Beschäfti­gungspaket und nach den Beratungen im Bundesrat entschieden werden soll. Auch hier hat die Fraktion dem Wunsch der Staatsregierung entsprochen, und ich habe dies dem Ältestenrat vorgetragen.

Das waren die eigentlichen Gründe, warum heute, im Gegensatz zur ursprünglichen Überlegung, die Inter­pellation zum Schulwesen behandelt werden soll. Wir haben also nur die vorgetragenen Wünsche erfüllt.

(Lachen bei der SPD)

Erster Vlzepiäsldent Kamm: Das Wort hat der Herr Staatsminist!!f für Wirtschaft und Verkehr.

Staatsminis! r Jaumann: Meine Damen und Herren! Ich kann nie ts anderes sagen, als daß mir so be­richtet word ist, wie es der Fraktionsvorsitzende der CSU ebe dargelegt hat.

von der SPD: Ihr habt doch den Wunsch geäußert!)

Ich habe mic natürlich darauf eingestellt.

Zum zweiten Wenn gesagt wird, Ihr argumentiert ständig mit er Investitionssperre in der Weltge­schichte her , muß ich dazu sagen: Wenn ein An­trag in diese Hohen Haus, über Investitionssperren zu berichten, zum 1. April terminiert wird, und zwar einstimmig, d nn muß ich wohl davon ausgehen, daß Einstimmigke in diesem ·Hohen Haus besteht, bis dahin Zeit zu aben. Das waren meine Überlegungen, warum wir di se Bitte geäußert haben. Ich bitte also

noch einmal, der Verschiebung der Beantwortung zu­zustimmen. Ich wäre mangels der entsprechenden Vorlage jetzt auch nicht in der Lage, auf die Interpel­lation einzugehen ..

Erster Vlzepräsldent Kamm: Herr Staatsminister, Sie müssen nicht darum bitten. Nach der Geschäftsord­nung haben Sie das Recht, hier zu erklären, daß Sie die Interpellation heute nicht beantworten wollen. Das ist erfolgt, und damit ist dieser Tagesordnungspunkt für heute erledigt.

Ich rufe auf Tagesordnungspunkt 10:

Interpellation der Abgeordneten Lang, Otto Meyer und Fraktion betreffend „Das Schulwesen In Bay­ern" (Drucksache 10232)

Die Staatsregierung hat sich bereit erklärt, diese In­terpellation heute zu beantworten. Ich darf einen der Interpellanten der Fraktion der CSU um Verlesung und Begründung der Interpellation bitten. - Bitte, Herr Kollege Lang!

Lang (CSU). 1nterpe11 an t : Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die CSU-Landtagsfraktion hat am 25. November 19ß1 eine Interpellation betref­fend „Das Schulwesen in Bayern" eingebracht. Ihr Text ist der Landtagsdrucksache 9/10232 zu entneh­men. Ich bitte den Herrn Präsidenten und das Hohe Haus zu genehmigen, daß der Text der Interpellation in das Protokoll dieser Sitzung aufgenommen wird•).

Der erste Abschnitt unserer insgesamt 17 Fragen zielt auf eine Art Bestandsaufnahme des gegliederten Schulwesens in Bayern ab. Im zweiten Teil stehen das gegliederte Schulwesen und die integrierte Ge­samtschule neben- und gegeneinander. Für die Erar­beitung des Fragenkatalogs danke ich Herrn Kolle­gen Otto Meyer und dem von ihm geleiteten kultur­politischen Arbeitskreis unserer Fraktion. Dem Herrn Staatsminister für Unterricht und Kultus und seinen Mitarbeitern gilt mein Dank für die Mühe, die für die von uns erbetene umfangreiche Beantwortung aufzu­wenden war.

Meine Damen und Herren! Meine Kolleginnen und Kollegen! Wir führen heute die Schulpolitik dieser Le­gislaturperiode bewußt zu einem Höhepunkt, der den im Bereich der Schule Verantwortlichen, Betroffenen und Interessierten einen zuverlässigen Überblick über unsere Bildungslandschaft ermöglichen soll. Wir wollen insbesondere freie Sicht schaffen auf den noch ziemlich trüben Schlagwortwirrwarr, auf das, was wieder einmal in den Niederungen schulpoliti­scher Agitation am Dampfen und am Brodeln ist. Ich hoffe, daß es diesem Hohen Haus trotz vorangegan­gener Emotionalisierung gelingt, unser heutiges Thema in der gebotl\Pen und der Schule allein dienli­chen Sachlichkeit abzuhandeln.

Unsere Fragestellungen sind sachlich nüchtern, im Ergebnis für manchen vielleicht ernüchternd. Wir wol­len im Grunde wissen: Was ist, was kann sein, was wäre, wenn ... In den Antworten hoffen wir, eine zu­verlässige Richtschnur zu finden, an der sich alle, Elie

•1 s. Anlage 1

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7572 Bayerischer Landtag · PLENARPROTOKOLL 9/116 v. 03. 03. 82

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noch oder wieder im Labyrinth der Emotionen stek­ken; wieder in Richtung Realität orientieren können. Es geht uns um die bestmögliche Schule für unsere Kinder. Deshalb müssen die Fakten den Vorrang ha­ben vor den Schlagworten. Tatsachen sind entschei­dend, nicht Stimmungsmache.

So kann es heute sicher nicht um alltägliche kleinere oder größere Unzulänglichkeiten in Schule oder Schulverwaltung gehen. die in keinem Schulsystem auszuschließen sind; es geht heute grundsätzlich um die schulische und erzieherische Qualität und Effekti­vität verschiedener Systeme. Die Diskussion darüber scheint uns gerade in den letzten Monaten im weiten Feld der Verheißungen oder Vermutungen stecken­geblieben zu sein. Wir wollen sie mit dieser Interpella­tion auf die verläßliche Grundlage nachprüfbarer Tat­sachen zurückführen.

Zu dieser von uns angestrebten öffentlichen K 1 a r -s t e 11 u n g in S a c h frag e n gehört auch. daß hier und heute endlich einige entscheidende, kritische Fragen geklärt werden. für deren Beantwortung die Gesamtschul-Befürworter in diesem Hohen Hause zuständig sind. Wir wollen schlicht für uns und für die Bürger wissen: Worum geht es bei der gegenwärti­gen Kampagne für die integrierte G e s a m t -s c h u 1 e ? Geht es wirklich und allein um ein an d e -r e s Schulsystem - oder stehen im Hintergrund wei­tere Überlegungen, die auf eine andere Gesell­schaftsordnung abzielen? Nein, das ist keineswegs eine böswillige Unterstellung. sondern die logisch­schlußfolgernde Fragestellung, die sich dem aufdrän­gen muß, der sich etwas eingehender mit program­matischen Aussagen prominenter Gesamtschul-Be­fürworter befaßt hat. Immerhin hat auch ein Experte und Insider der Gesamtschulszene wie der ehemalige Schulsenator von Berlin, Carl Heinz Evers. bestätigt, daß nach wie vor für manche die Gesamtschule „ein Mittel des polltischen Kampfes" - so Evers - ist.

Keineswegs Pädagogische. sondern politisch-ideolo­gische Zielsetzungen verrät beispielsweise folgende Aussage eine6 führenden Teilnehmers des „B u n -des k o n g rtss es Gesamt sc h u 1 e 1974" -ich zitiere mit enehmigung des Herrn Präsidenten-:

Eine Gesa tschulstrategie setzt Gesellschaftsana­lyse und g ellschaftliche Zielvorstellungen voraus. ... So muß ine Egalisierung der Ausbildungsstruk­tur durch esamtschulen scheitern. wenn nicht gleichzeitig sich die Gewerkschaften für einen Ab­bau horizo taler und vertikaler Arbeitsteilung und mithin der Machtstruktur aussprechen und tätig werden.

Das ist doch längst nicht mel1t das Vokabular der Pädagogik. s dern das Vokabular der - um im Juso­Originalton z sprechen - „Strategie der systemüber­windenden R formen".

Sie, meine daß uns solc ben. Wer hat an uns, daß d

men und Herren, werden verstehen. Aussagen sehr hellhörig gemacht ha­

ie je zurückgenommen? Es liegt nicht se und viele ähnliche Zitate in der Welt

sind. Aber es liegt an Ihnen. meine Damen und Her­ren der SPD, sie für unsefe weitere Diskussion aus der Welt zu schaffen. Wir würden es sehr begrüßen. wenn heute die bayerische SPD allen „Strategen" eine deutliche Absage erteilte. die sich in der inte­grierten Gesamtschule ein Trojanisches Pferd erhof­fen, mit dessen Hilfe sich unbemerkt doch wohl längst ausgestandene klassen-orientierte Konflikte erneut in unsere Gesellschaft tragen lassen.

(Oh. oh. oh! bei der FDP)

Mit einem klaren Wort in dieser Richtung könnte heute viel Ballast abgeworfen werden.

(Abg. Loew: Kein Beifall bei der CSU?)

Eine weitere Klärung tut not. SPD und FDP haben lange Zeit. wie es z.B. im Bildungsgesamtplan von 1973 zum Ausdruck kommt. die Einführung der inte­grierten Gesamtschule als alleiniger Regelschule an­stelle des gegliederten Schulwesens angestrebt. Jetzt will man das gegliederte Schulwesen nicht mehr durch die Gesamtschule ersetzen, sondern es. mit der sogenannten „Angebotsschule" bzw. „Gesamt­schule auf Antrag-· ergänzen. Hat man sich also still­schweigend von der ursprünglichen Total-Konzeption verabschiedet - oder hat man diese lediglich zur si­cheren Wiedervorlage verwahrt im Sinne jener Dop­pelstrategie, die ein ehemaliger Bundesvorsitzender der „Gemeinnützigen Gesellschaft Gesamtschule". heute übrigens b i 1 d u n g s p o 1 i t i s c h e r S p r e -eher der SPD in Schleswig-Holstein. wie folgt formulierte - ich zitiere mit Genehmigung des Herrn Präsidenten -:

Die Gesamtschule hat eine neue konkrete Chance. Sie zu nutzen, dazu gehören zwei strategische Ein­sichten: Die Unterscheidung zwischen kurz- und langfristigen Zielen und die Notwendigkeit der Doppelstrategie. Die Realisierung der Gesamt­schule als langfristiges Ziel ist Aufgabe einer Gene­ration, Zwischenschritte sind erforderlich.

Sind also die A n t r a g s s c h u 1 e n • die die Opposi­tion fordert. Endziel oder nur Zwischen­s c h r i t t ? Auch dazu erhoffen wir heute ein klären­

_ des Wort.

Meine sehr geehrten Damen und Herren. ich kann bei unserem heutigen Thema nicht zum Schluß kommen. ohne eindringlich vor der offensichtlich immer noch gravierenden Reformitis zu warnen. Ich weise darauf hin. daß in den letzten 12 Jahren in deutschen lan­den grundsätzlich und allgemein etwas zu viel von Reformen die Rede war. SPD und FDP haben sich gern ihre „Reformpolitik" zugute halten lassen. Viele Versprechen wurden jedoch nicht eingelöst. vieles erwies sich als nicht finanzierbar. Gerade mit Blick auf den Scherbenhaufen der Bonner Reformpolitik ist der Bürger mißtrauisch geworden gegen neue und weitere Versprechungen von angeblichen Verbesse­rungen. Neuerungen. Reformen.

Die Einführung der integrierten Gesamtschule - ob auf dem Umweg über die Antragschule. ob auf dem direkten Weg - wäre im übrigen nicht einmal eine „Reform"; dies wäre eine radikale und nach all dem. was wir bis heute von der Gesamtschule wissen.

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nicht verantwortbare Veränderung u n s e r e s B i 1 d u n g s w e s e n s. Wer wie die CSU der Überzeugung ist, daß sich das gegliederte Schul­wesen in Bayern bewährt hat, wird sich der Einfüh­rung eines total neuen, eines radikal anderen Schul­systems widersetzen müssen, solange das neue Sy­stem nicht den unbestrittenen Nachweis führen kann, die jungen Menschen tatsächlich besser zu bilden und zu erziehen. Wer ohne Not Bewährtes zer­schlägt, um an dessen Stelle trotz des Einsatzes ge­waltiger Finanzmittel letztlich nichts Besseres zu stel­len, handelt schlicht unverantwortlich. Um diesen ent­scheidenden Aspekt unserer politischen Verantwor­tung im Bildungsbereich geht es uns heute. Ich bitte den Herrn Staatsminister für Unterricht und Kultus um Beantwortung der von der CSU-Fraktion in der vorgelegten Interpellation gestellten Fragen.

(Beifall bei der CSU)

Erster Vizepräsident Kamm: Die Interpellation wird vom Herrn Staatsminister für Unterricht und Kultus beantwortet. Bitte schön, Herr Staatsminister!

Staatsminister Dr. Maler: Herr Präsident, meine Da­men und Herren! Die Interpellation der CSU gibt mir eine willkommene Gelegenheit, das gegliederte Schulwesen Bayerns darzustellen und auf die zahlrei­chen Probleme einzugehen, die entstehen würden, wenn man dieses Schulwesen durch Gesamtschulen ergänzen oder - das ist sicher die langfristige Vor­stellung vieler Gesamtschulverfechter - ersetzen wollte. Leider ist es mir nicht möglich, meine Antwort auf die gestellten Fragen in der zur Verfügung stehenden Zeit vollständig vorzutragen. Manche Ausführungen und besonders Zahlenunterlagen werde ich deshalb mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten zu Protokoll ge­ben•), und Sie, meine Kolleginnen und Kollegen bitte ich, Einzelh,iten dort nachzulesen. Ich sag" gleich im voraus: W8$ von diesen 100 Seiten übrigbleibt, ist noch genu~; ich brauche etwa zwei Stunden Zeit. Aber ich gl~ube, das verdient auch der Gegenstand. Nun zu den einzelnen Fragen der Interpellation!

111 In welchem mfang das gegliederte Schulwesen Bay­erns in den tzten Jahren ausgebaut wurde, geht aus den zu Prot koll gegebenen Tabellen hervor. Auf fol­gende Sch erpunkte möchte ich hinweisen: Die Ent­wicklung b · den V o 1 k s s c h u 1 e n ist durch eine Konzentrati n der Schulorganisation gekennzeich­net. Durch den Schulentwicklungsplan wurde ein dichtes, flä hendeckendes Netz von R e a 1 s c h u -1 e n und G m n a sie n geschaffen. Bei den So n -d e r s c h u e n ist neben einem beachtlichen quanti­tativen Aus au Nachdruck auf eine Differenzierung des Angeb ts gelegt worden. Im b e ruf 1 i c h e n S c h u 1 w e e n führten die 70er Jahre zu einer Neu­strukturieru g, zur Gründung neuer Schularten und zur Schaffu von Möglichkeiten verbesserter Qualifi­kation.

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Ermöglicht wurden diese Maßnahmen durch die Schaffung eines Tran s p o r t s y s t e m s für Schü­ler auf der Grundlage des Gesetzes über die Kosten-freiheit des Schulweges. ·

Im einzelnen darf ich folgendes darstellen:

Durch die Konzentration der Schulorganisation bei den V o 1 k s s c h u 1 e n wurde erreicht, daß dem Schüler auf dem Land in Bayern die gleichen Bil­dungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen wie dem in der Stadt. Diese Konzentration war notwendig, um die äußere und innere Neugestaltung der Volks­schule, besonders den Ausbau der Hauptschule zu einer weiterführenden Schule mit einem breiten An­gebot von praktischen und berufswahlvorbereitenden Fächern, zu ermöglichen.

Die Zahl der Volksschulen hat sich seit dem Jahr 1960 von 7070 um nahezu 60 Prozent auf 2836 im Jahre 1980 verringert. In diesen Zahlen drückt sich eine positive Entwicklung unserer Volksschulen aus. Nach dem Schulorganisationsgesetz von 1950 war in jeder Gemeinde grundsätzlich wenigstens e i n e Volksschule zu errichten. Die Konsequenz dieser Re­gelung war, daß auf dem lande zahlreiche Zwerg­schulen bestanden, in denen nicht selten alle acht Jahrgangsstufen der Volksschule in einer Klasse un­terrichtet wurden. Das 1966 erlassene Volksschulge­setz wurde aufgrund der Neufassung des Artikels 135 der Bayerischen Verfassung im Jahre 1968 noch im gleichen Jahr novelliert. Die bis dahin noch bestehen­den Bekenntnisschulen und Gemeinschaftsschulen wurden zu einer für alle Schüler gemeinsamen christ­lichen Volksschule zusammengefa8t.

Damit waren die Voraussetzungen gegeben, in stär­kerem Maße in Jahrgangsklassen gegliederte Volks­schulen möglichst mit Parallelklassen zu bilden. Dar­über hinaus wurde 1969 die Volksschulpflicht auf ein neuntes Jahr verlängert. Das Ergebnis dieser Bemü­hungen wird durch die Tabelle auf Seite 3 des Zahlen­anhangs dokumentiert. Danach ist z.B. der Anteil der Jahrgangsklassen an der Gesamtzahl der Volksschul­klassen von 69,2 Prozent im Jahre 1968 auf 98,6 Pro­zent im Jahre 1980 gestiegen, und der Anteil der par­allel geführten Klassen hat von 57,7 Prozent im Jahre 1969 - frühere Zahlen liegen nicht vor - auf 85,7 Pro­zent im Jahre 1980 zugenommen. - Ich gebe das Fol­gende zu Protokoll:

Die nun für die Volksschulorganisation maßgeblichen Vorschriften sind in den mit Wirkung vom 1. Mai 1969 neu gefaßten Arl. 11 und 12 VoSchG enthalten. Auf der Grundlage dieser Bestimmungen vollzieht sich seither die Neugliederung der öffentlichen Volksschulen und die Festlegung ihrer Schulsprengel.

Die äußere Reform der Volksschulen sollte nach Arl. 23 VoSchG bis zum Beginn des Schuljahres 1978/79 abge· schlossen sein. Dieser Termin wurde jedoch mit Gesetz vom 25. Juli 1978 bis zum Beginn des Schuljahres 1981/82 verlängerl, weil infolge der stark zurückgehen­den Schülerzahlen bei den nachrückenden Jahrgängen eine nochmalige Überprüfung der bestehenden Organi· sation der Volksschulen notwendig wurde. So hat sich seit dem Jahre 1968 die Zahl der Schulanfänger von

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194244 auf 109060 im Schuljahr 1980/81 verringert. Mit einem weiteren Rückgang ist zu rechnen.

In den Jahren 1978/79 wurden aufgrund von Beschlüs­sen des Bayerischen Landtags die Auswirkungen des Geburten- und Schülerrückgangs einerseits sowie der inzwischen abgeschlossenen Gemeindegebietsreform andererseits auf die bestehende Schulorganisation un­tersucht und in einem Organisationsplan für die Grund- und Hauptschulen dargestellt. Der Plan - er umfaßt etwa 250 Änderungsvorschläge der Bezirksre­gierungen - wurde im Jahre 1980 im Ausschuß für kul­turpolitische Fragen des Bayerischen Landtags be­handelt. Mit dem Vollzug der hierbei getroffenen Ent­scheidungen, der bereits weitestgehend abgeschlossen ist, wird die Volksschulorganisation der neuesten Ent­wicklung angepaßt.

Ich fahre auf Seite 3 unten weiter: Das Netz der Re a 1schu1 e n , wie auch das der Gymnasien, wird vom Staat und den als Aufwandsträgern beteiligten kommunalen Körperschaften seit 1964 auf der Grundlage eines Sc h u 1 e n t w i c k 1 u n g s p 1 an s in Übereinstimmung mit der Landesplanung mit dem.. Ziel weiter ausgebaut, noch vorhandene Standort­nachteile auszugleichen und jedem geeigneten Schü­ler unabhängig von seinem Wohnort den Besuch der Realschule zu ermöglichen. Die Verwirklichung die­ses Planes ist jetzt in die Abschlußphase getreten. Zusammen mit den privaten Schulen bilden nun die öffentlichen Schulen ein flächendeckendes Angebot.

Im einzelnen nenne ich folgende Daten:

Die Zahl der geplanten Maßnahmen ist von 1964 bis 1981 entsprechend dem ständig gestiegenen Bedarf von ursprünglich 38 auf 132, also auf rund das Dreieinhalbfache, erhöht worden. Die Real­schule war die große Aufstiegsschule in der Zeit der Bildungsexpansion. Die größte Steigerung er­gab sich in der Zeit von 1968 bis 1972; ab 1974 ist der verzeichnete Zusatzbedarf erheblich zurückge­gangen, eine Folge des bereits erreichten hohen Grades der schulischen Versorgung wie auch des Geburtetirückgangs. Derzeit sind im Realschulbe­reich noth 13 Maßnahmen vorgesehen.

- Vor Anlaufen des Schulentwicklungsplans - übri­gens d~ ersten Schulentwicklungsplans, den ein Land dEt Bundesrepublik vorgelegt hat, und zwar im Jahr 964 - betrug die Zahl der Realschulen in Bayern Schuljahr 1963/64 212, davon 91 staatli­che. Im Schuljahr 1980/81 beträgt diese Zahl 332, davon staatliche. Bei den Realschulen insge­samt e olgte somit eine Zunahme um 120 bzw. 56,6 Pr zent, bei den staatlichen Realschulen be­trug die unahme 113 bzw. 124,2 Prozent.

- Im glei en Zeitraum hat sich die Schülerzahl von 62187 116583 auf 178770 erhöht. Das bedeu-

unahme um 187,5 Prozent.

- Die Za der Lehrer insgesamt hat von 3381 im Schulja r 1963/64 um 5132 auf ß513 im Schuljahr 1980/81. zugenommen. Das ist eine Zunahme um

151,8 Prozent. Die Relation Schüler/Lehrer hat sich dabei-in diesem Zeitraum von 18,7 über 21,6 aut 21,0 geändert. Das ist also eine Verschlechterung.

Das G y m n a s i u m wurde - ähnlich wie die Real­schule, die Sonderschule und das berufliche Schul­wesen - in einem Umfang ausgebaut, der in der Ge­schichte unseres Bildungswesens seinesgleichen sucht. Die Folgen der Säkularisation auf dem Gebiet des Schulwesens in Süddeutschland sind erst durch den Ausbau der 60er und 70er Jahre endgültig über­wunden worden.

Vergleicht man die Daten aus dem Schuljahr 1963/64 mit denen des Schuljahres 1980/81, so kann man im Verlauf von 17 Jahren die folgenden Z u w a c h s r a -t e n feststellen:

- Die Zahl der Gymnasien ist von 312 um 83 auf 395 gestiegen. Das bedeutet einen Zuwachs von 26,6 Prozent.

- Die Zahl der staatlichen Gymnasien ist von 177 um 113 auf 290 angewachsen. Das ergibt einen Zu­wachs von 63,8 Prozent.

- Die Gesamtschülerzahl der Gymnasien hat sich von 141125 um 188429 auf 329554 vermehrt. Das heißt: Die Schülerzahl ist um 133,5 Prozent ge­wachsen.

- Die Zahl der Lehrer insgesamt ist von 9037 um 10602 auf 19639 angewachsen. Das bedeutet eine Vermehrung um 117,3 Prozent.

In der Relation Schüler/Lehrer konnte nach einem Ansteigen in den Jahren 1971 bis 1976 von 18,2 auf 18,8 Schüler/Lehrer mit dem derzeitigen Wert 16,8 eine Verbesserung erzielt werden.

Die Sorge der Bayerischen Staatsregierung galt im gleichen Maß dem Ausbau des b e ruf 1 i c h e n S c h u 1 w e s e n s. Schon hier verlassen wir den Be­reich der Dreigliedrigkeit; das gegliederte Schulwe­sen ist nämlich keineswegs dreigliedrig, sondern viel­fältig gegliedert; allein im beruflichen Schulwesen gibt es ja eine Fülle von Institutionen. Berufliche Bil­dung wird in folgenden Schularten vermittelt:

Berufsschulen, Berufsaufbauschulen, Berufsfach­schulen, Fachschulen, Fachoberschulen, Berufsober­schulen und Fachakademien. Ganz kurz einige Worte zu den E n t w i c k 1 u n g s t e n d e n z e n in diesen Schulen:

Berufsschulen:

Das Gesetz über das berufliche Schulwesen vom 15. Juni 1972 und die Novellierung vom 11. August 1978 haben die Grundlage für die Weiterentwicklung der Berufsschulen geschaffen. Die Berufsschulen au­ßerhalb der größeren Städte konnten verstaatlicht werden; die dadurch eingetretene finanzielle Entla­stung der Kommunen von Personalkosten ermög­lichte diesen mit Hilfe erheblicher staatlicher Zu­schüsse die Schaffung von Schulräumen und Werk­stätten mit den nötigen Ausstattungen. Die staatli­chen Berufsschulen konnten nun den örtlichen Ver­hältnissen entsprechend organisiert werden und die

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fachliche Gliederung sachgemäß vorgenommen wer­den. Insgesamt haben sich die Schülerzahlen infolge der hier noch nachwirkenden stärkeren Geburten­jahrgänge vermehrt, und zwar von 1960 bis 1968 von 265914 um 38489 auf 304403, nach einem Rückgang infolge der Einführung des 9. Schuljahres der Haupt­schule bis 1980 auf 390716. Seit 1972 mußten 4836 Klassen mehr eingerichtet werden. Die Zahl der Leh­rer hat sich im gleichen Zeitraum um 2981 auf 7751 erhöht.

Ich gebe die nächsten Abschnitte bis zur Seite 8 un­ten zu Protokoll.

Berufsaufbauschulen:

Die Berufsaufbauschulen wurden seit ihrer Errichtung 1959 zu einem flächendeckenden Angebot ausgebaut. Ihre Struktur wurde mehrfach den Veränderungen im beruflichen Bildungswesen angepaßt. Dies führte zu ei­nem Ausbau der Vollzeitform der Berufsaufbauschule, die nun an den Berufsfachschulen der Wahlpflichtfä­chergruppe I angeboten wird. Den Ausbau der Berufs­aufbauschulen zeigen am deutlichsten die Zahlen der Schüler (ohne Telekolleg), die das Fachschulreifezeug­nis erworben haben. Diese ist von 695 im Jahr 1965 auf 4377 im Jahr 1980 gestiegen.

Berufsfachschulen:

Eine Sonderstellung nehmen hier die Wirtschaftsschu­len ein. Zwar hat sich die Zahl der Schulen in den letz­ten 10 Jahren kaum verändert, wohl aber die Zahl der Schüler, die von 19112 im Jahr 1965 auf 28766 im Jahr 1980 angestiegen ist. Das verstärkte Engagement des Staates an diesem Schulbereich hat verhindert, daß durch die Auflösung privater Wirtschaftsschulen ein Rückgang eingetreten ist. Durch die Übernahme von Wirtschaftsschulen durch den Staat und die Errich­tung staatlicher Wirtschaftsschulen konnte die Lehrer­versorgung sichergestellt, die Schülerzahl pro Klasse und pro Lehrer verbessert werden.

Die übrigen Berufsfachschulen umfassen sehr unter­schiedliche Formen verschiedener fachlicher Zielset· zung und nauer. Ein Ausbau ist im wesentlichen nur bei den Berufsfachschulen für Hauswirtschaft und für Kinderpfle!. zu verzeichnen, die heute 11000 Schüler umfassen. 'esem Ausbau steht ein Abbau in anderen Berufsfachs hulbereichen gegenüber, so daß sich in den letzten!. 10 Jahren insgesamt keine wesentliche Ausweitung~der Schülerzahlen der Berufsfachschulen ergeben hat weil der Ausbau der Ausbildungsmöglich· keilen im d alen System nach den Beschlüssen der Staatsregie ng absolut Vorrang hatte.

Ein beson rer Bereich sind die Berufsfachschulen des Gesund eitswesens. Hier erfolgte in den letzten 10 Jahren ein tarker Ausbau. 1970 bestanden ohne· die Krankenpfl evorschulen und die Schulen für Kran­kenhaushel rinnen 187 Schulen mit 9109 Schülern, 1980 waren es 215 Schulen mit 14166 Schülern. Die Entwicklu wurde insbesondere gefördert durch die Einbeziehu dieser Schulen in das berufliche Schul­wesen im Ji re 1972 und die damit verbundenen Rege­lungen über die Schulfinanzierung.

Fachschulen:

Fachschulen dienen der höheren beru{Uchen Qualifi­zierung. Die Schüler dieser Schulen haben eine Berufs­ausbildung und kommen aus dem Wirtschaftsleben; sie geben grundsätzlich ihren Arbeitsplatz auf und ver­zichten während des Schulbesuchs auf Einkommen. Der Zugang zu den Fachschulen hängt daher im we­sentlichen von den F6rderungsbestimmungen für diese meist älteren Schüler ab. Nach einem erheblichen Rückgang der Schulen und Schüler im Jahr 1973 ha­ben sich die Verhältnisse wieder stabilisiert. 1980 er­gab sich fast der gleiche Schülerstand wie 1975 mit et­was mehr über 14 000 Schülern.

Fachoberschulen

Fachoberschulen bestehen seit 1970; sie bereiten ihre Schüler auf den Eintritt in die Fachhochschulen vor. 1971 bestanden bereits 57 Schulen mit 14313 Schülern. Die Zahl der Schulen hat sich zwar nach dem Stand von 1980 nur um 1 erhöht, die Schülerzahl jedoch auf 22943. Die Schülerzahl je Klasse beträgt wie 1971 24,6 Schüler. Die Zahl der Lehrer insgesamt wurde jedoch erheblich vermehrt von 718 im Jahr 1971 auf 1292 im Jahr 1980. ·

Berufsoberschulen:

Diese Schulform wurde 1969 als Schulversuch begon­nen, um junge Menschen mit einem mittleren Schulab­schluß und einer Berufsausbildung den Zugang zur wissenschaftlichen Hochschule zu ermöglichen. Das Gesetz über das berufliche Schulwesen hat diese Schu­len 1972 zum festen Bestandteil des beruflichen Schul­wesens gemacht und den weiteren Ausbau ennöglicht. Der erste Sprung vollzog sich vom Schuljahr 1971/72 bis zum Schuljahr 1974/75 von 561 Schülern auf 1991 Schüler. Der zweite erhebliche Anstieg vollzog sich seit 1978 von 2007 Schülern auf 2906 Schüler im Jahre 1980.

Fachakademien

Diese Schulform wurde durch das Gesetz über das be­rufliche Schulwesen 1972 geschaffen. Zum Teil wurden höhere Fachschulen in Fachakademien umgewandelt, zum Teil erfolgte auch ein Ausbau dieses Schulberei­ches vor allem durch die privaten Schulträger. Die 55 Fachakademien des Jahres 1973 mit insgesamt 5828 Studierenden sind bis 1980 auf insgesamt 73 Fachaka­demien mit 9925 Studierenden angewachsen.

Innerhalb des gegliederten Schulwesens nehmen die S o n d e r s c h u 1 e n · einen gleichberechtigten Platz neben den übrigen Schularten ein. Sie erfüllen ihren speziellen unverzichtbaren Bildungsauftrag gegen­über behinderten Schulpflichtigen. Nach Artikel 2 des Sonderschulgesetzes aus dem Jahr 1965 gliedern sich die Sonderschulen in neun Sonderschultypen, abgestimmt auf die Bedürfnisse folgender Behinder­tengruppen: Blinde, Sehbehinderte, Gehörlose, Schwerhörige, Sprachbehinderte, Körperbehinderte, Erziehungsschwierige, lernbehinderte und geistig Behinderte. Sie können in der allgemeinen Volks­oder Berufsschule nicht hinreichend oder nur im Ein-

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(Staatsminister Dr. Maier) K o s t e n

zelfall gefördert werden. Ihre Schulleistungsschwä­che beruht auf verschiedenen Ursachen. Im Vollzug des Sonderschulgesetzes und im Zeichen einer (Son­der-) Volksschulpflicht auch für Behinderte wurde in Bayern das Sonderschulwesen mit erheblichem or­ganisatorischem, materiellem und personellem Auf­wand flächendeckend und alle Behinderungsarten umgrMend, die das Bayerische Sonderschulrecht kennt, ausgebaut. Für Mehrfachbehinderte bestehen zahlreiche entsprechende Einrichtungen. Welch ge­waltigen Aufschwung das bayerische Sonderschul­wesen im laufe der vergangenen 20 Jahre genom­men hat, wird an folgendem deutlich:

Die p ä d a g o g i s c h e F r ü h f ö r d e r u n g für blinde und stark sehbehinderte, hörgeschädigte, gei­stig behinderte und körperbehinderte Kinder ab dem 6. Lebensmonat und daran anschließende schulvor­bereitende Einrichtungen wurden ins Leben gerufen und landesweit eingerichtet.

Im Schuljahr 1960/61 wurden an 138 Sonder­v o 1ksschu1 e n 13511 Schüler in 645 Klassen von 644 Lehrern bei einer durchschnittlichen Klassen­stärke von 21 Schülern - sehr hoch für das Sonder­schulwesen! - unterrichtet. Im Schuljahr 1980/81 wa­ren an 402 Sondervolksschulen mit zusammen 48 502 Schülern insgesamt 5800 Lehrer tätig. Das bedeutet eine Verdreifachung der Anzahl der Sondervolks­schulen und ihrer Schüler seit dem Schuljahr 1960/61 und eine Aufstockung des Personalstandes um das Neunfache. Es gibt, glaube ich, kein Gebiet des baye­rischen Schulwesens, das eine so außerordentliche Verbesserung erfahren hat. Die durchschnittliche Klassenstärke konnte im selben Zeitraum auf nahezu die Hälfte gesenkt werden, die Schüler-Lehrer-Rela­tion von 18,7 auf 8,4 verbessert werden.

Ich darf den nächsten Abschnitt bis Mitte der Seite 10, vielleicht wieder mit einer Ausnahme, zu Protokoll geben.

Neben den So11deroolksschulen gibt es 78 selbständige Sonderberufsschulen, ferner stehen sonstige Schulen und Bildungieinrichtungen wie Realschulen für Blinde, Gehöilose, Körperbehinderte, Schwerhörige und Sehbehinlierte, eine Wirtschaftsschule und eine kaufmännisch' Berufsfachschule sowie eine Fach­oberschule füt Körperbehinderte, Berufsfachschulen für Blinde u hochgradig Sehbehinderte und ein Gymnasium Erziehungsschwierige zur Verfügung, an denen ins samt 550 Schüler in 61 Klassen unter· richtet werde 4 Gymnasien für Nichtbehinderte ha­ben sich auf e integrative Beschulung von Sinnesge­schädigten ad r Körperbehinderten spezialisiert.

Einen Hinwei will ich hier bringen, gerade weil gele­gentlich Kritik geäußert wird: Während sich im Bun­desdurchsch der Ausländeranteil in den Sonder­schulklassen uf 7,8 Prozent beläuft, sind es in Bay­ern nur 4,8 Pr zent. Von einem Abschieben ausländi­scher Schüle an Sonderschulen für lernbehinderte ohne hinreic ende Überprüfung kann also keine Rede sein. Au h auf diese Zahl können wir stolz sein.

'

Die Gesamtausgaben der öff e n t 1 ich e n Hand für den Aufbau und Betrieb des g e g 1 i e d e r t e n S c h u 1 w e s e n s in Bayern von 1950 bis 1979 -für die Jahre 1980 und 1981 liegen die Ergebnisse der Finanzstatistik noch nicht vor - belau­fen sich nach der amtlichen Statistik auf einen Betrag von rund 82 M i 11 i a r d e n D M. A u f d e n s t a a t -1 i c h e n B e r e i c h e n t f a 11 e n m i t ca. 54,5 Milliarden DM zwei Drittel der Ge­samtausgaben der öffentlichen Hand. Betrachtet man nur die Ausgaben, die in den Jahren 1970 bis 1979 getätigt wurden, so zeigt sich, welche Anstrengungen gerade seit dem Ende der 60er Jahre beim Ausbau des gegliederten Schulwesens unter­nommen wurden; bei der gesamten öffentlichen Hand entfallen nämlich rund 70 Prozent der Gesamt­ausgaben für Schulen seit 1950 auf den Zeitraum der letzten zehn Jahre; bei den Ausgaben des Staates al­lein beträgt der entsprechende Anteil sogar annä­hernd 74 Prozent.

Ich darf das nächste wieder zu Protokoll geben bis Seite 12.

Auch die Vergleiche der Gesamtaufwendungen für das bayerische Schulwesen mit den Gesamtausgaben für alle Aufgabenbereiche und mit dem Bruttoinlandspro· dukt für Bayern verdeutlichen, wie der Anteil der Ko­sten im Verlauf der Jahre gestiegen ist. Dieses Anwach· sen der Anteile ist ein Zeugnis für den Ausbau des Schulwesens und die damit verbundenen Leistungen von Staat, Gemeinden und Verbänden mit kommuna­len Aufgaben. So lag der Anteil der Ausgaben des Staates für Schulen an den gesamten Staatsausgaben - mit Ausnahme einiger Nachkriegsjahre - bis 1965 je· weils deutlich unter 15 Prozent; er stieg dann über 15,7 Prozent im Jahre 1970 rasch auf 20,2 Prozent im Jahr 1975 an und erreichte 1977 mit 20,9 Prozent seinen bis· her größten Wert. Die Quote der Ausgaben des Staates für Schulen bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt für Bayern wuchs 1965 erstmals seit den frühen 50er Jah­ren über 1,5 Prozent an; 1971 überschritt dieser Pro­zentsatz die 2-Prozent·Marke und lag 1975 beim bisher maximalen Wert von 2,7 Prozent. Für 1979 betrug diese Quote 2,5 Prozent. Betrachtet man die entsprechenden Prozentsätze bei den Ausgaben der gesamten öffentli· chen Hand, so zeigt sich eine ähnliche Entwicklung. Die entsprechenden Zahlen können Sie den einschlägi­gen Tabellen im Anhang entnehmen.

Unter den einzelnen Ausgabengruppen stellen die Per· sonalausgaben die bei weitem größte Einzelposition dar. So entfielen in den letzten Jahren im staatlichen Bereich jeweils annähernd zwei Drittel der Ausgaben für das Schulwesen auf den Personalsektor. Die erfolg­reichen Bemühungen der bayerischen Staatsregierung um eine bessere Ausstattung der bayerischen Schulen mit Lehrern zeigt die Entwicklung der Personalausga­ben seit 1970: Sie sind von rd. 1,3 Mrd. DM auf annä· hernd 3,9 Mrd. DM im Jahr 1979 angewachsen und ha­ben sich somit binnen 10 Jahren knapp verdreifacht.

Das zweite wesentliche Element bei den staatlichen Ausgaben für das Schulwesen stellen die Zuweisungen und Erstattungen an Gemeinden, Gemeindeverbände

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und an Verbände mit kommunalen Aufgaben ein· schließlich der Zuweisungen an private Schulträger dar; 1979 wurden von seiten des Staates für diesen Zweck knapp 1,5 Mrd. DM ausgegeben, gegenüber ca. 530 Mio. DM im Jahr 1970. Dies entspricht einer Zu­nahmerate gegenüber dem Jahr 1970 von rrL 180 Pro­zent.

Bei den Ausgaben der gesamten öffentlichen Hand für das Schulwesen spielen neben den Personalausgaben die Aufwendungen fU.r Investitionen eine dominie· rende Rolle. Bei den Ausgaben für Baumaßnahmen, die rrL 85 Prozent der Ausgaben für Investitionen aus­machen, ergibt sich dabei folgendes Bild:

Die Summe der Ausgaben uon Staat, Kommunen sowie Zweckverbänden für Baumaßnahmen im schulischen Bereich lag 1966 bei ca. 500 Mio. DM; sie hat sich bis 1971 mehr als verdoppelt und erreichte 1974 mit ca. 1,25 Mrd. DM ihren bisher größten Wert. Seither sind die jährlichen Aufwendungen für Baumaßnahmen ge­ringfügig zurückgegangen, sie lagen 1979 bei über 0,9 Mrd.DM.

Niemand wird abstreiten wollen, meine Damen und Herren, daß hinter diesen Zahlen eine enorme finan­zielle Anstrengung unseres Landes steht. Sie hat es ermöglicht, ein verbessertes Bildungsangebot an breitere Kreise unserer Bürger heranzutragen. Ein re­gionaler und sozialer Ausgleich der Bildungschancen ist eingeleitet worden. Ich sage nicht, daß hier schon alles erreicht worden ist, was erreicht werden kann. Aber ungeheure Anstrengungen sind gemeinsam von uns allen unternommen worden; das wollen wir mit Dankbarkeit zur Kenntnis nehmen. Ich hoffe mit all denen, die sich um die Aufbauleistung verdient ge­macht haben - sowohl den Kommunalpolitikern wie den Lehrern, dem pädagogischen Personal, auch der Schulverwalung, selbstverständlich auch dem Parla­ment -, daß diese Investitionen für die Zukunft unse­rer Jugend Früchte tragen werden.

1.2

Eindrucksvqller noch als die Maßnahmen des äußeren Ausbaues heinen mir die Anstrengungen zur inne­ren Ausges tung und Differenzierung des geglieder­ten Schulw sens zu sein. Aus ihnen wird deutlich, daß unser hulwesen - ich sagte es schon - keines­wegs ein „ reigliedriges Schulsystem", sondern ein viel reicher egliedertes Schulwesen mit Angeboten für jeden - ich! mit e i n e r Schule für alle - ist.

Ich gebe di folgenden Seiten bis 33 Mitte zu Proto­koll in der ffnung, daß wir in der Debatte noch ein­gehend dar uf zu sprechen kommen - zur inneren Entwicklun des Schulwesens habe ich ja in den letz­ten Jahren ier oft zu Ihnen sprechen können -:

ule

ule bildet das Fundament des gesamten Sie hat als gemeinsame Schule für alle

Sechs- bis hnjährigen Eigenart und Lebenssituation des Grwids hulkindes zu berücksichtigen, Hilfen zur

allseitigen persönlichen Entfaltung und Selbstverwirk­lichung zu geben und Wege zu verantwortlichem Leben und Wirken in der Gemeinschaft aufzuzeigen. Sie er­strebt grundlegende Bildung. Um diese umfassende Aufgabe der Grundschule besser erfüllen zu können, hat Bayern den Lehrplan für die Grundschule überar­beitet; er ist ab dem kommenden Schuljahr für alle Grundschulen in Bayern verbindlich. Hauptanliegen des neuen Lehrplans ist eine stärkere Betonung der Er­ziehung und eine umfassende Orientierong am Kind. Die Aussagen der Bayerischen Verfassung, Art. 131 und 135, sind dabei Grundlage und Ziel von Erziehung und Unterricht. Sowohl die Vorbemerkungen zum Lehrplan wie auch die Abschnitte über die einzelnen Fächer haben diese Absicht zu verwirklichen versucht. So heißt es in den Vorbemerkungen: „Die Grundschule nimmt Zukunft und Gegenwart des Kindes gleicherma­ßen ernst. Erziehung und Unterricht bereiten auf künf­tige Anforderungen vor, tragen zur Bewältigung der Gegenwartssituationen bei und geben dem Recht auf Kind-sein-Dürfen Raum. „

der Basis dieser klaren Orientierong am Kind hat das Kultusministerium der Lehrplanarbeit folgende Ziel­setzungen zugrunde gelegt:

- Orientierung der Lerninhalte am Leistungsvennö­gen und an den Interessen der Schüler,

- Verdeutlichung des Erziehungs- und Bildungsauf­trags der christlichen Volksschule,

- Beschränkung der Lerninhalte auf das Wesentliche,

- Betonung des ganzheitlichen Prinzips im Anfangs-unterricht und damit verbunden die Stärkung des Klassenlehrerprinzips,

- keine Vorwegnahme von Lerninhalten weiterführen­der Schulen (die Grundschule hat ihren Eigenwert und erhält ihre Bedeutung nicht aus dem Blickwin­kel weiterführender Schulen),

- Stärkung des heimatkundlichen Prinzips,

- Schaffung eines pädagogischen Freiraums und Be­schränkung des Stoffes,

- Zurückhaltung gegenüber überzogenen und einseiti­gen Forderungen aus Öffentlichkeit, W1Ssenschaft und Fachverbänden - etwa nach neuen Fächern -,

- eine verständliche und klare sprachliche Darstel­lung des Lehrplans.

Gro/fes Gewicht wurde auf die musischen Fächer ge­legt; Musik- und Bewegungserziehung, Musik, Kunst­erziehung, Textilarbeit/Werken und Sport. Sie umfas­sen etwa 30 Prozent des gesamten Unterrichts. Ausge­hend-von den Anlagen des Kindes sollen im Rahmen einer OOnnonischen Gesamtentwicklung seine bildne­risch-technischen Fähigkeiten, seine Bewegungsfreude sowie seine schöpferischen Kräfte entwickelt und geför-

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dert werden. Der entscheidende Gesichtspunkt ist da­bei die Freude des Kindes am eigenen Tun. So tragen vor allem diese Fächer dazu bei, vielseitige Interessen und Lemfreude zu wecken, zu erhalten und zu sti:irken.

Die Absichten des Lehrplans haben in der Stundenta­fel der Grundschule ihren Niederschlag gefunden. Sie zeigt einige wesentliche Änderungen. Vor allem bringt sie in den Jahrgangsstufen 1 und 2 die Einführung des Grundlegenden Unterrichts, der die Unterrichtszeit für Deutsch, Mathematik, Heimat- und Sachkunde, Mu­sik- und Bewegungserziehung und Kunsterziehung zu­sammenfaßt. Der Lehrer erteilt keinen stundenweise gegliederten Fachunterricht; er bestimmt die Dauer der Unterrichtsabschnitte und die Abfolge der Lerntätig­keiten in Rücksicht auf die Belastbarkeit des Kindes und nach didaktischen Erfordernissen. Das räumt ihm erhebliche pädagogische Freiheit ein und ermöglicht einen harmonischen Unterrichtsablauf Durch die Ver­mehrung des Deutschunterrichts um eine Stunde in den Jahrg_angsstufen 3 und 4 ist Gelegenheit zu ver­stärkter Ubung und Sicherung der Unterrichtsinhalte gegeben. Femer kann durch die Zusammenfassung der bisher getrennt ausgewiesenen Fächer Textilarbeit und Werken nunmehr jedes Kind in beiden Bereichen grundlegende Fertigkeiten erwerben, die dann die Ba­sis für den in den weiterführenden Schulen einsetzen­den Fachunterricht bieten. Die Einführung von Förder­stunden soll in allen Jahrgangsstufen der Behebung von individuellen Lernrückständen sowie der allseiti· gen zusätzlichen Förderung dienen.

Der bayerische Grundschullehrplan von 1981 hat ver­sucht, Altbewährtes mit neuen pädagogisch-didakti­schen Erkenntnissen zu verbinden. Er stellt nicht et· was völlig Neues dar, er ist vielmehr eine Fortschrei· bung dessen, was auch bisher in der Schule Gültigkeit gehabt hat; dabei hebt er - den Erfordernissen unserer Zeit entsprechend - jene Zielsetzung besonders heroor, deren die Schule heute bedarf.

Die Hauptschule

Die Hauptschule baut auf der Grundschule auf und umfaßt die Jahrgangsstufen 5 mit 9. Sie führt ihre Schüler unrrjittelbar hin zum Bereich der Berufe und zur Berufsscf!,ule. Ihre Aufgabe ist es, ihnen eine mög· liehst gründliche Allgemeinbildung zu vermitteln und sie zugleich lauf das künftige Berufsleben vorzuberei­ten. Die Nei4testaltung der Hauptschule umfaßt im we· sentlichen 4oei Bereiche: den organisatorischen Be· reich und d Bereich der inhaltlichen Ausgestaltung, zu dem das ächerangebot, die Auswahlmöglichkeiten des Wahlpfl htbereichs und die Lehrpläne der Haupt­schule zähl

a) Organisa rische Gestaltung:

Die Hau schule wird seit der Neugliederung der Volksschten in Bayern nicht nur in Jahrgangsklas· sen, sond m soweit wie möglich mindestens zweizü· gig gefüh. (Art. 11 Abs. 1 und 3 des Volksschulge· setzes).

b) Innere Neugestaltung:

Die innere Neugestaltung der Hauptschule hat im Schuljahr 1976177 begonnen. Ihre Schwerpunkte lie­gen in einem dem Profil der Hauptschule angemes· senen Fächerangebot, in der individuellen Förde­rung aller ihrer Schüler durch einen breit angelegten Wahlpflichtbereich und in der stufenweisen Einfüh­rung von Curricularen Lehrplänen, die in Zielen und Inhalten dem oben angesprochenen Profil der Hauptschule in besonderer Weise Rechnung tragen.

- Das Fächerangebot der Hauptschule umfaßt zu-nächst die für die Allgemeinbildung bedeutsamen Fächer Religionslehre, Deutsch, Mathematik und die Fremdsprache Englisch sowie ab der 8. Jahr­gangsstufe das Fach Erziehungskunde. Hinzu kommen die Fächer des Sachunterrichts: Ge­schichte, Erdkunde, Biologie und Physik/Chemie. Der musische Bereich ist vertreten durch die Fä­cher Musik, Kunsterziehung, Sport, der praktisch· technische durch die Fächer Technisches Werken und Handarbeit. Von der 7. Jahrgangsstufe an er­weitert sich das Fächerangebot um die für das Pro­fil der Hauptschule typischen Fächer. Als zentrales Fach bereitet die Arbeitslehre die Schüler auf die moderne Wirtschafts- und Arbeitswelt in einer frei­heitlichen, rechts- und sozialstaatlichen Ordnung auf den Eintritt in das Berufsleben vor. Das Fach Sozialkunde dient der sozialen und politischen Bildung. Für die Vorbereitung der Berufswahl, aber auch für die individuelle Förderung der Schü­ler ist ein reiches Angebot an praktisch-techni· sehen Fächern vorgesehen, welche zum Teil in der 7., zum Teil in der 8. Jahrgangsstufe beginnen: Technisches Werken, Technisches Zeichnen, Haus­halts- und Wirtschaftskunde, Textilarbeit, Maschi­nenschreiben und Kurzschrift.

-Da sich die Hauptschüler nach Begabung und Lernbereitschaft stark unterscheiden, ist in allen Jahrgangsstufen eine gezielte individuelle Förde­rung aller ihrer Schüler von großer Bedeutung.

Die individuelle Förderung der Schüler verstärkt sich in den Jahrgangsstufen 7 bis 9 durch die Ein­führung der äußeren Differenzierung auch in den Fächern Mathematik und Physik/Chemie sowie durch das Angebot eines differenzierten Wahl­pfl.ichtbereiches. Zu diesem tritt ein umfangreiches Angebot an ·wahlfächern, das im einzelnen den Übersichten des zu Protokoll gegebenen Anhangs zu entnehmen ist. Am Ende der 9. Jahrgangsstufe legt ein Teil der Schüler die Prüfung über den qua­lifizierenden Abschluß ab, die anderen haben die Möglichkeit, besondere Leistungen, beispielsweise auf musischem Gebiet, im Zeugnis ausdrücklich vennerkt zu bekommen.

-Im Schuljahr 1976/77 wurde die stufenweise Ein­führung des Lehrplanwerkes für die Hauptschule begonnen und im Schuljahr 1980/81 abgeschlos­sen. Es bildet den vorläufigen Abschluß einer Ent­wicklung, welche mit der Einführung des 9. Schul­jahres, des Unterrichts in Englisch und Mathema· tik sowie der Schaffung des qualifizierenden Ab­schlusses begonnen hat. Es läßt das eigenständige

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Profil der Hauptschule nicht nur in seinem Ge­samtumriß, sondern auch in seinen curricularen Einzelheiten sichtbar werden und ennöglicht die unmittelbare Weiterführung in der darauf auf­bauenden Berufsschule.

- Die Prüfung über den qualifizierenden Haupt­schulabschluß wurde erstmals im Schuljahr 1969/70 eingeführt. Er stellt eine über den nonna­len Abschluß hinausgehende Qualifizierung dar und bedeutet eine besondere Forderung der begab­teren und leistungswilligeren Schüler der Haupt­schule. Nicht zuletzt bedeutet die Einführung des qualifizierenden Hauptschulabschlusses eine be­sondere Fonn der Erfüllung des Verfassungsauf­trags des Art. 128 der Bayerischen Verfassung, der jedem Bewohner Bayerns das Recht auf eine sei­nen erkennbaren Fähigkeiten und seiner inneren Berufung entsprechende Ausbildung einräumt. Zu­g/eich wurde damit ein Anschluß an das berufliche Bildungswesen geschaffen, das den Schülern Mög­lichkeiten zum weiteren schulischen Fortkommen eröffnet. Mit dem qualifizierenden Abschluß kön­nen Hauptschüler nach der 9. Jahrgangsstufe in Schularten übertreten, die zur Fachschulreife oder zu einem mittleren Bildungsabschluß führen. Ebenso wurde damit - und zwar nur in Bayern -der Eintritt in die Laufbahn des mittleren nicht­technischen Verwaltungsdienstes ennöglicht.

Neben dem qualifizierenden Hauptschulabschluß wurde Schülern der 9. Jahrgangsstufe als weitere Maßnahme der inneren Ausgestaltung die Mög­lichkeit einer freiwilligen Prüfung in Kurzschrift, Maschinenschreiben oder in den sonstigen Fä­chern der praktischen Prüfung angeboten. Diese Regelung ist vor allem-für Schüler, die nicht an der Prüfung über den qualifizierenden Abschluß teil­nehmen, bei der Suche nach einem Ausbildungs­platz von großer Bedeutung.

Über die Pläne zur Weiterentwicklung der Haupt­schule werde ich in meiner Antwort zur Frage l 7 berichten.

Erwähnt werden sollen in diesem Zusammenhang auch die ian den Grund· und Hauptschulen einge­richteten 1Möglichkeiten der Beschulung ausländi· scher Sc~··1er. Folgendes ist dabei zu nennen:

- Unterri ht in Regelklassen zusammen mit deut-schen hülern für Schüler mit Deutschkenntnis-sen

Jedes nd, das dem Unterricht in deutscher Spra­che ohn sprachliche Schwierigkeiten folgen kann,

der ersten Klasse an eine Regelklasse be-

- Unterri t in zweisprachigen Klassen Hier kn pft die Schule an die Sprache im Eltern­haus a und entwickelt daraus die Vennittlung der de sehen Sprache. Dabei steigt mit zuneh­mender ahrgangsstufe der Anteil der deutschen Sprache an, während gleichzeitig der Anteil der Mutters rache abnimmt. Das Kind bekommt im

Laufe der Zeit mehr und mehr Lerninhalte in deut­scher Sprache vennittelt und gelangt so zu einem deutschen Schulabschluß; es handelt sich also kei­nesfalls um „muttersprachliche Klassen".

- Deutschkurse Insbesondere in den dünner besiedelten Bereichen des Flächenstaates Bayern milssen ausländische Schüler mit geringen Deutschkenntnissen auch dann eine deutsche Regelklasse besuchen, wenn sie keine oder nur geringe Deutschkenntnisse auf­weisen. In diesen Fällen bietet sich nach der Schulordnung die Möglichkeit, Intensivkurse „Deutsch als Fremdsprache" einzurichten.

- Muttersprachlicher Ergänzungsunterricht Entsprechend dem in den bayerischen Unterrichts­einrichtungen verwirklichten bilingualen Konzept wird ausländischen Schülern, die deutsche Regel­klassen besuchen, muttersprachlicher Ergänzungs­unterricht angeboten. Derartige Kurse werden ab einer Teilnehmerzahl von 12 Schülern eingerichtet.

Die Realschule

Die Realschule zeigt eine außerordentlich reiche in­nere Ausgestaltung mit dem Ziel, für verschiedene Be­gabungs· und Neigungsschwerpunkte ein schulisches Angebot bereitzustellen. Sie bietet in den Jahrgangs­stufen 8-10 drei Wahlpflichtfächergruppen an:

- Wahlpflichtfächergruppe I mit Verstärkung des Unterrichts in den Fächern Ma­thematik und Physik und dem Wahlpflichtfach Tech­nisches Zeichnen; sie empfiehlt sich für Schüler, die den Eintritt in naturwissenschaftlich-technische Be­rufe oder den Übertritt an die entsprechende Ausbil­dungsrichtung einer Fachoberschule oder an ein Mathematisch-naturwisser/schaftliches Gymnasium anstreben.

- Wahlpflichtfächergruppe II mit besonderer Betonung des wirtschaftskundlichen Bildungsbereichs; sie ist vor allem für jene Schüler bestimmt, die sich später einem Beruf im Wirtschaftsleben oder in der Verwaltung zuwenden wollen oder die den Über­gang an die entsprechende Ausbildungsrichtung ei­ner Fachoberschule oder an ein Wirtschaftswissen­schaftliches Gymnasium planen.

- Wahlpflichtfächergruppe III Sie soll Schüler ansprechen, die insbesondere Be­rufe im musisch- gestaltenden, handwerklichen oder sozialen Bereich ergreifen wollen; auch ist der Über­tritt an die entsprechende Ausbildungsrichtung ei­ner Fachoberschule oder - für Mädchen - an ein So­zialwissenschaftliches Gymnasium möglich. Innerhalb der Wahlpflichtgruppe III werden zwölf Kombinationen der Profilfächer angeboten.

In allen drei Wah/pflichtfächergruppen ist in den Jahr­gangsstufen 8-10 Wahlpflichtunterricht in Französisch möglich.

Fünf Abendrealschulen als Einrichtungen des zweiten Bildungsweges führen Berufstätige in zwei, drei oder vier Jahren zum Realschulabschluß. Abendrealschulen

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gibt es in Augsburg, München, Nürnberg und Regens­burg.

Seit 1973 gibt es an Realschulen eigene Eingangsklas· sen für ausländische Schüler. Sie stellen eine Über­gangshilfe dar. In diesen Klassen sollen die Schüler in verhältnismäßig kleinen Gruppen durch eine der Situa­tion angemessene Methode, durch zusätzlichen Unter­richt in der deutschen Sprache und durch verstärkten Untenicht im Fach Englisch so weit gefördert werden, daß der Übergang in die 8. Jahrgangsstufe der Real· schule möglichst reibungslos verläuft.

Auf folgende Maßnahmen der letzten Zeit zur inneren Ausgestaltung ist noch hinzuweisen:

Die Umgestaltung der Stundentafel (1976) brachte -jeder erinnert sich an die Schulstreßdebatte - eine Re· duzierung der Wochenstundenzahl von maximal 38 auf 30 Wochenstunden (hinzu kommen noch 2 Stun· den differenzierter Sportuntenicht).

Erziehungskunde, Wirtschafts- und Rechtslehre sowie Haushalts- und Wirtschaftskunde sind nunmehr Pflichtfächer für Knaben und Mädchen. Mathematik wurde andererseits Pflichtfach für die Mädchen der Wahlpflichtfächergruppe Il Werken steht auch Mäd· chen, Textiles Gestalten auch Knaben offen.

Das Wahlfachangebot - für das wegen der Reduzie· rung der Zahl der Pflichtstunden ein größerer Zeit· raum zur Verfügung steht - wurde weiter ausgebaut; eine genaue Auflistung ist den Übersichten des zu Pro­tokoll gegebenen Anhangs zu entnehmen.

Alle Lehrpläne der Realschule wurden im Hinblick auf notwendige Kürzungen (Gewinnung eines pädagogi­schen Freiraums; stoffeiche Konsequenzen aus Stun­dentafelkürzungen) überprüft; sie liegen in cunicularer Form für fast alle Fächer und Jahrgangsstufen vor.

Das Gymnilsium

Beim Gymnasium beginne ich mit einem kleinen Rück­blick: Ursprünglich verstand man unter dem Gymnasium nur das Humaitistische Gymnasium. Mit der Entwicklung des Realgylnnasiums (heute: Neusprachliches Gymna­sium) und lder Oberrealschule (heute: Mathematisch­naturwisseaschaftliches Gymnasium) zu Ende des 19. Jahrhundetls trat eine erste Binnendifferenzierung der sog. Höhe en Schulen in Erscheinung. Nach dem 2. Weltkrie entstand (aus dem Deutschen Gymnasium) das Musis he Gymnasium. Hinzu kamen das Sozial­wissensch !liehe und das Wirtschaftswissenschaftli· ehe Gymn ium. Da es beim Musischen und beim Wirt­schaftswis nschaftlichen Gymnasium auch noch Kurzforme gibt und da das Neusprachliche Gymna· sium je na h Fremdspr(Jchenbeginn (mit Englisch, La· tein, Fran "sisch) noch einmal untergliedert ist, kann man sage daß das Gymnasium sich derzeit in 10 ver· schiedene usbildungsrichtungen gliedert.

In allenA sechs Ke treffende net. Sie w

bildungsrichtungen werden die Schüler in dchern unterrichtet, von denen eines die be­usbildungsrichtung besonders kennzeich­

en durch eine Anzahl von Pflichtfächern

aus den Untenichtsgebieten Religionslehre bzw. Ethik, politische Bildung, Naturwissenschaften, musische Er­ziehung und Sport ergänzt Darüber hinaus können sich die Schüler für eine Reihe von Wahlfächern ent­scheiden, die aus dem zu Protokoll gegebenen Anhang ersichtlich sind.

Die Aufgliederung nach Ausbildungsrichtungen entfal­tet sich von Stufe zu Stufe bis hin zur Kursphase der Kollegstufe, die die Jahrgangsstuifen 12 und 13 um­faßt. In ihr kann jeder Schüler im Rahmen gewisser Vorgaben, die die allgemeine Grundbildung sichern sollen, seine Ausbildungsrichtung individuell akzen­tuieren. Die Grundlage hierfür bildet die Bestimmung, daß jeder Schüler zwei Leistungskursfächer wählen muß, die er als seine Begabungs- und Interessen­schwerpunkte betrachtet. Da es gegenwärtig 133 ver­schiedene Leistungskurskombinationen gibt und die Wahl der hinzutretenden Grundkurs-Abiturprüfungsfä· eher weitere Variationsmöglichkeiten eröffnet, kann man sagen, daß die Differenzierung in den letzten bei­den Jahrgangsstufen des Gymnasiums die denkbar größte Ausweitung erfahren hat.

Neben den beschriebenen Ausbildungsrichtungen gibt es an den Gymnasien besondere Klassen oder sonstige Einrichtungen, die für die Aufnahme von Ausländern (vor allem von Türken) eingerichtet wurden. Derzeit be· finden sich an 10 Gymnasien in Bayern insgesamt 28 Klassen mit türkischen Schülern; diese Klassen vertei­len sich auf die Jahrgangsstufen 5 mit 8. Die Schüler erhalten anstelle von Englisch oder Latein Untenicht in Türkisch. Der Untenicht im Deutschen ist umfang­reicher als der bei deutschen Kindern. Die zweite Fremdsprache in der Jahrgangsstufe 7 ist dann in je­dem Falle Englisch. In den übrigen Fächern werden die Schüler nach den jeweiligen Lehrplänen untenich­tet, wie sie auch für deutsche Schüler gelten. Wenn­gleich bei Eingangsklassen dieser Art noch weitere Er­fahrungen gesammelt werden müssen, kann doch ge­sagt werden, daß diese Chance zum Besuch des Gym­nasiums von türkischen Eltern erkannt und gerne an­genommen worden ist. Für die Aussiedler wurden an den Gymnasien ebenfalls besondere Einrichtungen ge­schaffen.

Darüber hinaus bieten 4 Abendgymnasien und 6 Kol· legs (Institute zur Erlangung der Hochschulreife) jun· gen Menschen mit Berufserfahrung, die aufgrund ihrer Lebensumstände kein Gymnasium besuchen konnten oder eine berufliche Neuorientierung anstreben, die Möglichkeit, die allgemeine Hochschulreife zu erwer­ben. Abendgymnasien können die neusprachliche, ma­thematisch-naturwissenschaftliche und wirtschaftswis­senschaftliche Ausbildungsrichtung führen, Kollegs können neusprachlich oder altsprachlich ausgerichtet sein; das Angebot_ erscheint ausreichend und von den Standorten her -Augsburg, Bamberg, München, Nürn­berg, Regensburg, Wo)fratshausen und Würzburg -günstig gestaltel Die Schülerzahl dieser Einrichtun­gen hat sich seit dem Schuljahr 1975/76 - trotz der flä­chendeckenden Versorgung Bayerns mit Gymnasien -auf etwa 2000 eingependelt; etwas mehr als 2 Prozent der in Bayern en.vorbenen Zeugnisse der allgemeinen Hochschulreife entfalle'! auf Absolventen von Abend· gymnasien und Kollegs.

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Das Gymnasium stellt also keinen monolithischen Block dar, sondern ein reich gegliedertes System, das den vielfältigsten Begabungsrichtungen gerecht wird, ohne deshalb von seinem Leistungsanspruch Abstriche machen zu müssen.

Das berufliche Schulwesen:

Neben das allgemeinbildende Schulwesen tritt als gleichwertige Alternative ein ebenfalls reich dif[eren· ziertes berufliches Schulwesen.

Berufsschule

Die Berufsschule hat die Aufgabe, die Schüler in Ab­stimmung mit der betrieblichen Berufsausbildung und unter Berücksichtigung ihrer beruflichen Tätigkeit be­ruflich zu bilden und zu erziehen. In der Berufsschule erfüllt der Schüler während der Ausbildung seine Schulpflicht. Der Unterricht wird in einer Grundstufe und in einer darauf aufbauenden Fachstufe berufs­gruppenspezifisch oder. berufsspezifisch erteilt.

Durch Zusammenlegung bisher kommunaler Berufs­schulen mit den staatlichen landwirtschaftlichen Be­rufsschulen, durch Zusammenfassung kleinerer Berufs­schulen unter Errichtung von Außenstellen, durch Bil­dung leistungsfähiger Berufsbildungszentren, durch Teilung übergroßer Berufsschulen und durch die Ände­rung von Schulsprengeln konnten die Organisation und die fachliche Struktur der Berufsschulen erheblich verbessert werden. Für Splitterberufe wurden regional übergreifen<k Fachsprengel gebildet, um den Berufs­schulunterricht mit den betrieblichen Erfordernissen abzustimmen. Für Berufe mit regional großen Fach­sprengeln, ferner zur Verbesserung der Effizienz des Unterrichts wurde die Blockbeschulung eingeführt.

Für den Unterricht in den Fachklassen wurden auf der Grundlage abgestimmter Ausbildungsordnungen und Rahmenlehrpläne neue Lehrpläne erlassen, die in Ar­beitskreisen Unter Mitwirkung von Vertretern- der be-troffenen Wirtschaftszweige erstellt wurden. ·

1 Mit der Ei.führung der beruflichen Grundbildung wird die Grupdstufe der Berufsausbildung durch syste­matische, veftiefte und erweiterte Ausbildung intensi­viert.

Berufsaufbaqschule

Die BerufsaJ;fbauschule kann von Jugendlichen be­sucht werde · die den qualifizierenden Hauptschulab­schluß erwo ben haben und in einem Berufsausbil· dungsverhäl is stehen bzw. es erfolgreich abgeschlos­sen haben o er eine mindestens dreijährige, für die je­weilige Fa richtung einschlägige Berufstätigkeit nachweisen önnen. Die Berufsaufbauschule vennittelt eine Über d Ziel der Berufsschule hinausgehende all­

fachtheoretische Bildung und schließt chulreife ab.

Berufsaufba chulen sind keine selbständigen Schu­len, sondern ntweder Berufsschulen oder mindestens zweijährigen, erufsfachschulen angegliedert. Der fach-

liehe Bezug zur Berufsausbildung bedingt eine Unter­gliederung in die allgemein gewerbliche, gewerblich technische, kaufmännische, hauswirtschaftlich pflegeri­sche und sozialpädagogische und landwirtschaftliche Fachrichtung. Die Fachrichtung wird im Lehrplan durch ein berufliches Schwerpunktfach berücksichtigt.

Die Berufsaufbauschule gliedert sich in zwei Stufen:

Die Stufe I umfaßt zwei Jahre Teilzeitunterricht im Umfang von acht Wochenstunden neben der Berufsschule und der Berufsausbil­dung oder Berufstätigkeit

Stufe II

oder

ein halbes Jahr Vollzeitunterricht im Um­fang von 32 Wochenstunden nach einer Berufsausbildung oder entsprechender Berufstätigkeit

oder

den Besuch der Wahlpflichtfächergruppe I der zweijährigen oder dreijährigen Be­rufsfachschulen.

umfaßt ein Jahr Vollzeitunterricht im An­schluß an die Stufe I.

Berufsfachschule

Die Berufsfachschulen als schulischer Weg zur Berufs­ausbildung sind unterschiedlich organisiert:

a) Berufsfachschulen, die in ein bis drei Jahren zu ei­nem Berufsabschluß führen, der nur über den Be­such einer Schule erreichbar ist; mit dem Abschluß­zeugnis wird die Berechtigung zur Führung der Be­rufsbezeichnung „staatlich geprüfte(r) ... " oder „staatlich anerkannte(r) ... " verliehen. Hierzu zählen ZL a. Berufsfachschulen für Kinderpflege, für Musik, für Fremdsprachen, für Technische Assistenten und die Berufsfachschulen des Gesundheitswesens.

b) Berufsfachschulen, die in zwei oder drei Jahren zu einem Abschluß in einem anerkannten Ausbil­dungsberuf nach dem Berufsbildungsgesetz führen. Sie verleihen mit ihrer Abschlußprüfung den Berufs­abschluß nach dem Berufsbildungsgesetz. Hierzu zählen u. a. die Berufsfachschulen aus <km gewerbli­chen Bereich (Maschinenbau, Keramik, Glas und Schmuck, Photographie, Geigenbau, Holzbildhauer, Schnitzer) und Berufsfachschulen im hauswirt· schaftlichen Bereich.

c) Berufsfachschulen, deren Besuch auf die Ausbil­dungszeit in anerkannten Ausbildungsberufen nach der Berufsfachschul-Anrechnungs-Verordnung und der Berufsgrundbildungsjahr-Anrechnungs· Ver­ordnung angerechnet wird. Hierzu zählen die zwei­jährigen Berufsfachschulen für Wirtschaft, Metall, Elektro und Landwirtschaft, ferner die einjährigen Hotelberufsfachschulen. Da die Berufsfachschule nur ein Teil der Berufsausbildung vermittelt, muß diese in einem Betrieb fortgesetzt werden. Die Be­rufsabschlußprüfung findet bei der zuständigen Stelle (Industrie- und Handelskammer, Handwerks­kammer etc.) statt.

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d) Berufsfachschulen, deren Besuch eine nicht näher festgelegte Qualifikation vermittelt. Hierzu zählen u. a. Berufsfachschulen für Grafik und Werbung, SchauspieU!chulen, Ballettschulen.

Werden die differenzierten Angebote der jeweiligen Be· rufsfachschulen im allgemeinbildenden Bereich wahr­genommen, so kann über den berufiichen Bereich hin­aus als weiterführende Qualifikation die Fachschul­reife erworben werden (Stufe I der Berufsaufbau· schule).

Durch das Gesetz über das berufliche Schulwesen wur­den auch die Wirtschaftsschulen - obwohl sie die Jahrgangsstufen 7-10 bzw. 8-10 umfassen - als Berufs· fachschulen in das berufliche Schulwesen einbezogen. Die Wirtschaftsschule wird in der vier- und dreistufi­gen Form (vier oder drei Schuljahre) geführt. An ihr werden schwerpunktmäßig wirtschaftliche Kenntnisse vermittelt. Das bedeutet jedoch keine Festlegung auf eine spätere rein .kaufmännische Tätigkeit, da auch die allgemeinbildenden. Fächer umfassend unterrichtet werden.

Die Wirtschaftsschule bietet zwei Wahlpflichtfächer­gruppen an:

- Die Wahlpflichtfächergruppe H führt mit der drei· stufigen Wirtschaftsschule die Tradition der frühe­ren HandeU!schule fort. Sie ist in erster Linie auf den Übertritt in das Wirtschaftsleben ausgerichtet.

Die Wahlpflichtfächergruppe M bietet den Schülern neben den wirtschaftskundlichen Fächern einen ver­stärkten Unterricht in Wirtschaftsmathematik sowie Unterricht in Physik und Chemie an.

Das Fächerangebot an den Wirtschaftsschulen wird er· gänzt durch ein reiches Wahlfachangebot, in dessen Rahmen den Fächern Haushalts- und Wirtschafts· kunde und Technisches Zeichnen besondere Bedeu­tung zukommL

Der Abschfuß der Wirtschaftsschule verleiht die glei­chen Berei:htigungen wie der Abschluß der Real· schule. A~erdem wird der erfolgreiche Besuch der Wirtschaft chule mit einem Jahr auf ein nachfolgen­des betrieb iches Ausbildungsverhältnis in kaufmänni­schen und envaltenden Berufen angerechnet. (Ebenso kann übTigfns bei Abs.olventen der Wahlpflichtfächer· gruppe II '1er Realschule verfahren werden.)

Fachschulen

Der Begri~ ,,Fachschule" wurde durch Beschluß der KMK vom 8. Januar 1968 und durch das Gesetz über das beru{li he Schulwesen geregelL Fachschulen sind Schulen, ·e der vertieften beruflichen Fortbildung oder Ums ulung dienen und die Allgemeinbildung fördern; si werden im Anschluß an eine Berufsausbil­dung und · der Regel an eine ausreichende praktische Beruf stät· eit besucht. Der Ausbildungsgang umfaßt bei Vollze· unterricht mindestens ein halbes Jahr, bei Teilzeitunt rricht einen entsprechend "längeren Zeit­raum.

Die Fachschulen können wie folgt. eingeteilt werden:

- gewerblich-technische Fachschulen (Meisterschu­len, Technikerschulen, gewerbliche Fachschulen ge­stalterischer Fachrichtung);

- kaufmännische Fachschulen;

- hauswirtschaftliche Fachschulen;

- sozialpflegerische Fachschulen (Fachschulen für Al-tenpflege, für Familienpflege, für Heilerziehungs­pflege und Heilerziehungspflegehilfe);

- landwirtschaftliche Fachschulen (Fachschulen für Gartenbau und Weinbau, für Milchwirtschaft und Molkereiwesen, für Dorfhelferinnen, höhere Land­bauschulen, Technikerschulen für Landwirtschaft). Sie fallen in den Zuständigkeitsbereich des Bayeri­schen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirt-schaft und Forsten. ·

Die Fachschulen führen in eineinhalb bis zWei Jahren - bei Teilzeitunterricht entsprechend länger - zu einer Prüfung (z.B. Meisterprüfung oder staatliche Prüfung) und verleihen die Berechtigung zur Führung der Be­rufsbezeichnung „Meister", „staatlich geprüfte(r) .„" oder „staatlich anerkannte(r) . „ ".

Werden die differenzierten Angebote der jeweiligen Fachschule im allgemeinbildenden Bereich wahrge­nommen, kann die Fachschulreife nachgeholt und durch Teilnahme an einem Lehrgang die Fachhoch­schulreife zusätzlich envorben we-rden.

Fachoberschule

Die Fachoberschule bildet als berufliche Schule die Briicke zwischen verschiedenartigen Formen mittlerer Schulabschlüsse und den Fachhochschulen. Sie hat die Aufgabe, die Schüler unter Berücksichtigung ihres Berufsziels zur Fachhochschulreife zu führen. Das Ausbildungsziel der Fachoberschule ist eindeutig stu­dienbezogen. Die erlangte Fachhochschulreife gilt all­gemein, d. h. sie berechtigt zum Studium in allen Aus­bildungs· oder Fachrichtungen der Fachhochschule. Wenngleich die Schüler und Absolventen der Fach­oberschule in ihrer Studien· und Berufswahl somit noch nicht im einzelnen festgelegt sind, haben sie doch beim Eintritt in die Fachoberschule meist schon ge­wisse Vorstellungen, ob ihre Neigurigen eher auf tech­nischem, kaufmännischem, sozialem oder künstleri­schem Gebiet liegen. Die Fachoberschule gliedert sich demgemäß in folgende Ausbildungsrichtungen:

Technik Wirtschaft, Verwaltung und Rechtspflege Sozialwesen Gestaltung.

Neben einem für alle Ausbildungsrichtungen im we­sentlichen gleichen allgemeinen Unterricht erhält jeder Fachoberschüler eine auf die gewählte Ausbildungs­richtung bezogene fachpraktische Ausbildung sowie fachbezogenen Unterricht. Schüler mit abgeschlosse­ner Berufsausbildung können - soweit die übrigen Ein­trittsvoraussetzungen erfüllt sind, also insbesondere Realschulabschluß oder Fachschulreife vorliegen - un­mittelbar in das 2. Schuljahr der Fachoberschule

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(Jahrgangsstufe 12) eintreten. Der Besuch einer freiwil­ligen Vorklasse erleichtert den unmittelbaren Eintritt in das 2. Schuljahr.

Durch ihre Gliederung in die verschiedenen Ausbil­dungsrichtungen und durch die Möglichkeit, entweder bereits im unmittelbaren Anschluß an den Enverb ei­nes mittleren Schulabschlusses oder aber nach zu­nächst absolvierter Berufsausbildung einzutreten, trägt die Fachoberschule der individuellen Begabungsstruk­tur und der Neigung ihrer Schüler Rechnung, ebenso wie durch ein Wahlfachangebot in Informatik und den musischen Fächern.

Berufsoberschule

Die Berufsoberschulen führen Bewerber, die über eine abgeschlossene Berufsausbildung und besondere schu­lische Qualifikationen verfügen, in 2 Jahren zur fachge­bundenen Hochschulreife. Über den beruflichen Bil­dungsweg ist damit der direkte Anschluß zum Univer­sitätsstudium gewährleisteL Die Berufsoberschulen schließen sich in ihrer Gliederung an die Fachrichtun­gen der Berufsaufbauschule an und führen demgemäß folgende Ausbildungsrichtungen:

Technik und Gewerbe Wirtschaft Landwirtschaft Hauswirtschaft und Sozialpflege.

Je nach erlerntem Beruf wird der Bewerber einer der vier bestehenden Ausbildungsrichtungen zugewiesen. Die Ausbildungsrichtung bestimmt zusammen mit dem erlernten Beruf die mögliche Skala der Studienfächer. Durch eine Zusatzprüfung in einer zweiten Fremdspra­che (Französisch oder Latein) kann an der Berufsober­schule die allgemeine Hochschulreife erworben wer­den.

Diese Sprachen, ferner musische Fächer, werden als Wahlfächet angeboten.

Fachakademie

Fachakademien sind berufliche Bildungseinrichtun­gen, die gtundsätzlich einen mittleren Bildungsab­schluß vorqussetzen und in der Regel im Anschluß an eine dem A,usbildungsziel dienende berufliche Ausbil­dung oder fraktische Tätigkeit auf den Eintritt in eine angehoben• Berufslaufbahn vorbereiten. Der Ausbil­dungsgang umfaß bei Vollzeitunterricht mindestens vier Halbj re. (Die Frage des Ersatzes des mittleren Bildungsa chlusses als Zugangsvoraussetzung durch die Meiste rüfung wird zur Zeit für einige Bereiche diskutiert.) Wie die Fachschulen dienen auch die Fachakade ien der beruflichen Weiterbildung. Fach­akademien bestehen für die verschiedensten Ausbil­dungsricht ngen:

Fachakade ien gewerblich technischer Art (für Bau­wesen, Me izintechnik, Augenoptik), Fachakademien für Wirtsc ft, für Hauswirtschaft, für Sozialpädago­gik, für ilpädagogik, für Gemeindepastoral, für Fremdspra nberufe, für Musik, für Landwirtschaft (Fachricht Landbau sowie Ernährung und Haus-

wirtschaft; im Zuständigkeitsbereich des Staatsmini­steriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten).

Die Fachakademien umfassen zwei- bis vierjährige Ausbildungsgänge. Sie führen zur staatlichen Prüfung und verleihen als Berechtigung die Berufsbezeichnung „staatlich geprüfte(r) ... " oder „staatlich aner­kannte(r) ... ".

Wird das differenzierte Angebot im allgemeinbilden­den Unterricht angenommen und eine zusätzliche Prü-

. fung (Ergänzungsprüfung) abgelegt, können über die Berufsqualifikation hinaus weiterführende Berechti­gungen erworben werden (so die fachgebundene oder allgemeine Fachhochschulreife, ferner die fachgebun­dene Hochschulreife bei Erreichen eines bestimmten Notendurchschnitts).

Die Sonderschule

Bereits aus meinen Ausführungen zu 11 wurde deut­lich, daß das schulische Bildungsangebot durch die Sonderschule abgerundet wird und daß es eine Viel­zahl von Sonderschularten im Hinblick auf die ver­schiedenen Behinderungsarten und die zu erwerben­den Abschlüsse - ich erinnere nur an die Sonderreal­schulen - gibt. Ergänzend möchte ich noch auf die zahlreichen Binnendifferenzierungsmaßnahmen hin­weisen, mit denen die Sonderschulen jedem einzelnen Schüler in seiner speziellen Situation gerecht werden können:

- Möglichkeit <:ler Zuweisung eines Schülers zu einer niedrigeren oder höheren Jahrgangsstufe in einzel­nen Fächern oder Unterrichtsbereichen

- Verlängerung der (Sonder-) Volksschulpflicht bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres

- Leistungskurse ab der 7. Jahrgangsstufe an Schulen, an denen die Prüfung über den qualifizierenden Ab­schluß abgelegt werden kann

- Eigene Klassen für Mehr{achbehinderte

- Therapieunterricht für Schüler mit besonderer Be-hinderung anstelle von Pflicht- oder Wahlpflichtun­terricht (z.B. Krankengymnastik, Beschäftigungsthe­rapie, Sprachheilunterricht, verhaltenstherapeuti­sche Übungen, Braillesche Punktschrift, Artikula­tionsunterricht, Mobilitätstraining, Sportförderun­terricht, zusätzlicher Sonderunterricht für Schüler mit besonderen Schwierigkeiten beim Erlernen des Lesens und des Rechtschreibens)

- Bei Schülern mit nichtdeutscher Muttersprache: Einrichtung von zweisprachigen Klassen und Über­gangsklassen, Intensivkurse in deutscher Sprache, muttersprachlicher Ergänzungsunterricht.

Aus alledem - dies darf ich rückblickend noch einmal feststellen - wird deutlich, daß das bayerische Schul­wesen kein „dreigliedriges Schulsystem·: sondern ein hochdifferenziertes Schulwesen darstellt, . das schuli­sche Angebote für alle Begabungs- und Neigungsrich­tungen bereithält, aber stets Angebote, die in sich ein schlüssiges Bildungskonzept darstellen.

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1.3

Ich nehme auch gleich

1.4

mit. Ich möchte diese beiden Punkte der Interpella­tion zusammenfassen und mit den Maßnahmen der S c h u 11 auf b a h n b e rat u n g und Sc h u 11 auf -b a h n 1 e n k u n g beginnen; diese Fragen berühren sowohl die Verteilung der Schüler auf die Schularten als auch die unter 1.3 angesprochene Frage des „Um­steigens", der Durchlässigkett. Zur sozialen Zusam­mensetzung der Schülerschaft dann am Ende des Abschnitts noch einiges!

Die Schule hat eine wichtige Informations- und Bera­tungsaufgabe gegenüber den Schülern und ihren Er­ziehungsberechtigten. Die Beratung ist ein Teil der Erziehungsaufgabe; sie hilft dem Schüler, seine Anla­gen zu erkennen, seine Fähigkeiten zu nutzen und die gegebenen Bildungsmöglichkeiten wahrzuneh­men. Dieser Beratungsaufgabe ist jeder Lehrer ver­pflichtet, ihr widmen sich aber darüber hinaus ein­zelne Lehrer besonders, die dafür entsprechend aus­gebildet oder fortgebildet werden, nämlich

Beratungslehrer an allen Schulen,

Schuljugendberater an Volksschulen, Schulpsychologen, derzeit an Volksschulen und Gymnasien,

- die staatlichen Schulberater als zentrale Bera­tungsstellen in den Bezirken. In Oberbayern z.B. gibt es drei staatliche Schulberater.

Die Schulberatung hat folgende Schwerpunkte:

- Laufbahnberatung als allgemeine und individuelle Information über die verschiedenen Wege im Schulsystem,

Beratung bei persönlichen Schwierigkeiten eines Schülers Im laufe des Schulbesuches,

- Mitwirkung bei der beruflichen Orientierung der Schüler,

- Beratung'.von Schulen und Lehrern, '

- Zusamm„arbeit mit anderen Beratungsdiensten, insbesonllere der Erziehungsberatung und der Be­rufsberat ng.

Durch die erankerung der Beratung in der Schule wird sicher estellt, daß über das gesamte Bildungs­angebot u fassend und frühzeitig informiert wird, daß diese 1 formation alle Bevölkerungsschichten in gleicher W se erreicht und daß bei Bedarf die Mög­lichkeit zu i tensiveren Gesprächen gegeben ist.

Das Kultus inisterium unterstützt die Bemühungen der Schule durch die Herausgabe von Informations­schriften; e kennen die Schrift „Der richtige Weg für mich", ie regelmäßig an die Eltern der Schüler der Jahrga sstufe 4 verteilt wird; weiterhin „Schulen und Wege er beruflichen Bildung" und die Eltern­zeitschrift „ chule & wir".

Diese Maßnahmen gewährleisten, daß die Eltern für den schulischen Bereich alle Informationen erhalten, die sie brauchen, um ihrem Recht und ihrer Pflicht zur Erziehung ihrer Kinder gerecht zu werden.

Ich darf das Folgende bis Seite 37 unten zu Protokoll geben:

Diese Maßnahmen gewährleisten, daß die Eltern für den schulischen Bereich alle Informationen erhalten, die sie brauchen, um ihrem Recht und ihrer Pflicht zur Erziehung ihrer Kinder gerecht zu werden. Die Schule stellt insbesondere am Ende der Grundschule und der beiden ersten Jahrgangsstufen der Hauptschule - auf Antrag der Eltern - fest, für welche Schullaufbahn ei(l Schüler geeignet ist; sie bietet auf dieser Grundlage den Eltern eine eingehende Beratung an. Die Wahl der Schulart selbst aber wird - in den selbstverständlichen Grenzen, die durch die Anlagen, die Neigung, die Lei­stung und innere Berufung des einzelnen gesetzt sind - den Eltern überlassen. Wo Schüler die Anforderun­gen der Schulen erfüllen, gibt nicht das pädagogische Urteil der Schule, sondern der Wille der Eltern den Ausschlag. Beratung kann deshalb auch in der Schule nur Entscheidungshilfe, nicht Vorwegnahme der Ent­scheidung sein.

Das schulische Beratungsangebot in Bayern wird wei· ter ausgebaut. Im Rahmen der Neuordnung der Lehrer­bildung sind eigene Studiengänge zur Ausbildung von Beratungslehrem und Schulpsychologen eingeführt worden, so daß künftig vermehrt qualifiziertes Personal für diese Aufgabe zur Verfügung steht.

Das Aufnahmeverfahren - Teil der Schullaufbahnbe­ratung

Die wesentlichsten - aber bei weitem nicht die einzigen - Übergangsmöglichkeiten in andere Schularten liegen nach der 4. und 6. Jahrgangsstufe und dann nochmals nach der 9. und 10. Jahrgangsstufe.

Bereits zu Beginn der 4. bzw. 6. Jahrgangsstufe führt die Volksschule zusammen mit Lehrern der aufneh­menden Schularten Informationsveraristaltungen zur Schullaufbahnberatung und zum Übertrittsverfahren durch.

In diesen Veranstaltungen erhalten die Erziehungsbe­rechtigten Informationen und Entscheidungshilfen für die Wahl des richtigen Bildungsweges ihrer Kinder. Für Einzelgespräche stehen der Klassenleiter oder der Beratungslehrer zur Verfügung.

Die Eltern von Aussiedlerschülem werden darüber hin­aus eigens durch ein Merkblatt über das Schulwesen und die mögliche Schullaufbahn informiert. Dieses er­gänzt die Broschüre „Der richtige Weg für mich''. Die Schulberatung wird insbesondere durch die „Informa­tion zur Schulberatung" auf die Eingliederung von Aussiedlerkindem hingewiesen, Veröffentlichungen in „schulreport" (1977, 1982) geben für Lehrer Aufschluß, eine Bekanntmachung des Kultusministeriums vom 20. November 1981 „Eingliederung von Aussiedlerkin­dem an bayerischen Schulen" faßt dj,e die Schullauf­bahn betreffenden Bestimmungen zusammen.

Das sich anschließende Aufnahmeverfahren, das insge­samt als Teil der Schullaufbahnberatung aufzufassen

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ist, soll feststellen, ob ein Schüler für Gymnasium, Realschule oder Wirtschaftsschule die erforderlichen Voraussetzungen mitbringt. Es will Schülern, die in das Gymnasium, die Realschule oder die Wirtschafts­schule eintreten wollen und für diesen Bildungsweg ge­eignet erscheinen. den Eintritt in diese Schule erleich­tern. Darüber hinaus stellt das fundierte Gutachten der abgebenden Grundschule oder Hauptschule einen wichtigen Beitrag zur Schullaufbahnberatung dar.

Die Grundschule bzw. die Hauptschule erstellt auf Wunsch der Eltern für Schüler, die an das Gymnasium, die Realschule oder die Wirtschaftsschule übertreten wollen, ein Übertrittszeugnis auf der Grundlage eines pädagogischen Wortgutachtens und der Jahresfort­gangsnoten.

Dieses Gutachten stellt fest, ob der Schüler für den an­gestrebten Übertritt geeignet erscheint oder ob die Eig­nung für eine andere Schullaufbahn eher gegeben ist.

Dabei soll das pädagogische Wortgutachten die Anla­gen, Neigungen und Fähigkeiten des einzelnen Schü­lers deutlich kenntlich machen.

Schüler, denen die Eignung für die angestrebte Schul­art im Gutachten bestätigt wird, werden unmittelbar in das Gymnasium bzw. die Realschule bzw. die Wirt­schaftsschule aufgenommen.

Die Qualifikation ,,geeignet" erhielten seit 1971/72 in der 4. Jahrgangsstufe maximal 28,4 Prozent, in der 6. Jahrgangsstufe maximal 24,2 Prozent aller Schüler der jeweiligen Jahrgangsstufe (genaue Angaben siehe An­lage).

Diese Schullaufbahnempfehlung wird gerne angenom­men: Seit 1971/72 traten von den als geeignet beurteil­ten Schülern aus der 4. Jahrgangsstufe zwischen ,80 Prozent und rd. 98 Prozent in das Gymnasium und zwi­schen 92,5 Prozent und 97,5 Prozent in die Realschule über (genaue Angaben siehe Anlage).

Schüler, denen die entsprechende Eignung nicht bestä­tigt werden fwnnte, die aber auf Wunsch der Eltern trotzdem übertreten wollen. können sich einem dreitä­gigen Probefmterricht am Gymnasium bzw. an der Realschule Ofler Wirtschaftsschule unterziehen.

Das erste Ff, lbjahr an der aufnehmenden Schule gilt für alle Sch · r als Probezeit, die aus triftigem Grund (z.B. Krank it) bis zum Schuljahresende verlängert werden kan Auch die Probezeit hat den Sinn, den Schüler in d richtige Schullaufbahn zu lenken.

en der vergangenen Jahre zeigen, da/J beschriebene Übertrittsverfahren be­

da/I die Gutachten der Lehrer an den auptschulen zuverlässige Prognosen für hullaufbahn der Schüler sind. So haben r Untersuchung des JfB aus dem Schul­

Prozent der mit ,,geeignet" beurteilten Wiederholung die Jahrgangsstufen 5 mit iums durchlaufen.

Ich komme r Frage der D u r c h 1 ä s s i g k e i t. Die aufgezeigten Maßnahmen, Kinder und Jugendliche entsprechen ihrem Leistungsvermögen und ihrem

Leistungswillen in die für sie richtige Schullaufbahn zu lenken, werden ergänzt durch Regelungen, die an zahlreichen Stellen den Übergang von der einen Schulart in eine andere ermöglichen; stichwortartig:

- Möglichkeiten des Übertritts aus der Volksschule in die Eingangsklassen des Gymnasiums bzw. der Realschule oder Wirtschaftsschule bestehen nicht nur am Sc_hluß der 4. bzw. 6. Jahrgangsstufe; sie wurden auf die Schüler anderer Jahrgangsstufen ausgedehnt und stellen so eine Chance für den dar, der sich später zum Übertritt entschließt.

- Gut befähigte Real- und Wirtschaftsschüler können nach erworbenem Abschluß unter bestimmten Vor­aussetzungen ihren Weg im Gymnasium iortset­zen.

- Eine erfolgreich abgelegte „Besondere Prüfung" verleiht auch dem Schüler des Gymnasiums, der die 10. Jahrgangsstufe nicht bestanden hat, die gleichen Berechtigungen wie das Abschlußzeugnis einer Realschule.

- Der qualifizierende Abschluß führt den geeigneten Hauptschüler über eine „Besondere Zehnte Real­schulklasse" zum Realschulabschluß oder über das verzweigte und in sich durchlässige Netz be­rufsbildender Schulen zur Fachhochschule und zur Hochschule. Der Lehrplan der „Besonderen Zehn­ten Real!jChulklassen" baut in den Fächern Eng­lisch und Mathematik auf dem Lehrplan der Haupt­schule auf und führt in gestraffter Form zum Ziel der Realschule.

- Mit dem qualifizierenden Hauptschulabschluß kann ein Schüler auch in die 9. oder 10. Jahrgangsstufe der Wirtschaftsschule eintreten und damit den Wirtschaftsschulabschluß, der dem Realschulab­schluß gleichwertig ist, erreichen.

Neben diesen Möglichkeiten der Durchlässigkeit nach bestimmten Abschnitten der schulischen Lauf­bahn - nach der Grundschule, nach dem Hauptschul­abschluß, nach dem Realschul- und Wirtschaftsschul­abschluß - gibt es eine Vielzahl von Vorkehrungen, die auch zwischen diesen Zeitpunkten Übergänge von einer Schulart zur anderen ermöglichen. So ist beispielsweise dafür gesorgt, daß Hauptschüler bei entsprechender Eignung und Leistung auch noch in höhere Jahrgangsstufen der Realschule und der Wirt­schaftsschule übertreten können; ferner öffnen sich Gymnasiasten, Realschülern oder 'Wirtschaftsschü­lern bei Mißerfolg in ihrer Schulart Anschlußmöglich­keiten: Es gibt Regelungen für den Übergang vom Gymnasium an die Realschule oder Wirtschaftsschule - besonders häufig wahrgenommen nach der 6. oder 7. Jahrgangsstufe - oder für Realschüler, Wirt­schaftsschüler und Gymnasiasten zum Übergang an die Hauptschule und für den Erwerb des qualifizieren­den Hauptschulabschlusses.

Sie sehen, meine Damen und Herren, das gegliederte Schulwesen Bayerns ist von seiner Struktur her so angelegt, daß die Schullaufbahnen nicht gegeneinan­der abgeschottet sind, sondern daß sie vielfältig auf­einander bezogen und miteinander abgestimmt sind. Trotzdem wäre das bayerische Schulwesen ein

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Torso, würde es nicht vervollständigt und abgerundet durch die vielfältigen Möglichkeiten der beruflichen Schulen.

So kann mit dem qualifizierenden Hauptschulab­schluß jeder Auszubildende an der B e ruf s auf -bau s c h u 1 e die Fachschulreife, also einen mittle­ren Schulabschluß, erreichen.

Den Weg in die Fachoberschule eröffnet jeder mitt­lere Schulabschluß (der Realschulabschluß, die Ober­stufenreife, der WirtschaftsschulabschluB, die Fach­schulreife). Der Übergang ist somit von allgemeinbil­denden und beruflichen Schulen verschiedene"r Art möglich.

Der Schüler kann die Ausbildungsrichtung frei wäh­len; er ist nicht durch die besuchte Wahlpflichtfächer­gruppe der Realschule oder der Wirtschaftsschule, die Ausbildungsrichtung des Gymnasiums oder der Berufsaufbauschule gebunden.

Nach Erwerb der Fachhochschulreife kann die AY§bil­dungsrichtung an der Fachhochschule frei gewählt werden. Bei Wechsel der Ausbildungsrichtung ist le­diglich eine Zwischenpraxis von sechs Wochen abzu­leisten. Nach bestandener Vorprüfung ist an der Fachhochschule in der gleichen oder einer eng ver­wandten Fachrichtung auch der Übergang zur Univer­sität möglich; auf diesem Weg erwirbt der Fachober­schulabsolvent die fachgebundene Hochschulreife. Jeder Absolvent der Fachhochschule erwirbt die All­gemeine Hochschulreife. - Ich gebe den Rest dieser Seite zu Protokoll :

Die Fachschulreife oder ein sonstiger mittlerer Schul­abschluß eröffnet in Verbindung mit einer abgeschlos· senen Berufsausbildung den Weg in die Berufsober· schule. Da der erlernte Ausbildungsberuf konstituie· rendes Element der von der Berufsoberschule verliehe­nen fachgebundenen Hochschulreife ist und die Art der Studienberechtigung wesentlich mitbestimmt, kann die Ausbildun,gsrichtung der Berufsoberschule im Un­terschied zur :FaChoberschule nicht frei gewählt wer­den, sie richtet sich vielmehr nach der absolvierten Be­rufsausbildu~1. Der gelernte Maschinenschlosser kann somit über di Berufsoberschule z.B. zum Studium des Maschinenba , der gelernte Bankkaufmann zum Stu­dium der Bett'febswirtschaft kommen.

Durch Able g einer Zusatzprüfung in Französisch oder Latein nn auch an der Berufsoberschule die Allgemeine H chschulreife erworben werden. Diese Zu· satzprüfung . nn bis zu drei Jahren nach Erwerb der fachgebunde n Hochschulreife nachgeholt werden. Damit ist ei Korrektur der einmal getroffenen Ent­scheidung fü ein Berufsfeld auch für Absolventen der Berufsobersc le möglich.

Absolventen gen Vorauss sene Berufsa 2. Schuljahr

Lassen Sie noch auf den gehen.

n Fachoberschulen wird - falls die übri· zungen, insbesondere eine abgeschlos­bildung, vorliegen - der Übertritt in das r Berufsoberschule erleichtert.

h nun zum Abschluß dieses Frageteils omplex der Sonders c h u 1 e n ein-

Der Besuch der Sonderschule bedeutet keine Sack­gasse. Auch der lernbehinderte hat die Möglichkeit, das Ziel seiner Schullaufbahn auszuweiten: Er kann den einfachen Hauptschulabschluß erwerben, z.B. durch Rückschulung in die Volksschule - das waren immerhin 1980/81 1480 Sonderschüler, darunter 649 lernbehinderte.

Für die Schüler der übrigen Sonderschultypen ohne die geistig Behinderten ergeben sich folgende Mög­lichkeiten:

- Teilnahme am qualifizierenden Haupt­s c h u 1absch1 u ß für Blinde, Sehbehinderte, Ge­hörlose, Schwerhörige, Körperbehinderte, Sprach­behinderte und Erziehungsschwierige;

- Mittlerer Schulabschluß und Hoch­schulreife

Neben den zahlreichen Berufs- und Berufsfach­schulen, die zu einer wohlfundierten und qualifizier­ten beruflichen Ausbildung verhelfen, gibt es eine ganze Reihe von Schulen, die für körperbehinderte und sinnesgeschädigte Schüler mit nicht beein­trächtigter geistiger Begabung - also vor allem die blinden - grundsätzlich die Möglichkeit bieten, den Abschluß der Realschule oder des Gymnasiums zu erreichen.

Ein Wort noch zu der im Augenblick viel diskutierten Frage der Integration behinderter und nichtbehinder­ter Schüler:

Schulische Integration, wie sie auch in Bayern in ver­schiedenen Fällen durchgeführt wird, ist nur dort sinnvoll, wo die behinderten Schüler in ihrem An­spruch auf behinderungsspezifische Förderung nicht zu kurz kommen; andernfalls ist es besser, sie in den für sie nach den gesetzlichen Bestimmungen ge­schaffenen besonderen Einrichtungen und Schulen auszubilden.

Aufgabe der Sonderschule ist aber in vielen Fällen auch die Rückführung von Schülern, die zeitweise un­ter Schwierigkeiten gelitten hatten, in die frühere Schullaufbahn. Die Sonderschule hat hier therapeuti­sche Funktionen zu übernehmen. Es gibt bekanntlich bestimmte Behinderungen, die nur vorübergehend auftreten: Eine Sprachstörung z.B. ist manchmal ra­scher überwunden, als es zunächst scheint. Wenn der Lehrer der Sonderschule glaubt, daß ein behin­dertes Kind wieder in der Volksschule mithalten kann, wird er selbst die Überweisung dorthin in die Wege leiten. Der Antrag kann auch von den Eltern gestellt werden. Das Schulamt entscheidet im Einvernehmen mit dem Gesundheitsamt. Integrierte und damit de­zentrale sonderpädagogische Fördermaßnahmen be­dingen in der Regel einen wesentlich höheren Perso­nal- und Materialaufwand, als er in speziellen Einrich-· tungen erforderlich ist. Außerdem ist zu bedenken, daß jegliche Gruppierung zum Zweck spezifischer Förderung mit der Gefahr sozialer Deklassierung ver­bunden ist. Man muß ja immer Vorteil und Nachteil gegeneinander abwägen.

Noch zur s o z i a 1 e n Z u s a m m e n s e t z u n g der Sc h ü 1 er s c h a f t ; auch Frage 1.3! Lassen Sie mich dazu folgendes ausführen:

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(Staatsminister Dr. Maier)

Es gibt keine einheitliche Statistik über die soziale Zusammensetzung der g e s am t e n · Schülerschaft an Hauptschulen, Realschulen, Gymnasien, Fach­oberschulen und Berufsoberschulen. Dagegen wird entsprechend einem Beschluß der Kultusminister­konferenz im Rahmen der amtlichen Schulstatistik seit dem Jahre 1965/66 in einem in der Regel dreijäh­rigen Turnus die soziale Herkunft der Schüler au s -g e w ä h 1 t e r Jahrgangsstufen des G y m n a -s i ums erhoben. Darüber hinaus wurden in diese Er­hebung auch die Jahrgangsstufen 7 und 10 der Real­schule einbezogen.

Für die Schüler der Jahrgangsstufe 12 der Fachober­schule wurde die soziale Herkunft . im Schuljahr 1977/78 einmalig erfragt.

Das Kultusministerium hat bisher davon Abstand ge­nommen, die soziale Herkunft der Schüler der H au p t s c h u 1 e n zu ermitteln, _da sich hier die Frage nach der sozialen Struktur in der politischen Diskussion nicht in dem Maße gestellt hat wie bei den Realschulen und den Gymnasien. Die Erhebung sollte ja gerade für die Realschulen und die Gymnasien auf­zeigen, wie sich die Bemühungen um Chancenge­rechtigkeit und Chancengleichheit, z.B. durch ver­stärkte Bildungsberatung, durch Verdichtung des Netzes weiterführender Schulen, durch Kostenerstat­tung des Schulweges oder Ausbildungsförderung ausgewirkt haben.

Über die soziale Herkunft der Schüler an Hauptschu­len, Fachoberschulen und Berufsoberschulen lassen sich aber einige vergleichbare Aussagen aus Unter­suchungen des Staatsinstituts für Bildungsforschung und Bildungsplanung über Schul- und Bildungslauf­bahnen von Sc h u 1 ab g ä n gern gewinnen. Wie das Staatsinstitut feststellt, sind die sozial schwäche­ren Schichten der Bevölkerung in der Hauptschule zwar weit stärker repräsentiert als in den weiterfüh­renden allgemeinbildenden und auch beruflichen Schulen. Das Institut weist jedoch darauf hin, daß ge­rade die Kinder von Arbeitern in qualifizierter Stellung in den vergangenen Jahren die Chancen des geglie­derten Schuir-esens besser wahrgenommen haben, vor allem im .f'.:~eich der Gymnasien und Berufsober­schulen. Wie aus den Zahlen hervorgeht, waren im Schuljahr 19 8/79 ein Viertel der Schüler des Ab­schlußjahrga gs der Fachobers c h u 1 e n Kinder von Arbeiter einschließlich von Meistern; in den Ab­schlußklasse der B e r u f so b e r s c h u 1 e n stell­ten im gleich n Schuljahr Kinder aus dieser sozialen Gruppe sog ein Drittel der Schüler.

Aus den neu sten amtlichen Erhebungen der sozia­len Herkunft er Schüler ausgewählter Jahrgangsstu­fen an Re lschulen, Wirtschaftsschu-1 e n und G m n a sie n im Schuljahr 1981/82 geht deutlich herv r, wie positiv sich weiterhin die Bemü­hungen um hancengleichheit auf die Sozialstruktur der Schüler ieser weiterführenden Schularten aus­gewirkt habe . So stieg in der Jahrgangsstufe 10 der R e a 1 s c h u ! e die Zahl der Schüler von ungefähr 20500 im ScTuljahr 1968/69 auf 41500 im Schuljahr

1981/ß2, dies entspricht einer Zunahme um 102 Pro­zent. Die Zahl der Schüler dieser Jahrgangsstufen, die aus Arbeiter- bzw. Angestelltenfamilien kommen, ist dabei ungleich stärker angewachsen, nämlich um 123 Prozent.

Dementsprechend hat sich der Anteil der Arbeiter­und Angestelltenkinder zusammen von 58,3 Prozent im Schuljahr 1968/69 auf 64,3 Prozent im Schuljahr 1981/82 vergrößert. Dabei war allerdings der prozen­tuale Anteil der Arbeiterkinder - entsprechend der Entwicklung der sozialen Struktur der gesamten Be­völkerung - stets etwas rückläufig, wogegen der An­teil der Angestelltenkinder von 30, 1 Prozent auf 37,5 Prozent stark anwuchs. Auch dies entspricht der all­gemeinen sozialen Entwicklung. Die Anteile der übri­gen Bevölkerungsgruppen sind entsprechend ge­schrumpft. Betrachtet man die Entwicklung der So­zialstruktur der Jahrgangsstufe 7 der Realschule, so ergibt sich im wesentlichen das gleiche Bild wie für die Jahrgangsstufe 10.

Beim G y m n a s i u m zeigt die Erhebung der sozia­len Herkunft im Schuljahr 1981/82, daß sich in den Jahrgangsstufen 10 und 13 der Anteil der Schüler;aus Arbeiter- sowie aus Angestelltenfamilien gegenüber den Vergleichszahlen des Schuljahres 1968/69 je­weils erhöht hat. Waren im Schuljahr 1968/69 29,8 Prozent der Schüler der 13. Jahrgangsstufe Kinder aus Angestelltenfamilien, so beträgt die entspre­chende Quote in diesem Schuljahr 37,6 Prozent. Be­achtlich ist auch die Steigerung der Quote der Arbei­terkinder in der Jahrgangsstufe 13 des Gymnasiums; sie ist im Lauf der letzten 13 Jahre von 9,2 auf 15,7 Prozent angewachsen, und dies bei einem Rückgang des Anteils der Arbeiter an der Wohnbevölkerung ins­gesamt.

Betrachtet man für diesen Zeitpunkt die Entwicklung der absoluten Zahl der Schüler der Jahrgangsstufe 13 unter soziologischen Gesichtspunkten, so stehen ei­ner Zunahme der Schülerzahl auf das Zweieinhalbfa­che eine Verdreifachung der Zahl der Schüler aus An­gestelltenfamilien und sogar eine Vervierfachung der Zahl der Arbeiterkinder gegenüber.

Zieht man für die Jahrgangsstufe 7 zum Vergleich die Ergebnisse der Erhebung des Schuljahres 1976/77 heran - frühere Werte liegen hier nicht vor -, so kann man auch in dieser Jahrgangsstufe eine Zunahme des Anteils der Arbeiter- und der Angestelltenkinder feststellen.

Während bei der Gruppe der Selbständigen und der Landwirte die Anteile in allen Jahrgangsstufen gegen­über den jeweils genannten Vergleichsjahren rückläu­fig waren - auch dies entspricht ja der Entwicklung der Gesamtbevölkerung -, gestaltete sich bei den Beamten die Entwicklung in den einzelnen Jahr­gangsstufen uneinheitlich, so daß man hier keine „Trendmeldung" geben kann.

1.5

Einige der bereits beschriebenen Möglichkeiten der Durchlässigkeit sind zugleich eine Antwort des ge­gliederten Schulwesens auf s c h u 1 i s c h e

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Sc h w i e r i g k e i t e n , wenn diese nicht kurzfristig behebbar sind. Eine andere - erste - Möglichkeit ist, Schwierigkeiten innerhalb der verschiedenen Schul­arten durch zusätzliche Förderung zu begegnen.

Es liegt aber auf der Hand, daß der Lehrer zunächst versuchen wird, schulische Schwierigkeiten innerhalb des durch die Klasse oder die Schule gegebenen Rahmens anzugehen.

Nicht alle Schwierigkeiten können übrigens von der Schule überwunden werden. Wir haben ja immer wie­der Anlaß, vor einem unbegrenzten Zutrauen in die pädagogische und auch soziale Wirkung der Schule zu warnen. Die Schule muß ihre Erziehungs- und Un­terrichtsarbeit auf einen mittleren Fähigkeitsgrad aus­richten. Dabei wird sie nicht. versäumen, Kindern mit Problemen nach Möglichkeit•mit ihren Mitteln weiter­zuhelfen.

Dafür kommen in Betracht:

besondere Zuwendung zum einzelnen Schüler im laufenden Unterricht

- Individualisierung der Aufgabenstellung

- Besprechung und Korrektur der Schülerarbeiten über das normale Maß hinaus

Binnendifferenzierung des Unterrichts

Ergänzungsunterricht in den zentralen Fächern (Deutsch, Mathematik, Fremdsprache)

Beratungsgespräche.

Die Seiten 46 bis 51 darf ich zu Protokoll geben - in ihnen wird das im einzelnen für alle Schularten darge­stellt und spezifiziert -:

Die Grund- und Hauptschule bietet eine Reihe von Fördermöglichkeiten für ihre Schüler. Für Förderstun­den stehen in der Grundschule in der 1. Jahrgangs­stufe 2, in den Jahrgangsstufen 2 mit 4 je 1 Wochen­stunde zur Verfügung. Diese dienen der Behebung von individuellen Lernrückständen einzelner Schüler und Gruppen sowie 'der allseitigen zusätzlichen Förderung. Sie sind für all'e Schüler Pflichtstunden. Darüber hin­aus werden in der Grundschule verschiedene Möglich­keiten der in+ren Differenzierung wahrgenommen. Neben den Unlerricht, der sich an die ganze Klasse wende~ treten formen der Einzel·, Partner- und Grup· penarbeit. ·

Die Hauptschu entfaltet von der 5. Jahrgangsstufe ab zunehmend ei breites Angebot an Fördermöglichkei· ten. Neben de Fortführung der inneren Differenzie­rung bestehen zahlreiche Angebote von Gruppenbil-dungen und hlpflichtkursen.

Schüler mit be nderen Schwierigkeiten beim Erlernen des Lesens un Rechtschreibens werden in eigens da­für eingerichte n Kursen gefördert. Die Neuregelung dieser Bestim ung bezieht nach dem Prinzip der Chancengleich eit alle Schüler mit derartigen Schwie­rigkeiten, im S huljahr 1981/82 sind das rund 40000, in die Förderu .g in Form von unterrichtsergänzenden Fördemiaßnah en und eigenen Förderkursen mit ein.

Ausdrücklich ist festgelegt, daß isolierte Schwierigkei­ten im Rechtschreiben allein kein Grund sind, einen Schüler bei sonst angemessener Gesamtleistung vom Übergang an eine weiterführende Schule auszuschlie­ßen.

Für sprachbehinderte Schüler, die nicht in der Sonder­schule für Sprachbehinderte unterrichtet werden, gibt es eine besondere Förderung:

Der Sonderunterricht für die rd. 4600 Schüler erfolgt in zentral gelegenen Volksschulen in klassenübergreifen­den Gruppen. Erteilt wird er nach Möglichkeit von Sonderschullehrern mit dem Ausbildungsschwerpunkt Sprachbehindertenpädagogik.

In diesem Zusammenhang sind auch die Schulversu­che „Differenzierte Grundschule" zu en.vähnen:

In diesen Versuchen, die seit dem Schuljahr 1973/74 an Grundschulen bzw. in Kooperation von Grundschu­len und Sonderuolksschulen für Lernbehinderte durch· geführt werden, erarbeiten Volks· und Sonderschulleh­rer Unterrichtsverfahren und _Organisationsformen zur differenzierten Förderung und individuellen Betreu­ung von Grundschülern mit leichteren Lern- oder Ver­haltensstörungen. Ziel ist, eine Üben.veisung solcher Schüler an Schulen für Lernbehinderte zu vermeiden und umgekehrt die Rückführung geeigneter Schüler von Schulen für Lernbehinderte in die Regelschule zu erleichtern.

Gegenwärtig werden die bisher gewonnenen Ergeb­nisse an insgesamt 15 Versuchsschulen in ganz Bayern unter übertragbaren Voraussetzungen erprobt. Damit sollen Erfahrungen gemacht werden, inwieweit sich diese Ergebnisse verallgemeinern lassen.

Keinesfalls kann es bei diesem Versuch darum gehen, als lernbehindert oder erziehungsschwierig erkannte und damit sonderschulbedürftige Schüler auf einen ih­nen nicht angemessenen schulischen Bildungs1.veg zu bringen.

Im Bereich der Realschulen gibt es derzeit vor allem folgende Möglichkeiten der Förderung:

1. Ergänzungsunterricht

In der Jahrgangsstufe 7 kann an den Realschulen in den Fächern Mathematik, Deutsch und Englisch Er­gänzungsunterricht im Umfang von je 1 Wochen­stunde in Kursgruppen für solche Schüler einge­richtet werden, die einer Übergangshilfe bedürfen. Die Gruppenstärke soll die Hälfte der Richtzahl für Klassenstärken nicht übersteigen. Parallelkurse können eingerichtet werden, wenn die den Ergän­zungsunterricht besuchenden Schüler aus verschie­denen Klassen stammen und bei Bildung von nur ei­nem Kurs die Zahl 10 überschritten würde; die Min­destschülerzahl beträgt 5. Dem Ergänzungsunter­richt sind derzeit personelle Grenzen gesetzt.

2. Sonderregelungen für Behinderte

Neben den Realschulen für Behinderte mit eigener Stundentafel werden für Behinderte im Einzelfall Sonderregelungen getroffen, so zum Beispiel Verlän­gerung der Arbeitszeit, Befreiung vom Unterricht in

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Bayerischer Landtag · PLENAAPROTOKOLL 91116 v. 03. 03. 82 7589

(Staatsminister Dr. Maier)

einzelnen Fächern, andere Regelung bei der Lei­stungsbewertung bei manuell erheblich behinderten Schülern. Einzelne Fördermaßnahmen sind in der 1981 vom Ministerium herausgegebenen Schriß ,,In­tegration körperbehinderter Kinder in eine Regel­schule (Gymnasium, Realschule)" aufgezeigt.

Im wesentlichen bestehen an Gymnasien die gleichen Möglichkeiten:

Neben den pädagogischen Mitteln zur individuellen Förderung, über die jeder Lehrer im Rahmen seines Unterrichts über alle Jahrgangsstufen hin verfügt (z.B. Binnendifferenzierung, Individualisierung der Aufga­benstellung, Besprechung und Korrektur von Schüler­arbeiten), kann in der Jahrgangsstufe 5 des Gymna­siums in den Fächern Mathematik und Deutsch sowie in der Fremdsprache ein Ergänzungsunterricht in klei­nen Kursgruppen für solche Schüler eingerichtet wer­den, die einer Übergangshilfe bedürfen.

Für Schüler, die nach Abschluß der Jahrgangsstufe 10 von einer anderen Schulart an das Gymnasium überge­treten sind, können in der Jahrgangsstufe 11 Nachführ­kurse in der zweiten Fremdsprache und in Mathematik eingerichtet werden.

Der Berufsschule kommt für die individuelle Förde­rung von Schülern mit Lernschwierigkeiten im Rahmen des .gegliederten Schulwesens besondere Bedeutung zu. Uber die Anschauung mit den Sinnen im fachprak­tischen Unterricht können Lern- und Einstellungsdefi­zite zu theoretischen schulischen Leistungen behoben werden. Durch organisatorische Maßnahmen wie Bil­dung von Leistungsklassen und Errichtung von Klas­sen mit niedriger Schülerzahl (Mindestzahl 15) erfah­ren Schüler mit Lemschwierigkeiten eine besondere Förderung. Um diese Schüler zu einem Berufsabschluß zu führen, stehen ihnen folgende Möglichkeiten offen: entweder Besuch einer Fördermaßnahme zwischen der Beendigung der Volksschulpflicht und dem Eintritt in ein Berufsa11sbildungsverhältnis oder Verlängerung der Ausbild1mgszeit und damit des Berufsschulbe­suchs. An ~rdermaßnahmen vor Eintritt in das Be­rufsausbildu•gsverhältnis gibt es Eingliederungs- und Fachlehrgänie der Arbeitsverwaltung und das Berufs­grundschuljcfir Zug J (freiwilliges berufsvorbereiten­des Vollzeit~chuljahr). Sonstige Schulen im Bereich des berufli~n Schulwesens bieten - wie die allge­meinbildend n Schulen - zum Ausgleich von Lem­und Überb . kungsschwierigkeiten Ergänzungsunter­richt an.

' Zwei Grupp n, die besonderer Förderung bedürfen, sind Aussie erkinder und Kinder ausländischer Ar­beitnehmer, uf die ich schon mehrfach hingewiesen habe. I eh fas e noch einmal zusammen, was das geglie­derte Schul sen diesen beiden Gruppen an individu­eller Förde g bietet:

1. Aussiedle

tensiuk kinder folgen

"nder

schulen können Förderklassen oder In­e eingerichtet werden, wenn Aussiedler­

em deutschsprachigen Unterricht nicht „nnen; danach ist bei Bedarf noch ein

weiterer Förderuntenicht in der deutschen Spra­che möglich. Für Englisch kann entweder eine Nachhol{rist gewährt oder eine Ersatzfremdspra­che beantragt werden. Für den qualifizierenden Hauptschulabschluß kann bei weniger als dreijäh­rigem Besuch einer deutschen Volksschule die Prüfung statt im Fach Deutsch in „Deutsch als Eingliederungssprache" abgelegt werden.

An der Realschule kann in den beiden ersten Jah­ren des inländischen Schulbesuches für Aussied· ler die Benotung in Deutsch in den Jahrgangsstu­fen 7 mit 9 durch eine Bemerkung ersetzt werden; hier und in der Wirtschaftsschule kann in den bei- · den letzten Jahrgangsstufen eine Ersatzfremd­sprache für Englisch eintreten. Zusätzlicher Un­terricht in Deutsch und in Englisch ist an Real­und Wirtschaftsschulen vorgesehen.

Äh'nliches gilt auch für das Gymnasium.

- Auch in beruflichen Schulen kann auf Antrag.an­stelle von Englisch die Sprache des Herkunftslan­des oder Russisch treten. Zusätzlicher Unterricht kann eingerichtet werden.

- In Ergänzungsschulen werden schulpflichtige Aussiedler intensiv im Deutschen gefördert.

- Sonderlehrgänge zur Erreichung der Hochschul­reife sind für Aussiedler eingerichtet.

2. Kinder ausländischer Arbeitnehmer

Die Erfahrungen haben gezeigt, daß die vielfältigen Organisationsformen des Unterrichts für Kinder ausländischer Arbeitnehmer rasch, effektiv und schülerorientiert durchgeführt werden müssen. Indi­viduelle Fördermaßnahmen für Schüler mit unter­schiedlichen sprachlichen und kulturellen Aus­gangslagen, verschiedenartigen Einreisezeitpunkten und einer heterogenen Verteilung auf die einzelnen Landesteile eines Flächenstaates setzen ferner eine möglichst wohnortnahe Beschulung dieser Kinder voraus.

Das in Bayern bestehende vollausgebaute und in sich differenzierte Schulwesen bildet die Grundlage für die landesweit eingerichteten Unterrichtsange-

- bote für ausländische Schüler. Diese Organisations­dichte erlaubt auch, die Entscheidungen der auslän­dischen Erziehungsberechtigten zu berücksichtigen. Die bestehenden Angebote im Bereich der Volks­schule in Form der deutschen Regelkla88en, der zweisprachigen Klassen, die Übergangsklassen, der Förderklassen für Späteinsteiger, des Intensiv- und Förderunterrichts im Fach Deutsch und des mutter­sprachlichen Ergänzungsunterrichts werden im Be­reich der Realschulen und des Gymnasiums noch durch besondere Eingangsklassen und Fördermaß­nahmen zum Abbau von Defiziten in der deutschen Sprache unterstützt.

Als eine besondere Gruppe von Schülern mit schuli­schen Schwierigkeiten sind die ausländischen Ju­gendlichen im beruflichen Schulwesen anzuiehen, und hier vor allem die sog. Spät- oder Seiteneinstei­ger. Auf der Grundlage eines Ministerratsbeschlus-

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7590 Bayerischer Landtag . PLENARPROTOKOLL 9/116 V. 03. 03. 82

(Staatsminister Dr. Maier)

1.6

ses vom 24. Juni 1980 wurde auch für diese ein frei­williges berufsvorbereitendes Vollzeitjahr einge­führt, und zwar in Ergänzung zu den Maßnahmen zur beruflichen und sozialen Eingliederung der Ar­beitsverwaltung. Darüber hinaus wird zusätzlicher Unterricht angeboten.

Sonstige Schulen im Bereich des beruflichen S~hul­wesens bieten zum Ausgleich von Lem- und Uber­brückungsschwierigkeiten Ergänzungsunterricht an. Bei ausländischen Schülern, die weder im Her­kunftsland noch in der Bundesrepublik Deutsch­land in Englisch als Pflichtsprache unterrichtet wer­den, kann das Fach Englisch durch die Mutterspra­che ersetzt werden.

Zur Beantwortung der Frage nach der Zahl der ver­schiedenen Schulabschlüsse verweise ich auf die Ta­bellen, die ich zu Protokoll gegeben habe (s. Anlage 2).

Die Anzahl der Schüler, die mit H au p t s c h u 1 a b -s c h 1 u ß aus der Hauptschule entlassen werden, hat 1977 mit circa 86900 den bisher höchsten Stand er­reicht und hat seither geringfügig abgenommen. Der Anteil der Schüler mit q u a 1 i f i z i e r e n d e m H a u p t s c h u 1 ab s c h 1 u ß ist hingegen in den letz­ten Jahren stetig angewachsen. Im Jahr 1980 erreich­ten ungefähr 62 Prozent aller aus der 9. Jahrgangs­stufe der Hauptschule zur Entlassung kommenden Schüler den qualifizierenden Abschluß. Im Jahre 1971 waren es erst 1944. Hinzu kommt, daß die Quote je­ner Schüler kontinuierlich abnimmt, die die Volks­schulpflicht ohne Hauptschulabschluß erfüllen. Haben im Jahr 1971 ungefähr 8, 1 Prozent eines durch­schnittlichen Altersjahrgangs einen Hauptschulab­schluß nicht erreicht, so betrug die entsprechende Quote 1980 nur noch 5,7 Prozent.

Die Zahl der m i t t 1 e r e n S c h u 1 a b s c h 1 ü s s e an Realschulen, Wirtschaftsschulen, Berufsaufbau­schulen und einigen weiteren Einrichtungen ist seit 1965 von 22979 auf 57215 und somit auf das Zweieinh;.lbfache angewachsen. 1980 haben über ~ Prozent der Jugendlichen eines durch­schnittliche'1 Altersjahrgangs einen mittleren . Ab­schluß erre~ht gegenuber 16,9 Prozent im Jahre 1965. Hier z~igt sich die vorhin geschilderte Tendenz des Ausbau~ ganz deutlich auch in den Abschlüssen. Besonders ark angewachsen ist die Anzahl der Ab­schlüsse an ealschulen. Noch einmal das Stichwort: Realschule ls die Aufstiegsschule dieser zwei Jahr­zehnte.

Die Zahl de A b i t u r i e n t e n hat sich in Bayern seit 1965 na ezu ver dreifach t. Haben seinerzeit rund 7730 chüler oder 6,5 Prozent eines durch­schnittliche Altersjahrgangs ein Zeugnis der allge­meinen Ho schulreife erhalten, so wurden im Jahr 1980 über 2 ·100 Abiturienten gezählt; das entspricht, bezogen a einen durchschnittlichen Altersjahrgang, einer Quote on 13,7 Prozent. Meine Damen und Her­ren, mit die r Verdreifachung hat sich natürlich auch der Wettbe rb um Studienplätze verschärft. Das sollte man icht verkennen. Wenn eine dreifache

Zahl von Bewerbern um das gleiche, nicht beliebig vermehrbare Gut, sei es der Studienplatz, sei es die akademische Berufsposition, miteinander konkurriert, wird natürlich der Wettbewerb härter.

1.7

Das Kultusministerium hat, wie schon zu Ziffer 2 dar­gelegt, in den Jahren 1976 bis 1980 Maßnahmen zur inneren Neugestaltung der H a u p t s c h u 1 e durch­geführt. Die Erfahrungen der Schulpraxis und die qualitativ und quantitativ veränderte Schülersituation der Hauptschule machen allerdings deutlich, daß auch die Konzeption der Hauptschule weiterentwik­kelt werden muß. Dabei geHt es in erster Linie darum, die praxisorientierten Lerninhalte zu verstärken, da­mit die Schüler besser auf künftige Berufsfelder vor­bereitet werden und damit die Beziehung zwischen Schule und Leben stärker herausgestellt wird. Wir ha­ben das Staatsinstitut für Schulpädagogik beauftragt, eine Untersuchung zur derzeitigen Situation der Hauptschule durchzuführen, um durch möglichst um­fassende und detaillierte Informationen die Lei­stungs- und Funktionsfähigkeit der Hauptschule bes­ser zu kennen. Die Ergebnisse dieser Befragung wer­den in die Überlegungen zur Weiterentwicklung der Hauptschule einbezogen. Im einzelnen sind in den nächsten Jahren folgende M a ß n a h m e n geplant:

1. Änderungen im Bereich der Stun­d e n t a f e 1. Die Hauptschule muß ja ihren Schülern eine grundlegende Allgemeinbildung vermitteln und zugleich auf das künftige Berufsleben vorbereiten. Um diese beiden Hauptziele besser verwirklichen zu können, ist geplant, in den einschlägigen Fächern die Unterrichtszeit zu vermehren und die derzeitige Ge­staltung des Wahlpflichtbereichs zu überprüfen. Ebenso ist beabsichtigt, Formen epochalen und fä­cherübergreifenden Unterrichts wieder verstärkt ein­zuführen.

2. M aß n a h m e n z u r S t ä r k u n g d e s E r z i e -h e r i s c h e n. Die Hauptschule muß verstärkt ihren Erziehungsauftrag wahrnehmen. Dabei muß alle schulische Erziehung auf die Bildung der Gesamtper­sönlichkeit jedes einzelnen Schülers ausgerichtet sein; sie muß ihm Lebenshilfen geben. Durch Stär­kung des Klassenlehrerprinzips und durch entspre­chende Maßnahmen im Bereich der Aus- und Fortbil­dung der Lehrer soll in den nächsten Jahren die Er­ziehung in der Hauptschule wieder mehr Gewicht er­hellen.

3. A u s b a u d e s F a c h e s A r b e i t s 1 e h r e. Die Hauptschule muß neben einer grundlegenden Allge­meinbildung insbesondere eine ausreichende Vorbe­reitung der Schüler auf das zukünftige Berufsleben gewährleisten. Daher kommt dem Fach Arbeitslehre eine besondere Bedeutung zu. Dieses Fach prägt das Profil der Hauptschule und ist eine wichtige Grundlage für die Berufswahlvorbereitung der Schü­ler. Dieses Fach wird daher im Rahmen der zu tref­fenden Maßnahmen innerhalb der Gesamtstunden­zahl zeitlich wie inhal11ich weiter ausgebaut und mit den anderen berufsbezogenen prak1ischen Fächern besser abgestimmt werden.

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(Staatsminister Dr. Maier)

4. G e s t a 1 t u n g d e r L e h r p 1 ä n e. Die Lehr­pläne müssen den Änderungen in der Zusammenset­zung der Schülerschaft Rechnung tragen und das be­sondere berufsbezogene Profil der Hauptschule deutlich machen. Bei einer künftigen Überarbeitung der Lehrpläne wird daher der Gesichtspunkt der handlungsorientierten und praxisbezogenen Lernin­halte besondere Beachtung finden.

5. Zusammenarbeit von Haupts c h u 1 e u n d B e ruf s s c h u 1 e. Die Hauptschule spricht vor allem Schüler an, die den Schwerpunkt ihrer Bega­bungen, Interessen und Leistungen im praktischen Bereich haben und die entsprechende Berufe in Handwerk und Industrie anstreben. Es ist daher not­wendig, die Schüler auf die sie erwartende Arbeits­und Berufswelt entsprechend vorzubereiten. Neben praxisbezogenen Lerninhalten muß dies vor allem durch eine enge Zusammenarbeit von Hauptschule und Berufsschule erfolgen. Diese Zusammenarbeit wird dadurch weiter verbessert, daß die Lerninhalte der beiden Schularten bes~r miteinander abge­stimmt werden, daß die konkrete Zusammenarbeit durch verschiedene Formen der Hospitation ermög­licht wird und die Fortbildungsmöglichkeiten für Leh­rer der beiden Schularten verbessert werden.

6. G e s t a 1 t u n g d e s q u a 1 i f i z i e r e n d e n A b s c h 1 u s s e s. Zwei Beschlüssen des Bayeri­schen Landtags entsprechend wird der qualifizie­rende Absctiluß der Hauptschule sowohl inhaltlich als auch formal neu gestaltet. Es ist beabsichtigt, die Zahl der Prüfungsfächer auszuweiten, um das Inter­esse und die individuelle Leistungsfähigkeit der Hauptschüler besser zu berücksichtigen. Gleichzeitig ist geplant, alle Schüler, die es wünschen, zur beson­deren Leistungsfeststellung über den qualifizieren­den Abschluß zuzulassen. Sie kann nur mehr an der Hauptschule abgelegt werden. Damit ist jedem Schü­ler, unabh"1gig von seinen Vorleistungen, die Mög­lichkeit gegeben, den qualrrizierenden Abschluß zu erwerben. !purch entsprechende Regelungen wird si­chergestelll werden, daß das Niveau und die Qualität des qualifi~ierenden Abschlusses erhalten bleiben. Das ist vor l!llem im Interesse der guten Verwendbar­keit dieser $chüler im Berufsleben dringend geboten. Ich bin ü · rzeugt, daß der qualrrizierende Haupt­schulabsch uß uns in Bayern den Verdrängungswett­bewerb z sehen Realschülern, Hauptschülern und Gymnasias n erspart hat; denn nach der Statistik haben wir i keinem anderen Land der Bundesrepu­blik eine eichbleibende Quote des Zugangs der Hauptschül r zu qualifizierten Ausbildungsberufen. In anderen L .. dern sank die Quote, in Bayern blieb sie erhalten.

(Beifall bei der CSU)

ich großen Wert auf die Erhaltung des en Abschlusses.

7. Berufl ehe Möglichkeiten für Haupt­s c h ü 1 er. Die Attraktivität der Hauptschule im ge­gliederten chulwesen hängt auch von den berufli­chen Mögli . hkeiten ab, die sich für die Schüler erge-

ben. Es wird daher angestrebt, Schülern mit Ab­schlüssen der Hauptschule wieder mehr Berufe zu öffnen als bisher.

Meine Damen und Herren! Die aufgezeigten Maßnah­men - ich lege bei einer Zukunftsperspektive großen Wert auf die Hauptschule - werden die Hauptschule in die Lage versetzen, die ihr gestellten Aufgaben noch besser zu erfüllen. Dadurch wird auch das. ei­genständige Profil der Hauptschule verdeutlicht wer­den. Die Hauptschule ist und bleibt für uns zusam­men mit der Berufsschule eine gleichwertige Alterna­tive zu anderen Bildungswegen.

(Beifall bei der CSU)

Bei den R e a 1 s c h u 1 e n geht es in Zukunft in er­ster Linie darum, die Verhältnisse nach den Neuerun­gen der letzten Jahre - z.B. Stundentafeländerungen - zu konsolidieren und, wo möglich, noch Verbesse­rungen in der Versorgung durchzuführen. Ich nenne einige Punkte für die nächsten Jahre:

- Die durchschnittliche Klassenstärke, die von 30,4 Schülern im Schuljahr 1980/81 auf 30,1 Schüler im Sqhuljahr 1981/82 sank - noch nicht genug-, soll weiter reduziert werden; das Ausmaß wird natür­lich auch von den von diesem Hohen Haus zur Ver­fügung gestellten Planstellen abhängen.

- Weitere Vervollständigung des Unterrichtsange­bots.

- Die im Schulentwicklungsplan noch vorgesehenen weiteren 13 Realschulen sollen bei Fortbestehen des jeweiligen Bedarfs errichtet werden.

- Die wenigen noch ausstehenden curricularen Lehr­pläne sollen veröffentlicht, die bereits erprobten auf eventuelle Abänderungen hin überprüft wer­den.

Im Bereich des G y m n a s i u m s ergibt sich folgen­des:

- Der Rückgang der Schülerzahlen in den 5. Klassen wird eine weitere Senkung der Klassenstärken er­lauben. Nach Abbau der 100/o-Überlastquote wird derzeit die Höchstzahl 38 eingehalten. Die durch­schnittliche Klassenfrequenz für die Jahrgangs­stufe 5 ist im den staatlichen Gymnasien bereits bei 32,3 angelangt; vor drei Jahren lag sie noch bei 35,6, vor sechs Jahren bei 36,4. Eine Annäherung an die in der Volksschule längst übliche Klassen­stärke - zur Zeit 26 - entspräche einem immer wie­der geäußerten Elternwunsch. Die Verwirklichung dieses Anliegens ist jedoch untrennbar mit der Ge­samtsituation des Staatshaushalts verbunden.

- Im Bereich der Kollegstufe, also der Jahrgangsstu­fen 12 und 13, werden die Schülerzahlen voraus­sichtlich noch bis etwa zum Schuljahr 1986/87 an­wachsen. Derzeit beträgt die Schülerzahl in der Kollegstufe, alle Gymnasien zusammengenommen, 52487; vor drei Jahren lag diese Zahl noch bei 44 873, vor sechs Jahren gab es in den Jahrgangs­stufen 12 und 13 rund 37000 Schüler. Man erwar­tet, daß die Gesamtzahl der Kollegiaten etwa im Schuljahr 1988/89 auf den gegenwärtigen Stand

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(Staatsminister Dr. Maier)

zurücksinkt. Von da ab wird sich die gesamte Leh­rerversorgungsfrage entspannen, freilich unter dem Vorbehalt, daß die Planstellen konstant gehal­ten oder zumindest nicht proportional verringert werden.

- Im Bereich der Kollegstufe ist weiterhin ein Be­schluß des Landtags zum Dringlichkeitsantrag der CSU-Fraktion vom 23. Oktober 1981 zu erwarten, der auch die Ergebnisse der Anhörung vom 25. No­vember 1981 berücksichtigen wird. Ziel dieses Dringlichkeitsantrages ist eine Stärkung des Grundkursbereichs zur Sicherung der allgemeinen Grundbildung. Hierdurch wird neben dem quantita­tiven Aspekt auch dem der Qualität der Bildung Rechnung getragen.

Insgesamt ist auch hier das Interesse der Staatsre­gierung darauf gerichtet, eine Konsolidierung der durch zahlreiche Reformmaßnahmen veränderten Gymnasiallandschaft herbeizuführen, also für ·die nächste Zeit nur noch die dringlichsten Veränderun­gen zuzulassen.

Meine Damen und Herren, ich komme zum zweiten Teil. '

II.

Das gegllederte Schulwesen und die Integrierte Ge­samtschule

Erlauben Sie mir dazu eine Vorbemerkung: Es ist na­türlich im Rahmen einer Interpellation und in der für die Vorbereitung der Antwort zur Verfügung stehen­den Zeit nicht möglich, a 11 e n vorliegenden Ergeb­nissen und Einzettragen zu diesem umfassenden Thema im Detail nachzugehen. Eine Bündelung und konzentrierte Darstellung der wichtigsten Punkte ist notwendig; falls weitere Details gewünscht werden, bin ich natürlich bereit, diese noch zu liefern. Ich habe mich auch wiederholt als Autor zu dieser Frage geäußert. Ich möchte Ihnen jetzt aber nicht alles vor­tragen. Jetzt Wird es auch etwas schneller gehen als im ersten Teil

11.1

In welchem aße das g e g 1 i e d e r t e Sc h u 1 w e -s e n d i ff e r n z i e r t e A n g e b o t e für die indivi­duell sehr ve chiedenen Fähigkeiten und Neigungen unserer Sch ler bereitstellt, habe ich versucht, in meiner Antw zu Frage 1.2 deutlich zu machen. Da­bei muß bet t werden: Jedes der so verschiedenen Angebote st lt ein in sich schlüssiges Konzept eines Bildungsgan dar; die einzelnen Fächer und Berei­che dieses B dungsgangs sind aufeinander bezogen und an dess Leitlinie ausgerichtet.

Demgegenü schule - i nur zur Char ren Prinz len Fähigkeit Kernkursen, gerechtzuw

r ist die integrierte Gesamt­h sehe das zunächst ganz wertneutral

erisierung- nach einem ande­p verfaßt. Sie versucht, den individuel­

und Neigungen durch ein System von eistungskursen und Wahlpflichtkursen den. Die damit verfolgte „Profilbildung"

des Schülers erfolgt somit nach einem anderen Prin­zip: Die einzelnen vom Schüler besuchten Kurse ord­nen sich nicht einer schulartspezifischen Leitidee un­ter - insofern kann man hier nicht mehr von einem li­nearen Bildungsgang sprechen -, sondern Profile entstehen eher nach dem Prinzip der pädagogischen Wahl, um nicht zu sagen nach dem Prinzip der päd­agogischen Selbstbedienung, wenn nicht, wie in bayerischen Gesamtschulen, die Abschlußanforde­rungen auch hinsichtlich des Fächerkanons am ge­gliederten Schulwesen orientiert sind. Die bayeri­schen Gesamtschulen sind in dieser Hinsicht etwas anders verfaßt, worauf ich noch zurückkomme.

Ich bin sehr dankbar, daß so große Aufmerksamkeit herrscht. Ich darf Sie noch etwas um Geduld bitten. Jetzt wird es interessant, weil wir zu der politischen und pädagogischen Streitfrage kommen, über die wir mit gutem Grund streiten können und auch streiten sollen.

Welche Fächer an integrierten Gesamtschulen den einzelnen Kategorien, also Kernfächer, Leistungsfä­cher, Wahlpflichtfächer, zugeordnet werden, ist an den Gesamtschulen in der Bundesrepublik Deutsch­land sehr unterschiedlich geregelt. Es gibt nämlich -um das Ergebnis vorwegzunehmen - d i e Gesamt­schule überhaupt nicht. Das hat gerade eine genaue Bestandsaufnahme bei den schwierigen Verhandlun­gen der letzten Jahre gezeigt.

Einmal sind es viele Fächer, die nach Leistungsni­veaus differenziert unterrichtet werden, - in Bayern zum Beispiel die Fächer Deutsch, Englisch, Mathe­matik, Physik, Geschichte, Erdkunde, Biologie; ein andermal sind es nur ganz wenige Fächer; in Nord­rhein-Westfalen zum Beispiel nur Englisch und Ma­thematik und ab der achten Jahrgangsstufe auch Deutsch. Einzelne Gesamtschulen wiederum kennen überhaupt keine sogenannte Fachleistungsdifferen­zierung, z.B. die von den bayerischen Jungsozialisten des Bezirks Main/Spessart und Miltenberg in einem Antrag vom 7. November 1981 favorisierten „Team­Kleingruppen-Modelle" wie in Göttingen, Köln-Hol­weide und Hannover-Linden. Ferner beginnen man­che Gesamtschulen in der fünften Jahrgangsstufe mit der Differenzierung, andere erst in der siebten oder achten oder gar neunten Jahrgangsstufe. An man­chen Gesamtschulen wird in bis zu vier Niveaus diffe­renziert, z.B. in Bayern oder auch im Berliner FEGA­System - F =Fortgeschrittenenkurs, E = Erweite­rungskurs, G =Grundkurs, A = Anschlußkurs -, so­weit dieses überhaupt noch durchgeführt wird; es be­findet sich jetzt in einer gewissen Umwandlung. An anderen Gesamtschulen wird nur in zwei Niveaus differenziert, z.B. in Nordrhein-Westfalen und Nieder­sachsen. Das sind für uns die härtesten Nüsse bei der Anerkennungsverhandlung, weil die gar kein drit­tes Niveau in sich haben. Wie will man dann die Gleichstellung mit dem Gymnasium vertreten, wenn es gar kein gymnasiales Niveau gibt? Das sind die Probleme. Es handelt sich nicht etwa um eine bayerische Blockade oder bayerische Sturheit. Viel­mehr sind es die sachlichen Probleme, die ich Ihnen hier nahebringen möchte.

(Abg. Lang: Sehr gut!)

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Bayerischer Landtag · PLENARPROTOKOLL 9/116 v. 03. 03. 82 7593

(Staatsminister Dr. Maier)

Die Verhältnisse von Gesamtschule zu Gesamtschule sind dabei innerhalb e i n e s Landes oft sehr ver­schieden. Es besteht also kein Konsens darüber, in welchen Fächern, ab welcher Jahrgangsstufe und auf wie vielen Niveaus eine Gesamtschule Leistungsdiffe­renzierung durchführen soll.

Ähnlich ist es mit den Wahlpflichtfächern: In Nord­rhein-Westfalen werden zum Beispiel drei Fächer be­ziehungsweise drei Bereiche alternativ angeboten: Zweite Fremdsprache, Technik/Wirtschaft, Naturwis­senscha~n. Eine Zuordnung zu bestimmten Ab­schlüssen, zum Beispiel zweite Fremdsprache als Voraussetzung für den Eintritt in die gymnasiale Oberstufe - wie sie das Hamburger Abkommen im­merhin aller deutschen Länder vorsieht -, gibt es nicht. In Bayern haben wir entsprechend der Verein­barung der Kultusministerkonferenz vom 24. Juni 1976') eine Liste von 22 Wahlpflichtfächern mit ab­schlußbezogenen Bindungen.

Ich möchte noch einmal betonen: D i e Gesamt­schule gibt es nicht, sondern nur eine Vielzahl sehr unterschiedlicher Typen und Varianten. Somit muß ich diese Frage differenziert beantworten: Eine inte­grierte Gesamtschule, die die meisten Fächer aus der Differenzierung ausspart und damit in diesen Fächern a 11 e n Schülern den gleichen Unterricht vermittelt -sogenanntes Prinzip der Nichtbegabungshomogeni­tät -, erreicht sicher bei weitem nicht den Differenzierungsgrad des gegliederten Schulwesens, wie er etwa in Bayern oder auch in Baden-Württem­berg und Rheinland-Pfalz verwirklicht ist. Selbst eine Gesamtschule, die sehr stark differenziert und sehr viele Wahlpflichtangebote macht - natürlich gibt es das -, muß einerseits gewisse Abstriche vom Diffe­renzierungsgrad des gegliederten Schulwesens ma­chen; das heißt, nicht alle Fächer werden in drei Ni­veaus differenziert; in manchen eben nur in zweien. Das gegliederte Schulwesen bietet a 11 e Fächer we­gen seiner Grunddifferenzierung in Schularten auf mindesten~ drei, häufig sogar auf noch mehr An­spruchseb nen an: Man denke nur etwa an das Fach Mathemati in den verschiedenen Wahlpflichtfächer­gruppen d r Realschule oder in den verschiedenen Ausbildun richtungen des Gymnasiums. Die Diffe­renzierung beginnt ferner in den Gesamtschulen nicht in all Fächern frühzeitig, und einige Fächer -z.B. Religi , Musik, Sport, Kunsterziehung - werden völlig ohne äußere Differenzierung geführt.

Auch eine relativ stark differenzierende integrierte Gesamtsc le erreicht deshalb nur an näh e r n d den Differ ierungsgrad des gegliederten Schulwe­sens, kan allerdings bei weitem nicht alle Ausbil­dungsrlcht ngen des Gymnasiums oder alle Wahl­pflichtfäch gruppen der Realschule anbieten, es sei denn, sie ·· e etwa 30zügig mit rund 5000 Schülern der Jahrga gsstufen 5 bis 10, was ja nicht diskutabel ist. Sie m 8, um annähernd den Differenzie­rungsgrad es gegliederten Schulwesens zu errei­chen, eine estimmte Mindestgröße besitzen, minde­stens 6züg" sein, das heißt, sie muß etwa 1000 Schü­ler der Ja gangsstufen 5 bis 10 haben. Sie bedarf

auch wegen der notwendigerweise entstehenden kleinen Gruppen - ich habe ja die Struktur dargelegt - eines höheren Lehreraufwands. Sie muß schließlich wegen der Vielzahl verschiedener Kurse - die mei­sten Fächer müssen in drei Niveaus differenziert wer­den, eine Vielzahl von Wahlpflichtkursen muß parallel laufen - ein hohes Maß an Organisationsschwierigkei­ten und Undurchschaubarkeit für Eltern, Schüler und auch Lehrer hinnehmen.

Meine Damen und Herren, es wird uns manchmal vor­gehalten, daß wir die Gesamtschulen viel zu gut aus­statten und daß es gelegentlich bis zu einem Drittel mehr Lehrer gibt. Zugunsten der Gesamtschulen muß ich allerdings auch sagen, daß sie wegen der dauernden gemeinsamen Lehrerkonferenzen - damit das Ganze überhaupt durchsichtig bleibt - einen hö­heren Aufwand erfordern. Das ist eben die Schwierig­keit eines integrierten und komplexen Systems, daß es dann wieder viel mehr zur Beratung tun muß, so wie sich an manchen großen Schulen die Schüler heute leider nur noch durch Führungslinien in ver­schiedenen Farben orientieren können. Ob dies aller­dings noch in unsere Zeit paßt, die sich wieder nach kleinen, überschaubaren Einheiten sehnt, wage ich zu bezweifeln.

(Beifall bei der CSU)

Vor allem die Befürworter der Gesamtschule werden einwenden, daß auch Gymnasien entsprechend hohe Schülerzahlen aufweisen. Das ist richtig. Sie umfas­sen aber drei Jahrgangsstufen mehr als im allgemei­nen integrierte Gesamtschulen, und sie müssen nicht systemnotwendig 1000 Schüler haben. Vor al­lem handelt es sich eben um einen in sich schlüs­sigen Bildungsgang ohne ständigen Kurswechsel.

Nochmals: Die integrierte Gesamtschule erreicht den Differenzierungsgrad des gegliederten Schulwesens nicht, vor allem, wenn der Trend gesehen wird, den Differenzierungsgrad zurückzunehmen, wie er auch im SPD-Entwurf für ein bayerisches Schulgesetz zum Ausdruck kommt. Dort heißt es in Artikel 19 Absatz 2 - ich habe das mit Aufmerksamkeit gelesen - :

Eine Differenzierung ist zulässig, ist aber auf ein­zelne Fächer zu beschränken.

Das wäre sicherlich eine Verarmung des reich diffe­renzierten Bildungsangebots im gegliederten Schul­wesen.

Mit anderen Worten: Das gegliederte Schulwesen ist sowohl das höher differenzierte als letz11ich mit sei­nen überschaubaren Einheiten auch das humanere Schulwesen. Es bietet freilich nicht alles an einem Ort. Das ist richtig. Das wird man aber auch nie ganz erreichen können, es sei denn um den Preis eines ge­radezu gigantischen Angebots, das nun auch wieder mit der Schule als Lebens- und Erfahrungsraum nicht vermittelt werden kann.

') „Die im Pflicht- und Wahlpflichtbereich erzietten schulischen Leistun­gen müssen für das Erreichen eines bestimmten Abschlusses nach F ä­c her k an o n und in Umfang und Anspruchshöhe der Lernziele und Lerninhalte den jeweiligen Abschlußanforderungen des nach Schultor· men gegliederten Schulwesens desjenigen Landes entsprechen, in dem der Abschluß erworben werden scll."

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(Staatsminister Dr. Maier)

Die Fragen

11.2 und 11.3 darf ich zusammen beantworten, weil hier ja eine mannigfache Wechselbeziehung besteht: Es geht um die Problematik L e i s t u n g - D u r c h 1 ä s s i g -k e i t - D i ff er e n zier u n g. Einleitend möchte ich betonen, daß die schulische Leistung der zentrale Punkt für die Beurteilung der Ergebnisse der Ge­samtschulen ist, da nahezu alle Befunde davon ab­hängig sind. Vielleicht - das darf ich dazwischen sa­gen - wenn wir heute nicht· den ungeheuren Druck durch den gewaltigen Ausbau des Bildungswesens hätten, daß nämlich alles auf Abschlüsse hindrängt und um Abschlüsse konkurriert, könnten wir etwas lockerer verfahren mit Modellen und Modellversu­chen. Heute, wo dieser Druck besteht, wird aber jede Schule daran gemessen, was sie bringt, was sie ver­mittelt. was der Abschluß ist, was damit angefangen werden kann. Die Gesamtschule heftet viele Ziele an ihre Fahne, nämlich

- höhere Abschlußquoten, besondere Zugangsbe­rechtigungen zur gymnasialen Oberstufe

geringere Zahl von Schulabgängern ohne Abschluß

- höherer Anteil von „Unterschichtkindern" - mir ist dieser Begriff, der in der Statistik und noch mehr in der Soziologie immer noch sein Leben fristet, zu­tiefst zuwider;

(Beifall bei der CSU)

an sich sollte es in einem Kulturstaat überhaupt keine Unter- und Oberschichten geben - bei höhe­ren Abschlüssen

- mehr Durchlässigkeit

- weniger Leistungsangst

- höhere Schulzufriedenheit.

Diese Ziele hören sich alle gut an und sind dann leicht erreichbar, wenn Schüler weniger lernen müssen oder geringe;e formale Hürden, also Notengrenzen, bestehen. A~h ist zu beachten, unter welchen Be­dingungen die schulischen Leistungen an integrierten Gesamtschulen zustande kamen:

Wenn in Harrt>urg vor wenigen Jahren - ich habe in diesem Hau~ vielfach darauf hingewiesen - auf ei­nem Flugblat für die integrierten Gesamtschulen vor allem damit werben wurde, daß diese uin 40 Pro­zent besser usgestattet seien, oder wenn sogar an den bayeris hen integrierten Gesamtschulen die Schüler/Lehr r-Relation 1980/81 rund 15:1 statt 20:1 in den entsp chenden Jahrgangsstufen des geglie­derten Schul esens betrug, so darf dies bei der Be­wertung der rgebnisse nicht vergessen werden. Ei­gentlich ist d nn die Vergleichbarkeit in einem stren­gen Sinne g r nicht mehr gegeben, wenn die Ge­samtschule esen Vorlauf hat.

Zur Einschä ung der schulischen Leistungen und Leistungsanf rderungen an integrierten Gesamt­schulen noc folgende Grundüberlegungen:

Die in t e g i er t e Gesamt s c h u 1 e befindet sich in einem ielkonflikt. Vielleicht kommen wir in der Debatte dara f, daß dieser Zielkonflikt auch im geglie-

'

derten Schulwesen besteht: aber ich meine, er wird dort besser gelöst. Die Gesamtschule will einerseits den Fähigkeiten des einzelnen Rechnung tragen. Das bedeutet äußere Differenzierung des Unterrichts in möglichst vielen oder sogar allen Fächern und in möglichst vielen Niveaus; denn die Menschen brin­gen ja unterschiedliche Fähigkeiten mit. Andererseits entwickeln sich differenzierte Kurse sehr bald nach Lernzielen und Lerninhalten auseinander, wenn dem schnelleren Lernfortschritt und der Zumutbarkeit von höheren Leistungs- und Abstraktionsgraden in den höheren Kursen Rechnung getragen wird. Damit wird aber eine andere Zielvorstellung der integ(jerten Ge­samtschule - nämlich Schullaufbahnen möglichst lange offenzuhalten und Durchlässigkeit zu gewähren - stark eingeschränkt. Außerdem wird der soziale Zu­sammenhang der Gruppe, deren Zusammensetzung von Fach zu Fach wechselt, gefährdet; damit geht auch etwas von der Zielvorstellung „soziale Integra­tion" verloren. Soziale Integration kann nämlich auch dadurch gefährdet werden, daß man in jeder Stunde wieder sein Bündel packt und in einen anderen Fach­raum abwandert.

Die Zielvorstellungen „Durchlässigkeit" und „soziale Integration" verlangen nach einer möglichst geringen Differenzierung in möglichst wenigen Fächern - im Extrem den völligen Verzicht auf Differenzierung. Aus diesem Grunde sind im allgemeinen sehr viele Fächer nicht in die äußere Differenzierung einbezogen. Verzicht auf äußere Differenzierung bedeutet aber für die betroffenen Fächer dreierlei:

1. Das Anforderungsniveau muß zwetfellos niedriger liegen als z.B. in einem A-Kurs, also dem anspruchs­vollsten Kurs, des gleichen Faches bei Differenzie­rung in drei Niveaus. Daraus folgen Lerndefizite und Unterforderung für die potentiellen A-Kurs-Schüler und auch Lerndefizite für die betreffende Schüler­schaft gegenüber dem Gymnasium. Andererseits führt bereits ein durchschnittlich mittleres Anforde­rungsniveau zur Überforderung der schwächeren Schüler.

2. Die Lerngeschwindigkeit einer Lerngruppe muß sich aus pädagogischen Gründen nach den schwä­cheren Schülern richten. Im undifferenzierten Unter­richt folgen daraus zeitliche Rückstände einer sol­chen heterogenen Gruppe gegenüber den oberen Kursen des gleichen Faches bei äußerer Differenzie­rung oder gegenüber dem gleichen Fach in Real­schule und Gymnasium im gegliederten Schulwesen.

3. Die Bewertung mit einer Sechserskala bezieht sich im undifferenzierten Unterricht eines Faches - vergli­chen z.B. mit der Bewertung im gleichen Fach an ei­nem Gymnasium - auf die ganze Breite vom lei­stungsstarken bis leistungsschwächeren Schüler so­wie auf einen gegenüber dem Gymnasium oder ge­genüber dem A-Kurs leichteren Stoff ..

Daraus folgt, daß z.B. die Note 4 in einem undiffe­renzierten System nicht die gleiche Leistung und Lei­stungsanforderung bedeutet wie die Note 4 im A-Kurs oder am Gymnasium.

Gleiches gilt für eine spät einsetzende Differenzie­rung, weil die in der undifferenzierten Phase entstan-

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(Staatsminister Dr. Maier)

denen Lernrückstände kaum aufgeholt werden kön­nen, sowie mit graduellen Abweichungen bei einer Differenzierung in zwei statt drei Niveaus.

Meine Damen und Herren! Ich möchte hier jetzt nicht auf eine Reihe von Untersuchungen über die an inte­grierten Gesamtschulen im Vergleich zu den Schulen des gegliederten Schulwesens erzielten Leistungen eingehen. Ich gebe die Seiten 64 unten bis 79 oben daher zu Protokoll:

Wissenschaftliche Untersuchungen zur Schülerlei­stung

Es soll nun auf eine Reihe von Untersuchungen über die an integrierten Gesamtschulen im Vergleich zu den Schulen des gegliederten Schulwesens erzielten Lei­stungen eingegangen werden:

1. In der von Professor Schorb 1976 herausgegebenen Untersuchung „Schulversuche mit Gesamtschulen in Bayern" (Stuttgart 1976) finden sich folgende Ergeb­nisse:

a) In den in der 5. und 6. Jahrgangsstufe von Tests erfaßten Teilaspekten des Faches Deutsch - sie sind Bestandteil des Lehrplans, schöpfen aber den Lehrplan nicht voll aus - sowie in dem fach­übergreifenden „Prüfsystem für Schul- und Bil· dungsberatung"

- zeigen die Schüler der integrierlen Gesamt­schulen durchweg den niedrigsten Ausgangs· wert;

- erreichen die Schüler der integrierten Gesamt­schule mit Ausnahme einzelner Tests auch den niedrigsten Endwert;

- zeigen die Schüler der integrierten Gesamt-schule durchweg die höchste Testwertdifferenz.

Es erqaben sich somit zwar signifikante Unter­schiede in den Leistungssteigerungen zwischen integrierter Gesamtschule und dem gegliederten Schulwfsen; der Zuwachs kann aber in allen Fäl· len im !lahmen des sog. exponentiellen Wachs· tumsgelletzes erklii.rt werden, wonach der relative Zuwach$ bei niedrigster Ausgangslage am größ­ten ist. !

b) Eine B~urteilung der Schülerleistungen an inte· grierten · Gesamtschulen durch eine eigens einge· richtete Expertengruppe kommt im Rahmen des Bericht zu dem Ergebnis, daß in den Fächern Deutsc Englisch und Mathematik die A·Kurse nur kn p gymnasiales Niveau erreichen. Die B· und C· urse sind eher mit den Leistungsanforde­rungen und Schwierigkeitsgraden der entspre­chende Schularten des gegliederten Schulwe· sens (R /schule, Hauptschule) vergleichbar.

2. Den Gesi htspunkt der Schülerleistungen unter­suchte in chleswig-Holsteifl Royl'): Er untersucht sog. „Koh en" an integrierten Gesamtschulen, ko­operativen Gesamtschulen und aus dem geglieder· ten Schul sen in verschiedenen J,ahren und Jahr· gangsstufe .

Wesentliche Befunde aus der 7. und 8. Jahrgangs­stufe sind:

- Im Fach Deutsch zeigen sich in Tests der 7. und 8. Jahrgangsstufe die Schüler der integrierten Ge­samtschulen den Schülern des gegliederten Schulwesens überlegen.

- In Mathematik sind sowohl in der 7. als auch in der 8. Jahrgangsstufe die Schüler des geglieder­ten Schulwesens den Schülern der integrierten Gesamtschulen überlegen.

- In Englisch ist in der 8. Jahrgangsstufe (in der 7. Jahrgangsstufe wurden die Tests an den Rege/­schulen nicht durchgeführt) kein Unterschied in den Durchschnittswerten feststellbar, wohl aber erreichen die Schüler des gegliederten Schulwe­sens die höheren Spitzenwerte.

Kritisch ist dagegen einzuwenden:

- Es wurden pauschal integrierte Gesamtschulen mit einer Mischpopulation des gegliederten Schulwesens verglichen. Aussagekräftiger wäre ein Vergleich

A·Kurs·Schüler der Gesamtschule versus Gymna­siasten B-Kurs-Schüler der Gesamtschule versus Real­schüler C-Kurs-Schüler der Gesamtschule versus Haupt· schüler.

- Die venvendeten Tests arbeiten zu sehr (Aus· nahrne Mathematik) mit vorgefertigten Antworten und kommen sowohl damit als auch mit dem Schwierigkeitsgrad der Aufgabenstellung - die Aufgabenstellung war für alle Niveaus gleich -den schwächeren Schülern entgegen, während gute Schüler nur geringe Möglichkeiten haben, ihre Kenntnisse zur Geltung zu bringen.

- Die äußeren Bedingungen (Personal· und Sach· ausstattung) der Gesamtschule bleiben außer Be· tracht.

Neuere Untersuchungsergebnisse von Rayl die erst vor wenigen Wochen veröffentlicht wurden 2), zeigen ähnliches wie die zitierten Arbeiten. Die gleichzeitig mit den Ergebnissen von Royl veröffentlichten Un· tersuchungsbefunde von Teschner') in Schleswig­Halstein dagegen zeigen vor allem bei der Gruppe der „Realschüler" und „Gymnasiasten" im allgemei­nen bessere Leistungen im Bereich des gegliederten Schula·esens gegenüber den Schülern der integrier· ten Gesamtschulen.

3. Eine eingehende Untersuchung der Schülerleistun­gen bringt der Band 8 der von Fend betreuten Ver­gleichsuntersuchungen in Nordrhein· Westfalen 3),

die Ende 1979 veröffentlicht wurden.

1) Rofl, Wolfgang, in: ,,Modelluersuche im Bildungswesen", Band 15,

Kiel 1978 (Veröffentlichung des Kultusministeriums Schleswig-Hol· stein). 2

) Modelluersuch im Bildungswesen, Band 19, herausgegeben vom Kultusministerium Schleswig-Holstein (Dezember 1981). 3

) Band 8 uOn Haenisch/Lukesch/Klaghofer/Krüger-Haenisch: Gesamt· schulen und dreigliedriges Schulsystem in Nordrhein· Westfalen. -Schulleistungsvergleich in Deutsch, Mathematik, Englisch und Physik; Paderborn 1979.

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(Staatsminister Dr. Maier)

Verglichen werden die Schüler der 6. und 9. Jahr­gangsstufe, und zwar

- Schüler mit „Hauptschul-Empfehlung" an Ge­samtschulen und Schulen des gegliederten Schul­wesens

- Schüler mit „Realschul-/Gymnasial-Empfehlung" an Gesamtschulen und im gegliederten Schulwe­sen.

Diese Methode ist zweifelfos ein Fortschritt etwa ge­genüber den Untersuchungen von Royl in Schleswig­Holstein, die lediglich einen Pauschalvergleich „Ge­samtschule versus gegliedertes Schulwesen" vor­nimmt; sie ist allerdings noch nicht ohne Mängel:

- Die Grundschulen vergeben in Nordrhein-Westfa­len nicht das Prädikat „für die Hauptschule emp­fohlen·: sondern nur das Prädikat ,.geeignet': „vielleicht geeignet" und „nicht geeignet" (für Realschule und Gymnasium). Es bleibt unklar, wie die „vielleicht Geeigneten" zugeordnet wer­den.

- Unklarheiten bringt die gemeinsame Betrachtung von „Realschul-/Gymnasial-Geeigneten ". Besser wäre ein Vergleich Hauptschüler versus Real­schüler der unteren Kurse an Gesamtschulen, Gymnasiasten versus Schüler der oberen (E-) Kurse an Gesamtschulen.

Wesentliche Befunde der Untersuchung:

- Bei den .Hauptschul-Empfohlenen" der 6. Jahr­gangsstufe zeigen die Schüler an Gesamtschulen die bessere Leistung in Satzlehre, mathemati­schen Denkaufgaben und Bruchrechnen; in ganz geringem Maße zeigen sie auch bessere Ergeb­nisse in Leseverständnis, Rechtschreiben und Englisch 1 ).

- Bei den Schülern mit Empfehlung für Realschule und Gymnasium zeigen in der 6. Jahrgangsstufe in allen 11enannten Kategorien die Schüler des gegliedeT'len Schulwesens ganz erheblich bessere Leistung,n, z.B. in Englisch durchschnittlich 55,38 Prt>zentpunkte gegenüber 39,88 Prozent­punkten 1bei den Gesamtschülern. Dabei liegen die Ges~· tschulen in ihren Ergebnissen mit einer Ausnah sogar unter dem niedrigsten Wert der Realsch en (1)2):

- Bei den1 Schülern der 9. Jahrgangsstufe mit Hauptsc ulempfehlung

- liegen in Mathematik die Schüler des geglie­derten Schulwesens und der Gesamtschule gleich uf,

- zeigen im Leseverständnis und in Physik die Gesa schüler ganz geringfügig bessere Lei­stung , im Rechtschreiben die Schüler des ge­gliede en Schulwesens (ohne Signifikanz),

- erreic n in den beiden Englischtests die Schü­ler de gegliederten Schulwesens sehr signifi­kant b ssere Ergebnisse.

- Bei den Schülern der 9. Jahrgangsstufe mit Real­schul· oder Gymnasialempfehlung zeigen in allen Bereichen die Schüler des gegliederten Schulwe­sens bessere Leistungen; besonders signifikant ist dies in Englisch (Differenz 12,02 Prozentpunkte; prozentual eine um 38 Prozent bessere Leistung -39,27 gegen 28,29 Prozentpunkte). Lediglich der Vorsprung der Schüler des gegliederten Schulwe­sens in Physik ist nicht signifikant.

Wesentlich ist noch, daß offenbar die Streuung unter den Gesamtschulen sehr hoch ist, während die Schul~n des gegliederten Schulwesens kaum Va­rianz zeigen, also einen recht homogenen Block bil­den.

Die Verfasser kommen deshalb zu dem Schluß (S. XIII): „In keinem anderen Bereich scheinen wir eine so deutliche Bestätigung von Befürchtungen zu fin­den, wie in bezug auf die fachlichen Schulleistun­gen . ... Die Nachteile kommen in den sprachlichen Bereichen (z.B. Englisch) besonders deutlich zum Vorschein. In der 9. Schulstufe finden wir auch kei­nen Vorteil der leistungsschwächeren Schüler ge· genüber den Vergleichsgruppen im herkömmlichen Bildungswesen mehr."

Die Verfasser betonen auch (8. 359): ,,Außer derbe­kannten großen Streubreite hinsichtlich der Lei­stungsresultate an Gesamtschulen können, je n'ach betrachtetem Lernbereich, nur ein bis drei Gesamt­schulen (Anmerkung: von neun untersuchten Schu­len) im Leistungsbereich der traditionellen Schulen mithalten."

4. Ähnliche Untersuchungen wurden unter Leitung von Fend vor allem von Haenisch und Lukesch an Gesamtschulen in Hessen, und zwar im Kreis Wetz­lar, durchgeführt; als Vergleichsgruppen allerdings wurden Schüler des gegliederten Schulwesens in Nordrhein-Westfalen einbezogen, da sich die vorge· sehenen hessischen Schulen des gegliederten Schul­wesens im Dillkreis an der Untersuchung nicht be­teiligt haben3

).

Verglichen wurden neben Globalwerten die Ergeb­nisse jeweils von Schülern an Gesamtschulen und Schülern des gegliederten Schulwesens in folgenden Kat_egorien:

- Schüler mit Hauptschulempfehlung bzw. Real­schul-/Gymnasialempfehlung

- Schüler mit „geringer Intelligenz" bzw. „hoher In­telligenz"

1) Band 8, S. 79

2) siehe Band 8, S. 159

3) Lukesch, H.: Schulleistungsvergleiche zwischen Gesamtschulen in

Hessen und Schulen des gegliederten Schulsystems am Ende der Pflichtschulzeit; Arbeitsbericht 13 des Projekts „ Wissenschaftliche Be· gleitung von Gesamtschulen in Hessen': Konstanz 1979. Haenisch, H.: Schulleistungsuergleic~ zwischen Gesamtschulen in Hessen und Schulen des gegliederten Schulwesens am Ende des 6. Schuljahres; Arbeitsbericht 12 des Projekts „ Wissenschaftliche Be· gleitung von Gesamtschulen in Hessen", Konstanz 1979.

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- Schüler an Hauptschulen versus C-Kurs-Schüler an Gesamtschulen bzw. Realschüler versus B­Kurs-Schüler der Gesamtschulen bzw. Gymnasia­sten versus A-Kurs-Schüler der Gesamtschulen (nur 9. Jahrgangsstufe)

- die 48 Prozent leistungsschwächsten Schüler bzw. die 27 Prozent leistungsstärksten Schüler (nur 9. Jahrgangsstufe)

- Schüler mit Hauptschulabschlujiprognose bzw. Schüler mit Realschul- bzw. Gymnasialabschluji­prognose (nur 9. Jahrgangsstufe).

Je nach Gruppenbildung weichen die Ergebnisse et­was voneinander ab. Als durchgehende Ergebnisse lassen sich festhalten:

6. Jahrgangsstufe: Im Bereich ,,Mathematische Denkaufgaben" sind die Schüler des gegliederten Schulwesens, im Be­reich „Bruchrechnen" hingegen durchweg die Ge­samtschüler überlegen, und zwar sowohl bei den schwächeren als auch bei den leistungsstärkeren Schülern. Im Fach Englisch zeigen sich, mit Aus­nahme der Vergleichskategorie ,,Hauptschulempfeh­lung''. bessere Ergebnisse für die Schüler des geglie­derten Schulwesens, allerdings in der Vergleichska­tegorie „hohe Intelligenz" (IQ= 115) nur ganz ge­ringfügig und nicht signifikant.

In den getesteten Bereichen des Faches Deutsch ist das Bild uneinheitlich.

9. Jahrgangsstufe: Durchgehend - also sowohl bei den leistungsstarken als auch bei den Leistungsschwächeren Schülern -zeigen sich hier in den beiden Englischtests bessere Leistungen bei den Schülern des gegliederten Schul­wesens.

Im Fach Mathematik zeigen sich - wenn auch nicht durchgel!end und auch nicht immer signifikant -bessere Leistungen bei den Gesamtschülem vor al­lem beim Vergleich der Leistungsschwächeren Schü­ler. Im F•ch Physik sind die Unterschiede gering, al­lerdings 1mit tendenziell besseren Ergebnissen für Schüler j:les gegliederten Schulwesens bei den lei­stungssclwächeren Schülern.

Im Fach ineutsch überwiegen die besseren Leistun­gen auf 1*iten der Schüler des gegliederten Schulwe­sens, be~nders signifikant bei den leistungsschwä­cheren S hülern.

Hebt ma - wie in Nordrhein-Westfalen - die Ver­gleichsk egorien „Hauptschulempfohlene" bzw. „Realsc l/Gymnasialempfohlene" heroor, so zeigen sich 1

- bei de Hauptschulempfohlenen:

- si fikant bessere Leistungen bei den Schü-lern des gegliederten Schulwesens in Leseuer­stä nis, Rechtschreiben und dem Englisch­Tes IEA sowie bei den Gesamtschülern in Ma­the„atik,

- geringfügige Leistungsvorsprünge in dem Eng­lisch-Test EET und in Physik für Schüler des gegliederten Schulwesens;

- bei den Realschul/Gymnasialempfohlenen

sehr signifikant bessere Leistungen bei Schülern des gegliederten Schulwesens in Leseverständnis, Rechtschreiben, Englisch (beide Tests); geringfü­gig bessere Leistungen bei Schülern des geglie­derten Schulwesens in Physik, in Mathematik bei den Gesamtschülern.

Interessant ist bei der Arbeit von Lukesch der Ver­gleich von Hauptschülern mit C-Kurs-Schülem, von Realschülern mit B-Kurs-Schülern und von Gymna­siasten mit A-Kurs-Schülem. Obwohl Lukesch schreibt, da/i dieser Vergleich nicht aussagekräftig sei, da hier dem „Zehnkämpfer" (z.B. dem Gymna­siasten) der „Spitzensportler" in einer Disziplin (z.B. A-Kurs-Schüler in Englisch) gegenübergestellt wird, zeigen doch gerade im Fach Englisch durchge­hend die „Zehnkämpfer" die besseren Leistungen. Dabei ist der ausnehmend grojie Unterschied beim Vergleich von B-Kurs-Schülern mit Realschülern im Fach Englisch auffallend. Lediglich im Fach Mathe­matik zeigen die C-Kurs-Schüler der Gesamtschule bessere Ergebnisse als die Hauptschüler. Es sei noch erwähnt, daji diese Untersuchung auch einen Vergleich zwischen der Gesamtschule Nordrhein­Westfalen und der Gesamtschule in Hessen durch­führt. Dieser Vergleich zeigt überwiegend Vorteile für die hessischen Schüler, besonders bei den lei­stungsstärkeren Schülern. Dies wird auf den stärke­ren Differenzierungsgrad in Hessen (Differenzierung in drei Niveaus, früherer Differenzierungsbeginn) zurückgeführt.

5. In den letzten Wochen hat Regenbrecht den Ab­schlu/ibericht „ Wissenschaftliche Bestandsauf­nahme der integrierten Gesamtschulen in Nieder­sachsen "1

) herausgegeben und darin sowohl Lei· stungsuntersuchungen, die wiederum Untersuchun­gen von Fend an niedersächsischen Schulen darstel­len sowie Ergebnisse einer bereits 1980 veröffentlich­ten schulfachlichen Überprüfung der niedersächsi­schen Gesamtschulen 2 ) berücksichtigt.

Bereits diese schulfachliche Überprüfung zeigte an den integrierten Gesamtschulen erhebliche Defizite, besonders gravierend in den Fächern Englisch, in Mathematik in der 6. Jahrgangsstufe und in den Na­turwissenschaften in der 9. Jahrgangsstufe. Aber auch auf deutliche Mängel in Deutsch an der Ge­samtschule - wie zu niedrige Anforderungen im mündlichen Sprachgebrauch, sehr unterschiedliche Qualität bei schriftlichen Arbeiten - wird hingewie­sen. Ebenso wird hingewiesen auf Mängel im Fach Mathematik in der 9. Jahrgangsstufe der integrier­ten Gesamtschule: „Die angestrebten Ziele liegen

1) Rege11brecht, A: Wissenschaftliche Bestandaufnahme der integrier­ten Gesamtschulen in Niedersachsen - zusammenfassender Abschluß­bericht., hrsg. oom Niedersächsischen Kultusminister, Hannover, No­vember 1981. 2

) Schulfachliche Überprüfung der integrierten Gesamtschulen in Nie­dersachsen - Gesamtbericht-, hrsg. vom Niedersächsischen Kultusmi­nister, Hannover 1980.

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(Staatsminister Dr. Maier)

vornehmlich in den unteren Lernzielebenen. Repro­duktive Fähigkeiten werden fast durchweg bevor· zugt. Vertiefende Einsichten und Auseinanderset· zungen mit mathematischen Problemen treten in den Hintergrund" (Regenbrecht, S. 231). Diese Män· gel an den integrierten Gesamtschulen werden weit­gehend auf die fehlende Differenzierung oder die ungelösten Probleme der Differenzierung zurückge· führt (Regenbrech~ S. 234).

Die Ergebnisse der wissenschaftlichen Untersu· chung an niedersächsischen Gesamtschulen, die mit dem gleichen „Testinstrumentarium" wie in Nord­rhein-Westfalen und Hessen durchgeführt wurden, stützen diese Befunde. So kommt Regenbrecht - zi­tiert nach der Pressemitteilung 117/81 des Nieder· sächsischen Kultusministers - zu folgendem zusam· menfassenden Ergebnis: „Schwächere Schüler erzie· len in integrierten Gesamtschulen gleiche Ergeb· nisse im fachlichen Lernen wie im gegliederten Schulwesen; ein deutlicher Abfall zeigt sich dagegen bei den Leistungen begabter Schüler in den Gesamt· schulen. Aufgrund der in den Tests erbrachten Lei· stungen ist die höhere Zahl der erweiterten Sekun­dar· !-Abschlüsse problematisch." Dies zeigt sich bei einer Vergleichsgruppenbildung sowohl nach Lei· stungsfähigkeit (Intelligenz) als auch nach erreich· ten Abschlüssen. Folgende wesentliche Aussagen sind festzuhalten:

„Die Annahme, daß weniger begabte Schüler in der Gesamtschule besser gefördert werden als im geglie­derten Schulwesen, hat sich in Niedersachsen nicht bestätigt. Die intelligenzmäßig schwachen ·Schüler werden in allen hier beriicksichtigten Lembereichen tendenziell schlechter gefördert; in drei der sechs Tests sind die Unterschiede statistisch auffällig.

Auf der anderen Seite hat sich deutlich die Be­fürchtung bestätigt, daß die ,begabten' Schüler in der Gesamtschule leistungsmäßig weniger gefördert werden. /11 vier von sechs Tests liege.n ihre Leistun­gen deutlich unter denen der vergleichbaren Schü­lergruppen im gegliederten Schulsystem." Lediglich Spitzenbejabungen haben sich an integrierten Ge­samtschultn durchgesetzt (Regenbrech~ S. 224/225).

,,Als Erge nis des Vergleichs der Abschlußgruppen wurde fes estell~ daß sich bei den Schülern, die ei· nen Hau schulabschluß erworben haben, nur ge· ringfügige Unterschiede nach besuchtem Schulsy­stem erge n, bei den Gruppen mit weiterführenden Abschlüss n jedoch deutliche Leistungsdefizite, mit Ausnahm Physik, bei den Gesamtschülern sichtbar werden"~ . 226).

Regenbre t verweist mehrfach auf den Zusammen· hang zwi hen Leistung und der an Gesamtschulen erreichten höheren Zahl „weiterführender Ab· schlüsse", die zu einem guten Teil - den Ergebnis­sen eines Teilprojekts „Schullaufbahnen und ihre Beratun bschlüsse" zufolge - auf niedrigere An· forderung n zurückzuführen sind. (Pressemitteilung 117/81 de Niedersächsischen Kultusministers: ,,Die Anforde . gen für das Erreichen von Abschlüssen

sind an integrierten Gesamtschulen geringer als im gegliederten Schulwesen.") -

So stellt Regenbrecht mit Recht die Frage, ob man die Annäherung der verschiedenen Schülergruppen in der Gesamtschule auf einem niedrigeren Niveau ernsthaft als eine ,Erhöhung der Chancengleichheit' auffassen wilL Die höhere Chance der Gesamtschü­ler hat allenfalls darin gelegen, auch bei geringeren Leistungen noch einen weiterführenden Schulab­schluß zu erhalten. Eine Erhöhung der Chancen· gleichheit als Ergebnis eines besonderen Förde· rongsprozesses im System der Gesamtschule ist nach den Ergebnissen der Konstanzer Studie nicht eingetreten (Regenbrecht, S. 228).

6. In Bayern wurden über die Erhebungen des Staats· instituts hinaus laufend die Ergebnisse der inte· grienen Gesamtschulen im qualifizierenden Haupt­schulabschluß und in der Prüfung für den Real· schulabschluß erhoben und mit den Landesdurch· schnittswerten bzw. den Werten einer Reihe von Ver­gleichsschulen verglichen.

Beim Vergleich der Ergebnisse der Prüfung über den qualifizierenden Hauptschulabschluß sind folgende Befunde auffällig:

- Die integrierten Gesamtschulen zeigen in den Jahren 1976 bis 1981 durchweg die höhere Betei­ligungsquote, die allerdings auch im Landes· durchschnitt in den betrachteten sechs Jahren um 14 Prozentpunkte auf 64,5 Prozent gestiegen ist. Die hohe Beteiligungsquote ist entscheidend durch die besonders hohe Beteiligungsquote der Gesamtschule München-Nord bedingt, die als An· gebotsschule über eine zu höheren Abschlüssen tendierende Schülerschaft mit einer Überreprä· sentation des mittleren Leisturigsniveaus verfügt (siehe Schorb 1976, S. 150 ff., S. 166/167).

- Die Erfalgsquote liegt bei den integrierten Ge­samtschulen durchweg niedriger als im Landes­durchschnitt und meistens niedriger als an den ausgewählten Vergleichsschulen.

- Die Durchschnittsnoten der bestandenen Prüfun­gen (aus Prüfungsnoten und Jahresfortgang) la­gen durchweg schlechter, der Anteil der NoJe 4 durchweg höher als im Landesdurchschnitt. Ge­genüber den ausgewählten Vergleichsschulen la­gen die Gesamtschulen allerdings nicht immer schlechter.

- Die Ergebnisse der schriftlichen Prüfung in den einzelnen Fächern lagen in den meisten Fällen unter den Ergebnissen der Vergleichsschulen (Landeswerte lagen hier nicht vor); im Fach Eng· lisch war dies durchgehend der Fall.

- Die durchschnittlichen Verschlechterungen in der schriftlichen Prüfung gegenüber der durchschnitt· liehen Jahresfortgangsnote der Prüflinge in den Prüfungsfächern waren bei den integrierten Ge· samtschulen in der Mehrzahl stärker als an den Vergleichsschulen, in einigen wenigen Fällen al­lerdings auch geringer.

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Bayerischer Landtag · PLENARPROTOKOLL 9/116 v. 03. 03. 82 7599

(Staatsminister Dr. Maier)

Bei der Betrachtung der Ergebnisse der schriftli­chen Prüfung im Rahmen des Realschulabschlusses ist fiir die integrierten Gesamtschulen festzustellen:

- Heroorstechend waren die schlechteren Leistun-

,

gen der integrierten Gesamtschulen im Prüfungs­jahr 1977'): Sowohl in der Erfolgsquote als auch im Notendurchschnitt der einzelnen Prüfungsfä­cher, dem Anteil der Noten 5 und 6 und in dem Grad der Verbesserungen bzw. Verschlechterun­gen in der schriftlichen Prüfung gegenüber dem Jahresfortgang zeigten die integrierten Gesamt­schulen gegenüber dem Landesdurchschnitt die sehr deutlich schlechteren Leistungen. Gleiches gilt gegenüber ausgewählten Vergleichsschulen mit Ausnahme des Grades an Verbesserurigen in der Prüfung gegenüber dem Jahresfortgang. Ins­besondere sind hier die hohe Versagerquote im Realschulabschluß (14,5 Prozent gegenüber 3,4 Prozent) und die erzielten Notendurchschnitte in Englisch (4,25 gegenüber.3,53) und Mathematik I (4,48 gegenüber 3,28) zu nennen.

- In den folgenden Jahren ab 1978 glichen sich die Ergebnisse der Realschalabschlußprüfung an den integrierten Gesamtschulen stärker den Ergebnis­sen der Realschulen an:

- Die Mißerfolgsquote in der Prüfung war 1978 bis 1980 sogar leicht geringer als im Landes· durchschnitt, 1981 allerdings wieder deutlich höher (7,4 Prozent gegenüber 3,3 Prozent).

- Bei den Ergebnissen der schriftlichen Prüfung und den Abweichungen vom Jahresfortgang zeigten sich zwar übenviegend schlechtere Er­gebnisse als im Landesdurchschnit~ doch ei­nerseits waren die Abstände nicht so gra-uie­rend wie 1977, andererseits gab es auch durch­schnittliche und sogar überdurchschnittliche Ergebnisse. Dies gilt allerdings auffallender· weise nicht für das Jahr 1981: Hier lagen die E'Kebnisse der schriftlichen Prüfung in vier von setlhs Fächern deutlich, in einem weiteren Fall ge,,jngfügig unter dem Landesdurchschnitt. Au.r:h waren in vier von sechs Fächern durch­schnittliche Verschlechterungen in der Prüfung ge enüber dem Jahresfortgang zu verzeichnen; au Landesebene war dies nur in zwei der sechs be chteten Fächer der Fall

- Inte ssant in diesem Zusammenhang sind Quo­chiebungen an den integrierten Gesamt­

n von 1977 auf 1978: Wiihrend an den inte­n Gesamtschulen die Quote der Schüler mit hulabschluß von 1977 auf 1978 um 3 Pro­

zent nkte anstieg (von 25,7 Prozent auf 28,7 Pro-zent) ), nahm die Quote der Schüler, die die Übe ·ttsberechtigung in die gymnasiale Ober­stufe rreicht haben, um den gleichen Betrag ab (von 8,4 Prozent auf 15,4 Prozent). Ähnliches zeigt ich bei einer Analyse der Kurszugehörig· keit: s zeigt sich von 1976/77 auf 1977/78 ein all­geme er Rückgang des Anteils am A-Kurs (etwa in de 9. Jahrgangsstufe in Englisch von 17,5 Pro·

zent auf 13,1 Prozent, in Mathematik von 19,4 Prozent auf 13,8 Prozent) bei Zunahme der C· Kurs-Quote (z.B. Englisch in der 7. Jahrgangs· stufe von 33,8 Prozent auf 41,9 Prozent). Die.• läßt auf ein strengeres Ein- und Umstufungsverhalten der Schulen schließen und steht sicher in Bezie­hung zu den ab 1978 besseren Ergebnissen in der Abschlußprüfung.

Angefügt werden soll noch, daß bei einer Vielzahl von schulfachlichen Überprüfungen der an integrier­ten Gesamtschulen gefertigten Schulaufgaben und Probearbeiten besonders in den A- und B-Kursen eine erhebliche Zahl von Beanstandungen hinsicht­lich des Leistungsstandes und auch wegen zu groß· zügiger Bewertung und zu geringen Schwierigkeits­grades im Vergleich zu entsprechenden Schüler­gruppen im gegliederten Schulwesen festgestellt wurde. Dies deckt sich mit den Feststellungen teil­weise doch erheblicher Abweichungen der Prüfungs­noten von den Jahresfortgangsnoten.

Ergebnisse von Vergleichsarbeiten, die das Staatsin· stitut für Bildungsforschung und Bildungsplanung im Rahmen seiner wissenschaftlichen Begleitunter· suchungen in der letzten Zeit durchgeführt hat, lie· gen noch nicht abschließend vor, so daß auf sie nicht eingegangen werden kann.

Ich komme zur Z u s am m e n f a s s u n g. Die Lei­stungen der Schüler an integrierten Gesamtschulen zeigen in einer Vielzahl von Untersuchungsfällen Defi­zite gegenüber den Leistungen der Schüler im geglie­derten Schulwesen, obwohl - und dies ist immer wie­der mit Deutlichkeit zu betonen - die quantitative per­sonelle Ausstattung der integrierten Gesamtschulen als Versuchsschulen ganz erheblich besser war und ist. Auf dieses Mißverhältnis zwischen personeller Ausstattung und den erzielten - oft recht bescheide­nen - Leistungen wird in der wissenschaftlichen Lite­ratur erstaunlicherweise kaum hingewiesen.

Wenn die Leistungen der Schüler an integrierten Ge­samtschulen teilweise - z.B. auch in Bayern in den letzten Jahren, das sei durchaus zugestanden - den Leistungen der Schüler des gegliederten Schulwe­sens entsprechen, so ist dies auf die deutliche Diffe­renzierung zurückzuführen. Auch die hessischen Er­gebnisse sind z.B. durchweg besser als die nord­rhein-westfälischen und niedersächsischen. Warum? Hessen hat eine Dreierdifferenzierung, Nordrhein­Westfalen und Niedersachsen nur eine sehr beschei­dene Zweierdifferenzierung. Je mehr sich also die Gesamtschule am gegliederten Schulwesen orien-

1) In diesem Prufungsjahr wurde die Realschulabschlußprüfung an der

Gesamtschule München-Nord zum zweiten Mal, an der Gesamtschule Treuchtlingen zum ersten Mal durchgeführt. 2

) Zum Vergleich: Die Quote der erreichten Realschulabschlüsse be­trug im Landesdurchschnitt in den Jahren 77/78 - bezogen auf den mittleren betroffenen Altersjahrgang der deutllchen Wohnbeuölkerung Bayems - 23,8 Prozent bzw. 25,3 Prozent. Bezieht man Gymnasiasten, die das Gymnasium nach der 10. Jgst. mit dem mittleren Abschluß ver­lassen, mit in die Quotenberechnung ein, beträgt die Quote 28,2 bzw. 29,2 Prozent. Damit lj,egen die Quoten für den RealschulabschlufJ an den bayerische.TJ Gesamtschulen etwa in der Größe der Landeswerte; die Quote der Ubertrittsberechtigungen in die gymnasiale Oberstufe al· lerdings liegt unter dem Landesdurchschnitt uon rd. 19 Prozent.

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(Staatsminister Dr. Maier)

tiert, desto besser werden natürlich auch ihre Ergeb­nisse.

Eines möchte ich zu verdeutlichen versuchen: Die von der Gesamtschule reklamierten Ziele können nicht gleichzeitig erreicht werden; sie stehen zuein­ander im Widerspruch. Erhöht man die Durchlässig­keit, dann muB die Individualisierung des Lernens und die Differenzierung zurücktreten; damit sinkt die schulische Leistung. Legt man Wert auf schulische Leistung, dann muB der Differenzierungsgrad erhöht werden; damit ist aber der soziale Zusammenhalt der Gruppe - also die soziale Integration - ebensowenig erreichbar wie das Ziel „mehr höhere Abschlüsse" oder Erhöhung der Durchlässigkeit. Außerdem mach­ten insbesondere auch die Ergebnisse aus Nieder­sachsen und die Interpretation von Regenbrecht deutlich, daß mehr höhere Abschlüsse sicher nicht gleichzusetzen sind mit „mehr Bildung für alle" und mit mehr Chancengerechtigkeit. Ich gehe sogar so weit zu sagen, daß ein zu leichtfertig vergebener hö­herer Abschluß die Chancen des einzelnen mindert, wenn er nur eine formale, nicht aber eine inhaltliche Höherqualifikation darstellt.

(Beifall bei der CSU)

So hat Attons Otto Schor b bereits 1976 in seinem ersten Untersuchungsbericht für Bayern festgestellt - ich darf mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten zitie­ren-:

Wenn die verschiedenen Ziele der Gesamtschule als gleichwertig angesehen und ohne jede Rang­ordnung nebeneinandergestellt werden, kann kei­nes in überdurchschnittlichem Maße gefördert wer­den.

Allerdings meine ich, und darüber werden wir uns si­cher streiten: Oie Gesamtschule will die Gleichwertig­keit der Ziele letzten Endes gar nicht; das sollte von den Gesamt!ichulbefürwortern in der Öffentlichkeit auch einmal deutlich gesagt werden.

1 · (Beifall bei der CSU) i

Ich habe in '*'m zu Protokoll gegebenen Teil einen Aufsatz von Jlirg S c h 1 ö m e r k e m per zitiert, der hier beispielh•tt für viele Gesamtschulbefürworter ge­nannt werden! kann.

'

Erstes Zitat: 1

Das Leistu gssystem, das sich in der überkomme­nen Noten ierarchie offenbart und die Ideologie der Leistu gsgesellschaft und damit das Selbst­verständni des herkömmlichen Schulwesens in die Gesam chule hineinträgt, ist illegitim.

zweites Zitat:

Die Gesa schule kann als Alternative nur über­zeugen, w n sie sich der Widersprüchlichkeit ge­sellschaftli her Funktionserwartungen nicht be­wußtlos un ziellos hingibt und damit die dominie­rende Sei ionszumutung akzeptiert, sondern in Zielsetzun und Praxis emanzipatorisches Lernen möglich m chi, sich also für die alternative, eman-

zipatorische Seite der Widersprüchlichkeit bewußt entscheidet und für diese Entscheidung bei den Betroffenen auch wirbt.

Meine Damen und Herren, solche Zitate sind natürlich aufschlußreich, und ich ziehe daraus den Schluß: Die Gesamtschulbefürworter sollten bei ihrer Werbung ehrlich sein und nicht Ziele versprechen, die zu halten die integrierte Gesamtschule einfach nicht in der Lage und auch nicht bereit ist.

(Beifall bei der CSU)

Allerdings darf in einer Situation, in der so viele junge Menschen um den begehrten Ausbildungsplatz, um den begehrten Studienplatz streiten, kämpfen und sich anstrengen, aus solchen neuen Zielsetzungen -emanzipatorisches Lernen, Offenbarmachen der Al­ternativen und der Widersprüche - nicht gefolgert werden, daß hier zu „billigeren Preisen" das gleiche erreicht werden kann. Das wäre eine unerhörte Be­nachteiligung derjenigen, die sich redlich mühen und anstrengen. Denn im Grunde verbirgt sich hinter die­sen schönen Worten „Widersprüchlichkeit gesell­schaftlicher Funktionserwartungen" usw. immer die gleiche Pädagogik des „Mach's billiger", „Mach's einfacher'', die dann hinterher mit dem billigen Ab­schluß wirbt, während anderswo - z.B. in Bayern und Baden-Württemberg - das Bildungswesen eben aus­gebaut worden ist, ohne daB man die Leistungsmaß­stäbe gesenkt hat. Das ist, glaube ich, der große Un­terschied.

(Beifall bei der CSU)

Ich möchte die nächsten Zitate, vor allem von Carl­Heinz Evers, zu Protokoll geben und auf Seite 82 wei­terfahren zumal der Kollege Gusli Lang vorhin schon eines zitiert hat - ich empfehle Ihnen das aber sehr zur Lektüre -:

Die Gesamtschulbefürworter sollten bei ihrer Werbung ehrlich sein und nicht Ziele versprechen, die zu halten die integrierte Gesamtschule nicht in der Lage oder auch nicht bereit ist. Sie sollten so ehrlich sein wie der frühere Schulsenator von Berlin Carl-Heinz Evers im Vorwort zum Buch von H. G. Rolf[, „strategisches ler­nen in der gesamtschule":

... Bei solchen lokalen Bedingungen liegt die Versu­chung nahe, um hohe Schülerzahlen zu werben und auch jetzt noch die Hoffnungen der Gesamtschulge· neration der ersten Stunde zu propagieren, die Chancengleichheit, Förderung statt Auslese und so· ziale Integration verhießen (und davon seinerzeit auch überzeugt war). Hier liegt das Dilemma darin, daß die Gesamtschule, um hinreichend uiele Schüler zu bekommen, etwas versprechen muß, was sie zu halten nich.t in der Lage ist.

Und weiter:

Einige Autoren dieses Buches haben die Phase der idealistischen Gesamtschulhoffnung und -entwick­lung mitgemacht. Sie haben einen Schlußstrich un­ter ihre Illusion der 60er Jahre gezogen; und sie möchten für ihre damaligen Äußerungen nur noch im gesellschaftlich-historischen Kontext in An-

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(Staatsminister Dr. Maier)

spruch genommen werden. Sie gehen jedoch nicht so weit, die Gesamtschule als Ziel und Mittel des politi­schen Kampfes zu verwerfen.

Daraus, und ich könnte dies mit vielen weiteren Zita­ten belegen, folgt, daß die Gesamtschule von vielen nicht primär als pädagogisches, sondern als politi­sches Konzept verstanden wird.

11.4

Aus dem Dargelegten ergibt sich, daß der Begriff in­tegrierte Gesamtschule eine Vielzahl von in der Praxis recht unterschiedlich ausgestalteten Schultypen be­zeichnet. Verschiedene Gewichtung der erklärten Ziele der Gesamtschule - optimale individuelle Förde­rung sowie Durchlässigkeit und soziale Integration -führt zu immer wieder anderen Formen und Graden der Differenzierung. Die integrierten Gesamtschulen in Bayern, z.B. Hollfeld, setzen die Priorität beim ein­zelnen Schüler, der die Chance erhalten soll, seinen Begabungen und seinen Interessen entsprechend möglichst umfassend und gründlich Kenntnisse und Fertigkeiten zu erwerben. Diesem Ziel entspricht die früh einsetzende und verhältnismäßig ausgeprägte Leistungsdifferenzierung. Sie beginnt bereits in der Jahrgangsstufe 5 auf bis zu drei Niveaus und er­streckt sich zunächst auf die Fächer Englisch und Mathematik. Ab Jahrgangsstufe 7 treten Deutsch, Physik und Chemie, ab Jahrgangsstufe 9 Geschichte, Biologie und Erdkunde hinzu. Wenn von Gesamt­schulbefürwortern das relativ e r f o 1 g r e i c h e bayerische Modell - das aber trotzdem das gegliederte Schulwesen nicht übertrifft - als Beispiel für die Leistungsfähigkeit der integrierten Gesamt­schule herausgestellt wird, darf nicht vergessen wer­den - ich sagte es schon -, daß der Erfolg auf einer erheblich besseren Personalausstattung, die die Ver­suchsschulen für ihre Arbeit als notwendig angese­hen haben, und auf einer gründlichen Differenzierung beruht, die die Möglichkeiten des gegliederten Schul­wesens nictrt aus dem Auge verliert und sich an den dort erreiQhbaren Abschlüssen orientiert. Bayern steht insof rn mit seinen integrierten Gesamtschul­versuchen icher mit an der Spitze der Differenzie­rungsskala während am Ende der Verzicht auf jegli­che äußer Differenzierung zu finden ist.

rem hohen tig die „ Schülern f

er auf Hollfeld und München-Nord mit ih­ifferenzierungsgrad beruft und gleichzei­ine Gesamtschule" von ungefähr 500 dert,

(A g. Hochleitner: Für möglich hält!)

der täusch ters Licht

sich selbst oder er versucht, andere hin­führen. Bestreiten zu wollen, daß äußere ng unter normalen finanziellen Bedingun­noch rudimentär möglich ist, das wäre in ngspolitische Roßtäuscherei.

am Beginn der Gesamtschulversuche vor zehn Jahren ein einheitliches und fe­

pt we_der möglich noch vielleicht auch ert - wegen der Versuchsoffenheit -

war, zeigte sich damals doch ein gewisser Konsens hinsichtlich der Notwendigkeit einer ausgeprägten D i ff e r e n z i e r u n g. In Berlin wurde mit dem soge­nannten FEGA-System eine Viererdifferenzierung, in Hessen mit dem ABC-Modell eine Dreierdifferenzie­rung angewandt. In Hamburg wurde ebenfalls ver­sucht, vor allem in den höheren Klassen, auf minde­stens drei Niveaus zu differenzieren. Diesem Konzept starker Differenzierung folgten Rheinland-Pfalz und das Saarland, während Niedersachsen und Nord­rhein-Westfalen die Differenzierung auf weniger Fä­cher beschränkten und zumeist nur zwei Niveaus vor­sahen. In jüngster Zeit ist nun ein Trend zu beobach­ten, die Differenzierung - d. h. die Zahl der Fächer und Niveaus - mehr und mehr zurückzunehmen. In Berlin wird das FEGA-System zugunsten einer Zweierdifferenzierung fallengelassen. Auch Hessen möchte die Anzahl der 'Niveaugruppen von drei auf zwei reduzieren und glaubt, dies durch verstärkte Binnendifferenzierung kompensieren zu können.

Mancherorts wird auf die Fachleistungsdifferenzie­rung bereits ganz verzichtet und eine sog. „f 1 ex i -b 1 e" D i ff e r e n z i e r u n g angewendet, die ich Ih­nen am Beispiel B e r 1 i n - R e i n i c k e n d o r f ein­mal schildern möchte. Diese Gesamtschule kenne ich seit vielen Jahren ziemlich genau.

Dort findet das sog. ANKER-Modell Anwendung. Die Differenzierung richtet sich weniger nach den erkenn­baren Fähigkeiten der Schüler als nach den augen­blicklichen persönlichen Präferenzen. Die Lehrer bie­ten ihre Programme an, die Schüler wählen aus, wel­cher Stoff, und das heißt häufig auch, welcher Lehrer ihnen zusagt. Hier wird Schule wirklich vollends zum S e 1 b s t b e d i e n u n g s 1 ad e n. Für den Lehrer mag es traurig sein, auf diese Weise zum billigen Ja­kob zu werden. Noch betrüblicher ist, daß die Schüler nicht oder viellei"ht erst spät, zu spät, erfahren, daß Lernen nicht nur momentane Lust, sondern oft auch Arbeit und Anstrengung vielleicht um späterer Vor­teile willen, vielleicht aber auch um der inneren Befrie­digung willen bedeutet. Das gilt für jeden Beruf, auch für Politiker und Parlamentarier. Zwar hat jeder dieser Schüler nach einer Statistik acht Freunde, doch sein Wissensstand richtet sich nach momentanen Zufällig­keiten. Ob ein bestimmter Lehrer gerade „in" ist, ent­scheidet über das, was sich der Schüler aneignet. So, meine Damen und Herren, kann eben Schule nicht buchstabiert werden !

(Beifall bei der CSU)

Noch weiter geht das Team - K 1 e i n g r u p p e n -M o d e 11 , wie es beispielsweise in K ö 1 n - H o 1 -weide praktiziert wird. Hier bleibt die heterogen zu­sammengesetzte Klasse in allen Stunden und allen Fächern beisammen. Es wird lediglich in relativ festen Arbeitsgruppen gegliedert. Drei Klassen, ungefähr 90 Schüler, bilden eine pädagogische Einheit, in der der Unterricht weitgehend von einem Team von Lehrern bestritten wird. Die Teams und die ihnen zugeordne­ten Gruppen bilden recht eigenständige Einheiten. In­nere Differenzierung ist nicht das Kriterium der Grup­peneinteilung. Heterogene Zusammensetzung wird bewußt angestrebt, das soziale Lernen soll Vorrang

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(Staatsminister Dr. Maier) 11.5

haben. Entscheidend scheint das Vermitteln von Er­folgserlebnissen, weshalb mögliche Frustrationsan­lässe mit Absicht ferngehalten werden. Hier wird Schule zur S p i e 1 w i e s e d e r S o z i a 1 i s a -t i o n s t e c h n i k. Vom Pädagogischen ist nicht mehr die Rede. Man muß ja einem Kind, und das weiß jeder Vater und jede Mutter, beinahe wirklich vom ersten Moment an eine Hilfe, eine Stütze geben, damit es Enttäuschungen, Rückschläge, Schmerz, Leid, Ver­zweiflung überwindet. Wenn die Schule ganz bewußt eine leidlose Welt in einem homöopathischen Schon­raum vorspiegelt, dann verlängert sie im Grunde nur die Kindheit in ein Alter hinein, wo eigentlich schon das Erwachsensein begonnen haben soll.

Man sieht in diesen Modellen im mangelhaften Errei­chen kognitiver Lernziele nicht einen in Kauf zu nehmenden Nachteil, sondern sogar einen Vorteil, da der Erwerb von Kenntnissen und Fertigkeiten nur als Selektionsmechanismus einer inhumanen leistungs­besessenen Gesellschaft gilt, so als sei Bildung über­haupt nur erfunden worden, um Menschen damit ein­zuschüchtern. Ein Zitat aus dem bereits erwähnten Antrag der bayerischen Jungsoziali­st e n des Bezirks Main/Spessart und Miltenberg -ich bin mir bewußt, daß sich die Jungsozialisten in vielem von der hier anwesenden verehrlichen SPD­Fraktion unterscheiden, aber das Zitat ist doch auf­schlußreich - mag verdeutlichen, wie das individuelle Recht auf eine der Begabung angemessene Förde­rung zugunsten einer vagen und in Wirklichkeit sehr unsozialen Ideologie verdrängt wird. Zitat:

Soziales Lernen, eine der wichtigsten Forderungen an die Gesamtschule, bleibt auf der Strecke, da die äußere Differenzierung gemeinsames Lernen schwächerer und stärkerer Schüler verhindert und Hierarchien fördert. Schüler aus C-Kursen leiden verstärkt unter Schulangst und Minderwertigkeits­gefühlen.

Es fragt sich ~lerdings, was die schwächeren Schüler davon haben," wenn die stärkeren in ihrem Lernfort­schritt gebrer+st werden. Wo bleibt hier eigentlich die Gleichheit de~ Chancen? Der ehemalige schwedische Kultusministel Sven M o b e r g drückte sich sehr deutlich aus. fitat:

Die Gesam schule ist nicht dazu da, unsere Kinder zu lehren, ie sie sich benehmen sollen, und sie le­sen und s reiben zu lehren, sondern sie soll ih­nen Gleich eit beibringen.

Und sein Pre sesprecher meinte:

Wir wollen, daß das Schulwesen wie eine wohlge­mähte Ras nfläche aussieht. Wir wollen nicht, daß einzelne BI men hier und da hervorragen, sondern alles soll ine einzige wohlgemähte Rasenfläche sein.

Das Zitat ist elegt; daher bringe ich es immer wie­der.

Noch einmal i betont, wie sehr sich die bayerischen Gesamtschul ersuche, die sich an den Leistungen des gegliede en Schulwesens orientieren, von sol­chen Experi nten sehr stark unterscheiden.

Im g e g 1 i e der t e n Sc h u 1 wes e n liegt die Entscheidung über die zukünftige S c h u 11 auf b a h n d e r K i n d e r zuallererst bei den E 1 t er n. Sie treffen die Entscheidung unter Be­rücksichtigung der Begabungen und Neigungen ihrer Kinder. Auch wenn die Entscheidung in manchen Fäl­len bei Nichterfüllung von Zugangsvoraussetzungen von den Lehrern der jeweiligen Schule korrigiert wer­den muß - das ist selbstverständlich -, bleibt doch festzuhalten, daß die Eltern die erste Initiative haben und somit eine aktive Rolle in der Gestaltung der Zu­kunft ihrer Kinder übernehmen.

In der i n t e g r i e r t e n G e s a m t s c h u 1 e hinge­gen sind die E 1 t e r n nicht ·agierender, sondern r e a g i e r e n d e r Te i 1. Die Schule weist die Kinder Gruppen und Kursen unterschiedlichen Niveaus zu. Wie durch ein Schüttelsieb rutschen die Schüler in bestimmte Schullaufbahnen, die zu den unterschiedli­chen Abschlüssen und damit Berechtigungen führen.

(Abg. Sieber: Verallgemeinerungen!)

Das Gefühl, in der Entscheidungsfreiheit einge­schränkt zu sein und der Entwicklung der Schullauf­bahn der Kinder mehr oder weniger passiv zusehen zu müssen, mag mancherorts dafür ausschlagge­bend gewesen sein, daß sich die Eltern in ihrer Mehr­heit für die Beendigung von Gesamtschulversuchen ausgesprochen haben, z.B. in Schwabmünchen und Treuchtlingen.

Die Gefahr für die Persönlichkeitsentwicklung der Kinder, die in solcher passiver Hinnahme von Schul­laufbahnentscheidungen liegt, ist nicht zu unterschät­zen. Gehört nicht auch dies zur sozialen Erziehung, daß Schule und Eltern den Jugendlichen zeigen: Bil­dung ist eine Chance! Bildung muß aktiv angeeignet und gestaltet werden. Sie wird nicht automatisch von außen an einen herangetragen, um dann nur noch als eingelöster Anspruch in Empfang genommen zu wer­den.

11.6

Wie ich schon ausgeführt habe, ist es erklärtes Ziel der integrierten Gesamtschulen, S c h u 11 a u f b a h n e n möglichst lange offenzuhal­ten. Die geforderte Mobilität bzw. Durchlässigkeit be­zieht sich auf zwei Ebenen. Zum einen soll zwischen Kursen unterschiedlichen Niveaus eine ständige Fluk­tuation möglich sein, zum anderen soll von einer ein­geschlagenen Schullaufbahn zur anderen eine Über­trittsmöglichkeit jederzeit offen sein, das heißt, eine dezidierte Profilbildung soll nicht angestrebt werden.

Es ist eine Erfahrung, daß das System halbjährlicher Auf- und Abstufungen ein Klima. der Unsicher -h e i t , U n r u h e und letzten Endes der Angst schafft. Darin stimmen fast alle wissenschaftlichen Untersuchungen, die ich kenne, Überein. Bereits ein kurzzeitiges Versagen in einem Fach führt zur Abstu­fung und damit auch zu Prestigeverlusten. Wer sich je mit Aspekten der Gruppendynamik befaßt hat, weiß, welche Zeitspanne verstreicht, bis eine Gruppe

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(Staatsminister Dr. Maier)

vpn Jugendlichen nach Änderung der Zusammenset­zung wieder ins Gleichgewicht gekommen ist. Das System der kurzfristigen Umgruppierungen erzeugt ständige Unruhe und führt zu Rivalitäten. Zu glauben, irgendeine Gruppe, ob in der Schule oder außerhalb, könnte ohne eine gewisse Hierarchisierung bestehen, zeugt von soziologischer und pädagogischer Naivität.

(Beifall bei der CSU)

Der Preis für das, was mit den Umstufungen erreicht wird, ist nach meiner Meinung zu hoch. Er besteht in ständiger Unruhe und Flüchtigkeit der Beziehungen in den Lerngruppen. Untersuchungen haben erge­ben, daß zwar in den niedrigen Klassen Umstufungen häufig sind, die Tendenz jedoch in Richtung Abstu­·fung geht. Höherstufungen sind oft kaum von länge­rem Bestand, eine einmal erfolgte Abstufung ist aber auf Dauer schwer korrigierbar.

So schreibt Alfons Otto S c h o r b in seinem Bericht 1976:

... Umstufungen ... können ... nicht unbedingt mit Durchlässigkeit gleichgesetzt werden, da eine dau­erhafte Veränderung der Kursniveauzugehörigkeit der Schüler selten vorliegt. Umstufungen betreffen vorwiegend leistungsschwache Schüler und Schü­ler unterer Schichten. Sie setzen sich jedoch zu ei­nem großen Anteil aus Abstufungen oder Umstu­fungen mit demselben niedrigen End- wie Anfangs­niveau zusammen. Häufige Umstufungen können damit kaum als Chance für leistungsschwache Schüler gewertet werden, sich auf einem höheren Leistungsniveau zu bewähren. Sie schaffen es nämlich fast nie, sich auf diesem Niveau tatsächlich zu halten. Dazu muß außerdem angemerkt werden, daß leistungsschwache Schüler, die aus den unte­ren Schichten stammen, durch häufiges Umstufen möglicherweise so verunsichert werden, daß sie in ihren schulischen Leistungen wieder absinken oder sie trotz Förderung nicht verbessern.

Wenn sich ,also die Durchlässigkeit zwischen Kursen unterschiecllichen Niveaus bei genauem Hinsehen le­diglich als, kurzfristige Scheinmobilität herausstellt und vor allem in den höheren Klassen die Schüler sich recht indeutig und dauerhaft bestimmten Schul­profilen zu eisen lassen, so bedeutet das, daß auch das zweite Ziel, nämlich Schullaufbahnen bis zuletzt offenzuhal n, von den integrierten Gesamtschulen nicht errei ht werden kann und wahrscheinlich von keinem Sc ulsystem der Welt voll erreicht werden kann.

Daß diese roblematik auch von manchen Gesamt­schulbefü ortern völlig richtig erkannt wird, sie aber die falsch und im Ergebnis recht bedenklichen Schlüsse s diesem Dilemma ziehen, dafür darf ich noch ein itat des schon erwähnten A n t r a g s f r ä n k i s h e r J u n g s o z i a 1 i s t e n anführen:

Die Erf rungen haben gezeigt, daß es für viele Schüler chwer ist, ein Kursniveau zu halten, ge­schweig denn, in den nächsthöheren Kurs aufzu­steigen.,.

Die Schulen werden unübersichtlich; die Schüler haben ab der 7. Klasse je nach Stärke der Diffe­renzierung kaum noch gemeinsamen Unterricht, keinen Klassenlehrer und kein gemeinsames Klas­senzimmer mehr!

(Abg. Dr. Glück: Da kann er gleich zu Hause bleiben!)

- Sehr richtig.

Manchmal gibt es in den unterschiedlichen Ni­veaus inhaltlich verschiedene Lehrpläne, so daß der Wechsel von einem zum anderen Niveau un­möglich wird. Deshalb fordern wir eine integrierte Gesamtschule ohne äußere Fachleistungsdiffe­renzierung, wie es das Team-Kleingruppen-Modell gewährleisten würde.

Das ist natürlich nun exakt falsch. Ich sehe für diese Forderung keinerlei Notwendigkeit und bin über­zeugt, daß es unverantwortlich wäre, auf die gezielte individuelle Förderung der Schüler zu verzichten.

(Beifall bei der CSU)

Ein Holzweg, auf dem man sich befindet, wird nicht dadurch gangbarer, daß man ihn schneller geht. Im Vergleich mit der geschilderten Umstufungsmisere erweist sich auch das, was oft als „Sitzenbleiber­elend" dem gegliederten Schulwesen angelastet wird, geradezu als human.

(Abg. Lang: So ist es!)

Wer in einem Fach für eine bestimmte Zeit abgestuft wurde, bekommt keine Gelegenheit, den zwangsläu­fig versäumten Wissensstoff nachzuarbeiten. Es fehlt ihm die Grundlage, um mit den anderen in der höhe­ren Niveaugruppe Schritt halten zu können, und eine erneute Abstufung ist meist unvermeidbar. Demge­genüber bietet das Wiederholen einer Klasse, das erst bei langfristigem Versagen in meist mehr als ei­nem Fach notwendig wird, dem Betroffenen die Chance, versäumten Stoff umfassend nachzuarbeiten und die Grundlagen für später zu festigen. Ich rede immer wieder allen Eltern zu, hier wirklich ganz nüch­tern und ohne Prestigedenken festzustellen: Für mein Kind ist es jetzt vielleicht besser, diese Klasse noch nicht zu machen. Das ist wirklich keine Schande; manche Kinder brauchen vielleicht länger, und auch in der Gesamtschule geht es nicht ohne Abstufung. Der Schüler tritt wieder in einen festen Klassenverband ein und wird nicht durch ständige Gruppenwechsel belastet und beunruhigt. Gewiß, er wiederholt auch in Fächern, in denen seine Leistun­gen nicht· mangelhaft waren, doch zeigt die Erfah­rung, daß Wissenslücken meist nicht auf ein oder zwei Fächer beschränkt sind; sind sie dies wirklich, gibt es die Möglichkeit des Aufsteigens mit Noten­ausgleich oder mit bestandener Nachprüfung.

Nochmals: Hier soll nicht geleugnet werden, daß auch Schullaufbahnwünsche der Eltern bzw. Kinder durch die Schule korrigiert werden müssen. Mit dem Patentrezept, die Anforderungen für Schulabschlüsse zu senken, kann natürlich manche augenblickliche Enttäuschung vermieden werden, nur folgt dann viel­leicht später angesichts mancher Wissensdefizite

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7604 Bayerischer Landtag · PLENARPROTOKOLL 9/116 v. 03. 03. 82

(Staatsminister Dr. Maier)

eine Enttäuschung, die tiefer geht und bitter macht. Eine Gesellschaft, die Lernen nur noch als mögliche Gefahr und Einschränkung des individuellen Glücks­anspruchs sieht, wird über kurz oder lang schmerz­lich spüren, da8 sie ihre Fundamente zerstört.

(Beifall bei der CSU)

11.7

Eine i n t e g r i e r t e G e s am t s c h u 1 e mü8te, um bei vertretbarem Aufwand zumindest annähernd den Grad an Differenziertheit wie das geglie­derte Schulwesen anbieten zu können, mindestens sechszügig sein. Kleinere Gesamtschulen müssen entweder die Differenzierung einschränken oder fi­nanziell unvertretbar kleine Gruppengrö8en hinneh­men. Somit muß eine integrierte Gesamtschule min­destens 900 bis 1000 Schüler der Jahrgangsstufen 5 bis 10 umfassen.

Integrierte Gesamtschulen dieser Größenordnung verlangen ein Einzugsgebiet von mindestens 18000 Einwohnern - bei einer Geburtenrate von rund 10 Ge­burten pro 1000 Einwohner -, wenn alle Kinder die Gesamtschule besuchen. Würden 10 Prozent die Ge­samtschule wählen, was im Flächenstaat wohl eine realistische Quote darstellt, wären dazu 180000 Ein­wohner als Einzugsgebiet nötig. Zum Vergleich: In Hamburg wählten rund 18 Prozent, in Berlin rund 25 Prozent, in München-Nord rund 20 Prozent die Ge­samtschule.

Die Einführung der i n t e g r i e r t e n G e s a m t -s c h u 1 e als sogenannte A n g e b o t s s c h u 1 e o d e r A n t r a g s s c h u 1 e neben dem gegliederten Schulwesen hätte auf die gegenwärtige Schulorgani­sation folgende A u s w i r k u n g e n :

- Wegen des Abzugs von Schülern von anderen Schulen kirne es zu Auflösungen von Schulen des gegliedert•n Schulwesens. Die betroffenen Schü­ler müßte" weitere Schulwege in Kauf nehmen.

Die SchulWegkosten würden erheblich ansteigen. 1

Einerseits 'wären Neubaumaßnahmen nötig, ande-rerseits stjinden aufgegebene Schulgebäude leer. - Für eine· neu zu bauende Gesamtschule für rund 1000 Sch ·· er mu8 man mit etwa 20 bis 25 Millionen DM rechn

Die Mögli hkeit, mit ein paar Elternstimmen eine Gesamts ulkampagne zu starten, würde einen. permanen en Schulkampf auf lokaler Ebene auslö­sen.

(Beifall bei der CSU)

Der Unter chied im schulischen Angebot zwischen Stadt und Land würde verstärkt, da Gesamtschu­len nebe dem gegliederten Schulwesen wegen des notw ndigen Einzugsgebiets allenfalls in Bal­lungsgebi ten vorstellbar sind.

(Zu von der SPD: Oder in Hollfeld!)

Oder im lang durch Markgrafsc

alle Hollfeld deswegen, weil hier sehr ahrhunderte an der Scheide zwischen ft Bayreuth und Hochstift Bamberg

wirklich der konfessionelle Grabenkrieg tobte und keine weiterführende Schule entstanden ist. Dort nimmt die Gesamtschule gewissermaßen die Rolle des gegliederten weiterführenden Schulwesens wahr.

- Latein und Französisch als erste Fremdsprache wären in der integrierten Gesamtschule mit ihreF integrierten Orientierungsstufe abzuschreiben, da ihre Weiterführung nur am Gymnasium möglich ist und ihre Wahl somit eine Festlegung für den Bil­dungsgang des Gymnasiums bedeuten würde.

Meine Damen und Herren, es ist kein Wunder, daß der härteste Widerstand gegen die Schulpolitik Nord­rhein-Westfalens gerade auch von den Universitäten kommt, die eine völlige kulturelle Verarmung be­fürchten, wenn die Gesamtschule zur Regelschule gemacht wird.

Ich gebe das Folgende bis Seite 95 zu Protokoll:

Das Ergebnis einer Untersuchung am Beispiel des Landkreises Cham zeigt, welche Auswirkungen die Einführung der integrierten Gesamtschule als Ange­botsschule im ländlichen Raum hätte, wenn 10 Prozent der Schüler die Gesamtschule besuchen würden:

- Würde eine sechszügige integrierte Gesamtschule in der Kreisstadt eingerichtet werden, wären nach dem gegenwärtigen Schülers(and ca. 25 Schüler in jeder Klasse. '

Aufgrund des festgestellten Geburf_enrückgangs (Ge· burtsjahrgang 1972 verglichen mit 1979) würde diese Gesamtschule bei gleichbleibender Klassenstärke künftig aber nur fünfzügig sein, so daß das unter· richtliche Angebot -sicher weniger differenziert wäre als das des gegliederten Schulwesens.

- Die Schulwege und die damit verbundenen Schul· wegkosten wären erheblich.

Die einfache Schulwegstrecke würde im Grenzfall bis zu 34 km betragen.

- Aufgrund der Entfernungen ist allerdings zu fragen, ob eine Gesamtschule im ländlichen Raum als Ange­bot für den Landkreis überhaupt zustande käme, bzw. ob sie, einmal eingerichtet, nicht nur Schüler des engeren Einzugsbereichs umfassen würde. Dies würde allerdings bedeuten:

- - einen erheblichen Aderlaß der Schulen im Ein· zugsbereich der Gesamtschule, z.B. die Auflö­sung mindestens der Hauptschulen mit der Folge, daß alle Hauptschüler die Gesamtschule besuchen müßten; auch die angebotenen Ausbil· dungsrichtungen an den Gymnasien und Real­schulen würden kaum mehr aufrechterhalten werden können. Dies würde einer radikalen Ver­annung des schulischen Angebots gleichkom­men.

- - den Ruf nach weiteren Gesamtschulen an ande­ren Orten des Landkreises mit den entsprechen­den Folgen.

- Die Annahme der „Gesamtschule als Angebot im ländlichen Raum „. hätte somit die „Einführung der Gesamtschule anstelle des gegliederten Schulwe· sens" zur Konsequenz:

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Bayerischer Landtag · PLENARPROTOKOLL 9/116 v. 03. 03. 82 7605

(Staatsminister Dr. Maier)

Im untersuchten Landkreis, in dem deruit 32 Ge­meinden Sitz zumindest einer Teilhauptschule, wenn nicht gar einer Vollhauptschule, einer Real­schule oder eines Gymnasiums sind, wäre bei Ein­führung der integrierten Gesamtschule anstelle des gegliederten Schulwesens nur an sechs Orlen eine Gesamtschule möglich, die übrigen 26 Orte würden außer der Grundschule ihre Schulen verlieren. Viele Schulgebäude stünden leer, an Gesamtschulstandor­ten müßte weitgehend neu gebaut werden. Eine enonne kulturelle Versteppung der Schullandschaft bei gleichzeitiger Verlängerung der Schulwege für die Hauptschüler wäre die Folge. So müßten bei· spielsweise Schüler, die derzeit ihre Hauptschule am Ort besuchen, täglich bis zu 32 km fahren ( s. die Kartenskizze in der Anlage).

Eine weitere Untersuchung im Landkreis Günzburg kam zu dem Ergebnis, daß bei einem flächendecken· den Nebeneinander von Gesamtschule und geglieder­tem Schulwesen die Bedingungen ausreichender Diffe­renzierung und zumutbarer Schulwege nicht eingehal­ten werden könnten.

- Allenfalls wäre die Gesamtschule neben Realschule und Gymnasium in Günzburg, Krumbach und Thannhausen denkbar, wenn sie von allen Haupt­schülem besucht werden würde; zumindest die Hauptschulen müßten somit aufgelöst werden.

In Günzburg müßten dazu drei Hauptschulen zu­sammengelegt werden, was für einen Teil der Schü­ler längere Schulwege mit sich brächte. In allen drei Fällen käme die Bildung von Gesamtschulen in etwa der Umbenennung von Hauptschulen bzw. von zusammengelegten Hauptschulen in Gesamtschulen gleich. Wegen der längeren Schulwege würde da­durch die Möglichkeit, die Hauptschule als eine Schulart des gegliederten Schulwesens zu wählen, sehr swrk eingeschränkt; denn eine Hauptschule wäre an diesen Orten ja nicht mehr vorhanden.

- Die Gesamtschule brächte keine echte Bereicherung, weil iht Angebot nicht mit der Differenziertheit des gegliedilrten Schulwesens konkurrieren könnte. Statt einer gtößeren Integration der Schüler brächte sie eher eifie Segregation von Gesamtschülern, Real­schülertt und Gymnasiasten.

' - An den. genannten Orten wären Neubauten (Günz-burg) ojier Erweiterungsbauten (Thannhausen) un­umgä ich, in Krumbach wäre die Gefährdung des Gymn iums nicht auszuschließert.

- Da ein flächendeckendes Nebeneinander von Ge­samtsc ule und gegliedertem Schulwesen unmög· lieh ist nd die Errichtung einer Gesamtschule - mit den ge annten Nachteilen - nur für einen Teil des unters hten Landkreises als zusätzliches Angebot einzust fen wäre, würde als nächster Schritt die For­derung ach einem flächendeckenden Netz von Ge­samtsc /en anstelle des gegliederten Schulwesens folgen:

Im La kreis Günzburg sind 17 Orte Standort zu· mindes einer Teilhauptschule. -Würden alle Schüler

des Sekundarbereichs eine integrierte Gesamtschule besuchen, blieben noch maximal 7 Standorte übrig, wobei zwei Standorte sowohl derzeit als insbeson­dere auf Dauer die Mindestbedingungen nicht erfül· len würden. So ist davon auszugehen, daß wohl 5 Standorte blieben, alle anderen 12 Orte würden ihre Schulen im Sekundarbereich verlieren. Diese Organisation würde neben höheren Transportkosten (längere Schulwege für die meisten Schüler) erhebli· ehe Baukosten nach sich ziehen, da Schulräume dort geschaffen werden müßten, wo sie bisher nicht benötigt wurden, während sie anderswo leerstehen.

11.8

Die bayerischen integrierten Gesamtschulen können wie die Hauptschule bzw. die Realschule oder das Gymnasium folgende Abschlüsse verleihen:

- den Hauptschulabschluß - den qualifizierenden Hauptschulabschluß - den Realschulabschluß - die Oberstufenreife.

Maßgebend für die Zuerkennung von Abschlüssen und Berechtigungen eines Schülers sind

- die Dauer des Schulbesuchs - die Leistungen in den Kern- und Leistungskursen - die Beteiligung an Wahlpflichtkursen und die darin

e-rzielten Leistungen - die erfolgreiche Teilnahme an Prüfungen, und zwar

an den landeseinheitlichen Prüfungen über den qualifizierenden Hauptschulabschluß bzw. für den Realschulabschluß.

Um die genannten Abschlüsse an den bayerischen inte­grierten Gesamtschulen zu erreichen, findet dort eine fachspezifische Differenzierung statt. Hier sind zu un· terscheiden:

- Kernkurse, d. h. undifferenzierter Unterricht für alle Schüler

- Leistungskurse, d. h. nach Leistungsstufen differen· zierter Unterricht für alle Schüler

- Wahlpflichtkurse, d. h. jeder Schüler muß aus einem Angebot eine bestimmte Anzahl von Kursen auswäh­len.

In die äußere Leistungsdifferenzierung in Leistungs­kursen werden in Bayern folgende Fächer einbezogen:

5./6. Jahrgangsstufe

Englisch Mathematik

7 ./8. Jahrgangsstufe

Deutsch Englisch Mathematik Physik

9./10. Jahrgangsstufe

Deutsch Englisch Mathematik Physik Biologie Geschichte Erdkunde

Die Zahl der Niveaustufen beträgt im allgemeinen 3 (bezeichnet mit A-, B·, C-Kurse), in der 9. Jahrgangs· stufe zum Teil 4, in der 10. Jahrgangsstu{e in der Regel 2, weil nach der 9. Jahrgangsstufe ein großer Teil äer Schüler mit dem Hauptschulabschluß die Schule ver· läßt.

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(Staatsminister Dr. Maie~)

Die Einbeziehung vergleichsweise vieler Fächer in die Differenzierung und die Unterrichtung in meist drei Niveaustufen ist nach Auffassung der Bayerischen Staatsregierung Voraussetzung für das Erbringen von Leistungen, die dem des gegliederten Schulwesens in etwa entsprechen.

Eine etwa drei- bis vierzügige „Mini-Gesamtschule" mit höchstens 500 oder 600 Schülern wäre zwar si­cher den weithin üblichen Mammutgesamtschulen vorzuziehen, aber sie ist nicht realistisch:

- Entweder muß sie Abstriche bei der Differenzie­rung machen - weniger Fächer in weniger Niveaus differenziert anbieten und weniger Wahlpflicht­kurse einrichten - oder

- sie muß finanziell unvertretbar kleine Gruppengrö-ßen hinnehmen.

Das heißt, sie kann eben nicht bei vertretbarem Auf­wand annähernd den Grad an Differenziertheit wie das gegliederte Schulwesen erreichen.

In Wildeck-Obersuhl werden in der kleinsten Gesamt­schule Hessens laut Spiegel-Buch „Gesamtschule -Modell oder Reformruine?" 490 Schüler von 42 Leh­rern unterrichtet. Geht man davon aus, daß alle ge­nannten Lehrer Vollzeitlehrer sind, errechnet sich dort eine Schüler-Lehrer-Relation von 11,7:1, obwohl nur teilweise Nachmittagsunterricht erfolgt.

(Abg. Hochleitner: Sie haben das nicht überprüft?)

Die Schüler-Lehrer-Relation an bayerischen integrier­ten Gesamtschulen betrug dagegen im Schuljahr 1980/81 „nur" 15:1. Immerhin auch eine sehr gute Relation!

11.9

Im Sekundarbereich 1 war 1980/81 im gegliederten Schulwesen eine durchschnittliche Schüler-Lehrer­Relation von 19,7:1 festzustellen. Demgegenüber be­trug die Schüll!r-Lehrer-Relation an den bayerischen Schulversuc~n mit integrierten Gesamtschulen 15:1.

Daraus errect;1et sich - ich sagte es schon - eine bessere persclnelle Versorgung der integrierten Ge­samtschulen §egenüber dem gegliederten Schulwe­sen um rund ~1,3 Prozent.

Würde man al bayerischen Schulen im Sekundarbe­reich 1 person II genauso ausstatten, dann wären da­für 14500 zus tzliche Lehrer nötig.

- Das ist dur

(Zurufe von der SPD)

hleitner: Falsch durchgerechnet! -itere Zurufe von der SPD)

e auf Ihre Widerlegungen.

Setzt man fü einen Lehrer des gegliederten Schul­wesens in d n Jahrgangsstufen 5 bis 10 durch­schnittliche J hresbruttobezüge von 54 300 DM an -

das entspricht der Besoldungsgruppe A 13, 8. Dienst­altersstufe, Stand 1981 -, dann wären jährliche Mehr­ausgaben von 787350000 DM erforderlich.

(Zurufe von der SPD)

Die p e r s o n e 11 e G 1 e i c h s t e 11 u n g d e s g e -gliederten Schulwesens im Sekundar­b e r e i c h 1 mit den Schulversuchen mit integrierten Gesamtschulen würde somit jährlich rund 800 Millio­nen DM mehr kosten.

(Abg. Walter Engelhardt: Das sind vielleicht Rechnungen!)

Zum bau 1 ich e n M-e h rauf wand ! Wenn ich die Frage ganz wörtlich ne'hme; läßt sich der erforderli­che bauliche Mehraufwand mit einer einfachen Rech­nung darstellen:

Im Schuljahr 1980/81 besuchten 850331 Schüler öf­fentliche Schulen des gegliederten Schulwesens in Bayern im Sekundarbereich 1, also 5. bis 10. Jahr­gangsstufe. Die Relation Hauptnut z f 1 ä c h e je Sc h ü 1 e r beträgt derzeit durchschnittlich 3,9 qm pro Schüler. Der Sollwert, wie er sich aus den Allge­meinen Schulbaurichtlinien ergibt, beträgt durch­schnittlich 5,4 'qm je Schüler. Die bayerischen inte­grierten Gesamtschulen hingegen verfügen durch­schnittlich über rund 6,7 qm Hauptnutzfläche pro Schüler. Gegenüber dem Ist-Wert des gegliederten Schulwesens ist dies eine Besserstellung um immer­hin 2,80 qm pro Schüler, gegenüber dem Sollwert be­trägt die Mehrung immer noch 1,30 qm pro Schüler. Bei einem derzeitig gültigen Kostenrichtwert von 3150 DM pro qm Hauptnutzfläche ergäben sich somit gegenüber dem Ist-Bestand Mehrkosten in Höhe von 7,5 Milliarden DM und gegenüber dem Sollwert Mehr­kosten in der immer noch stattlichen Höhe von 3,5 Milliarden DM.

(Abg. Spitzner: Geld spielt keine Rolle! -Weitere Zurufe von der CSU)

Dieser Kostenrichtwert ist Bemessungsgrundlage für die staatlichen Zuschüsse, deckt allerdings noch nicht alle Investitionskosten ab, die wiederum je nach den örtlichen Gegebenheiten sehr unterschiedlich sein können.

Zugegeben, diese Rechnung ist hypothetisch,

(Zustimmung bei der SPD)

eine Gesamtschule .könnte natürlich auch mit weniger Raum auskommen. Aber viel stärker zählt jedoch der Umstand, daß Gesamtschulen nach aller Erfahrung an z e n t r a 1 e n 0 r t e n eingerichtet werden müs­sen.

(Zustimmung bei der CSU)

Wie schon ausgeführt, müßte bei Einführung der Ge­samtschule so manche bestehende Schule aufgelöst werden. An anderen Orten müßte eine erhebliche An­zahl von n e u e n S c h u 1 e n gebaut werden. Die Kosten, die hier auf uns zukämen, sind rechnerisch schwer zu erfassen, ihre Größenordnung dürfte aber die zuvor erwähnten Zahlen noch übersteigen.

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Bayerischer Landtag · PLENARPROTOKOLL 9/116 v. 03. 03. 82 7607

(Staatsminister Dr. Maier)

Hinweisen möchte ich auch auf die M e h r k o s t e n , die die ausgeweitete S c h ü 1 e r b e f ö r de r u n g zu den zentral eingerichteten Gesamtschulen nach sich ziehen würde.

Ich brauche kaum zu begründen, daß bei der derzeiti­gen Finanzlage die Einführung der Gesamtschule, ab­gesehen von allen pädagogischen Bedenken, die ich eingehend dargelegt habe, und auf die ich auch den Hauptnachdruck lege, einem leichtsinnigen Aben­teuer gleichkäme und sehr rasch im Fiasko enden würde.

(Beifall bei der CSU)

11.10 und damit letzte Frage:

Unter dem Stichwort „E in h e i t 1 ich k e i t im S c h u 1 w e s e n" muß hingewiesen werden auf das als „Hamburger Abkommen" bekannte „Abkommen zwischen den Ländern der Bundesrepublik zur Ver­einheitlichung auf dem Gebiet des Schulwesens" vom 28. Oktober 1964, letzte Fassung vom 14. Okto­ber 1971. In diesem von allen Ministerpräsidenten der Länder unterschriebenen Abkommen werden nicht nur Beginn und Ende der Schulpflicht, der Beginn des Schuljahres, die Wortbedeutungen der Noten und die Dauer der Ferien einheitlich geregelt, son­dern auch die Grundstruktur der Schulen sowie die Bezeichnungen und Organisationsformen einver­nehmlich festgelegt. Als Beispiel sei der § 4 genannt, wo es heißt:

Die auf die Grundschule aufbauenden Schulen tra­gen die Bezeichnungen „Hauptschule", „Real­schule" oder „Gymnasium".

Mit diesem Abkommen, meine Damen und Herren, war ein Höchstmaß an Einheitlichkeit im deutschen Schulwesen erreicht. Der Begriff „Gesamtschule" kommt in ihm nicht vor, obwohl es natürlich damals schon Gesamtschulen gab. Die Gesamtschule ist nach§ 16 des Hamburger Abkommens in Verbindung mit der einschlägigen KMK-Vereinbarung vom 27. fli:ivember 1969 nur als Schulversuch zuläs­sig. Dort heißt es:

i

Pädag~· ische Versuche, die von der in diesem Ab.­komme vereinbarten Grundstruktur des Schulwe­sens a eichen, bedürfen der vorherigen Empfeh­lung de Kultusministerkonferenz.

Daraus fo t, meine Damen und Herren: Ein Land, das die samtschule als reguläre Schulform und nicht als chulversuch einführt, w e i c h t von der im „Ha urger Abkommen" vereinbarten Grunds ruktur des Schulwesens ab und müßt das Abkommen eigentlich kündigen, wenn Rechtsver inbarungen noch einen Sinn haben wollen. Mit einer lchen Kündigung würde dann wenigstens offenbar rden. w e r gegen die Einheitlichkeit des Schulwes s verstößt!

II bei der CSU - Zuruf von der FDP: er das ist doch nicht föderativ!)

Die Einfüh ng der Gesamtschule als reguläre Schule in einigen. Ländern - Hamburg, Berlin, Nordrhein-

Westfalen, demnächst wohl auch Hessen - läuft den Bestrebungen zur Vereinheitlichung im Schulwesen zuwider, nicht nur, weil eine weitere Schulform einge­führt wird, sondern auch, weil diese Schulform in sich, wie gezeigt, sehr uneinheitlich strukturiert ist, sehr uneinheitlich verfaßt ist, und weil die Gesamt­schule in einigen Ländern darauf angelegt ist, die Schulen des gegliederten Schulwesens teilweise oder ganz zu· verdrängen (siehe z.B. § 3 des Bremi­schen Schulgesetzes: „Das Bremische Schulwesen ist schrittweise zu einem integrierten, in St u f e n gegliederten Schulsystem zu entwickeln"; also nicht in Schulen, sondern in Stufen gegliedert).

Damit besteht in der Tat die Gefahr einer Spaltung des deutschen Schulwesens in Ländern mit Schulen, wie sie dem Hamburger Abkommen und der einver­nehmlich erzielten Einheitlichkeit entsprechen, und in Ländern mit Gesamtschulen als einer Schulform, die von dem genannten Abkommen nicht erfaßt ist.

In dieser Situation, die von einem vertragstreuen Land wie Bayern nur bedauert, nicht aber geändert werden kann, erscheint es notwendig, in einem Ab­kommen über die Anerkennung von Zeugnissen die­ser Schulen zumindest einige Grundstrukturen zu si­chern, um im Interesse der betroffenen Schüler we­nigstens die Zeugnisse vergleichbar zu machen und die Freizügigkeit in der Bundesrepublik Deutschland zu sichern. Es ist aber zutiefst bedauerlich, daß dieje­nigen Länder - vor allem hier Bayern -, die

- an der im Hamburger Abkommen vereinbarten Grundstruktur und Einheitlichkeit des SchulWesens festhalten,

(Abg. Hochleitner: Nur noch Bayern!)

- zugleich aber im Interesse der von einer „Pro-Ge­samtschul-Politik" betroffenen Schüler zu Abkom­men über die Anerkennung der Abschlüsse bereit sind,

ausgerechnet von denjenigen einer „Blockadepolitik" geziehen werden, die einseitig und ohne vorherige Vereinbarung die im Hamburger Abkommen erreichte Einheitlichkeit und Gemeinsamkeit verlassen haben.

(Beifall bei der CSU)

Die Bayerische Staatsregierung sieht

- aufgrund von vorliegenden Ergebnissen der Schul­versuche mit Gesamtschulen,

- wegen der mit der Einführung von Gesamtschulen verbundenen Kosten und Umstrukturierungen,

- wegen der Notwendigkeit, alle verfügbaren Kräfte auf die Konsolidierung und die weitere Verbesse­rung unseres gegliederten Schulwesens zu kon­zentrieren,

keine Veranlassung, vom Hamburger Abkommen ab­zuweichen, und hat deshalb auch in dem Entwurf der Neufassung des EUG die Gesamtschule nicht vorge­sehen. Ich danke.

(Anhaltender Beifall bei der CSU -Abg. Lang: Bravo!)

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7608 Bayerischer Landtag . PLENARPROTOKOLL 9/116 V. 03. 03. 82

Erster Vizepräsident Kamm: Meine Damen und Her­ren, dart ich zunächst einmal etwas über die zeitli­chen Vorstellungen des Präsidiums sagen: Wir ma­chen jetzt den ersten Durchgang in der A u s s p r a -c h e zu dieser Interpellation. Danach tritt eine Mit­tagspause von etwa 1 '/, Stunden ein. Wir werden heute abend ganz sicher bis 21 Uhr hier beisammen sein. Das wollte ich zunächst einmal nur bekanntge­ben!

Der Ältestenrat hat für die Aussprache eine Redezeit­begrenzung von 3'h Stunden festgelegt, die sich wie folgt verteilt: Fraktion der CSU 100 Minuten, Fraktion der SPD 70 Minuten und die Fraktion der FDP 40 Mi­nuten.

Als erster Rednerin erteile ich das Wort der Frau Kol­legin Christa Meier. Bitte, Frau Kollegin!

Frau Meier (SPD): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Fraktion der CSU und die Beamten des Kultusministeriums haben im Blick auf den Wahl­kampf aus ihrer Sicht bei der Formulierung der Fra­gen zum Schulwesen in Bayern gute Arbeit geleistet.

(Abg. Lang: Auch eine Anerkennung!)

Sie haben alle Vorzüge des gegliederten Schulwe­sens durch die Frageformulierung provoziert, wäh­rend Sie durch die Auswahl der Vergleichskriterien zwischen gegliedertem und Gesamtschulwesen eine Plattform für Ihre V o r u r t e i 1 e und Abneigungen geschaffen haben.

(Beifall bei der SPD)

Daß das gegliederte Schulwesen-sicher seine Stärken hat, in weiten Bereichen gute Arbeit lei­stet, Lehrer und Eltern sich engagieren, bestreiten wir von der SPD-Fraktion nicht.

(Oh-Rufe bei der CSU)

Ausdrücklich danken wir allen in der Schule Tätigen für ihre nicht irrwner leichte Arbeit.

(Beifall bei der SPD)

Da die positiven Seiten zur Genüge ausgebreitet wor­den sind, werde ich nun die zweifellos auch vorhan­dene Kehrseite der Medaille beleuchten und damit die Fakten bringen, die sich Herr Kollege L an g ge­wünscht hat. ·

Der größte Mar1Jel des gegliederten Schulwesens ist der frühe Au sie s ez e i t p unkt.

: (Beifall bei der SPD)

Niemand, der pädagogisch und wissenschaftlich heute noch er t genommen werden will, kann be­haupten, er k„ e für Zehnjährige mit Sicherheit die richtige Schulla fbahn bestimmen.

Dazu führt der nister für nem Bericht zitiere mit Gen

(Beifall bei der SPD)

sterreichische Bundesmi­n t e rr i c h t u n d K u n s t in sei­den Nationalrat folgendes aus - ich migung des Herrn Präsidenten -:

ung nach der vierten Schulstufe für ahn eines Kindes erfolgt zu früh.

Fehlentscheidungen sind unvermeidlich. Es gibt keine hinreichend sichere Erfassung der Begabung und Leistungsfähigkeit beim Zehnjährigen, um eine verläßliche Bewährungsprognose darauf zu stüt­zen. Die Aufnahmeprüfung in die allgemeinbil­dende höhere Schule erwies sich als völlig untaug­liches Instrument.

(Beifall bei der SPD)

Auch die Zuerkennung der Klassenzugsreife durch den Lehrer der vierten Schulstufe erweist sich als Erfolgsprognose für die spätere Schullaufbahn des Kindes als unsicher, wie die Ergebnisse der wis­senschaftlichen Kontrollen der Schulversuche zei­gen. In einem System parallellaufender Schultypen

- das wäre ja unser gegliedertes Schulsystem! -

mit Lerngruppenbildung in Form von Jahrgangs­klassen werden die Schüler nach ihrer schwäch­sten Fachleistung eingeordnet, da in jedem Fach jeden Schultyps eine bestimmte Mindestleistung gefordert wird. Dieses System mit seinen einheitli­chen Anforderungen an alle Schüler in allen Fä­chern erweist sich für die Förderung der Begabun­gen als wenig geeignete Organisationsform, was in den hohen Repetenten- und Ausfallquoten seinen Ausdruck findet.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, das ist genau die Situation des bayerischen gegliederten Schulwesens, womit verlangt wird, daß das niedrigste Niveau in ei­nem Fach, in einer Richtung, verallgemeinert wird und nach dieser Verallgemeinerung die Schüler eingeord­net werden. Hier kann ich nur hinzufügen: Tu felix Austria - oh, Du glückliches Österreich! Hier wird ein klarer Tatbestand klar angesprochen.

(Beifall bei der SPD - Abg. Lang: Die haben vielleicht Schwierigkeiten, die in Österreich!)

In Bayern beweisen entsprechende amtliche Statisti­ken, falls das Ministerium nur bereit wäre, sie ohne ideologische Brille zu lesen, das gleiche. In der Zeit­schrift „Das Gymnasium in Bayern", 10. Ausgabe, Jahrgang 1981, fanden sich in dem Artikel „Fünft­kläßler im Gymnasium - was dann?" folgende Z a h -1 e n : Von den Fünftkläßlern, die 1972173 eingetreten sind, haben 27,3 Prozent das Gymnasium bis zur 10. Klasse verlassen. 1973/74 waren es 27, 1 Prozent, 1974/75 25,7 Prozent, und 1975/76 haben dann im Jahre 1980 in der 10. Klasse 25,2 Prozent der anfangs hoffnungsvollen Gymnasiasten das Gymnasium ver­lassen. Mehr als ein Viertel aller derjenigen, die das Gymnasium als die für sie geeignete Schulform ansa­hen, mußten diese Schule wieder verlassen. Minde­stens jeder vierte Schüler geriet in die Mühlen einer falsch gewählten Schullaufbahn. Das hört sich harm­los an, dahinter stehen aber oft menschliche Tragö­dien, Kinderschicksale, Familienstreit, Erniedrigung, verletzte Seelen.

(Beifall bei der SPD)

Um so verwunderlicher sind die Ausführungen des Herrn Ministers, der es als ein Positivum lobt, daß

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Bayerischer Landtag . PLENARPROTOKOLL 9/116 V. 03. 03. 82 7609

(Frau Meier [SPD])

60 Prozent der als „geeignet" Eingeschulten - nach diesem Gutachten :._ ohne Zeitverlust, also ohne Sit­zenbleiben, die Klassen 5 bis 9 durchlaufen haben; die 10. Klasse hat er dabei sogar ausgelassen. Was ist dann mit den anderen 40 Prozent der Geeigneten? Was ist erst mit denen, die als „bedingt geeignet" ans Gymnasium kommen? Die werden hier ganz ver­schwiegen. Noch alarmierender wird das ganze, wenn nach den Abschlüssen der A b b r e c h e r ge­fragt wird. Für das Jahr 1979/80 sieht dies so aus: die Hauptschule verließen 9490 von 90657 Schülern oder 10,5 Prozent ohne Abschluß.

Die Realschule verließen 18,5 Prozent ohne Haupt­schulabschluß. Das Gymnasium verließen 1955 Schü­ler, davon 459 gleich 23 Prozent ohne Hauptschulab­schluß. Bei den Gesamtschulen waren es 15 von 305 Schülern oder 5 Prozent.

In diesem Zusammenhang möchte ich auf etwas hin­weisen, was uns gestern mitgeteilt wurde, nämlich wie verheerend sich jetzt schon auswirkt, was im Kul­turpolitischen Ausschuß mit CSU-Mehrheit beschlos­sen wurde. Die Tatsache, daß der qualnizierende Ab­schluß nur noch an Hauptschulen verliehen werden kann, hat zur Folge, daß Realschüler und Gymnasia­sten ins Bodenlose fallen, daß sie aus den 9. und 10. Klassen kommen ohne die Möglichkeit, irgendeinen Schulabschluß, ganz gleich, welchen, zu erwerben.

Die Ärmsten der Armen aber sind die Sonderschulen. Von 1383 Schülern wurden in dem Schuljahr 1979/80 948 ohne Hauptschulabschlu8 entlassen. Hier sind die Schulen für lernbehinderte nicht mitgezählt, son­dern nur die für Gehörlose, Blinde etc.

Die Frage nach der E ff i z i e n z darf und muß ge­stellt werden, wenn von allen Fünftkläßlern, die in ein Gymnasium überwechseln - in ein so geschlossenes System, wie das der Minister betont hat -, nur zirka 50 bis 51·Prozent das Ziel dieser Schule, das Abitur, erreichen. Dafür belasten wir die Grundschule mit dem ung;heuren Druck der Entscheidung für oder gegen ei'1e bestimmte Laufbahn am Ende der vierten Grundsctjulklasse.

Der Ausl 'sezeitpunkt am Ende des vierten Schuljah­res bei Z hnjährigen ist zu früh. Im Gegensatz zu Ih­nen vertr ten wir den Standpunkt, daß Schule fördern und lnd· ualitäten entwickeln soll, statt mit einem groben "ttler, genannt Übertrittsverfahren, auszu­sieben.

g. Dr. Glück: Dann müssen Sie aber uch in der Gesamtschule besser

differenzieren!)

Ich höre un sofort Ihre Einwände, das gegliederte Schulwe n sei ja so durchlässig. Sicher ist es d u r c h 1 s s i g ; aber leider für einen großen Teil derSchül r in der falschen Richtung, näm­lich vom ymnasium zur Realschule und schlie81ich, wenn es gar nicht mehr anders geht, zur Haupt­schule, m all den damit verbundenen Torturen.

Ich nehm aber gern die so oft beschworene Durch­lässigkeit, also Ihre sogenannte Chancengerechtig-

keit, unter die Lupe Ihrer eigenen amtlichen St a t i -s t i k e n , wobei die weit überhöhten Leistungsanfor­derungen für eine Fortsetzung der Schullaufbahn an einer anderen Schulart den nüchternen Zahlen nicht anzusehen sind. Die Betroffenen aber können ein Lied davon singen.

Von 38167 Realschulabsolventen des Jahres 1980/81 setzten ganze 617 - das sind 1,6 Prozent - ihre Schullaufbahn in einem Gymnasium fort. 19,6 Pro­zent gingen zur Fachoberschule. 398 Schüler der 9. Hauptschulklasse landeten in einer 10. Klasse des Gymnasiums. Von allen Schülern mit qualifizierendem Hauptschulabschluß gehen höchstens 0,9 Prozent an ein Gymnasium, zirka 1 Prozent weiter an eine Real­schule.

Der berufliche Bildungsweg, der dann immer als letz­ter Nothelfer kommt und der an und für sich für Leute gedacht war, die sich aus einem Beruf heraus qualifi­zieren, ist heute Rettungsanker für Realschüler und „abgebrochene" Gymnasiasten. Vielleicht trägt dazu auch die Geringschätzung beruflicher Tätigkeit durch die CSU bei, wie sie sich bei den Beratungen des EUG erst kürzlich wieder gezeigt hat,

(Zustimmung bei der SPD)

als Sie nicht bereit waren, eine längere, bewährte Be­rufstätigkeit wie einen Schulabschluß anzuerkennen. Nein, Schulabschluß und das andere!

Die schulische Vorbildung der Schüler an Berufs­oberschulen im Schuljahr 1980/81 war: Realschule oder Wirtschaftsschute 50,7 Prozent - die gingen zur Berufsoberschule -, Gymnasium, Oberstufenreife 7, 1 Prozent, Berufsaufbauschule 39,9 Prozent und sonstige schulische Vorbildung 2,3 Prozent.

Eine wichtige Rolle bei der Beurteilung von Schulsy­stemen spielt auch die Frage nach ihren so z i o 1 o -g i s c h e n Wirkungen. Das heißt: Finden sich in Gymnasien, Realschulen, Hauptschulen Schülerkon­tingente der jeweiligen Schichten, die dem Anteil der Schicht an der Gesamtgesellschaft in etwa entspre­chen? Oder ist es vielleicht so, da8 gewisse Schulsy­steme bestimmte Schichten privilegieren?

Dazu eine nüchterne Feststellung des ö s t e r r e i -chischen Ministers für Unterricht und K u n s t , die ich den glühenden Vertretern des für sie allein selig machenden gegliederten Schulwesens täglich beim Morgen- und Abendgebet zur Meditation empfehlen möchte. Ich zitiere mit Genehmigung des Herrn Präsidenten. So sagt also der österreichische Minister:

Ein gleichmäßiges Bildungsbewußtsein und Bil­dungsinteresse der Eltern in allen sozialen Schich­ten ist nicht gegeben. Eltern, die eine höhere Schule selbst nicht besucht haben, sind weniger dazu geneigt, ihre Kinder in diesen Schultyp zu schicken. Dadurch bleiben viele Kinder von einer ihnen angemessenen Bildungslaufbahn ausge­schlossen. Alle Erhebungen beweisen, daß Kinder aus gehobenen sozioökonomischen Schichten in den höheren Schulen überrepräsentiert sind, Ar­beiter- und Bauernkinder dagegen unterrepräsen­tiert. Bei gleicher Intelligenz besuchen Schüler aus

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7610 Bayerischer Landtag · PLENARPROTOKOLL 9/116 v. 03. 03. 82

(Frau Meier [SPD])

höheren Sozialschichten häufiger eine allgemeinbil­dende höhere Schule als Schüler aus niedrigeren Sozialschichten.

Auch dies läßt sich bei sachlicher Betrachtung, wenn ideologisch gegliederte Scheuklappen abgelegt wer­den, Berichten des Bayerischen Statistischen Lan­desamtes entnehmen, zusammengestellt von Horst Wo 11 e n webe r, Herausgeber, „Das gegliederte Schulwesen in der Bundesrepublik Deutschland", Schöningh, Paderborn, 1980, Seite 114. Aus der Ta­belle 13 - Soziale Herkunft der Schüler nach der Stel­lung des Vaters im Beruf in Bayern im Vergleich zur tatsächlichen Stärke einer Berufsgruppe - wird die Erkenntnis der Österreicher bestätigt, eine Erkennt­nis, die außerhalb der CSU zum Allgemeingut gehört.

Ich muß im übrigen die Z a h 1 e n von 1976/77 neh­men, da die üblicherweise im Turnus von drei Jahren erstellte Statistik für 1979/ßO offensichtlich nicht vor­lag; aber wahrscheinlich ergäben sich bei neueren Zahlen noch tiefgreifendere Unterschiede, da die ständigen Unkenrufe, es gebe eine Abiturienten- und Akademikerschwemme, bei der Arbeiterschaft die größten Wirkungen hinterlassen haben.

So waren in Bayern, bezogen auf die berufliche Stel­lung des Vaters bei einem Anteil von Selbständigen

·einschließlich Landwirten, der 11,3 Prozent betrug, 23 Prozent in der 7. Klasse Realschule und 22,5 Pro­zent in der 7. Klasse Gymnasium. Beamte haben ei­nen Anteil an der Bevölkerung von 11,5 Prozent und sind in den 7. Klassen Realschule mit 11,6 Prozent und im Gymnasium mit 21,7 Prozent repräsentiert. Angestellte mit einem Anteil von 27,4 Prozent an der Berufsstatistik schicken 36,4 Prozent in die Realschu­len und 42,6 Prozent in das Gymnasium. Arbeiter, die 48,8 Prozent in der Berufsstatistik ausmachten, wa­ren dagegen an den Realschulen nur mit 28,8 Prozent und an den Gymnasien mit 13 Prozent vertreten. Son­stige waren in beiden Schularten jeweils 0,2 Prozent.

So zeigen sich also die Schwächen des gegliederten Systems in folgenden Punkten: 1. zu frühe, pädago­gisch nicht ltia1tbare Auslese, 2. Durchlässigkeit über­wiegend i

1 der falschen Richtung, nach unten, 3.

fragliche E izienz in bezug auf angestrebte bzw. er­reichte A chlüsse, 4. soziale Unausgewogenheit und 5. Brü higkeit des gegliederten Schulwesens bei abnehmen en Schülerzahlen in Hinblick auf seine einzige tra ende Säule, die Haupts c h u 1 e.

Dies ist au gierung a Schulwelt

h der Knall, der die CSU und die Staatsre­den Träumen der heilen bayerischen

erissen hat.

(Beifall bei der SPD)

Um so me ürdiger ist es, daß Sie, Herr Kultusmini­ster, in Ihr Rede die Hauptschulen in so prächtigen Farben ma en. Sie priesen die vielfältigen Möglichkei­ten der D" erenzierung, der Fächerwahl - ein Ideal­bild von H ptschule auf dem Papier, eine Fata Mor­gana, die d n Vergleich mit der Wirklichkeit nicht aus­hält.

Die Hauptschule als gleichwertige Säule neben den anderen Schularten wankt, bröckelt, birst. So gibt es durchaus noch intakte Hauptschulen, die von 40 bis 45 Prozent eines Schülerjahrgangs besucht werden: in ländlichen Gebieten, im Bayerischen Wald, im Rott­tal. Aber in Großstädten, z.B. in Erlangen, mit einem durch die gewerbliche Struktur bedingten Überwie­gen einer oberen Mittelschicht verbleiben gerade noch 8 Prozent der deutschen Schüler eines Jahr­gangs in der Hauptschule; im Landkreis Starnberg sind es in etwa 10 Prozent.

Die Münchner Lehrerzeitung des BLLV, Sonderaus­gabe Februar 1982, zitiert eine Vorlage des Schulrefe­rats der Stadt München, wonach 1980/81 im Schnitt an das Gymnasium übergetreten und nach der Pro­bezeit verblieben .sind: aus der 4. Klasse Grund­schule 47, 1 Prozent, aus der 5. Klasse Hauptschule 9,7 Prozent. Das heißt also, 56,8 Prozent aller Schüler in München sind der Hauptschule entzogen und.sind von vornherein am Gymnasium.

(Abg. Walter Engelhardt: Das sind Zahlen!)

Die Übertritte in die Realschule betrugen aus der 6. Klasse 35 Prozent, aus der 7. Klasse 17 Prozent, aus der 8. Klasse 4,4 Prozent. Das ergibt zusammen 56,4 Prozent von einer schon halbierten Schüler­schaft aus der Grundschule. Damit verbleiben weni­ger als ein Viertel der Kinder des gesamten Anfangs­grundschuljahres in der Hauptschule. Noch kritischer wird die Sache, wenn man sich einzelne Schulen in bestimmten Vierteln ansieht: Maximale Übertrittsquo­ten aus dem 4. Jahrgang der Grundschule in Mün­chen waren: Bei der Grundschule an der Gebele­straße 79, 1 Prozent, am Bayernplatz 72 Prozent und an der Haimhauser Straße 71,4 Prozent.

Der Hauptschule muß geholfen werden, das ist auch Ihre Ansicht, um der Kinder, Eltern und Lehrer willen, aber nicht um der Konservierung des gegliederten Schulwesens willen.

(Beifall bei der SPD)

Ob dazu aber die Zusammenfassung von Grund- und Hauptschule zur Volksschule früherer Zeiten, wie es das neue EUG vorsieht, ob die Verleihung eines quali­fizierenden Abschlusses allein an der Hauptschule und die Zusammenfassung von Hauptschule und Be­rufsschule zu einem sog. eigenständigen Bildungs­weg der richtige Weg ist, bezweifeln wir. Eher scheint es ein Holzweg zu sein, was wir im Hinblick auf die Betroffenen bedauern. Als einen neben anderen We­gen, als einen wichtigen Weg aus der derzeitigen Sackgasse sehen wir aber die G e s am t s c h u 1 e. Eine wachsende Zahl von Eltern will für ihre Kinder als Alternative zu der frühen Entscheidung in der 4. Klasse der Grundschule und in der einseitigen Ausrichtung von Bildung und Erziehung auf theore­tisch-abstrakte, sprachliche und Kurzzeitgedächtnis­Leistungen Gesamtschulen, die in einem wesentlich längeren, behutsameren Prozeß der individuellen Be­ratung und Lenkung den Schüler zu einem ihm gemä­ßen Abschluß führt.

(Beifall bei der SPD)

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Bayerischer Landtag . PLENARPROTOKOLL 9/116 v. 03. 03. 82 7611

(Frau Meier [SPD])

Herr Minister, die Eltern legen mehr Wert auf eine schulspezifische Leitidee namens „bestmögliche Förderung jeden Kindes" als auf die von Ihnen zi­tierte „schulartspezifische Leitidee". Ich glaube, daß den Eltern eine solche Leitidee ziemlich gleichgültig ist. Die Leitidee muß sich vielmehr darauf konzentrie­ren, die beste Möglichkeit für jedes Kind zu errei­chen.

(Beifall bei der SPD)

Dabei wollen wir Sozialdemokraten keine dogmati­sche Festlegung auf einen Schultyp. Wir sind der Mei­nung, daß zu einem demokratischen Staat ein vielfälti­ges Angebot unterschiedlicher Schul­a r t e n gehört, daß zu einer Demokratie auch Re -spektierung qualifizierter Minderhei­t e n gehört, daß Einheitlichkeit um jeden Preis zum Tod des pädagogischen Lebens führen würde.

(Beifall bei der SPD)

Viele Wege führen nach Rom. Einer dieser Wege ist die integrierte Gesamtschule, den Sie aber in der Ma­nier von Wegelagerern blockieren, einen Weg, den aber fast ganz Europa heute selbstverständlich be­schreitet,

(Beifall bei der SPD)

und zwar nicht erzwungen von sozialistischen Ein­heitsschulverfechtern, wie von der CSU gerne diejeni­gen karikiert werden, die für die Gesamtschulen ein­treten.

1962 wurde in 1ta1 i e n unter den Konservativen die Gesamtschule als alleinige Schulform gesetzlich fest­gelegt. Herr Kollege Lang, Sie werden mir zugeste­hen, daß die italienischen Konservativen damit kei­neswegs eine andere Gesellschaftsordnung errei­chen wollten.

(Abg. Dr. Wilhelm: Ist das Bildungssystem in Italien gut? - Abg. Lang: Das ist ein Chaos

da unten!)

- langsam, ich komme noch darauf.

1962 hat auch S c h w e d e n die Gesamtschule ein­geführt, 19d8 Finnland, 1969 Norwegen, 1970 Spanien - ebenfalls ein sehr, sehr konservatives Land, wo der Herr Ministrrpräsident zu früheren Zeiten gerne hin­gefahren is -,

(Zurufe von der CSU: Auch heute noch!)

wo diese desamtschule als alleinige Schulform ge­setzlich fesfgelegt worden ist; 1974 in Island, 1975 in Dänemark. ·1

(Zuruf des Abg. Dr. Wilhelm)

Hier haben wir die kleinen Einheiten, in denen sich Kinder wo fühlen, wo eine familiäre Atmosphäre in de11_ Schule entsteht und wo bis zur 7. Klasse über­haupt nicht ifferenziert wird und die Kinder trotzdem etwas lern

(Ab . Dr. Wilhelm: Trotzdem! - Weitere Zurufe von der CSU)

- Auf die E~gländer komme ich noc::h zu sprechen.

1975 hat Frankreich, damals noch unter den Konservativen, ebenfalls die Gesamtschule als allei­nige Schulform gesetzlich fixiert, 1976 das konserva­tive Griechenland, 1976 ebenfalls Eng 1 an d. Frau Thatcher denkt keineswegs daran, hier eine Revision durchzuführen.

(Abg. Lang: Von heute auf morgen den Schmarrn in Englang wieder abzuschaffen! -Abg. Dr. Hundhammer: Das nicht, aber wir

liegen an der Spitze!)

- Sie werden doch nicht behaupten, Herr Kollege Hundhammer, daß alle anderen Kinder in Europa nichts lernen würden.

(Abg. Dr. Hundhammer: Wer liegt denn an der Spitze? - Unruhe bei der CSU)

- Dann fragen Sie sich bitte, wie diese Spitzen erkauft sind! Mit Psychosen und mit allen möglichen anderen Dingen. Lesen Sie das auch einmal.

(Glocke des Präsidenten)

Zunehmende Zahlen von Gesamtschulen haben 1 r -1 an d und die Nieder 1 an de. Die Niederlande zur Zeit 50. Die vom Herrn Kultusminister in diesem Zu­sammenhang gerne zitierten gegenläufigen Privat­schulen mit gymnasialähnlichem Charakter in den an­gelsächsischen Ländern können nicht als Gegenbe­weis akzeptiert werden.

(Beifall bei der SPD)

Weshalb nicht? Teilweise wird bei diesen gymnasial­ähnlichen Formen auf Eingangsprüfungen verzichtet. Wegen mangelnder Leistung wird kaum jemand von der Schule verwiesen. Sie üben überwiegend soziale Selektion aus und werden als Vorläufer des Gesamt­schulwesens für die oberen Schichten, sozusagen als „Lords' and Ladies' comprehensive schools" be­trachtet.

(Beifall bei der SPD)

Aber nicht nur internationale Vergleiche bewegen uns, für Gesamtschulen zu plädieren. Wenn es uns sinnvoll erschiene, wären auch wir für Ihre Prinzip „Bayern gegen den Rest der Welt". Das ist nämlich Ihr Prinzip. Hier wird davon gesprochen, daß die an­deren Bundesländer irgendwelche A b k o m m e n brechen würden. Wie lange sollen sich denn alle übri­gen Bundesländer von einem Bundesland noch blok­kieren lassen, von Bayern nämlich?

(Beifall bei der SPD - Abg. Dr. Wilhelm: Es kommt darauf an, was besser ist!)

- Ich weiß, es gibt manche, die sind von sich so über­zeugt, da nützt nichts mehr, noch nicht einmal der Heilige Geist.

(Heiterkeit bei der SPD - Zuruf von der CSU)

- Empfehlen Sie das einmal Ihren Kollegen. Wir wol­len mit unserer Forderung nach Gesamtschulen als Angebotsschulen folgendes erreichen: Hinausschie­ben der Schullaufbahnentscheidung, Individualisie­rung bei altersspeziftscher Begabungsförderung, För­derung auch von nicht-theoretisch-abstrakten, von

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(Frau Meier [SPD))

nicht-sprachlichen Fähigkeiten, also Entfaltung des dem Handwerklichen, Musischen, Phantasievollen, dem Sozialen zuneigenden jungen Menschen. Herr Kultusminister, wir wollen im Gegensatz zu dem Zitat von vorhin mehr Blumen auf einer Wiese, anstatt ei­nes feinen englischen Rasens und einer gemeinen Wiese, auf der herumgetrampelt werden darf.

(Beifall bei der SPD)

Wir wollen Flexibilität des Schulwesens auch bei abnehmender Schülerzahl, auch für Bil­dungsbedürfnisse in dünn besiedelten Räumen, Aus­gleich sozialer Benachteiligungen, erreichbare hö­here Abschlüsse für eine größere Zahl von Schülern.

Ein Vergleich zwischen dem gegliederten Schulwe­sen und der integrierten Gesamtschule in Bayern ist insofern schon schwierig, als die integrierte Gesamt­schule in Bayern kaum eine Chance hat und die Ver­gleichsbasis bei zwei Schulen, die zudem in ständiger Existenzangst leben, denkbar ungünstig ist.

In Niedersachsen gibt es zur Zeit 30 Gesamtschulen, t3 integrierte, 17 additive. 6 Prozent der niedersäch­sischen Schüler können somit eine Gesamtschule besuchen. In Schleswig-Holstein gibt es 10, in Ba­den-Württemberg 6.

(Abg. Dr. Glück: In Schleswig-Holstein 5!)

- Nach meinen Unterlagen 10.

(Abg. Dr. Glück: Das stimmt nicht!)

Österreich hat 120 Standorte mit 1319 Klassen im Schulversuch integrierter Gesamtschulen. Da kann man sich eher ein Urteil bilden als bei zwei Schulen, die man zudem noch in Bedrängnis zu bringen ver­sucht.

(Zuruf des Abg. Lang)

Im übrigen haben Sie, Herr Kultusminister, mit folgen­dem Taschenipielertrick gearbeitet: Sie stellen das gesamte ge9liederte Schulwesen, Grundschule, Hauptschule, ' Realschule, Gymnasium, berufliche Schulen, Kol gstufen, der Gesamtschule als Block gegenüber n h der Manier: Hier das fein gemeißelte, ziselierte, rei gegliederte Schulwesen, dort der Ein­heitsblock. A er auch bei Gesamtschulen, die nur die Jahrgangsst n 5 bis 10 umfassen, gibt es die Grundschule, die ja eine Gesamtschule ist, gibt es die gymnasi Oberstufe, das berufliche Schulwe­sen, das Sie ach Ihren eigenen Worten nicht mehr für organisier ar halten, wenn nicht endlich eine Ent­scheidung b üglich des Berufsgrundschuljahrs ge­troffen wird.

Wer nun di zahlreichen U n t e r s u c h u n g e n über G e s a t s c h u 1 e n unvoreingenommen stu­diert, muß fol ende Fa kt e n anerkennen: Mit gerin­gen Differenz n nach oben und unten halten Gesamt­schulen den eistungsvergleich mit dem gegliederten Schulwesen us. Im übrigen gibt es von Gesamt-schule zu samtschule genau so große Unter-schiede wie auch von Gymnasium zu Gymnasium,

von Realschule zu Realschule und Hauptschule zu Hauptschule große Unterschiede gibt.

(Beifall bei der SPD)

Gesamtschulen vermitteln einer größeren Anzahl von Schülern einen höheren Abschluß, nicht etwa, weil sie die Abschlüsse verschleudern, sondern weil die bera­tende, individualisierende Begleitung den Profilen der Schüler gerecht wird. Das-Sind also keine Verheißun­gen oder Vermutungen, Herr Kollege Lang, sondern Fakten; die aus vielen Bundesländern bestätigt sind.

Das soziale Wohlbefinden, das soziale Miteinander und die geringere Schulangst sind mit die wichtigsten Pluspunkte. Gesamtschulen können bei relativ gerin­ger Schülerzahl ein breiteres Bildungsangebot bei kürzeren Schulwegen auch in dünn besiedelten Räu­men gewährleisten.

(Beifall bei der SPD)

Private Schulen treten hier in punkto Schülerzahlen den Beweis an. Sie liegen nämlich meist bei einer Schülerzahl von 300 bis 700 Kindern.

Die G r ö ß e d e r S c h u 1 e ist der Punkt, den Sie immer wieder heftig angreifen. Sie verschweigen da­bei, daß es auch einzügige und mehrzügige Haupt­schulen gibt, große und kleine Gymnasien, große und kleine Realschulen. Genauso wird es größere und kleinere Geamtschulen geben. Es ist aber auch' die kleine Gesamtschule möglich und vielleicht irgend­wann die einzige Lösung, um ein reiches Bildungsan­gebot im Flächenstaat zu gewährleisten, ohne daß die Kinder 50 und 100 Kilometer weit fahren müssen. Vielleicht wollen Sie das heute nur noch nicht sehen.

(Beifall bei der SPD)

Wenn Sie sachliche Überlegungen anstellen, dann ist bei einer dreizügigen Gesamtschule mit 90 Kindern pro Jahrgang - 75 Kinder wären uns allerdings lieber, ein Ziel, das auch im Bildungsgesamtplan 1973 steht, daß nämlich eine Klasse nicht mehr als 25 Schüler hat -, also bei 450 bis 540 Schülern als Schulgröße, eine Dreier-, eventuell sogar eine Viererdifferenzierung ohne weiteres möglich, wobei erst einmal die Frage der Differenzierung, wann, wie, wieviel, ernsthaft dis­kutiert werden müßte.

Gesamtschulen haben als Idealbild nicht den Abitu­rienten. Das ist immer Ihr falsches Argument. Damit bekämen wir nämlich eine noch größere „Abiturien­tenschwemme", sagen Sie. Gesamtschulen haben nicht das Idealbild des Abiturienten - sie führen schließlich auch nur bis zum zehnten Schuljahr -, sondern das eines Schülers, der auch mit beruflichen und lebenspraktischen Inhalten in Berührung gekom­men ist und -am Ende des zehnten Schuljahres - nicht am Anfang des fünften - entscheidet, ob Beruf oder Schule hin zum Studium.

Der Umstand, daß potentielle Abiturienten mit poten­tiellen Hauptschülern bis zur neunten Klasse in eini­gen Gruppen undifferenziert beieinander sind und einander helfen, führt zu g r ö ß e r e m s o z i a 1 e n V e r s t ä n d n i s auch in unserem Volk. Das haben wir meines Erachtens nötig auch im Hinblick auf kom-

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(Frau Meier [SPD])

mende Schwierigkeiten in Wirtschaft und Gesell­schaft.

(Bettall bei der SPD)

Gesamtschüler zeigen einen erhöhten Widerstand gegen Bevormundung. Dies ist unter Berücksichti­gung der deutschen Bildungstradition, die Auswen­diglernen immer höher bewertet hat als Z i v i 1 c o u -rage, ein hoffnungsvolles Zeichen. Vielleicht ist es aber das, was der Kollege Lang als Mittel des politi­schen Kampfes bezeichnet hat. Die Entwicklung von Zivilcourage wäre einer Demokratie aber jedenfalls angemessener als Untertanengeist.

(Beifall bei der SPD - Abg. Lang: Zivilcourage ist etwas anderes!)

Auf der Landesdelegiertenkonferenz des BLLV 1981 hat der Herr M i n i s t e r p r ä s i d e n t vor 600 Dele­gierten in Nürnberg folgendes ausgeführt - ich zitiere mit Genehmigung des Herrn Präsidenten -:

Ich hänge an keiner Schulform, bloß weil sie einmal so war. Das war nie meine Haltung. Das Ganze ist ohne Scheuklappen, ohne Vorurteile, aber auch ohne vorgefaßte Ziele, die um jeden Preis erreicht werden müssen, als Aufgabe der Politik zu sehen, die im Interesse von Menschen und im Interesse sachlicher Ziele bewältigt werden muß.

So der Herr Ministerpräsident.

Wir fordern Sie auf, Herr Kollege L>1ng, Ihren Minister­präsidenten nicht zu desavouieren. Die Schwach­punkte des derzeitigen Schulsystems erfordern neue, flexible Antworten. In Abwandlung eines geflügelten Wortes fordern wir Sie auf: Geben Sie Gesamtschul­freiheit nicht als Gnadenerweis in der Manier eines absoluten Fürsten, wie es manchen hier gerne gefällt, sondern als selbstverständliche Alternative in einem demokratischen Staat.

(Starker anhaltender Beifall bei der SPD)

Erster Vizepräsident Kamm: Nächste Wortmeldung, Herr Abgeordneter Oswald. - Bitte, Herr Kollege.

Oswald (CSU): Frau Kollegin Meier, wenn Sie ge­rade von Ihrer Fraktion so großen Beifall bekommen haben, ;

(Abg.ILang: Schwacher Beifall war das! -1 Abg. Diethei: Spärlich!)

dann muß ;cf, sagen, daß dies, was Sie uns heute dar­gestellt hla n, wohl k e i n e b i 1 d u n g s - · u n d schulpo itisch überzeugende Alter­n a t i v e z klaren Politik und Position von CSU und Staatsregie ng ist, wie sie heute von unserem Staatsminis er Professor Hans Maier dargestellt wor­den ist.

(Beifall des Abg. Lang)

Zu den Aus „ hrungen des Kultusministers sollte man zunächst ei mal klar feststellen, daß das Land Bayern in der Regi rungszeit der CSU so viel für Schulen ausgegebe . hat, wie noch nie in irgendeiner Zeit zu-

vor. Das gilt bis zum heutigen Tag, wo man trotz an­gespannter Haushaltslage die A u s g a b e n f ü r Bi 1 dun g . und Ku lt ur immer noch überpropor­tional zum Haushalt steigern und sich auf einsamer Höhe von mehr als 30 Prozent des Gesamtetats hal­ten konnte.

Zweitens: Das dreigliedrige Schulwesen ist in den letzten 20 Jahren zu einem umfassenden v i e 1 -g 1 i e d r i gen Sc h u 1 wes e n ausgebaut worden. Der Kultusminister hat dies heute ausgeführt. Frau Kollegin Meier, es gehört einfach dazu, das berufliche Schulwesen und auch die Bildung von Behinderten hier zu nennen. Zug um Zug ist auch die völlige Neu­ordnung der Lehrerbildung erfolgt.

(Abg. Klasen: So?)

Alle schulpolitischen Initiativen der CSU-Landtags­fraktion dienten und dienen letztlich dem übergeord­neten Ziel, das bewährte gegliederte Schulwesen in Bayern weiter zu verbessern. Es gibt da und dort Punkte, die weiter zu verbessern sind. Das haben wir nie in Abrede gestellt. Mit dieser Politik, die wir be­treiben, wendet sich die CSU-Fraktion gegen jene Reformer, die ohne ausreichende Sachargumente die integrierte Gesamtschule zum Leitbegriff einer tota­len Umstellung des Schulwesens mit kaum vorstell­baren organisatorischen und finanziellen Folgen ma­chen wollen. Das hat eben nicht ausgereicht, was Sie hier dargestellt haben.

(Abg. Lang: Überhaupt nicht!)

Die G e s a m t s c h u 1 e war nun Ihr zweites großes Thema. Die „Frankfurter Allgemeine" vom 19. Februar dieses Jahres, 1982, gibt in einem Artikel von Kurt R e u m an n folgenden Witz wieder - ich zi­tiere einmal mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten -:

Die Kultusminister der Union erzählen sich den „gegliederten Kartoffelwitz": In der Hauptschule werde die Aufgabe gestellt: Ein Zentner Kartoffel kostet 25 DM, wieviel kosten drei Zentner? - In der Realschule werde gefragt: Ein Zentner Kartoffel kostet heute 25 DM; im nächsten Jahr wird der Preis um 14 Prozent steigen; wie hoch ist er dann? - Im Gymnasium stilisiere man dieselbe Aufgabe zu einer anspruchsvolleren Formel, in der Gesamt­schule schließlich heiße es: Ein Zentner Kartoffel kostet 25 DM, drei Zentner kosten 75 DM, unter­streiche das Wort Kartoffel und diskutiere über die­sen Preis mit Deinem Nachbarn.

So weil der Witz, hinter dem doch etwas steckt. Die FAZ schreibt nun weiter:

Der Witz überzeichnet die Wirklichkeit, mag aber erklären, warum die Kultusminister, allen voran Hans Maier aus Bayern und Gerhard Mayer-Vorfel­der aus Baden-Württemberg, meinen, bei der ge­genseitigen Anerkennung der mittleren Gesamt­schulabschlüsse dürfe man nicht zu großzügig sein.

Zum Thema „Vergleichbarkeit der Abschlüsse" wird ja unser Kollege Dr. Rost im weiteren Verlauf der De­batte am heutigen Nachmittag Stellung nehmen.

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(Oswald [CSU])

Es wäre nun verlockend, Frau Kollegin Meier, auch noch einmal zu sagen, warum wir denn die sechsjäh­rige Grundschule, die Sie auch mit dargestellt haben, nicht wollen. In aller Kürze: Sie müssen doch sehen, daß sich gegen Ende der Grundschule bei den Schü­lern ein deutlich sichtbares Leistungsgefälle entwik­kelt. Das zeigt sich sowohl beim Auffassen der ver­schiedenen Unterrichtsinhalte als auch beim gedank­lichen Durchdringen insbesondere der kognitiven Lerngegenstände sowie der sicheren Anwendung und Übertragung der gelernten Dinge. Andere Schü­ler haben ein wesentlich langsameres Lerntempo und müssen in der 5. Jahrgangsstufe ebenfalls gemäß ih­rer Begabung gefördert werden. Ich glaube also, daß wir das insgesamt und nicht ideologisch sehen müs­sen.

Frau Kollegin Meier, nachdem Sie die Gesamtschule nicht durchsetzen können - das wissen Sie auch -, versuchen Sie es meines Erachtens immer wieder mit einer ganz anderen Strategie. Sie beginnen mit der Forderung nach Einführung eines f r e i w i 11 i -gen zehnten Schuljahres an der H a u p t s c h u 1 e mit der Möglichkeit des Erwerbs eines dem Realschulabschluß gleichwertigen m i t t -1 e r e n B i 1 d u n g s ab s c h 1 u s s e s.

(Abg. Dr. Rothemund: Sehr guter Vorschlag!)

Ich sehe die Strategie ganz einfach so: Als ersten Schritt will man die Einführung eines freiwilligen 10. Hauptschuljahres mit dem Abschluß der mittleren Reife erreichen; als zweiten Schritt will man die Ver­schmelzung von Haupt- und Realschule erreichen und als dritten Schritt will man die Integration der ver­bliebenen Jahrgangsstufen 7 bis 10 des gesamten Sekundarbereichs 1 zur integrierten Gesamtschule. Das ist doch die ganze Strategie, die hier dahinter­steckt.

Wir sind gegen die Einführung eines freiwilligen 10. Schuljahres an der Hauptschule mit dem mittleren Abschluß für ei'lige wenige besonders begabte Schü­ler, weil wir ; in Bayern ein engmaschiges R e a 1 s c h u 1 ' et z besitzen, weil die besonderen 10. Realschul assen für die besonders geeigneten Hauptschüler hnehin die Möglichkeit bieten, weil im Bereicti der uptschule weitere zahlreiche bereits bestehende iterbildungsmöglichkeiten im berufli-chen Schulwe en vorhanden sind und weil eine Ver­zerrung auch der Bildungsaufträge zwischen Real­und Hauptsch le eintreten würde und weil schließlich das Profil de Hauptschule als berufsorientierende Schule zerstö würde.

(Abg. Dr. othemund: Was ist das logisch!)

Wir lehnen au die Forderung nach Z u s am m e n -legung vo Haupt- und Realschule ab, weil das Prinzi des gegliederten Schulwesens jedem Schüler die s ner Begabung und Leistungsfähigkeit gemäße Schul ildung ermöglicht.

(Abg. Dr. othemund: Die Hälfte scheitert!)

Das ist ganz einfach in einer verschmolzenen Haupt­und Realschule nicht möglich. Diese Schule könnte den individuellen Bedürfnissen der Schüler nicht in dem Maß gerecht werden, wie es die beiden eigen­ständigen Schulen auf Grund ihrer doch so differen­zierten Ausgestaltung ermöglichen.

(Abg. Lang: Sehr richtig!)

Wir brauchen keine Verschmelzung der Schulart. Wir brauchen keinen Einheitsbrei. Was wir brauchen, ist eine Rückbesinnung der einzelnen Schularten auf ih­ren eigenständigen Bildungsauftrag.

So darf die H a u p t s c h u 1 e kein Minigymnasium sein oder eine Variante der Realschule. Sie hat einen eigenständigen Bildungsauftrag; sie spricht nämlich Schüler an, die den Schwerpunkt ihrer Begabungen, Interessen und Leistungen im anschaulichen, konkre­ten Denken und letzten Endes im handelnden Um­gang mit den Dingen haben. Deshalb hat auch der handlungsorientierte Unterricht im Vordergrund zu stehen. Die Hauptschule hat eine grundlegende All­gemeinbildung zu vermitteln, Hilfen zur Berufsfindung anzubieten und Voraussetzungen für eine qualifizierte berufliche Bildung zu schaffen.

Die Realschule vermittelt eine zwischen den Angebo­ten der Hauptschule und des Gymnasiums liegende allgemeine berufsvorbereitende Bildung. Und unsere Realschule hat sich doch bewährt, weil sie ein breites in sich geschlossenes Bildungsangebot hat, das auch berufsorientierte Fächer einschließt.

Ich verkenne nicht die Probleme, die sich uns mit der Hauptschule stellen - keinesfalls! Aber blicken wir hier doch etwas umfassender: Während der Bil­dungsreform, die in den 60er Jahren einsetzte, war von der Hauptschule kaum die Rede. Vielmehr zielte die ganze Bildungswerbung - vor allem mit dem Schlagwort vom Ausschöpfen der sogenannten Bil­dungsreserven - darauf ab, die Abiturientenzahlen zu erhöhen. Es war gut, heute auch zu hören, daß Sie die hohen Abiturientenzahlen gar nicht wünschen, wenn ich Sie richtig verstanden habe. Das bedeutete gleichzeitig, daß die Hauptschule als die Schule, in der die Hälfte aller 11- bis 15jährigen Schüler. unter­richtet werden, ins Hintertreffen geriet. Und der zu­nehmende Ausbau von Realschulen und Gymnasium hat diese Schulen für jeden Schüler, auch von der Entfernung her, erreichbar gemacht. Seien wir doch ehrlich -das ergibt sich auch aus den Zahlen-: Real­schulen und Gymnasien sind doch heute schon zu „Volks"-Schulen geworden; sie sind für einen großen Teil der Bevölkerung zugänglich.

Viele Eltern sehen natürlich die Hauptschule heute nicht als Schule, für die man sich bewußt entscheidet - das weiß ich -, und sie versuchen in dem Sinne: Wir wollen es besser machen, oder, unser Kind soll es besser haben, zunächst einmal das Kind an der Real­schule oder am Gymnasium unterzubringen. Erst wenn dies mißlingt - in vielen Fällen-, wird die Haupt­schule akzeptiert. Und viele Eltern, mit denen man spricht, sagen: Geben wir ihnen die Möglichkeit, zu­nächst einmal die Realschule zu besuchen - auch wenn von schulischer Seite Warnungen da sind. Sie

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(Oswald [CSU])

sagen: Wer weiß, wofür es gut ist, um bessere berufli­che Möglichkeiten zu haben. - Ich werde darauf noch eingehen. Diese allgemeine g es e 11 s c h a f t s p o -1 i t i s c h e E i n s t e 11 u n g erschwert es natürlich auch, das vorhandene Profil und die tatsächliche Lei­stungsfähigkeit unserer Hauptschule, die ja vorhan­den ist, ins Bewußtsein der Eltern und der Öffentlich­keit zu bringen und sie als echte schulische Alterna­tive darzustellen. Was wir brauchen, ist, daß die Hauptschule zu einer echten Angebotsschule wird.

Die Schlußfolgerung für die Hauptschule kann nur sein, ihr ein eigenes Profil und eine eigene Aufgabe zu geben, die all den Erkenntnissen Rechnung trägt. Heute - ich greife zurück auf die Zeit K e r s c h e n -s t e i n e r s - gilt, daß die Interessen vieler unserer Kinder vorrangig auf das praktische Verhalten, auf das Tun gerichtet sind. Nicht der „Buchbetrieb", son­dern der „Arbeitsbetrieb" entspricht der Interessen­lage dieser Kinder. Wir brauchen uns doch nicht über Klagen zu wundern, daß dann die Kinder schulmüde werden, wenn wir die Schule womöglich an ihren In­teressen vorbeigestalten. Kerschensteiner hat des­halb .von der Hauptschule gefordert, daß sie zur Ar­beitsschule werden muß. Was liegt eigentlich näher, als ihr ein s t ä r k e r e s b e r u f s p r a kt i s c h e s Profi 1 zu geben?

In diese Richtung geht auch das, was wir von der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag wollen: Näch­ste Woche wird vermutlich im Kulturpolitischen Aus­schuß ein diesbezüglicher Antrag beraten. Wir freuen uns auch, daB der Herr Kultusminister die wesentlich­sten Punkte mit so dargestellt hat. Und dies resultiert aus unserem Dillinger Positionspapier.

Worum geht es? Um s e c h s P u n kt e :

1. um die Vermehrung der Unterrichtszeit in Deutsch und Mathematik - die Schüler sollen nicht von überall ein bißchen ..,d etwas lernen, sondern grundlegende, wesentliche Dinge beherrschen; es muß Zeit für Übungen und Sicherung verbleiben, und die 10 baye­rischen lndu.trie- und Handelskammern haben die­ses Vorhabe• besonders begrüßt -;

2. soll das ~ach Arbeitslehre als ein Kernfach der Hauptschulei' die Schüler zur Wirtschafts- und Ar­beitswelt hin ühren - nicht in der Theorie, sondern mit der Praxi durch Betriebserkundungen -;

3. die prakti hen berufsbezogenen Fächer müßten, weil eben de Schüler von seinem Naturell, von seiner Eignung, vo seiner Begabung hin zum praktischen Tun strebt, a Gewicht gewinnen - überhaupt gilt für die Weitere icklung der Hauptschule: Theoreti­scher Ballast muß abgeworfen werden -;

4. muß für e en Teil der Schüler, für den der Eng­lisch-Unterri t zur Qual geworden ist, der neue Stundenplan ie Möglichkeit bieten, dieses Fach ab­wählen und einen Neigungen und Eignungen ent­sprechend ei en anderen Bereich wählen zu können;

5. - auch das ist angesprochen worden - müssen die Wahlpflichtfächer auf ein realisierbares Maß zurück­geschraubt werden und

6. muß die Leistungsdifferenzierung aufgehoben wer­den. Hier kann man in kleinen Unterrichtsgruppen we­sentlich besser fördern.

Ein ganz entscheidener Punkt ist die Zusammenar­beit zwischen Hauptschulen und beruflichem Bil­dungswesen. Hier muß eine wesentlich stärkere Ver­zahnung stattfinden; sowohl in den Lehrplänen als auch bezüglich der Kontakte mit den einzelnen Lehr­kräften.

Eines ist für mich klar: Diese Attraktivität der Haupt­schule in unserem gegliederten Schulwesen hängt natürlich wesentlich von den beruflichen Möglichkei­ten ab, die sich aus den Hauptschulabschlüssen er­geben.

(Abg. Karl Heinz Müller: Sehr wahr!)

Nur, wenn ich höre, Hauptschüler hätten keine Be­rufsschancen, so ist das absolut falsch. Eine große Münchner Firma, die Motoren- und Turbinenunion z.B. - ich kann die MTU nur als Beispiel nehmen - hat durchschnittlich je Lehrjahr 12 bis 15 Prozent Schüler mit mittlerer Reife und rund 85 Prozent Hauptschüler; davon 75 Prozent mit qualifizierendem Abschluß und 25 Prozent mit Hauptschulabschluß.

(Abg. Karl Heinz Müller: Eine rühmliche Ausnahme!)

- Sicherlich nicht. Das bayerische Handwerk sowie die bayerischen Industrie- und Handelskammern wei­sen immer wieder auf die besonderen Möglichkeiten der Hauptschule hin. Der Handwerksmeister - auch solche Beispiele gibt's -, der aus Prestigegründen ei­nen Abiturienten als Lehrling in seinem Kfz-Betrieb einstellt, ist doch die absolute Ausnahme!

Trotzdem bleibt für mich das Problem, daß viele An­forderungen künstlich hochgeschraubt werden. Wo früher noch der Hauptschulabschluß genügte, braucht man heute mindestens mittlere Reife.

(Beifall des Abg. Diethei)

Da müssen wir ansetzen. Das ist vielfach auch Bun­desrecht; das wissen wir. Aber auch die Forderungen der Standesorganisationen

(Abg. Karl Heinz Müller: Beamte -öffentlicher Dienst!)

gehen „natürlich" auch in sog. höhere Bi 1 dun g s -ab s c h 1 ü s s e. Ich meine, der Begriff der höheren Abschlüsse und der höheren Bildung müßte eigent­lich aus einer bildungspolitischen Diskussion ver­schwunden sein. Denn was ist höher? Wir müssen uns letzten Endes für die Gleichwertigkeit dieser Ab­schlüsse einsetzen.

(Abg. Karl Heinz Müller: Das ist doch reine Theorie!)

Beim öffentlichen Dienst muß man beginnen. Und es reicht sicher nicht aus, daß den Hauptschülern nur das Recht eingeräumt wird, an den Prüfungen teilzu-

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(Oswald [CSU))

nehmen. Die Hauptschüler müssen auch die Chance haben, diese Prüfungen durch hauptschulspezifische Fragestellungen letzten Endes auch zu bestehen. Wir haben in unserer Fraktion eine Arbeitsgruppe „Be­rufsmöglichkeiten für Hauptschüler" gebildet und ar­beiten in dieser Richtung weiter.

Trotz erheblicher Anstrengungen durch die Schulbe­ratung - das möchte ich ausdrücklich sagen -, durch Informationsbroschüren und Elternabende ist es nach meiner Auffassung bisher nicht in zufriedenstel­lendem Maße gelungen, die Öffentlichkeit über das beruf 1 ich e Sc h u 1 wes e n zu informieren. Noch heute wissen manche Bürger unseres Landes gar nicht, daß es neben der Berufsschule eine Reihe weiterführender beruflicher Schulen gibt, die entwe­der unmittelbar in gehobene oder durchaus begehrte berufliche Laufbahn einmünden; ja sogar bis hin zur Universität den Weg eröffnen. Die Öffentlichkeitsar­beit scheint mir also dringend erforderlich zu sein. Das ist eine Aufgabe nicht nur des Staates, sondern auch der Verbände, die hier alle mit angesprochen sind.

Wir haben in der Analyse, in der Darstellung durch den Kultusminister, gesehen, daß es in unserem ge­gliederten Schulwesen keine Sackgassen gibt; daß auch die Hauptschule keine Sackgasse darstellt. Abschlüsse müssen zugleich Anschlüsse sein. Wenn es da und dort im augenblicklichen System noch Schwierigkeiten gibt - auch wenn man vielleicht eine kleine zeitliche Verzögerung hat; ich sehe das nicht als Problem -, so müssen Schullaufbahnen doch korrigierbar bleiben; denn das gegliederte Schulwesen ist ein durchlässiges System. Darauf le­gen wir als Fraktion allergrößten Wert. Es muß also durchlässig bleiben; und die Nahtstellen dieses baye­rischen Schulwesens müssen aneinandergehen.

Lassen Sie rtlich noch etwas für den Hauptschüler sa­gen. Der überwiegende Teil der Hauptschüler wird unmittelbar ~ach der Lehrzeit in das Berufsleben ge­hen. Hauptst:hüler können aber auch nach der Be­rufsschule die Berufsaufbauschule besuchen, die mittlere, die. sog. Fachschulreife erwerben, die sie zum Eintritt 1in die 12. Klasse der Fachoberschulen oder Berufs.berschulen berechtigt, sie können aber auch mit de qualifizierenden Abschluß in eine be­sondere 10. lasse der Real- oder Wirtschaftsschule eintreten un so zur mittleren Reife gelangen. Es muß also - wie d se Beispiele zeigen - auf die Vielfältig­keit der sc lischen und beruflichen Möglichkeiten abgestellt rden; denn das Leben selbst, die Wirt­schafts- un Arbeitswelt, stellt eine breite Palette be­ruflicher An rderungen an den Schüler.

Die Schule anbieten, s schulischen

(Abg.

ann nicht in einer Einheitsschule etwas dem muß ebenfalls eine breite Palette ngebots schaffen.

rl Heinz Müller: Das stimmt nun gar nicht!)

Der eher pr tisch begabte Hauptschüler findet dann einen Ans luß in Fachschulen, Meisterschulen,

Technikerschulen, die ihn zum qualifizierten Fachar­beiter ausbilden.

(Abg. Karl Heinz Müller: Geistiger Nachholbedarf!)

Diese breite Palette unseres beruflichen Bildungswe­sens muß eben dargestellt werden. In den Medien hö­ren wir halt allzu viel von der allgemeinen Bildung. Aber wir müssen auch die praktische Bildung, die be­rufliche Bildung draußen sicher noch stärker verdeut­lichen. Sie ist letzten Endes - die gesamte berufliche Bildung und die Hauptschule - die Grundlage dieser beruflichen Bildung; sie ist eine wesentliche Säule, die letzten Endes zum Funktionieren unserer Volks­wirtschaft und unseres Wirtschaftslebens beiträgt.

Ich glaube, daß durch dies Gesagte verdeutlicht wird, daß es nicht darum geht, eine Einheitsschule für alle zu schaffen, sondern darum: Nicht allen das Gleiche, sondern jedem das Seine!

(Beifall bei der CSU - Abg. Lang: Bravo!)

Erster Vizepräsident Kamm: Nächste Wortmeldung, Frau Kollegin Redepenning!

Frau Redepenning (FDP): Herr Präsident, meine Da­men und Herren! Der Wahltermin rückt näher. Die Bil­dungspolitik hat immer noch einen beträchtlichen lan­despolitischen Stellenwert. Der derzeit aktuelle Re­gierungsentwurf einer Novelle zum EUG kann nun wirklich nicht als großer Wurf bezeichnet werden. Wen wundert's also, daß die CSU-Fraktion mit der heutigen Interpellation den Nothelfer zu spielen ver­sucht und mit den in ihrer offenkundigen Absichtlich­keit nicht mehr zu überbietenden Fragen dem Herrn Kultusminister, wie er selbst feststellt, „willkommene Gelegenheit zum Darstellen seiner Position", sprich zum Werfen von Nebelkerzen, bietet?

Wer die bekannte, vorgefaßte und zum Großteil ideo­logisch bestimmte Meinung der Staatsregierung zur Gesamtschule ergründen will - wie auch ihre Ein­schätzung der auf dem Markt befindlichen Testergeb­nisse -, der hätte sich auch des in diesem Hause vor kurzem ausführlich diskutierten und von der Staatsre­gierung nur zu diesem Zweck herausgegebenen Falt­blattes bedienen können. Und wer eine gebündelte statistische Übersicht z.B. über die Gliederung des Schulwesens in Bayern wirklich haben will und die vorhandenen Statistiken nicht selbst lesen kann, der hätte eine Schriftliche Anfrage machen können. Aber zum Nebelkerzenwerten eignet sich die heutige Ak­tion sicher besser. Und auf den 100 Seiten, die der Herr Minister, außer dem Tabellenmaterial hier nicht viel Neues bietend, abgeliefert hat, geht

(Abg. Lang: Eine Meisterleistung!)

- ich will Ihnen das an zwei Beispielen beweisen; Herr Kollege Lang, von Meisterleistung kann ja nicht unbe­dingt die Rede sein - einiges an M a n i p u 1 a t i o n vor sich. Vergegenwärtigen Sie sich doch noch ein­mal, wie der Herr Minister die Verdrettachung der A b i t u r i e n t e n z a h 1 e n beschreibt!

Da hat er in absoluten Zahlen zweifellos recht: Den 7000 und etwas von 1971 stehen um die 21 300 heute

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(Frau Redepenning [FDP])

gegenüber. Nur, an der Schülerpopulation eines Jahr­gangs hat sich von Verdreifachung überhaupt nichts entwickelt. Gestiegen ist diese Zahl von 6,5 auf 13,2 Prozent; das heißt, die Abiturientenzahl hat sich ver­doppelt. Mehr ist da nicht!

Ähnliche Manipulationen finden sich haufenweise. Die Frau Kollegin Meier hat dankenswerterweise schon auf eine Reihe weiterer hingewiesen. Ich will im Blick auf die Zeit das nicht weiter ausführen.

Ich bin mir überhaupt nicht ganz sicher, meine Da­men und Herren von der CSU-Fraktion, ob Ihre Ak­tion als Nothelfer heute einen so positiven Anklang finden wird. Ich meine, die „überfülle" des Hauses, der „tosende Beifall", den Sie Ihrem Minister bereitet haben, und die „brechend vollen" Regierungsbänke beweisen eigentlich, daß Handlungsbedarf und Rege­lungs- und Diskussionsbedarf in diesem Bereich auch von Ihnen selber nicht so eingeschätzt werden, wie es der Herr Lang in seiner Einbringungsrede dar­zustellen versucht hat.

(Unruhe bei der CSU)

- Ich bin ja immer der Mittagspausenausputzer. Das ist nun nicht neu.

(Abg. Lang: Drei sind da von Euch! -Abg. Dr. Punisch: Und 15 von Euch!)

Ehe ich mich den Ausführungen des Herrn Ministers zuwende, erlauben Sie mir noch einige Anmerkungen zum Werdegang und der Art der G e s am t s c h u 1 -

d i s k u s s i o n in der Bundesrepublik.

Mit der ausgerufenen Bildungsmisere und der sich anschließenden Phase intensiver Bildungswerbung -übrigens eine Gemeinschaftsaktion aller Parteien; auch wenn Sie es heute nicht mehr so gern wissen wollen - entstand gleichzeitig - wie ich das so etwas salopp nennen möchte - ein behavioristischer Ansatz des Denkens bei vielen Bildungspolitikern nach der Maxime: Vieles, wenn nicht alles, ist machbar; auf die organisierte Förderung kommt es an.

Ich kann lf!ich noch sehr gut an einen Fr ü h p ä d -a g o g i k ~ o n g r e ß in der Lazaretlstraße in Mün­chen, ventnstaltet von der CSU 1970, erinnern, auf dem der •llergrößte Schlager der Saison die Früh­leselernm · thode von Domann-Lückert war, woraus Sie von d r CSU recht erstaunliche Forderungen für die Frühf „ derung im Kindergarten und das frühe Le­senlernen erteiteten. Seit dieser Zeit wird für meinen Geschma in der bildungspolitischen Auseinander-setzung V zu viel über Organisationsformen von Schule u Fördermöglichkeiten, aber viel zu wenig über Päd ogik gesprochen, zumindest von den Bil­dungspoli kern. Ich bedaure dies und sage für die FDP: Wir issen heute mit noch größerer Deutlichkeit als viellei t vor 10 Jahren, daß die pädagogische .Si­tuation in iner Gesamtschule schlecht sein kann und in einer S hule des gegliederten Schulwesens gut -und umge ehrt.

Wir sehen in der Organisationsform „Gesamtschule" nicht bere s das Allheilmittel für alle Mängel und Pro­bleme, di das heutige Schulwesen hat. Wir meinen

i

1 aber, daß man der Gesamtschule eine faire Chance geben muß; daß dies aber in Bay­ern seit all den Jahren seit Verabschiedung des Bil­dungsgesamtplans nie unternommen wurde.

(Beifall bei FDP und SPD)

Wir wissen, daß es einer Vielzahl behutsamer Ände­rungen im inhaltlichen Bereich der Lernziele und Lehrpläne, im pädagogischen Bereich der Freiheit des Lehrers und der Stärkung seiner Erziehungsfä­higkeit, im organisatorischen Bereich der Gliederung von Schule bedarf, um den Bedürfnissen der den Schulen anvertrauten Kinder und dem pluralen An­spruch ihrer Eltern gerecht zu werden. Ansätze zu diesem Weg der behutsamen Änderung und Be­schreibung solcher Ziele finden Sie in Fülle in unse­ren Änderungsanträgen zur EUG-Novelle der Staats­regierung.

Wir haben uns im übrigen auch nie hinter der Forde­rung „eine Gesamtschule pro Landkreis" versteckt und mit der Formel von der Angebotsschule etwa verschwiegen, daß die Einrichtung von Gesamtschu­len als Angebot Auswirkungen auf das gegliederte Schulwesen hat. Klar. Wir glauben allerdings, daß es angesichts der Realitäten der Bildungsplanung heute in einem sehr unterschiedlich besiedelten Flächen­staat höchste Zeit ist, frei von ideologischen Scheu­klappen über Sc h u 1 o r g an i s a t i o n umfassend miteinander zu sprechen und zu V e r ä n d e r u n -gen bereit zu sein.

(Beifall bei der FDP)

Zunächst zu den Ausführungen von Herrn M a i e r ! Wir nehmen den Umfang und Ausbau des geglieder­ten Schulwesens und die dafür aufgebrachten Kosten zur Kenntnis. Welches Bundesland hätte nicht in den letzten Jahren eine extreme Steigerung seiner Bil­dungsausgaben zu verzeichnen gehabt!

Schon zur Schaffung eines Transportwesens, das al­lein erst überhaupt alles das möglich macht, was Herr Maier hier vorgetragen hat, erlauben wir uns die An­merkung, daß auch Ihnen nicht entgangen sein dürfte, daß wir bei der Kostenfreiheit des Schulweges so ziemlich an der Schallgrenze des Ma.chbaren an­gekommen sind.

(Zuruf des Abg. Dr. Goppel)

Zur lyrisch beschriebenen Fülle und Vielzahl der wei­terführenden, auf der beruflichen Bildung aufbauen­den Schulen erlauben wir uns die Anmerkung, daß von übers ich t 1 ich k e i t, klarer Information, k 1 a r er Sc h u 11 auf bahn berat u n g und -ent­scheidung wohl kaum die Rede sein kann. Die 62sei­tige Schrift „Der richtige Weg für mich", die in jedem Jahr in hoher Auflage auf die Schülereltern nieder­prasselt, beweist, wie ungeheuer kompliziert allein die Darstellung all dessen ist, was es gibt, und wie ungeheuer schwer es ist, einen Überblick für die El­tern herzustellen.

(Abg. Dr. Goppel: Noch schlechter ginge es, wenn wir die Gesamtschule hätten!)

Wenn natürlich dann auch noch an den A b -s c h 1 ü s s e n und Berechtigungen, die an diesen

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(Frau Redepenning [FDP])

Schulen erworben werden können, herummanipuliert wird, braucht man sich überhaupt nicht mehr darüber zu wundern, daß das Mißtrauen der Eltern gegenüber diesen Schulen relativ ausgeprägt ist und daß viele El­tern zunächst alles daran setzen, für ihre Sprößlinge im ersten oder spätestens zweiten Durchgang in der 4. bzw. 6. Klasse die Durchlässigkeit nach ganz oben anzustreben.

(Abg. Jacobi: Verständlicherweise!)

Die bekannten negativen Auswirkungen dieses ver­ständlichen Verhaltens der Eltern auf die Hauptschule setze ich als auch bei der CSU hinlänglich bekannt voraus.

Bei den Kosten ist eigentlich nur diejenige Zahl inter­essant, die Aufschluß über die R e 1 a t i o n d e r Ausgaben für Schulen zum Bruttoin-1 an d s so z i a 1 pro du kt für Bayern gibt: Sie ist mit 2,5 Prozent niedriger als in anderen Ländern und überdies seit 1975 schon wieder gesunken, und das, obwohl man weiß, daß Lehrer in Deutschland im inter­nationalen Vergleich nicht gerade die billigsten sind.

Wenden wir uns nun den eindrucksvollen Anstren­gungen zur inneren A u s g e s t a 1 t u n g u n d

. Differenzierung des gegliederten S c h u 1 w e s e n s , wie der Herr Minister das so nett nennt, zu!

Die nachgerade lyrischen Beschreibungen der einzel­nen Schularten und Bildungsziele SE/lze ich als hin­länglich bekannt voraus. Auf Sonderschulen und Son­dereinrichtungen, z.B. für Aussiedler- und Ausländer­kinder, einzugehen, erlaubt die Zeit hier nicht. Die Vielfalt der auf dem beruflichen Schulwesen auf­bauenden Zusatzeinrichtungen tangiert die Gesamt­schuldiskussion nicht; denn hier handelt es sich um eine Diskussion der Mittelstufe.

Bleiben wir al~ bei den für das heutige Thema wich­tigsten Schul.rten - Realschule, Hauptschule und Gymnasium -; also dort, wo es Gesamtschulbefür­wortern und -~egnern ums „Eingemachte" geht.

Wie sieht sie ap.JS, „die vielfältige, jedem Kind und sei­ner Begabun angemessene Angebotspalette"? Da das Hauptarg ment der Gesamtschulgegner immer wieder die B orgnis um den Fortbestand der päd­agogischen E heil Gymnasium und um die nur dort mögliche indi iduelle Förderung auch ausgeprägter Begabungen" - jeweils ergänzt durch das Argument der für die G amtschule angeblich unbedingt erfor­derlichen Ma mutgrößen - zu sein scheint, habe ich ein bißchen s bständiges Statistik-Studium - Quelle: amtliches Sc lverzeichnis 1980/81 - betrieben.

116 der 398 b yerischen Gymnasien, die ich dort ge­zählt habe, h en mehr als 1000, 60 sogar über 1200 Schüler. Nun ollte man annehmen, daß diese Mam­mutschulen, e wir alle mit gewissen Bedenken be­trachten, we gstens in sich reich gegliedert sind, also mehr al die beiden üblichen Zweige „math.­nat." - mat matisch-naturwissenschaftlich - und neusprachlich mit bestenfalls noch unterschiedlicher

Sprachenfolge bieten. Weit gefehlt! Insgesamt nur 49 Gymnasien in Bayern bieten mehr als zwei Richtun­gen. Diese 49 sind keineswegs unter den ganz gro­ßen zu finden.

Wie sehen nun die besonderen Angebote an den Gymnasien im einzelnen aus? Vom eigentlichen, k 1 a s s i s c h e n Gy m n a s i a 1 t y p, dem Von Herrn Maier nochmals liebevoll beschriebenen humanisti­schen Gymnasium bzw. Schulen, an denen ein huma­nistischer Zweig geführt wird, gibt es in Bayern noch genau 89 Stück. An mehr als einem Fünftel der baye­rischen Gymnasialstandorte - leider regional nicht ausgewogen verteilt - kann man also noch klassisch­humanistische Bildung erhalten.

Das großartig gefächerte Angebot des so -z i a 1 w i s s e n s c h a f t 1 i c h e n Z w e i g e s ist zu­nächst schon auf die Mädchen allein beschränkt.

(Abg. Jacobi: Immer noch!)

Es besteht an 39 bayerischen Gymnasialstandorten, ist aber ebenfalls nicht gleichmäßig verteilt. Der so­zialwissenschaftliche Zweig ist bemerkenswert häufig an Schulen in kirchlicher Trägerschaft eingeführt.

Das musische Gymnasium , ein Schultyp, der immer dann „herhalten" muß, wenn es um die musische Bildung unserer Kinder und um schön be­bilderte Artikel in „schule & wir" oder „schulreport" geht, gibt es in staatlicher Trägerschaft in Bayern ge­nau 19mal, insgesamt 28mal, und zwar in Amberg, Ansbach, Aschaffenburg, Augsburg, Bamberg, Bay­reuth, Burghausen, Coburg, Dillingen, Eichstätt", Er­langen, Forchheim, Freising, Ingolstadt, Kameltal bei Augsburg, Lauingen, Marktoberdorf, München - dort zweimal -, Niederalteich, Nürnberg, Passau, Regens­burg, Rosenheim, Schwabach, Schweinfurt, Strau­bing und Würzburg. Verschaffen Sie sich bitteschön mit Hilfe einer Landkarte einen Überblick über die „breitgefächerte regionale Verteilung" dieses beson­deren musischen Angebots!

(Beifall bei der FDP)

Dann haben wir noch den in den letzten Jahren be­sonders gelobten Z w e i g W i r t s c h a f t , den es in Bayern genau 28mal gibt. Die Landkarte der Gymna­sialstandorte weist auch hier große weiße Flecken auf.

Die mindestens zehnfache G 1 i e d e r u n g allein in­nerhalb des Bereiches Gymnasium, Herr Minister, die so eindrucksvoll belegen soll, wie breitgefächert und begabungsgerecht die Angebote des gegliederten Schulwesens sind, steht also für die Mehrzahl der bayerischen Schüler in dieser Breite ausschließlich auf d e m P a p i e r. Sie wird in den nächsten Jahren be< rückläufigen Schülerzahlen und nicht mehr belie­big vermehrbaren Übertrittsquoten eher noch gerin­ger werden. Dazu nachher am konkreten Beispiel zweier Landkreise mehr. Der durchschnittliche baye­rische Gymnasiast hat, wenn er nicht gerade im Bal­lungsraum oder in einer traditionellen Schulstadt wohnt, die Wahl zwischen mathematisch-naturwis­senschaftlichem und neusprachlichem Gymnasium. Eine weitere Wahlfreiheit liegt bestenfalls noch in der Sprachenfolge; damit hat es sich.

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(Frau Redepenning [FDP])

Zu den 327 normalen R e a 1 s c h u 1 e n , die ich im gleichen Schulverzeichnis gezählt habe: Bei nur vier Schülerjahrgängen und maximal dreierlei Fächergrup­pen sollte im Normalfall eine Schülerpopulation von 400 genügen, meine ich. 181, also mehr als die Hälfte dieser Schulen, haben aber über 500 Schüler. Acht „echte Renner" in der Schülergunst oder „Schulfa­briken" kommen sogar auf über 1000 bzw. über 1100 Schüler. Zum Vergleich: Hollfeld mit 6, nicht nur 4 Schülerjahrgängen, hat ausweislich dieses Ver­zeichnisses 1110 Schüler, München-Nord mit eben­falls 6 - und nicht 4 - Jahrgängen hat 1027 Schüler.

(Abg. Jacobi: Da spreche noch einer von „Unmoral" !)

Auch von den Realschulen kann nicht behauptet wer­den, daß etwa alle oder auch nur all diejenigen, die mehr als 500 Schüler haben, alle Fächergruppen an­bieten, von allen theoretisch möglichen zusätzlichen Differenzierungen und Angeboten -im Wahlfach- bzw. Wahlpflichtfachbereich ganz zu schweigen. Aber hier schweigt auch schamhaft diese Statistik; sie wird wis­sen, warum.

Das großartige Gemälde vom fein verästelten, jedem Begabungsschwerpunkt und Schülerinteresse ge­recht werdenden gegliederten Schulwesen ist, meine Damen und Herren, Herr Minister, Fiktion und from­mer Wunsch, mehr nicht.

(Beifall bei der FDP)

Wenden wir uns der Realität zu, wie sie sich im Bil­dungsangebot ganz normaler, zufällig gegriffener bayerischer Landkreise darstellt.

Es gibt Landkreise, deren Bildungslandschaft nach Ihren Aussagen total veröden müßte, wenn man dort Gesamtschulen oder gesamtschulähnliche Organisa­tionsgebilde mit dem Ziel einer weitgehend integrier­ten, im Innenverhältnis nach bayerischem Muster dreifach differenzierten Mittelstufe für die Jahrgänge 5 mit 9 schaffen wollte.

Der Landkreis Pfaffe n h o f e n / 11 m besitzt in der Kreissta,_ ein Gymnasium mit 1366 Schülern in 35 Klass und einer Zweigstelle für die Mittelstufe in Scheyern im Süden des Landkreises. Im neusprachli­chen Zw ig werden die Sprachenfolgen Englisch -Latein - ranzösisch und Latein - Englisch - Franzö­

eboten; im mathematisch-naturwissen­n Zweig sind sogar drei Sprachenfolgen esonders vermerkt wird die Zusammenar­m Schülerheim am Ort; kein Wunder, wenn wie der Landkreis geschnitten ist und daß

es kein iteres Gymnasium im Landkreis gibt!

Die Schu gehört mit 1366 Schülern nicht zu den chen kleinen Schulen. Sie könnte im Mittel­ich auf eine nicht unbeträchtliche Anzahl rn verzichten, und eine Einschränkung der en Sprachenfolgen wäre die einzige Kon­

sequenz us einer solchen Verminderung der Schü­lerzahl.

Um der pädagogischen Einheit der Anstalt Gymna­siun:i willen müssen aber auch die erst Zehnjährigen, die einen glatten Durchmarsch zur Hochschulreife anstreben, von Schweitenkirchen - Luftlinie 10 Kilo­meter-, von Wolnzach und Rohrbach - Luftlinie über 10 Kilometer-, von Hohenwarth und Reichertshofen - Luftlinie über 1 O Kilometer -, von Geisenfeld und gar Münchsmünster - noch weiter weg - nach Pfaf­fenhofen fahren oder Gastschulanträge für Schulen außerhalb des eigenen Landkreises stellen. Ingol­stadt ist allerdings für eine große Zahl der hier ange­sprochenen Orte nicht günstiger zu erreichen als die Kreisstadt Pfaffenhofen.

Es gibt drei Realschulen im Landkreis: eine in Pfaf­fenhofen selbst mit 722 Schülern in 24 Klassen; dort werden die Fächergruppen 1 und 2 für Knaben und Mädchen angeboten, die Gruppe 3 nur für Mädchen. Auch bei dieser Schule wird man nicht als von einer besonders kleinen sprechen können, die unter gar keinen Umständen Schüler abgeben könnte.

Wieviele der dortigen Schüler wiederum der Zusam­menarbeit mit dem Heim am Ort zu verdanken sind, geht aus dem Schulverzeichnis nicht hervor. Oie zweite Realschule liegt in Manching. Sie hat 465 Schüler, und die dritte in Geisenfeld hat 537 Schüler. Auch sie sind nicht gerade unter den kleinsten ihrer Art mit jeweils nur zwei Fächergruppen.

Wer von südlich der Kreisstadt zur Realschule will, muß also nach Pfaffenhofen; im Norden gibt es eine im westlichen Bereich und eine im östlichen Bereich des Landkreises.

Um Ihnen ein Bild von der Größe der anderen Schu­len im Landkreis zu vermitteln, zähle ich Ihnen die Hauptschulstandorte auf: Pfaffenhofen, Scheyern, Schweitenkirchen, Wolnzach, Reichertshofen, Gei­senfeld, Manching und Vohburg/Donau, also insge­samt haben wir neun echte Hauptschulen im Land­kreis - und 29 Grundschulen, was ein Bild über die Größe abgibt, wenn man Grundschulen wirklich wohnortnah organisiert -, und dann noch sechs Teil­hauptschulen 1 und eine Teilhauptschule 2. Die Schü­lerzahlen für diese Schulen liegen mir leider nicht vor. Ich gehe einmal davon aus, daß es sich bei den Voll­hauptschulen in der Regel um mindestens zweizü­gige gegliederte Schulen mit dem Schnitt von minde­stens 300 Schülern handelt und bei den Teilhaupt­schulen um in der Regel zweizügige mit mindestens 120 Schülern mal 6 bzw. bei der Teilhauptschule 2 180 Schülern. Ich nehme an, daß diese gegriffenen Zah­len eher zu niedrig sind; denn selbst die eine oder an­dere einzügige Hauptschule, die hier möglicherweise enthalten ist, wird ausgeglichen durch große Haupt­schulen in den zentraleren Orten. Wir kommen damit insgesamt an Schülerpopulation in der Mittelstufe in diesem Landkreis auf die Zahl von kanpp 5500 Schü­lern. Erliegt man nun nicht dem MY1hos, den der Herr Kultusminister nicht müde wird zu predigen, daß eine Gesamtschule bzw. integrierte Mittelstufe minde­stens 1000 Schüler brauche, um auch nur annähernd die Vielfalt des gegliederten Schulwesens in der Diffe­renzierung nachzuvollziehen, so würde dies bedeu­ten, man kann innerhalb dieses Landkreises an zehn

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7620 Bayerischer Landtag · PLENARPROTOKOLL 9/116 v. 03. 03. 82

(Frau Redepenning [FDP])

Standorten integrierte Mittelstufen anbieten, und es bleiben noch 500 Schüler übrig, meine Damen und Herren, für die besondere pädagogische Einheit einer gymnasialen Mittelstufe in Pfaffenhofen ;

(Beifall bei FDP und SPD)

die können Latein als 1. Fremdsprache dort lernen. Was wollen Sie eigentlich noch?

Und damit hätten Sie dezentral, wohnortnäher für alle Zehnjährigen, nicht nur für die glücklichen - in die­sem Zusammenhang deshalb glücklichen, weil sie Hauptschüler sind -. Fahrwege, die sich vertreten las­sen, und ein breiter gefächertes Angebot, das vielen Eltern allein schon durch den Wegfall der Hektik der Laufbahnentscheidung nach der 4. Klasse zu denken geben dürfte, ob nicht ein mittlerer Abschluß, wohn­ortnah erreicht, ohne die Verpflichtung, hernach zur Kollegstufe in die Kreisstadt zu müssen, auch etwas für sich hat.

(Beifall bei FDP und SPD)

Ich wollte Ihnen hier einmal beweisen, daß das geht. Und glauben Sie mir bitte - die Zeit erlaubt es nicht, daB ich es in epischer Breite nochmals so vortrage -, daB Pfaffenhofen von mir nicht wochenlang auf der Landkarte als ein besonders schlecht ausgestatteter oder ein besonders schlecht geschnittener und gele­gener Landkreis gesucht wurde! Ich werde Ihnen nachher noch ein paar Zahlen zum Landkreis Bad Kissingen vortragen, wo die Situation trotz Vierer Gymnasien im Landkreis letzten Endes genauso, ja sogar von der Schülerpopulation her, bei den schlim­men Entfernungen dort und den Spessart- bzw. Rhön-Ausläufern, die es zum Teil zu überwinden gilt, eher noch schwieriger ist. Auch dort ist eine solche Organisation locker möglich.

Es hat für mein Dafürhalten keinen Zweck - und auch das hat die FDP immer wieder gesagt-. davon auszu­gehen, daß eihe solche denkbare und mögliche Or­ganisationsfortn landesweit zentral von heute auf morgen ange~· rdnet werden kann - das haben wir alle miteinander g lernt; das sagt in diesem Hause auch keiner, Herr inister -, daB es einen Sinn gibt, derar­tige organisa rische Veränderungen über die Köpfe der Betroffen n hinweg einfach zu verhängen.

Beifall bei FDP und SPD)

Warum es ab r nicht möglich sein kann, daß zumin­dest die arg isatorischen Voraussetzungen einmal vorurteilsfrei iskutiert werden, und daB Sie in Ihrem EUG-Entwurf wenigstens die Möglichkeit eröffnen, daB nach re nal unterschiedlichen Gegebenheiten nach Abspra he zwischen Schulträger, Eltern, Leh­rerschaft und von mir aus noch den Abnehmern der Schulabsolve ten andere o rg an i s a to r i s c h e W e g e besc ritten werden, als dies bisher in Bayern möglich und ulässig ist, das will uns nicht mehr in den Kopf, He Minister; es paßt auch nicht in die bil­dungspolitisc e Landschaft und in die aktuellen Pro­bleme, die wi zu diskutieren haben.

Beifall bei FDP und SPD)

In wenigen Jahren werden sie wahrscheinlich ähnli­ches selbst auch mit in die Diskussion einbringen müssen.

(Abg. Jacobi: Gesamtschulen sind eben „Teufelswerk" !)

Ich erspare es mir in diesem Zusammenhang, lange Ausführungen noch einmal darüber zu machen, was alles zerbricht bei Kindern, die nach der 4. Klasse auseinandergenommen und in die unterschiedlichen, fein säuberlich selektierten Gruppen gewiesen wer­den, was an Freundschaften kaputtgeht, wenn's dann heißt, die einen sind die Doofen, die müssen im Dorf bleiben, und die anderen sind die guten, die dürfen in die Stadt oder in den zentralen Ort zu einer Schule fahren; all die Dinge haben wir oft genug und hinläng­lich ausgetauscht. Ich will auch nicht mehr lange über Prognosesicherheit reden. Die Zahlen, die der Herr Minister hier heute gebracht hat, und die Antwort, die Frau Meier Ihnen darauf gegeben hat, sprechen ei­gentlich für sich. Es gibt nach wie vor ein erhebliches Problem der Abbrecher, der Zurückgestuften, der Sit­zenbleiber und derer, die ins Bodenlose fallen, ohne Möglichkeit, auch nur einen qualifizierenden Haupt­schulabschluß zu erwerben,

(Abg. Jacobi: Das sind nicht wenige!)

wenn wir dafür nicht Voraussetzungen schaffen, die die auffangen helfen.

Lassen Sie mich Ihnen noch ein paar Zahlen zu B a d K i s s i n g e n sagen! Es gibt dort vier Gymnasien -relativ große, mit Ausnahme des winzig kleinen in Bad Brückenau; wie lange das mit einer Kollegstufe mit insgesamt 59 Kollegiaten noch leben wird, darf wohl gefragt werden -, es gibt hier drei Realschulen, und es gibt insgesamt 9548 Schüler. Damit ließen sich, dem vorhin beschriebenen Raster folgend, 18 - in Worten: achtzehn! - Mittelstufenzentren integrierter Art an 18 Schulstandorten organisieren - Hauptschu­len gibt es im Landkreis nur 14; sie ließen sich organi­sieren -; und es bleiben wiederum 500 Schüler übrig für Ihre Eliteanstalt mit Latein als 1. Fremdsprache und dem glatten Durchmarsch zur humanistischen Bildung.

Meine Damen und Herren, lassen Sie sich dies bitte­schön in einer ruhigen Stunde einmal - es gibt wun­derschöne Karten dazu - durch den Kopf gehen, und überlegen Sie, ob Sie es rechtfertigen und vertreten können, in der Frage der Schulorganisation einen derart rein ideologisch fixierten Standpunkt

(Beifall bei FDP und SPD)

heute noch um jeden Preis aufrechtzuerhalten.

(Zurufe und Widerspruch von der CSU -Zuruf von der FDP: Rein ideologisch! - Zuruf

von der CSU: Gleichheitsideologie! -Gegenruf des Abg. Hochleitner:

Ungleichheitsideologie ! )

Wir freien Demokraten hängen nicht dem verfehlten Ansatz der späten 60er Jahre an, daß durch entspre­chende Maßnahmen der Schulorganisation nachge­rade beliebig viele zusätzliche Abiturienten produzier-

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Bayerischer Landtag · PLENARPROTOKOLL 9/116 v. 03. 03. 82 7621

(Frau Redepenning [FDP])

bar sind. Das wollen wir auch gar nicht. Wir wissen auch. daß es eine vergleichsweise oberflächliche Be­urteilung staatlicher Bildungsanstrengungen war. die die Effizienz eines Bildungssystems vorrangig an des­sen Output an Abiturienten maß. Wir stellen andere Anforderungen an ein staatliches Bildungssystem und staatliches Bildungsangebot und wissen auch, wie schwer genau diese Anforderungen statistisch meßbar sind.

Das s t a a t 1 i c h e Bi 1 d u n g s a n g e b o t in einem rohstoffarmen und dichtbesiedelten Land mit hohen Lohnstückkosten muß zwei Dinge berücksichtigen:

Einerseits sind 1 n v e s t i t i o n e n i n e i n e m ö g -liehst breit angelegte und entwick-1 u n g s f ä h i g e B i 1 d u n g jedes einzelnen jungen Menschen echte Zukunftsinvestitionen im wahrsten Sinne des Wortes. Was denn außer manpower und technischem, menschlichem und sozialem know-how haben wir im internationalen Konkurrenzkampf zu bieten?

Andererseits müssen wir w e g k o m m e n v o n dem nicht mehr zeitgemäßen An­s p r u c h s de n k e n nach dem Motto „Jedes Abitur ist gleichzeitig eine Freifahrkarte in eine materiell ver­gleichsweise sorgenfreie Zukunft, jedes Einser-Abitur ist gleich einem verbrieften Rechtsanspruch auf ei­nen Studienplatz in Human- bzw. Zahnmedizin". Schule verleiht keine lebenslänglichen Berechtigun­gen! Schule bietet vorrangig Chancen zu Selbsterfah­rung, Selbsterforschung, zum Ausforschen der eige­nen Grenzen und der eigenen Leistungsfähigkeit. Je­des Jahr, das ein junger Mensch länger Zeit hat an ei­ner Schule, er oder sie selbst zu werden, ist kein Ver­lust, selbst dann nicht, wenn es mit dem Einlösen der vermeintlich erworbenen Berechtigung nicht so klappt, wie man selbst oder die Eltern es sich vorge­stellt haben. Jedes Jahr, das ein Dreizehn-, Vierzehn­oder Fünfzehnjähriger länger Zeit hatte, sich selbst auszuprobie(en, ist ein Gewinn, der sich später - al­lerdings zugtgebenermaßen statistisch schwer meß­bar - nieder4chlägt.

Wir haben 14eine statistischen überblicke über Bil­dungsleben.sfiiufe, die wir eigentlich bräuchten, um beschreiben lzu können, was staatliche Bildungsan­gebote nutz~n. schaden oder bewegen. Aber die Zei­ten sollten v · rbei sein, in denen wir uns, Sie sich, ir­gend jeman , von Amts wegen anmaßen darf zu be­schreiben, lche Begabungsprofile es gibt und wel­che streng a f diese Profile zugeschnittenen, vonein­ander abge chotteten Angebote von Staats oder Amts wegen dafür bereitgestellt werden müssen.

(Beifall bei FDP und SPD)

Wir müssen ufhören mit diesem zunftmäßigen Zu­weisen und Verteilen von Chancen auf die Köpfe sechs- und z hnjähriger Kinder; das geht nicht mehr!

(Er uter Beifall bei FDP und SPD)

Schule solltei zu möglichst vielen, ~albwegs erträgli­chen Bedin~mgen Tore zu neuen Ufern, zu neuen

Entwicklungsmöglichkeiten aufstoßen und offenhal­ten; das ist ihre eigentliche Funktion und nicht das Abschotten und Absperren.

(Beifall bei der FDP)

In diesem Zusammenhang müssen wir uns neben al­len heute primären Fragen der Organisation mit dem 1 n h a 1 t v o n S c h u 1 e und der üblichen L e i -s t u n g s b e w e r t u n g auseinandersetzen. Die Kla­gen allfälliger Abnehmer von Schulabsolventen über die nachlassende Befähigung dieser Absolventen sind nicht neu. Sie verdienen aber gerade im Hinblick auf das, was der Kultusminister hier und heute zur Leistungsfähigkeit des gegliederten Schulwesens ge­sagt hat, eine besondere Würdigung. Die Klagen der Abnehmer von Lehrstellenbewerbern über die mise­rable Qualifikation von Hauptschülern nehmen ebenso zu wie die über Rechtschreibfehler von Real­schulabsolventen und die der Hochschullehrer über die ihnen anvertrauten Abiturienten.

Wenn ich mir die heutige Rede des Kultusministers im einzelnen anschaue, dann ist trotz dieser vehe­menten Klagen speziell im Hinblick auf das Gymna­sium immer wieder von ganz besonderen Errungen­schaften, von ganz besonderer Leistungsfähigkeit und von ganz besonderen Leistungsergebnissen die Rede.

Bitte, was sind das für welche, Herr Minister? Sind Sie nicht wenigstens einmal bereit, mit uns zu über­prüfen - das ist ja der Anlaß, warum ich der Meinung bin, ehe wir über die Kollegstufe reden, müssen wir einmal z.B. über die gymnasiale Mittelstufe reden -, was da überhaupt noch vermittelt wird, was denn Ge­genstand der Leistungsprüfung und der Leistungsbe­wertung und des Leistungsabfragens ist,

(Beifall bei FDP und SPD)

wieviel an punktuellem Fachidiotentum völlig unver­dauter Fremdwörter in den Köpfen Fünfzehnjähriger herumspuken muß, die in vierzehn Stunden Geogra­phieunterricht bis zum Schuljahreshalbjahrtermin in der 9. Gymnasialklasse z.B. in zwei Stunden - jeweils eine pro Woche - sich befassen müssen mit den so­zialen, physiognomischen und physiologischen Kom­ponenten des Städtebaues, der Stadtplanung in den Vereinigten Staaten! Ich habe keinen von diesen Ker­len erlebt, der nachher auch nur eines der dort ver­wendeten Fremdwörter erklären konnte oder sagen konnte, was das heißt. Geschweige denn waren die Herrschaften in der Lage, mir Auskunft darüber zu geben, was Städteplanung eigentlich darstellt. Und noch viel weniger waren sie natürlich in der Lage, mir einmal zu sagen, wo z.B. Salt Lake City, Chicago oder irgend etwas liegt. Aber das ist vielleicht gar nicht so gefragt.

(Beifall bei der SPD)

Nur: die Liste dieser Beispiele läßt sich beliebig ver­längern. Wir müssen ungeheuer achtgeben - und das sage .ich mit spezieller Bitte und mit speziellem Appell an Sie, meine Damen und Herren Kollegen von der CSU-Fraktion -, daß wir uns nicht von einem im Grunde vom Ansatz her falschen Leistungsbegriff

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(Frau Redepenning [FDP])

aufs Glatteis locken lassen, womit dann geistige Hochstapelei betrieben wird,

(Zuruf von der FDP: So ist es!)

indem mit Leistungsvergleichen, mit Bewertungser­gebnissen im Vergleich, Parolen, Überlegungen, poli­tische Grundhaltungen begründet werden, die eigent­lich mit echter Leistung in Zusammenhang mit geisti­ger Leistung und Gesamtschau der Dinge mit einem Verständlichmachen der Welt, der Schüler und für die Schüler überhaupt nichts mehr ZU tun haben.

(Beifall bei der Opposition)

Hier liegen die eigentlichen Schwerpunkte der Dis­kussion, die wir in den nächsten Monaten und Jahren zu führen haben; ich habe es an dieser Stelle schon des öfteren gesagt.

(Zuruf des Abg. Jacobi)

Wenn dem so ist und wenn Sie uns in diesem Punkte zustimmen können, dann überbewerten Sie doch endlich nicht mehr in dem auch heute wieder „vorge­tönten" Maße die Organisationsfragen, sondern las­sen Sie uns dort, wo es möglich ist, auch im organisa­torischen Bereich Chancen eröffnen und Tore aufma­chen und die Diskussion entkrampfen, damit wir uns endlich wieder anderen Dingen zuwenden können.

(Beifall bei der Opposition)

Erster Vizepräsident Kamm: Oie Sitzung wird bis 15 Uhr 15 Minuten unterbrochen.

(Abg. Lang: Danke schön, Herr Präsident!)

(Unterbrechung der Sitzung: 14 Uhr 03 Minuten)

Wiederaufnatvne der Sitzung: 15 Uhr 16 Minuten

Zweiter Vizepräsident Lechner: Meine Damen und Herren! Oie Sitzung wird wiederaufgenommen.

Wir sind nach wie vor beim Tag e s o r d n u n g s -p unkt 10. Nächster Rectier Herr Kollege Rost. Herr Kollege, Sie haben das W!>rt !

Dr. Rost (C ) : Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vor er Mittagspause hat Frau Kollegin Re­depenning di Frage der Qualifizierung dieser Inter­pellation hins htlich Inhalt und Zeitpunkt gestellt. Ich habe dabei n Eindruck gewonnen, daß Frau Kolle­gin Redepen ing überhaupt nicht damit einverstan­den war, ja g radezu pikiert war, daß diese Interpella­tion im wese !liehen wohl zu einer Auseinanderset­zung zwisch n CSU und SPD führt und somit sie, FDP und Fr Redepenning, zu kurz kommen. Was sie dann in i em Beitrag geboten hat, war mehr ein kleinkarierte Zahlenspiel, als daß sie damit groß die

eil der Öffentlichkeit hätte erregen kön-nen.

1

1(Zuruf des Abg. Dr. Flath)

Was dagegen Frau Kollegin Meier von der SPD ge­bracht hat, hebt sich wohltuend von dem ab, was sie sonst gelegentlich im Kulturpolitischen Ausschuß oder auch außerhalb dieses Hauses

(Abg. Lang: Für die Meier kein Lob; das können wir nicht brauchen!)

- wie soll ich sagen - an Beschimpfungen gegen das gegliederte, differenzierte Schulwesen losläßt. Inso­fern muß noch etwas dazu gesagt werden, was sonst bei der SPD sehr stark in den Mittelpunkt gestellt wird, aber heute von ihr in ihrer sachlichen Darlegung von Argumenten für die Gesamtschule verschwiegen worden ist.

Mein Thema, zu dem ich jetzt komme, ist das Thema Gymnasium, seine Leistungen und s e i n e G e f ä h r d u n g. Das Gymnasium in Deutschland ist seit eineinhalb Jahrzehnten Hauptob­jekt der Sozialisten bei ihren Angriffen auf das geglie­derte Schulwesen. Dabei hat nur selten ein SPD-Poli­tiker so frontal eine Attacke gegen das Gymnasium geritten wie der hessische Ministerpräsident B ö r -n er, der laut „lauterbacher Anzeiger" vom 15. Sep­tember 1978 in aller Öffentlichkeit verkündete: „Ich kenne keine miesere Firma in der Bildung als das Gymnasium, und das will ich ändern."

Oie meisten Angriffe gegen das Gymnasium werden von SPD-Politikern mit Klischees geführt. So heißt es, was ja auch vor kurzem Frau Kollegin Meier im Kul­turpolitischen Ausschuß vorgetragen hat, das Gym­nasium sei die Eliteschule, die Ausleseschule; das Gymnasium sei der kennzeichnende Schultyp des 19. Jahrhunderts, und die CSU wolle. da sie am Schulsy­stem des 19. Jahrhunderts hänge, gerade deswegen das Gymnasium halten.

Mitunter muß die CSU, weil sie den Wert des Gymna­siums und des gegliederten Schulwesens deutlich hervorhebt, übelste Beschimpfungen über sich erge­hen lassen. Ich erinnere nur an den Beitrag von 0 r. Bö d d r ich vom 15. Februar 1981 in der „Bayeri­schen Staatszeitung", in dem er die CSU als Partei hinstellte, die als Weltbild ein „inhumanes Leistungs­und Ausleseprinzip in der Schule" habe, die „das Klassensystem im Bildungswesen in drei Klassen" festschreibe und die „Leistungsdruck, Streß, Auslese und Elitebildung in der Schule" bewahren wolle. So­weit Böddrich.

Wer so giftet und die Realität der schulischen Re­formentwicklung des Gymnasiums leugnet, der hat sich selbst in den Kreis der nicht mehr ernst zu nehmenden Polit-Hysteriker eingereiht.

Ernster nehmen muß man jedoch, was sich hinter die­sen Verbalinjurien gegen das gegliederte Schulwesen verbirgt, was nämlich die eigentliche Absicht der so­zialistischen Bildungsstrategen ist. Ich komme darauf noch zu sprechen, will jedoch schon vorweg die Me­thode herausstellen: Man läßt einerseits nichts Gutes am Gymnasium, um andererseits die integrierte Ge­samtschule als den im schönsten Licht strahlenden Gipfel der erreichbaren Entwicklung in der Schulor­ganisation und Schulpädagogik zu propagieren.

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(Dr. Rost [CSU])

Diese Schwarz-Weiß-Gemälde gehören einer verfalle­nen Kunstepoche an, meine Damen und Herren; sie sollen nur den Blick auf die besonderen Feinheiten unserer Schullandschaft verstellen. Vielleicht hat die Frau Kollegin Meier heute schon mit ihrer neuen diffe­renzierten Betrachtungsweise des gegliederten Schulwesens begonnen.

Ich meine, es ist deswegen gut, daß der Kultusmini­ster mit überzeugenden Belegen die vielfältigen Mög­lichkeiten einer schulischen Ausbildung für jeden Schüler in Bayern in seiner Antwort auf unsere Inter­pellation aufgezeigt und mit nüchternen, sachlichen Informationen unterstrichen hat. Es ist deshalb gut, daß der Landtag heute vor der Öffentlichkeit die un­terschiedlichen Positionen in der Schulpolitik aufzei­gen und die Bewertung des gegliederten Schulwe­sens bzw. der integrierten Gesamtschule in die rich­tige Mitte setzen kann.

Insofern ist Frau Kollegin Redepenning zu widerspre­chen, wenn sie meint, heute sei nicht der richtige Zeitpunkt. Ich glaube schon, zumal ja die Interpella­tion eingereicht wurde, als in den Zeitungsanzeigen der SPD oder in Ausstellungen des DGB eine große Kampagne für die integrierte Gesamtschule mit Halb­wahrheiten geführt wurde.

(Zuruf der Frau Abg. Pausch-Gruber)

- Der Kultusminister ist ja auf Ihre Behauptung einge­gangen, es seien Mini-Gesamtschulen mit 500 Schü­lern möglich und dergleichen mehr.

Nun zum Hauptschlüssel des gymnasialen Selbstver­ständnisses, zum Abitur. Im Jahr 1984, meine Da­men und Herren, werden wir in Deutschland ein schulpolitisches Jubiläum feiern können. Dann wird es genau 150 Jahre sein, daß das Gymnasium in Deutschland mit dem Abitur erstmals die allgemeine Hochschulreife verleihen konnte. Wir sollten bis zu diesem Jubiläumsjahr Klarheit geschaffen haben, wie wir das Abitur als zentrale Lenkfunktion im Sekundar­schulbereich eingestuft wissen wollen. Kann zum Bei­spiel, wie es der Bildungsbericht der Bundesregie­rung von; 1970 forderte, die Zahl der Abiturab­schlüsse qcier der mit dem Abitur vergleichbaren Ab­schlüsse ~rheblich - der Bildungsbericht forderte 50 Prozent ei~es Geburtsjahrgangs - gesteigert werden, ohne die cpualität der Ausbildung zu gefährden? Hat die Qualit* des Abiturs nicht ohnehin schon durch die Maßn~men im und am Gymnasium der letzten zehn Jahr~ gelitten? ·

Man muß bich in diesem Zusammenhang vergegen­wärtigen, ~aß das S e 1 b s t v e r s t ä n d n i s d e s Gy m n a i ums in Deutschland bis 1972, dem Zeit­punkt der ereinbarung der Kultusministerkonferenz über die ollegstufe, auf einem gemeinsamen Bil­dungskan n beruhte, der dem Heranwachsenden die Selbstfind ng als Persönlichkeit und die Orientierung in der We , und zwar nicht nur der beruflichen, er­möglichen .sollte. Als Basis galt eine für alle verbindli­che Allgertieinbildung, die ebenso Kenntnisse wie Einstellungen und Haltungen entwickeln helfen wie

die Voraussetzung für jedes Studium an der Universi­tät schaffen sollte.

Dieses Selbstverständnis hat das Gymnasium trotz gewisser Entwicklungen bewahrt, die ihm in seiner mehr als 1 OOjährigen Tradition manche Gefährdungen brachten. Da wäre zum Beispiel. an die Sprengkraft der zahlenmäßigen Ausweitung des Gymnasiums und der Abiturientenzahl zu erinnern. Der Kultusminister hat vorhin einige Zuwachsraten genannt; ich darf sie schnell einmal ins Gedächtnis rufen. ·

Der etwa 1963 massiv einsetzende Ausbau des baye­rischen Schulwesens, der von einem Professor - ich meine, es war Professor Lübbe - als stille Revolution bezeichnet wurde, hat die Zahl der Gymnasien in Bay­ern bis zum vorigen Jahr um 27 Prozent und die Ge­samtschülerzahl an Gymnasien um mehr als 130 Pro­zent ansteigen lassen.

Lassen Sie mich diese Zahlen des Kultusministers um einen anderen Aspekt im Hinblick auf die Abitu­rientenquote erweitern! Bis 1950. überstieg während der ganzen Zeit der Existenz des Gymnasiums als öf­fentliche Schule, also seit mehr als 100 Jahren, der Anteil der Abiturienten an einem Geburtsjahrgang nie die 5-Prozent-Marke. Auf das Jahr 1950 bezogen be­deutet die 5-Prozent-Quote eine Studentenzahl von rund 100000 in Deutschland. In den zehn Jahren von 1950 bis 1960 veränderte sich die Abiturientenquote lediglich um 0,5 Prozent auf rund 5,5 Prozent pro Ge­burtsjahrgang. Dann stieg die Abiturientenquote je­doch bis 1970 auf über 10 Prozent und erreichte in­zwischen in manchen Ländern der Bundesrepublik Deutschland mehr als 25 Prozent. In Bayern hat sich die Marke bei 13 bis 15 Prozent pro Geburtsjahrgang eingependelt.

Insofern stimmt also die Zahl der Frau Kollegin Rede­penning, aber auch die Ausgangszahl, die der Kultus­minister genannt hat, als er von einer Verdreifachung der Abiturientenzahl sprach. Das heißt, die unge­heuere Expansion am Gymnasium innerhalb eines Zeitraums von 15 Jahren ist bewältigt worden, ohne die vor rund 150 Jahren dem Gymnasium zugewie­sene Aufgabe zu löschen, nämlich mit dem Abitur auch Hochschulreife und Studierfähigkeit zu verlei­hen.

Das Erstaunliche an dieser stillen ·Revolution ist die· Tatsache, daß die quantitative Expansion des Gymna­siums dessen Q u a 1 i t ä t kaum einen Abbruch ge­tan hat - und das trotz großer Klassenstärken, trotz Lehrermangels bis zu Anfang oder Mitte der siebzi­ger Jahre, trotz räumlicher Bedrängnis, trotz vielfa­cher Änderungen von Lehrplänen und Lehrinhalten, worauf sich die Lehrer ständig neu orientieren muß­ten, trotz fehlender oder sich immer wieder erneuern­der Lehrmittel und trotz Unsicherheit über die päd­agogische Zweckmäßigkeit von Lehrmethoden. Das auch als Antwort auf die Gravamina, die vorhin von Frau Kollegin Redepenning hinsichtlich noch beste­hender Unsicherheiten oder Unterrichtsbedingungen an den Gymnasien genannt wurden. Man muß das ja im Zusammenhang sehen.

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(Dr. Rost [CSU])

Ich meine also abschließend dazu: Trotz dieser Be­einträchtigungen hat das Gymnasium an Qualität, wenn man vom Abitur. insbesondere vom bayeri­schen, ausgeht, nicht wesentlich eingebüßt. Beste vorzeigbare Beweise für die anhaltende Qualität ge­rade des bayerischen Gymnasiums sind die überpro­portional auf bayerische Gymnasiasten entfallenden Preise in Wettbewerben auf nationaler oder interna­tionaler Ebene oder auch die Anerkennung bayeri­scher Abiturzeugnisse in Deutschland als besonderer Ausdruck von Qualität. Hier wurde von den Lehrern an den Gymnasien eine Leistung vollbracht, die hin­sichtlich der Schwierigkeit der zu bewältigenden Auf­gaben in der deutschen Schulgeschichte einmalig ist. Das sollte auch einmal im Bayerischen Landtag mit Dank und Anerkennung gewürdigt werden.

Die Bedeutung des Gymnasiums ist auch dadurch gestiegen, daß es sich neuen bildungspolitischen Notwendigkeiten geöffnet hat, als da zu nennen wä­ren eine verstärkte Differenzierung von Ausbildungs­richtungen - der Minister hat darauf hingewiesen: zehn an der Zahl -, die erhöhte Durchlässigkeit, und zwar nicht nur innerhalb der Ausbildungsrichtungen im Gymnasium, sondern auch von anderen Schular­ten zum Gymnasium und umgekehrt, und vor allem die Durchsetzung des pädagogischen Prinzips von Förderung und Forderung - ich sage es ausdrück­lich: von Förderung u n d Forderung. Auf die Gleich­wertigkeit dieser Prinzipien wird 1982 ungleich größe­rer Wert gelegt als noch vor 30 Jahren. Ich bitte die Gegner des Gymnasiums, dies endlich auch zur Kenntnis nehmen zu wollen und nicht immer von ei­ner Ausleseschule zu sprechen, an der nur gefordert würde. Ich räume ein, daß vor 30 Jahren Formulierun­gen in der Schulordnung zu finden waren, die auf eine neue Ausleseschule schließen ließen; heute sind sie

· jedoch eliminil!rt, und wir verfolgen andere Prinzipien.

Die Bedeutung der Leistung der Lehrer an Gymna­sien wächst nbch, wenn man bedenkt, daß ihre beruf­liche Tätigkeit während der letzten 50 Jahre durch permanenten bruck von außen disqualifiziert oder be­einträchtigt wbrden ist.

1

Zweiter Vizef>räsldent Lechner: Herr Kollege Dr. Rost, gestatt;n Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Schmolcke? i

'

Dr. Rost: Ein , weil es Kollege Schmolcke ist.

(Abg. Dr Rothemund: Warum so sparsam?)

Schmolcke ( PD): Halten Sie es für einen besonde­ren Ausdruc des Förderungsprinzips, wenn heute am Gymnasi 25 Prozent der Schüler vor der 10. Klasse sehe ern und 50 Prozent den gesamten Durchlauf nie t schaffen?

Dr. Rost (CS ) : Herr Kollege, Sie machen den Feh­ler, daß Sie ie Expansion der Schülerzahlen am Gymnasium v llig außer acht lassen. Ich bezweifle, ob bei der von ·r genannten zahlenmäßigen Expansion

die Schüler beim Übertritt ans Gymnasium richtig be­raten worden sind.

(Abg. Dr. Rothemund: Das beweist, daß das System nicht stimmt!)

Ich sprach davon, daß den Lehrern am Gymnasium ihre Aufgabe durch Druck von außen erschwert wurde. Ich möchte zunächst an die permanente Be­schimpfung des Gymnasiums durch den notorischen Gegner erinnern, besonders durch die Gesamtschul­verfechter. Zum anderen müssen die bildungspoliti­schen Forderungen erwähnt werden, die in den letz­ten 15 Jahren keineswegs nur aus hehren Reformab­sichten heraus erhoben worden sind, sondern der Li­quidierung des Gymnasiums dienen sollten. Während sich die Unionsparteien um Reformen im wahrsten Sinn des Wortes - nämlich Reform als Weiterentwick­lung - bemühten, weil die Funktion der heutigen Schule in Staat und Gesellschaft neu überdacht wer­den sollte, benutzten bestimmte Kräfte die Schulre­form als Hebel zur Veränderung der Gesellschafts­ordnung.

Hierfür will ich wenigstens zwei Zitate als Beweis an­führen. Zunächst wäre der Landes k o n g r e ß G e s a m t s c h u 1 e n 1971 in Bochum zu erwähnen, der unter der Überschrift „Thesen zur Schulreform als Element gesellschaftlicher Veränderung" folgende Resolution verabschiedet hat:

Unser heutiges Gesellschaftssystem entspricht nicht mehr dem Auftrag des Grundgesetzes. Daher muß dieses System verändert werden. Schule ist geeignet, zu dieser Veränderung beizutragen, ·in­dem sie die Schüler entsprechend befähigt. Ge­samtschulreform müßte Vorhut gesellschaftlichen Fortschritts sein.

Sie sehen also, daß mit der Gesamtschule eine an­dere Zielsetzung verbunden wird, als heute hier vor­getragen wurde.

Ein zweites Zitat aus dem Aufsatz „Überlegungen zur Gesamtschulstrategie" des Kieler Schuldezernenten der SPD, Dr. Loh man n , erschienen in der Zeit­schrift „Bildung und Politik", Heft 9, 1978. Dr. Leh­mann stellt folgende taktische Überlegungen an: Die räumliche Zusammenlegung von Schultonnen zur einheitlichen Mittelschule sei als generelle Lösung der Öffentlichkeit nur schwer verständlich zu machen, jedoch könne man die Forderung nach Vereinheitli­chung der Lehrpläne, der Schuldauer, der Ab­schlüsse und Berechtigungen leichter der Öffentlich­keit plausibel machen, vor allem unter dem Vorwand, das Schicksal der Hauptschüler sei zu verbessern.

(Zuruf von der SPD: Vorwand?)

Unverfänglich sei auch das Stichwort „stufenweise generelle Integration über die integrierte Orientie­rungsstufe", weil es das bestehende Schulsystem nicht in Frage zu stellen scheine. Die erfolgverspre­chendste Taktik sei aber die Verwendung der Voka­bel „Ausbau der Gesamtschule als Angebotsschule".

Meine Damen und Herren! Das wollte ich zu den Aus­führungen von Frau Kollegin Meier ergänzen, um zu

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(Dr. Rost [CSU])

verdeutlichen, daß manche Gesamtschulvertreter keine hehren Reformabsichten verfolgen. Die Öffent­lichkeit wird verstehen, daß die CSU solche Resolu­tionen und Äußerungen nicht sorglos beiseite legt, sondern sorgfältig beachtet. Wenn die Taktik der Ge­samtschulverfechter darin besteht, entsprechend der gerade zitierten Lohmann-Empfehlung durch Ausnut­zung gängiger Vokabeln - Orientierungsstufe, Eltern­wille, Angebotsschule - das gegliederte Schulwesen schrittweise zum Einsturz zu bringen, dann sind wir gezwungen, vor jeder Vereinbarung auf KMK-Ebene die möglichen Konsequenzen sorgfältig abzuwägen. In den letzten eineinhalb Jahrzehnten sind wir durch die Taktik unserer schulpolitischen G e g n e r häufig enttäuscht und sogar getäuscht worden. Drei Beispiele will ich nennen:

Erstens. Die KMK hat 1969 beschlossen, die inte­grierte Gesamtschule als Versuchsschule einzurich­ten. Flugs wurde sie unter Bruch der Vereinbarung in manchen SPD-regierten Ländern zur Regelschule.

Z w e i t e n s. Entsprechend der Lohmann-Anweisun­gen "!loll folgendermaßen verfahren werden: Erst pro­pagiert man die integrierte Orientierungsstufe, um dann daraus die integrierte Gesamtschule zu ma­chen; erst propagiert man die Kollegstufe, um dann daraus die selbständige, vom Gymnasium gelöste in­tegrierte Kollegschule zu machen; erst propagiert man die Gesamtschule als Angebotsschule, um dann daraus die Gesamtschule als Regelschule zu ma­chen.

D r i t t e n s. Auch die Entwicklung der Berechtigung von Abschlüssen der Gesamtschule muß unter die­sem taktischen Aspekt sorgfältig geprüft werden.

Zum Thema Ab sc h 1 ü s s e gilt für die CSU, daß Abschlüsse der Gesamtschule den Abschlüssen der Hauptschule oder Realschule nur bei gleichen Lei­stungen gleichwertig sein dürfen.

Wir sehen 11uch den Z u s a m m e n h an g zwischen der Anerkennung von Gesamtschulab­s c h 1 ü s s ~ n und der G e f ä h r d u n g d e s A b -i t u r s a l;s a 11 g e m e i n e H o c h s c h u 1 z u -g an g s b l·r e c h t i g u n g. Wenn die Abschlußfor­derungen f r den Eintritt in die gymnasiale Oberstufe zu weit ge nkt werden, wirkt sich das unausweich­lich auf das;inhaltliche Niveau der gymnasialen Ober­stufe aus. ·e Folgerung daraus wäre, daß das Abitur zwar weite in den Abschluß des Gymnasiums dar­stellt, aber ich! mehr allgemein zum Hochschulzu­gang bere tigt. Eigene Prüfungen für die Hoch­schulzulas ng werden dann nötig sein. Die 150 Jahre alte gelung, wonach das Abitur mit der allge­meinen Ho hschulreife gleichzusetzen ist, wäre tot. Das hieße, aß die in der Welt anerkannte Bildungs­einrichtung ymnasium in Deutschland in ihrem Kern getroffen w e. Das Aufgehen des Gymnasiums in ei­ner nivellie enden Gesamtschule und integrierten Kollegschul wäre dann nur noch eine Frage der Zeit.

Für uns erg t sich daraus folgende Konsequenz: Die Förderung ines Nachwuchses für die Wissenschaft

und für Führungsfunktionen in Verwaltung, Wirtschaft und Technik und Politik wäre in öffentlichen Schulen nicht mehr sichergestellt, sondern würde sich außer­halb des öffentlichen Schulwesens entwickeln. Die Errichtung besonderer Eliteschulen, wie wir sie in den USA und in England beobachten, wäre eine Konse­quenz aus der verfehlten Bildungspolitik, die einseitig die Entwicklung von Gesamtschulen protegiert und die Reform des gegliederten, differenzierten Schul­wesens bekämpft und mit taktischen Raffinessen auf­hält.

Die CSU hat aus einer zwanzigjährigen schulpoliti­schen Auseinandersetzung in Deutschland vor allem gelernt, sich nicht mehr von Gegnern des geglieder­ten, differenzierten Schulsystems durch taktische Raffinesse übers Ohr hauen zu lassen,

(Abg. Lang: So ist es! Sehr gut!)

wobei wir durchaus betonen wollen, daß die CSU am hartnäckigsten den sozialistischen Einheitstendenzen in der Schulpolitik widerstanden und nunmehr auch zu einem allgemeinen Umdenken in Deutschland bei­getragen hat.

(Beifall bei der CSU)

Als Beweis ziehe ich die E n t w i c k 1 u n g d e r K o 11 e g stufen ref o rm heran. Wir haben die weitgehende Atomisierung der gymnasialen Ober­stufe nicht mitgemacht und erleben jetzt, daß in den meisten Ländern der Bundesrepublik Deutschland -auch in den sozialdemokratisch beherrschten - ein Umschwenken auf unsere Leitlinie zu beobachten ist. Daran haben sicher auch Entscheidungen der Judika­tive Anteil, zum Beispiel des Hessischen Staatsge­richtshofs vom 30. Dezember 1981,

(Abg. Lang: Eine sehr gute Entscheidung!)

und beharrliche Forderungen von seilen der Universi­täten wie etwa der Westdeutschen Rektorenkonfe­renz. In diesem Zusammenhang will ich nur klarstel­len, daß unser Dringlichkeitsantrag zur Kollegstufe, der in diesem Hause demnächst behandelt wird, nicht eine generelle Reform der Reform zum Ziel hat, son­dern durch Verbesserungen im Grundkursbereich die Allgemeinbildung zu fördern und aufzuwerten und so­mit die Reifeprüfung in ihrem bildungspolitischen Aussagewert zu erhalten.

Abschließend möchte ich hinsichtlich der Rolle des Gymnasiums zusammenfassend feststellen, daß die CSU

1. den Bildungsauftrag des Gymnasiums aus seiner rund 150 Jahre alten Berechtigung zur Verleihung der allgemeinen Hochschulreife als bewährt aner­kennt,

2. daher an der Einheit des Gymnasiums von der 5. bis zur 13. Klasse unumstößlich festhält,

3. somit die Notwendigkeit respektiert, durch mög­lichst lange gemeinsame Unterrichtung und Erzie­hung der Schüler im Gymnasium die bestmögliche Vorbereitung auf spätere adäquate Berufsaufga­ben am erfolgreichsten zu gewährleisten,

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(Dr. Rost [CSU])

4. bei der Erfüllung dieser Aufgabe durch das Gymna­sium möglichst chancengerechte - ich sage nicht chancengleiche - Übertritte an das Gymnasium bieten will, wobei die Gleichberechtigung der Kin­der aus allen sozialen Schichten im Hinblick auf ihr Leistungsvermögen und Leistungsverhalten ge­sichert bleiben muß.

Was Schulangst oder Schulstreß betrifft, so wehren wir uns energisch gegen die Unterstellung, daß diese Einstellungen von einer Schulorganisationsform ab­hängig seien. Jede Schule steht und fällt mit ihren Lehrern. So sind wir überzeugt, daß es in Bayern gute Gesamtschulen wie auch gute Gymnasien gibt, wenn drei entscheidende Faktoren miteinander harmonie­ren:

1. ein gutes Schulklima,

2. ein adäquates Lehrerverhalten,

3. spezielle Förderungsmaßnahmen.

Von diesen Faktoren, meine Damen und Herren, ist es vornehmlich abhängig, ob man eine Schule bzw. eine Schulform als human bezeichnen kann. Wenn im Bayerischen Landtag wenigstens über diese Erkennt­nis Übereinstimmung besteht - was ich nach der bis­herigen Debatte heute annehme -, dann sollte man auf dieser Gemeinsamkeit weiter aufbauen und mit der Beschimpfung des politischen Gegners bzw. mit der Beschimpfung von Schulformen aufhören, die man aus gesellschaftspolitischen Erwägungen nicht liebt.

(Beifall bei der CSU)

Zweiter Vizepräsident Lechner: Nächste Wortmel­dung, Herr Kollege Karl Theodor Engelhardt.

Engelhardt Karl Theodor (SPD): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Antwort des Herrn Mi­nisters ist sicherlich eine Fleißarbeit des Kultusmini­steriums, was. die Statistik angeht. Mir fällt ein Wort ein: „Man· nimmt immer die Zahl bei der Statistik, die am besten in ~ie Unterhaltung paßt." Was die Zitaten­sammlung üb•r Gesamtschulen anbelangt, so ist in ihr alles zusanjmengetragen, was sich in das Weltbild der CSU fügt. „Zitate gibt es für alles", sagt Martin Walser, Gutachten auch, möchte ich hinzufügen, nur sollte man sie' ganz lesen und auch vollständig aus-werten. 1

Herr Kollege f. Rost, Sie müssen eine unheimliche Angst vor je r organisatorischen und auch jeder pädagogische Entwicklung unseres Schulwesens haben, eine hreckliche Angst, denn sonst wären Sie nicht so s•harf ins Zeug gegangen. Übrigens wa­ren Sie schon t-vesentlich besser, obwohl das schwie-rig ist.

1

(Abg. Gi. pel: Das wird Ihnen sehr schwer fallen!)

Zur Verteidig ng des dreigliedrigen Schulsystems geht die CS von einem L e i s t u n g s b e g r i ff aus, der imm r stärker auf das abfragbare Wissen,

das Kognitive, die Gedächtnisleistung angelegt ist. Das hängt zusammen mit der Stoffülle in den Lehrplä­nen. Je präziser, je fülliger sie sind, desto höher das Maß des Abfragbaren, des quantitativ Meßbaren. Da­von hängen die Noten ab, die nachprüfbar sein müs­sen, weil sie eine ungeheure Bedeutung im Rahmen unseres Berechtigungswesens erhalten habe_n. Wir haben heute einen Leistungsbegriff, der Qualität als Summe quantitativer Einzelleistungen begreift: Gleichwertigkeit wird immer mehr zur Gleichartigkeit. Die Differenzierung, die Sie überall fordern, ist nicht Mittel zur Förderung der Schüler, sondern sie dient weitgehendst der Klassifikation und Einordnung. So kommt es, daß Fächer und Wochenstunden gezählt werden, Abschlüsse nach rein stofflich formalen Ge­sichtspunkten gewertet werden. Kultusminister Rem­mers aus Niedersachsen, ein Mann von Ihnen, hat dies in seiner Verärgerung über die bayerische Praxis und Ihr Drängen auf Gleichartigkeit als „Fliegenbein­zählen" bezeichnet. Die Meßlatte dabei ist immer das Gymnasium, dessen Leistungsforderungen herunter­transponiert werden auf die Realschule und auf die Hauptschule. Dabei übersehen Sie völlig, daß das Festbeißen an rein quantitativen, kognitiven Leistun­gen als alleinigem Bewertungsmaßstab schulischer Leistungen letztlich bewirkt, daß das Pädagogische an unseren Schulen immer weiter zurückgedrängt wird, daß Lehrer zu Richtern werden, zu Beamten, die zählen, messen und wägen, Vorschriften und wieder Vorschriften lesen müssen, um das Zählen, Messen und Wägen durchführen zu können. Unser Schulwe­sen entfernt sich dabei immer mehr von den. Forde­rungen, die in die Praxis umgesetzt werden müßten, nämlich junge Menschen in die Lage zu versetzen, glücklich zu werden, kritische Lebenslagen einschät­zen und bewältigen zu können, Verantwortung zu zei­gen, Grundlagen für Berufstüchtigkeit zu schaffen usw.

Woher kommt das U n b e h a g e n an u n s e r e n Sc h u 1 e n? Warum beklagen sich Handwerksmei­ster wie Universitätsprofessoren, Wirtschaftskapitäne wie Industriemeister über die Unbeholfenheit, manch­mal sogar Unfähigkeit unserer Jugend, sich zurecht­zufinden, trotz ausgeweiteter Curricula, trotz immer mehr Stoff in den Lehrplänen und trotz der von Ihnen angestrebten Vergleichbarkeit der Leistungsmes­sung im quantitativen Bereich?

Die Schule sollte in die Lage versetzen, das Leben zu meistern. Sie übersehen aber bei Ihrer Fliegenbein­zählerei ganz, daß Ihr Schulleistungsbegriff keine klare Größe mehr ist. Bei einem Überblick über die Fachliteratur wird das klar, wenn man etwa Rolf Taschner, Lückert, Heckhausen, Flitner, Heller, Beck­mann, Lüttge, lpfling, Edelstein - die Liste ließe sich weiter fortsetzen - liest, die die Motivationsforschung in _ihrer Bedeutung begreifen lassen, die in dieser Li­teratur eine immer größere Bedeutung einnimmt.

So kommt es, daß Eltern klagen, Jugendliche früh schulmüde werden, zu lernen aufhören, ausflippen usw. Es ist bezeichnend für die heutige Interpellation, daß kein Wort in der Fragestellung und auch kein

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(Engelhardt Karl Theodor [SPD])

Wort in der Antwort von den Kindern und Jugendli­chen, um die es eigentlich geht, die Rede ist.

(Beifall bei der SPD)

Sie verteidigen Ihr Schulwesen, sprechen vom „billi­gen Jakob", wenn' irgendwo Versuche unternommen werden, um zu günstigeren Ergebnissen zu kommen im Sinne einer besseren Motivation, im Sinne eines besseren Ergebnisses der Schule für das spätere Le­ben. Sie lesen Kinder zu früh aus, statt sie wirklich pädagogisch zu fördern. Das hängt mit Ihrem Be -g ab u n g s b e g r i ff zusammen. Sie sehen Bega­bung als Erbe und vergessen, daß, auch wenn man kein Behaviorist ist, viele Fakten sozialer, entwick­lungspsychologischer Art bei der Begabungsförde­rung eine sehr, sehr große Rolle spielen, daB Motiva­tion, Eigen- und Fremderwartung, Erwartungshaltun­gen eine ganz gewaltige Bedeutung haben.

Sie vergessen auch, daß Begabungsentwicklung Zeit braucht; mehr als vier oder sechs Jahre Grund­schule, in denen Entscheidungen zu treffen sind, die sich für das gesamte weitere Leben auswirken. Fer­ner vergessen Sie, daß die Voraussetzungen der Kin­der bedingt durch das jeweilige soziale Umfeld ver­schieden sind. Ich darf hierzu, mit Genehmigung des Herrn Präsidenten, Professor A r n o 1 d zitieren, Vor­standsmitglied der Hanns Seidel-Stiftung:

Die Frage nach den Begabungsunterschieden wurde bisher in zwei verschiedenen Ansätzen be­handelt. Es wurde angenommen, daß die sozial hö­hergestellten Schichten eine natürliche Bestenaus­lese darstellen und daß darum auch die Kinder aus diesen Schichten begabter seien als andere. Die gegensätzliche Auffassung nahm an, daß sich die Begabung nahezu willkürlich über die Gesamtbe­völkerung verteile. Inzwischen konnte die Hypo­these bestätigt werden, daß die Mittelwerte für be­gabungsbedingte Leistungen in sozial unterschied­lichen Wohnraumgebieten zu gleichen Durch­schnittswerten führen. Der Beweis wurde erbracht durch (lie Untersuchungen von H. Paul und R. Weiß, jedoch auch schon durch die Untersuchung von Burger, der für Akademikerkinder einen Intelli­genzquotienten von 125,7 und für Arbeiterkinder von 12$,6 feststellte. Paul kam ( 1968) bei seiner Untersljchung zu der Feststellung, daß der Anteil an beg4bten Kindern bei Arbeitern und Nichtarbei­tern anpähernd gleich groß ist. Die Tatsache, daß Arbeite kinder häufig in der Schule schlechter ab­schnei n als Nichtarbeiterkinder, wird dadurch er­klärt, d ß sie die Schule unter anderen Vorausset­zungen besuchen als Kinder aus Akademikerfami­lien. lh e Eltern besitzen weniger Bildungsinter­esse, s sich auf die Lernmotivation der Kinder auswir . Außerdem spielt der Faktor der sprachli­chen sdrucksfähigkeit sowohl in den sprachli­chen F hern als auch in der Lehrerbeurteilung der Kinder ine entscheidende Rolle. So zeigt sich, daß Ni tarbeiterkinder der Intelligenz nach besser von ihr n Lehrern eingeschätzt wurden, als es der Realitä~ entsprach, während Arbeiterkinder auf-

grund ihrer schlechteren sprachlichen Ausdrucks­fähigkeit schlechter beurteilt wurden.

Schließlich kommt Arnold - Ihr Mann, ein bedeuten­der Wissenschaftler - zu folgendem Ergebnis:

Kinder aus verschiedenen sozialen Schichten wei­sen kaum Begabungsunterschiede auf, wohl aber einen verschiedenen Kenntnisstand speziell auf sprachlichem Gebiet.

Hier ist sehr viel auszugleichen und diesen Tatsach"n müßte unser Schulsystem viel stärker angepaßt wer­den.

In der wissenschaftlichen Literatur überhaupt nicht begründet ist jene „Primitiv-Begabungstheorie", die früher einmal Kultusminister Huber in einer Haus­haltsrede vorgetragen hat. Er hat die Begabungen da­bei in praktische, nachvollziehende und theoretisch­abstrakte Begabungen eingeteilt. Diese Theorie spukt auch heute noch in der CSU-Argumentation, weil sie für das dreigliedrige Schulwesen so praktisch ist. Sie ist allerdings verfeinert worden und wird gerne geschönt. Kollege Dr. Thomas Goppel verzichtet in jüngste.r Zeit auf die Dreiteilung und läßt die nachvoll­ziehende Begabung weg.

Diese D r e i t e i 1 u n g s t h e o r i e hinsichtlich der B e g a b u n g ist ein wesentliches Fundament der Auslesepraxis bei Zehnjährigen. Wissenschaftlich wird sie mit den Erkenntnissen von B. Bloom begrün­det, den das bayerische Kultusministerium in einem Artikel in „Schule und Wir" einmal ausdrücklich als wissenschaftlichen Zeugen dafür anführt, daß die Ent­scheidung über die schulische Eignung im Alter von zehn Jahren möglich sei. Dem wird von namhaften Pädagogen und Psychologen, unter anderem von Flit­ner, Schiefele, lpfling, Lemp und anderen, widerspro­chen. Walter ßerger weist in seinem Beitrag „Schul­entwicklung in vergleichender Sicht" in „Pädagogik der Gegenwart", Wien 1978, nach, daß auch die Er­kenntnisse von Bloom diese Auslesepraxis nicht dek­ken.

Neben dem· Faktor Intelligenz gibt es nämlich weitere bedeutsame Faktoren, die sich zeitlich unterschied­lich entwickeln. Die Beschränkung auf den Faktor In­telligenz läßt außer acht, daß der Faktor Wahrneh­mungsgeschwindigkeit - etwa 80 Prozent des Reife­grades - im Alter von 12 Jahren, Raumvorstellung und logisch-schlußfolgerndes Denken erst im Alter von 14 Jahren, rechnerisches Denken und der Ge­dächtnisfaktor im Alter von 16 Jahren und der Faktor Wortverständnis sogar erst im 18. Lebensjahr voll er­reicht werden.

Die Verwendung des Begabungsbegriffs durch die CSU hat in ihren Auswirkungen also nicht wissen­schaftlichen, sondern ideologisch begründeten Cha­rakter. Sie dient der Verteidigung bestehender Schul­und Bildungsstrukturen.

Es wäre eine Verkennung der Tatsachen, wollte man behaupten, daß unser bayerisches Schulwesen nichts zu leisten vermag und nichts geleistet hätte. Wieviel fruchtbarer könnte aber die Arbeit unserer Lehrer sein, wenn sie nicht an Vorstellungen gebun-

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(Engelhardt Karl Theodor [SPD])

den wären, die zwar nicht klar wissenschaftlich fun­diert sind, wohl aber in ein System konservativer Ge­sellschaftspolitik passen.

(Beifall bei der SPD)

Ich zitiere, mit Genehmigung des Herrn Präsidenten, Maria W e b e r , Stellvertretende Vorsitzende des DGB und Mitglied der CDU.

Das ist Klassenkampf von oben, der sich des drei­gliedrigen Schulsystems bedient, um auszulesen, um Eliten zu schaffen und abzuschotten und um damit traditionelle Machtstrukturen als mehr oder weniger geschlossene Gesellschaft zu erhalten.

(Starker Beifall bei der SPD)

Wir wollen nicht um jeden Preis die Gesellschaft ver­ändern. Kollege Lang ist nicht da, aber auf seine Frage eine Antwort:

Das Bildungswesen muß die Chancen für jeden jun­gen Menschen offenhalten. Deshalb ist die Frage be­rechtigt, wie das maximal geschehen kann. Dazu sind Anstrengungen nötig und nicht hartes Festhalten an historischen Schulformen und Vorstellungen.

Die Gesamtschule wäre hierzu als Angebot ein Weg zu besseren Entwicklungsmöglichkeiten für unsere Kinder.

(Beifall bei der SPD)

Zweiter Vizepräsident Lechner: Nächste Wortmel­dung, Herr Abgeordneter Donhauser!

Donheuser (CSU): Herr Präsident, Hohes Haus! Die heutige Interpellation betreffend das Schulwesen in Bayern führt im wesentlichen zu einem Schlagab­tausch zwischen dem d r e i g 1 i e d r i g e n Sc h u 1 -w e s e n und der i n t e g r i e r t e n G e s a m t -s c h u 1 e. Dazu darf ich ein paar Ausführungen ma­chen.

Die sich verstäfkende Polarisierung in der Schulpoli­tik und die Konfrontation im Schulwesen zwischen A­und B-Länder erfordert es, den gegenwärtigen Zu­stand zu refle ieren. Die 1970 getroffene Feststel­lung der Bu esregierung, daß das gegliederte Schulwesen g z besonders bei uns in Bayern dazu beitrage, durc Ausleseverfahren überkommene so-ziale Schichtu zu erhalten, negiert die gerade unter dem sozialen pekt bedeutsame Weiterentwicklung der Schulform n unseres gegliederten Schulwesens und ist ein Bei piel für den Austausch bildungspoliti­scher gegen gesellschaftspolitische Argumente. Während unse bayerisches gegliedertes Schulwesen seit den 50er J hren Beachtliches geleistet hat, bleibt die von SPD u Gewerkschaft geforderte integrierte Gesamtschule iesen Beweis schuldig. Die Reform zur Erreichun einer besseren Organisation hörte weitgehend a , pädagogischer Prozeß zu sein, und wurde statt de en viel mehr zu einer Form der politi­schen Auseina dersetzung zur Erlangung einer ande­ren Verfassun der Gesellschaft.

Im Gegensatz zu meiner Vorrednerin, Frau Meier, möchte ich in meinem Beitrag versuchen, ohne Vor­urteile und nicht mit Statistik, mit der man alles ka­puttmachen kann, wissenschaftliche Untersuchungen und Erhebungen gegenüberzustellen. Diese beruhen zum Beispiel auf den Feststellungen der Professoren Hitpaß, Günther, Willecke, Preußer, Fend, Rascher! -einige davon sogar Gesamtschulbefürworter -, der Bund-Länder-Kommission, des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft, des Bundesministers für Jugend und Familie, des Kultusministeriums Nord­rhein-Westfalen und schließlich auch unseres Kultus­ministers - also bunt gemischt und ganz und gar nicht einseitig.

Hinsichtlich der G e s am t s c h u 1 e bestehen Wi­dersprüche und Zielkonflikte. Einmal heißt es zum Beispiel, daß es in der Gesamtschule kein Sitzenblei­ben gebe. Wie aber ein Schüler des m<1thematischen C-Kurses die A-Kurs-Schüler wieder einholen soll, ist schwer vorstellbar. Ebenso ist es unwahrscheinlich, daß ein Schüler mit dieser Kurskombination das Ab­itur schatten kann.

Die Gesamtschule hat ein Problem: Für die begabten Schüler ist das Lerntempo zu langsam, für die schwa­chen Schüler zu schnell. In der Gesamtschule ohne Differenzierung in Leistungskurse werden die begab­testen und willigsten Schüler unterfordert, die lang­sam lernenden Schüler dagegen überfordert.

Das Prinzip der s o z i a 1 e n 1 n t e g rat i o n läßt sich, nach Behauptung von DGB und SPD, wie folgt beschreiben: Das d r e i g 1 i e d r i g e S c h u 1 s y -s t e m sei eine Schule der sozialen Auslese und Pri­vilegierung. Die Hauptschule erhalte und stabilisiere die gesellschaftliche Unterschicht, die Realschule oder Mittelschule und das Gymnasium lesen die Schüler für die sogenannte Oberschicht aus, denen die besten Sozialchancen gegeben würden. Als Be­weis für die Richtigkeit dieser Behauptung wird ange­führt, in der Hauptschule seien kaum Akademiker­und Unternehmerkinder, im Gymnasium und auf den Hochschulen seien dagegen kaum Arbeiterkinder zu finden.

Die Gesamtschulbefürworter behaupten, daß das tra­ditionelle Schulsystem eine Klassenschule sei, die Gesamtschule dagegen solle eine klassenüberwin­dende, egalisierende und gesellschaftsverändernde antikapitalistische Schule werden. Sie solle mehr Gieichheit bringen und zur Aufhebung der sozialen Schichten oder Klassen beitragen.

Es gibt Hinweise darauf, daß diese soziale Integration durch die Gesamt s c h u 1 e nicht nur nicht er­reicht wird, sondern daß vielmehr ungewollt eine Ver­schärfung der Gegensätze eintreten kann. Eine wis­senschaftliche Erhebung bestätigt bei den sogenann­ten „oberen zehntausend Berufen" 10 Prozent, bei den Führungsgremien in Wirtschaft und Verwaltung 20 Prozent, bei den gehobenen Berufen 30 Prozent, bei mittleren Angestellten und Beamten 50 Prozent aus Arbeiterfamilien.

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(Donhauser [CSU])

Eine dem Angebot der traditionellen Schulen glei­chende Gesamtschule müßte mindestens bis zur 13. Klasse 1500 bis 1800 Schüler aufweisen und unter ei­ner einheitlichen Schulleitung zusammengefaßt sein. Das ergibt ein Monstrum, das nicht mehr überschau­bar ist; von Erziehung keine Rede mehr!

(Abg. Lang; So ist es!)

Gehen Sie aber auf 500 bis 600 Kinder, also Ihr neues Modell, zurück, dann frage ich Sie: Wo bleibt das auch nur annähernd gleiche Angebot zu unserem Sy­stem?

Die Gesamtschulen werden ja bisher bevorzugt, auch bei uns in Bayern. Diese Schulen sind mit mehr Lehr­und Lernmitteln und auch flächenmäßig besser aus­gestattet, weil es ja Versuchsschulen sind. Personell sind die Hamburger, ebenso die Gesamtschulen in Nordrhein-Westfalen, um 40 Prozent besser gestellt als die traditionellen Schulen. Auf 15 Gesamtschüler kommt ein· Lehrer, während in unserem traditionellen Schulsystem auf 22 Schüler ein Lehrer entfällt. Wäh­rend in Nordrhein-Westfalen 100 Gymnasiasten maxi­mal vier bis fünf Lehrer zur Verfügung haben, werden 100 Gesamtschulschüler von sieben Lehrern betreut. Finanziell sind die Gesamtschulen ebenfalls erheblich besser ausgestattet als unsere traditionellen Schulen. Ein Gymnasiast in Hamburg kostete im Schuljahr 1979/80 3100 DM; ein Gesamtschulschüler der glei­chen Kategorie dagegen 3700 DM. Während ein Schüler der traditionellen Schulen in Hamburg 100 DM kostet, bekommt ein Gesamtschulschüler 140 DM in Halbtagsform und 180 DM in Ganztags­form. Die Schüler von Gesamtschulen sind also um 40 bis 80 Prozent teurer als die Schüler unseres tradi­tionellen Schulsystems. Es ist bei dem derzeitigen Schuldenstand der Gemeinden - im letzten Jahr wa­ren es ca 96 Milliarden DM - und der Bundesländer · in Höhe von 137 Milliarden DM - welche ja die Haupt­finanzlast der Gesamtschule zu tragen hätten - nicht ersichtlich, wie diese Kosten aufgebracht werden sol­len, wenn die Gesamtschule zur einzigen Regel­schule werden soll. Es gibt in anderen Bundesländern deswegen bereits Überlegungen, die Kosten für die Schulbusse und die Bücher wieder den Eltern anzula­sten.

Die Chanbengleichheit zwischen den traditionellen Schulen tJnd den Gesamtschulen besteht also des­halb nicht. weil die Gesamtschule bevorzugt wird. Diese Un leichheit muß allmählich ein Ende finden; sie gehö abgeschafft. Dann hinkt ein Vergleich zwi­schen d Gesamtschule und dem dreigliedrigen Schulsyst m nämlich noch mehr; dann kann die Ge­samtschu nicht mehr konkurrieren.

L e i s t u g s v e r g 1 e i c h zwischen Gesamtschul­abiturient n und Abiturienten traditioneller Schulen mit Tests, die unumstritten sind, haben folgende Er­gebnisse rbracht; sie wurden von Professor Hit -p a B dur geführt:

1. Die Be auptungen der Befürworter von Gesamt­schule die Gesamtschule lasse die Kinder von Arbeitefn leichter zum Abitur kommen und fördere

die Kinder von bildungsfernen Elternhäusern in be­sonderer Weise, lassen sich nach den Zahlen der Untersuchung nicht belegen und aufrechterhalten. Arbeiterkinder an Gymnasien erzielen durchge­hend höhere Testleistungen als Arbeiterkinder an Gesamtschulen. Gesamtschulkinder haben dage­gen einen deutlich längeren Schulweg, der sie so­wohl zeitlich wie auch psychisch stärker belastet als Gymnasialschüler.

2. Abiturienten von Gesamtschulen heben sich in cer Leistungsfähigkeit negativ von den Gymnasiasten unseres Systems ab. Bei den Gesamtschulen ha­ben nur die besseren Schüler diesen freiwilligen Test mitgemacht.

3. Es hat sich herausgestellt, daß das Gymnasium mehr Hochbegabte tördert als die Gesamtschule.

4. Es läßt sich nach diesem Test nicht bestreiten, daß das Gymnasium sowohl Arbeiterkinder als auch Kinder aus bildungsfernem und schlechtem Milieu zu einem höheren Grad von Studiertähigkeit führt, als es die Gesamtschule bisher vermochte.

(Abg. Dr. Rothemund: Das glauben Sie doch selber nicht!)

5. Bei der Selbsteinschätzung der eigenen Leistungs­fähigkeit beurteilen die Gesamtschulkinder sich in fachlichen Leistungen als weniger qualifiziert ge­genüber den Gymnasiasten, weil die Gesamt­schule, wie sie meinen, weniger Wert auf Fachwis­sen lege.

Nun zu einzelnen Beispielen, die dieser Test ergab. Im Bereich Rechtschreibung und Leseverständnis schnitten die traditionellen Schüler unseres Schulsy­stems erheblich besser ab als die Gesamtschulschü­ler. Im Bereich der Mathematik zeigen unsere Schüler

(Abg. Dr. Rothemund; Was heißt denn „unsere" ?)

deutliche Überlegenheit. Der größte Unterschied er­gab sich - das ist erwiesen nach Professor Hitpaß -im Fach Englisch. Nur im Fach Physik - ich gebe ja offen zu, wie es war - ergab sich ein Gleichstand der Leistungen, obwohl die Physiklehrer an den Gesamt­schulen erheblich mehr Zeit für die Bearbeitung die­ses Stoffes aufwandten als die. Physiklehrer bei uns. Hochbegabte Schüler mit einem Intelligenzquotienten von 115 zeigten in Physik gleiche Leistungen in bei­den Schularten. In Rechtschreiben, Mathematik und Englisch schneiden die hochbegabten Gesamtschul­schüler wesentlich schlechter ab als die hochbegab­ten Schüler im gegliederten Schulwesen; ein Zeichen, daß hochbegabte Schüler in der Gesamtschule unter­fordert und nur im drelgliedrigen Schulsystem ange­messen gefördert werden. Auch die weniger intelli­genten Kinder, mit einem Intelligenzquotienten von 85 oder kleiner, erreichten in den Fächern Englisch und Deutsch in unserem Schulsystem bedeutsam bessere Ergebnisse als die Schüler des Gesamt­schulsystems, während in Mathematik und Physik keine Leistungsunterschiede auftraten.

Die Gesamtschule fördert also die langsam Lernen­den nicht besser und stärker als die Hauptschule und

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(Donhauser [CSU])

Realschule. Gesamtschulschüler kommen vermehrt mit ungerechtfertigt besseren Noten in Lehrbetriebe, Fachhochschulen und Universitäten ;i.ls die Schüler aus Hauptschule, Realschule und Gymnasium.

Nun einiges zum Erziehungsklima, das ja bei uns wieder groß geschrieben wird. Nach einer Unter­suchung von Fe n d - Rascher t, beide Befürwor­ter der integrierten Gesamtschule, ergibt sich folgen­des:

1. Gesamtschulschüler der Klassen 8 und 9 zeigen in jeder Hinsicht stärker ausgeprägtes abweichendes Verhalten als Schüler der Klasse 6 der Gesamt­schule. Sie sind deutlich undisziplinierter als die Gymnasiasten der gleichen Jahrgänge.

2. Knaben zeigen sich aggressiver und störender als Mädchen.

3. Schüler vom Lande sind weniger unter den Stö­rern, aber stärker unter den Schulschwänzern ver­treten.

4. Die meisten Disziplinprobleme gibt es in den C-, D-, E-Kursen, d. h. in den Gruppen der Gesamt­schule, die einen niedrigen Schulabschluß erwar­ten. Mutlosigkeit, Enttäuschung, Motivationsverlust machen sich breit.

Was bemängeln die Lehrer der Gesamtschulen, ebenfalls nach dieser Statistik?

1. Absinken des Lernniveaus in nicht mehr zu verant­wortendem Maße.

2. Erhebliche Lernrückstände sowohl bei leistungs­starken als auch bei leistungsschwachen Schülern.

3. Zerstören der Lernmotivation bei allen Schülern.

4. Statt Diskussionsfähigkeit aufgrund von Kenntnis­sen und Einsichten wird Geschwätzigkeit geför­dert.

5. Aggressionen gegen Mitschüler, Lehrer und schu­lische Einrichtungen nehmen beängstigend zu.

6. Der LernslBnd der einzelnen Kurse ist so unter­schiedlich, ,daß erfolgreiche Übergänge kaum vor­kommen.

1

Ich habe in •iner Diskussion· von einem Verfechter dieser Gesamtschule gehört, der eindeutige Vorzug liege in der ommunikativen Kompetenz. Was heißt das eigentlic ? Die Gesamtschüler können besser schwätzen, skutieren, über alles reden - aber ein fundiertes G ndwissen fehlt ihnen.

Die bildungs olitischen Parolen, die Hauptschule sei die Restsch e der Gesellschaft mit deprimierendem Lernklima un das Gymnasium sei die Schule der Pri­vilegierten, nd also unhaltbar. Unhaltbar ist auch das Verspre hen der Gesamtschulbefürworter, die Gesamtschul könne die Schulverdrossenheit und Schulunzufri enheit abbauen· und die Lernmotiva­tion verstärk n. Wie ist das Verhältnis zur Gesamt­schule? Man he Eltern, besonders berufstätige, be­vorzugen die Gesamtschule deswegen, weil sie von ihr erwarten, ß sie die Kinder über Mittag bis in den

späten Nachmittag hinein pädagogisch betreut und versorgt.

(Abg. Jacobi: Das ist bösartig!)

Die Eltern sind aber deutlich unzufriedener mit den Leistungsanforderungen und der Disziplin bzw. Ord­nung der Gesamtschule als die Eltern der traditionel­len Schule.

(Abg. Dr. Rothemund: Waren Sie schon einmal in Hollfeld?)

- Das ist heute noch so. Insgesamt sind die Eltern mit unserem Schulsystem zufriedener mit der Schule ih­rer Kinder, während die Eltern von Gesamtschülern etwas zurückhaltender antworten.

(Unruhe bei SPD und FDP - Abg. Jacobi: Sie sind aber der Wirklichkeit schon ganz

schön entrückt, Herr Kollege!)

Das Elternrecht der Schulwahl ist bei uns gewährlei­stet. In der Gesamtschule ist es doch so, daß Sie zwar zuerst mitreden können; aber dann wird die Lehrerkonferenz entscheiden, welchem Kurs das Kind zugewiesen wird. Wenn Sie sagen, bei uns sei die Frühauslese etwas zu rasch mit 10 Jahren - das mag sein, daß das ein Handikap ist. Aber ich kann lh-· nen ein Beispiel aus meiner eigenen Familie sagen. Ich habe zwei Söhne. Bei dem einen mit 6 Jahren merkte ich, bevor er in die Schule ging, daß er ein Ma­thematiker wird; dem anderen mit 18 Jahren konnte ich keinen Rat geben, wohin er tendiert, weil er eben mehrseitig veranlagt und begabt war. Darum sind diese psychologischen Gutachten nicht kompetent. Wenn Sie sagen, mit 10 Jahren sei es zu früh - mit 12 kommen sie in die Pubertät; da ist es zum Teil noch schlimmer als vorher, da können Sie mit Gutachten überhaupt nicht mehr arbeiten.

Die Mehrheit der Kultusminister votiert also dagegen, die Gesamtschule als Regelschule einzuführen, weil sie sich für eine solche Entscheidung noch nicht be­währt hat. Sie haben sich dafür ausgesprochen, ihr als Versuch eine Chance zu geben; das haben wir auch in Bayern gemacht. Diese Empfehlung .hilft aber den Schulträgern nicht. Wenn jetzt die Schülerzahlen zurückgehen, was bedeutet dann eine neue Schule? Früher oder später müßten wir alte schließen. Die Ge­samtschule hat bisher, auch wenn Sie Hollfeld und München-Nord als zwei Schwalben heranziehen, die noch keinen Sommer machen,

(Abg. Jacobi: Das sind Eure Schwalben, nicht unsere!)

nicht den Beweis erbringen können, daß sie unserem dreigliedrigen oder mehrgliedrigen Schulsystem überhaupt gewachsen wäre. Es ist überflüssig zu sa­gen, daß die soziale Integration besser zum Zuge käme als im herkömmlichen System.

Wenn Sie unsere Schulorganisationsform anschauen - von der Frau Christa Meier behauptete, daß sie so schlecht wäre -, woher kommen denn unsere wissen­schaftlichen Höchstleistungen, die Weltgeltung besit­zen? Die heutigen Koryphäen, die diese Leistungen erbracht haben, sind doch alle durch unser System gegangen. Da läßt sich doch gar nichts deuteln.

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Bayerischer Landtag · PLENARPROTOKOLL 9/116 v. 03. 03. 82 7631

(Donhauser [CSU])

Was nützt es uns, eine Bildungseuphorie zu wecken mit so vielen Abiturienten? Dieser Abiturientenboom hat in verschiedenen anderen Bundesländern einge­setzt und einen Erwartungshorizont geweckt. Was ist daraus geworden? Jetzt fehlen die Stellen dafür. Ist ein qualifizierter Facharbeiter nicht genauso hoch oder vielleicht nicht höher einzuschätzen als ein ge­scheiterter Abiturient?

(Sehr richtig!)

Die fachlichen Voraussetzungen fehlen dem doch. Und mit der Statistik kann man alles kaputt machen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Ge­samtschule ist eine ideologisch verbrämte Schule und wirkt lebensfremd, da sie nicht zum Leben er­zieht. Wir leben in einer Leistungsgesellschaft, ohne Leistung keine Erfolge! Ich möchte mit einem Wort unseres Kultusministers schließen: Nicht jedem Kind die gleiche, sondern jedem Kind seine nach Anlage und Eignung gemäße Schule!

(Beifall bei der CSU)

Zweiter Vizepräsident Lechner: Nächste Wortmel­dung, Herr Kollege Jacobi !

Jacobl (FDP): Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Zunächst ein Wort zu der Schau, die die CSU geruht, heute hier abzuziehen.

(Abg. Möslein: Was ist das für eine Einleitung!)

Die leeren Bänke der CSU-Fraktion seit heute vormit­tag, vor allem die leeren Stühle links und rechts vom Rednerpult auf der Regierungsbank,

(Abg Dr. Hundhammer: Und die der FDP!)

bezeugen eindeutig, wie ernst von der CSU die Frage nach dem besseren, dem qualifizierteren Schulsy­stem bei uns in Bayern genommen wird.

(Unruhe bei der CSU)

Dies fällt auf Sie zurück. Für die FDP-Fraktion darf ich sagen, verehrter Herr Kollege Dr. Matschl, daß wir diese lnte~ellation nicht eingebracht haben. Wer in den letzte 3'/, Jahren in diesem Haus aufmerksam die lnterpe ationen verfolgt hat, die von der FDP ein­gebracht rden sind, wird objektiv feststellen müs­sen, daß wij' in der Aussprache zu unseren Interpella­tionen weit.stgehend vollzählig anwesend waren.

(Be~all bei der FDP-Abg. Möslein: Bei i 10 Mann kein Kunststück!)

10. Oktober werden Sie vielleicht von besseren nditionen ausgehen können.

( bg. Möslein: Wir warten es ab!)

Das riesig Täuschungsmanöver, das Sie hier abzu­ziehen ver uchen, ist letzten Endes billiger Wahl­kampf, der diesem Hause, das sich wahrlich mit ge­wichtigere Dingen als dieser Art der Darstellung zu befassen h. tte, veranstaltet wird, und zwar auf dem

Rücken unserer Schulen und unserer Kinder. Bei sol­chem Schattenboxen muß man sich schon fragen. ob die CSU tatsächlich so von der Durchschlagskraft ih­res sogenannten dreigliedrigen Schulsystems über­zeugt ist.

(Abg. Möslein: Mehrgliedrig!)

Wir stellen mit aller Überzeugung fest: Die CSU befin­det sich, in Teilen zumindest, bereits auf dem Rück­zug; er wird sich mit zunehmendem Zeitfortschritt noch verstärken.

(Abg. Möslein: Da werden Sie sich täuschen!)

Ich bin kein Prophet, das will ich gar nicht sein, aber die Argumente, jedenfalls die besseren, werden auf unserer Seite sein!

(Zuruf von der CSU: Keine Ahnung!)

Macht die CSU nicht allmählich durch die Verursa­chung von ständigen Widersprüchen in ihrem eige­nen System dieses System unglaubwürdig und ka­putt? Ich drehe das Wort des Herrn Kultusministers von der bildungspolitischen Roßtäuscherei herum: Das fällt auf Ihr System zurück. Dazu werde ich noch einige Ausführungen zu machen haben.

Nicht umsonst wird gerade wieder in dieser unserer Zeit dem Kultusministerium vorgehalten, es zeige sich immer mehr als Paragraphenfabrik. Die Warnun­gen, die von vielen Seiten der betroffenen Öffentlich­keit vorgebracht werden, sollten doch sehr zu den­ken geben.

Wenn Sie schon bei einem Vergleich zwischen dem sogenannten dreigliedrigen System und der Gesamt­schule sind, darf ich mir erlauben, einmal den Leiter der Gesamt s c h u 1 e Ho 11fe1 d zu zitieren, ei­ner Gesamtschule, die auch von sehr ernstzuneh­menden Kollegen in diesem Haus in der CSU-Frak­tion als eine gut funktionierende Gesamtschule dar­gestellt wird. Der Herr Direktor Sah m hat folgendes ausgeführt; ich darf mit Genehmigung des Herrn Prä­sidenten zitieren:

leere Staatskassen und der daraus folgende heil­same Zwang zum Sparen werden auch die Politiker zwingen, bald intensiver über die Gesamtschule nachzudenken, liegen deren Kosten doch weit un­ter dem Verwaltungsaufwand, den das herkömmli­che gegliederte Schulsystem erfordert.

Nachdem Herr Sahm nicht nur an Gesamtschulen un­terrichtet hat und unterrichtet, sondern auch das dreigliedrige bayerische Schulsystem sehr genau kennt, kann diese Aussage wohl nicht so weit herge­holt sein.

(Abg. Dr. Glück: Aber für den Kostenvergleich ist er nicht zuständig!)

Herr Kollege Dr. Rost hat darauf abgehoben, daß in den zurückliegenden 17 oder 19 Jahren bei uns in Bayern so etwas wie eine stille Revolution stattgefun­den hätte. Einmal ganz abgesehen davon, daß das ein sehr hehrer Ausdruck ist, der nach meinem Dafürhal-

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(Jacobi [FDP])

ten überhaupt nicht in unsere Argumentationsland­schaft paßt,

(Abg. Dr. Rost: Das müssen Sie schon mir überlassen!)

darf ich feststellen: Wenn seitens der CSU hervorge­hoben wird, daß gewisse Zwänge vorhanden waren, die sie, die CSU, zum Nachdenken und zum Abrük­ken von bestimmten Positionen bewegt haben, ist das ein eindeutiger Beweis dafür, daß die Öffentlich­keit, Eltern- und Lehrerverbände, nicht zuletzt die Oppositionsfraktionen in diesem Hohen Hause, die CSU dazu bewegen konnten, etwas von dem abzu­rücken, was früher sakrosankt war. Sie werden noch von vielem, was Sie früher als unveränderbar ansa­hen, abrücken müssen!

Im Zusammenhang mit Ihrem Verhältnis zur Gesamt­schule fühle ich mich immer an Berichte aus der Zeit der Kolonisierung Afrikas erinnert bzw. an das, was uns die Erforscher des afrikanischen und des süd­amerikanischen Kontinents berichten,

(Abg. Diethei: Welche?)

Forscher aus unseren Breiten, die versuchten, die Eingeborenen davon zu überzeugen, daß das Gute, was in unserer Zivilisation steckt, auch für sie gut sei. Die Eingeborenen stemmten sich mit aller Macht da­gegen, Neues bei sich Einfluß nehmen zu lassen.

Bei Ihren Vorträgen und Ausführungen zur Gesamt­schule werde ich immer wieder an dieses Bild erin­nert; sie sind nämlich in gleicher Weise eine Verteufe­lung, die, wie sich im nachhinein, dann, wenn man sich lange genug mit dem betreffenden Gegenstand auseinandergesetzt hat, erweist, überhaupt nicht mit den Tatsachen in Übereinstimmung zu bringen ist.

Herr Kollege D o n h a u s e r hat schließlich das Wort von den „Monster-Schulen", die die Gesamtschulen darstellen seien, geprägt. Ich möchte nicht wiederho­len, was unsere Kollegin, Frau Redepenning, heute mittag ausgeführt hat, und darf deshalb darauf ver­weisen. Wer sich die Schülerzahlen an den bayeri­schen Gymnasien genau anschaut, kann, wenn er da­mit die Schüll!rzahlen der Gesamtschulen vergleicht, die Gesamtscjhulen wohl kaum als „Monsterschulen" bezeichnen, C>hne ein schlechtes Gewissen dabei zu haben. ·

i Ihre krankha e Neinsagerei zur Gesamtschule, meine Damen und erren der CSU-Fraktion, sollte Sie end­lich einmal, eine ich, dazu anregen, nachzudenken. Nur mit de Argument, daß nicht sein kann, was nicht sein da , werden die Probleme der Zukunft auf dem Gebiet r Schul-und Bildungspolitik in unserem lande nicht u bewältigen sein.

Meine sehr v rehrten Kolleginnen und Kollegen! Las­sen Sie mic noch kurz zu zwei Bereichen unseres derzeitigen eigliedrigen Schulsystems sprechen.

Zunächst zur Haupts c h u 1 e. Die angeblichen Ver­suche einer eform der Hauptschule gleichen nach unserer Übe!zeugung immer noch Sandkastenspie­len: Man prol>iert etwas, man rankt sich an schönen

Vorstellungen hoch, ohne all die schönen Versuche letzten Endes in handfeste Rahmen zu bringen. Alles bleibt beim Vorübergehenden. Der Hauptschule fehlt, gemessen an den neben ihr stehenden weiterführen­den Schulen immer noch das eigene, unverwechsel­bare Profil. Wenn Sie, meine sehr verehrten Kollegin­nen und Kollegen von der CSU, sich nicht dazu durchringen, endlich die sechsjährige Grundschule einzuführen, welche bekanntlich die Orientierungs­stufe mit einschließt, die den Übergang zu den wei­terführenden Schulen gleichgewichtet erfolgen läßt, werden Sie nie erreichen, daß die Hauptschule als gleichgewichtige weiterführende Schule neben dem Gymnasium, der Realschule, der Wirtschaftsschule und Handelsschule steht.

Im übrigen werden wir Ihnen sehr bald Gelegenheit geben, Farbe zu bekennen, vor allem, was die Orien­tierungsstufenschule Ihres niedersächsischen Partei­freundes Remmers anbelangt. Wir glauben, daß dies ein erster Schritt auch hier in Bayern in die richtige Richtung sein kann.

Bezüglich der A r b e i t s 1 e h r e , Herr Staatsmini­ster, erachte ich Ihre Ausführungen im Rahmen der Beantwortung der CSU-Interpellation immer noch als eine Ankündigung; mir fehlt allerdings der Glaube an ihre Realisierung. Wer den Mund spitzt, muß auch pfeifen.

Wir haben in diesem Hohen Hause bezüglich des B e t r i e b s p r a kt i k u m s im Augenblick ein äu­ßerst unwürdiges Schauspiel: Auf der einen Seite tut die Fraktion der Christlich-Sozialen Union so, als ob sie es mit der Einführung des Betriebspraktikums ernst meinte, während sie auf der anderen Seite im gleichen Atemzug hinzusetzt: Nur außerhalb der nor­malen Schulzeit! Was davon letzten Endes im Hin­blick darauf, daß die Schüler davon etwas haben sol­len, übrigbleibt, brauche ich ja wohl nicht noch extra auszuführen.

Lassen Sie mich zum G y m n a s i u m noch folgen­des sagen: Das, was sich an unseren bayerischen Gymnasien abspielt - der hohe Prozentsatz der Ab­brecher und Aussteiger; der reihenweise Ausfall von Stunden; ganze Fächer werden überhaupt nicht un­terrichtet; die verqueren Anforderungen der Lehr­stoffe; der Stundensalat und der gezielte Leistungs­und Stoffdruck, der durch die einstündigen Fächer entsteht und nicht mehr zu überbieten ist; die Kolleg­stufe, die unter Beschuß von so gut wie allen Seiten steht -, beweist, daß auch unsere Gymnasien in dem von Ihnen so gepriesenen dreigliedrigen Schulsystem mehr als reformbedürftig sind.

Der von der CSU· entfachte Kampf dreigliedriges Schulsystem - das es ja schon lange nicht mehr ist -gegen Gesamtschule geht eindeutig zu Lasten des Strebens nach der besseren Schule, also zu Lasten unserer Kinder. Die Verantwortung hierfür trägt allein die CSU. Schade, daß sie sich so wenig lernfähig und lernbereit zeigt!

(Beifall bei der FDP)

Zweiter Vizepräsident Lechner: Nächste Wortmel­dung, Herr Kollege Dr. Goppel!

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Dr. Goppel (CSU): Herr Präsident, verehrte Kollegin­nen und Kollegen! Herr Kollege Jacobi hat gemeint, die CSU befinde sich auf dem Rückzug. Ich will Ihnen gern darin zustimmen, daß wir hinsichtlich der Dinge, die wir in den letzten Jahren mit Ihnen zusammen -manchmal Ihrer Richtung nachlaufend, manchmal auch in einem falschen Verständnis in der einen oder anderen Frage - zu weit einen Weg verfolgt haben, den wir jetzt auch wieder, so schwer das wohl fällt, im einen oder anderen Fall wieder zurückgehen müssen.

Sie täten gut daran, mit uns zurückzugehen, wenn ich Sie an Ihre eigene Forderung erinnern darf, die Sie heute aufgestellt haben. Gott sei Dank kam sie heute von der FDP wie auch von der SPD; sie ist lange ge­nug von uns allen nicht erhoben worden, während sie von einem einzigen, von unserem Kultusminister, seit 1972 erhoben wurde, nämlich die Forderung nach der Wiedergewinnung des Erzieheri­schen.

(Zuruf des Abg. Jacobi)

- Herr Jacobi, seien Sie doch bitte friedlich, denn wir haben alle nicht viel Zeit, und ich halte es für besser, wenn man sich einmal gegenseitig anhört.

(Abg. Kolo: Seien Sie doch nicht so hektisch!)

Ich glaube, es ist dringend notwendig in der Schulpo­litik - damit sage ich, was ich vor kurzem im Aus­schuß gesagt habe, noch einmal -, daß wir uns zu­rückbesinnen auf das, was Schule eigentlich aus­macht. Es ist letztlich egal, ob da eine Gesamtschule, ob da ein gegliedertes Schulwesen, oder ob ein drei­gliedriges oder mehrgliedriges Schulwesen dasteht, wenn die Inhalte stimmen.

(Abg. Jacobi: Darauf können wir uns verständigen!)

Darüber gibt es überhaupt keine Diskussion. Wenn wir heute über solche Dinge nachdenken, dann wird zunächst Gewissenserforschung zu treiben sein.

Seit 15 Jahfen diskutieren wir über die Organisations­struktur, ü~er den Namen und die politische Gege­benheit der Schule, aber überhaupt nicht über ihre In­halte. Die"" Diskussion erfolgte übrigens nicht auf Wunsch d!fjenigen, die etwas verteidigen, denn die reden norr(lalerweise nicht darüber, sondern immer auf Wunsc~ derjenigen, die etwas ändern wollen. Das wollen wir 'inmal ganz realistisch sehen.

(Abg. Jacobi: Das ist doch Ihre Interpellation!)

- Nicht de~jenige, Herr Jacobi, der etwas bewahren will, redet ilber die äußeren Gegebenheiten, sondern der, der e · as ändern will. Wir haben die Interpella­tion nicht ur Frage der Gesamtschule eingebracht, sondern m Bezug auf das bestehende Schulwesen und die K nkurrenz, die ein neuer Vorschlag dazu darstellt. Ir endwann muB ja einmal eine Bestands-aufnahme macht werden, und ich bin eben dabei.

15 Jahre hlagen wir uns mit einseitiger Wissen-schaftlichk itsdiskussion herum, mit Behavioristen, die uns ertählen, es gebe bestimmte neue Bega-

bungskategorien, die gar vom Einkommen der Eltern abhängige Begabungen postulieren; also mit sehr wenig belegten Begabungstheorien, wie wir vorhin an gegenläufigen Statistiken, die Sie angeführt haben, von 12,6 Prozent zu 12, 7 Prozent, sehr deutlich gese­hen haben. Wir haben 15 Jahre lang über Organisa­tion geredet, aber gleichzeitig die Lehrpläne gefüllt, das trifft uns alle miteinander, die SPD mindestens so wie uns, die FDP noch mehr, die Schulzeit für ein­zelne Fächer gekürzt, die Lehrerbildung verwissen­schaftlicht, auf Wissenschaft geschielt und über Pro­zente und Statistika palavert, Frau Kollegin Meier. Das ist ein Unterschied zwischen Ihnen und Herrn Präsidenten Fiebiger von der Technischen Universität Erlangen, der letzthin gesagt hat: Ich verwende nur von mir selbst gefälschte Statistiken. Das hat er ge­sagt und er gibt es wenigstens zu.

(Abg. Hochleitner: Ein komischer Wissenschaftler!)

- Herr Kollege Hochleitner. ich gäbe es Ihnen zu, wenn es wirklich so wäre, aber Sie wissen, wie es ge­meint war: ironisch. Ich will dazu nur eines sagen: Jede Statistik läßt sich, unabhängig davon, wie wir sie anwenden, ob sie vom Kultusministerium oder von Ih­nen kommt. so drehen und wenden, wie man sie braucht. Das geht aber völlig am Kind vorbei. Das Kultusministerium muß Statistika vorlegen, wenn als Beleg dafür, daß die Geamtschule angeblich die bes­sere sei, andauernd mit Statistika operiert wird, die etwa eine Einzelschule 700 anderen Schulen im Hauptschulbereich gegenüberstellt, oder eine Einzel­schule 380 Gymnasien gegenüberstellt. Dagegen muß eine Statistik gehalten werden, die das etwas in Relation sieht. Aber hören wir doch mit den Statisti­ken auf!

(Abg. Hochleitner: Ganz ohne Statistik geht es nicht!)

- Ganz ohne geht es nicht, Herr Kollege Hochleitner, aber heute haben wir so viele Statistiken zitiert wie noch nie; schauen Sie einmal ins Protokoll, wenn es da ist. Sie haben nicht gesprochen, insofern sind Sie in der Lage, geschäftsordnungsmäßig anders lau­tende Zwischenrufe zu machen.

Gehen wir von dem aus, was Schule eigentlich aus­macht, nämlich von den B e d ü r f n i s s e n d e r K i n de r. Was haben wir denn mit dem gegenseiti­gen Festbeißen an Organisationsfragen erreicht? Wir haben eine Fülle von Fächern, wenig Zeit für einen bestimmten Stoff, wir haben viel zuviel Stoff, wir ha­ben eine Lehrerbildung, in der der Lehrer nur Zeit verwendet hat auf die Bereiche, die der Fachwissen­schaft gelten, aber gar nichts auf Didaktik in der er­sten Phase, fast gar ,nichts auf Erziehungswissen­schaft. Folglich haben wir Lehrer an der Schule bei zu vollen Lehrplänen, die nicht in der Lage sind, den In­halt, den eine Stunde haben sollte, so zu vermitteln, daß die Kinder damit langfristig etwas anfangen kön­nen, damit dies Grundlage für ein weiteraufbauendes Wissen wird. Und jetzt kommen Sie zusammen mit der Aktion „Humane Schule" und sagen, an diese Diskussion erinnere ich mich immer sehr gerne:

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(Dr. Goppel [CSU])

Schaffen wir doch die Noten ab, denn das ist nur eine Belastung für die Kinder!

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Abschaffen der Noten beseitigt nicht das Übel, daß jemand am Ende des Unterrichts nichts weiß. Dieses Problem kriegen wir nur in den Griff, wenn wir uns endlich ge­meinschaftlich über die Lehrpläne hermachen, wenn wir uns damit dem Kinde über die Lehrpläne und die Lehrerbildung zuwenden. Das steht übrigens· in Frage 1 Punkt 7 sehr deutlich drin.

Herr Kollege E n g e 1 h a r d t hat gemeint, von den Kindern müsse nicht ausgegangen werden, und Frau Kollegin Meier hat das Auswendiglernen gegen Zivil­courage als Erziehungsziel gestellt.

(Widerspruch der Frau Abg. Meier)

- Doch, das haben Sie gesagt, schauen Sie nur ins Protokoll, denn ich habe genau zugehört. Sie haben gesagt: Die einen wollen auswendig lernen lassen, das sind wir; die anderen wollen Zivilcourage, nämlich Sie. Sie haben das gegeneinandergesetzt. So geht es nicht, denn das ist zu vereinfacht, zumal Sie als Volksschullehrerin wissen müßten, daß vieles daran krankt, daß unsere heutigen Kinder kein Gedächtnis­training mehr besitzen, also nicht die Fähigkeit ha­ben, sich etwas zu merken.

(Abg. Kolo: Sie haben auch ein schlechtes Gedächtnis!)

- Lieber Herr Kollege Kolo, das lernt man in der Schule, nicht später. Ich habe ein relativ gutes Ge­dächtnis, darauf dürfen Sie sich verlassen.

(Abg. Jaeger: Relativ gut ist ein sehr weiter Begriff!)

Lassen Sie mich das Problem von daher noch etwas deutlicher machen, und zwar deutlicher machen durch die Aussage von Wissenschaftlern, die in der Zwischenzeit bereit sind - endlich, möchte ich sagen -, konkret zu sagen, woran es denn mangelt. Wir be­klagen seit Ei~führung der 30-Stunden-Woche alle miteinander, d•B der Lehr p 1 an zuviel Stoff ent­hält. Aber immer, wenn wir nachfragen, gibt es nie­manden, der u~s sagen könnte, was zuviel wäre; so haben wir es bis jetzt immer erlebt. Es gab auch nie­manden, derb· reit war zu sagen: In meinem Fachbe­reich kann ma dies oder jenes kürzen.

Nun gibt es ab r neuerdings doch jemanden, dessen Auffassung ic hier ganz kurz vortragen will, weil ich glaube, daß s ne konkreten Forderungen durchaus Ansatzmöglich eilen beinhalten, um bei der Überprü­fung der Leh läne von der Hauptschule über die Realschule bis um Gymnasium konkret vorgehen zu können. Es ha delt sich um niemand Geringeren als den Dekan de Technischen Universität München im Bereich der F kultät für Mathematik und Informatik, Herrn Profess r B u 1 i r s c h , der folgende ganz konkrete Auss gen macht:

Unsere For rungen an den Mathematikunterricht lassen sich rz beschreiben.

1. Die Mengenlehre muß aus dem Mathematikun­terricht der Schulen verschwinden.

(Abg. Jacobi: Sehr gut!)

Warum haben wir denn die Mengenlehre eigentlich eingeführt, Herr Kollege Jacobi?

(Abg. Jacobi: Das fragen Sie mich!)

- Doch, weil Ihre liebe Kollegin, die jetztige Staatsmi­nisterin Frau Dr. Hamm-Brücher, durch die lande ge­zogen ist und gesagt h_at: Bayern bleibt dumm, wenn wir nicht in Mengenlehre machen! Am Ende ist die CSU Ihnen gefolgt.

(Heiterkeit -Abg. Jacobi: Das fällt doch auf Euch zurück!)

- Nein, nein. Sie haben gerade am Ende Ihrer Ausfüh­rungen deutlich gesagt, die CSU wird noch in vielen Dingen umfallen und nachdenken. Ich sage Ihnen aber, wir fallen nicht mehr um, denn wir haben die schlechtesten Erfahrungen gemacht, wenn wir Ihnen gefolgt sind. Das kommt nicht mehr in Frage.

(Abg. Jacobi: Ihr habt doch die Mengenlehre eingeführt, nicht wir!)

Hier sagt ein Fachmann aus: Die Mengenlehre muß verschwinden. Er sagt weiter: „Siehe dazu unser Schreiben von 197 4 an Herrn Staatssekretär Lauer­bach. Von all den Kaisern (in ,neuen' Kleidern), die im lande umherreiten, ist die Mengenlehre der Schule der nackteste."

Ich glaube, so deutlich ist es noch nie gesagt worden.

Es ist wesentlich, daß die FDP ebenfalls Bettall klatscht, daß auch die SPD nicht mehr an ihre alten Kämpfe von 1970 erinnert werden will. Das freut mich. Wir sind damals umgefallen. Sie werden aber an die­sem Beispiel erleben, daß wir in Zukunft sehr viel we­niger umfallen werden, als Sie es wünschen, sondern uns am Kind orientieren.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Herr Kollege Gop­pel, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kol­legen Jaeger? -

Jaeger (FDP): Herr Kollege Goppel, habe ich Sie recht verstanden, daß Sie die Mengenlehre nur des­halb eingeführt haben, weil dies von Frau Dr. Hilde­gard Hamm-Brücher seinerzeit verlangt worden ist?

(Heiterkeit)

Dr. Goppel (CSU): Sie haben mich richtig verstan­den, daß Frau Dr. Hildegard Hamm-Brücher in der Abfolge der Fehler, die in anderen Bundesländern ge­macht worden sind, die Meinung geäußert hat, daß Bayern dumm bleibe, wenn es die Mengenlehre nicht einführe. Ich kann mich sehr wohl an diese Äußerun­gen im Wahlkampf des Jahres 1970 erinnern. Mittel­franken war besonders betroffen. Die CSU stand da­mit vor der Wahl im Wahljahr: Lassen wir in einem solchen Punkt einmal mit uns reden, weil es alle an­deren schon machen, oder weil Frau Hamm-Brücher

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(Dr. Goppel [CSU])

so überzeugende Argumente - nach ihrer Meinung -an der Hand hat, oder lassen wir·das aus?

(Abg. Sieber: Ihr seid also doch überzeugt worden!)

Wir haben Ihnen einmal geglaubt, und wer getäuscht wird, der tut das nicht wieder, Herr Kollege Jaeger. Deswegen tun Sie sich heute so hart bei uns, das möchte ich Ihnen einmal sagen.

Herr Professor B u 1 i r s c h sagt weiter; ich darf wie­der mit Genehmigung des Herrn Präsidenten zitieren:

Die Notationen und Bezeichnungsweisen im Ma­thematikunterricht sollen und müssen sich wieder an denjenigen der „alten" Unterrichtsbücher orien­tieren. Vergleichen Sie dazu die Anlage.

Dann gibt er alte Schulbücher bekannt, die ich hier weglassen möchte. „Die" - neuen - „Bücher sind für normal begabte Schüler" - ich füge ein, auch für de­ren Eltern - „völlig unverständlich". Da hat er recht.

3. Dem Geometrie-Unterricht, insbesondere auch dem Zeichnen, ist breiterer Raum zu geben als bisher.

- Ei, ei, der Herr Professor ist für Praxisbetätigung; er ist also dafür, daß wir etwas in praxi tun, nicht nur in der Theorie.

4. Mathematische Sachverhalte sind in weitaus stärkerem Maße durch Bilder und Zeichnungen zu erläutern. Als Vorbild können einige Mathe­matikwerke genannt werden, die an US-Schulen benutzt werden . . . Dagegen ist das Speiche­rungsvermögen für Zeichenfolgen, Ziffernfol­gen, usw. fast Null

- bei den Schülern von heute, meint er -

und muß erst mühsam erlernt werden. Die „alten" Lehrer wußten das alles instinktiv!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was hier in diesem Blatt steht, belegt, daß die Herren Wissen­schaftler an unseren Hochschulen zum einen Teil zu lange zu wenig Mut hatten, um das zu sagen, was falsch war, .zum anderen Teil uns in Exekutive und Le­gislative v'*1 der scheinbaren Richtigkeit ihrer Aussa­gen überz~ugt haben. Ich_ denke da an einen Profes­sor aus P"fing, der der Offentlichkeit empfahl, Früh­lesen zu betreiben, es aber seiner eigenen Tochter verboten t1at. weil er genau gewußt hat, was damit passiert; s~me Bücher weifte er sehr wohl verkaufen. Er ist heu schon zitiert worden. In einem solchen Zusamme ang muß man zugeben: Wir sind der Wis­senschaft und zwar der falschen Wissenschaft, der nicht am nd orientierten Wissenschaft - aufgeses­sen. Hier üssen wir gemeinsam lernen. Das geht völlig an r Frage der Organisation des Schulwe­sens vorb

Ich bitte e sehr herzlich: Zentrieren Sie doch Ihr ganzes lnt resse mit uns zusammen auf die Inhalte der Schulej und streiten wir nicht weiter darüber, ob die Kinder nun in die Klasse oder in jene gehen, Herr

Engelhardt, und nicht jede Diskussion muß doch nicht darauf hinausgehen, ob die Kinder in der Orga­nisationsform oder in jener sitzen; einigen wir uns auf die Dinge, bei denen es darauf ankommt, den Kin­dern entgegenzukommen und dafür zu sorgen, daß sie am Ende etwas können! Wir bemühen uns seit vielen Jahren bei all der strukturellen Festlegung, die wir bei den Organisationsformen haben - da sind wir so festgelegt wie Sie -, aber wir kommen über die an­deren Punkte nie zum Diskutieren, weil immer dann, wenn gesagt wird, die Hauptschule muß da und dort korrigiert werden - der Kollege Oswald hat das Kon­zept vorgetragen-, bei Ihnen als Antwort kommt, die Gesamtschule kann das besser. Sie belegen das dann mit Statistiken, statt daß Sie sagen, die Ansätze sind gut oder sind nicht gut. Wir meinen, sie sollten umgesetzt werden oder nicht. Diese Diskussion fin­det bei uns nicht mehr statt, und das zum Leidwesen unserer Kinder.

Ich darf einen zweiten Professor, Professor D r. V o -g e 1 , Weihenstephan, für Physik zitieren. Ich darf das nur ganz kurz machen. Im übrigen bitte ich den Herrn Präsidenten, mir zu gestatten, daß ich diese beiden Schreiben komplett zu Protokoll' gebe, damit sie in der Zukunft als erster Ansatz einmal festgehalten sind, wo die Universität deutlich sagt: „Ihr macht zu viel"'

Der Professor sagt:

Sollte man aber endlich wieder einen verbindlichen Grundkanon in Physik einführen, dann gehört m. E. dazu mindestens folgendes, das eingehämmert werden muß, bis es völlig klar ist und auch nachts um drei nach 4 Liter Bier noch beherrscht wird:

- wörtliches Zitat! -

Weg, Geschwindigkeit, Beschleunigung glei­chungsmäßig und graphisch ... Kraft und Beschleunigung mit zahllosen Anwen­dungen ...

Das können die Schüler alles nicht mehr, wenn sie zu ihm an die Universität kommen.

Meine Damen und Herren! Was heißt das? Schlußfol­gerung? In den Lehrplänen ist sehr viel Überfracht­material enthalten; das muß raus. Darüber sind wir uns einig. Da gibt es keine Diskussion.

(Abg. Hochleitner: Da schauen Sie einmal zurück!)

- Herr Kollege Hochleitner, es gibt auch eine Reihe von Fächern, die nicht so kreuz und quer mit einer Stunde gehalten werden können. Wir brauchen Leh­rer, die mehr als eine Stunde in einer Klasse sind.

Da haben wir den zweiten Fehler gemacht. Weil alle anderen Bundesländer eine Stufenlehrerausbildung eingeführt hatten und wir Schwierigkeiten über Schwierigkeiten hatten, blieb dem Kultusminister nichts anderes übrig, eine vergleichbare L e h r e r -b i 1 d u n g herzustellen.

(Abg. Jacobi: Hört, hört!)

• Anlagen 3 und 4.

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(Dr. Goppel [CSU])

- Herr Kollege Jacobi, Sie waren damals nicht dabei und haben die Diskussion nicht erlebt.

(Zustimmung bei der CSU)

zweitens, Herr Kollege Jacobi, ist es sehr vernünftig, wenn Sie bereit sind, durch „hört, hört!" zu kenn­zeichnen, daß Sie sich das in Zukunft merken wer­den.

(Heiterkeit bei der CSU)

Ich meine, wesentlich ist es in diesem Zusammen­hang,

(Zurufe von FDP und SPD)

daß Sie alle miteinander - -

(Zuruf des Abg. Kalo)

- Es ist viel besser, daß Sie nicht Lehrer geworden sind, Herr Kollege Kola!

(Abg. Kolo: Sie haben doch nie unterrichtet!)

- Doch, da haben Sie Pech gehabt!

(Abg. Kalo: Die Kinder haben Pech gehabt! - Weitere Zurufe von FDP und SPD)

- Da fragen Sie einmal diejenigen, Herr Kollege Flath, die mich beurteilt haben; und das waren nicht alles Leute, die mich wohlwollend beurteilen wollten.

Bleiben wir beim normalen Thema! Es wäre vielleicht vernünftiger, Herr Kollege Kalo und andere Kollegen, zu sehen, daß in der Frage der Lehrerbildung, die uns hier beschäftigt und die für uns alle Probleme aufwirft - wir werden in der nächsten Legislaturperiode eini­ges zu ändern haben -, zunächst einmal die Schwie­rigkeit aus der Debatte entstanden ist: Stufenlehrer­ausbildung verhindern, aber vergleichbar bleiben. Dann haben wir in letzter Minute die Kurve zu kratzen versucht in Richtung einer vernünftigen Ausbildung des Lehrers für Grund- und Hauptschule, die ihm Rechnung trägt. Auf Wunsch einiger Verbände und auch der SPD ~nd mancher auch bei uns in der Frak­tion haben wir die Ausbildung der Grund- und Haupt­schullehrer im wissenschaftlichen Bereich an die (3ymnasiallehrEf angehängt, nach meiner festen Uberzeugung 1ine absolute Fehlentwicklung.

(A~g. Dr. Rost: Sehr richtig!)

Es ist nicht sij'lnvoll, Herr Kollege Hochleitner, daß sich ein Grunf und Hauptschullehrer was weiß ich was für ein S ezialwissen aneignet, das er in der Schule niemal braucht, aber keine Zeit hat, die Di­daktik innerhal der ersten Lehrerbildungsphase ent­sprechend mit ubekommen.

(~ustimmung bei der CSU) ·

Dazu sind zwej Dinge notwendig.

(Ziruf des Abg. Hochleitner)

- Herr Kolleg Hochleitner, Sie sagen natürlich, es wäre noch be er gewesen, wenn wir die Stufenaus­bildung insge . mt gemacht hätten, dann hätten alle

Stufenlehrer die Ausbildung des Gymnasiallehrers der Sekundarstufe 1 gehabt, auch die für die Haupt­schüler; dann haben Sie dasselbe Studium wie jetzt; dann studieren noch mehr Lehrer das Verkehrte; jetzt tun es nur ein paar. Ihrer Argumentation kann ich also in dem Zusammenhang nicht folgen. Sie woll­ten ja noch mehr zur Wissenschaft und können nicht jetzt der CSU vorwerfen, daß sie zugibt,

(Zuruf des Abg. Hochleitner)

daß in der Entwicklung, in der Tendenz das ein Fehler gewesen ist. Das Problem darüber hinaus ist allein das Ihre und nicht das unsere.

In der nächsten Legislaturperiode - und das, meine ich, sollten wir gemeinsam überprüfen, obwohl wir Wahlkampf haben - wird es notwendig werden, in der LPO 1 vor allem für G r u n d - u n d H a u p t s c h u -1 e n vermehrt den Bereich der D i d a kt i k wieder unterzubringen, sicherzustellen, daß erheblich mehr Leute, die schon Praxis haben, auch an der Hoch­schule unterrichten und nicht nur Wissenschaftler, die keine Ahnung davon haben. Das bedeutet, daß natürlich auch ins berufliche Schulwesen Leute hin­eingehören, die jemals etwas von einem Arbeitsplatz gesehen haben, und nicht nur solche, die darüber im­mer nur theoretisieren.

(Zustimmung bei der CSU)

Das zweite, was wir brauchen, Herr Kollege Jacobi, ist in dem Zusammenhang die Sicherstellung, daß E r z i e h u n g s w i s s e n s c h a f t e n nicht abge­wählt werden können, sondern daß sie in der Zukunft eine wesentliche Grundlage für den bilden, der in die Schule kommt. Ob das nun alle gern hören oder nicht: Wir werden auch wieder darüber n~hdenken müssen, ob es sinnvoll ist, jemanden solange auch in der zweiten Phase der Lehrerbildung vom Unterrich­ten fernzuhalten; denn schwimmen lernt man be­kanntlich im Wasser und nicht auf dem Stuhl. Das war alles notwendig, weil wir mehr Planstellen haben woll­ten. Und da sind wir alle miteinander einigen nachge­laufen. Jetzt ist es notwendig, darüber nachzuden­ken, ob diese Tendenz in jeder einzelnen Ausformung richtig war.

Meine Damen und Herren! Wenn es uns gelingt, daß in der 4. Klasse der Grundschule - um ein Beispiel zu nehmen - der Rechtschreibfall „ck" wieder so geübt werden kann, daß man erst mit dem Finger auf die Bank, dann mit dem Finger in die Luft schreibt, dann zunächst einmal buchstabiert, dann wieder zusam­mengesetzt, dann getrennt, dann noch einmal an die Tafel kommt, dann abgelöscht, dann wieder ins Heft, dann noch einmal ins Heft und daheim noch einmal schreiben geübt: Dann können die Kinder am Schluß rechtschreiben. Das bedeutet: Das, was zuviel im Lehrplan ist, muß raus. Und das ist geschehen. Inso­fern hat das Kultusministerium wahr gemacht, was Sie die ganze Zeit an der Schule bemängeln. Im Grundschullehrplan ist das inzwischen bereinigt. Es wird auf die Lehrer ankommen, das auch umzuset­zen. Sie haben grundlegenden Unterricht zu geben und dadurch die Möglichkeit, das entsprechende

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(Dr. Goppel [CSU])

Grundmaterial auch an Schüler so weiterzugeben, daß sie damit in den weiterführenden Schulen und auch in der Hauptschule etwas anfangen können.

Zum zweiten aber ist es dringend erforderlich, daß in diesem Zusammenhang darüber nachgedacht wird, wie wir Lehrer ausbilden, die Fächerkombinationen gewählt haben, die es möglich machen, möglichst lange in einer Klasse zu sein. Ich muß Ihnen ehrlich gestehen: Ich glaube fest, daß das größte Problem für die Schule von heute Familien sind, in denen statt mehrerer Kinder nur ein Kind ist, das keine Eltern hat, weil diese nur nach der Berufstätigkeit am Abend zum gemeinsamen Fernsehen oder vielleicht für ein Gespräch zur Verfügung stehen; das dann in die Schule kommt und in der Schule nur insgesamt an je­dem Vormittag die Lehrkraft eine oder allerhöchstens zwei Stunden, viele Lehrer nur eine Stunde hat. Das haben wir aber unserer eigenen Konzeption, die Sie mitgetragen und favorisiert haben, zu verdanken.

Die Lehrer müssen möglichst lange in jedem Klas­senzimmer stehen. Sie müssen möglichst lange die Kinder kennenlernen, um von da aus die Möglichkeit zu besitzen, sie zu beurteilen. Sie müssen möglichst lange im Klassenzimmer den Bezug zur Person des Schülers finden. Wenn uns das wieder gelingt, dann wird es auch möglich sein, Inhalte an den Mann zu bringen. Wenn wir bei den Kindern Inhalte an den Mann bringen können, wenn sie das begriffen, erfaßt, erarbeitet und verarbeitet haben, dann gehören sie nicht mehr zu denen, die nach 14 Tagen, in denen sie ein paar Inhalte, kurz hintereinander aneinanderge­reiht, aufgenommen haben, es abgeprüft sahen und vergessen können, sich Neues nur archivarisch ins Gedächtnis rufen, sondern es sind Kinder, die weni­ges erfaßt und begriffen haben, aber von diesem Be­greifen her aufbauen können in ihrem Leben, gleich­gültig, in welcher Schulart sie gewesen sind.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Herr Kollege, gestat­ten Sie jetzt eine Zwischenfrage des - -

Dr. Goppel (CSU): Ich bin am Ende! -

(Ab~. Dr. Rothemund: Mit der Redezeit!)

- Danke

Jahren v plänen u mit Frage

ehr, Herr Kollege Rothemund. Ich glaube, endig ist, daß wir uns in den nächsten 4

nehmlich, vom Kinde ausgehend, mit Lehr­lehrerbildung befassen und nicht mehr

der Organisation der Schule,

(Beifall bei der CSU)

zumal in len anderen Ländern der Welt, wo Gesamt­schulen e istieren, für diejenigen, die Geld haben, ne­benbei ei Schulsystem nach unserem Muster erstellt wird. Viel ~ herzlichen Dank! ·

(Beifall bei der CSU)

Zweiter lzepräsident Lechner: Nächste Wortmel­dung, He , Kollege Engelhardt!

Engelhardt Walter (SPD): Herr Präsident, meine Da­men und Herren! In meinen Ausführungen werde ich mich mit der schulischen Entwicklung im ländlich strukturierten Raum befassen und darstellen, inwie­weit die i n t e g r i e r t e G e s am t s c h u 1 e eine Antwort auf die Bestandsgefährdung bestehender Schulen als Folge des Geburtenrückganges ist. Beide Punkte zeigen Möglichkeiten und die Notwen­drgkeit der Veränderung unserer Schulorganisation auf.

In Hollfeld konnten wir 10 Jahre Erfahrungen sam­meln, wie in einem bevölkerungsarmen Raum der Franken-Alb sich eine Gesamtschule als pädagogi­sche Alternative für den ländlichen Raum bewährt hat. Die i n t e g r i e r t e G e s a m t s c h u 1 e H o II -f e 1 d steht in einem Gebiet, in dem wegen der gerin­gen Bevölkerungszahl und der damit verbundenen geringen Schülerzahl keine Realschule und kein Gymnasium errichtet werden konnte. Das Angebot der Hollfelder Schule vermittelt, aufgeteilt in unter­schiedliche Unterrichtsniveaus, in einem bisher bil­dungspolitisch benachteiligten Raum den Stoff der Hauptschule, auch den der Realschule und der Mittel­stufe des Gymnasiums, wobei die Aufteilung in Unter­richtsniveaus sehr frühzeitig erfolgt.

Wichtig dabei ist, daß die Unterrichtsniveaus in den einzelnen Fächern bis zum Ende des sechsten Schü­lerjahres gegenseitig durchlässig sind und daß Lift­kurse, Herr Kultusminister, das Aufsteigen erleich­tern.

Um die üblichen Abs c h 1 ü s s e zu erreichen, wer­den erste einschneidende Differenzierungen in der 7. Klasse vorgenommen, wenn die Schüler, die nach dem 10. Schuljahr ins Gymnasium überwechseln wol­len, eine zweite Fremdsprache hinzuwählen, und die Schüler, die mit dem RealschulabschluB ausscheiden, in der 8. Klasse die realschulspezifLschen Wahlpflicht­kurse belegen. Das bedeutet, meine Damen und Her­ren, wir sprechen auch von der bayerischen Gesamt­schule: Gäbe es diese Schule nicht, dann müßten mögliche Gymnasialschüler mit dem 10. Lebensjahr in der 4. Klasse sich hinsichtlich der Schullaufbahn entscheiden und nicht erst in der 7. Klasse; es müß­ten sich mögliche Realschüler in der 6. Klasse und nicht erst in der 8. Klasse entscheiden.

Diese zu frühe Entscheidung wird von Eltern und Pädagogen gleichermaßen beklagt. Das Hinausschie­ben dieser wichtigen Entscheidung stellt daher einen wesentlichen Pluspunkt der bayerischen Gesamt­schule dar. Dazu wird den Gymnasiasten ein sechs Jahre und den Realschülern ein vier Jahre langes Fahrschülerdasein über mindestens 25 Kilometer mit allen Erschwernissen und Kosten erspart.

Es ist also gelungen, in diesem ländlichen Gebiet ein wohnortnahes schulisches Angebot zu installieren, das wegen der Struktur des Raumes nur in der Form der integrierten Gesamtschule möglich ist. Es liefert dabei gleichzeitig den Nachweis, daß eine möglichst lange Integrationszeit und eine möglichst späte Diffe­renzierung des Unterrichtsangebotes nicht nur die

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(Engelhardt Walter [SPD])

angestrebten schulischen Abschlüsse ermöglichten, sondern daß es dies auch noch in steigendem Maße erreicht?

Wen wundert es, meine Damen und Herren, bei die­sem Sachverhalt, daß diese Schule von Eltern und Schülern gleichermaßen positiv aufgenommen und getragen wird, und das von Eltern, die zu 77 Prozent CSU wählen?

Nun hat ja der Herr Kultusminister auch heute in die­sem Hause bestätigt, daß die Holttelder Gesamt­schule gute Ergebnisse zeitigt. Er führt dies auf die deutliche Differenzierung zurück. Es hat mich dabei aber schon sehr erstaunt, wie Sie, Herr Kultusmini­ster, trotzdem ellenlang Negatives aus dem Hut ge­zaubert haben, indem Sie auf Erhebungen verweisen, die über die Erhebungen des Staatsinstitutes hinaus­gehen. Ich muß mich da schon sehr wundern, und ich frage mich, was mit dem zweiten Bericht des Staats­institutes für Bildungsforschung geschehen ist. Die­ser Bericht ist doch längst fertig! Seit Oktober/No­vember liegen die Ergebnisse zur Auswertung in München vor, und sie sind Ihnen, Herr Kultusminister, bestimmt nicht unbekannt.

Wenn diese nun seit Monaten zurückgehalten wer­den, dann liegt doch für uns zumindest der Schluß nahe, daß die Ergebnisse so schlecht nicht sind. Wäre es umgekehrt, so hätten Sie uns heute freude­strahlend in allen Einzelheiten die negative Bilanz ser­viert und die bayerische Gesamtschule feierlich beer­digt.

(Beifall bei der SPD)

Weichen Sie, Herr Kultusminister, in dieser Diskus­sion deshalb nicht auf längst vergangene Gesamt­schul-Ladenhüter aus! Ich meine, Sie sollten die Schublade mit den Ergebnissen öffnen und diese noch vor den Landtagswahlen vorlegen.

Wenn es also stimmt, daß die integrierte Gesamt­schule Hol!feld ansprechende Leistungen erzielt, so müssen wir ~s alle fragen, meine Damen und Her­ren, und insbesondere Sie von <;!er CSU, warum nicht mehr solcher Schulen errichtet werden, warum das nicht auch an~ernorts ausprobiert wird.

Glauben Sie ~, irklich, daß es nur in Holtteld und sonst nirgendwo in ayern ähnlich strukturierte Schulland­schaften gibt Sie müssen es vor den Eltern und Schülern ver tworten, daß Sie ihnen ein derart at­traktives Bild ngsangebof an -zig anderen Standor­ten in Baye vorenthalten. Sie werden das nur so­lange könne , meine Damen und Herren von der CSU, als es 1 nen gelingt, der Bevölkerung objektive Informationen über die Gesamtschule vorzuenthalten.

1 (Beifall bei der SPD)

Dort, wo man nämlich eine solche Schule kennt, wird es für Sie s hwierig. Da verhalten sich selbst die CSU-Mandat räger wegen der positiven Stimmung bei den Elter , Schülern und Lehrern zurückhaltend bis zustimme d, während Sie, meine Damen und Her­ren, weiterhin andaut, landab diesen Schultyp verteu­feln.

Wenn die CSU ihre Haltung in dieser Frage trotz Holl­feld und München-Nord nicht ändert, so wird sie die durch den Geburtenrückgang sich schnell verän­dernde Bildungslandschaft in allernächster Zeit dazu zwingen.

Andere Bundesländer stellen sich zwischenzeitlich auf die Herausforderungen ein und sammeln Erfah­rungen. Die i n t e g r i e r t e G e s am t s c h u 1 e W i 1 de c k-0bersuh1 in Hessen ist ein Beispiel, wie selbst bei einer geringen Jahrgangsbreite von derzeit 80 Schülern ein umfangreiches Lernangebot aufrechterhalten werden kann. Sie beweist, daß inte­grierte Gesamtschulen eine pädagogisch sinnvolle Antwort bei zurückgehenden Schülerzahlen zur Auf­rechterhaltung' einer wohnortsnahen Schule sein kön­nen, denn auch die Bilanz dieser kleinen integrierten Gesamtschule ist laut Gesamtschulbericht 1980 posi­tiv. Es hat sich gezeigt, ich zitiere, daß Eltern die Schule angenommen haben, Übergänge in weiterfüh­rende Schulen für geeignete Schüler problemlos wa­ren. ernsthafte Disziplinkonflikte nicht vorkamen, ge­ringe Jahrgangsbreiten ganz allgemein problemsichti­ger machen und insgesamt ein gutes Klima vor-herrscht. ·

Sie vertreten nun die Auffassung, meine Damen und Herren von der CSU, daß sogenannte kleine Gesamt­schulen unter normalen finanziellen Bedingungen nicht zu betreiben seien, da unvertretbare kleine Gruppengrößen entstünden und ein hoher personel­ler Bedarf gegeben wäre.

Ihre Berechnungen, Herr Minister. stellen sich bei ge­nauerem Hinsehen jedoch als Unfug heraus, da sie auf völlig falschen Annahmen beruhen. Sie tun dabei so, als ob man das bayerische Schulwesen an seinen Durchschnittszahlen und an seinen Durchschnitts­werten messen könnte. In Wirklichkeit ist es landes­weit längst aus den Fugen geraten, und zwar durch das Ausbluten der Hauptschule, durch unterschiedli­che, aber überall hohe Übertritte und damit große Eingangsklassen an Realschulen und Gymnasien und durch den unterschiedlichen Schülerrückgang.

Es gibt keine „normalen Bedingungen" mehr. über­füllte Klassen stehen Kleinstklassen und Kleinstgrup­pen gegenüber. Einzügige Hauptschulen konkurrie­ren in den Leistungen mit mehrzügigen und mit Real­schulen und Gymnasien. Von Ort zu Ort haben wir es mit den unterschiedlichsten Größenordnungen und damit zwangsläufig auch mit dem unterschiedlichsten finanziellen Aufwand zu tun. Würden nun Gesamt­schulen auch mit geringerer Schülerzahl entstehen, so käme es nicht zu Auflösungen, sondern zu Um­wandlungen von Schulen und meist auch zu kürzeren Schulwegen. Es würde auch kein Schulraum zusätz­lich benötigt.

Unsere Gesamtschulmodelle beanspruchen die staatlichen Finanzen deshalb weniger als das drei­gliedrige Schulsystem, Kollege Donhauser. Es ist ökonomischer. und daher ist auch jede Mark, die Sie heute in das gegliederte Schulwesen zu seiner Auf­rechterhaltung stecken, im Grunde genommen ver­schwendetes Geld, das letztlich die Kommunen be­zahlen müssen.

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(Engelhardt Walter [SPD])

Deshalb kann ich auch nicht Ihre Meinung teilen, daß man „mit ein paar Elternstimmen eine Gesamtschul­kampagne" starten könne und daß dies einen „per­manenten Schulkampf auf lokaler Ebene" bedeuten würde. Ein paar Elternstimmen würden bei Ihnen nichts bewegen. Sie haben aber Angst, daß infor­mierte Eltern u n d Sachzwänge wie die Bestandsge­fährdung durch den Geburtenrückgang zunehmen und auch die CSU und die Staatsregierung letztlich zum Handeln veranlassen werden.

(Beifall bei der SPD)

Hätten Sie diese Angst nicht, dann würden Sie sich nicht so sehr bemühen, das Gesamtschulsystem zu widerlegen. Je aufgeregter Sie auf unsere Gesamt­schulkampagne mit Gegenfilm und staatlich finanzier­tem Flugblatt reagieren, desto mehr dokumentieren Sie letzlich Ihre argumentative Schwäche.

Mehr G e s a m t s c h u 1 e n , eingerichtet auf Antrag der Eltern, kommen doch nicht einer radikalen Verar­mung des schulischen Angebots gleich. Frau Kolle­gin Redepenning hat Ihnen dazu heute vormittag ja einiges vorgerechnet. Sie sind im Gegenteil eine Bereicherung unserer Bildungsland­s c h a f t , ein Reformansatz, der uns den Weg aus einer pädagogischen und schulorganisatorischen Sackgasse weisen kann.

Will man bei der zunehmenden Konkurrenz um die Schüler ein umfassendes Angebot an Bildungsab­schlüssen erhalten, so bleibt bei sinkenden Schüler­zahlen an weiterführenden Schulen nur ein integrati­ves System die schulisch und ökonomisch einzige Möglichkeit, damit in unserem Flächenstaat nicht ver­ödete Bildungslandschaften entstehen. Wenn Sie ein neues Stadt-Land-Gefälle vermeiden wollen, dann können Sie sich dem nicht entziehen; dann müssen Sie jetzt die Weichen stellen. Aber wie immer werden Kultusministerium und CSU warten und wichtige Vor­planungsz<;it verstreichen lassen - genauso wie bei der Schulrtlform der fünfziger und sechziger Jahre.

Sie werde~ weiter vergeblich an der Hauptschule her­umkuriere1' Herr Kollege Oswald, und trotzdem nicht verhindern. daß nach Prognosen der Fachleute Real­schulen u Gymnasien zukünftig bis zu 70 Prozent eines Jahr angs aufnehmen werden. Verstärkte Ge­samtschul gebote mit der Möglichkeit des mittleren Abschluss s und des Erwerbs der Oberstufenreife können ve indem, daß die Eingangsklassen der wei­terführend n Schulen zu verdeckten Gesamtschulen werden un daß der ländliche Raum schulisch völlig ausblutet.

Die Fakten meine Damen und Herren, werden Sie zwingen, ald intensiver über die Gesamtschule nachzuden en, oder Sie werden in Kürze vor dem Trümmern en einer verfehlten Schulpolitik stehen, ausgetrage auf dem Rücken von Eltern, Lehrern und Schülern.

(Beifall bei der SPD)

Zweiter VI präsldent Lechner: Das Wort erteile ich dem Kolle n Dr. Glück.

Dr. Glück (CSU): Herr Präsident, meine sehr verehr­ten Damen und Herren! Eines vorweg als Feststel­lung, Herr Kollege Walter Engelhardt: Angst haben wir vor Ihnen noch nie gehabt, und wir werden auch nie Angst vor Ihnen und vor Ihrer Gesamtschulkam­pagne haben,

(Abg. Hochleitner: Der Goppel hat vorhin was anderes gesagt!)

und vor der Gesamtschulkampagne des DGB scho11 zweimal nicht. Denn diese Kampagne hat sich - Sie werden es wahrscheinlich selbst gespürt haben -mittlerweile bereits totgelaufen. Die Diskussion hat sich versachlicht. Auch die heutige Diskussion ist sehr sachlich gewesen.

Wenn man dieses Thema betrachtet, muß man sich drei Fragen stellen. Die erste Frage ist: Wollen wir ein anderes Schulsystem an die Stelle des bestehenden Schulsystems setzen? Die zweite Frage: Wollen wir ein zusätzliches anderes Schulsystem, wie Sie es im Augenblick propagieren? Drittens: Wenn. es schon Gesamtschulen gibt - wir wollen ja nicht leugnen, daß es sie bei uns und anderswo gibt -, wie sollen dann diese Gesamtschulen überhaupt aussehen?

Ich wende mich der ersten Frage zu: Wollen wir ein anderes Schulwesen anstelle des be­s t e h e n d e n ? Wir wollen es mit Sicherheit nicht. Nicht einmal Sie verlangen das im Augenblick. Ob das nur Taktik ist, ob Ihre wahren Ziele später nicht andere sind, vermag ich nicht zu sagen; aber Sie spü­ren natürlich, daß es im Augenblick nicht realisierbar wäre, ein Schulsystem durch ein anderes zu erset­zen. Ein Schulsystem kann und muß man nur dann durch ein anderes ersetzen, wenn man weiß, daß das andere Schulsystem wirklich und eindeutig besser ist als das bestehende. Das aber hat noch niemand nachzuweisen vermocht. und Sie können auch keine derartige Untersuchung vorweisen.

Auch die Untersuchung aus dem lande Niedersach­sen von 70 Wissensch·aftlern und Schulaufsichtsbe­amten - gekostet hat sie 1,9 Millionen DM; ich be­ziehe mich auf den dpa-Kulturdienst -, die heute schon vom Herrn Kultusminister angesprochen wor­den ist, sagt eindeutig, die integrierte Gesamtschule ist nicht besser. aber auch nicht schlechter als das gegliederte Schulwesen. Wenn die Bewertung nun aber gleich ist - wir sind hier noch ein bißchen ande­rer Meinung; aber ich nehme hier einmal bewußt eine niedersächsische Untersuchung -. dann habe ich keine Veranlassung, ein gänzlich neues Schulsystem an die Stelle eines bestehenden zu setzen mit all dem organisatorischen Aufwand und mit den Reibungs­verlusten, die damit notwendigerweise verbunden sind. Aber Sie wollen das ja auch gar nicht. Sie wollen im Augenblick die Angebotsschulen neben dem be­stehenden Schulsystem.

Deshalb die zweite Frage: Kann man eigentlich ein zu sä tz 1 ich es anderes Sc h u 1 syste m ha­ben? Wir wissen ganz genau, daß ein zusätzliches Schulsystem neben dem bestehenden deutlich nega­tive Auswirkungen auf das bestehende Schulsystem,

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(Dr. Glück [CSU))

das die Kollegin Meier heute auch insgesamt gelobt hat, haben würde. Es ist klar, daß dann, wenn wir weniger Schüler haben als früher, in diesem Fall erhebliche Einbußen an den bestehenden Schulen zu verzeichnen wären und daß dann natürlich noch weniger Gliederung möglich wäre. Frau Kollegin Redepenning hat heute ohnehin schon beklagt - zum Teil vielleicht auch zu Recht -, daß auch bei den Gymnasien heute draußen im lande nicht überall das entsprechende Angebot nach Schulzweigen vorhanden ist.

Die zweite Frage ist natürlich: Besteht überhaupt die Nachfrage nach einem zusätzlichen Sc h u 1 s y s t e m ? Sie besteht mit Sicherheit nicht. Wenn schon in Hamburg trotz massivster Werbung und trotz entsprechenden Angebots - man hat ja auch mit 40 Prozent besserer Ausstattung geworben - in einem sozialdemokratisch geführten Stadtstaat bei nur 18 Prozent der Bevölkerung die Neigung zur Gesamtschule besteht, werden Sie in Bayern mit Si­cherheit weit niedriger greifen müssen, also vielleicht mit 10 Prozent rechnen können. Hier eine Frage: Muß man sich eigentlich immer nach der Minderheit rich­ten, nach einer Minderheit von 10 Prozent, gegenüber einer Mehrheit von 90 Prozent, die offensichtlich kein Bedürfnis nach einem neuen oder nach einem zusätz­lichen Angebot verspürt?

Die dritte Frage bei einem zusätzlichen Angebot -der Kultusminister hat das auch eindeutig herausge­stellt - ist natürlich die Frage nach der F i n an -z i e r b a r k e i t. Eines, meine Damen und Herren, möchte ich Ihnen da heute grundsätzlich sagen: Über die Frage eines zusätzlichen, eines alternativen Ange­bots hätten wir uns vor 20 Jahren unterhalten kön­nen, vor der Realisierung des Schulentwicklungspro­gramms. Da wäre manches noch offen gewesen. Aber nachdem wir jetzt 200 Realschulen und Gymna­sien gegründet haben und sie auch mit Schülern fül­len wollen und sollen, ist diese Frage eigentlich längst überholt.

Oie dritte Fra~. die ich eingangs gestellt habe, war: Wenn es sch n Gesamtschulen gibt, wie sollen sie dann aussehe ? Das ist auch für die Frage der A b -s c h 1 ü s s e levant. Ich möchte zugeben, daß sich unsere beide b a y er i s c h e n in t e g r i er t e n G e s a m t s c u 1 e n bewährt haben, daß sie funk­tionieren. We n die Gesamtschulen außerhalb Bay­erns ähnlich ssähen und ähnlich differenziert wä­ren, hätten wi in der Frage der Anerkennung von Ab­schlüssen we iger Probleme, als wir fetzt haben.

Aber nehmen ir einmal an, wir würden in Bayern nun eine Vielzahl on Gesamtschulen nach unseren ho­hen Ansprüc n auch gegenüber den Gesamtschu­len einführen, dann hätten wir dennoch wieder sehr bald das Pro lern, daB ein gro8es Leistungsgefälle zwischen den bschlüssen bayerischer Gesamtschu­len und den Gesamtschulen anderswo bestehen würde und d wir dieselben Probleme, vor die sich die Kultusmi terkonferenz und unser bayerischer Kultusministe dauernd gestellt sehen, nach wie vor zu bewältigen hätten.

Je geringer und je später die Differenzierung erfolgt, desto geringer ist natürlich auch das Unterrichtsni­veau. In Bayern wird verhältnismäßig früh und verhält­nismäßig stark differenziert; deswegen sind natürlich die bayerischen Gesamtschulen besser als die Ge­samtschulen dort, wo man allmählich immer mehr die Differenzierung abbaut. Innerhalb der Gesamtschul­versuche geht die Entwicklung auseinander; das muß ich Ihnen einmal ganz deutlich sagen.

Im übrigen muß man natürlich auch die R ü c k w i r -k u n g e n auf das bestehende Schulsystem, etwa auf die R e a 1 s c h u 1 e n und auf die g y m n a -siale Oberstufe, betrachten. Wenn das Lei­stungsniveau in der Mittelstufe immer geringer wird, kann in der gymnasialen Oberstufe nicht mehr viel er­reicht werden, da der Unterbau fehlt und weil die sehr weitgehenden Wahlmöglichkeiten auf der Oberstufe es auch heute erlauben, den entsprechenden Anfor­derungen auszuweichen. Leider wird die gymnasiale Oberstufe anderswo ein bißchen großzügiger prakti­ziert als bei uns. Geringeres Anspruchsniveau unten, erleichterte Abschlüsse bei Gesamtschulen, erleich­terte Übergänge, verbesserte Wahlmöglichkeiten in der gymnasialen Oberstufe - was ist da unser Abitur heute und in Zukunft noch wert?

Ein Hinweis auf die Situation in den anderen Ländern: Frau Kollegin Meier, Sie sagen immer: „Bayern gegen den Rest der Welt". Das ist doch gar nicht wahr! Die Begeisterung für die Gesamtschule ist auch in ande­ren Bundesländern, auch in sozialdemokratisch ge­führten Ländern, nicht zu spüren.

(Beifall bei der CSU)

Die Gesamtschule ist in erster Linie eine Idee der Po­litiker und weniger ein Bedürfnis von Eltern und Schü­lern, die oftmals in einer Kampagne dazu angeregt werden müssen, nach einer Gesamtschule zu rufen.

Ein typisches Beispiel ist No r d r h e i n - W e s II a -1 e n. Dort war die CDU sogar kompromißbereit. Frak­tionsvorsitzender .Bi e den k o p f hat Ministerpräsi­dent R au die Zustimmung zur integrierten Gesamt­schule als weiterer Regelschule unter zwei Bedingun­gen angeboten. Eine Voraussetzung war die Garantie der Hauptschule. Oie SPD ist dagegen der Überzeu­gung, daß bei einer bestehenden Gesamtschule keine Hauptschule angeboten werden müsse. Das würde natürlich den Tod der Hauptschule bedeuten. Oie zweite Bedingung war die Forderung, daß die Ge­samtschulen in der materiellen und personellen Aus­stattung den Schulen des gegliederten Schulwesens gleichgesetzt werden müßten. Das waren zwei ver­nünftige Forderungen. Ministerpräsident Riu hat so getan, als würde er auf diesen Kompromiß eingehen, aber letztlich kam dieser Kompromiß nicht zustande nach der Methode: Alles oder nichts. Hier wird klar, wohin die Alleinherrschaft der SPD führt.

In Niedersachsen existieren ganze 13 Gesamt­schulen, die Kultusminister Rem m er s als Erbe vorgefunden hat. Wegen der bevorstehenden Wahlen in Niedersachsen sind die Politiker mit ihren Äuße­rungen natürlich vorsichtig. Auch in Nieder-

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Bayerischer Landtag . PLENARPROTOKOLL 9/116 V. 03. 03. 82 7641

(Dr. Glück [CSU])

Sachsen besteht nicht die Absicht - auch wenn Sie Herrn Remmers immer als Kronzeugen anführen -, weitere Gesamtschulen zu errichten. In einer Allens­bacher Umfrage vom letzten Sommer wird deutlich, daß die Neigung der Bevölkerung zu Gesamtschulen abgenommen hat und weiter abnimmt, und zwar bei den Anhängern sämtlicher Parteien. Daher nützt Ih­nen auch das Beispiel Niedersachsen nichts.

In Sc h 1 es w i g - Ho 1 s t ein gibt es fünf Gesamt­schulen, nämlich drei kooperative und zwei inte­grierte. Mehr Gesamtschulen werden es dort nicht. Eine wird sogar ins gegliederte Schulwesen zurück­geführt.

In Bad e n - W ü r t t e m b e r g gibt es sechs inte­grierte Gesamtschulen. Dieses land vertritt übrigens eine ähnliche Haltung wie Bayern. Bayern steht daher nicht allein gegen den Rest der Welt.

(Abg. Hochleitner: Abschlüsse?)

In Rhein 1 an d - Pf a 1 z existieren drei Gesamt­schulen.

So ganz üppig sind die Gesamtschulen also auch in den SPD-regierten Ländern nicht vertreten. Ich weiß nicht, woher Sie die Meinung nehmen, daß der Zug in Richtung Gesamtschule geht.

(Abg. Dr. Rost: Wunschdenken!)

Sie können uns nicht gewaltsam einreden, daß die Gesamtschule der schulpädagogischen Weisheit letz­ter Schluß wäre. Ich selbst spüre immer wieder, daß die Gesamtschule für uns kein Thema ist. Herr Kol­lege Hochleitner, in unserem Raum ist sie wirklich kein Thema. In Stadt und Landkreis Passau besteht ein viettältiges Angebot: Vier Gymnasien im Landkreis Passau, vier in der Stadt, eine Vielzahl von Realschu­len und ordentliche Hauptschulen. Die Bevölkerung kommt gar nicht dazu, nach einer Gesamtschule zu rufen. Sictier kann es sein, daß da und dort das Ange­bot etwas schlechter ist.

Noch ein Wort zu den A b s c h 1 ü s s e n. Ich bitte darum, d4ß sich die Kultusministerkonferenz nicht auf den billi~ten gemeinsamen Nenner einigen möge. Bayern i.t ohnehin bereit, wenn auch unter Ein­schränku gen, in der Zahl der Leistungsniveaus ent­gegenzu mmen und zwei statt drei Leistungsni­veaus zu kzeptieren. Wir müssen dann aber auch er­warten, B wenigstens inhaltlich etwas Vernünftiges gemacht 'rd und man sich nicht immer nur nach dem rich t, der am großzügigsten verfahren und am wenigste verlangen möchte. Wir möchten die Lei­stung au echterhalten, da die Anforderungen in der Berufsw auch nicht geringer werden, sondern viel­mehr stei en, so daß wir es uns nicht leisten können, in den S ulen permanent Abstriche zu machen.

Aus uns er Sicht besteht insgesamt keine Notwen­digkeit fü die Einführung der Gesamtschule, weil sie

res Bildungsangebot und einen Qualitäts­Unterrichts mit sich bringt und die Schü-

egel schlechtere Leistungen erzielen - das ns auch im niedersächsischen Gutachten

betont -, weil sie bestehende Schulschwierigkeiten nicht beseitigt, bestehende Schulen gefährdet und zu einem Schulsterben auf dem lande führen würde. Außerdem werden bei der Einführung der Gesamt­schule mit Sicherheit in der Regel die Schulwege län­ger, da wegen der gleichbleibenden bzw. zurückge­henden Schülerzahlen nicht nach Belieben zusätzli­che Schulen geschaffen und alte erhalten werden können. Die Gesamtschule ist auch deswegen abzu­lehnen, weil sie erhebliche zusätzliche Investitionen mit sich bringen würde. Wir wollen nach der Fülle der Reformen der vergangenen Jahre nicht noch einmal das insgesamt bewährte bayerische Schulwesen um­krempeln.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir wollen das bestehende Schulsystem weiterentwickeln und ihm nach einer langen Experimentierperiode wieder mehr Richtung und Ziel geben, weil wir damit auch El­tern und Schülern die seit langem vermißte Sicherheit wieder zurückgeben.

(Beifall bei der CSU)

Erster Vizepräsident Kamm: Nächste Wortmeldung, Herr Kollege Schmolcke !

Schmolcke (SPD): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herrn Goppels Kritik an der Wirklichkeit des dreigliedrigen Schulwesens war derart fundamental, daß eigentlich nur dessen Veränderung als einzig lo­gischer Ausweg übrig bleibt.

(Beifall bei der SPD)

Herr Dr. Rost nannte Herrn Dr. Böddrich wegen des­sen Kritik am Auslesemechanismus des dreigliedri­gen Schulwesens einen Polit-Hysteriker. Ich bin über­zeugt, Herr Dr. Böddrich hält das aus, weil das aus dem bildungspolitischen Paläolithikum kommt.

(Oho! bei der CSU)

Herr lang zitierte Herrn Evers, daB die Gesamtschule von manchen zum schulpolitischen Kampf miß­braucht werde. Herr lang, hatten Sie dabei das „Stichwort Nummer 4" des Kultusministeriums und den Artikel ih „Löwe und Raute" im Ohr gehabt,

(Abg. lang: Evers hat das gesagt!)

deren Aussage lautet: Gesamtschule ist doof?

Meine Damen und Herren! Die Interpellationen jagen sich. Mit einer Kunstinterpellation wird die Ära Strauß als Kunstereignis, und mit einer schulpolitischen In­terpellation die Schulpolitik als Ereignis festgehalten. Es ist einmalig in seiner Rückständigkeit.

(lachen bei der CSU)

Einige Selbstverständlichkeiten für die Fliegenbein­zähler: Es gibt gute und weniger gute Lehrer, gute und weniger gute Schüler, gute und weniger gute Klassen. Daher schwanken die Ergebnisse bei Lei­stungsvergleichen innerhalb der einzelnen Schularten mitunter sehr viel stärker als zwischen den verschie­denen Schularten.

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(Schmolcke [SPD])

Ein Beispiel: Wir hatten vor Jahren an zwei Gymna­sien in Bayern, in Pullach und in Ansbach, Abitur­durchschnitte mit mehr als zwei ganzen Notenstufen Differenz, 1,5 und 3,5. Nun frage ich Sie: Wo in einem Vergleich hat jemals der Notendurchschnittsunter­schied zwischen Gesamtschulen einerseits und Real­schulen, Hauptschulen, Gymnasien andererseits so geschwankt wie innerhalb zweier Gymnasien in Bay­ern? Natürlich gibt es auch innerhalb einer Gesamt­schule Schwankungen von Jahr zu Jahr. Menschen sind Gott sei Dank keine Roboter. So kann man sich fragen, woran es denn liegt, daB in einem Jahr plötz­lich auffallend weniger Schüler die Oberstufe anstre­ben, z.B. in München. Warum? Die Erklärung ist ganz einfach: Als diese Schüler in die Schule eintraten, da war es noch unsicher, ob es eine gymnasiale Ober­stufe überhaupt, und, wenn ja, wie es sie geben wird. Deswegen waren von Anfang an weniger daran inter­essiert.

Es gibt Vorgaben und Behinderungen, die bedacht sein müssen. Es gibt nur zwei integrierte Versuche in einem Land von der Größe Bayerns. Erlaubt das überhaupt irgendeine repräsentative Aussage, die für sich Wissenschaftlichkeit beanspruchen kann? Kommt eine Schule, deren Grundprinzipien die För­derung statt Auslese als Ziel enthält, Differenzierung nach Neigung und Fähigkeiten, spätere Entscheidung über Schullaufbahn, soziales Lernen, bessere Chan­cen für Kinder bildungsfernerer Schichten, Angstfrei­heit und Schu~reude, nicht notwendig in Schwierig­keiten - und sie soll es in Bayern wohl auch -, wenn sie gleichzeitig die Schüler auf die herkömmli.chen zentralen Abschlüsse vorbereiten muB? Als Vorgabe des Ministeriums darf begründet vermutet werden: Untersuchungen müßten die Unterlegenheit der Ge­samtschule und die Überlegenheit des herkömmli­chen Schulwesens, wenn auch nur scheinbar, nach­weisen. Einige wichtige Belege dafür: Von der Ständi­gen Konferenz für Bildungsplanung beim Staatsmini­sterium wurden Maßnahmen gefordert, ich zitiere mit Genehmigung des Herrn Präsidenten, die das „poli­tisch gewollte dreigliedrige Schulwesen" erhalten. Das ist nicht \lon irgendwem geäußert, sondern vom höchsten Bea'1ten. Nicht von dem pädagogisch be­gründeten, sohdern vom „politisch gewollten" drei­gliedrigen Scij.Jlwesen ist die . Rede. Wer also, Herr Lang, führt hilf einen ideologischen Kampf?

Der Vertreter i eines Lehrerverbandes, der die Ge­samtschule a ehnt, kolportiert eine von mir nachge­prüfte Behau ung eines offiziellen Berichterstatters über die Gesa tschule: In der Gesamtschule sei eine Deutscharbeit mit 90 Fehlern noch mit „gut" bewer­tet worden. D nicht gesagt wurde, um welche Arbeit es sich hand e, haben die Lehrer sämtliche Arbei­ten mit der N e „gut" überprüft und keine Arbeit mit 90 Fehlern ge nden. Wie soll man es also nennen, wenn aufgrun eines noch dazu konstruierten Falles pauschale Urt ile gefällt werden? Zeigt das nicht in nahezu klassi eher Form, wie Vorurteile fabriziert werden? Der Bericht des Staatsinstituts aus dem Jahre 1976/ schien für die erwartete Verurteilung der Gesamt hule nicht genügend herzugeben,

spricht dieser Bericht doch von zutage getretenen partiellen Vorzügen, von Leistungssteigerungen, die über die statistische Erwartung in relevantem MaBe allerdings nicht hinausgehen usw. Alle diese unbe­strittenen Fakten werden im Bericht bis zum Rande der Umkehr abgeschwächt. Die Formulierungen zei­gen das. Das Institut weiß als eine dem Kultusmini­sterium nachgeordnete Behörde eben genau, was von ihm erwartet wird. Dennoch wissenschaftlich Ver­antwortbares hervorzubringen erfordert einen nahezu akrobatischen Balanceakt. Herr Lang, der neue Bericht des Staatsinstituts unter Professor S c h o r b soll vor der Endredaktion des Instituts dem Kultusministerium vorgelegt werden. Halten Sie das für in Ordnung? Was ist das für ein Verständnis von Wissenschaftlichkeit? Da kann man nur fragen: Hat der Wissenschaftler Maier den Wis­senschaftler an der ideologischen Garderobe des Kultusministeriums abgegeben? Was traut er seinem eigenen Institut zu? MuB er da auch noch kontrollie­ren, bevor die Endredaktion eines Berichts herausge­geben wird? Hält der Kultusminister Berichte von Lehrern über die Gesamtschule für überzeugend oder objektiv, die unmißverständlich erkennen lassen, daß sie ihre herkömmliche Schule durch die Gesamt­

. schule bedroht sehen? Zahlreich sind die Versuche von Kultusministerium und CSU, die trotz verfehlter Vorgaben und mannigfaltiger anderer Behinderungen dennoch unübersehbaren hervorragenden Leistun­gen der Gesamtschule, besonders auch im Münchner Norden, umzudeuten, weil nicht sein kann, was nicht sein darf. Von jungen Mit!!lliedern der CSU habe ich gehört: Was ist denn ein qualifizierender Hauptschul­abschluß noch wert, wenn ihn 95 Prozent eines Jahr­gangs machen? Die Konsequenz daraus kann nur sein: Wenn ihn nur 51 Prozent im herkömmlichen Sy­stem machen, das ist ja dieselbe Prüfung, dann taugt er was. Wenn ihn 95 Prozent eines Jahrgangs in der Gesamtschule machen, dann taugt er nichts. Das ist eine tolle Logik.

Der l'iultusminister sagte, die Gesamtschule sei An­gebotsschule. Also seien es nur motivierte Eltern, die ihre Kinder hinschicken. Wie Sie, Herr Minister, aber die Tatsache, daß die Eltern, die ihre Kinder von An­fang an zum Gymnasium schicken wollen - auch aus dem Hasenberg! - und das auch tun, und nicht zur Gesamtschule, umdeuten wollen als einen Vorteil der Gesamtschule, bleibt unerfindlich. Immer wieder erklärt das Ministerium die guten Lei­stungen der Gesamtschule damit, daß die sächlich­räumlichen und die personellen Voraussetzungen besser wären. Die s ä c h 1 i c h - r ä u m 1 i c h e A u s -s t a t t u n g der G e s a m t s c h u 1 e M ü n c h e n -N o r d ist nicht besser und nicht schlechter als die anderer neuerer städtischer Bildungszentren und Schulzentren, allerdings besser als die der staatli­chen. Schauen Sie sich doch die anderen städtischen Bildungseinrichtungen an!

Zur p e r so n e 11 e n S i t u a t i o n , dem Verhältnis Schüler zu Lehrer. Hauptschule: 19 Schüler pro Leh­rer, Gesamtschule München-Nord: 18 Schüler pro Lehrer. Man muß nämlich verschiedene Faktoren bedenken, die nicht gesamtschulspezifisch sind: Zwei Stunden Ermäßigung für die Lehrer wegen

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(Sch~olcke [SPD])

des Versuchsstatus. die sehr guten Sportanlagen mit einem breiten Sportangebot für Mädchen und Buben erfordern mehr Lehrer, Gariztagsunterricht erfordert mehr Lehrer, die Lehrer arbeiten zum Teil an der gymnasialen Oberstufe. Wenn man das berücksich­tigt, dann kommt ein Verhältnis heraus, das nicht bes­ser ist .als an einem städtischen Münchner Gymna­sium, wohl aber besser als an staatlichen Hauptschu­len. Das ist unbestritten.

Kein Nebel, keine Umdeutungsakrobatik kann die be­währten Leistungen der Schule, selbst unter verfehl­ten Vorgaben, leugnen. 95 Prozent, es schwankt von Jahr zu Jahr, schaffen den qua 1 i f i zierenden Haupts c h u 1absch1 u ß, nur 51 Prozent an her­kömmlichen Schulen. Im Schuljahr 19ß1/82 gibt es in der 9. Jahrgangsstufe von 201 Schülern 52, die die gymnasiale Oberstufe anstreben, 86 streben den Realschulabschluß an und 63 den Hauptschulab­schluß. Bei den R e a 1 s c h u 1 ab s c h 1 ü s s e n la­gen die Ergebnisse beim ersten Abschluß, verglichen mit den Munchner Realschulen im unteren Drittel, beim zweiten Abschluß im mittleren Drittel und beim dritten Abschluß im oberen Drittel. Das ist eine Stei­gerung! In zentralen Fächern, Herr Minister, sind die Prüfungsnoten an der Schule besser als die Jahres­fortgangsnoten. Was bedeutet das? Das bedeutet, daß der Vorwurl der zu milden Benotung wohl ein Un­fug ist; denn bei einer staatlichen Prüfung ist ein staatlicher Kommissär anwesend. Die Klasse der Ge­samtschüler, die inzwischen an der g y m n a s i a 1 e n Oberstufe ist, ist die beste Klasse. Die Schul­angst ist belegbar niedriger als an anderen Schulen, die Schulfreude belegbar größer; weit über 90 Pro­zent der Eltern bejahen diese Schule; die Chancen der Kinder bildungsferner Schichten sind signifikant besser und die Leistungen der Gesamtschüler in der gymnasialen Oberstufe sind als hervorragend einzu­stufen. Was wollen Sie eigentlich noch? Die zahlreichen Störmanöver seitens der CSU und auch des Kultusministeriums hat die Gesamtschule durch die Unterstützung der Eltern bisher überlebt. Auf den Artikel im CSU-Blatt „Löwe und Raute" mit dem argumentativen Titel „Gesamtschule ist doof" hin habert die Schüler mit einem handgeschriebenen Brief ge~twortet auf einem Niveau, von dem dieser Artikelsc reiber nur träumen kann. Das „Sti wert Nr. 4" - besser „ein viertes Pamphlet unter an ren" - ist von den Eltern eindeutig beant­wortet w~rden. Warum nur, so fragt man sich, reagie­ren CSU und Kultusministerium derart schrill und hektisch uf die Gesamtschulbewegung? Ihnen ist es eben nie t entgangen, daß ein Großteil der Bevölke­rung - d r größere übrigens auch der CSU-Wähler, die mit d m bisherigen Schulsystem im ganzen zu­frieden si d - folgendes fordert: verstärkte Angebote mit Gesa !schulen besonders dort, wo die Eltern es wollen. D s fordern Ihre Wähler!

(Beifall bei der SPD)

Darum w rden Sie nervös.

(Ab~. Möslein: Hoffentlich behalten wir das : Thema bis zum Oktober!)

Das S!eatsinstitut beschreibt einen Wandel in der Wahl der Schullaufbahn. Der mittlere Abschluß wird verstärkt angestrebt. Alles läuft auf integrierte For­men zu. langsam aber sicher schwimmen Ihnen die Felle davon. Lesen Sie doch einmal nach, wie sehr Sie sich gegen die Ablösung der Zwergschulen ge­wehrt haben, wie sehr Sie sich gegen die christliche Gemeinschaftsschule gewehrt haben! Bedenken Sie die Ergebnisse dieser Don Quichotterien ! Ihr immer absurder werdender prinzipieller Widerstand gegen jede Form von Integration mag zwar etwas mit ideolo­gischer Konsequenz zu tun haben, aber allenfalls un­ter dem Motto: Und ist es Unsinn, so hat es doch Me­thode!

(Beifall bei der SPD)

Präsident Dr. Heubl: Das Schlußwort hat der Herr Staatsminister für Unterricht und Kultus.

Staatsminister Dr. Maler: Herr Präsident, meine Da­men und Herren! Erlauben Sie mir am Ende dieser langen und im großen und ganzen friedlich verlaufe­nen Debatte einige Schlußbemerkungen, wobei ich nicht auf alles eingehen kann; das würde zu lange werden.

Ich beginne mit einigen Bemerkungen zu der heute oft kritisierten St a t i s t i k , für die ich ein paar vor­sichtige, positive Worte finden möchte. Es ist ja schwierig: Man kann sich nämlich politisch auseinan­dersetzen, wobei es dann immer unterschiedliche Standpunkte geben wird. Das sind aber dann wohlge­merkt noch keine Ideologien, Herr Kollege Schmolcke. Wir haben unseren politischen Stand­punkt, Sie haben den Ihren. Ich unterstelle Ihnen des­halb keine Ideologie, unterstellen Sie auch bitte uns keine Ideologie. Es gibt eben politische Lagebeurtei­lungen, die verschieden ausfallen und zu verschiede­nen Konsequenzen führen. Will man aber jetzt zwi­schen diesen politischen Standorten etwas Gemein­sames herausbringen, dann besteht der beste Boden doch immer noch aus Zahl und Begriff. Da kann man nämlich mit Hilfe der Ratio und unter Zuhilfenahme auch unterschiedlicher wissenschaftlicher Stellung­nahmen sicher zu gewissen Gemeinsamkeiten kom­men. Ich habe ja heute morgen eine Gemeinsamkeit genannt, die sich durch alle Gesamtschuluntersu­chungen zieht, gleichgültig welcher politischen Her­kunft und Richtung. Das ist in der Tat die Überzeu­gung der Wissenschaftler, daß das Leistungsproblem bei der Gesamtschule die größten Schwierigkeiten bereitet. In bezug auf Integrationsleistung, Schulklima usw. hat die Gesamtschule im allgemeinen positive Noten. In bezug auf Leistung sagen aber selbst ihre Befürworter, daß es da aus den von mir angedeuteten strukturellen Gründen Schwierigkeiten gibt.

Den Vorwurf der Manipulation mit Zahlen muß ich ent­schieden zurückweisen. Ich möchte betonen, daß die Zahl der Abiturienten, die sich verdreijacht hat, die absolute Zahl ist. Die habe ich in meiner Darstellung auch wörtlich gebracht. Was soll es denn sonst sein? Die andere Zahl, Herr Kollege Dr. Rothemund, näm­lich die Prozentzahl, habe ich ebenso vorgetragen. Beides war in meinen Ausführungen enthalten. Was ist denn hier eigentlich Manipulation? Daß beide Zah-

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(Staatsminister Dr. Maier)

len gemessen an den unterschiedlich starken Alters­jahrgängen verschieden aussehen, ist klar. Wenn da von „Nebelkerzen werfen" geredet wird, muß ich sa­gen, etwas Klareres, Durchsichtigeres, Luzideres als meine Darstellung in diesem Punkt gibt es überhaupt nicht.

(Beifall bei der CSU)

Ich möchte wirklich einmal das bißchen Nebel, Dun­kelheit und clair-obscure genannt wissen, das in mei­nen Darlegungen sein soll. Man ist ja immer dankbar für Kritik, wenn man aber Dinge, die man selbst ge­nannt hat, triumphierend als Kritik entgegengehalten bekommt, fragt man sich, warum man eigentlich schreibt und liest.

Ähnlich ist es mit den Ab s c h 1 ü s s e n , Frau Kolle­gin Meier. Es kommen natürlich verschiedene Zahlen heraus, je nachdem, ob man sich auf den Jahrgang bezieht, was wir getan haben, oder ob man sich auf die Absolventen der einzelnen Schulen bezieht, was Sie getan haben. Also ich glaube, über diese statisti­schen Dinge kann man sich ganz friedlich und wie ge­sagt völlig ohne Streit verständigen.

Ein zweiter Punkt. Es ist dem g e g 1 i e d e r t e n Sc h u 1 w e s e n wieder einmal vorgeworfen worden, man falle da ins Bodenlose, wenn man scheitere.

(Abg. Hochleitner: Es geht jetzt nur um den qualifizierenden Abschluß!)

- Ja, aber das zog sich ein wenig durch verschiedene Äußerungen der Sprecher der Opposition. Ich meine, Frau Kollegin Meier, niemand fällt ins Bodenlose. Darin hat sich nämlich das gegliederte Schulwesen in der Tat in den letzten 10, 20 Jahren verändert. Wir sollten gemeinsam registrieren, daß das gegliederte Schulwesen durchlässiger geworden ist und daß die alten Versäulungen, die es einmal gab, in der Tat nicht mehr bestehen.

Das geglieder!j! Schulwesen, Frau Kollegin Meier, ist auch nicht nu~ durchlässig nach unten, wie Sie· be­haupten. Aller~ings muß sich derjenige, der weiter will, anstrenge~ und manchmal auch Zeit aufwenden. Das ist keine frage. Umsonst ist Durchlässigkeit in der Tat nicht haben. Das hängt damit zusammen, daß Schulfor n eben auch Bildungsgänge mit ei­nem bestimm n Profil sind, wie ich darzutun ver­sucht habe.

Viel wird ja i wendet. Erlau paar ganz frie

er das internationale Argument ver­n Sie mir zu diesem dritten Punkt ein

liehe Anmerkungen.

Zunächst mu ich feststellen, daß wir in dem weit über die B n d e s r e p u b 1 i k D e u t s c h 1 an d hinausreichen en deutschsprachigen Bereich eine überlieferte S ultradition haben. Wir teilen die vier­jährige Grun chule mit ö s t e r r e i c h - und der S c h w e i z. lc meine, daß dies eine Tradition ist, die wir auch zunä hst einmal als etwas Bewahrenswertes sehen sollten.

(Abg. Dr. Rothemund: Das mußte aber den Kons ativen abgerungen werden!)

- Das hat mit den Konservativen gar nichts zu tun. Wenn Sie mit den Konservativen die Ostelbier mei­nen, die 1919 ihre Vorschule verloren haben, dann stimmen wir darin sogar überein. Mit den Ostelbiern habe aber zum Beispiel ich als süddeutscher Demo­krat so gut wie gar nichts zu tun. Wollen wir uns doch hier keine Gespensterschlachten über „konservativ" liefern. Ganz abgesehen davon ist „konservativ" für mich ein Ehrenname.

(Beifall bei der CSU - Abg. Lang: Jawohl, so ist es!)

Wenn man die Dauer des Bestehens einer Partei zu­grundelegt, ist die SPD sogar zweifellos die konser­vativste aller unserer Parteien, weil sie eine lange Tra­dition hat. Ich sehe das als etwas sehr Ehrenhaftes an. Also streiten wir uns doch nicht über „konserva­tiv".

(Zuruf des Abg. Dr. Rothemund)

- Mir ist gar nichts unangenehm. Sie haben ja gar keine Ahnung, wie schwer es ist, mir etwas Unange­nehmes zu sagen, Herr Kollege Dr. Rothemund. Da müssen Sie in der Bildungspolitik schon noch ein biß­chen nachsitzen.

(Heiterkeit und Beifall bei der CSU)

streiten wir uns darüber also nicht.

Zurück zum i n t e r n a t i o n a 1 e n A r g u m e n t. Es ist nicht zu bestreiten, daß die Gesamtschule ihre Konjunktur hatte. Die 50er Jahre in Amerika, die 60er Jahre in Eur'?pa, noch die ?Oer Jahre sind geprägt von starken Ubergängen und, sage ich jetzt einmal präziser, Te n d e n z e n z u i n t e g r i e r t e n S y -s t e m e n , denn man kann Italien und Frankreich in der Hinsicht nicht exakt mit unseren Gesamtschulbe­strebungen gleichsetzen. zweifellos hatte die inte­grierte Schule aber damals Konjunktur.

Meine Damen und Herren! Diese Konjunktur hat ihren Höhepunkt auch international längst überschritten. Das hängt zugegebenermaßen zusammen mit einer gewissen Resignation und Vorsicht bezüglich der Bildbarkeil Und des Vertrauens in die Bildbarkeil des Menschen überhaupt. Insofern spielen hier k u 1 t u r -p es s im ist i s c h e Strömungen eine Rolle, die ich so in dieser Form auch nicht teile. Es ist zu­nächst einmal eine Reaktion auf eine Entwicklung, die aus Schulen, aus pädagogischen Institutionen sozial­politische Institute gemacht hat.

In Deutschland haben wir ja das berühmte Wort von S c h e 1 s k y , daß die Schule eine Zuteilungsappara­tur von Lebenschancen geworden sei. Ich habe die­ses Wort immer kritisiert. Die Schule verteilt zwar zu­gegebenermaßen auch Lebenschancen; würde sie sich aber darauf beschränken, wäre sie nicht mehr Schule und damit nicht mehr zu unterscheiden vom beruflichen Leben und allen Arten sozialer Steuerung in unserer Gesellschaft überhaupt. Was die Schule aber all diesen Verteilungsmechanismen voraus hat, ist die Be z i e h u n g a u f das K i n d , da gebe ich Thomas Goppel und anderen Rednern recht, und es ist die Beziehung auf diesen einmaligen unwieder-

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(Staatsminister Dr. Maier)

bringlichen schulischen Augenblick. Alle Verteilungs­mechanismen denken an die Zukunft. Würde man die Schule nur an der Zukunft orientieren und daran, was sie dem Kind bringen und ermöglichen soll, dann ver­löre man aus dem Auge, daß das Entscheidende in der Schule nicht im Hinblick auf Zukunft, sozialen Fortschritt und sozialen Erfolg geschieht; das Ent­scheidende geschieht vielmehr hier und jetzt und in Augenblicken, in denen man an die Zukunft, ich spitze es zu, gar nicht denkt. Der e i n m a 1 i g e · p ä d a g o g i s c h e A u g e n b 1 i c k ist es, den wir in der Schulwirklichkeit wiedergewin­nen müssen. Das ist auch inbegriffen in dem Ver­such, das Erzieherische wieder in den Mittelpunkt der Schule zu stellen.

(Beifall bei der CSU - Abg. Dr. Seebauer: Das spricht doch gegen das dreigliedrige

System!)

Ein Versuch, den wir gemeinsam unternehmen müs­·sen. Es waren ja heute in vielen Reden auch nach­denkliche Töne zu hören. Ich möchte sehr unterstrei­chen, daß gerade auch die Sprecher der FDP Ab­schied davon genommen haben, pädagogischen Fortschritt und schulische Leistung nur an der Ver­mehrung der Abiturientenzahlen zu messen. Ich habe das sehr wohl registriert. Was hat man uns aber noch in den letzten beiden Wahlkämpfen dafür geprügelt, daß wir in der Tat in Bayern die geringsten Abiturien­tenzahlen der Bundesrepublik haben.

Meine Damen und Herren! Ich kann den folgenden Satz nicht oft genug sagen: Hätten alle Länder ihre Abiturientenzahlen so maßvoll vermehrt und ihre Hochschulen so stark ausgebaut wie Bayern, dann gäbe es keinen Numerus clausus.

(Beifall bei der CSU)

Von manchen Rednern ist zu Recht gesagt worden: Da streitet ihr euch über Strukturen, und die ent­scheidenden Dinge passieren anderswo unbemerkt: Verwisse~schaftlichung der Schulfächer, Stoffüber­flutung. Richtig! Aber auch dazu ist eine skeptische Anmerku"g zu machen.

Wir haben alle erlebt, unsere Väter und Vorväter ha­ben es a~ch erlebt, daß sich die Schule in unseren Breiten a s der geistlichen Schulaufsicht gelöst hat; der letzt Schritt war die Entkonfessionalisierung in den sech iger Jahren. Aber nachdem diese Veranke­rung gelö t war, hat sich die Sc h u 1 e auf ein neues Geländer zubewegt, nämlich auf die Wissen -s c h a f t. ie hat sich nicht mehr wie früher an Kirche und Relig n orientiert, sondern an der Wissenschaft. Dabei ha aber die Schule - und das können wir heute, gl ube ich, selbstkritisch sagen - die Erfah­rung ge chi, daß es d i e Wissenschaft als Orien­tierung g r nicht gibt; es gibt nur eine Fülle einzelner Wissensc aften. Da bin ich auch viel skeptischer und zurückha ender als Thomas Goppel, wenn er diesen Wissensc aftler zitiert, der fordert, daß man jetzt wie­der in de alten Form in der Schule lernen soll. Ich kann lhne zwanzig andere Wissenschaftler daneben­setzen, e wieder anderes fordern. Daraus einen

Lehrplan zu machen, der den Konsens der ganzen Gesellschaft erhält, das ist ein hartes Brot. Das wis­sen wir vom Ringen um die Dreißig-Stunden-Tafel, wo jede einzelne Gruppe, je angeführt von einem Nobel­preisträger, kommt und sagt: Aber keine Kürzung der Physik, keine Kürzung dieses und jenes Faches r

Meine Damen und Herren! Ein gesellschaftlicher Kon­sens über das, was in der Schule notwendig ist und not tut, ist dringend erforderlich. Ich glaube, das könnte eine mögliche Formel, ein Ergebnis dieser [)e­batte sein. Aber wir sind von diesem Konsens noch weit entfernt, und bloße Rückwendung, bloßes Heim­weh, bloße Nostalgie ist auch kein Weg. Ich bin, wenn ich dies sage, unverdächtig, denn ich gehöre zu de­nen, die sich in den Zeiten der Fortschrittseuphorie mit aller Macht quergelegt haben. Ich war der erste, der den Illusionen in der Bildungspoli-1 i k 1 9 7 0 fundamental widersprochen hat.

(Beifall bei der CSU)

Die Prügel, die ich damals empfangen habe, kann ich nun gewissermaßen als Ehrenzeichen vorzeigen. Ich widerspreche heute aber ebenso einem allmählich modisch werdenden K u II u r p e s s i m i s m u s , der sagt, alles was in den letzten zwanzig Jahren ge­macht worden ist, war schlecht; zurück zur guten al­ten Zeit, so im Stil der „Grünen" in Baden-Württem­berg, die jetzt die einklassige Dorfschule fordern. Da muß ich sagen: Mit mir nicht, auch nicht mit der CSU!

(Beifall bei der CSU)

Wir haben immer den v e r n ü n f t i g e n F o r t -s c h r i t t gesucht, meine Damen und Herren, nicht den Fortschritt um seiner selbst willen, sondern den kontrollierten, überlegten, nachprüfbaren Fortschritt.

Wenn Sie mir noch zwei Bemerkungen erlauben. Zu­nächst hat sich überall, wo integrierte Systeme durchgesetzt worden sind, im Gegenschlag eine E 1 i t e s c h u 1 e entwickelt. Auch dafür lassen sich weltweit Belege beibringen. J a p an ist ja nur ein berühmt-berüchtigtes Beispiel, aber auch Am e -r i k a ist ein Beispiel, wo heute die wesentliche Aus­bildung der Elite - ich scheue das Wort nicht, denn wir brauchen eine Elite; sie muß nur demokratisch, nämlich nach Leistung, bestellt werden - im Privat­schulwesen vor sich geht. Das wollen wir doch in Eu­ropa, glaube ich, aufgrund unserer historischen Über­lieferung nicht ohne weiteres kopieren. In Amerika, wo ohnehin das ganze Land aus Privatinitiative ge­wachsen ist, liegen andere geschichtliche Vorausset­zungen vor. Und, meine Damen und Herren, wie ist es in den s o z i a 1 i s t i s c h e n L ä n d e r n ? Auch dort gibt es Eliteschulen, bei denen ganz frühzeitig, schon im 4./5. Lebensjahr, ausgelesen wird. Ich meine damit nicht nur die alten, aus der Zarenzeit stammenden russischen Schulen, die Kadettenschu­len, Sportschulen, Musikschulen, die heute den Welt­standard des russischen Sports, der russischen Mu­sikübung usw. garantieren. Ich denke auch an die vie­len Schulen mit erweitertem Spezialunterricht, so hei­ßen sie, die reine Eliteschulen für jene 5, 6, 7 Prozent hervorragend gebildeter Menschen sind. Wenn wir gelegentlich sowjetischen Diplomaten mit makello­sem Deutsch begegnen, dann wissen wir, sie kam-

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(Staatsminister Dr. Maier)

men aus solchen Spezialschulen. Meine Damen und Herren! Wir leben nicht allein auf der Welt, wir müs­sen uns auch dieser Herausforderung von Spezial­schulen stellen. Aber wir sind der Meinung, das, was im sozialistischen, aber auch im angelsächsischen Bereich und in Japan passiert ist, kann für uns kein Modell sein, nämlich eine Art Gesamtschule für die große Menge und eine Eliteschule für die Elite, sei es für eine sozialistisch ausgelesene, sei es für eine pri­vatwirtschaftlich ausgelesene. Da sage ich: Dieser Preis ist mir zu hoch.

(Beifall bei der CSU)

Deswegen meine ich, daß das gegliederte Schulwe­sen bei all seinen Unzulänglichkeiten, die auch heute in der Debatte reichlich beleuchtet worden sind, ich widerspreche dem gar nicht, das beste Schulsystem ist, um diese beiden, immer im Widerspruch und in Spannung zueinander stehenden Aufgaben von Schule zu lösen und zu leisten: einerseits zu integrie­ren, junge Menschen zusammenzuführen, und damit auch die Voraussetzung für das zu schaffen, was man Volk und was man Gemeinschaft nennt, und anderer­seits jeden einzeln anzureden und anzupacken und einzeln zu fördern und ihn nach seiner Begabung dorthin zu führen, wohin er gehen kann. Das wird im­mer eine gewisse Spannung im Schulwesen sein, daß beides erreicht werden muß; aber beides soll in ei­nem gemeinsamen Schulwesen erreicht werden. Das könnte sogar eine Formel sein, die am Ende Gesamt­schulanhänger und Anhänger -des gegliederten Schulwesens wieder zusammenführt.

Letzte Bemerkung. Es ist gesagt worden, wir reden zuviel über Strukturen und 0 r g an i s a t i o n. Ja und nein. Sicher haben wir in den letzten Jahren zuviel Organisatorisches, Statistisches, Zahlenmäßi­ges auch hier in diesem Hohen Hause erörtert. Aber, meine Damen und Herren, es war doch auch nötig. Es war nötig, weil in dieser großen Bewegung des Bil­dungsausbaues der Süden Deutschlands das große Defizit nachgeholt hat, das er im 19. Jahrhundert mit der Verlagerung des politischen Schwerpunkts nach Norden. und schon früher mit der Säkularisation und dem Verlust Österreichs, erlitten hat. Wenn der Sü­den Deutschlards wieder aufgeholt hat in der Litera­tur, in der Wis~enschaft und auch in der Schulpolitik, so war dies rrlit ein Ergebnis der Schulreformen der letzten zwanzi , dreißig Jahre. Wir sollten die Tatsa­che, daß es h ute wieder ein flächendeckendes Netz weiterführend r Schulen in Bayern gibt, als eine große Leistun - übrigens aller Parteien - hier einmal nennen.

Insofern war d so sehr ich z ben darf und tigste Aufgab

Ich habe mic nicht entgang gen von der weniger org gisch. Da hält

'

(Beifall bei der CSU)

s Organisatorische doch auch wichtig, ebe, daß man dabei nicht stehenblei­ß die innere Schulreform unsere wich­in den nächsten Jahren ist.

darum auch bemüht, das wird Ihnen n sein, meine Kolleginnen und Kolle­pposition, das Thema Gesamtschule isatorisch anzupacken als pädago­ich mir manchmal, ich möchte sagen

noch ein wenig mehr Eingehen auf diese Fragen ge­wünscht.

(Abg. Jacobi: Das kann noch kommen!)

- Aber das kann ja noch kommen, ich stimme diesem Zwischenruf zu.

Im übrigen bedanke ich mich sehr für alle Anregun­gen auch bei denen, die ich jetzt nicht genannt habe. Vielen Dank. '

(Anhaltender Beifall bei der CSU)

Erster Vizepräsident Kamm: Anträge gemäß § 73 der Geschäftsordnung sind nicht gestellt. Damit ist dieser Tagesordnungspunkt er 1 e d i g t.

Ich rufe auf Tag e s o r d n u n g s p u n kt 7 :

Entwurf einer Verol'{lnung zur Änderung der Verord­nung über das Landesentwlcklungsprogramm Bay­ern (Drucksache 10 602)

Hier berichtet der Herr Kollege Erwin Huber über die Beratungen im Ausschuß für Landesentwicklung und Umweltfragen (Drucksache 10 800). Bitte, Herr Kol­lege!

Huber Erwin (CSU), Berichterstatter: Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Staatsregie­rung hat den Entwurf einer Verordnung zur Änderung des Landesentwicklungsprogramms Bayern vorge­legt. Diese Vorlage stand in der Sitzung des Aus­schusses für Landesentwicklung und Umweltfragen vom 24. Januar 1982 auf der Tagesordnung. Die Mit­berichterstattung hatte Frau König.

Als B e r i c h t e r s tat t e r gab ich den Inhalt der Verordnung wieder und Herr Staatsminister Dick nahm dazu Stellung, vor allem auch zur Notwendig­keit und Eilbedürftigkeit des Konzepts der Zwischen­lagerung schwach- und mittelradioaktiver Abfälle. Ich möchte die Diskussion nicht im einzelnen wiederge­ben, da eine Aussprache zu erwarten ist.

Zur Beschlußfassung im Ausschuß: Der Ausschuß lehnte zuerst einen Antrag der FDP, die Nr. 5.2 gänz­lich zu ändern, mit den Stimmen von CSU und SPD ab. Auch ein weiterer Antrag der FDP, der Ihnen heute als Änderungsantrag vorliegt und nur die Zwi­schenlagerung schwach radioaktiver Abfälle aus der Medizin betrifft, wurde mit den Stimmen von CSU und SPD abgelehnt. Schließlich wurde die vorliegende Verordnung mit den Stimmen der CSU, bei Stimment­haltung von SPD und FDP, angenommen. Ich bitte um Ihr Votum. '

Erster Vizepräsident Kamm: Herr Kollege Häußler, Sie sind so freundlich und berichten über die Bera­tungen im Ausschuß für Sozial-, Gesundheits- und Familienpolitik (Drucksache 10965) und dann über die Beratungen im Ausschuß für Verfassungs-, Rechts- und Kommunalfragen (Drucksache 11071). Bitte schön, Herr Kollege!

Häußler (CSU), Berichterstatter : Herr Präsi­dent. meine Damen und Herren! Der Ausschuß für

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Bayer;scher Landtag · PLENARPROTOKOLL 91116 v. 03. 03. 82 7647

(Häußler [CSU])

Sozial-, Gesundheits- und Familienpolitik beschäf­tigte sich in seiner 7 4. Sitzung am 11. Februar 1982 mit dem Entwurf einer Verordnung zur Änderung der Verordnung über das Landesentwicklungsprogramm Bayern. Mitberichterstatter war Kollege Kaiser.

Hauptdiskussionspunkte waren wie im Fachausschuß die Standortfrage, die Einschränkung der Planungs­hoheit von Region und Gemeinden und schließlich die Frage, ob ein Raumordnungsverfahren im gegebenen Fall notwendig sei oder nicht. An der Diskussion be­teiligten sich die Kollegen K a i s e r, Herr Staatsse­kretär D r. F i s c h e r und Herr D r . F 1 a t h.

In der Abstimmung ergab sich eine Mehrheit für die­sen Entwurf einer Verordnung bei Stimmenthaltung von SPD und FDP.

Ebenso beschäftigte sich der Ausschuß für Verfas­sungs-, Rechts- und Kommuna~ragen am 16. Februar 1982 in seiner 145. Sitzung mit der Verordnung. Mit­berichterstatter war Kollege Langenberger.

Im Prinzip spielte sich die Diskussion im gleichen Sinne ab wie im Fachausschuß und im Sozialpoliti­schen AussctiuB. Die einzelnen Standpunkte wurden dargestellt. Der Hauptdiskussionspunkt war die Frage, ob ein Raumordnungsverfahren Platz greifen müsse oder nicht. Diskussionsteilnehmer waren die Kollegen J a e g e r und D i et h e i , selbstverständ­lich auch der Mitberichterstatter L an g e n b e r g e r.

Die Abstimmung ergab bei Stimmenthaltung der SPD Zustimmung von CSU und FDP. Ich bitte das Hohe Haus um Entscheidung. Danke schön.

Erster Vizepräsident Kamm: Herr Kollege Dumann berichtet über die Beratungen im Ausschuß für Wirt­schaft und Verkehr (Drucksache 10 984). Bitte, Herr Kollege!

Dumann (CSU), Berichterstatter: Der Wirt­schaftsausschuß beschäftigte sich in seiner 96. Sit­zung am 11. Februar 1982 mit der Verordnung, aus­gedruckt auf Drucksache 10 602. An der Sitzung nahm auch Staatssekretär Dr. Fischer teil. Die Mitbe­richterstattung hatte Kollege Schlosser, die Bericht­erstattun~ oblag mir.

In der Eif,elberatung wurde unterschiedlich votiert. In der Ge amtabstimmung gab es folgendes Ergeb­nis: Zusti mung der CSU und FDP bei Stimmenthal­tung der PD. Ich bitte das Hohe Haus, zu entschei-den. j Erster VI richtersta Ausspr ehe den Fraktion hen.

präsldent Kamm: Ich danke für die Be­ungen und eröffne die a 11 gemeine c h e. Ich darf Sie bitten, in die Ausspra­rliegenden Abänderungsantrag der FDP­

u Tagesordnungspunkt 7 mit einzubezie-

Zunächst at sich zu Wort gemeldet Herr Staatsmini­ster Dick. itte, Herr Staatsminister!

Staetsml ster Dick: Sehr verehrter Herr Präsident, meine ve hrten Kolleginnen und Kollegen! Wie be-

kann! hat der Ministerrat am 23. Juni und 15. Dezem­ber 1981 zugestimmt, daß im Zuge der Fortschrei­bung des Landesentwicklungsprogramms im Teilab­schnitt „Strahlenschutz" ein landesweit bedeutsa­mes Konzept für die Zwischenlagerung von schwach­und mittelradioaktiven Abfällen aufgenommen wird. Dieses Konzept enthält folgende Ziele - weil immer nur von Mitterteich die Rede ist; möchte ich dies be­tonen, die Frage soll ja landesweit geregelt werden-:

- Errichtung einer Sammelstelle für schwach- u:id mittelradioaktive Abfälle aus Bayern und einer An­nahmestelle für Nordbayern in Mitterteich,

- Einrichtung einer Annahmestelle für schwach- und mittelradioaktive Abfälle aus Südbayern mit kurzfri­stiger Zwischenlagermöglichkeit in Neuherberg,

- Errichtung einer Anlage zur Volumenreduzierung von brennbaren schwachradioaktiven Abfällen und zur endlagerfähigen Konditionierung der Verbren­nungsrückstände in Karlstein.

Wesentlicher Zweck der Aufstellung dieses Gesamt­konzeptes als landesplanerisches Ziel ist es, dazu beizutragen, daß eine für die Vorhaben nachteilige Veränderung der bauplanungsrechtlichen Situation verhindert wird.

Die Entscheidung, den Teilabschnitt „Strahlen­schutz" dem Landtag vor Zuleitung des Gesamtent­wurfes der LEP-Fortschreibung vorzulegen, beruht auf folgendem Sachverhalt:

Die rasche Realisierung des Entsorgungskonzeptes für die Zwischenlagerung von schwach- und mittelra­dioaktiven Abfällen ist dringlich. Der Freistaat Bayern steht als der nach § 9 a Absatz 3 Atomgesetz zur Zwi­schenlagerung schwach- und mittelradioaktiver Ab­fälle Verpflichteter unter einem außerordentlich star­ken Zeitdruck. Da die Aufnahmekapazität in dem bis­her als Zwischenlager benutzten Gelände der GSF in Neuherberg im Juni 1982 endgültig erschöpft ist und dann unter Ausnutzung aller Lagermöglichkeiten bei den Verwendern nur noch wenige Monate überbrückt werden können, muß der Freistaat spätestens bis Ende des Jahres 1982 die Aufnahmefähigkeit der neuen Landessammelstelle Mitterteich gewährlei­sten. Ein Scheitern dieser Maßnahme hätte unter Um­ständen zur Folge, daß

- der weitere Betrieb der nuklearmedizinischen Ab­teilungen einzelner Krankenhäuser gefährdet wäre,

- in der Forschung in großem Umfang Vorhaben, für die radioaktive Stoffe benötigt werden, eingestellt oder außerhalb Bayerns fortgeführt werden müß-ten, '

- Industriebetriebe, die radioaktive Stoffe verarbei­ten, in ihrer Existenz gefährdet wären,

- der Betrieb von Kernkraftwerken in Bayern mittel­fristig eingeschränkt bzw. auf Dauer eingestellt werden müßte.

Zur gesundheitspolitischen Bedeutung der Maß­nahme darf ich mich auf eine R e s o 1 u t i o n d e s Bayerischen Landesgesundheitsrates vom 9. März 1981 beziehen, in der dieser zur geplan-

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7648 Bayerischer Landtag · PLENARPROTOKOLL 9/116 v. 03. 03. 82

(Staatsminister Dick)

ten Errichtung einer Landessammelstelle für schwach- und mittelradioaktive Abfälle Stellung nimmt. Ich möchte mit Genehmigung des Herrn Prä­sidenten diese Resolution zitieren:

Seit einigen Jahrzehnten isi die Anwendung radio­aktiver Stoffe in Diagnostik und Therapie von vielen Erkrankungen ein unverzichtbarer Bestandteil der medizinischen Heilkunde geworden.

Die nuklearmedizinische Diagnostik ist die Grund­lage für die Erkennung einer Vielzahl von Krankhei­ten, insbesondere von Krebserkrankungen. Die Therapie und die Heilung einiger Krebserkran­kungsarten sind erst durch die Verwendung radio­aktiver Stoffe möglich geworden.

Ein Verzicht auf Anwendung radioaktiver Stoffe in der Medizin würde als unausweichliche Folge einen Rückschritt in der Medizin nach sich ziehen und ei­nen internationalen Vergleich nicht mehr zulassen. Bei dieser Anwendung fallen zwangsläufig Rest­stoffe und Abfälle mit geringer Radioaktivität an, die bei einer ordnungsgemäßen Lagerung keinerlei gesundheitliche Auswirkungen für die Bevölkerung in der Umgebung von Sammelstellen zur Folge ha­ben können.

Der bayerische Landesgesundheitsrat unterstützt das Vorhaben der bayerischen Staatsregierung zur Errichtung einer solchen Landessammelstelle.

Ich glaube, das ist deutlich. Die hiernach spätestens im November 1982 erforderliche Inbetriebnahme der neuen Landessammelstelle Mitterteich ist nur mög­lich, wenn spätestens im Juli 1982 der Baubeginn er­folgt. Dies setzt wiederum voraus, daß die erforderli­chen Baugenehmigungen so rasch wie möglich erteilt werden. Da der Fortschreibungsentwurf des Landes­entwicklungsprogrammes insgesamt aber erst vor­aussichtlich im Mai 1982 im Landtag beraten werden kann, war es notwendig, den Teilabschnitt „Strahlen­schutz" vorab zu ändern und dem Landtag unverzüg­lich zuzuleiten, um zu erreichen, daß das Parlament die MöglichkE!it hat, die vorgesehenen Ziele der Raumordnung, vor Erteilung der Baugenehmigungen zu beraten. In pem am 16. November 81 abgeschlos­senen Anhör'"'1gsverfahren zur Fortschreibung des Landesentwic lungsprogramms, das auch den heute vorliegenden ilabschnitt „Strahlenschutz" zum Ge­genstand halt , haben die Regionalen Planungsver­bände \Bayer eher Untermain" und „München" ge­gen die gepl nten Einrichtungen in Karlstein und Neuherberg ine grundsätzlichen Bedenken erho-ben. Erheblic Einwände gegen die Anlage Mit-terteich wurd jedoch vom Planungsverband „Ober­pfalz-Nord", d m Landkreis Tirschenreuth sowie den Gemeinden M terteich und Waldsassen vorgebracht.

Diese Bedenk n wurden insbesondere damit begrün­det, daß

- die lande ammelstelle negative Auswirkungen auf die En icklung von Bevölkerung, Wirtschaft und Fremd verkehr hat,

- das geplan Zwischenlager einmal zu einem End­lager ausge. aut werden könnte.

- Ferner wird die Durchführung eines Raumord-nungsverfahrens gefordert.

Diese .Einwendungen wurden sorgfältig überprüft. Als Ergebnis ist festzustellen, daß

- negative Auswirkungen der Landessammelstelle Mitterteich auf die Entwicklung von Bevölkerung, Wirtschaft und Fremdenverkehr nicht begründbar nachzuweisen sind, selbst an Kernkraftwerkstand­orten waren bislang keine Auswirkungen auf die Wahl des Urlaubsortes, Wohnortes oder auf Stand­ortentscheidungen von Gewerbebetrieben zu be­obachten;

eine Endlagerung schwach- und mittelradioaktiver Abfälle in Mitterteich nicht vorgesehen ist. Es ist davon auszugehen, daß Ende der 80er Jahre ein Endlager des Bundes in Niedersachsen zur Verfü­gung steht. Im Raum Mitterteich wäre eine Endla­gerung wegen der dortigen geologischen Unter­grundbeschaffenheit im übrigen ausgeschlossen;

- die Voraussetzungen für die· Durchführung eines Raumordnungsverfahrens nicht vorliegen, weil die geplante Sammelstelle wegen ihrer landesweiten Entsorgungsfunktion zwar unter großräumigen Aspekten raumbedeutsam ist, ihre Auswirkungen auf den Raum Mitterteich jedoch nicht über den örtlichen Bereich hinausgehen. Das Projekt reicht weder nach seiner Rauminanspruchnahme noch nach seiner Wirkung über das Gemeindegebiet sei­nes Standortes hinaus.

Felgendes ist hier festzustellen:

- An der Grenze des Anlagengeländes ist im Normal­betrieb keine meßbare Erhöhung der natürlichen Strahlenexposition feststellbar;

- auch bei den schwersten anzunehmenden Störfäl­len werden die in der Strahlenschutzverordnung festgelegten Störfalldosisgrenzwerte deutlich un­terschritten;

- für die benachbarten Industriegrundstücke sind keine Nutzungsbeschränkungen erforderlich;

- das Orts- und Landschaftsbild wird wegen der ge­ringen Höhe der Lagerhallen nicht wesentlich be­einträchtigt;

- die erforderlichen. lnfrastruktureinrichtungen sind bereits weitgehend vorhanden.

Von dem Vorhaben gehen somit keine objektivierba­ren Einflüsse auf die räumliche Entwicklung des Rau­mes Mitterteich aus.

Dies jedoch wäre nach der Rechtslage gerade zwin­gende Voraussetzung für die Durchführung eines Raumordnungsverfahrens. Allgemeine Bedenken ge­gen die friedliche Nutzung der Kernenergie, bloße Ängste und Befürchtungen können in die Betrach­tung nicht einbezogen werden. Das Raumordnungs­verfahren ist kein Instrument der Psychologie. Im Zuge der Anhörung zur Fortschreibung des Landes­entwicklungsprogrammes hatten die Beteiligten im übrigen eine dem Raumordnungsverfahren gleich-

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Bayerischer Landtag · PLENARPROTOKOLL 9/116 v. 03. 03. 82 7649

(Staatsminister Dick)

wertige Möglichkeit, zu dem Vorhaben Stellung zu nehmen.

Ich darf vielleicht noch einen Aspekt erläutern. Zu­nächst war ja auch strittig, ob für die Kompaktlage­rung ein Raumordnungsverfahren durchgeführt wer­den sollte. Die CSU hat diese Frage aus guten Grün­den verneint. Das Verwaltungsgericht hat übrigens unsere Auffassung bestätigt. Ich bin der Überzeu­gung, daß ein Kompaktlager in Vergleich zu einer sol­chen einfachen Lagerhalle gesetzt werden darf. Die Forderung, ein Raumordnungsverfahren einzuleiten, um Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen - nichts anderes war beabsichtigt - würde der Rechtslage nicht gerecht und hätte Folgewirkungen für weitere Maßnahmen im lande. Die Rechtslage war also der Grund dafür, daß ein Raumordnungsverfahren nicht durchgeführt wurde.

Der Bayerische Landtag hat aus den vorgenannten Gründen einen FDP-Antrag, in dem die Durchführung eines Raumordnungsverfahrens gefordert wird, nach ausführlichen Beratungen in den Ausschüssen für Landesentwicklung und Umweltfragen und für Wirt­schaft und Verkehr am 17. Dezember 1981 abgelehnt. Das Verwaltungsgericht Regensburg hat die Klage der Stadt Mitterteich auf Untersagung von Genehmi­gungsverfahren bzw. Genehmigungen vor Durchfüh­rung eines Raumordnungsverfahrens mit Urteil vom 19. November 1981 als unzulässig abgewiesen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat die Be­schwerde der Stadt Mitterteich gegen den gleichlau­tenden Beschluß des Verwaltungsgerichtes Regens­burg, also die Ablehnung eines Antrags der Stadt Mit­terteich auf Untersagung von Genehmigungen vor Durchführung eines Raumordnungsverfahrens, im Wege der einstweiligen Anordnung, hinsichtlich der strahlenschutzrechtlichen Genehmigung mit Be­schluß vom 26. Januar 1982 zurückgewiesen.

Die S t a d t M i t t e r t e i c h hat mit S c h r e i b e n vom 17. Fpbruar 1982, das nach meiner Kenntnis al­len Kolleginnen und Kollegen des Landtags zugelei­tet wurde, :ihre ablehnende Haltung zu dem Vorhaben innerhalb .iires Gemeindegebietes bekräftigt. Lassen Sie mich ;z$, diesem Schreiben nur vier Anmerkungen machen: ·

llung der Stadt Mitterteich, daß von den Beurteilun skriterien für einen geeigneten Standort nur 13 erf III wurden, trifft nicht zu. Das fragliche Ge­lände bes· t - unabhängig davon, daß es im derzeit geltenden Flächennutzungsplan nicht überplant ist -faktisch d" Eigenschaft eines Industrie- und Gewer­begebiete , wie dies aus seiner tatsächlichen Nut­zung herv rgeht. Allein diese tatsächlichen Gegeben­heiten wu en bei der Prüfung der Standortvoraus­setzunge zugrunde gelegt. Der ebenfaQs vorge­brachte Ei wand, die Standortvoraussetzung Abwas­serbeseiti ungsmöglichkeiten sei für das Gelände in Mitterteic nicht erfüllt, ist auch unzutreffend. Die Ge­seffschaft ur Behandlung von radioaktiven Abfällen in Bayern GAB - hat eine Verlängerung der beste­henden sserrechtlichen Erlaubnis für die Abwas-

serbeseitigung in den Vorfluter Seibertsbach über den 31. Dezember 82 hinaus beantragt, für den Fall, daß der geplante Kanalanschluß für das Gelände nicht rechtzeitig hergestellt wird. Sollten diese beiden Möglichkeiten ausscheiden, so ist als weitere Alterna­tive in der vorgelegten Planung die Errichtung einer Kleinkläranlage mit Sammelbehälter vorgesehen.

Die Behauptung, das Umweltministerium habe den Entwurf der Fortschreibung des Landesentwick­lungsprogramms im Frühjahr 1981 vorgelegt und nachträglich den Teilabschnitt „Strahlenschutz" ein­gefügt, trifft ebenfalls nicht zu. In der Kabinettsvor­lage des Ministeriums vom 23. Juni 1981, über die der Ministerrat. am 30. Juni 1981 beschlossen hat, ist der Teilabschnitt „Strahlenschutz" einschließlich der Ziele für die Standorte Mitterteich, Neuherberg und Karlstein bereits enthalten. Auch in dem am 29. Juli 1981 eingeleiteten Anhörungsverfahren über die Fort­schreibung des Landesentwicklungsprogramms wur­den die Beteiligten mit einheitlicher Fristset.zung zum 16. November 1981 zur Stellungnahme zum Gesamt­entwurf einschließlich des vollständigen Teilabschnit­tes „Strahlenschutz" aufgefordert.

Für die von der GSB in Mitterteich betriebene Son­dermüllsammelstelle besteht ein Planfeststellungsbe­schluß nach dem Abfallrecht. Herr Bürgermeister Ha­berkorn vertritt in seinem Schreiben die Rechtsauf­fassung, daß durch diesen Planfeststellungsbeschluß das für die Landessammelstelle für schwach- und mittelradioaktive Abfälle vorgesehene Grundstück der gemeindlichen Planungshoheit entzogen ist. Nach Pressemitteilungen hat die Stadt Mitterteich am 24. Februar 1982 mit dieser Begründung ihr Einver­nehmen zum Bau der Landessammelstelle verwei­gert. Das Vorhaben sei planungsrechtlich unzulässig, „da der gültige Planfeststellungsbeschluß für das fragliche Gelände zwar eine Sondermüllsammelstelle, nicht jedoch ein atomares Zwischenlager vorsehe". Diese Auffassung wird vom Staatsministerium des In­nern nicht geteilt. Nach Ansicht des Staatsministe­riums des Innern besteht keine absolute Sperre für die Bauleitplanung, von Planfeststellungsbeschlüssen erfaßte Gemeindegebiete zu überplanen. Auch das Einvernehmen der Gemeinde könnte unter Berufung auf den abfallrechtlichen Planfeststellungsbeschluß, dessen Änderung im übrigen bereits eingeleitet wurde, nicht verweigert werden.

Zu der von der Stadt Mitterteich gestellten Frage, ob es sich bei der Fortschreibung des Landesentwick­lungsprogramms um eine „Lex Mitterteich" handle, ist folgendes zu bemerken:

Die Fortschreibung hat den gesamten Teilabschnitt „Strahlenschutz" zum Gegenstand. Innerhalb dieses Teilabschnitts bezweckt die Aufnahme der in Mitter­teich, Neuherberg und Karlstein geplanten Anlagen in das LEP, das Gesamtkonzept zur Entsorgung der im Staatsgebiet anfallenden schwach- und mittelradioak­tiven Abfälle als Ziel der Raumordnung und Landes­planung festzulegen. In ähnlicher Funktion sind Ein­zelstandorte auch in anderen landesweiten Plänen wie dem Standortsicherungsplan für Wärmekraft­werke oder dem Abfallbeseitigungsplan enthalten. Es

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7650 Bayerischer Landtag · PLENARPROTOKOLL 9/116 v. 03. 03. 82

(Staatsminister Dick)

versteht sich von selbst, daß die Staatsregierung mit der Aufstellung von Zielen der Raumordnung und Landesplanung etwas erreichen will. Dies gilt für jede rechtlich bindende Verordnung des Staates, dies gilt im übrigen - wenn man die Legislative mit einbindet -auch für jedes Gesetz.

Wenn unter anderem die Errichtung einer Sammel­stelle für schwach- und mittelradioaktive Abfälle in Mitterteich zum Gegenstand eines solchen Zieles ge­macht wird, so soll die Stadt damit rechtlich verpflich­tet werden, ihre Bauleitplanung diesem Ziel anzupas­sen. Ich habe bei der Beratung im Ausschuß für Lan­desentwicklung und Umweltfragen am 27. Januar 1982 betont, daß es das gute Recht jeder Staatsre­gierung sei, das ihr zur Verfügung stehende Instru­mentarium auch einzusetzen. Die Handlungsfähigkeit unseres Staates bleibt nur dann erhalten, wenn es möglich ist, notwendige Vorsorgeeinrichtungen, die für das gesamte Staatsgebiet von eminenter Bedeu­tung sind, auch gegen lokale Widerstände zu verwirk­lichen.

Der Landtag.hat die Verordnung in vier Ausschüssen beraten und ihr zugestimmt, wie soeben hier darge­legt wurde.

Besonders hervorheben möchte ich hierbei, daß die Zustimmung in allen Ausschüssen ohne Gegenstim­men und in den Ausschüssen für Wirtschaft und Ver­kehr und für Verfassungs-, Rechts- und Kommunal­fragen auch mit den Stimmen der FDP - im Rechts­ausschuß durch den Herrn Abgeordneten Jaeger, der hierbei die Zustimmung seiner Fraktion zum Entwurf signalisiert hat - erteilt wurde. Insbesondere hat sich auch die SPD, wie der Herr Abgeordnete Kolo im Um­weltausschuß erklärt hat, mit dem Konzept hinsicht­lich der Funktion der Sammelstelle und der regiona­len Aufteilung einverstanden erklärt. Ich möchte ganz deutlich betonen, daß ich mich im Interesse der für Medizin, Forschung, Industrie und Energieversor­gung dringend notwendigen Sicherstellung einer ord­nungsgemäßeii Zwischenlagerung schwach- und mit­telradioaktiver Abfälle ausdrücklich bei allen Fraktio­nen dafür bedanken möchte.

' Die Stimmen! altungen in den Ausschüssen seitens der SPD und eilWeise der FDP wurden - ich zitiere hier beispiels eise die Erklärung des Herrn Abgeord­neten Sc h 1 s s e r im Ausschuß für Wirtschaft und Verkehr - da it begründet, daß es die Staatsregie­rung versäu t habe, die K r i t e r i e n für ihre St a n d o r t e t s c h e i d u n g ausreichend offen­zulegen.

Hierzu möcht für Landesen nuar 1982 wi von uns rech den. Das ist a weise bereits für Landesen vorgetragen, rien und mit wurden. Ich r bruar 1981, d

ich meine Feststellung im Ausschuß icklung und Umwelttragen am 27. Ja­erholen, wonach die Auswahlkriterien eilig und offen bekanntgegeben wur­ch nachprüfbar. So habe ich beispiels­m 19. Februar 1981 vor dem Ausschuß icklung und Umweltfragen ausführlich eiche Standorte nach welchen Krite­elchem Ergebnis im einzelnen geprüft e deshalb an, den Bericht vom 19. Fe­

r dem Sitzungsprotokoll des Landtags-

amtes als Anlage beigefügt wurde, auf Seite 9 nach­zulesen.

Ich bitte Sie um Zustimmung zu der Verordnung zur Fortschreibung des Landesentwicklungsprogramms Bayern, Teilabschnitt Strahlenschutz. Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CSU)

Erster Vizepräsident Kamm: Das Wort hat der Herr Kollege Kolo.

Kolo (SPD): Herr Präsident, meine Damen und Her­ren! EigenUich ist die Behandlung dieses Themas, nämlich die Notwendigkeit der Entsorgung im Be­reich des Nuklearmülls, unbestritten und man könnte den vorgelegten Entwurf auch relativ unproblema­tisch passieren lassen, wenn nicht die Art und Weise, Herr Kollege Huber, wie das Thema behandelt wurde, beweist, daß man in solchen Fragen, wo Bürgerinter­essen betroffen sind, nicht immer die glücklichste Hand hat.

Die Frage des „ob", also ob entsorgt werden muß, ist unbestritten. Hier gibt es, glaube ich, keine unter­schiedlichen Auffassungen. Ich bin auch der Mei­nung, unabhängig davon, Herr Kollege Huber, ob man nun ein grundsätzlicher Gegner der Kernenergienut­zung ist, unabhängig auch davon, ob man ganz dafür ist oder ob man die Option, aussteigen zu wollen, auf­rechterhalten will, muß der Müll, der vorhanden ist, entsorgt werden. Da beißt die Maus keinen Faden ab!

(Abg. Dobmeier: Bravo!)

Es besteht auch kaum eine strittige Auffassung dar­über, wie das geschehen soll. Die Konzeption, den anfallenden Müll zu verdichten und dafür eine Einrich­tung zu schaffen, wird von uns ebenfalls unterstützt. Es ist sicher sinnvoll, diesen Müll nicht unkontrolliert irgendwo im lande an vielen Stellen zu lagern, son­dern ihn zu zentrieren, um dort ein größeres Maß an Sicherheit zu haben, wo er gesammelt ist. Auch das ist unstrittig. Es ist auch sinnvoll, dies für Nord- und Südbayern zu machen, um einmal die Wege nicht zu weit werden zu lassen, und zum anderen das Ganze auch noch ökonomisch tragfähig zu machen.

Aber, Herr Minister, das Drumherum der Entschei­dung veranlaßt mich und sehr viele Bürger in den be­troffenen Räumen zu der Aussage: Man merkt die Absicht und man ist verstimmt! Die Dringlichkeit und die Größenordnung einer solchen Einrichtung ist halt auch abhängig von den Absichten und der Politik, die man verfolgt. Hier beginnt eigentlich der erste Kritik­punkt: Die Art und Weise der Information bzw. der Nichtinformation hat bei vielen Bürgern zu Mißtrauen, Vermutungen und zum Teil auch zu apoka­lyptischen Bildern geführt, die geeignet sind, dann auch uns alle und das Parlament in Frage zu stellen.

Man könnte ja sagen, die Art und Weise, wie das ge­schehen ist, sei Sache der Staatsregierung. Nur muß man, wenn man betrachtet, wie alles gelaufen ist, feststellen, daß dadurch die Glaubwürdigkeit der Poli­tik und der Politiker insgesamt in Frage gestellt

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Bayerischer Landtag · PLENARPROTOKOLL 9/116 v. 03. 03. 82 7651

(Kolo [SPD})

wurde. Deshalb muß man dazu einige Worte sagen, vor allem, wenn man sieht, daß man nicht bereit ist, von Mitterteich für andere Bereiche zu lernen. Dieses Thema werden wir beim nächsten Tagesordnungs­punkt noch behandeln.

Herr Minister, Sie haben wieder einmal, was zwar zu­nächst unbestritten ist, aber hinsichtlich der Reihen­folge und der Dringlichkeit nicht so in dem Raum ge­stellt werden darf, ein Bild gemalt, daß die Dringlich­keit dieser Einrichtung deswegen gegeben sei, weil sonst keine nuklearspezifische Behandlung von Pa­tienten möglich wäre, weil nicht mehr geforscht wer­den könnte, weil, weil und nochmals weil.

Herr Minister, es wäre zumindest ehrlich gewesen zu sagen, wenn wir nicht das Mehrfache nuklearspezifi­schen Mülls aus den Kernkraftwerken hätten, würden wir auch mit den Kapazitäten, die wir bisher hinsicht­lich des Mülls im medizinischen Bereich zur Verfü­gung haben, durchaus länger auskommen.

(Abg. Glück: In Neuherberg ist doch nichts aus Kernkraftwerken!)

- Moment, ich gehe davon aus, daß wir auf jeden Fall in diesem Bereich ein Minimum, einen ganz geringen Anteil von dem haben, was in Kernkraftwerken ent­steht. Die Dringlichkeit von Mitterteich ist, das haben Sie eingestanden, durch die KKWs entstanden, die ein Vielfaches an Volumen aufbringen.

(Abg. Erwin Huber: Die zeitliche · Dringlichkeit!)

Hier stellt sich doch die Frage, warum es jetzt so dringlich ist. Diese Frage, Herr Minister, müssen Sie sich stellen lassen: Warum haben Sie eigentlich nicht das Problem des erhöhten Anfalles an mittel- und schwachaktivem Müll bereits bei der Genehmigung der KKWs im notwendigen Umfang zur Sprache ge­bracht und nicht schon bei deren Genehmigung nach einem Entsorgungskonzept gesucht? Das heißt, die Diskussiori über die Notwendigkeit hätte viel früher einsetzen ~önnen. Sie hätte damit auch i.n einer grö­ßeren Sacf11ichkeit und befreit von der zeitlichen Dringlichk it stattfinden können. Dies hätte nicht den Weg erfor rlich gemacht, den wir jetzt mit der Ände­rung oder er Aufnahme ins LEP gewissermaßen als Sicherstell ngsfunktion für das Gelände in Mitterteich einschlage müssen.

Zum zweit n ist festzustellen - das macht auch zum Teil den Ä er der Bevölkerung aus-, daß Sie so tun, als wäre d s, was in einer nordbayerischen Sammel­stelle ges melt wird, in seiner Zusammensetzung dem gleic usetzen, was bisher in Neuherberg ge­sammelt rde. So gesagt, ist dies falsch, denn nach Auskünfte Ihres eigenen Hauses ist die Zusammen­setzung d Mülls in Neuherberg zwischen schwach­und mittel iv anders, oder sagen wir so: der mittel­aktive Ant il beträgt in Neuherberg 2 bis 3 Promille, nicht etwa rozent, wenn die Aussagen von Herrn Dr. Vogl richti sind, während er an einem neuen-Stand­ort in Nord ayern auf jeden Fall bei 55 Prozent liegen würde. Di ist nämlich der Anteil der mittelaktiven

Müllsorten aus dem Bereich der Kernkraftwerke. Das muß man zumindest zur Kenntnis nehmen und das muß man auch so sagen. Man kann natürlich dann auch auf die unterschiedliche Gefährdung eingehen; das ist doch machbar. Ich glaube, gerade durch das Verschweigen solcher Dinge werden Spekulationen laut, deshalb auch die Schwierigkeiten in den jeweili­gen Bereichen.

Ein Weiteres in dem Zusammenhang, was das ganze ein bißchen fragwürdig macht! Herr Minister, Sie sag­ten: Wir haben in dem vorgezogenen Kapitel im LEP alles aufgenommen, was im Bereich der Strahlenbela­stung zu regeln ist. Das stimmt aber nicht! Denn wenn richtig ist, was in Artikel 9 Absatz 3 des Atom­gesetzes steht, dann ist die Zuständigkeit gegeben für die Zwischenlagerung in allen Bereichen, nicht nur den schwachradioaktiven, nicht nur bei den mittelra­dioaktiven, sondern auch bei den hochradioaktiven. Und wenn wir das so sehen, ist z.B. die Wiederaufar­beitungsanlage sicher auch ein Teilbereich des Ent­sorgungskonzeptes und des Strahlenbereiches. Man muß zunächst fragen, ob dies eine abschließende Aufzählung aller Einrichtungen ist, für die das Land zuständig ist. Und da ist Ihre Aussage, die Sie hier gerade getroffen haben, m. E. nicht ganz korrekt, denn es fehlen Einrichtungen, die zwar noch nicht da sind, aber für die sich die Staatsregierung zumindest bereits entschieden hat.

(Abg. Alois Glück: Es ist keine Planreife da!)

- Das ist doch keine Frage der Planreife, Herr Kollege Glück!

(Wid~rspruch des Abg. Alois Glück)

- Nein! Die Aufnahme ins LEP ist eine Frage der Not­wendigkeit, ob ich der Meinung bin, daß diese Frage geregelt und ein Standort hierfür gefunden werden muß. Dies ist die Begründung für die Aufnahme ins LEP. Das ist keine Frage des Planungsstandes, des Genehmigungsverfahrens und des Genehmigungs­standes, denn das ist ja auch in Mitterteich nicht ge­geben; das sehen wir ja. Die gesamten Verfahren, die jetzt anlaufen, erübrigen sich nicht durch die Auf­nahme in das LEP. Deshalb bitte ich, doch noch ein­mal zu präzisieren, daß dies keine er s c h ö p -fende Behandlung des Themas Strah­len b e 1 a s tun g im LEP sein kann, daß hi<;!r noch Bereiche fehlen.

Aber diese beiden Punkte wären für uns nicht aus­schlaggebend gewesen, diesem Antrag nicht zuzu­stimmen, sondern ausschlaggebend für uns war und ist, daß man für die Beantwortung der Frage, wo so etwas passieren soll - nicht o b und w i e , sondern wo so etwas passieren soll -, die von uns geforder­ten, gewünschten, erbetenen Informationen nicht zu geben bereit war. Dies ist der entscheidende Punkt. Man hat es uns unmöglich gemacht, man hat uns nicht die Chance gegeben zu überprüfen, ob die in diesem vorgezogenen LEP-Bereich genannten Standorte wirklich die optimalen sind. Wir sind der Meinung, daß das Verfahren, dies zu überprüfen, ein

· Raumordnungsverfahren gewesen wäre,

(Abg. Erwin Huber: Das stimmt doch nicht!)

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7652 Bayerischer Landtag . PLENARPROTOKOLL 9/116 v. 03. 03. 82

(Kolo [SPD])

weil hier Information in großer Breite mö1;1lich wäre,

(Abg. Erwin Huber: Keine Standortsuche!)

weil ein gutachterliches Wirken aller Politik- und Fachbereiche möglich, aber auch die Mitwirkung der Betroffenen in einem gewissen Maß gesichert wäre.

Es ist völlig klar, daß dies nicht die politische Ent­scheidung erübrigt. Die politische Entscheidung, ob und wie und wo wir das machen, muß hier getroffen werden. Wir haben auch nie gesagt, daß wir uns die­ser Entscheidung entziehen wollen. Wir sind durch­aus bereit, auch Standorte mitzutragen. Allerdings: Jede politische Entscheidung - und das trifft ja Ihre Fraktion in gleicher Weise - sollte a 11 e zugängli­chen Informationen ausschöpfen, sollte die Chancen der Anhörung aller Betroffenen und der Abwägung al­ler Einwände nutzen und den Betroffenen zumindest das Gefühl geben, daß ihr Anliegen ernsthaft geprüft und nicht über ihren Kopf hinweg entschieden wird. Dies ist hier nach unserer Meinung in dem Maße nicht geschehen, wie es wünschenswert gewesen wäre.

Nun sagen Sie, ein Raumordnungsverfahren ist nicht notwendig, und unter Verweis auf das Verwaltungs­gericht Regensburg erwecken Sie den Anschein, es wäre ihnen auch nicht möglich. Das ist natürlich nicht richtig. Auch wenn Sie dazu nicht unbedingt gesetz­lich verpflichtet sind, hätten Sie sehr wohl die Mög­lichkeit, ein solches Raumordnungsverfahren durch­zuführen. Sie hätten damit auch sehr viele Emotionen in diesem Raum abbauen können, weil durch das Ver­weigern dieses Raumordnungsverfahrens natürlich auch der Eindruck entstanden ist oder zumindest die Vermutung genährt wurde, daß man von seilen der Exekutive anscheinend Befürchtungen hat, daß bei einer intensiven Prüfung so massive Einwände kom­men könnten, daß man vielleicht doch einen anderen Standort suchen müßte. Ich muß Ihnen sagen, wenn man bei einem kleinen Wasserkraftwerk mit 27 kW im Bayerischen Wald wegen eines zu bauenden Trieb­werkhauses ein Raumordnungsverfahren durchführt, dann frage ich mich - -

(Beifall 11\ei SPD und FDP - Zuruf von der CSU)

- Ja, sehr gut, Warum wollen Sie es dann nicht auch im Bereich Milterteich? Das ist das Entscheidende! Durch diese igerung haben Sie doch genau dieses Klima gescha en, daß man mißtrauisch wurde.

Weil wir ja all miteinander immer mehr gezwungen sind, problem tische Einrichtungen zu schaffen, und zwar unabhä ig davon, ob sie objektiv problema­tisch sind ode nur subjektiv von den jeweils Betroffe­nen als probl matisch angesehen werden, und weil es für uns al Parlament, als Politiker, als Exekutive immer schwie ·ger wird, so etwas durchzusetzen, ist es besonders ichtig, dem Bürger das Gefühl zu ge­ben, daß sein Bedürfnisse, seine Anliegen entspre­chend breit g prüft werden.

Weil dies nie in dem Maße geschehen ist, muß ich sagen, wir kö nen dem Antrag wegen der konkreten Ausweisung v, n drei Standorten, von denen wir nicht

wissen, ob sie optimal sind, nicht zustimmen. Wir sind der Meinung, daß zumindest in den Bereichen der Politik, in denen Glauben durch Wissen ersetzbar ist, dies auch geschehen sollte. Die Informationen hierfür sind uns bisher verweigert worden. Deshalb können wir diesem Antrag nicht zustimmen.

(Beifall bei der SPD)

Erster Vizepräsident Kamm: Nächste Wortmeldung, Herr Kollege Erwin Huber!

Huber Erwin (CSU): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte gleich auf einige Einwände des Herrn Kollegen K o 1 o eingehen.

Sie haben, Herr Kollege, zitiert „Man merkt die Ab­sicht und man ist verstimmt". Ich möchte dazu sa­gen: Es wäre falsch, die Absichten zu verbergen, wir wollen nichts verheimlichen. Es wurde von Anfang an klar gesagt, das ist das Konzept, und es wurde offen informiert. Ich glaube, dazu gibt es gar keine Alterna­tive; das können Sie auch gar nicht beanstanden.

Zum zweiten, zur Dringlichkeit! Herr Staatsminister Dick hat deutlich gemacht, daß eine Dringlichkeit für dieses Konzept, vor allem für die Baumaßnahme in Mitterteich für die schwach- und mittelradioaktiven Abfälle aus der Medizin besteht. Sie können ja gar nicht bestreiten, daß die Halle, die in Neuherberg be­steht voll ist, daß die GSF zum 31. Dezember 1981 den Vertrag gekündigt hat und daß sie sich weigert, über den 30. Juni 1982 hinaus derartige Abfälle aufzu­nehmen. Die Alternative dazu wäre, an 400 Stellen in Bayern·, an denen derartiger Müll regelmäßig anfällt, und an weiteren 1200, an denen unregelmäßig sol­cher Müll anfällt, diesen Abfall zwischenzulagern. Das können Sie doch nicht verantworten, das können Sie doch für eine längere Zeit nicht befürworten! Gott sei Dank haben Sie ja klargelegt, daß Sie das vorliegende Konzept mitverfolgen. Das heißt, es bleibt die Konse­quenz, nachdem der Bund derzeit nicht in der Lage ist, ein Endlager zur Verfügung zu stellen, daß die Länder aufgrund des Atomgesetzes entsprechende Landessammelstellen schaffen. Wenn wir die dezen­trale Unterbringung nicht wollen, müssen wir auf­grund unserer Verantwortung dafür sorgen, daß mög­lich$! bald ein zentrales Sammellager in Bayern ent­steht. Wir sind bereit und verantworten dies auch, ein Konzept hierfür in Bayern durchzusetzen.

Meine Damen und Herren! Der Herr Kollege Kolo hat dann das Argument des Abfalls aus Kernkraftwerken eingebracht. Er soll aus Gründen der Zweckmäßigkeit auch an der künftigen Landessammelstelle sein. Aber die zeitliche Dringlichkeit, Herr Kollege Kolo, ergibt sich nicht aus dem Abfall aus Kernkraftwerken. Es wird im laufe der Jahre natürlich vom Volumen her sehr viel mehr aus den Kernkraftwerken kommen. Da­gegen wird an d~n entsprechenden Standorten hier noch die Möglichkeit der vorübergehenden Unterbrin­gung geschaffen, so daß von daher kein zeitlicher Druck entsteht. Der zeitliche Druck, und deshalb ist es notwendig, heute eine Entscheidung zu treffen, entsteht ausschließlich aus der Medizin, und hier trifft genau das zu, was der Herr Staatsminister gesagt

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Bayerischer Landtag · PLENAAPROTOKOLL 9/116 v. 03. 03. 82 7653

(Huber Erwin [CSU])

hat: Wir wollen, daß Strahlentherapie und Strahlen­diagnose weiterhin zum Wohle und zum Nutzen der Gesundheit der Bevölkerung Bayerns angewandt werden können. Wer A zum Nutzen sagt, muß auch B zur Entsorgung sagen.

Meine Damen und Herren! In einem gewissen Sinne ist heute, wenn dies auch hochgegriffen erscheint, eine „historische Stunde", zumindest eine sehr be­merkenswerte, weil zum ersten Mal das bayerische Parlament kraft eigenen Rechtes und kraft eigener Zuständigkeit über eine bestimmte Formulierung des Landesentwicklungsprogramms entscheidet.

(Abg. Jacobi: Ja, spät kommt ihr, doch ihr kommt!)

Das haben Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition, ja schon sehr viele Jahre gefordert.

(Abg. Jacobi: Eben! Spät kommt ihr!)

Um so mehr ist es enttäuschend, daß Sie heute nicht den Mut und die Kraft zu einer Entscheidung aufbrin­gen.

(Beifall bei der CSU)

Nachdem Sie über viele Jahre die unmittelbare Betei­ligung des Parlaments gefordert haben, können Sie nicht kneifen, wenn es schwierig wird. Es ist in der Tat schwierig. Aber dann dürfen Sie eben nicht in die Stimmenthaltung flüchten.

Meine Damen und Herren! Ein Weiteres ist bemer­kenswert. Zunehmend fordern viele Bürger in unse­rem lande, daß derart schwierige Fragen, beispiels­weise Standorte von kerntechnischen Anlagen, von großtechnischen Einrichtungen und von ähnlichen Baumaßnahmen, in die u n m i t t e 1 b a r e V e ran t -wo r t u n g d e s P a r 1 am e n t s genommen wer­den und die Entscheidungen darüber nicht der Ver­waltung oder Gerichten überlassen werden. Wir ha­ben heute - zum ersten Mal in Form der Zustimmung zu einer Rechtsverordnung, und ohne Zustimmung geht hier riichts - die Möglichkeit, die politische Ver­antwortung für derartige Standorte zu übernehmen. Auch so gesehen ein bisher einmaliger Vorgang, und wir sind bilreit, das möchte ich klar sagen, die politi­sche Vera~twortung dafür zu übernehmen.

1

Meine Darrien und Herren! Die vorliegende Verord-nung umf 'ßt den Bereich des Strahlenschutzes. Es ist unstrit g zwischen den Fraktionen, und deshalb möchte ic nur darauf hinweisen, daß es Inhalt bayeri­scher Poli 'k ist, bei der Anwendung von ionisieren­den Strahl n natürlich den absoluten Vorrang der Si­cherheit d r Umwelt und der Bevölkerung zu garan­tieren.

zweiter S hwerpunkt der Verordnung ist ein G e -s a m t k o z e p t zur Zwischenlagerung schwach­und mittel dioaktiver Abfälle an den drei genannten Standorte Neuherberg, Mitterteich und Karlstein. Es ist klar, d ß die heutige Verordnung die Genehmi­gungsverf ren nach der Strahlenschutzverordnung

und nach dem Baurecht nicht ersetzen kann. Den­noch hat die heutige Entscheidung eine Rechtsquali­tät, die bei weitem über eine Absichtsbekundung des Parlaments hinausgeht. Diese Entscheidung setzt ein verbindliches Ziel der Landesplanung und bindet die Verwaltung. Sie ist von den Gerichten als Rechts­norm zu beachten, und sie bindet unmittelbar auch, das ist sehr wichtig, wir wollen das auf keinen Fall verschweigen, die Gemeinden. Aufgrund der Bestim­mungen des Bundesbaugesetzes und des Bundes­raumordnungsgesetzes sind die entsprechenden Ge­meinden verpflichtet, die Grundsätze der Landespla­nung unmittelbar und verbindlich in ihre Flächennut­zungsplanung zu übernehmen.

Wir fordern deshalb, daß vor allem die Stadt Mitter­teich, die als erste und unmittelbar gefordert ist, ihre Entscheidung, das Einvernehmen zu verweigern, neu überdenkt. Durch die heutige Entscheidung des Par­lamentes, die am 15. März in Kraft treten soll, tritt eine neue Rechtslage ein, und die Gemeinde ist kraft Rechtes des Bundes und des Landes verpflichtet, diese neue Rechtslage bei ihren Entscheidungen zu bedenken und zu berücksichtigen. Ich möchte also ausdrücklich die Stadt Mitterteich auffordern, ihre Entscheidung noch einmal zu überdenken. Der Bür­germeister hat in dem uns vorliegenden Schreiben vom 17. Februar erklärt, er wolle nicht in den Geruch der Verweigerung und der Verzögerung kommen. Wenn er das nicht will, muß er die Chance aufgrund der neuen Rechtslage wahrnehmen, die Sache noch­mals im Stadtrat zu behandeln.

Meine Damen und Herren! Man sollte aber auch eines sagen: Ich habe ein gewisses Verständnis für die Stadträte, die in dieser Sache zuletzt Nein gesagt ha­ben, nachdem in Mitterteich seit vielen Monaten eine Hetzkampagne gegen die Anlage veranstaltet wurde.

(Beifall bei der CSU)

Ich verstehe durchaus, daß manche Stadträte sich fra­gen, ob sie den Kopf für etwas hinhalten sollen, was letztlich das Land zu verantworten hat; dies in einer Situation, in der von bestimmten Kräften - die nicht aus Mitterteich sind, wenn auch Mitterteicher mitge­zogen haben, ich will das gar nicht verschweigen, aber die treibenden Kräfte gegen die Landessammel­stelle sind zum überwiegenden Teil aus anderen Tei­len des Landes und aus dem gesamten Bundesge­biet gekommen - gegen die Anlage eine Hetzkam­pagne gestartet wurde. Diesen Leuten geht es doch gar nicht darum, ob die Anlage nach Mitterteich kommt oder nicht, denen geht es auch gar nicht um Mitterteich selbst, sondern ihnen geht es einfach darum, Rabatz zu machen und etwas zu verhindern.

(Beifall bei der CSU)

Sie haben dort leider eine Atmosphäre geschaffen, in der eine nüchterne, sachliche Behandlung nicht mehr möglich war. Wir sind deshalb bereit, politische Ver­antwortung für diese Landessammelstelle und für die übrigen Annahmestellen in Bayern zu übernehmen. Ich meine, die Stadt kann sagen, wir haben alles unternommen, um diese bestimmt nicht beliebte An­lage zu verhindern, aber kraft Entscheidung des

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(Huber Erwin [CSU])

Bayerischen Landtags ist es nicht anders möglich ge­wesen. Ich glaube, das wäre eine Position, die in Mit­terteich jetzt durchaus eingenommen werden könnte.

Ich darf hinzufügen, daB wir, falls es hier zu einer rechtswidrigen Politik der Verhinderung und der Ver­zögerung kommen sollte als CSU auch bereit sind, weitere politisch-parlamentarische Entscheidungen zu treffen, damit die entsprechenden Genehmigungs­verfahren auf rechtsstaatliche Weise durchgeführt werden können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kol­lege Kalo hat die Stimmenthaltung seiner Fraktion -etwas mußte er ja als Begründung bringen - damit begründet, daB Standortsuche und Standortauswahl nicht transparent gewesen wären. Angeblich wären der SPD die entsprechenden Informationen vorent­halten worden. Dazu muß ich sagen: Seit Februar letzten Jahres, seit mehr als einem Jahr, liegen die­sem Hause die grundsätzlichen Entscheidungen des Ministeriums vor. Jeder Kollege, de~ dies wollte, kÖnnte sie sich auch beschaffen. Es liegen diesem Hause die 16 Kriterien vor, nach denen die Standort­wahl erfolgt ist. Jeder Kollege konnte sie sich durch den Kopf gehen lassen. Es ist auch nicht so, daB man von Hause aus auf Mitterteich zugegangen wäre, son­dern es sind die Standorte Ebenhausen, Gallenbach, Mitterteich, Schwabach und Schweinfurt untersucht worden. Sie müssen sich diese Kriterien vor Augen halten, Lage der Grundstücke, lnfrastruktureinrich­tungen, insgesamt 16 Kriterien, nach denen es ge­gangen ist. Aus dem vergleichenden Katalog geht hervor, daß für Mitterteich 15 Pluspunkte sprechen und dagegen ein Minuspunkt spricht, dagegen für die anderen Standorte jeweils die Zahl der Pluspunkte geringer und die Zahl der Minuspunkte höher ist. Das heißt also, dem Bayerischen Landtag liegt eine nach­vollziehbare objektive Untersuchung vor. Wenn Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPD, diese Möglichkeit nicht wahrgenommen haben, dann liegt e!I nicht an der Bayerischen Staatsregie­rung oder an; mangelndem Informationsfluß, sondern dann haben ,Sie eine verfügbare Informationsquelle eben nicht g•nutzt, und wer dies nicht tut, ist selber schuld und k•nn die Schuld nicht auf andere abschie­ben.

(Ztjruf des Abg. Dr. Rothemund)

Sie wollten cilese Information nicht, um eine Begrün­dung dafür zJ haben, daß Sie nicht zustimmen wollen.

(Abgj Dr. Rothemund: Es geht um die , grundsätzliche Frage des

Raumotdnungsverfahrens ! Das ist für uns die zentrale Frage!)

Jetzt komm n wir, Herr Kollege Rothemund, zum Raumordnun sverfahren. Ich glaube, das Hohe Haus ist sich sich darin einig, daB Raumordnungsverfah-ren nicht d da sind, Standorte zu suchen. Das ist nicht die nktion der Raumordnungsverfahren. Raumordnun sverfahren haben vielmehr die Auf­gabe, gefun ne und vom Betreiber bereits festge-

legte Mikrostandorte einer landesplanerischen oder raumordnerischen Begutachtung zu unterziehen.

(Zuruf des Abg. Dr. Rothemund, den Mikrostandort betreffend)

Die Untersuchung der Standorte, wie sie hier erfolgt ist, ist völlig unabhängig von einem Raumordnungs­verfahren. Ich muß, um ein Raumordnungsverfahren überhaupt einzuleiten zu können, erst einmal einen Standort suchen. Ich kann doch nicht sieben Bezirks­regierungen in Bayern aufgeben: Ich möchte eine Landessammelstelle machen, bitte, führt mal unbe­grenzt in ganz Bayern Raumordnungsverfahren durch, wir brauchen einen Standort!

(Zuruf des Abg. Dr. Rothemund)

- So geht es doch nicht! Sendern der einzig sinnvolle und mögliche Weg ist der, einen Standort auszusu­chen,

(Zuruf des Abg. Jacobi)

und dann muß man überlegen, ob ein Raumord­nungsverfahren notwendig ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich würde Ihnen ja recht geben, wenn es bei dem Mikrostandort in Mitterteich um ein unberührtes Stück freier Natur, im Außenbereich gelegen, ginge.

(Abg. Dr. Rothemund: Geht es doch!)

- Darum geht es eben nich); selbstverständlich. Wenn es darum ginge, müßte man natürlich ein Raumordnungsverfahren durchführen.

(Abg. Dr. Rothemund: Warum?)

- Natürlich! Ich muß wiederholen: Wenn es um ein Stück unberührter Natur im Außenbereich ginge, dann müßte Ich natürlich untersuchen, ob eine bauli­che Anlage im Außenbereich einen unzumutbaren Eingriff in die Landschaft darstellt.

Aber diese Voraussetzungen liegen ja nicht vor. Das betreffende Grundstück, das müssen Sie sich doch sagen lassen, ist ja bereits erstens mit einem Plan­feststellungsbeschluß zur Errichtung einer Sonder­müllanlage belastet, zweitens befinden sich auf ihm bereits Bauten, nämlich Tanklager. Drittens ist dieses Grundstück von der Infrastruktur her erschlossen, nämlich durch einen Bahnanschluß. All das wären ei­gentlich die Kriterien, nach denen man die Eignung eines derartigen Grundstücks untersuchen müßte.

Wenn dies alles aber bereits vorliegt, kann ich doch nicht im nachhinein eine landesplanerische Begut­achtung verlangen, ob ein Bahnanschluß oder ob die straßenmäßige Erschließung dieses Grundstücks mit den Zielen der Raumordnung und Landesplanung zu vereinbaren ist. Das ist ja bereits da. So gesehen war dieses Raumordnungsverfahren nicht notwendig.

(Abg. Or. Rothemund: Völlig falsch!)

- Es tut mir leid, wenn Sie das nicht einsehen wollen. Auch wenn ich es dreimal sage, wird es wahrschein­lich nicht helfen, und zwar deshalb, weil es Ihnen, glaube ich, gar nicht um die Entscheidung durch

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(Huber Erwin [CSU])

Raumordnungsverfahren geht. Sonst hätten Sie näm­lich bei der Entscheidung des Bayerischen Landtags in der letzten Plenarsitzung vor Weihnachten, als hier zu entscheiden war, ob ein Raumordnungsverfahren stattfindet oder nicht, gesprochen. Da gab es aber von Ihnen keinerlei Diskussion. Das heißt, der Bayeri­sche Landtag hat bereits in seiner Entscheidung vor Weihnachten bestätigt, daß ein Raumordnungsverfah­ren nicht notwendig ist.

Jetzt sagen Sie, Herr Kollege Kolo, ich habe es noch im Ohr, wenn es auch nicht notwendig gewesen wäre, so hätte man es trotzdem machen können.

(Abg. Dr. Rothemund: Nein!)

Aber da sagen wir: Warum sollen denn über f 1 ü s -s i g e Verfahren durchgeführt werden? Wir be­mühen uns ja gerade, überflüssige Verfahren abzu­bauen. Sie kennen doch den Verwaltungsaufwand, der mit einem Raumordnungsverfahren verbunden ist. Sehenden Auges ein Raumordnungsverfahren einzuleiten, von dem ich von vornherein weiß, daß es nicht notwendig ist, ist überflüssiger Verwaltungsauf­wand, dem wir nicht das Wort reden können. Deshalb war die Entscheidung, für das besagte Grundstück kein Raumordnungsverfahren durchzuführen, völlig korrekt.

Im übrigen ist es auch so, meine sehr verehrten Da­men und Herren, daß die beteiligten Gebietskörper­schaften ja überhaupt nicht schlechter gestellt wur­den; das ist der dritte Punkt. Ich könnte Ihre Argu­mentation dann noch verstehen, wenn Sie sagen: Durch das Unterlassen des Raumordnungsverfah­rens sind die beteiligten Gebietskörperschaften, als da sind die Stadt, der Landkreis, der Regionale Pla­nungsverband, der Bezirk, schlechter gestellt wor­den. Das ist aber doch nicht so.

(Abg. Kolo: Die Träger öffentlicher Belange!)

Bei der Vorberatung der Fortschreibung des LEP sind genau dieselben Stellen gehört worden, genau dieselben Stellen, die auch im Raumordnungsverfah­ren eine aegutachtung hätten abgeben können. Das heißt, mei~e sehr verehrten Damen und Herren, es ist überhaupt! kein Verlust an Information da gewesen, es ist übe~aupt kein Verlust an Sich-äußern-Können da geweolen. Ganz im Gegenteil! Dadurch, daß Staatsmini ter Dick zusätzlich und über die Vorschrif­ten und · ie rechtliche Notwendigkeit hinaus beim Stadtrat r und bei einer Bürgerversammlung war, sind weit „ ber das rechtlich vorgeschriebene Maß hinaus lnf rmation und Anhörung gewährleistet ge­

hr ist in einem Raumordnungsverfahren möglich.

Es ist qoc nicht so - diese irrige Vorstellung muß man auch korri ieren -, daß ein Raumordnungsverfahren, wenn eine Gemeinde in diesem Verfahren eine nega­tive Stellu gnahme abgibt, negativ ausgeht. Diese wird gewi tel wie vieles andere auch, und es wird ein Gutac en gemacht; richtig. Aber genau dieselbe Gewichtu und Begutachtung ist im Rahmen der

Fortschreibung des LEP erfolgt. Es ist doch ein Streit um des Kaisers Bart, den Sie hier führen.

(Abg. Dr. Rothemund: Wollen Sie überhaupt keine Raumordnungsverfahren mehr

machen?)

- Doch! Sie wollen hier nur Ihre Stimmenthaltung ka­schieren, weil Sie nicht Mitverantwortung überneh­men wollen. Das ist Ihre Sache. Aber Sie sollten nicht so kaschieren.

Ich muß ein Weiteres sagen, meine Damen und Her­ren. Das betrifft einen für uns sehr wichtigen Punkt. Eine Voraussetzung für die Zustimmung zu dieser Rechtsverordnung ist, daß die Endlagerung des schwach- und mittelradioaktiven Abfalls gesichert ist. Hier ist es leider so - ich will die Frage des Verschul­dens nicht aufrollen; jedenfalls ist es vom Bund offen­bar so gewollt -, -daß das Versuchsendlager Asse II Ende 197ß geschlossen werden mußte und daß der­zeit keine Aussicht besteht, daß Asse II wieder eröff­net wird; denn es wird für Forschungszwecke ge­nutzt. Derzeit laufen Untersuchungen der GSF für die Zeche Konrad und für ein Endlager in Gerieben.

Ich möchte also sagen: Wir erwarten und wir ver­trauen auch darauf, daß der B u n d seiner gesetzli­chen Verpflichtung nachkommt, spätestens bis Ende der achtziger Jahre E n d 1 a g e r zur Verfügung zu stellen. Wir möchten, gerade auch an die Adresse Mitterteich, ganz deutlich sagen: Wir werden garan­tieren, daß aus dieser Landessammelstelle in. keiner Form ein Endlager wird. Es wird auch nicht still~ schweigend eine Umwidmung erfolgen können. Für die Endlagerung ist der Bund zuständig, und wir wis­sen auch, daß ein Endlager in den Salzstöcken rein von den geologischen Voraussetzungen her die be­ste MögHchkeit ist. Es wird auch in dieser Richtung untersucht. Es ist ganz deutlich und unmißverständ­lich festzustellen: Aus dieser Landessammelstelle wird kein Endlager.

Ich möchte noch ganz kurz zu dem Antrag der FDP Stellung nehmen, der ja von der SPD gleichfalls abge­lehnt wird. Dieser Änderungsantrag der FDP läßt we­sentliche Fragen ungelöst. Er gibt nämlich keine Ant­wort auf die Frage, was mit dem mittelradioaktiven Abfall aus dem Bereich der Medizin passieren soll,

- Herr Kollege Großer; Sie haben das ja mit zu verant­worten. Sie geben keinerlei Lösungsmöglichkeiten an und bringen damit alle Krankenhäuser in Bayern, die mit Strahlenmedizin und -diagnostik umgehen, in Schwierigkeiten.

Zuzugeben ist, daß der Anteil mittelradioaktiver Ab­fälle aus der Medizin gering ist.

(Abg. Dr. Flath: Richtig!)

- Er ist sicher vom Volumen her gering. Aber unter den insgesamt 9 000 Fässern, die künftig aus der Me­dizin nach Mitterteich kommen werden, sind auch ei­nige Hundert mit mittelradioaktivem Abfall, und dafür müssen Sie, wenn Sie Verantwortung übernehmen wollen, auch eine Lösung anbieten. Das aber tun

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(Huber Erwin [CSU])

Sie nicht. Zum zweiten bieten Sie auch keine Lösung für mittelradioaktive Abfälle aus Forschung und Indu­strie und auch nicht aus den Kernkraftwerken an.

Die FDP widerspricht sich eigentlich selber. Denn sie hat in mehreren Anträgen in diesem Landtag ein

. zentrales Zwischenlager für abgebrannte Brennele­mente gefordert. Hier, bei den abgebrannten Brenn­elementen, bei den hoch radioaktiven Brennstoffen, sind Sie offenbar für ein zentrales Zwischenlager. Ich verstehe eigentlich nicht, warum Sie für die schwach­und für die mittelradioaktiven Abfälle ein ähnliches Konzept ablehnen. Die Abfälle, die vom Gefährdungs­potential her wesentlich geringer zu veranschlagen sind, sollen entweder dezentral untergebracht wer­den, oder Sie bieten überhaupt keine Lösung an. Deshalb ist der Weg, den die FDP vorschlägt, nicht gangbar, meine Damen und Herren.

(Abg. Jacobi: Wir werden Ihnen noch Aufklärung zuteil werden lassen!)

Die Lösung, die wir in Bayern anstreben, ist auch in anderen Bundesländern gang und gäbe. Ich verweise auf Karlsruhe in Baden-Württemberg, auf Jülich in Nordrhein-Westfalen, auf Gerieben in Niedersachsen und auf Geesthacht für Hamburg und Bremen. Auch dort wird der schwach- und mittelradioaktive Abfall aus Medizin, Forschung, Industrie und Kernkraftwer­ken zentral und gemeinsam gelagert.

Meine sehr verehrten Damen und ·Herren! Wir mei­nen: Wer Strahlendiagnostik, Strahlenmedizin, den Betrieb von Kernkraftwerken und den Einsatz von Strahlen in Medizin, Forschung und Industrie befür­wortet, der muß jetzt Verantwortung für eine zentrale Entsorgung in Bayern übernehmen. Es ist nicht zu rechtfertigen, an 400 oder gar an 1200 Stellen in Bay­ern radioaktiven Müll zwischenzulagern, möglicher­weise nicht fachgerecht und ohne Kontrolle.

Aus dem Grundsatz der Sicherheit der Bevölkerung und aus dem Grundsatz der Sicherheit der Umge­bung ist es geboten, eine saubere und sichere Lö­sung zu finden. Diese saubere und sichere Lösung bietet das Konzept der Staatsregierung. Wir als CSU werden deshilb dieser Fortschreibung des LEP zu­stimmen.

(Beifall bei der CSU)

Erster Vlzeprlisldent Kamm: Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Großer.

Großer (FDPj: Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen d Kollegen! Die Verpflichtung der Län­der zur Zwis henlagerung radioaktiven Materials ist unbestritten, nd zwar sowohl des Materials, das im Bereich der edizin anfällt, als auch des Materials, das im Berei h der Kernenergie anfällt. Das bezieht sich auf alle ufen, nämlich die schwach- und mittel­radioaktiven bfälle und auf die abgebrannten Brenn­elemente aus den Kernkraftwerken.

Es ist sicher uch unbestritten, daß nach dem Atom­gesetz der B nd für die Endlagerung zuständig ist;

natürlich ist es aber auch unbestritten, daß der Bund über kein Territorium verfügt und daher ohne die Mit­arbeit der Länder, die Standorte auszuweisen haben, nicht endlagern kann. Können Sie mir etwa nachwei­sen, wo der Bund das tun kann, unabhängig von dem Streit, ob in Granit, Salz oder wo auch immer?

(Zuruf des Abg. Jacobi)

Das Problem, das uns heute beschäftigt, Ist nicht deswegen entstanden, weil der Bund die bisherige Lagerung in Asse eingestellt hat, sondern weil das· Land Niedersachsen die Lagerung beendet und den Bund aufgefordert hat, in einem Raumordnungsver­fahren einen neuen Standort zu suchen.

(Abg. Beck: Weil die Gesetzgebung es nicht mehr zugelassen hat!)

Wir wissen, daß die Lagerung in der Vergang.enheit deswegen kein Problem war, Herr Kollege Beck, weil innerhalb von drei Monaten aus dem Bereich von Neuherberg - das liegt im Bereich meiner Gemeinde; deswegen bin ich seit Jahren, nämlich seit der Zwi­schenlagerung medizinischer Abfälle, als dortiger Ge­meinderat mit den Fragen sehr wohl vertraut - die La­gerung ohne Schwierigkeiten lief. Die Probleme sind erst entstanden, als Asse geschlossen wurde.

(Abg. Dumann: Änderung des Atomgesetzes!-Abg. Lang: Der will das

nicht glauben!)

- Was ich kapiere oder nicht kapiere, können Sie ru­hig mir überlassen.

(Widerspruch bei der CSU - Abg. Jacobi: Wir wissen ja, von wem's gekommen ist!)

- Ich werde auch keinen solchen Ton in die Debatte bringen, weil ich Sie schließlich auch nicht frage, was Sie zur Kenntnis nehmen oder nicht.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Die FDP hat Sie bereits im Februar letzten Jahres auf­gefordert, für die Zwischenlagerung in Nordbayern, insbesondere für die schwach- und mittelradioaktiven Abfälle aus den Kernkraftwerken, ein Raumordnungs­verfahren einzuleiten. Diese Forderung haben Sie in der Debatte am 17. Dezember 1981 endgültig abge­lehnt, aber Sie haben eineinhalb Jahre übers Land gehen lassen, in denen Sie längst hätten handeln können.

(Be~all bei der FDP)

Es war im Sommer 1980, als Sie mit der wohl u n g e -s c h i c kt e s t e n 1 n f o r m a t i o n s p o 1 i t i k , die es je gegeben hat, die Bürger für den Standort M i t -t e r t e i c h zu gewinnen versuchten. Ich habe nie verstanden, wie ein Minister, der ein erfahrener Kom­munalpolitiker ist, die Mentalität von Kommunalpoliti­kern so unterschätzen konnte. Jemand, der das Selbstverständnis von Kommunalpolitikern für ihren Bereich kennen muß, der muß wissen, da8 sie sich nur höchst ungern zu einem Empfang in die Landes­hauptstadt München begeben, den sie als Befehls­empfang empfinden müssen. Die Kommunalpolitiker hätten erwartet, daß sich der Minister in -einem Fall,

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Bayerischer Landtag · PLENARPROTOKOLL 9/116 v. 03. 03. 82 7657

(Großer [FDP])

der für die Staatsregierung so wichtig ist, zu ihnen begibt, um in einer gemeinsamen Sitzung des Ge­meinderats und des Kreistags jene zu informieren, welche die kommunale Verantwortung tragen. So et­was sollte nicht über den verlängerten Arm des Stimmkreisabgeordneten erfolgen.

(Beifall bei der FDP)

Allein durch das Selbstverständnis der kommunalen Mandatsträger wurde eine Situation geschaffen, die Sie jetzt bedauern; das muß als Tatsache hingenom­men werden.

Von Herrn Kollegen H u b e r wurde dargestellt, daß auch in einem Raumordnungsverfahren ein Ergebnis hätte rauskommen können, wie Sie es jetzt durch die Verordnung möchten. Das ist vom Sinn des Raum­ordnungsverfahrens her gesehen natürlich richtig. Mir ist aber bisher noch kein Raumordnungsverfahren untergekommen, das positiv im Sinne der Antragstel­ler verabschiedet wurde, wenn sich der Stadtrat, der Landkreis und die Regionsversammlung gegen den Antrag ausgesprochen haben.

(Abg. Erwin Huber: Freilich gibt es das! Isar II!)

Es war ganz eindeutig abzusehen, daß sich die Re­gierung der Oberpfalz, die das Verfahren hätte durch­führen müssen, gegen den Standort ausgesprochen hätte. Nur deswegen, meine Damen und Herren, ha­ben Sie zu dem Weg des LEP gegriffen.

(Abg. Jacobi: Sie haben die Notbremse gezogen!)

Sicher haben wir heute eine denkwürdige Stunde des Parlaments, weil wir heute zum ersten Mal im Vollzug des neuen Landesplanungsgesetzes die Möglichkeit der Zustimmung zu einer derartigen Verordnung der Staatsregierung haben. Es sei nicht geleugnet, daß die Freien Demokraten einen solchen Weg immer ge­fordert halben. Wir sind sogar weiter gegangen und haben einen Gesetzentwurf gefordert, nicht nur, weil dann aucti der Senat beteiligt wäre, sondern weil dann auch IÄnderungen durch das Parlament möglich wären, di~ jetzt nur mit dem Einverständnis der Staatsregidrung erfolgen können.

Der Herr · inister hat vorhin gemeint, der Bürgermei­ster von tterteich hätte die Verordnung zu Unrecht als Lex tterteich bezeichnet. Ich meine, daß er doch rech hatte; denn die Hektik in dem Verfahren, die Tatsac e, daß man den Teilbereich Ziffer 5, Strah­lenschutz, n einem vorgezogenen Verfahren geson­dert beha elt, während der Bereich Abteilung A des LEP bis h te noch nicht durch das Kabinett gegan­

eisen, daß man wegen des Zeitverzugs tzesakt für Mitterteich vollzieht.

Das Ver altungsgericht Regensburg, das am 22 Dezember 1981 die Klage der Stadt Mit­terteich a ewiesen hat, sagt aber in seiner Urteils­begründun - ich zitiere mit Genehmigung des Herrn Präsidente

Das Fehlen des an sich wegen der Raumbedeut­samkeit notwendigen Raumordnungsverfahrens nach Artikel 23 Absatz 1 Ziffer b des Bayerischen Landesplanungsgesetzes vermag das Ansinnen auf vorläufigen Rechtsschutz nicht zu begründen.

Das Fehlen des Raumordnungsverfahrens für diese raumbedeutsame Maßnahme wird also gerügt. Das war von Anfang an unsere Position. Wir haben uns nie gegen die ordnungsgemäße Entsorgung der Klini­ken und der arbeitenden Kernkraftwerke ausgespro­chen. Wir tun das auch nicht, wenn wir diesem Ver­ordnungsentwurf die Zustimmung versagen. Wir sind der Auffassung, daß wir die Art und Weise, wie hier vorgegangen wurde, nicht vertreten können.

(Zustimmung des Abg. Jacobi)

Nun möchte ich noch auf die Lagerung medizinischer Abfälle in Neuherberg und in Mitterteich eingehen, weil das Kollege Huber angesprochen hat. Er sagte, in unserem Änderungsantrag zum Bereich Medizin fehle der mittelradioaktive Bereich.

Herr Kollege Huber, Sie werden sich erinnern, daß wir in der letzten Ausschußsitzung über die Mengen ge­sprochen haben. Auf meinen Einwurf, es sei dem Ge­meinderat von Oberschleißheim zugesichert worden, daß beim Baugenehmigungsverfahren ausschließlich die Genehmigung zur Ablagerung von leichtradioakti­vem Material erteilt werde, und warum in der Verord­nung eine Ausdehnung auf mittelradioaktive Abfälle erfolgt sei, erklärte Ministerialdirigent Dr. V o g 1 aus­drücklich, es handle sich in der Menge höchstens um 3 bis 5 Fässer. Es ist auch klargestellt worden, daß die Gesamtmenge der mittelradioaktiven Abfälle we­sentlich geringer ist.

Präsident Dr. Heubl: Gestatten Sie eine Zwischen­frage des Kollegen Huber?

Großer (FDP): Bitte.

Huber Erwin (CSU): Herr Kollege Großer, ist Ihrer Aufmerksamkeit entgangen, daß die Antwort auf Ihre Frage war: Zur Zeit des Baues von Neuherberg habe es die Unterscheidung zwischen schwach- und mit­telradioaktiven Abfällen noch nicht gegeben? Jetzt gibt es diese Unterscheidung aber; jetzt müssen Sie auch für die mittelradioaktiven Abfälle eine Vorsorge treffen.

Großer (FDP): Das ist richtig, Herr Kollege Huber, aber Dr. Vogl hat gleichzeitig das betont, was ich eben ausgeführt habe, daß es sich dabei nämlich le­diglich um 3 bis maximal 5 Fässer handle. Darum geht es im Moment.

Meine Damen und Herren! Wir sind der Auffassung, daß man auch anläßlich dieser Debatte eine Warnung an die Medizin überhaupt aussprechen sollte. Die Frage, inwieweit Röntgenbehandlung, St r a h 1 e n -b e h a n d 1 u n g in dem Umfang wie in der Vergan­genheit auch in der Zukunft fortgesetzt werden kann, sollte einmal in diesem Hause und im Gesundheits-

,

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(Großer [FDP])

politischen Ausschuß ernsthaft diskutiert werden. Un­bestrittenermaßen existieren Mediziner und Kranken­häuser, die mit der Begründung, jetzt haben wir die Geräte, jetzt müssen sie auch ausgelastet werden, die Nuklearmedizin auch dort in einem Umfang ein­setzen, wo sie eigentlich nicht notwendig wäre und wo es heute andere Therapiemöglichkeiten gibt.

(Beifall bet der FDP)

Ich glaube, daß wir auch damit einen Beitrag leisten könnten, die Mengen der Abfälle zu reduzieren, die zunächst zwischengelagert und dann endgelagert werden müssen. Nicht jedes Mal muß der Weg zum Röntgenarzt erfolgen.

Unser Abänderungsantrag sieht vor, daß wir wegen der Situation in der Medizin die leichtradioaktiven Stoffe zwischenlagern wollen, daß wir aber für die mittelradioaktiven Stoffe aus der Medizin und die Ab­fälle aus den Kernkraftwerken ein Raumordnungsver­fahren wünschen, weil nur damit festgestellt werden kann, ob der Transport über die Schiene in ein zen­trales Zwischenlager - nach den Ausführungen des Kollegen Huber ist Neuherberg Mitte dieses Jahres voll; am Ende werden daher alle Abfälle nach Mitter­teich gehen - und später in ein Endlager in Salzstök­ken sinnvoll ist oder ob nicht das Prinzip, das Sie als CSU und als Staatsregierung haben, nämlich die La­gerung abgebrannter Brennelemente in Kompaktla­gern direkt bei den Kernkraftwerken zur Verhinde­rung unnötiger Transportleistungen, der bessere Weg wäre. Diese Frage könnte nur in einem Raum­ordnungsverfahren geklärt werden und nicht durch eine Anordnung wie im vorliegenden Verordnungs­entwurf. Deswegen können wir dieser Verordnung nicht zustimmen.

(Beifall bei der FDP)

Präsident Dr. Heubl: Die Aussprache ist geschlos­sen. Wir korrrnen zur Abstimmung. Die Aus­schüsse empfehlen die Zustimmung zum Verord­nungsentwurf,' der Ausschuß für Verfassungs-, Rechts- und K);immunalfragen allerdings mit der Maß­gabe, daß im • 2 als Zeitpunkt des lnkrafttretens der 15. März 1982'eingesetz1 wird.

Es liegt ein A b ä n d e r u n g s a n t r a g der Abge­ordneten Red.penning, Großer und Fraktion vor, den ich als bekanivoraussetze. Ich lasse zunächst über den Abänder gsantrag abstimmen. Wer dem seine Zustimmung ben will, den bitte ich um das Hand-zeichen. - Bi die Gegenprobe! - Das ist eindeutig die Mehrheit., Der Abänderungsantrag ist a b g e -

1 lehnt. i Ich lasse m.fimehr abstimmen über den V o r -s c h 1 a g d ~ A u s s c h ü s s e. Wer der Verord­nung seine Z timmung geben will mit der Maßgabe, daß in § 2 ls Zeitpunk1 des lnkrafttretens der 15. März 198 eingesetzt wird, den bitte ich um das Handzeichen. - Bitte die Gegenprobe! - Stimmen!-

haltungen? - Mit Mehrheit bei Stimmenthaltung von SPD und FDP und einer Stimme der CSU so b e -s c h 1 o s s e n.

Ich rufe auf die T a g e s o r d n u n g s p u n kt e 80 und 81 zur gemeinsamen Berichterstattung und Aus­sprache:

Drlngllchkeltsantrag der Abgeordneten Jaeger, Großer, Grünbeck und Fraktion betreffend Stand­ortkatalog für Wlederaulbereltungsanlagen In Bay­ern (Drucksache 10856)

und

Drlngllchkeltsantrag der Abgeordneten Dr. Rothe­mund, Kolo, Zlerer und Fraktion betreffend Stand­orträume für Wlederaulbereltungsanlagen (Druck­sache 1 O 946)

Ich lasse zunächst berichterstatten über den Dring­lichkeitsantrag auf Drucksache 10 856. Über die Bera­tungen im Ausschuß für Landesentwicklung und Um­weltfragen (Drucksache 11 010) berichtet der Abge­ordnete Großer.

Großer (FDP), Berichterstatter : Herr Präsi­dent, Hohes Haus! Der Ausschuß für Landesentwick­lung und Umweltfragen hat den aufgerufenen Antrag in seiner 87. Sitzung am 11. Februar 1982 beraten. Mitberichterstatter war der Kollege Erwin Huber, Be­richterstatter war ich.

Da der Dringlichkeitsantrag der SPD (Drucksache 10946), Mitberichterstatter Erwin Huber, Berichter­statter Kollege Kolo, in der gleichen Sitzung beraten wurde und das Protokoll so abgefaßt ist, daß die Ge­samtberatung auch zu dem inzwischen als erledigt erklärten CSU-Antrag in einem vorgenommen wurde, berichte ich im Einvernehmen mit dem Kollegen Kolo gleich über das Gesamtverfahren. Ich setze Ihr Ein­verständnis voraus.

Als Be r i c h t e r s t a t t e r führte ich aus, die FDP habe in Übereinstimmung mit dem Umweltminister immer die Auffassung vertreten, die Diskussion um den Standort einer Wiederaufbereitungsanlage solle offen geführt werden, während das Kabinett anderer Meinung gewesen sei. Die Unruhe im lande werde durch die Geheimhaltungspraxis eher größer als klei­ner.

Die Veröffentlichung der Karte mit den möglichen Standorten am 2. Februar habe selbstverständlich viele Fragen im lande hervorgerufen. Mithin sei es an der Zeit, Parlament und Öffentlichkeit über den Krite­rienkatalog zu informieren, der dazu geführt habe, daB letztlich nur noch ein Standort im Bereich Schwandorf in Frage komme. Der Eindruck habe sich verdichtet, als seien die übrigen zehn Standorte le­diglich „Spielmaterial" gewesen, um so tun zu kön­nen, als hätte man entsprechende Materialien zur Verfügung. Sollte sich im Raumordnungsverfahren herausstellen, daß Schwandorf kein geeigneter Standort sei, stehe in Bayern überhaupt kein Standort zur Verfügung; mithin müßte der Beschluß der Mini­sterpräsidenten der Länder aufgehoben werden. In

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(Großer [FDP])

diesem Zusammenhang sei das Wort des Minister­präsidenten „wir werden unseren Beitrag leisten" zu sehen. Hinzu komme, daß die Regierung der Ober­pfalz als Raumordnungsbehörde durch derartige Äu­ßerungen aus der Staatskanzlei in einen ganz erhebli­chen „Verfahrenszwang" geraten sei.

Die Verunsicherung, die in den Tagen seit dem 2. Fe­bruar durch verschiedene Verlautbarungen aus der Staatskanzlei, der CSU-Fraktion und dem Umweltmi­nisterium hervorgerufen worden sei, sei „schauer­lich". Mithin sei eine objektive Information des Parla­ments erforderlich, um offene Entscheidungen zu er­möglichen. Unklar sei jedoch immer noch, inwieweit es sich nicht doch lediglich um „Spielmaterial" handle, da die Entscheidung des Ministeriums schon von vornherein feststehe.

Ich wies darauf hin, daß der Antrag der FDP zwei Ziele verfolge, zum einen die Information des Parla­ments, zum anderen die Information der Öffentlich­keit über die Kriterien, die dazu geführt hätten, den Großraum Schwandorf als einen entsprechenden Standort zu sehen.

Kollege Erwin Huber vertrat als Mitberichterstatter die Auffassung, daß die Beratung der Anträge „For­malismus" sei, da dem gleichlautenden Begehren nach Information laut Aussage der Staatsregierung in den kommenden Wochen entsprochen werde. Zu­dem sei die Tagesordnung bereits gedruckt. Keinerlei Grund gebe es für die Annahme, die ganze Untersu­chung liefere lediglich Spielmaterial. Das Umweltmini­sterium habe sich im Gegenteil sehr gründlich auf die Entscheidung vorbereitet, indem es landesspezifi­sche Kriterien für den Standort einer solchen Wieder­aufbereitungsanlage gefunden habe. Ferner bestehe auch kein Zugzwang für die Regierung der Oberpfalz. Die Deutsche Gesellschaft zur Wiederaufbereitung von Kernbrennstoffen (DWK) habe den Antrag auf ein Raumordnungsverfahren gestellt; dieser sei von der Regierung der Oberpfalz ohne politische Hinter­grundüberlegungen im Rahmen der Aufgabe eines Raumordnungsverfahrens, nämlich eine landesplane­rische Be~rteilung abzugeben, durchzuführen. Bei dem Rauniordnungsverfahren gehe es zudem nicht um die Gqnehmigung eines Standorts, sondern um eine reine !Begutachtung und Beurteilung, die keine Möglichke~ eröffne, den Rechtsweg zu beschreiten. Vielmehr sb11ten alle Gesichtspunkte des jeweiligen Raumes g prüft und gegeneinander abgewogen wer­den. lnsof rn sei durch eine Ankündigung möglicher Standorte eder der Rechtsstaat verletzt noch sei die Regier ng der Oberpfalz durch politische Äuße­rungen in inen Zugzwang geraten. Die CSU sei der Meinung, aß zum jetzigen Zeitpunkt, da der Plan durch ein Indiskretion an die Öffentlichkeit gelangt sei, eine 1 ormation des Parlaments und damit der Öffentlichk it sinnvoll sei. Vernünftig sei die Absicht der Staats egierung gewesen, den Antrag der DWK abzuwarte , um die Bevölkerung nicht unnötig in Un­ruhe zu ve setzen. Die Durchführung von 11 Verfah­ren könnel nicht parallel nebeneinander betrieben werden; dllher sei das Verhalten der Staatsregierung

richtig gewesen. Unverständlich sei ihm, dem Mitbe­richterstatter, daß sich der Bezirksparteitag der SPD gegen einen Standort festgelegt habe, ohne die ent­sprechende Prüfung abzuwarten. Offensichtlich habe bei diesem Beschluß das Sankt-Florians-Prinzip eine Rolle gespielt.

Der Kollege K o 1 o hat als Berichterstatter zum SPD­Antrag festgehalten, daß die Mehrheit eines Partei­tags. die sich gegen die Wiederaufbereitung ausspre­che, die bestehenden Vereinbarungen nicht zur Kenntnis genommen habe. Die Staatsregierung je­doch, die in Übereinstimmung mit dem Bund der Mei­nung sei, daß über die Frage der Entsorgung bis 1985 entschieden werde, habe zumindest einen Teil ihrer Glaubwürdigkeit verspielt, wenn sie durch markige Erklärungen und schriftliche Berichte klarmache, daß sie sich an diese Vereinbarungen mit dem Bund über­haupt nicht gebunden fühle. Ein Beitrag zur Glaub­würdigkeit der Staatsregierung wäre es gewesen, überhaupt keine Vereinbarungen mit dem Bund zu treffen. Das Verhal,ten der Staatsregierung sei in die­sem Falle genauso falsch wie das des Parteitags, der geglaubt habe, sich ebenfalls bereits jetzt schon äu­ßern zu können; beide hätten die Untersuchungser­gebnisse abwarten sollen. In der weiteren Diskus­sion, an der sich der Ausschußvorsitzende, Kollege G 1 ü c k, der Kollege Nieder m e i er und Ministe­rialdirigent Dr. V o g 1 sowie weitere Vertreter der Staatsregierung beteiligten, wurde in längeren Aus­führungen, die ich Ihnen jetzt ersparen möchte, das Für und Wider des Informationsbegehrens darge­stellt. Die CSU wies darauf hin, daß das Ministerium bereit wäre, schon in der folgenden Woche einen ent­sprechenden Bericht zu geben. Die Opposition machte deutlich, daß sie nach den Äußerungen der Staatskanzlei und des Vorsitzenden der CSU-Frak­tion bezweifle, daß es möglich wäre, über alle elf Standorträume zu sprechen. Ferner bezweifle sie, ob die Notwendigkeit plausibel gemacht werden könne, ausgerechnet dem Standort Schwandorf erste Priori­tät zu verleihen.

Bei der Abstimmung wurden sowohl der FDP-Dring­lichkeitsantrag auf Drucksache 10 856 als auch der SPD-Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 10946 mit 5 gegen 11 Stimmen ohne Enthaltungen abgelehnt. Ich bitte um Ihr Votum.

Präsident Dr. Heubl: Danke sehr. Über die Beratun­gen des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr (Drucksachen 11101 und 11102) berichtet der Herr Abgeordnete Dr. Zech.

Dr. Zech (FDP), Berichterstatter: Herr Präsi­dent, meine Damen und Herren! Die aufgerufenen Anträge wurden in der 98. Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr am 18. Februar 1982 bera­ten.

B e r i c h t e r s t a t t e r Grünbeck trug das Antrags­begehren des FDP-Dringlichkeitsantrags vor und nannte nach dem Bericht des Staatsministers Dick folgende zwei Unklarheiten:

Die Äußerung des CSU-Fraktionsvorsitzenden Lang, „Wenn nicht Schwandorf, dann nichts mehr" sei vom

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(Dr. Zech [FDP])

Minister mit dem Hinweis auf die Stellungnahme der Staatskanzlei anders interpretiert worden. Er, Grün­beck. dringe jedoch auf Klärung. zweitens. In Schwa­ben bestehe große Unsicherheit; er, Grünbeck, wolle deshalb wissen, weshalb bestimmte Orte aus der in allen Zeitungen veröffentlichten. Standortkarte aus der Diskussion verschwunden seien. Den FDP-Antrag müsse er deshalb aufrechterhalten. Mitberichterstatter B e c k verwies auf seine in der gemeinsamen Sitzung abgegebene Stellungnahme und hält das Antragsbegehren für erledigt. Nach ent­sprechender Antragstellung ergeht mit 12 Stimmen der CSU gegen 7 Stimmen von SPD und FDP folgen­der Beschluß: Der Dringlichkeitsantrag auf Drucksa­che 1 O 856 wird abgelehnt. Gleichermaßen erging der Beschluß für die Drucksache 10 946.

Präsident Dr. Heubl: Es folgt die Berichterstattung zum Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 10 946. Über die Beratungen des Ausschusses für Landes­entwicklung und Umweltfragen (Drucksache 11 009) berichtet der Herr Abgeordnete Kolo.

(Zurufe: Ist erledigt!)

Ist das schon erledigt? - Gilt das auch für den Aus­schuß für Wirtschaft und Verkehr? - Auch.

Dann kommen wir gl.l'rch zur Aussprache. Das Wort hat der Herr Staatsminister Dick.

Staatsminister Dick: Herr Präsident, meine verehrten Kolleginrllln und Kollegen! Angesichts dieser kom­plexen Frage möchte ich doch noch einige Ausfüh­rungen machen. In den Ausschüssen für Landesent­wicklung und Umweltfragen sowie für Wirtschaft und Verkehr fanden bereits eingehende Erörterungen so­wohl zu den Themenkarten als auch zur Schlußkarte, der sogenamten Standortraumkarte, statt. Das sollte natürlich auch im Plenum einen gewissen Nieder­schlag finden. Vor allen Dingen darf ich noch einmal erwähnen, was den Überlegungen und Arbeiten des Ministeriums bei der Standortauswahl für eine Wie­deraufarbeitungsanlage zugrundegelegt werden mußte.

Hier ist zum einen das Atomgesetz zu nennen. Gemäß dem Verursacherprinzip fordert es vom Be­treiber der 1<ernenergieanlagen die schadlose Ver­wertung dertbgebrannten Brennelemente. Nur dieje­nigen Stoffe die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik.nicht verwertet werden können oder de­ren Verwert 'ng wirtschaftlich nicht vertretbar ist, dür­fen als radi ktiver Abfall beseitigt werden. Die abge­brannten B nnelemente der Kernkraftwerke gehö­ren aufgrun ihres Gehaltes an verwertbaren Kern­brennstoffe zu den wiederverwertbaren Reststoffen im Sinne d s Atomgesetzes. Ihre Rückführuog er­fordert aber die vorherige Wiederverarbeitung. Diese ist ein unve ichtbarer Bestandteil der Entsorgungs­kette.

Die zweite Grundlage ist der gemeinsame B e -schluß d+r Regierungschefs von Bund und Lä~dern zur Entsorgung der Kern k r a f~ werke vom 28. September 1979.

Er besagt u. a., daß außer dem vom Bund zu errich­tenden Endlager für radioaktive Abfälle von den Kern­kraftwerksbetreibern eine Wiederaufarbeitungsanlage so zügig, wie unter Berücksichtigung aller in Betracht kommender Gesichtspunkte möglich, zu errichten ist.

Auf der Grundlage dieses gemeinsamen Beschlusses haben die Länder ihrerseits zugesagt, einen vom Bundesminister des Inneren zwischenzeitlich am 6. Februar 1981 vorgelegten Katalog nuklearspezifi­scher Kriterien zur Standortvorauswahl für Wieder­aufarbeitungsanlagen um die landesspezifischen Aspekte zu ergänzen und die Frage zu prüfen, ob in den jeweiligen Bundesländern Standorte vorhanden sind, die für die Errichtung und den Betrieb einer Wie­deraufarbeitungsanlage geeignet sind.

In Erfüllung dieses Beschlusses der Regierungschefs von Bund und Ländern vom 28. September 1979 hat der Bayerische Ministerrat am 2. Dezember 1980 das Staatsministerium für Landesentwicklung und Um­weltfragen beauftragt, diese Prüfung für den Freistaat Bayern vorzunehmen.

Ich habe in der Sitzung der beiden Landtagsaus­schüsse die Ziele der Wiederaufarbeitung kurz darge­stellt, nämlich die Abtrennung der Spaltprodukte für die Endlagerung sowie die Rückgewinnung der wie­derverwertbaren Kernbrennstoffe Uran und Pluto­nium. Damit ist fast die Hälfte des ursprünglichen Energieinhalts der Brennelemente rückgewinnbar.

In meinem Bericht habe ich bezüglich der E n t s o r -g u n g s s i t u a t i o n i n B a y e r n deutlich ge­macht, daß ohne Fortschritte im Bereich der Entsor­gung der Betrieb der bayerischen Kernkraftwerke noch vor Ende der 80er Jahre gefährdet wäre und ab Mitte der 80er Jahre keine neuen Betriebs- und Er­richtungsgenehmigungen erteilt werden könnten. Fortschritte bei der Entsorgung sind jedoch nur mög­lich,

- wenn der Bau einer Demonstrationsanlage für die Wiederaufarbeitung zügig in Angriff genommen wird und

- der Bund seiner Verpflichtung, Endlager für die ra­dioaktiven Abfälle zu errichten, ohne Verzug nach­kommt.

Ich möchte an dieser Stelle auf einen Punkt meines Berichtes noch einmal besonders eingehen, nämlich auf die Frage der End 1 a g er u n g, die immer wie­der auch in der Aussprache eine Rolle spielt: von den Kreisen, die sich den Kampf gegen die Kernenergie offenbar zu einer Lebensaufgabe gemacht haben, wurde in letzter Zeit immer wieder die Behauptung aufgestellt, die 0 b e r p f a 1 z sei auch für das Endla­ger vorgesehen. Diese Behauptungen entbehren je­doch jeder Grundlage. Angeblich damit in Zusam­menhang stehende Bohrungen erfüllen, wie eine Nachprüfung durch mein Ministerium ergab, ganz an­dere Aufgaben, z.B. war die Firma Aufschläger dort auf Erzsuche. Ich halte es auch nicht für vertretbar, daß gerade diejenigen, die anstelle der Wiederaufar­beitung die Direktendlagerung der abgebrannten Brennelemente mitsamt dem in ihnen enthaltenen

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(Staatsminister Dick)

Plutonium empfehlen, gleichzeitig das Endlager als Schreckgespenst benutzen. Bund und Länder gehen in diesem Punkt einvernehmlich davon aus, daß die Endlagerung ohne Gefährdung der im Bereich eines Endlagers wohnenden Bevölkerung durchgeführt werden kann. Auswahlkriterium sollte daher einzig und allein die Eignung von geologischen Formationen sein. Salzstöcke sind dafür aus mehreren techni­schen Gründen besonders gut geeignet. Die Unter­suchung von Salzstöcken ist bereits verhältnismäßig weit gediehen. Es besteht daher keinerlei Grund, von der im Regierungschefbeschluß vom 28. September 1979 vorgesehenen AufgabenteHung abzugehen, wo­nach die Endlagerung der hochaktiven Ab­i ä 11 e in einem S a 1 z s t o c k d e r N o r d d e u t -s c h e n T i e f e b e n e erfolgen soll, unabhängig von dem Standort einer Wiederaufarbeitungsanlage. Dar­aus ein Ultimatum an den Ministerpräsidenten von Niedersachsen ableiten zu wollen, wie dies verschie­dentlich geschehen ist, geht an den Gegebenheiten vorbei. Es bleibt also festzuhalten, daß die Errichtung eines Endlagers in der Oberpfalz aus ökologischen Gründen nicht in Betracht gezogen zu werden braucht.

Im zweiten Teil meines Berichtes vor den beiden Landtagsausschüssen bin ich ausführlich auf das Verfahren eingegangen, das bei der Ermittlung der grundsätzlich geeigneten Standorträume angewandt wurde. Im b a y er i s c h e n Kriterien k a t a 1 o g wurde zunächst ein fiktives A n 1 a g e n m o d e 11 aufgestellt. Von diesem Modell wurden die für die Standortvorauswahl erforderlichen Kenndaten, wie Emissionen, benötigte Kühlwassermenge, Flächen­bedarf usw. abgeleitet.

Die Ausgrenzungskriterien ermöglichen eine syste­matische Ermittlung geeigneter Standorträume in Bayern. Sie legen z.B. die Mindestwasserführung ei­nes Vorfluters fest, den Mindestabstand größerer Ge­meinden von einer Wiederaufarbeitungsanlage, schließen Naturschutzgebiete aus und gestatten so die Ermittlung von großflächigen St an d o r t r ä u -m e n , dit im Hinblick auf die nuklearspezifischen Vorausse~ungen für die Errichtung und den Betrieb einer Wie~eraufarbeitungsanlage grundsätzlich ge­eignet sinl:l. Dieser bayerische Kriterienkatalog ist, wie Sie wjssen, nach der Sitzung des Ministerrats vom 27. Oktober 1981 der Öffentlichkeit vorgestellt worden. !

Auf der rundlage der Ausgrenzungskriterien wur­den lande weit Daten erhoben und in Themenkarten dargestell Auf diesen den Ausschüssen vorgestell­ten Thern nkarten wurden folgende Kriterien zur Standortr mfindung herangezogjln:

- Siedlun sschwerpunkte

- jährlich Niederschlagshöhe und Nebelhäufigkeit

- erwarte*3 atmosphärische Ausbreitungsverhält-nisse urfer Berücksichtigung der Orographie

- luftfah~chnische Bereiche, Truppenübungs-plätze uild Standorte von Wärmekraftwerken

- Naturschutzgebiete, Nationalparks, Alpenbereich und erdbebengefährdete Zonen

- Wasserführung der Flüsse

- landwirtschaftliche Vorzugsgebiete

- bedeutsame Gebiete der öffentlichen Trinkwasser-versorgung

Ich wiederhole das deshalb, weil auch einmal im Ple­num festgestellt werden sollte, daß nur ein Land in dieser Bundesrepublik eine Standortraum-Vorunter­suchung in dieser umfassenden Art und Weise ange­stellt hat. Im übrigen gibt der Kriterienkatalog, der seinerzeit den Kollegen in den Ausschüssen ausge­händigt wurde, ganz deutlich auch Hinweise, wo überhaupt Standorträume gegeben sind. Hier steht viel mehr drin, als nach außen hin immer zugegeben worden ist. Daraus haben auch alle, die Kenner der Materie sind, jederzeit ihre Anhaltspunkte bezogen.

Durch Überlagerung dieser Themenkarten - die den Ausschüssen über Bildwerfer vorgeführt wurden -nach dem Verfahren der sogenannten „Restflächen­analyse" ergeben sich die aus nuklearspezifischer Sicht grundsätzlich geeigneten Standorträume. Die Mitglieder der beiden Ausschüsse hatten Gelegen­heit, sich im einzelnen mit diesen Themenkarten zu beschäftigen. Die anschließende Diskussion in den Ausschüssen hat mir den Eindruck vermittelt, daß alle Parteien diese Arbeit als nachvollziehbar, umfassend und methodisch zwingend beurteilen.

Ich habe im übrigen, dem Antrag der CSU entspre­chend, die Gründe im einzelnen dargelegt, die den einzigen von der DWK ausgewählten Standortraum -und das muß immer wieder betont werden, daß die DWK Antragsteller ist und nicht die Staatsregierung der DWK vorzuschreiben hat, für welchen Standort sie einen Antrag zu stellen hat -, nämlich den R au m S c h w a n d o r f , als besonders geeignet erschei­nen lassen. Das war in dieser Themenkartenzusam­menstellung erkennbar.

In der Aussprache über meinen Bericht haben SPD und FDP lediglich noch die Forderung erhoben, daß ich die in der Presse bekanntgegebenen S t a n d -o r t r ä u m e nach ihrer Eignung mit P 1 atz z i f -fern - d. h. nach ihrer Rangfolge - bewerten soll. Dies ist jedoch aus mehreren Gründen nicht möglich, wie ich seinerzeit bereits ausgeführt habe:

(Abg. Kolo: Warum ist das nicht möglich?)

- Die Standortraumuntersuchung, die Gegenstand meines Berichtes war, umfaßt nur einen Teil der Krite­rien, die bei der Entscheidung für einen Standort zu­grunde gelegt werden müssen. Es wurden nur die nu­klearspezifischen Kriterien angewandt, die für eine großräumige Vorauswahl von Standorträumen geeig­net sind. So wurde beispielsweise die Baugrundbe­schaffenheit nicht in die Untersuchung einbezogen.

Diese bei der Restflächenanalyse nicht berücksichtig­ten Kriterien lassen sich sinnvollerweise nur nach Festlegung konkreter Standortflächen prüfen.

- Bei der Bewertung von Standorten müssen zu den Kriterien, die staatlicherseits von Interesse sind,

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(Staatsminister Dick)

natürlich auch noch die Kriterien des Projektträ­gers hinzukommen. Die sind uns gar nicht be­kannt; folglich kann man auch nicht abschließend werten, wenn diese Kriterien nicht voll zusammen­genommen beurteilt werden können.

- Schließlich ist zu beachten, daß die verschiedenen Kriterien nicht gegeneinander aufgerechnet wer­den können und so gesehen eine Platzzifferbewer­tung alleine schon aus methodischen Gründen nicht möglich ist.

Die SPD hat außerdem zu Punkt c ihres Dringlich­keitsantrags die Forderung wiederholt, daß die Staatsregierung bereits jetzt Alternativen zu Schwan­dorf nennen soll, falls dort das Raumordnungsverfah­ren negativ ausginge.

Die Frage nach Alternativstandorträumen kann sich angesichts der Dringlichkeit der Verfahren und vor dem Hintergrund weiterer St a n d o r t p r ü f u n g s -v e r f a h r e n des gleichen Antragstellers in H e s -s e n , R h e i n 1 a n d - Pf a 1 z und möglicherweise in N i e d e r s a c h s e n nicht stellen. Ich darf deshalb noch einmal die Gründe aufführen, die dies belegen:

(Abg. Kola: So steht das bei uns nicht drin!)

- Die Regierungschefs von Bund und Ländern haben sich darauf geeinigt, Mitte der 80er Jahre über den endgültig bei der Entsorgung einzuschlagenden Weg zu entscheiden. Dies bedeutet, daß späte­stens zu diesem Zeitpunkt ein geeigneter Standort für eine Wiederaufarbeitungsanlage zur Verfügung stehen muß.

- Die DWK prüft gegenwärtig außer den drei bayeri­schen Standorten im Raum Schwandorf, wie be­reits erwähnt, eine Reihe weiterer Standortmög­lichkeiten ·in den Ländern Hessen und Rheinland­Pfalz, vielleicht künftig auch in Niedersachsen.

- Es ist außergewöhnlich unwahrscheinlich, daß keine. dieser Prüfungen zu einem Erfolg führt, zu­mal die DWK bei ihrer Vorauswahl bereits die Krite­rienkataloge berücksichtigt.

- Das Raum Jahre in mingründ anderen nungsverf Jahr berei Bundesre zeitlichen

rdnungsverfahren wird in Bayern etwa 2 spruch nehmen. Allein schon aus Ter­ist es zwecklos, dann 1984 an einem

tandort mit einem neuen Raumord­ren zu beginnen, wenn im gleichen ein geprüfter Standort irgendwo in der blik vorliegen muß, und zwar aus den ründen, die ich vorhin genannt habe.

- Im übrige hat die DWK von sich aus für keinen an­deren Sta dortraum - außer Schwandorf - Inter­esse beku det. Das liegt in der Entscheidungsfrei­heit des etreibers und ist nicht eine Frage der Staatsregi rung.

Aus den gen nnten Gründen besteht keine Veranlas­sung, daß e Bayerische Staatsregierung darlegt, wie sie wei r vorgehen wird, falls das Raumord­nungsverfahrjen in Schwandorf an allen drei Standor­ten negativ a!Jsgehen sollte.

Schließlich möchte ich noch auf Punkt d des SPD­Dringlichkeitsantrags zu sprechen kommen. Die SPD fordert dort einen Bericht, warum in Bayern keine Standorte für ein rückholbares Endlager als Alterna­tive zur Wiederaufarbeitung gesucht werden. Ich habe in meinem Bericht am 18. Februar diese Frage bereits beantwortet. Die rückholbare Endlagerung ist diejenige Variante einer Direktendlagerung ohne Wie­deraufarbeitung, die nach Aussagen der Reaktorsi­cherheitskommission die größten sicherheitstechni­schen Nachteile beinhaltet. Diese Variante spielt des­halb in den Untersuchungen des Bundes keine be­deutende Rolle, um so mehr wundert es mich, daß die bayerische SPD diese Frage nun aufgreift. Die rückholbare Endlagerung würde einen vorläufigen Verzicht auf die Wiederaufarbeitung bedeuten. Ich habe die rechtlichen, ökologischen und ökonomi­schen Gründe seinerzeit bereits dargestellt, die die­sen Weg als den schlechteren erscheinen lassen. Ab­gesehen davon wäre eine Standortsuche überhaupt nicht möglich, da der Bund noch nicht die Anforde­rungen für ein rückholbares Endlager definiert hat. Hier hängen wir also noch im luftleeren Raum.

Somit ergibt sich folgendes Ergebnis bezüglich der Dringlichkeitsanträge: Mein· Bericht hat informativ die Themenkarten einzeln dargestellt, überlappend dann projiziert auf die Fläche bis hin zur Standortraumkarte - auch das muß man betonen: auch die Endkarte wird gezeigt -, die in den drei Dringlichkeitsanträgen der CSU, SPD und FDP von der Staatsregierung gefor­dert wurden. Dies ist in den Ausschüssen erfolgt. Die CSU hat daraufhin ihren Antrag als erledigt angese­hen.

Zum Dringlichkeitsantrag der SPD ist noch folgendes anzumerken: Der Punkt b - nämlich zu berichten, welche Gründe für die Auswahl von Schwandorf durch die Deutsche Gesellschaft für Wiederaufarbei­tung von Kernbrennstoffen maßgebend waren - kann nicht Gegenstand eines Antrags an die Staatsregie­rung sein, da sie diese Gründe weder selbst vertreten kann noch in der Lage ist, Vertreter dieser Firma vor dem Landtag zu zitieren. Die DWK hat allerdings in ei­ner Erklärung, die Ihnen auch zur Kenntnis gekom­men ist, die Gründe schriftlich dargelegt. Sie wissen, warum der Vertreter Dr. Salander nicht kommen konnte: weil seinerzeit das Flugzeug nicht landen konnte. - Auf die Punkte a, b, c und d bin ich bereits vorhin eingegangen.

Ich für meine Person bin aus Überzeugung der Mei­nung, daß SPD und FDP eigentlich, wenn man es ge­nau besieht, ihre Anträge zurückziehen könnten, da das, was sie wünschen, bereits am 28. Februar er­folgt ist, nämlich einen umfassenden Bericht zur Standortvorauswahl zu geben. Ich glaube, schon der erste Bericht seinerzeit über die Standortkriterien zu diesem erwähnten Bericht gibt ein rundes Bild, daß die Bayerische Staatsregierung sehr sorgfältig dieser Aufgabe nachgekommen ist.

(Beifall bei der CSU)

zweiter Vizepräsident Lechner: Nächste Wortmel­dung, Herr Kollege Wolf!

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Wolf (SPD): Herr Präsident, meine sehr verehrten Da­men und Herren! Die Bindung von Genehmigungen für Kernkraftwerke an die Entsorgung ist inzwischen einheitlich von allen Parteien akzeptiert, wird von allen gefordert. Diese einleitende Feststellung voraus! Aber um Mißverständnissen für das, was ich im nach­hinein an kritischen Anmerkungen zu sagen habe, vorzubeugen, möchte ich weitere Vorbemerkungen machen:

1. Ich bin wie meine Fraktion für die Durchführung von Raumordnungsverfahren auch in diesem Fall.

2. Ich bin im Einklang mit der Beschlußlage meiner Partei für den Bau einer Wiederaufarbeitungsde­monstrationsanlage; und ich sage nicht als Ober­pfälzer, daß dies unter keinen Umständen in der Oberpfalz sein dürfe.

3. Es ist unverständlich wie auch unbegreifbar, warum die Staatsregierung mit ihrem Horror vor In­formationen über die Eignung der einzelnen Stand­orträume die Situation draußen noch zusätzlich verschärft und anheizt.

4. Ich appelliere deshalb an die Staatsregierung, alle Informationen, die geeignet sind, die Vermutung und den Verdacht auszuräumen, daß es bei der Standortwahl nicht mit rechten Dingen zugegan­gen sei, offenzulegen.

Ich möchte die Gewißheit haben, daß die Oberpfalz nicht von vornherein, weil bisher ohne Nuklearanlage, für den Bau einer Wiederaufbereitungsanlage ausge­sucht wurde. Die Bürger der Oberpfalz können sich nur einer sachlich gerechtfertigten Standortentschei­dung unterwerfen; diesen Nachweis zu fordern, ist ihr gutes Recht. Und wir versuchen mit unseren Anträ­gen in dieser Debatte hier einen wesentlichen Schritt weiterzukommen.

Sinn und Zweck der parlamentarischen Initiative ist es vornehmlich, Behauptungen ein für allemal den Boden zu entziehen, bei der Anfertigung des Krite­rienkatalogs durch die Staatsregierung und bei der Fixierung des Standortraums Schwandorf sei es nicht mit rechten Dingen zugegangen bzw. es sei dabei mi~ gezinkten Karten gespielt worden.

Der Fraktionsvorsitzende der CSU nickt zustimmend. Das ist ein Zitat aus der Pressemeldung seiner Frak­tion.

(Abg. Lang: So ist es!)

Wir könne'l aber beim besten Willen beim Studium der Anträg~ nicht sagen, daß das, was Sie selber bei dieser geiinsamen Sitzung gefordert haben, von der Staatsr gierung geleistet wurde, Herr Lang.

(Ab . Lang: Ein so dickes Protokoll! -Abg. . Rothemund: Quantität ersetzt nicht

Qualität!)

Wir haben~abei die erschreckende Anspruchslosig­keit der C nicht zu kritisieren; das ist Ihre Sache, wenn Sie n ht mehr Informationen haben wollen.

Wir wollen jm Plenum nur festgehalten wissen, daß der Bericht! auf die gestellten Fragen keine ausrei-

chenden Antworten gab und daß das, was voreilig als Meuterei der Mehrheitsfraktion gegenüber ihrem Mi­nisterpräsidenten verstanden wurde, sich zur de· mutsvollen Unterwerfung unter das Diktat der strikten Geheimhaltung entwickelt hat. Das ist der Sachver­halt.

Sie von der CSU, meine verehrten Kolleginnen und i Kollegen, haben auf Antworten verzichtet, die wir

aber für den weiteren Gang der Dinge für unverzicht­bar halten. Unser Antrag bedarf deshalb einer weite­ren Behandlung.

Im bayerischen Kriterienkatalog, den der Herr Staats­minister vorhin zitiert hat, heißt es in den einleitenden Bemerkungen: „Sie" - also die Kriterien - „erlauben außerdem eine Bewertung von Standorten".

Die Staatsregierung hat aber auf eine Bewertung ver­zichtet, wenn sie keine Rangfolge nach Eignung vor­legt. Daß zwischen den Standorten ein Unterschied in der Eignung besteht, sieht man aus einem ganz sim· plen Vergleich: Schwandorf ist als Raum für eine Wie­deraufarbeitungsanlage ebenso vorgesehen wie das Rottaler Bäderdreieck. Aus dieser Gegenüberstel­lung sehen Sie, daß hier mit Sicherheit eine unter­schiedliche Wertung der Eignung vorgenommen wer­den muß und vielleicht sogar, ich gehe davon aus, auch wirklich vorgenommen wurde.

Daß Sie, meine Damen und Herren von der CSU, poli­tische Gründe haben, diese Informationen zurückzu­halten, verstehen wir. Sie belasten aber die Diskus· sion draußen und die Versuche, mehr Akzeptanz zu erreichen, wenn Sie in dieser Frage keine andere Hal­tung einnehmen.

Die Staatsregierung behauptet, daß die DWK bei ihrer Entscheidung für Schwandorf unter den 11 Standort­räumen ausgewählt hätte. Die DWK hat aber offenbar ihre Auswahl ohne Vorliegen der Standortraumkarte der Bayerischen Staatsregierung getroffen. Ich darf aus der M e 1 d u n g d e r D W K vom 15. Februar 1982 mit Genehmigung des Präsidenten zitieren:

Die sogenannte Standortraumstudie des Bayeri· sehen Umweltministeriums oder deren Ergebnisse waren DWK b<:i ihren Überlegungen nicht bekannt.

Da stellt sich die Frage, warum hier keine Informatio­nen weitergegeben wurden, die für die DWK sicher von Interesse gewesen wären.

Wir vermuten, daß nicht die DWK, sondern in Wahr­heit die Staatsregierung die Auswahl getroffen hat. Dagegen ist so lange, meine Kolleginnen und Kolle­gen, nichts einzuwenden, wie bei der internen Aus­wahl im Hause des Herrn Staatsministers Dick der Raum Schwandorf der günstigste Standortraum war. Wenn es aber noch günstigere Räume gibt, haben Sie bei der Wahl des Raumes Schwandorf nach ande· ren, nicht nach sachlichen Gesichtspunkten entschie· den. Der Verdacht verdichtet sich, daß das letztere zutreffen könnte, wenn Sie sich weiter weigern, alle Karten und Informationen wirklich auf den Tisch zu le· gen.

Der Verdacht wird meiner Auffassung nach auch ge­nährt, wenn wir uns die Äußerungen des C S U -

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7664 Bayerischer Landtag . PLENARPROTOKOLL 9/116 V. 03. 03. 82

(Wolf [SPD])

Fraktionsvorsitzenden in Erinnerung rufen. Er sagt: „Wenn wir sie hier im Raum Wackersdorf nicht durchsetzen können, können wir sie nirgends in Bayern durchsetzen". Es gibt noch ein zweites Zitat des Fraktionsvorsitzenden der CSU: „Es gibt nur noch Schwandorf und sonst keinen anderen Standort mehr. Alle anderen sind weggefallen".

Die Auffassung der Staatsregierung, die Initiative zur Benennung eines Standortraumes der DWK überlas­sen zu können, ist offensichtlich nichts anderes als Feigheit, vor dem Bürger

(Be~all bei der SPD - Abg. Jacobi: Fahnenflucht!)

Farbe zu bekennen. Eine solche Entscheidung ist eine politische Entscheidung, die Sie auch als solche vor den Bürgern zu verantworten haben. Vor dieser Verantwortung haben Sie die Flucht ergriffen

(Abg. Frfr. von Pölnitz: überhaupt nicht!)

und der DWK die ganze schwere Last der Standort­entscheidung aufgeladen. Sie geben sich zunächst in der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten sehr mutig und auch später noch, haben aber dann im Laute des Verfahrens immer mehr den Mut zur Be­kanntgabe aller Informationen und der Tatsache Ihrer Mitwirkung bei der Standortentscheidung verloren, besonders, wenn es darum geht, zu sagen, was sein wird, wenn sich Schwandorf im Laute der Genehmi­gungsverfahren als nicht geeignet erweisen sollte. Sie animieren die DWK zu Erklärungen, die Ihnen aus Ihrer Verlegenheit helfen sollen, auch in dieser Frage.

Wenn die DWK z.B. erklärt, daB sich das Unterneh­men aussch~eBlich ·auf den Bereich Schwandorf kon­zentriert, ist das natürlich etwas völlig anderes als das, was die Staatsregierung in ihrem Kommunique festgestellt hat, daß die DWK verbindlich mitgeteilt habe, daß sie einen Antrag „nur für den Standort ~chwandorf" stellen würde. Hier wird bewußt der Ein­druck erweckt, als gäbe es kein Danach oder gelte diese Festslellung auch für ein mögliches Danach. Natürlich, w•nn man ein Scheitern des Standorts in den weitere~ Genehmigungsverfahren mit einbezieht, indem man !Sagt: „Das gilt auch für den Fall des Scheiterns".' bin ich mit einer solchen Erklärung zu­frieden. Die titerpretation der Erklärung im Kommuni­que war abe gegenteilig; hier gab es undementiert in der Presse nur die Meldung: In Schwandorf oder überhaupt n ht. -

Diethei: Wie lange redet er denn noch?)

Wenn das e Position der Bayerischen Staatsregie­rung sein s llte, war all das Gerede von Verantwor­tung der Ba rischen Staatsregierung für die bundes­weite Ents gung, der man sich stellen wolle - so hieß es doc wohl -. nur sinnloses Geschwätz, bloße Rhetorik un nicht ernstgemeint.

(Be~all bei der SPD)

Die Staatsk;;lnzlei ließ also die Öffentlichkeit in einem Kommuniqu~ vom 5. Februar wissen, daß die Wieder-

aufbereitungsanlage im Raum Schwandorf oder über­haupt nicht gebaut wird.

(Abg. Lang: So ist es. Es war die Staatskanzlei!)

Damit bestätigt die Staatsregierung aber vielleicht die Vermutung, daß die Absicht, den Raum Schwandorf auszuwählen, von Anfang an bestanden hat,

(Abg. Lang: Nach der Entscheidung der DWK!)

daß die DWK von Anfang an auf den Standortraum Schwandorf festgelegt wurde, daß die Suche nach Standorträumen zumindest fragwürdig ist und daß die Staatsregierung sich nicht für ein Täuschungsmanö­ver in dieser Angelegenheit zu schade war.

Das bisherige Verhalten der Staatsregierung erleich­tert die Diskussion vor Ort - weiß Gott - nicht. Sie wird im Gegenteil durch ein solches Verhalten, durch dieses Mauern, durch diese Geheimniskrämerei wei­ter erschwert. Die heftige Diskussion draußen müßte uns eigentlich alle hier im Hause beunruhigen.

Wem jedes Argument in dieser Diskussion willkom­men ist, um vor Ort Angst .und Panik zu schüren, wer durch eine totale Emotionalisierung den Zugang für eine sachliche Auseinandersetzung bewußt versperrt, macht sich, so meine ich, schuldig an der erkennba­ren Zunahme von Fanatismus.

(Abg. Alois Glück: Da dürfen Sie sich einen Spiegel vorhalten!)

Die Aufschrift bei einer Demonstration „CSU in die Gaskammer!" muß uns alle erschrecken;

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

von Fanatismus zur Gewaltanwendung ist, wie wir wissen, nur ein ganz, ganz kleiner Schritt. Deshalb appelliere ich abschließend an die Staatsregierung, durch Offenlegung aller Informationen, auch durch Offenlegung der sicher vorhandenen Rangfolge nach Eignung der Standorträume. einen Beitrag zur Ent­schärfung der Situation vor Ort zu leisten.

(Beifall bei der SPD)

Zweiter Vizepräsident Lechner: Ich erteile das Wort Herrn Kollegen Alois Glück.

Glück Alois (CSU): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Wolf, nach Ihrem Beitrag frage ich mich, ob es überhaupt noch Sinn hat, miteinander zu diskutieren und Informationen auszutauschen, denn Sie sind offenbar nicht bereit, Informationen aufzunehmen. Sie waren in der Sitzung der beiden Ausschüsse; Sie haben gehört, was der Minister vor­hin vorgetragen hat, und trotzdem tun Sie so. als sei zu all diesen Fragen nicht Stellung genommen wor­den.

(Abg. Wolf: Das habe ich nicht gesagt!)

Zu fragen ist, ob weitere Erläuterungen dieser Art noch etwas nützen.

Zum zweiten. Wenn Sie am Schluß Ihres Beitrags Ihre Sorge über den Verlauf der Diskussion draußen

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Bayerischer Landtag · PLENAAPAOTOKOLL 9/116 v. 03. 03. 82 7665

(Glück Alois [CSU])

äußern, wäre dies für mich nur dann glaubwürdig, wenn Sie nicht selbst gleichzeitig in Ihrem Beitrag mit Spekulationen und Verdächtigungen gearbeitet hät­ten,

(Abg. Dr. Hundhammer: Sehr richtig!)

was die Rolle der Staatsregierung bezüglich der Aus­wahl des Standorts Schwandorf durch die DWK be­trifft.

(Beifall bei der CSU - Abg. Wolf: legen Sie doch die Karten auf den Tisch! -Abg. Dr. Rothemund: Sie können die Rollen doch

nicht vertauschen!)

- Ich werde gleich noch darauf zu sprechen kommen, Herr Kollege Rothemund.

Wir haben in der Diskussion doch zunächst einmal drei Ebenen zu unterscheiden: zum einen die grund­sätzliche Frage „Wiederaufbereitung in Bayern - ja oder nein?"; zum zweiten die Frage der Auswahl der Standorträume, soweit sie die Vorauswahl durch die Staatsregierung betrifft; hinzu kommt die Auswahl ei­nes Standortraumes durch die DWK. Damit bin ich beim dritten Bereich, bei den Vorgängen im Raum Schwandorf.

Nehmen wir die Diskussion im R a u m S c h w an -d o r f oder meinetwegen die Broschüre zum Maß­stab, die der Bund Naturschutz heute verschickt hat. Wer grundsätzlich gegen die Errichtung einer Wieder­aufbereitungsanlage in Bayern ist - darum geht im wesentlichen die Diskussion, die im Raum Schwan­dorf gegenwärtig geführt wird -, ist gegen eine sol­che Einrichtung,. egal wo. Das hat nichts mit der Aus­wahl eines oder mehrerer Standorte zu tun.

(Abg. Wolf: Das ist aber nicht unsere Position!)

- Gut. Aber auch diejenigen, die eine solche Position vertreten, "'erden wir - das müssen wir deutlich se­hen - in der Frage der Wirkung von verschiedenen Vorgängen auf die Diskussion draußen nicht überzeu­gen, selbst wenn wir noch zwanzig Standorte aus­wählen und sie in eine Rangfolge bringen. Sie werden sagen: Das1 interessiert uns überhaupt nicht. So wie heute in S~hwandorf, werden wir morgen hier, da oder dort a~ftreten.

(Abg. ~r. Rothemund: Deswegen brauchen s' doch hier nicht so leichtfertige

Der Herr M die Kriterie alles zu wi

(Abg. Plenu

Ich muß do lege. Der H vorgelegt. legt, dass Qualität un

i Argumente zu bringen!)

ister hat in der Sitzung der Ausschüsse dargelegt; eigentlich ist es sinnlos, das erholen.

r. Rothemund: Wir sind hier aber im ! Sie könnten das Plenum ansonsten

ja gleich abschaffen!)

noch einmal auf Sie eingehen, Herr Kol­rr Minister hat die Kriterien der Auswahl hat das Ausgrenzungsverfahren darge­

ar von Rednern der Opposition ob seiner Objektivität gelobt worden ist.

Sie haben jederzeit die Möglichkeit, Experten aus ganz Deutschland darauf anzusetzen, um zu prüfen, ob dieser K rite r i e n k a t a 1 o g richtig oder falsch ist, und ob das Ergebnis, das aufgrund dieses Krite­rienkatalogs gefunden wurde, nämlich eine Voraus­wahl von 11 Räumen, richtig oder falsch ist. Das heißt, die Staatsregierung hat die Karten auf den Tisch gelegt. Das Ergebnis ist für jedermann nach­vollziehbar. Wie man dann noch von Geheimnistuerei sprechen kann, ist mir schlichtweg schleierhaft.

(Abg. Wolf: Sie vergessen die Vorgeschichte!)

Sie könnten ja selbst, wenn Sie wollen, oder durch Beauftragte, anhand des Kriterienkatalogs und des Kartenmaterials, das wir auch gesehen haben, das Ganze noch einmal nachvollziehen, und, wenn Sie wollen, von sich aus irgendeine Rangfolge einführen.

(Abg. Jacobi: Das täte Ihnen so passen! -Gegenruf des Abg. Beck: Und das ist der Grund, warum Sie die Rangfolge wollen!)

- Nein, nicht, damit Sie den Schwarzen Peter haben, sondern nur für den Fall, daß Sie glauben, daß Sie das weiterführt.

Nun zur Frage der Auswahl von Schwandorf. Herr Kollege Wolf, wir stehen hier zunächst einmal vor der grundsätzlichen Frage des Rollenverständnisses bzw. der Rollenverteilung zwischen DWK und Staat. Wenn Sie der Meinung sind, daß, entgegen den Ge­pflogenheiten in anderen Bundesländern, z.B. Hes­sen, und entgegen aller sonst in Deutschland übli­chen Verfahren bei der Standortsuche, der Staat den Raum aussuchen soll, aber nicht der Betreiber von sich aus eine Initiative ergreifen soll, wenn wir dies also per Staat übernehmen wollen,

(Abg. Wolf: Das eine schließt das andere nicht aus!)

- nein, wenn wir das per Staat übernehmen wollen, so wie beispielsweise im Zusammenhang mit Mitter­teich der Staat durchaus eine Wertung von Standor­ten vorgenommen hat, wobei hier bezüglich der Trä­gerschaft aber ein ganz anderer Vorgang da ist, dann wäre dies für sich konsequent.

(Abg. Dr. Rothemund: Mitterteich ist „besonders geeignet". Der Staat kann sich

nicht aus der Verantwortung stehlen!)

Aber doch nicht dann, wenn wir sagen, wir akzeptie­ren, daß die DWK als Betreiber letztlich der Antrag­steller für das Raumordnungsverfahren sein muß.

Es wäre vielleicht auch noch konsequent, wenn die DWK in ihrer Antragstellung darauf festgelegt werden könnte, daß sie nur für solche Räume einen Antrag stellt, die in einer Rangfolge, die der Staat festlegt, entsprechend aufscheinen. Herr Kollege Wolf, das hat aber nur dann einen Sinn; aber nicht, wenn Sie sagen, das muß nicht sein, daß sich die DWK an diese Rangfolge hält.

(Abg. Wolf: Das ist das Risiko der DWK !)

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(Glück Alois [CSU))

- Nein, das ist nicht nur das Risiko der DWK, sondern dann wird es sinnlos; es wird schlichtweg sinnlos, daß der Staat eine Platzziffer für die Standorträume ausgibt, aber die DWK daran nicht gebunden ist. Dann haben wir doch folgenden Vorgang, den Sie of­fenbar, das muß ich schon sagen, aus politischen Gründen provozieren wollen: Sie wollen, daß Rang­folgeziffern ausgegeben werden, wodurch der Bevöl­kerung der nächstfolgenden Räume suggeriert wird, wenn Schwandorf nicht drankommt, dann folgt der Standortraum B. Einmal unterstellt, man käme in Schwandorf, wo man ja drei Verfahren hat, zu einem negativen Ergebnis, dann ist überhaupt nicht gesagt, daß die DWK einen Antrag für den Standortraum B stellt, oder für den Raum Nr. 2, um bei Ziffern zu blei­ben.

(Abg. Dr. Rothemund: Warum nicht? Weil sie kein Interesse mehr hat?)

- Nein, Herr Kollege Dr. Rothemund, lassen Sie mich erst ausreden, dann wird es vielleicht deutlicher: Weil die DWK dann, wenn wir sagen, es sind grundsätzlich mehrere Räume geeignet, nicht daran gebunden wäre, den Raum 2 oder 3 zu nehmen, vielmehr aus ih­rer Sicht durchaus sagen kann: unter Berücksichti­gung - was wir aufstellen sind ja nur nuklearspezili­sche Kriterien - von Gesichtspunkten wie Anbindung an den Verkehr oder was weiß ich, die aus der Sicht der Betreiber hereinspielen können, nehmen wir lie­ber den Standort Nr. 4.

Welchen Effekt haben wir denn dann für die Öffent­lichkeit? Sie erwecken zunächst gegenüber der Öf­fentlichkeit den Eindruck, wenn 1 nicht geht, dann kommt 2 oder 3. In Wirklichkeit kommt aber, um bei unserem Beispiel zu bleiben, 4 dran. Oie Bevölkerung kommt sich bei einem solchen Verfahren doch zu Recht als verschaukelt vor. Das Ganze kann doch nur den Sinn haben, in der öffentlichen Diskussion Brandstiftung zu betreiben.

(Widerspruch bei der SPD)

Das kann un4 aber in der Diskussion, die wir momen­tan im Raume Schwandorf haben. nicht weiterführen. Wenn Sie sal!en nein, Herr Kollege Rothemund, dann sehe ich nictjt ein, warum Sie so argumentieren.

(Abg] Dr. Rothemund: Wir wollen dem Bra.dstifter nur keine leichtfertigen

· Argumente liefern!)

- Herr Kelle e Rothemund, hören Sie mir einen Mo­ment zu, viel ich! könnten wir uns dann in der Argu­mentation g enseitig leichter folgen.

Sie haben in der Ausschußsitzung, wie auch die ge­samte Öffen ichkeit, nachvollziehen können, daß für den Raum S hwandorf dieselben Kriterien gelten wie für die ande n Räume.

(Abg. o~: Das habe ich nicht bestritten!)

- Gut, das h ißt doch, daß damit auch belegt ist, und auch Sie in . hren Versammlungen bei gutem Willen

sagen können: Der Raum Schwandorf ist nicht will­kürlich gegriffen worden,

(Abg. Wolf: Unter den 11 ist er schon willkürlich gegriffen!)

sondern er ist geeignet wie andere Räume auch. Aus welchen Gründen der Raum Schwandorf von der OWK für die Antragstellung ausgewählt wurde, hat die OWK dargestellt. Versetzen wir uns doch einmal in die Rolle eines Bürgers im Raum Schwandorf. Für ihn ist zunächst einmal wichtig zu wissen, daß es bei der Auswahl k e i n e W i 11 k ü r gab. Das ist belegt. -Gut, Sie stimmen zu. Dann ist doch der nächste Schritt der, daß für die Bürger im Raume Schwandorf von Bedeutung ist, daß alles, was in einem Raumord­nungsverfahren - wir haben noch gar keine atom­rechtlichen Verfahren und ähnliche Dinge - geprüft werden kann, konkret bezogen auf diesen Raum ge­prüft wird. Das heißt, es führt für den Bürger des Rau­mes Schwandorf jetzt eine theoretische Diskussion über die Eignung anderer Standorte nicht weiter, was die Auslegung auf den Raum Schwandorf betrifft, sondern es geht jetzt ausschließlich darum: Wie wirkt sich diese Einrichtung auf meinen Lebensraum Schwandorf aus? Dazu ist eine konkrete 1 n f o r -mation im Rahmen des Raumord­n u n g s v e r f a h r e n s notwendig; dazu ist es not­wendig, daß dieses Verfahren offen und transparent läuft, so daß der Bürger tatsächlich beurteilen kann, was sich in seinem Raum abspielt. Das ist doch heute der entscheidende Punkt für die Bürger im Raume Schwandorf, nicht aber eine Spekulation über irgend­welche anderen Vorgänge.

Wer offen ist und sich nach eingehender Information ein Urteil bilden will, dem bieten die weiteren Prü­fungs- und Genehmigungsverfahren eine entspre­chende Chance.

Zunächst muß also das Raumordnungsverfahren lau­fen, offen. ohne Erfolgszwang, aber auch ohne vorei­lige Verbeugung vor den Gegnern des Projektes. Es muß korrekt durchgeführt werden. Wir sind sicher, daß es korrekt und offen durchgeführt wird. Dann werden wir weitersehen.

Aber jede Spekulation darüber, was ist, wenn, führt doch aus den vorhin schon genannten Gründen der­zeit nicht weiter. Der Minister hat dies in seinem Bei­trag ebenfalls dargelegt.

Mit anderen Worten: Nicht die Sorge um das Inter­esse der Bürger im Raume Schwandorf kann dies letztlich erfordern, sondern es kann letztlich nur die Überlegung sein, damit politisch Brände zu stiften.

(Widerspruch des Abg. Dr. Rothemund)

Erlauben Sie mir aus meiner Sicht eine abschließende Bemerkung: Wir verlangen bei einem solchen Projekt ganz selbstverständlich und auch mit Recht, daß die Techniker mit den Fakten ganz sorgfältig umgehen. Wir verlangen auch, daß die Leute in den Genehmi­gungsbehörden mit den Fakten sorgfältig, gründlich, gewissenhaft, kurzum: verantwortungsbewußt umge­hen. Mir ist in den letzten Tagen eigentlich erst be­wußt geworden, daß wir hier schon dabei sind, eine

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Bayerischer Landtag · PLENARPROTOKOLL 9/116 v. 03. 03. 82 7667

(Glück Alois [CSU])

doppelte Moral zu praktizieren. Wir verlangen die Sorgfalt mit Recht von den Technikern, aber wir ver­langen dieselbe Sorgfalt im Umgang mit den Fakten nicht von uns selbst, den Politikern, den Publizisten, den Sprechern der Bürgerinitiativen, den Medizinern, und wer immer sich dazu äußert.

(Beifall bei der CSU)

Da wird es meines Erachtens bedenklich.

Ich möchte es einmal andersherum formulieren: Die Techniker, an die wir diesen Anspruch stellen, haben auch uns gegenüber den Anspruch, daß wir uns ge­nauso sorgfältig - ich behaupte noch nicht einmal, genauso kenntnisreich, aber genauso sorgfältig - und verantwortungsbewußt mit den Fakten mühen und um die Fakten bemühen und dann auch verantwor­tungsbewußt reden und schreiben. Derjenige, der von anderen die höchste Sorgfalt verlangt, selbst aber schlampig mit Fakten umgeht oder gar berech­nend mit der Angst der Bevölkerung spielt, hat jede Berechtigung verloren, hier überhaupt ernsthaft zu kritisieren. Er hat sich damit dann eigentlich schon -das addressiere ich an einige Sprecher der Bürger­initiative - moralisch disqualifiziert.

(Beifall bei der CSU)

Zweiter Vizepräsident Lechner: Das Wort erteile ich dem Kollegen Großer.

Großer (FDP): Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Auch wenn es 20 Uhr ist, werden sie - -

(Zurufe von der CSU)

- Wir hören Ihnen doch auch in Ruhe zu, ohne uns zu erregen! Dann werden wir doch die 10 Minuten auch noch gedämpft zu Ende bringen!

(Beifall bei FDP und SPD)

Ich frage mich: Was soll das eigentlich? Das bringt doch die Sachdiskussion keinen Schritt weiter, ver­längert höj:hstens die Debatte.

Die „Mitt.-bayerische Zeitung" hat am 11. Februar 1982 einerl Kommentar „Aus Mitterteich nichts ge­lernt" übet,chrieben. Ich glaube, das ist es, was wir an der In rmationspolitik der Staatsregierung und letztlich d r sie tragenden Fraktion bemängeln.

Als im Fe uar 1981 der Kriterienkatalog des Bundes, abgestim t mit den Wr Umwelt- und Raumordnungs­fragen zu ändigen Ministerien, vorgelegt wurde, hat das Umw ministerium - ich meinte, zu Recht - wei­

ch bayerische Kriterien erarbeitet und hat · dann im S mmer 1981 einen bayerischen Kriterienka­talog für d" Auswahl von Standorten für Wiederaufar­beitungsa agen vorgelegt.

Die FDP t dieses - ich sage das heute noch -s o r g f ä 1 i g e V o r g e h e n durchaus als E r -gebnis eines Lernprozesses, wie ich meine, au dem Verfahren Mitterteich angesehen. Und wir unierstellen heute noch dem Minister, daß er

bereit war, diesen sorgfältigen Weg in der Abwägung von Kriterien und der Auswahl von Standorten auch weiter zu gehen.

(Bettall bei der FDP - Abg. Jaeger: Er durfte nur nicht!)

Nur: Der Dissens, der im Sommer 1981 eintrat, war - so möchte ich es einmal hier sagen - von den Parteipolitikern geboren worden, die das Wahlverhal­ten der Bevölkerung am 10. Oktober 1982 im Auge hatten, nämlich dem Herrn Generalsekretär St o i -b er und dem Herrn Ministerpräsidenten Strauß.

(Zuruf von der FDP: So ist es!)

Und diese sind in dieser Debatte nicht anwesend. Hingegen sind genau die, die für eine offene Informa­tionspolitik eingetreten sind - sicher aus unterschied­lichen Gründen -, der Um w e 1 t mini s t er auf der einen Seite, weil er nach meiner Auffassung aus Mit­terteich gelernt hatte, und der Fraktionsvorsitzende Gusli Lang auf der anderen Seite, weil er in seinem Bezirk Oberpfalz natürlich auch vor der Öffentlichkeit deutlich machen wollte, warum dieser Standort Schwandorf eine so hohe Priorität hat und alle ande­ren zehn im Land nicht in Frage kommen. Dieser hatte verständlicherweise für seinen Bezirk, in dem er politisch verantwortlich und für den er zuständig ist, den Wunsch zu sagen: Den Oberpfälzern, den Schwandorfern gebührt offene Information, vergleich­bar mit Krumbach und allen anderen Standorten. Nur die, die gesagt haben: Nein, du darfst nicht reden, sind nicht hier. Die ander~n müssen sich das anhö­ren, was die Opposition kritisiert!

(Beifall bei der FDP)

Der Minister hat dann im Herbst etwas getan, was ihm nachträglich den Ärger des Ministerpräsidenten eingetragen hat; er hat auf eigene Verantwortung die drei Fraktionsvorsitzenden informiert, im selben Um­fang, unterstelle ich einmal, in dem er die Aus­schüsse dann anschließend am 18. Februar informiert hat. Die drei Fraktionsvorsitzenden haben sein Ver­trauen nicht mißbraucht und diese Information hinge­nommen. Aber es war natürlich der Versuch - und das muß man auch einmal sehen -, indirekt, unter dem Siegel der Geheimhaltung, die Opposition mit­einzubinden und im Grunde genommen zu Wohlver­halten zu bewegen. Das ist ihm dann leider nicht ge­lungen, weil unter dem Druck der Fraktion, auch un­ter dem Druck der Mandatsträger der CSU aus der Oberpfalz, der bei uns auch allseits als solcher be­kannte beredte Fraktionsvorsitzende der CSU natür­lich irgendwo einmal aus seinem Herzen keine Mör­dergrube machen konnte und wenigstens einen Teil der genannten oder im Gespräch befindlichen Stand­orte, seinem Temperament entsprechend, auch der Öffentlichkeit preisgegeben hat. Und dann kam die Lawine ins Rollen. Ich weiß nicht, inwieweit ihn dafür der Ministerpräsident gerügt hat; der Presse zufolge muß das ganz erheblich gewesen sein. Das ist aber nicht unser Problem. Wir können ihm nur unser Be­dauern aussprechen; aber sein Temperament wissen wir zu schätzen.

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(Großer [FDP])

Wir haben dann am 4. Februar in der letzten Plenarsit­zung gesagt: Meine Damen und Herren, dann gehört wirklich alles auf den Tisch! Das führt doch dazu, daß sich alles, was als geheim eingeschätzt wird, nach­träglich als nicht geheimzuhalten erweist, und die Bürger sind mündiger und wollen mehr Information, als man sie ihnen eigentlich zumutet.

Derselben Auffassung war dann offensichtlich auch die CSU. Am 9. Februar schob sie ihren eigenen Dringlichkeitsantrag nach, am 10. Februar auch einen die SPD.

Jetzt muß ich zum Verfahren um die Sitzung doch noch ein paar Worte sagen! Es wurde teilweise, meine Damen und Herren, der Eindruck erweckt, als bräuchte es keinen Auftrag des Landtags, um einen Minister zu veranlassen, einen Bericht zu geben. Dann wurde versucht, auf die Fraktionen Einfluß zu nehmen im Sinne von: Wenn Ihr erklärt, daß Euer An­trag gegenstandslos ist und er zurückgezogen wird, dann ist der Minister natürlich bereit, den Bericht zu geben;

(Widerspruch des Abg. Alois Glück)

wenn Ihr dies aber nicht erklärt, und wenn Ihr im Grunde genommen auch nicht andeutet, daß Ihr mit dem Bericht den Inhalt der Anträge als erledigt erklä­ren werdet, braucht der Minister gar nicht zu berich­ten! Damit entstand ein bißchen der Eindruck, als solle hier die 0 p p o s i t i o n ein klein wenig u n t e r Druck gesetzt werden, meine Damen und Herren.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Herr Kollege, gestat­ten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Alois Glück?

Großer (FDP): Aber gern!

Glück Alois (CSU): Herr Kollege Großer! Ihnen ist doch bekannt, daß sich diese Diskussion ausschließ­lich um die Flage des Zeitpunkts des Berichts drehte und nicht um die Frage: Bericht - ja oder nein. Es ging ausschließlich um die Doppelgleisigkeit des Ver­fahrens. Wären Sie bereit, das dann so korrekt darzu­stellen?

Großer (FDPI: Herr Kollege Glück, ich bin bereit zu sagen, daß ~r uns schon am 10. Februar in der Aus­schußsitzun auf deren Tagesordnung nach der Ge­schäftsordn g dieses Hohen Hauses die Anträge standen, um ie Frage des Verfahrens gestritten ha­ben und daß da schon der Eindruck erweckt wurde, es bräuchte ie Behandlung der Anträge gar nicht, da der Minister ie Bereitschaft erklärt hatte, eine Wo­che später, · lieh am 17. Februar, in den Ausschuß zu kommen. ur: Am 16. Februar - also am Tage der Fraktionssitz ngen - entstand der Eindruck allge­mein - und liefen Gespräche sowohl mit der SPD als auch mit ns -, daß die Frage, ob der Minister den Bericht geb , letztlich mit davon abhänge!\ würde, daß die Op sition - so, wie es die CSU dann am Ende getan t - bereit wäre, den Antrag für erledigt

zu erklären. Wir haben selbstverständlich deutlich ge­macht, wir könnten eine solche Zusicherung über­haupt nur dann abgeben, wenn der Bericht erstattet ist und nicht im vorhinein, ohne zu wissen, wie die Si­tuation aussieht. Wir haben natürlich am Ende recht behalten. Es war völlig klar abzusehen, daß der Mini­ster den Bericht geben würde, nachdem sich die Fraktion schon mit dem Dringlichkeitsantrag - nach meiner Auffassung entgegen dem Willen des Herrn Ministerpräsidenten - so weit „zum Fenster hinaus­gelehnt" hatte. Es wäre fast peinlich für dieses Hohe Haus gewesen, wenn heute das Plenum - wenn man so will: auf Antrag der CSU mit Zustimmung der bei­den Oppositionsfraktionen - die Staatsregierung per Beschluß aufgefordert hätte, einen Bericht zu geben. Dies wollten und mußten Sie letztlich unterlaufen, nachdem Sie gemerkt hatten, was Ihr eigener Dring­lichkeitsantrag überhaupt bewirkt hatte.

Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, wir woll­ten bei der Information die Beweggründe, warum der Raum Schwandorf für die DWK die erste Priorität be­kam und warum die anderen zehn Räume nicht in Be­tracht kamen, erläutert haben.

Vorhin wurde gesagt, ein B e w e r t u n g s k a t a 1 o g wäre in keinem Fall möglich oder sinnvoll gewesen. Wer die Standortvoraussetzungen für Mitterteich an­sieht, mit dem Plus- und Minuskatalog, der damals er-

. stellt wurde, und mit den dort angegebenen Zahlen, kann sich aus dieser Tabelle jedenfalls eine Reihen­folge selber bei den schwach- und mittelradioaktiven Stoffen heraussuchen, nämlich Mitterteich 1, Eben­hausen und Schweinfurt 2, also gleichwertig, Schwa­bach 3 und Gallenbach 4, wenn man einmal numerie­ren will.

(Zuruf des Abg. Wolf)

So etwas wäre in einer ähnlichen Zusammenstellung nach Sichtung dieser Karten und dem Übereinander­legen genauso möglich gewesen. Jetzt steht halt ein­fach der schlechte Eindruck im Raum, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Wir sind es den Bürgern im Raume Schwandorf schuldig, die Fakten offener zu machen, weil dort der Eindruck entsteht, als wolle man die verheerende Si­tuation auf dem ArbeitsmarRt im Raum Schwandorf und die Tatsache, daß der Braunkohleabbau noch in diesem Jahre zu Ende geht und weitere Arbeitsplätze freisetzt, in der Diskussion um die Arbeitsmarktfrage ausnutzen und den Standort in diesem Raum durch­setzen, ohne dabei zu sagen, daß Arbeitsplätze, die immer wieder versprochen werden, frühestens in fünf, wenn nicht gar erst in zehn Jahren zur Verfü­gung stehen. Dieses ist das Ungute in der Diskus­sion, und aus diesem Grunde wollen wir Offenlegung der Kriterien auch in anderen Bereichen.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Nächste Wortmel­dung, Herr Kollege Kolo!

Koto (SPD): Herr Präsident, meine Damen und Her­ren! Die Wortmeldung von Herrn Kollegen Glück ver­anlaßt mich, zu einigen Punkten und zu unserem An­trag noch einmal Stellung zu nehmen.

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Bayerischer Landtag · PLENARPROTOKOLL 9/116 v. 03. 03. 82 7669

(Kalo [SPD])

Herr Kollege Glück, wenn Sie hier heraufgehen und sagen: Es ist so fast nach dem Motto, Perlen vor die Säue zu werfen, wenn man euch noch einmal Infor­mationen gibt, Ihr wollt ja doch nicht hinhören - -

(Abg. Dr. Wilhelm: Das von den „Perlen vor die Säue" werfen hat er nicht gesagt! -Abg. Jacobi: So weit geht er nicht. Hier ist schon

vom Saustall gesprochen worden!)

- Er hat es schon so gemeint. Er sagte, man sei nicht bereit, Informationen aufzunehmen.

Herr Kollege Glück, wir werden dann vielleicht punkt­weise prüfen, wer nicht bereit war, 1 n forma t i o -n e n aufzunehmen, oder ob nicht das größere Pro­blem darin besteht, daß jemand nicht bereit war, In­formationen zu geben.

Sie sagen so leichthin, Herr Kollege Wolf würde Brandstiftung betreiben. Nun frage ich Sie: Kann man mit einer Frage - sie kann noch so hart und präzise sein - Brandstiftung betreiben,

(Frau Abg. von Pölnitz: Kann man!)

oder betreibt nicht derjenige viel eher Brandstiftung, der Antworten auf Fragen verweigert?

Wenn Sie mit dieser biedermännischen Pose sagen: Wir Politiker sollten doch zumindestens in gleicher Weise wie die Techniker Fakten prüfen, abwägen, zur Kenntnis nehmen, dann macht sich diese Pose zwar sehr schön, nur sollten Sie vielleicht mit der gleichen Ernsthaftigkeit an diejenigen, die über diese Fakten verfügen, auch einmal die Aufforderung richten, diese F a k t e n d e n P o 1 i t i k e r n doch endlich einmal a u f d e n Ti s c h zu 1 e g e n. Dies haben wir ge­fordert und dies ist nicht geschehen, und ich werde Ihnen jederzeit auch sagen, in welchen Punkten dies nicht geschehen ist.

Unser erster Antragspunkt war, Standortkriterien auf Standorte anzuwenden. Ich habe nach dem Bericht des Herrn Ministers die Frage gestellt: Reichen denn eigentlich die Standortkriterien hinsichtlich der Meß­größen au~. um zumindest den gleichen Standard aufzuweiseti, wie erz. B. in La Hague gegeben ist, der einzigen Alllage, die bisher bei uns bekannt ist, wenn sie auch n~ch nicht in diesem Sinn arbeitet. Die im Kriterienka log enthaltenen Kriterien hinsichtlich Ab­luftbedingu gen können ja wohl nicht vergleichbar sein. Entw der sind bei normaler Gestaltung dieser Anlage die onzentrationswerte, die Emissionswerte so hoch, d die Anlage dort nicht unterzubringen ist, oder Sie üssen das tun, was der Herr Minister heute in derem Zusammenhang als negativ be-zeichnet h , nämlich den Schwefel durch hohe Ka­mine streu n und verdünnen; das planen Sie jetzt für Strahlene sionen bei der WA. Welche Begründung für einen amin mit 200 Meter Höhe gibt es denn sonst, wen nicht die des Verdünnungseffektes bei den Emissi nen? Dazu müssen Sie Stellung nehmen. Dazu habe Sie bisher noch kein Wort gesagt. Auch nicht auf m ine Frage, wie Sie - zum Vergleich La Ha­gue, wo wi ungeheure Wassermassen des Atlantiks, auch noch ~ine Strömungsgeschwindigkeit von viel-

leicht 25 Metern, aber dennoch Restmengen von Emission auf dem Pfade Wasser haben - bei der WA mit dem Kriterium 5 m' Wasser pro Sekunde auskom­men und es hinnehmen wollen, daß dieser Vorfluter auch noch bis zu 8 Kilometer von der Anlage entfernt sein kann.

Ich will diese Frage nicht vertiefen, aber allein diese beiden Fragen zeigen, daß hinsichtlich der Stand -o r t k r i t e r i e n noch einiges nachzufragen ist und auch nachgefragt wurde. Diese Fakten sind eben nicht auf den Tisch gelegt worden,

(Beifall bei der SPD)

und dann sagen Sie: wir sollten ernsthaft prüfen. Dies würde ich gern tun; nur werden die Fragen, die ich stelle, nie beantwortet.

Das geht in anderen Bereichen genauso, zum Bei­spiel wenn wir die Segmente bei der S i e d 1 u n g s -d i c h t e nehmen oder andere nuklearspezifische Gesichtspunkte; das war die entscheidende Frage des Kollegen Wo 1 f. Darüber haben Sie sehr blumig hinweggeredet, welche Gefahr es bedeuten würde, wenn man eine Reihung vornehmen würde. Dann ha­ben Sie sich wieder auf die Karten berufen. Herr Kol­lege Glück, Sie können ja sagen: Die Reihung kann man von der Staatsregierung aus den verschieden­sten Gründen nicht verlangen. Aber eines verlange ich: Anstelle der Karten möchte ich die genauen spezifischen Werte für alle unter­s u c h t e n St a n d o r t r ä u m e. Dann kann ich un­ter Umständen selbst gewichten. Aber mit Kartenma­terial etwas vergleichbar zu machen, was nicht ver­gleichbar ist, geht nicht an. Sie haben am Rand einer Ausschußsitzung auch zugegeben, daB Sie nie und nimmer glauben, daß diese 11 Standorträume wirklich gleichartig sind. Dies kam dadurch zum Ausdruck, daß Sie sagten, Ihrer Überzeugung nach kämen viel­leicht nur drei bis vier in Frage, und daß natürlich auch unter diesen dreien bis vieren bei Anlegen nu­klearspezifischer Gesichtspunkte sicher eine unter­schiedliche Bewertung nach den einzelnen Kriterien stattfinden wird.

(Abg. Glück: Aber alle haben das gleiche Kriterium: „geeignet" !)

- Einen Augenblick, das machen Sie mit dem Trick der Karten.

(Abg. Beck: Das ist doch kein Trick!)

- Natürlich ist dies ein Trick. Lesen Sie doch den Kri­terienkatalog durch, Herr Kollege Beck; es ist doch ein Unterschied, ob ein Vorfluter 2,5 Kubikmeter pro Sekunde transportiert oder 12.

(Zuruf des Abg. Beck)

- Das ist ein Unterschied, weil man damit etwas aus­grenzt und so den Eindruck erweckt, als würden alle restlichen, überbleibenden Räume gleich qualifiziert sein, und das sind sie eben nicht.

(Abg. Beck: Können sie ja gar nicht!)

Sie -kommen alle in Frage. Nur, unter Sicher -h e i t s k r i t e r i e n - und Sie sind doch auch der

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(Kolo [SPD])

Meinung, daß man gerade in diesem Bereich die Si­cherheit der Bevölkerung sehr, sehr ernst nehmen muß - ist natürlich zu überprüfen, welcher der 11 Standorträume zum Beispiel bei Anwendung dieser nuklearspezifischen Gesichtspunkte wirklich am gün­stigsten abschneidet. Ich kann es nicht beurteilen, weil ich nur die Karten gesehen habe. Ich habe die Daten nicht bekorpmen. Wenn Sie uns zustimmen, daß uns das Ministerium die genauen Daten zum Kri­terienkatalog für die 11 Standorträume liefert, dann ist das schon ein erster Schritt. Aber das haben Sie bisher ebenfalls verweigert. Sie haben nur demon­striert, was Sie alles wissen, indem Sie große Akten mit hineinschleppen ließen, uns aber bisher verwei­gert haben, diese Daten, aus denen dann die Karten gefiltert wurden, vorzulegen. Die hätte ich gern, weil nur so auch für uns prüfbar ist, ob der eine oder an­dere Standort unter Sicherheitskriterien nicht besser wäre.

Das gleiche gilt natürlich auch für eine andere Frage, Herr Kollege Glück. Wir können doch die Frage, ob und an welchem Standort eine Wiederaufbereitungs­anlage in B.!lyern errichtet wird, nicht a 11 ein - ich bin der Meinung: überhaupt nicht - von den b e -trieb swi rtschaftl iche n Optimierungs­g e s i c h t s p u n kt e n d e r D W K abhängig ma­chen.

(Abg. Alois Glück: Das ist völlig klar!)

Ich mache es der DWK nicht zum Vorwurf, daß sie sich einen Standort heraussucht, der aus betriebs­wirtschaftlichen Gesichtspunkten für sie der günstig­ste ist.

Herr Minister, Sie sagen, unsere Frage 2 sei über­haupt nicht zu beantworten,· weil die DWK darauf keine Antwort geben müßte. Ich würde Sie bitten, ein­mal zu überprüfen, was im Antrag der CSU stand.

Sie haben das gleiche gefordert: daß einmal die Gründe genanrit werden sollen, warum sich die DWK für Schwandorf entschieden hat. Mich würde das auch interessiEten. Herr La n g sollte doch einmal sagen. woher •r eigentlich die. Weisheit nimmt, daß nur Schwandorf und sonst nichts in Frage kommt.

(Abg. ~oew: Das wäre interessant!)

Ist es so, daß hat: Wenn wir wir überhaupt nach Hessen o hat heute in e dere Standort prüfe.

ie DWK z.B. dem Herrn Lang gesagt chwandorf nicht bekommen, gehen

nicht nach Bayern, sondern gehen er Rheinland-Plalz? Der Herr Minister

angedeutet, daß die DWK auch an­ume in Hessen und Rheinland-Plalz

Dann wird es ppelt interessant - der Herr Kollege Wolf hat das hon gesagt -, ob unter Umständen beim Standort c h w an d o r f die Bewertung unter S i c h e r h e i t g e s i c h t s p u n kt e n z. B. we­sentlich schlec ter ausgefallen ist als bei anderen Or­ten, aber weil as Signal der DWK im Raume stand,

Schwandorf haben zu wollen, deshalb auch eine Gleichmacherei mit den Karten erforderlich wurde. Diese Frage kann man doch nic;:ht als Finesse, als Brandstiftung, als Mißvergnügen an zusätzlichen In­formationen verkaufen, sondern dies ist eine Frage, die ich eigentlich jeden Parlamentarier zu stellen auf­fordere, wenn er eine solche Entscheidung fällen will.

Denn ein Politiker - da gebe ich dem Kollegen Glück völlig recht - muß sich auch darüber klar werden, wel­che Konsequenzen seine Entscheidungen haben. Er muß also versuchen, sich möglichst sachkundig über die Faktenlage zu machen. Aber es lächerlich zu ma­chen, wenn wir hier fragen, und zu sagen, all dies sei bereits gesagt worden, stimmt halt nicht. Denn dazu ist auch beim Bericht des Ministers nichts gesagt worden.

Herr Minister, auch zu unserem dritten und vierten Punkt in diesem Antrag sind eben keine Aussagen gemacht worden. Wenn Sie sich immer darau1 hinaus­reden, die Frage des End 1 a g er s oder rück­holbaren Endlagers bräuchten Sie nicht zu prüfen -denn dies sei letztlich in der Zuständigkeit des Bun­des-.

(Abg. Dobmeier: Stimmt ja auch!)

so lenkt das nur ab, meine Damen und Herren.

(Abg. Dobmeier: Ach so!)

Schauen Sie, eine Entscheidung für ein Endlager des Bundes ist von einem Bundesland bereits ad absur­dum geführt worden, von Ihrem Kollegen Albrecht.

(Widerspruch bei der CSU)

- Was nützt es denn dem Bund - -

(Abg. Beck: Doch nicht das Endlager!)

- Herr Beck, was nützt es denn dem Bund, wenn er sagt: Nach unseren Überlegungen und Untersuchun­gen kommt eine Lagerstätte dort oder dort in Frage? Dies muß doch dann jeweils mit dem Bundesland ab­gestimmt werden. Ich hoffe doch wohl, daß auch Sie der Meinung sind - -

(Abg. Beck: Niedersachsen wird doch geprüft - Weitere Zurufe von der CSU)

- Ich verstehe gar nicht, warum Sie so hektisch sind. Warum sind Sie denn so hektisch, Herr Beck?

(Abg. Beck: Weil das falsch ist!)

- Was ist falsch?

(Abg. Beck: Daß nach keinem Endlager gesucht wird!)

- Es ist kein Endlager da. Das hat Ihnen doch auch Ihr Minister ganz besorgt deutlich gemacht.

(Anhaltende Unruhe)

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(Kolo [SPD])

Selbst die Wiederaufbereitungsanlage hilft Ihnen nichts, wenn Sie die Endlagerfrage nicht geklärt ha­ben.

(Abg. Fendt: Die müssen wir ja nicht klären!)

Die zwei Wege sind nach wie vor strittig. Ich bin halt der Meinung, daß man seine Glaubwürdigkeit auch in Frage stellt, wenn man zunächst zu einem Partner sagt: Leute, wir sind uns im Moment nicht einig, was der beste Entsorgungsweg ist, eine Endlagerung nach Wiederaufbereitung, weil dort geringere Men­gen anfallen, oder eine direkte, konditionierte Endla­gerung in der Hoffnung, daß wir vielleicht in 20, 30 Jahren andere Möglichkeiten finden, den Reststoff Brennstab - das ist kein Abfall! Reststoff Brennstab -optimaler zu nutzen. Es klingt zwar ein bißchen flap­sig; aber es ist nicht viel anders als die Überlegung, die auch dieses Ministerium hatte, als es sagte: Mit den Altreifen können wir derzeit nichts anfangen; sie sind aber ein Reststoff. Also deponieren wir ihn in der Hoffnung, irgendwann einmal etwas zu finden, um diesen Reststoff wirtschaftlich zu verwerten. Das sind die beiden Alternativen. Bevor nun diese Frage ent­schieden ist - -

(Abg. Beck: Die ist entschieden!)

- Nein, die ist nicht entschieden, Herr Kollege Beck.

(Abg. Dr. Hundhammer: Sie wollen sich vor jeder Entscheidung drücken!)

- Herr Kollege Beck, bitte nehmen Sie doch zur Kenntnis und glauben Sie wenigstens Ihrem Minister! Lesen Sie nach, was er gesagt hat! Es besteht eine Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern, bis Mitte der achtziger Jahre die Frage zu prüfen, ob direkte Endlagerung mit Konditionierung oder Wie­deraufbereitung der Weg der Entsorgung in der Bun-desrepublk sein wird. ·

Aus diesem Grunde, weil auch die Entscheidung, ob der eine Qder der andere Weg geht, zur Vorausset­zung hat, 'daß es einen Standort gibt, ist die Stand­ortsuche~' ichtig. Wenn es nämlich keinen Standort für eine ederaufbereitungsanlage gibt, weil wir z.B. kein Mee,:J.haben, weil wir nicht die Abluftverhältnisse haben o1 r oder, dann ist dieser Weg auch nicht gangbar. 1

' Genau d gleiche gilt natürlich, Herr Beck, wenn man bei ·ner Untersuchung in allen Bundesländern zu dem E ebnis kommt, daß man für den möglichen Weg dire ter Endlagerung keine geeignete Lager­stätte hat Dann scheidet auch dies aus. Dann kann man nicht 1985 sagen, wir wollen den anderen gehen.

Deshalb t unsere Frage: Liebe Staatsregierung, warum su hst Du nur einen Standort für den Weg 1 mit Wie raufbereitung und dann Endlagerung? Warum bi t Du nicht bereit, wenn Dir die Entsorgung so am He en liegt, auch zu prüfen, ob es für diesen anderen ad, nämlich Endlagerung konditioniert, in Bayern M glichkeiten gibt?

Erster Vizepräsident Kamm: Herr Kollege Kolo, ge­statten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Glück?

Kolo (SPD): Ja.

Glück Alois (CSU): Herr Kollege Kolo, können Sie sich erinnern, daß der Herr Minister Dick auf diese Ihre Fragen im Ausschuß geantwortet hat, warum die Staatsregierung sich so verhält? Daß Sie das natür­lich für nicht sachgerecht halten können, ist Ihr gutes Recht. Aber wären Sie bereit zu akzeptieren, daß die Fragen beantwortet worden sind?

Kolo (SPD): Die Staatsregierung hat auf diese Frage immer wieder geantwortet: Bisher gilt in der Bundes­republik als die optimale Lösung die Endlagerung im Salz.

(Abg. Dr. Hundhammer: Ja, richtig!)

So. Wir sehen, welche Schwierigkeiten es in Nie -d e r s a c h s e n gibt, obwohl dort Salz gegeben ist. Wir sehen zunehmend Schwierigkeiten und Jnfrage­stellung, ob dies die einzige Lösung ist, ob nicht auch möglich ist, was in der Schweiz und in Schweden an­gewandt wird, nämlich eine Lagerung in Granit.

Meine Damen und Herren! Wenn das Problem der Endlagerung und Entsorgung uns allen so dringend ist, dann müssen wir doch auch alle Eventualitäten jetzt bereits abwägen, damit wir dieses Problem in den Griff bekommen. Ich glaube einfach jemandem nicht mehr, der blauäugig sagt, er ist für einen Aus­bau der Kernkraft, immer aber. die Frage der Endlage­rung verschweigt und sagt: Dies ist in der Zuständig­keit des Bundes. Obwohl jeder weiß, daß der Bund mit seiner Zuständigkeit nichts anfangen kann, wenn er nicht in Kooperation mit den Ländern jeweils einen Standort bekommt.

Deshalb können Sie an dieser Frage nicht einfach vorbei, sondern müssen sich die Mühe machen, dies auch in Bayern zu prüfen. Nicht mehr und nicht weni­ger wollen wir. Wir wollen auch hier die Faktenlage haben, um dann entscheiden zu können - auch mit­entscheiden zu können -, welcher Entsorgungspfad geht und ob er überhaupt in Bayern möglich ist, und, wenn er nicht möglich ist, welcher dann und wo.

(Abg. Dr. Hundhammer: Sie wollen gar keine positive Entscheidung!)

- Natürlich will ich das. Herr Dr. Hundhammer, hier gilt doch dasselbe, was wir vorher bei der Frage des schwach- und mittelradioaktiven Mülls bereits be­sprochen haben. Auch die Frage der Entsorgung und Endlagerung stellt sich unabhängig von der Frage, ob wir auf Teufel komm raus Kernkraft zubauen oder morgen aussteigen wollen.

(Abg. Dr. Hundhammer: Aber sicher!)

- Nein, Herr Kollege Dr. Hundhammer. Das Problem haben wir aus einem anderen Grund. Sie wissen nicht oder wollen nicht wissen, daß wir ab 1990 einen Groß­teil unseres Drecks aus La Hague wieder zurückneh­men müssen; die Endlagerung müssen nämlich wir

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(Kolo [SPD])

vornehmen. Das ist vertragliche Vereinbarung. Dieses Thema steht an, gleichgültig, wie jemand zur Kern­kraftnutzung steht. Deshalb kann man nicht sagen: Ich will das nicht.

(Zurufe von der CSU)

Selbst wenn ich die Haltung einnähme, die Sie mir un­terstellen, müßte ich als politisch Handelnder mich darum kümmern, daß die konkrete Gefährdung für die Bürger ordnungsgemäß und sicher gelöst wird. Alle Fragen - das muß ich noch einmal sagen -, die wir in dieser Richtung gestellt haben, Herr Kollege Glück, sind bisher nicht beantwortet worden. Sie haben zwar viel geredet, aber keine Informationen gegeben.

Ich sjelle noch einmal konkret die Frage zu den Standortkriterien, die ich bereits im Ausschuß und hier gestellt habe: Sind Sie bereit, bei der Staatsre­gierung darauf zu drängen, den Fraktionen die D a -t e n 1 a g e auf den Tisch zu legen und n i c h t n u r K a r t e n m a t e r i a 1 ? Das wäre ein erster Schritt. Die zweite Frage wäre dann, ob man bereit ist, dar­über hinaus zu prüfen, ob für den zweiten Entsor­gungspfad Möglichkeiten in Bayern gegeben sind. Wenn sie nicht gegeben sind - auch gut; dann wäre aber bereits im Vorfeld dem Bund signalisiert, daß Bayern für diesen Entsorgungspfad nicht in Frage kommt.

(Abg. Beck: Sind Sie jetzt dafür oder dagegen?)

Der Bund könnte dann leichter eine Entscheidung treffen. Dazu sollten Sie beitragen und diesem Antrag zustimmen.

Da wir in unserem Antrag nicht ausschließlich eine Berichterstattung vor zwei Ausschüssen fordern wol­len, sollen die Worte „vor den Ausschüssen für Lan­desentwicklu"g und Umweltfragen und Wirtschaft und Verkehr" gestrichen werden. Ich bitte dies als Änderungsantrag aufzufassen. In welcher Form die Staatsregierupg dann berichtet, ob mündlich oder schriftlich, sei ihr unbenommen. Die Daten sollten aber auf den. Tisch, damit wir entscheiden können. Herzlichen D$nk.

(Beifall tlei der SPD -Abg. Beck: Der Punkt H•gue ist auf jeden _Fall weg!)

Erster Vlzepj'äsldent Kamm: Das Wort hat Herr Staatsministej' Dick.

Staatsminis! r Dick: Herr Präsident, verehrte Kolle­ginnen und liegen! Ich weiß, daß es manchem als Zumutung er cheinen mag, wenn jemand jetzt noch redet.

(Beifall ei der CSU -Abg. Jacobi: Das ist Ihr Minister!)

Ich kann a die Ausführungen des Abgeordneten K o 1 o nicht so im Raum stehen lassen. Es ist im Ausschuß hon nicht möglich, jeden einzelnen Punkt durc sprechen, erst recht nicht im Plenum. Wir können ber jederzeit im Ausschuß nochmals

darüber reden, wie Kriterien zu bewerten sind. Heute hat man jedoch wieder einmal gesehen, wie letztlich alles zerredet werden kann. Ich bin überzeugt, Herr Kollege Kolo, was immer ich erzählt hätte, es hätte Sie nicht befriedigt. Das wird auch dadurch deutlich, wie Sie die Bewertung der Kriterien angehen.

(Zuruf des Abg. Beck)

Im Titel des Kriterien k a t a 1 o g s ist die Rede von der Bewertung von Standorten. Der Auftrag des Kabinetts hat lediglich gelautet, daß wir untersuchen sollen, ob in Bayern eine Anlage errich­tet werden kann. Diese Frage haben wir deutlich mit Ja beantworten können, weil nicht nur ein Standort­raum vorhanden ist, sondern mehrere in Bayern ver­fügbar sind. Innerhalb dieser Standorträume sind Standorte zu suchen; die Bewertung der Standorte erfolgt erst im Raumordnungsverfahren, im atom­rechtlichen und weiteren Verfahren. Herr Kollege Kolo, ich würde darum bitten, daß wir diese Sache nicht zerreden, weil wir uns sonst an Nebensächlich­keiten aufhängen.

Vom Bund war die Rede. Erinnern Sie sich doch bitte daran, was die Kollegin Breuel im Bundestag ge­sagt hat. Der Bund sei bis heute nicht einmal willens oder in der Lage, in Niedersachsen Unterlagen für ein Endlager einzureichen. Wir sollten also den Schwarzen Peter nicht dauernd hin und her schieben. Bayern ist wirklich bereit, einen Beitrag zu leisten; aber halten wir uns nicht mit Nebensächlichkeiten auf.

Wer genau hinsieht, weiß, daß man in der Bewertung von Standorträumen Prioritäten nicht befriedigend setzen kann. Lesen Sie beispielsweise im Kriterienka­talog Seite 18 nach; dort geht es um die Zahl der Ein­wohner, um einen Radius von zwei Kilometern, bezo­gen auf den Standort. Das ist Sache der einzelnen künftigen Verfahren, so daß das gar nicht Gegen­stand der derzeitigen Bewertung sein kann. Wir kön­nen deshalb nicht einfach im Raum stehen lassen, daß wir nur Unfug auf den Tisch gelegt hätten. Herr Kollege Kolo, eine solche Aussage geht zu leichtfer­tig über die Problematik hinweg.

Ebenso plakativ und vereinfachend könnte ich Ihnen vorwerfen, daß Sie überhaupt keinen Vorschlag un­terbreitet haben, der uns in der Sache weiterbringt. Die Erklärung, daß die Fraktionen ohnehin alle der gleichen Meinung sind, bringt uns doch nicht weiter. Wenn im Parlament der Eindruck erzeugt wird, wir hätten überhaupt nichts getan, dann ist das für die Sache so schädlich, daß Posttives nicht mehr erreicht werden kann.

Ich bin gegen dieses Schattenboxen. Ich glaube, ich habe persönlich immer wieder bewiesen, daß jede Frage von Ihnen im Ausschuß beantwortet wird. Wenn keine Möglichkeiten dazu gegeben sind, muß man sich damit abfinden.

(Zuruf des Abg. Lang)

Wir haben weit mehr als Hessen getan. Dort finden Sie solche Untersuchungen überhaupt nicht; deshalb sind Standorte mehrmals nicht zum Zuge gekommen, weil einfach immer wieder neue gegriffen wurden.

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(Staatsminister Dick)

Ich kann nicht erkennen, was die Sprecher von SPD und FDP heute an Positivem beigetragen haben. Für die Staatsregierung wäre es hilfreich, wenn Sie auch positive Vorschläge machen würden.

(Beifall bei der CSU)

Letztlich wird entscheidend sein, ob man dafür oder dagegen ist. Dieses Parlament sollte versuchen, in wichtigen Fragen zu gemeinsamen Lösungen zu kommen, und sich nicht an Nebensächlichkeiten auf­hängen und auseinanderreden.

Eigentlich hätte ich mehr sagen wollen, aber unter dem Druck der Zeit ist das nicht möglich. Ich möchte mich bei allen bedanken, die versucht haben, diese wichtige Frage einer Klärung zuzuführen. Sie dürfen nach wie vor davon ausgehen - das gilt für alle Frak­tionen -, daß ich bereit bin, Sie voll zu informieren, soweit mir das möglich ist. Ich würde bedauern, wenn Sie davon überzeugt wären, daß ich nur den Frak­tionsvorsitzenden die Information gegeben habe, um sie „einzubinden" oder zum „Wohlverhalten zu zwin­gen''. Davon kann keine Rede sein. Wenn dem so wäre, dürfte ich folglich keine Information mehr ge­ben. Das konnte aber nicht und wird nicht meine Ab­sicht sein. Ich werde mich also weiterhin bemühen, Sie zu informieren, um der Sache zu dienen.

(Beifall bei der CSU)

Erster Vizepräsident Kamm: Die Aussprache ist ge­schlossen. Zur Abstimmung werden die Dring­lichkeitsanträge wieder getrennt.

Ich lasse zunächst abstimmen über den Dringlich­keitsantrag der FDP auf D r u c k s a c h e 10 856. Die Ausschüsse empfehlen die Ablehnung. Wer entge­gen dieser Empfehlung für die Annahme ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Danke. Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag ab -gelehnt.

Wir stimmen ab über den Dringlichkeitsantrag auf Drucks a·c h e 10 946. Herr Kollege Kolo hat den Änderungsintrag eingebracht, die Worte „vor den Ausschüssen für Landesentwicklung und Umweltfra­gen und Wirtschaft und Verkehr" zu streichen. Ich nehme an, j:laß ich das gleich in die Abstimmung mit einbeziehe kann. Die Ausschüsse empfehlen auch hier die A lehnung des Dringlichkeitsantrags. Wer entgegen ieser Empfehlung für die Annahme ist, den bitte i um ein Handzeichen. - Danke. Die Ge­genprobe! Stimmenthaltungen? - Damit ist der An­trag ab g 1 e h n t.

Ich rufe au Tagesordnungspunkt 24:

Antrag der bgeordneten Sieber, Großer betreffend ökologisch Gesamtgutachten für den Raum „Bayerisch r Untermain" (Drucksache 6914)

Über die ratungen im Ausschuß für Landesent­wicklung u d Umweltfragen (Drucksache 7331) be­richtet Her Kollege Großer.

Großer (FdP), Berichterstatter: Herr Präsi-

dent, Hohes Haus! Der Ausschuß für Landesentwick­lung und Umweltfragen hat sich mit dem obenge­nannten Antrag in seiner 56. Sitzung am 29. Januar 1981 befaßt. Mitberichterstatter war der Kollege Bau­mann, Berichterstatter war ich.

Als B e r i c h t e r statte r habe ich auf die vielfälti­gen Belastungen hingewiesen, denen die Region Un­termain ausgesetzt ist und die zum Teil den Aus­schuß auch schon beschäftigt haben. Diese sind die Absenkung des Grundwassers, die Belastung der Vorfluter im Großraum Aschaffenburg, die unter­schiedlichen Stellungnahmen zum Kiesabbau aus An­laß der Anhörung im dortigen Raum und die dem Vor­sitzenden und den Fraktionen zugegangene Doku­mentation über die Waldbilanz in der Region. Ich war der Auffassung, der Antrag solle befürwortet werden, damit eine Gesamtschau abgegeben werden könne.

Der M i t b e r i c h t e r s t a t t e r hielt zunächst eine Klärung der Frage für erforderlich, nach welchen Me­thoden ein derartiges Gesamtgutachten erstellt wer­den könnte.

Der Kollege S c h m i t t gab zu bedenken, daß insbe­sondere die Luftverunreinigung in diesem Bereich besonders groß ist, und befürwortete gleichzeitig das Gutachten.

Von der Staat s r e g i e r u n g wurde darauf hinge­wiesen, daß derzeit ein Modellgutachten für den Raum Ingolstadt erstellt wird. Man solle erst das Er­gebnis dieses Gutachtens abwarten. Dieses Gutach­ten koste über 3 Millionen, wobei sich der Bund mit 50 Prozent an den Kosten beteiligt.

An der Diskussion hat sich weiter der Kollege Dr. Martin M a y e r beteiligt.

Am Ende beantragte ich als B e r i c h t e r s tat t e r Zustimmung; der M i t b e r i c h t e r s t a t t e r plä­dierte für Ablehnung. Der Antrag wurde mit den Stim­men der CSU gegen die Stimmen von SPD und FDP abgelehnt. Ich bitte um Ihr Votum.

Erster Vizepräsident Kamm: Über die Beratungen im Ausschuß für Wirtschaft und Verkehr (Drucksache 9425) berichtet an Stelle des Kollegen Grünbeck der Herr Kollege Dr. Zech. Ich darf den Herrn Kollegen Dr. Zech bitten, auch über die Beratungen im Aus­schuß für Staatshaushalt und Finanzfragen (Drucksa­che 10768) zu berichten. Bitte, Herr Kollege!

Dr.Zach (FDP), Berichterstatter: Herr Präsi­dent, meine Damen und Herren! Zunächst über die Beratungen im Ausschuß für Wirtschaft und Verkehr, 81. Sitzung am 17. September 1981. Berichterstatter war der Kollege Grünbeck, Mitberichterstatter Kol­lege Nätscher.

In den Ausschußberatungen gab es Abgeordnete aus allen Fraktionen, die dem Anliegen aufgeschlossen gegenüberstanden. Das gilt insbesondere für die Kol­legen Dr. Lautenschlager, Neuburger und natürlich für den Berichterstatter Grünbeck.

Im Laute der Beratungen erfolgte eine Umformulie­rung des Antrags in einen Prüfungsantrag. Dieser

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7674 Bayerischer Landtag · PLENAAPAOTOKOLL 9/116 v. 03. 03. 82

(Dr. Zech [FDP])

Prüfungsantrag fand die mehrheitliche Zustimmung des Ausschusses.

(Abg. Sieber: Einstimmig!)

- Die einstimmige Zustimmung des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr, ich korrigiere mich entspre­chend.

Zu den Beratungen im Ausschuß für Staatshaushalt und Finanzfragen. Dieser Ausschuß beschäftigte sich mit dem aufgerufenen Antrag in· seiner 148. Sitzung am 27. Januar 1982. Mitberichterstatter war der Kol­lege Kaps, Berichterstatter war ich. Ergebnis der Be­ratungen in diesem Ausschuß war: Mehrheitlich mit den Stimmen der CSU gegen die Stimmen von SPD und FDP wird der Vollversammlung des Landtags empfohlen, den Antrag sowohl in der Fassung auf Drucksache 6914 als auch in der vom Berichterstatter Dr. Zech geänderten Fassung - es war eine redaktio­nelle Änderung des vorher erwähnten Prüfungsantra­ges - des Beschlusses des Ausschusses für Wirt­schaft und Verkehr auf Drucksache 9425 abzulehnen.

Ich bitte Sie um Ihr eigenes Votum.

Erster Vizepräsident Kamm: Über die Beratungen im Ausschuß für Ernährung und Landwirtschaft (Druck­sache 9746) berichtet der Herr Kollege Jacobi. Bitte, Herr Kollege!

Jacobl (FDP), Berichterstatter : Herr Präsi­dent, Hohes Haus! Der Ausschuß für Ernährung und Landwirtschaft hat sich in seiner 94. Sitzung am 27. Oktober 1981 mit dem Antrag der Kollegen Sieber und Großer beschäftigt. Mitberichterstatter war der Kollege Zeißner, die Berichterstattung oblag mir.

In einer ausführlichen Diskussion wurde über den An­trag gesprochen. Der Inhalt dieser Diskussion war ähnlich den Diskussionen in den anderen Ausschüs­sen. Der Beschluß erbrachte bei 9 Stimmen der CSU gegen 5 Stimmen der FDP und SPD bei 1 Stimment­haltung aus djm Reihen der SPD die Ablehnung des Antrags. Ich darf Sie um Ihr Votum bitten.

Erster Vlzep„sldent Kamm: Wortmeldung, .Herr Kol­lege Sieber! !

' Sieber (FDP):.Herr Präsident, meine Damen und Her-ren. Ich glau e, wir sind uns hier im Landtag einig darüber, daß as Gebiet des bayerischen Untermains das ökologis sicherlich am stärksten belastete Ge­biet Bayerns arstellt. Selbst der bayerische Staats­minister für nährung, Landwirtschaft und Forsten. hat in der B ntwortung einer Schriftlichen Anfrage von mir im F ruar 1979 festgestellt, daß

die Entwic ung der Waldflächen im Verdichtungs­raum Asch ffenburg Anlaß zur Besorgnis gibt. Die Waldfunkti spläne verdeutlichen, daß den Wäl­dern nördli h und westlich von Aschaffenburg eine außergewö nliche Bedeutung für das Klima, den Wasserhau halt und vor allem für die Luftreinigung zukommt u d daß von 1961 bis 1965 die Waldverlu­ste im Rau Aschaffenburg rund 350 ha betragen

haben. Seitdem hätten dort weitere unvermeidbare Rodungen stattgefunden. Dadurch seien teilweise die vom Wald ausgehenden Funktionen beein­trächtigt worden.

Soweit das Landwirtschaftsministerium.

Im angesprochenen Gebiet des Untermains ist dar­über hinaus die Veraschungsanlage für radioaktiven Müll in Karlstein geplant, die sich sicherlich belastend auswirken wird. Ich erinnere auch an den Atomreak­tor in Kahl, an die chemischen Großfabriken Glanz­stoff in Obernburg/Eisenfeld, an die Papierwerke Waldhof-Aschaffenburg (PWA Stockstadt). Außer­dem an das Großkraftwerk Staudinger im hessischen Grenzgebiet, in Hanau an die radioaktiven Lagerstät­ten Nukem-Alkem und an die von hessischer Seite geplante Giftmülldeponie in Mainflingen gegenüber Karlstein. Hier ist nicht nur nach Meinung vieler Bür­ger, sorldern auch nach unserer Meinung ein Maß an Umweltbelastung erreicht, das mehr als voll zu be­zeichnen ist. Der von mir eingebrachte Antrag, der im Wirtschaftsausschuß einstimmig gebilligt worden war, zielt;darauf ab, daß die Staatsregierung ein ökologi­sches Gesamtgutachen für den Raum erstellen soll. Ich bin der Meinung, daß einzelne größere Eingriffe in die Natur in diesem Bereich heute nicht mehr isoliert gesehen und beurteilt werden dürfen, da sich in der Summierung ihrer Auswirkungen auf das ökologische Gleichgewicht in diesem Raum und auf die dort le­benden Menschen bereits bedrohliche Konsequen­zen abzeichnen. Bisher hat man Einzelmaßnahmen immer nur für sich betrachtet, die für sich genommen oft noch keinen bedrohlichen Eingriff darstellen, aber die Vielzahl von Eingriffen - Absenkung des Grund­wassers, Belastung der Vorfluter im . Großraum Aschaffenburg, Verunreinigung der Luft, besorgniser­regende Waldbilanz und unterschiedliche Stellung­nahmen zum Kiesabbau usw. - haben zu bedrohli­chen Konsequenzen geführt.

Ich war einverstanden mit der Umformulierung des Antrages durch den Wirtschaftsausschuß, um die Möglichkeit zu geben, das Gutachten, das für den Raum Ingolstadt erstellt wurde, das bis zum heutigen Zeitpunkt dem Landtag allerdings noch nicht zur Kenntnis gebracht wurde, mit einzubeziehen, um dar­aus auch Erkenntni.sse für den bayerischen Unter­main zu erhalten. Der umformulierte Antrag würde der Staatsregierung die Möglichkeit geben, das Anlie­gen nicht kostenintensiv gestalten zu müssen, weil man auf andere vergleichbare Daten hätte zurück­greifen und diese ohne weiteres übertragen können.

Ich möchte schließen mit dem Antrag, daß der heuti­gen Abstimmung die Fassung des Wirtschaftsaus­schusses auf Drucksache 9425 zugrunde gelegt wird mit der Maßgabe, den Termin 31. März 1982 etwas zu verschieben; ich würde vorschlagen, 1. Juni 1982.

(Beifall bei der FDP)

Erster Vizepräsident Kamm: Nächste Wortmeldung Herr Abgeordneter Baumann.

Baumann (CSU): Herr Präsident, meine sehr geehr­ten Damen und Herren! Das Antragsbegehren, ein

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Bayerischer Landtag · PLENARPROTOKOLL 9/116 v. 03. 03. 82 7675

(Baumann [CSUj) 1

ökologisches Gesamtgutachten für den Raum „Baye­rischer Untermain" zu erstellen, ist recht und gut. Lei­der zeichnet es sich immer mehr ab, daß über alle möglichen Fachbereiche Gutachten erstellt werden sollen.

Meine Damen und Herren! Warum wurde dieser An­trag in den Ausschüssen für Landesentwicklung und Umweltfragen, für Ernährung und Landwirtschaft so­wie für Staatshaushalt und Finanztragen abgelehnt? Es ist festzustellen, daß ein ähnliches Gutachten für den Raum 1 n g o 1 s t ad t erstellt wurde, womit man Neuland betreten hatte. Das Gutachten Ingolstadt ist Ende 1981 dem Landesamt für Umweltschutz vorge­legt worden und wird derzeit unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Fragestellungen, die mit die­sem Gutachten beantwortet werden sollen, ausge­wertet. Die Auswertung des Gutachtens Ingolstadt im Landesamt für Umweltschutz ist derzeit noch im Gange. Ergebnisse liegen noch nicht vor, so daß auch noch nicht berichtet werden kann, inwieweit die in Ingolstadt gefundenen Ansätze auf den Raum „Bayerischer Untermain" übertragen werden können. Sicherlich ist auch in einem anderen Raum als Ingol­stadt mit einem sehr hohen Aufwand für die Datener­hebung zu rechnen. Die im Rahmen der Landschafts­planung erhobenen Daten sind nämlich mit Sicherheit nicht ausreichend.

Erster Vizepräsident Kamm: Herr Abgeordneter Baumann, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Baumann (CSU): Entschuldigen Sie bitte, bis ich mit dem Satz fertig bin. - Es müssen also mit Sicherheit einzelne Messungen auf alle Fälle bezüglich eines An­satzes „Bayerischer Untermain" durchgeführt wer­den. - Bitte schön, Herr Kollege!

Erster Vizepräsident Kamm: Herr Abgeordneter Dr. Zech, bitte!

Dr. Zech (FDP): Herr Kollege Baumann, halten Sie es nicht zumin4est für prüfenswert, wie die Ergebnisse des Raumel' Ingolstadt dann auch auf den Untermain übertragen erden können? Sonst wäre dieses erste Gutachten eh für die Katz gewesen.

Baumann (qsU): Wir wollen eben abwarten, bis die­ses Gutacht n ausgewertet ist. Nachdem es der dort betroffenen evölkerung am Untermain in erster Linie um die Frag geht, ob die geplante Veraschungsan­lage in Karl ein angesichts der anderen bereits dort befindlichen erntechnischen Anlagen nicht noch zu­sätzliche ra iologische Belastungen mit sich bringt, verweise ich auf den beschlossenen Antrag der Kol­legen Dr. L tenschläger, Leeb, Ritter, der ein Gut­achten über die Auswirkungen dieser Anlage auf die Umgebung ter Berücksichtigung der gesamten ra­dioökologis en Vorbelastung in diesem Raum for­dert. Dem A liegen ist somit Sorge getragen.

Erster VlzeJäsldent Kamm: Herr Kollege, gestatten Sie noch ei~ Zwischenfrage des Kollegen Sieber?

Baumann (CSU): Ich bin gleich fertig.

Meine Damen und Herren, nachdem mit der Modell­untersuchung Ingolstadt anhand eines belasteten Raumes einmal aufgezeigt werden soll, welche einzel­nen ökologischen Faktoren insgesamt zusammenwir­ken und wie sich die Gesamtbelastung auf einen Raum auswirkt, der durch Industrie, Landwirtschaft, Kiesabbau und so weiter geprägt ist, sollten die Er­gebnisse auf jeden Fall abgewartet werden. Solange dieses Gutachten als Prototyp nicht ausgewertet vor­liegt, können bei dem Kostenaufwand für ein solches Gutachten - es sind immerhin· 3 Millionen DM - nicht neue Gutachten gefordert werden. Deshalb auch die Ablehnung in den eingangs erwähnten Ausschüssen.

Ich bitte das Hohe Haus um Ablehnung sowohl des ursprünglichen als auch des geänderten Antrags in der Fassung des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr auf Drucksache 9425. Danke schön.

Erster Vizepräsident Kamm: Nächste Wortmeldung Herr Abgeordneter Sieber.

Sieber (FDP): Herr Präsident, meine Damen und Her­ren! Nachdem Sie, Herr Kollege Baumann, meine Zwischenfrage nicht zugelassen haben, muß ich mich erneut zu Wort melden. Darf ich Sie, Herr Kollege Baumann, und die CSU-Fraktion fragen, ob Ihnen klar geworden ist, daß ich meinerseits gar nicht das for­dere, was Sie hier vorgebracht haben? DaB ich zwei­tens Ihrer Fraktion goldene Brücken dahin gebaut habe, daß die Staatsregierung mit dem neuen Antrag lediglich um Prüfung ersucht werden soll, ob wegen der großen Umweltbelastung im Bereich Bayerischer Untermain ein ökologisches Gesamtgutachten er­stellt werden kann; bis wann dies erstellt sein könnte und mit welchen Kosten dies verbunden wäre. Nichts anderes habe ich gefordert. Ich glaube, dem könnten auch Sie zustimmen. Ich will gar kein neues Gutach­ten über den Bayerischen Untermain, solange nicht das lngolstädter Gutachten ausgewertet ist, das in bestimmten Teilbereichen eben auf den Untermain übertragen werden könnte.

Ich möchte Sie also doch bitten - -

(Abg. Lang: Lassen Sie uns Ihre Formulierung sehen! -Abg. Sieber übergibt

seinen Formulierungsvorschlag dem Abgeordneten Lang)

Ich glaube, daß man wohl eine Prüfung dahingehend fordern kann, ob die Erstellung eines solchen Gut­achtens möglich ist; bis wann es erstellt werden kann und was es _eventuell kostet.

(Abg. Lang: Das ist die alte Formulierung und keine neue!)

Das ist keine neue Formulierung, Herr Kollege Lang. Ich habe die Formulierung des Wirtschaftsausschus­ses zum Antrag erhoben, also den einstimmigen Be­schluß zur Abstimmungsgrundlage machen wollen und lediglich eine Änderung des Termins vorgeschla­gen.

(Abg. Lang: Ingolstadt warten wir ab. -Zurückstellen! - Er stellt zurück.)

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7676 Bayerischer Landtag · PLENARPROTOKOLL 91116 v. 03. 03. 82

Erster Vizepräsident Kamm: Keine weiteren Wort­meldungen. Wir kommen zur Abstimmung. Ich lasse abstimmen.

(Abg. Lang: Er stellt zurück! - Zurufe: Zurück in die Fraktionen!)

Zurück in die Fraktionen? - Dann hätten wir uns aber jetzt eine schöne Zeit sparen können.

(Zustimmung und Heiterkeit)

Sie sind mit der Z u r ü c k v e r w e i s u n g an d i e Fr a kt i o n e n einverstanden.

Ich rufe auf Punkt 29 der Tagesordnung:

Antrag des Abgeordneten Hochleltner und anderer betreffend Sicherstellung des Fortbestehens des Modellversuchs „Nachgeholter Hauptschulab­schluß für ausländische Jugendliche" (Drucksache 8054)

Über die Beratunge~ des Ausschusses für kulturpoli­tische Fragen (Drucksache 8857) berichtet die Frau Abgeordnete Christa Meier.

Frau Meier (SPD), Berichterstalter in : Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Antrag auf Drucksache 8054 wurde in der 98. Sitzung des Aus­schusses für kulturpolitische Fragen am 25. Juni 1981 behandelt. Es geht vor allem darum, Maßnahmen zum nachträglichen Erwerb des qualifizierenden Haupt­schulabschlusses für Kinder ausländischer Arbeit­nehmer zu ermöglichen.

-Bisher wurden diese Versuche vom Land Bayern be-zuschußt und sind nun in ihrer Finanzierung gefähr­det.

Mitberichterstatter war der Kollege Oswald. Nach ein­gehender Diskussion kam der Ausschuß zu folgen­dem Ergebnis:

Die Staatsre11ierung wird ersucht, Veranstaltungen im Rahmen der Erwachsenenbildung, die ausländi­sche Jugencliche nachträglich zum Hauptschulab­schluß führen, in jeder geeigneten Weise zu för­dern.

Also nicht nur 1in Nürnberg, sondern, überall, wo es notwendig und 1angebracht ist.

Erster Vlzeprälsldent Kamm: Über die Beratungen des Ausschussjes für Sozial-, Gesundheits- und Fami­lienpolitik (Dru~ksache 9417) berichtet der Herr Ab­geordnete Willi Kaiser.

Kaiser Willi ( PD), Berichte rst a tt er: Herr Präsident, mei e Damen und Herren! Der Ausschuß für Sozial-, G undheits- und Familienpolitik hat in seiner 64. Sitz g am 17. September 1981 den aufge­rufenen Antra behandelt. Berichterstatterin war Frau Kollegin Dr. ornig-Sutter, Mitberichterstatter war Kollege Dr. M tschl. Es wurde einstimmige Zustim­mung zur Fas ung der Drucksache 8857 beschlos­sen.

Erster Vlzepr Iden! Kamm: Über die Beratungen des Ausschus es für Fragen des öffentlichen Dien-

stes (Drucksache 9731) berichtet der Herr Abgeord­nete Franz.

Franz (SPD), Berichters t a 11 er : Herr Präsi­dent, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Aus­schuß für Fragen des öffentlichen Dienstes hat den vorliegenden Antrag in seiner 70. Sitzung am 27. Ok­tober 1981 beraten. Berichterstatter war der Kollege Heinrich, Mitberichterstatter der Kollege Humbs für die Kollegin Dr. Biebl.

Der Ausschuß hat dem Antrag einstimmig zuge­stimmt. Ich bitte um lh< Votum.

Erster Vizepräsident Kamm: Über die Beratungen des Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfra­gen (Drucksache 11 086) berichtet der Herr Abgeord­nete Koch. Bitte, Herr Kollege!

Koch (SPD), Berichterstatter: Herr Präsi­dent, meine Damen und Herren! Der Haushaltsaus­schuß behandelte den aufgerufenen Antrag in seiner 151. Sitzung am 17. Februar 1982. Berichterstatter war ich, Mitberichterstatter der Herr Kollege Maurer.

Es bestand von vornherein Neigung, dem Beschluß des Kulturpolitischen Ausschusses zuzustimmen. Es gab lediglich eine Bemerkung des AusschuBvorsit­zenden, des Kollegen Weng e n m e i er, der darauf hinwies, daß der Ausschuß davon ausgeht, daß der Beschluß des Haushaltsausschusses in der Fassung des Kulturpolitischen Ausschusses nicht zwangsläu­fig zu einer Erhöhung der Haushaltsmittel im Bereich der Erwachsenenbildung führen könne.

(Unruhe bei der SPD)

Wir SPD-Vertreter haben uns dagegen gewandt

(Abg. Klasen: Und zwar entschieden!)

und die Meinung vertreten, daß unter diesen Umstän­den ein Beschluß null und nichtig und wertlos sei, weil die Volkshochschulen den Beschluß nicht vollzie­hen könnten, da die jetzt bereitgestellten Mittel ohne­hin nicht ausreichten.

Der Beschluß lautete dann - bei einer Stimmenthal­tung ohne Gegenstimme - dahin, der Vollversamm­lung zu empfehlen, dem Antrag. in der Fassung des Kulturpolitischen Ausschusses auf der Drucksache 8857 zuzustimmen.

(Beifall bei der SPD)

Erster Vizepräsident Kamm: Ich lasse ab s tim -m e n über die Drucksache 8857. Wer zustim­men will, den bitte ich um das Handzeichen. - Danke. Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - E i n -stimmig so beschlossen.

Es ist 21.00 Uhr! Ich wünsche Ihnen einen angeneh­men Abend.

(Schluß der Sitzung: 21 Uhr 01 Minute)

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Bayerischer Landtag · PLENARPROTOKOLL 9/116 v. 03. 03. 82 7677

Anlage 1

Interpellation

Betreff: Das Schulwesen In Bayern

1. Das gegliederte Schulwesen in Bayern

1. In welchem Umfange und mit welchem Kostenauf­wand wurde das gegliederte Schulwesen Bayerns ausgebaut?

2. Welche Maßnahmen zur inneren Ausgestaltung und Differenzierung des gegliederten Schulwe­sens wurden durchgeführt?

3. Welche Möglichkeiten der Durchlässigkeit beste­hen zwischen den verschiedenen Schularten? Welche soziologische Zusammensetzung hat die Schülerschaft an Hauptschulen, Realschulen, Gymnasien, Fachoberschulen und Berufsober­schulen?

4. Welche Maßnahmen sind ergriffen worden, um si­cherzustellen, daß Kinder und Jugendliche ent­sprechend ihrem Leistungsvermögen und ihrem Leistungswillen in die für sie richtige Schullauf­bahn gelenkt werden?

5. Welche Möglichkeiten bietet das gegliederte Schulwesen, um Kinder mit schulischen Schwie­rigkeiten individuell zu fördern?

6. Wie entwickelten sich die Zahlen der Schulab­schlüsse an Hauptschule, Realschule, Gymna­sium, Fachoberschule, Wirtschaftsschule, Berufs­aufbauschule und Berufsoberschule?

7. Welche weiteren Maßnahmen zur Gestaltung des gegliederten Schulwesens sind von der Bayeri­schen Staatsregierung für die nächste Zeit vorge­sehen?

II. Das gegliederte Schulwesen und die integrierte Gesamtschule

1. Kann di integrierte Gesamtschule in gleichem Maße a die individuellen Fähigkeiten und Nei­gungen ines Schülers eingehen wie das geglie­derte S ulwesen?

1

i

2. Welche Leistungen erreichen Schüler der inte­grierten Gesamtschulen im Vergleich zu Schülern des gegliederten Schulwesens?

3. Sind die von der Gesamtschule in Anspruch ge­nommenen Ziele - vor allem hinsichtlich mehr hö­herqualifizierender Abschlüsse, mehr Bildung für alle, mehr Durchlässigkeit, mehr Individualisierung des Lernens, mehr soziale Integration, mehr Chancengerechtigkeit - in sich widerspruchsfrei erreichbar und erreicht worden?

4. Inwieweit unterscheiden sich die bayerischen Schulversuche mit integrierten Gesamtschulen von integrierten Gesamtschulen in anderen Län­dern?

5. Werden das Elternrecht und der Elternwille im ge­gliederten Schulwesen und in der Gesamtschule unterschiedlich realisiert?

6. Wie sieht die Staatsregieri.mg das sogenannte „Sitzenbleiberproblem" im gegliederten Schulwe­sen und in der integrierten Gesamtschule?

7. Welche Auswirkungen hätte nach Ansicht der Bayerischen Staatsregierung die Einführung der integrierten Gesamtschule als sogenannte Ange­botsschule oder Antragsschule neben dem ge­gliederten Schulwesen auf die gegenwärtige Schulorganisation im ländlichen Raum und in Bal­lungsräumen?

8. Wie beurteilt die Staatsregierung die Möglichkeit, sogenannte „Mini-Gesamtschulen" mit höchstens 500 bis 600 Schülern zu errichten?

9. Welche Auswirkungen auf den bayerischen Staatshaushalt wären zu erwarten, wenn die Schulen des gegliederten Schulwesens personell und räumlich so ausgestattet werden würden wie die Schulversuche mit integrierten Gesamtschu­len?

10. Welche Auswirkungen hat nach Ansicht der Staatsregierung die Einführung der integrierten Gesamtschule in anderen Ländern auf die immer wieder zitierten Bemühungen um eine möglichst große Einheitlichkeit im Schulwesen der Bundes­republik Deutschland?

25. November 1981

Lang, Otto Meyer und Fraktion CSU

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DLP09/116

S. 1-G 7t

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7680 Bayerischer Landtag · PLENARPROTOKOLL 9/116 v. 03. 03. 82

Anlage 3

Fakultät für Mathematik und lnformatlk Der Technischen Universität München Der Dekan

2. März 1982 Herrn Dr. Thomas Goppel, MdL Bayerischer Landtag Maximilianeum 8000 München 85

Ihr Az.: KUL-82-B

Sehr geehrter Herr Dr. Goppel,

bezugnehmend auf unser kurzes Gespräch bei der Al-Kollegiaten-Diskussion und Ihr Schreiben vom 24. Februar (am 26. Februar bei mir eingelaufen) über­sende ich Ihnen einige Unterlagen, die vielleicht et­was helfen könnten.

Im 1. Absatz Ihres Schreibens muß es sich um ein Mißverständnis handeln: ·ich habe nach Ihnen das Wort ergriffen und dabei auf Ihre Worte Bezug ge­nommen. Heftig kritisiert habe ich im wesentlichen die Pseudowissenschaftlichkeit des Mathematikun­terrichts an unseren Gymnasien; Unterstufe, Mittel­stufe, Oberstufe eingeschlossen.

Unsere Forderungen an den Mathematikunterricht lassen sich kurz beschreiben:

1. Die Mengenlehre muß aus dem Mathematikunter­richt der Schulen verschwinden. Sh. dazu unser Schreiben vom 1974 an Herrn Staatssekretär Lauerbach. Von all den Kaisern (in „neuen" Klei­dern), die im lande umherreiten, ist die Mengen­lehre der Schule der nackteste.

2. Die Notationen und Bezeichnungsweisen im Ma­thematikunterricht sollen und müssen sich wieder an denjenigen der „alten" Unterrichtsbücher orien­tieren. Vergleichen Sie dazu die Anlage: Positive Beispiele:

Zwergar-Klug: Algebra Wildbrett: Höhere Mathematik II (1926!)

Ganz sc~lechtes Beispiel:

Die Büc~er Analysis 1 und Analysis II, derze~ Standar4mterrichtswerke in Bayern. Diese Bücher sind für ~ormal begabte Schüler völlig unverständ-lich. ·

3. Dem G~ometrie-Unterricht, insbesondere auch dem Zeiqhnen, ist breiterer Raum zu geben als bis­her.

4. Mathem kerem läutern. werke g werden; Hand.D gen lehr daktisch menschl lieh bed tentiell

ische Sachverhalte sind in weitaus stär­ße durch Bilder und Zeichnungen zu er­ls Vorbild können einige Mathematik­

nannt werden, die an US-Schulen benutzt eid~r habe ich gerade kein Exemplar zur r modische Trend, alles mit Hitte der Men­und formaler Logik darzustellen, ist di­r Unfug: Das Speicherungsvermögen des hen Gehirns für Bilder ist (wahrschein­gt durch die biologische Evolution) po­endlich. Dagegen ist das Speicherungs-

vermögen für Zeichenfolgen, Ziffernfolgen, usw. fast Null und muß erst mühsam erlernt werden.

Die „alten" Lehrer wußten das alles instinktiv!

5. Ein Abiturient muß im Fach Mathematik folgende Fähigkeiten aufweisen:

a) Flüssiges Buchstabenrechnen und Umgehen mit mathematischen Gleichungen;

b) Trigonometrie und trigonometrische Funktio­nen, Sinus, Cosinus und Tangens (geometrisch erklärt);

c) Kenntnisse in Geometrie, nicht in dem Umfang wie sie in den alten Schulbüchern gelehrt wurde, aber mehr als es heute üblich ist;

d) Kenntnis einfacher Funktionen, der einfache klassische Funktionsbegriff genügt völlig! Mehr als Sinus-, Cosinus-, Exponential-, Logarithmus und Polynom-Funktionen braucht der Abiturient nicht zu können. Alle Funktionen, die in der Schule behandelt werden, sind differenzierbar!

e) Differenzieren und Integrieren von Funktionen -alles an praktischen B e i s p i e 1 e n und Zeich­nungen erläutert.

Mit diesem Programm ist ein normal begabter Schü­ler bis an den Rand seiner geistigen Aufnahmefähig­keit ausgefüllt. Mehr zu fordern heißt nur, am Ende weniger herauszubekommen.

Leider muß auch der Ausbildungsplan für die Mathe­matiklehrer kritisiert werden; er ist viel zu sehr an theoretischer Mathematik orientiert. Das aber ist nicht allein Schuld der Universitäten, sondern zum großen Teil durch Anordnungen des Kultusministe­riums festgelegt. Unsere Vorschläge, mehr praktisch orientierte Mathematik in den Plan aufzunehmen, sind wiederholt abgeschmettert worden.

Als Vorbild kann hier die Schweiz dienen:

Dort gibt es nur den Studiengang Mathematik-Di­plom, der überwiegend an praktischer Mathematik orientiert ist. Nach bestandener Diplomprüfung kön­nen die Kandidaten entweder als Industrie-Mathema­tiker in die Industrie gehen, oder sie studieren noch ein weiteres Jahr für das Mathematik-Lehramt an Gymnasien. In diesem Jahr werden vorwiegend di­daktische und pädagogische Fächer gehört.

Damit sind gleichzeitig zwei Probleme gelöst: es gibt keinen Überhang an stellungslosen Mathematik-Leh­rern, und man kann sich für das weitere Studium die geeigneten Leute für das Gymnasium heraussuchen.

Unsere Lehramt-Kandidaten werden dagegen wegen ihrer zu theoretischen Ausbildung von der Industrie heute abgelehnt.

Da dieses Schreiben so rasch wie möglich in Ihre Hände gelangen soll, kann ich leider nicht auf Einzel­heiten eingehen. Ich hoffe aber, daß ich Ihnen wenig­stens etwas nützlich sein konnte.

Mit freundlichen Grüßen Ihr

Prof. Dr. R. Bulirsch

Dekan der Fakultät für Mathematik und Informatik

der Technischen Universität München

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Bayerischer Landtag . PLENARPROTOKOLL 9/116 V. 03. 03. 82 7681

Anlage 4

Freising, 25. Februar 1982

Sehr geehrter Herr Dr. Goppel,

vielen Dank für Ihre rasche Reaktion auf das Problem, über dessen Brisanz wir uns trotz sonstiger Mei­nungsverschiedenheiten wohl einig sind. Den leisen Vorwurf, der in Ihrer Aussage liegt, ich habe „erst­mals" meine Bereitschaft zu konkreten Vorschlägen erklärt, kann ich allerdings nicht akzeptieren, denn dies ist die erste Gelegenheit, wo ich das hätte tun können. Um gleich unsere Meinungsdivergenzen ab­zustecken: Sie sagen, die Kollegstufe könne nicht schuld sein, daß den Abiturienten sämtliche Grundla­gen fehlen, denn dieses Manko stamme aus Grund­und Mittelstufe. Ich sage: Selbst wenn Grund- und Mittelstufe versagt haben, was ich gar nicht leugne, hat die Kollegstufe dies zu erkennen und zu beseiti­gen, statt auf völlig hohlem Grund irgendwelche Luft­schlösser zu bauen, nur weil es im Lehrplan steht. Wenn ich bei meinen 700 Studenten nach wenigen Vorlesungs- und Übungsstunden ziemlich genau von den meisten sagen kann, ob sie was können oder nicht, sollte das doch für einen Lehrer mit 12 oder 20 Kursteilnehmern auch möglich sein. Von uns verlangt man dann, daß wir an der Uni beim ABC wieder anfan­gen, und wir tun das auch in Nachführkursen von morgens bis abends (ich mache ca. 24 Wochenstun­den, die natürlich nirgends in meinem „Lehrdeputat" erscheinen). Ist es nicht ein Absurdum: Die Schule stapelt pseudouniversitär hoch, die Uni steigt auf das Niveau der 8.-10. Klasse ab!

Sie wünschen Vorschläge für Lehrplan-Entlastung. Um diese zu erarbeiten, muß ich die Lehrpläne (spe­ziell die bayerischen; ich habe mich kürzlich mit de­nen für mehrere andere Bundesländer beschäftigen müssen und bringe natürlich alles durcheinander) nochmal gr[fldlich durchstudieren, was ich übers Wochenendei tun werde, zusammen mit Kollegen. Vorab schic~· ich Ihnen eine Liste der Dinge, die im Lehrplan off nbar gar nicht oder unzulänglich be­handelt wer n, wie daraus hervorgeht, daß die Ab­iturienten si nicht beherrschen, obwohl sie für ihr Studium gru legend sind. Ich habe hier die Grund­anforderung eines Studiums aus dem naturwissen­schaftlich-te nischen Bereich im Auge und zähle nur solche nge auf, die unabhängig vom Spezial­fach dafür fu damental sind. Bei jedem Punkt, soweit tunlich, füge h einen durchaus typischen Vorfall aus meiner Praxi bei, der belegt, daß hier tatsächlich bei unseren Sch abgängern absolute Finsternis besteht. Ich gebe auc nicht nur das Thema an, sondern auch den didaktis en Stil, in dem dies behandelt werden müßte, damit s einer versteht.

Ich gebe hie also keine explizite Liste von Kürzun­gen, sondern stelle zusammen, welche Dinge offen­bar gar nich oder unzulänglich behandelt werden, obwohl sie fü das Studium unabdingbar sind.

Konstruktive Vorschläge

Mathematik

Ähnliche Dreiecke sollten unter diesem anschauli­chen Namen behandelt werden und nicht als Strah­lensatz oder Satz des Thales, was nachweislich die wenigsten verstehen.

Winkel im Bogenmaß, unentbehrliches Werkzeug von der Mechanik bis zur geometrischen Optik; nach Testergebnissen nur von ~ Prozent der Abiturien­ten beherrscht, obwohl die heute übliche Definition der Winkelfunktionen im Einheitskreis einem das Bo­genmaß geradezu aufdrängt.

Im Zusammenhang damit Kenntnis der Winkelfunktio­nen äußerst lückenhaft. Nur 65 Prozent können aus einem gezeichneten rechtw. Dreieck mit bezeichne­ten Seiten und Winkeln ablesen, welches Seitenver­hältnis z.B. der Sinus eines Winkels ist. Ganz schlimm wird es beim Umdrehen dieser Relation, z. B. um die Komponenten eines Vektors gegebenen Be­trages und gegebenen Richtungswinkels zu bestim­men. Das dauert bei fast allen so lange, daß ein ver­nünftiger Unterricht in jedem technischen Fach, wo solche Operationen bis zu hundertmal pro Stunde ge­macht werden müssen, völlig unmöglich ist.

Steigung einer Geraden ablesen: Diese Grundopera­tion der analytischen Geometrie, der Analysis und je­der praktischen Auswertetechnik beherrschen nur 4 Prozent meiner 800 Studienanfänger! Beweis: Ergeb­nisse der letzten drei Mathe-Tests, wo nichts weiter verlangt wurde, als die Steigung einer gezeichneten Geraden einschließlich Vorzeichen und Einheiten ab­zulesen. Entwickeltere Auswertemethoden wie ein­fach- oder doppeltlog-Auftragung, wie sie jeder Stu­dent im Physik-Praktikum etwa 10mal ausführen muß, sind daher '/,Jahr später im Vordiplom so völlig „ver­gessen", daß von 257 Befragten z.B. im Frühjahr 81 nur einer ( !) einigermaßen vollständig eine doppelt­log-Gerade auswerten konnte.

Ursächlich damit zusammenhängend verstehen 70-80 Prozent der Studienanfänger nicht, was eine Ableitung ist. Mathe-Leistungskurs schützt nicht da­vor. Beweis: Scheitern der Kandidaten bei jeder Auf­gabe, wo Ableitungen gezeichneter Kurven abzule­sen oder zu diskutieren sind; völlige Unklarheit über Begriffe wie Geschwindigkeit oder Beschleunigung; eine Leistungskurs-Absolventin konnte nach 6 Seme­stern an einer gezeichneten cp (!)-Kurve (cp: Magnet­fluß) mit zahlreichen Extrema nicht angeben, an wel­chen Stellen die induzierte Spannung 0 ist, obwohl sie das Induktionsgesetz (wenn auch falsch) zitieren konnte. Die meisten verstehen unter Ableiten: Hin­schreiben 3 x', wenn x' gegeben ist. Daß die Ablei­tung auch einen anschaulichen Sinn hat und daß man nur damit was anfangen kann, ist ihnen entgangen. Dasselbe gilt für das Integral. Die Schule sollte sich grundsätzlich auf die Anschauung stützen!

Behandlung elementarer Funktionen in der Schule völlig unzureichend, zumindest am Lehrerfolg gemes­sen. Beispiel: Im Zusammenhang mit dem Gravita­tionspotential taucht 1 /r in meiner Vorlesung auf. Ich konstruiere diese Funktion aus einer Wertetabelle

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und trage die Werte in ein Koordinatenkreuz ein. Zwi­schenruf: „Und warum malen Sie eine e-Funktion?" Meine Antwort, kurz vor dem Umfallen: „Es ist nicht alles e, was krumm ist." - Wir ringen, allein in der Physik, 4 Vorlesungs- und 6--8 Übungsstunden, dazu in vier Praktikumsversuchen um ein primitives Ver­ständnis der e-Funktion, meist erfolglos. Sinus- und Cosinus-Verlauf sind i. a. einigermaßen bekannt; aber was im Anwendungsfall da aufgetragen sein könnte, ist völlig nebelhaft. Auch in der Elektrotechnik (4. Sem.) ist bei einem einfachen technischen Wech­selspannungs-Zeitdiagramm meist die Phasenver­schiebung nach rechts aufgetragen. Der Unterschied zwischen Zeit und Winkel rot ist meist völlig dunkel. Kaum jemand versteht, warum der cos die Ableitung des sin ist, kein Wunder bei den im Lehrplan oder in fast allen Büchern angebotenen Beweisen dieser Tat­sache (aus den Additionstheoremen). Dabe( drängt sich doch im Einheitskreis das blitzanschauliche Dreieckchen geradezu auf, aus dem man dies herrlich ablesen kann! Warum macht das niemand?

Der Grenzwertbegriff, der heute in der Schule so be­tont wird (überbetont, möchte ich sagen, denn Euler hat alles ohne die strenge Cauchy-Logik gekonnt, an­schaulich nämlich, wie es sich psychologisch für den Anfänger gehort) - der Grenzwertbegriff geht offen­bar total über die Köpfe der Schüler weg. Nach aller Epsilontik sind sie hilflos, wenn man fragt, wo 1 /x für x gegen 0 hingeht. Übliche Antwort: „Unser Lehrer hat gesagt, durch 0 darf man nicht dividieren."

Alle praktischen Anwendungen der Mathematik, au­ßer vielleicht der Statistik, die aber im Leistungskurs auch wieder überspannt wird, kommen viel zu kurz. Diagramme lesen oder gar entwerfen können die we­nigsten. Selbst das Aufsuchen von Werten auf mm­Papier dauert im Praktikum untragbar lange. Manuell geübt wird anscheinend viel zu wenig. Verlangt man: „Damit Sie diese wichtige Funktion in den Griff be­kommen, zeichnen Sie sie selber auf. Ich habe Ihnen ja gezeigt, wie: Wertetabelle ausrechnen, Werte ins Achsenkreui einzeichnen" - starren einen die mei­sten trübe all, kaum einer rührt einen Finger.

Umgang mit Taschenrechnern: Was über die vier Spezies him!usgeht, ist größtenteils unbekannt. Zah­len mit großi3n +- oder - -Exponenten werden ent­weder durct1 Nullen-Abzählen oder als 3 x 10 x y' ein­getippt. Vor allem fehlt trotz der gewaltigen Taschen­buch-Literatµr über „Spaß mit dem Rechner" jeder Antrieb, ma mit dem teuren Ding zu spielen. In die Übung brin en die meisten ihren Rechner gar nicht mit, trotz s diger Aufforderungen meinerseits. Sie lassen sich ur berieseln. Antwort auf diesbez. Vor­wurf: „Das aben wir in der Schule andressiert be­kommen."

Rechenpr schlecht, Buchstabe träglich lan mitiven Vorl Leute müs Einfache p nicht nur

s ohne Taschenrechner ebenso wohl Zahlenrechnen als elementare

Algebra. Jede Operation dauert uner-' was die Mitarbeit in jeder noch so pri- · sung von vornherein ausschließt. Solche n alles glauben, was man ihnen erzählt. ktische Rechentricks sind unbekannt, unerprobe oder Tricks, die auf (a + b) 2

usw. beruhen, sondern natürlich auch jede Nähe­rungstechnik, die auf dem binomischen Satz beruht, wie auch dieser selbst, von Reihenentwicklungen ganz zu schweigen. Daher auch totales Unvermögen, Größenordnungen oder sinnvolle Genauigkeiten ab­zuschätzen. Sieben Stellen sind für die meisten im­mer besser als drei; sie schreiben alles kritiklos hin, was der Rechner ausspuckt. Ob sie den folgenden Witz verstehen, ist fraglich: Der Wärter im naturhisto­rischen Museum erklärt, dieses Dinosaurierskelett sei 200000003 Jahre alt. Woher er das so genau wisse, fragt ein Besucher. „Da war ein Experte hier, der hat festgestellt, daß es 200000000 Jahre alt ist. Und das war vor drei Jahren."

Daß die mengentheoretische Strenge (le Bourba­kisme, sagen die Franzosen, die auch davon abge­hen) weit übertrieben wird, hat sich inzwischen her­umgesprochen. Am Erfolg gemessen: Hengengeblie­ben ist nichts. Versucht man die komplexen Zahlen an den algebraischen Formalismus der IN und 1 R an­zuschließen, von Körpern und Ringen ganz zu schweigen, triffi man auf noch blankeres Unverständ­nis als früher. Damals durf1e man wenigstens an­schaulich zeigen, wie sich die Zahlengerade allmäh­lich füllt und warum das nötig ist, bis zum Paradoxon der „Überall-Dichte" der Rationalzahlen, und dem Py­thagoräer, den die Götter ersaufen ließen, weil er die Irrationalität von v'2 entdeckt hatte.

Jeder lng.-Student sollte Volumen und Oberfläche von Kugel und Zylinder am Schnürchen haben, sonst kapiert er nichts. Unsere scheitern schon an Fläche und Umfang des Kreises. Sinnloses Raten. Dabei lege ich auf 411/3 wirklich den geringsten Wert. Aber nicht einmal die r-Potenz stimmt. Das zeigt den Man­gel an jeder Spur von funktionellem Denken. Wieviel schwerer ist eine Stahlkugel von 2 cm Durchmesser als eine von 1 cm Durchmesser? Oder gar: Wenn Sie 2 m von einer Glühlampe ohne Reflektor weggehen, wieviel heller ist es dann als in 4 m Entfernung? Etwa 40 Prozent richtige Antworten nach unvertretbar lan­ger Brutzeit. Daß man mit Proportionalitäten wunder­bar. rechnen kann, indem man den ganzen Konstan­tenballast wegschmeißt, mache ich ihnen Tag und Nacht vor; sie wollen oder können es nicht einsehen. Ein Draht von 1 mm Durchmesser und 10 m Länge hat 1 0 Widerstand. Wieviel hat ein Draht aus glei­chem Material, aber 0,5 mm Durchmesser und 10 m Länge? „Da muß ich doch Q wissen, damit ich in R~o 1/nr' einsetzen kann!"

Die Vektoren sind in der Schule meist völlig ungenieß­bar. Manche Lehrer, die ich kenne, verbieten aus­drücklich, daß man sich was drunter vorstellt. Ab­straktes Jonglieren mit sinnleeren Sätzen, aus ebenso sinnleeren Axiomen gewonnen, ersetzt die bildhafte Anschauung von diesen technisch so wich­tigen Größen. Sicher kann man auch den Hilbert­Raum exerzieren, aber bitte so, daß sich der Mensch was drunter vorstellen kann!

Allgemein: Es ist völlig unpsychologisch, von Kindern die Freude an abstrakten Konstruktionen zu erwar­ten. Der Genuß an der rein formalen Schönheit einer Struktur kommt nur bei ganz wenigen Studenten, bei

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mir so um das Vordiplom, bei den meisten nie. Den Schüler interessiert an der Mathematik nur die hand­feste Anwendbarkeit, mit Recht. Exkurse in reine Ma­thematik würde ich nur an wenigen Stellen wagen, z.B. über einige zahlentheoretische Sachen (das ist reine Detektivarbeit an scheinbar wohlbekannten Ob­jekten). über Primzahlen, über ,,reale" Objekte wie n oder e. Sonst sollte man den mathematischen Stoff immer von der Anwendung her entwickeln: e-Funk­tion und log z.B. von der Barometerformel, dem Ab­sorptionsgesetz - wie herrlich kann man das messen und rechnen -, die Kegelschnitte von der Optik oder, schwieriger, der Gravitation her, Elementargeo­metrie und Trigonometrie von ihrer Quelle, der Geo­graphie her (wie wahnsinnig interessant, auch kultur­historisch, ist schon die nautische Ortsbestimmung). Das ist wohlbegründetes denkökonomisches Mini­malprinzip: Bevor ich irgendeine allgemeine Theorie lerne, will ich wissen, was ich damit anfangen kann.

Physik

Vieles, was an Grundlagen fehlt, steht schon unter „Mathematik". Wenn die dort genannten Dinge sicher beherrscht würden, könnten wir arbeiten. Wenn die Studenten haufenweise scheitern, nachdem sie jeder 50000,- DM pro Studienjahr gekostet hat (ist das un­gefähr richtig?). dann liegt es zum großen Teil an der Mathematik.

Wer nieht weiß, was eine Ableitung ist, kann auch Grundbegriffe wie Geschwindigkeit und Beschleuni­gung nicht verstehen. Nicht umsonst hat Newton bei­des erfunden. In einem halben Semester bringe ich die Studenten nur zur knappen Hälfte bis zum Ver­ständnis und zum Anwendenkönnen von Newtons lex secunda: Kraft ist Masse mal Beschleunigung. Ge­stern kamen drei zu mir, die Physik im April wiederho­len müssen, also drei Semester auf dem Buckel ha­ben oder mehr. Sie kamen mit dem Problem nicht weiter, wie weit das Wasser aus waagerecht gehalte­nem Schlauch spritzt, wenn die Mündungsgeschwin­digkeit gegeben und der Luftwiderstand vernachläs­sigt ist. In zwei Stunden Arbeit erreichten wir das Ziel nicht (ich weigere mich, weiterzugehen, wenn sie was nicht kapiert haben). Völlig unvertraut waren ihnen: Komponenterl!'.erlegung der Geschw., Unabhängig­keit von Hor· ontal- und Vertikalbewegung, Folge­rung, daß Vx k nstant bleibt, weil keine Kraft in dieser Richtung wirk , Änderung von Vy, Rolle von g, das sie nur rein mec nisch hinschreiben. Sie waren unfähig zu formuliere , wieviel Geld sie nach t Tagen haben, wenn sie tägl h a DM verdienen und nichts ausge­ben.

i

Ganz allgemei beschränkt sich die Arbeitsweise der meisten vor k nkreten Aufgaben darauf, in der For­melsammlung irgendeine Formel zu suchen, die die gegebenen u die gesuchten Größen buchstaben­mäßig vereint, und darin die gegebenen einzusetzen. Beispiel: Wie chnell strömt die Luft aus einem 30 m hohen Kamin, enn sie drinnen 50 °C, draußen 10 °C warm ist (dies war zerlegt in 7-a Zwischenfragen, die Schritt für Sc ritt über Dichte- und Druckverhältnis zum Ergebnis führen sollten). Häufige Antwort: v = y'2 g h, denn d rin kommt v vor und auch h = 30 m.

Dieser Einsetzstumpfsinn ist, wie die Studenten selbst immer behaupten. das einzige, was ihre Lehrer ihnen beigebracht haben (ich selbst habe solche Idio­ten von Paukern noch nicht kennengelernt, habe aber gerade ablehnen müssen, eine Aufgabensammlung für einen renommierten Schulbuchverlag zu schrei­ben, weil „auch Einsetzaufgaben drin sein müssen"). Um dem Blödsinn vorzubeugen, stelle ich nur noch Aufgaben über Dinge, die jeder bei sich hat oder ge­nau kennt: den menschlichen Körper, Bleistifte, Mün­zen, Nägel, Wasser, Bier. Wenn es dann z.B. erfor­derlich wird, Höhe oder Fläche einer Tür zu schätzen, erklären sich die Leute für geschockt: Das könnten sie nicht. 1 1 Wasser wiegt meist 1000 kg, Luft ist sage und schreibe oft schwerer als Wasser. Begrün­dung: Luft hat 1,2935 (solchen Mist wissen sie auf 5 Stellen genau). Wasser nur 1,0000.

Falls wir weiterhin mit dieser unglaublichen Heteroge­nität der Eingangskenntnisse leben müssen - die ei­nen haben Relativität im Leistungskurs gemacht, al­lerdings meist, ohne die Newtonsche Mechanik ka­piert zu haben, so daß sie über Einstein und Minkow­ski nur schwätzen können; die anderen behaupten steif und fest. sie hätten „nie Physik gehabt" - so­lange das so ist, ist es mir ganz egal, was die angeb­lich wenigen in Physik auf der Schule machen. Wir können aber nur mit ihnen arbeiten, wenn sie wenig­stens etwas Mathematik können, denn da können wir Physiker nicht auch noch beim ABC anfangen, wenn wir es in der Physik schon müssen.

Sollte man aber endlich wieder einen verbindlichen Grundkanon in Physik einführen, dann gehört m. E. dazu mindestens folgendes, das eingehämmert wer­den muß, bis es völlig klar ist und auch nachts um drei nach 4 1 Bier noch beherrscht wird:

Weg, Geschwindigkeit, Beschleunigung gleichungs­mäßig und graphisch (graph. Fahrpläne).

Kraft und Beschleunigung mit zahllosen Anwendun­gen.

Kreisbewegung und Schwingung, Zusammenhang zwischen beiden.

Energie- und Impulsbegriff mit soviel Anwendungen wie möglich (man kann das nach Falk-Ruppel unter Elimination des Kraftbegriffs machen, ich fände das aber nicht sehr gut).

Reibungsmechanismen: Coulomb, Stokes, Newton mit vielen Anwendungen.

Drehmoment, Drehimpuls, Trägheitsmoment.

Festigkeitslehre auf Grund des Hooke-Gesetzes.

Hydrostatischer Druck und seine Folgen (Flüssigkei­ten und Gase).

Etwas über Viskosität (nicht nur Hagen-Poiseuille).

Elemente der Strömungslehre, besonders Bernoulli (kann an die Newton-ReibcJng angeknüpft werden).

Gedämpfte und erzwungene Schwingungen.

Überlagerung von Schwingungen: Möglichst Zeiger­diagramme; etwas Fourier.

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Wellen sehr ausführlich. Die ganze Optik (geome­trisch und Interferenz, auch Dispersion, Spektren usw. kann man da anknüpfen.

Wärme als Molekülbewegung, daraus kinet. Theorie, Wärmekraftmaschinen usw.

Elementare Statistik bis Boltzmann-Verteilung; Hin­weis auf die Legionen von Anwendungen aus Physik, Chemie, Biologie.

Wärmeleitung, nicht nur ebenes lineares Problem (Analogie mit Grav. und el. Feld, Diffusion, Strömung usw.).

Wärmestrahlung; mittels Boltzmann ist auch Planck und Stefan-B. machbar.

Phasenübergänge und chem. Reaktionen auf Grund von Boltzmann. Elektrisches Feld und Ladung.

Gleichstromtechnik. Etwas Elektrochemie. Strom und Magnetfeld. Magnetische Materialien. Wechselstromtechnik. El.-magn. Wellen.

Freie Elektronen und Ionen (Erzeugung, Ablenkung durch Felder, Gasentladungen, aber bitte nicht nur Townsend, sondern Leuchtstoffröhre, Plasmen, et­was Röhrentechnik seligen Angedenkens).

Atomspektren mit viel Bohr. Röntgenlicht. Perioden­system. Kerne: Rutherford, Kernkräfte, Isotope, Kernenergie, Radioaktivität, nicht zuviel Elementar­teilchen und Quarks. Höhere Weisheiten wie Relativi­tät und Quanten erst wenn die klassische Physik si­cher sitzt!

Ich schicke mein Skriptum mit, das nur z. T. durch die Weihenstephaner Anwendungen geprägt ist (diese kommen meist in den Übungen zur Geltung, die ich auch beilege).

Ch.emie

Hier gilt Ähnliches wie für die Physik: Die Leute ha­ben zwar mal die Formel für Aspirin gekonnt, jetzt kennen selb~t die Brauer nicht mehr das Ethanol. Sie wissen (vorljbergehend) genau, wie herum jedes C­Atom in der ;Glucose dreht, aber die Summenformel der Glucose! ist unbekannt. Sie können weder die Bruttoformell für Gärung, Atmung noch Photosyn­these schre!Den oder gar anwenden, aber wissen (zeitweise) ~enau, wie viele CH, der Phytolrest im Chlorophyll ~at und wie viele Stufen der Zitronensäu-rezyklus. :

Chemisches Grundrechnen ist unbekannt, nicht nur Massenwirk ngsgesetz oder gar Reaktionsraten, sondern sc on Umrechnung von Konzentrationen (ohne oder it pH).

„Gehen Sie bitte zum Wasserhahn und bringen Sie mir ein mal asser. Was für ein Gefäß brauchen Sie dazu? Hohle Hand, Bierglas, Eimer?" Die Hälfte unse­rer Vordiplo kandidaten sctieitert. „Wieviel mal Alko­hol sind in "ner Maß Bier?" Dito. Sehr häufige Ant­wort: „Ein A om Wasserstoff wiegt 1 Gramm; - ja, hat

unser Lehrer gesagt." Die Aufforderung, mir solche Riesenbrocken Atome mal zu zeigen, wird erst gar nicht verstanden, denn das Unerfindlichste für unsere „Studenten" ist immer, daß diese Weisheiten mit der Wirklichkeit auch was zu tun haben sollen.

Ich füge zum Beleg noch einige typische, wörtlich selbsterlebte Szenen bei, die alles Nötige zeigen.

Allgemeines

Meine Thesen sind und bleiben bis zum Beweis des Gegenteils: Unsere Studenten haben fast nichts Ge­scheites auf der Schule gelernt. Beweise s. oben.

Die Abiturnoten entbehren jeder Aussagekraft. Be­weise: Unsere Gärtner haben einen N.C. von 1,7. 80 von ihnen sollten in der letzten Prüfung sagen, warum ein Stahlkessel zusammenbricht, wenn man ihn mit heißem Wasserdampf spült, aber dann sofort alle Ventile schließt, wie kürzlich in Weihenstephan geschehen. Hilfsfrage: Ist Wasserdampf von 100°C leichter oder schwerer als Luft von 20 °C? Dasselbe für Wasserdampf von 20 °C. Sichtlich empörte Ant­wort von 59 unter den 80 Kandidaten mit 1,7-Abitur, die inzwischen 3 Vorlesungsstunden und einen Prak­tikumsversuch über Luftfeuchte absolviert hatten: „Es gibt keinen Wasserdampf von 20 °c, denn Was­ser kocht erst bei 100 °C". Wenn jemand sagt, Physik sei zu schwer für Gartenbauingenieure: Landespfle­ger brauchen sogar 1,5 vom Abitur her. Sie sollen ja wohl später unser bißchen übriggebliebene Natur be­wahren. Botanikprüfung: Fünf saubere Strichzeich­nungen von Gänseblümchen, Buschwindröschen, Erbse, Heckenrose, einem Gras (mit Blüten und z. T. Früchten, z.B. eine Erbsenschote oder, wie die Bota­niker wollen, Hülse, hing sichtbar dran). Aufgabe: Die Familie angeben, zu der sie gehören. Offenbar ist es einfacher, Gräser oder Gramineen hinzuschreiben als den Wiesenfuchsschwanz zu erkennen. Ergebnis: Nur etwa 60 Prozent richtige Antworten nach minde­stens 2 Semestern Systematikstudium, Bestim­mungsübungen usw.

Ich sage immer zu meinen Studenten: So blöd wie ihr euch anstellt kann gar keiner sein. Also wo ist der Wurm? Ja, wo ist er?

Es ist ein Blödsinn, alle zur Oberschule oder zum Stu­dium zu jagen. Motivation ist wichtiger als Grips, denn soviel Grips hat jeder, um das bißchen Zeug zu kapieren. Das Schlimme ist, daß es den meisten ums Kapieren gar nicht geht, sondern nur ums möglichst anstrengungsfreie Erschleichen des Bezugsscheins für ein gehobenes Gehalt durch stupides Auswendig­lernen, verbunden mit profunder Kenntnis einschlägi­ger Gesetze und Verordnungen. „Cleverness", nannte jemand diese ekelhafte Mentalität. „Ihre Lehr­methode ist die einzig richtige, aber-", sagte mir neu­lich ein Student, nicht mal der Dümmste. „Aber?" „ ... aber müssen Sie das auf 4J1Serem Rücken austo­ben? In der Schule sind wir auf die Regenwurmtech­nik trainiert worden: drei Stunden fressen, eine Stunde scheißen, etc. In fast allen anderen Fächern in Weihenstephan geht es genauso. Anders kommt man da gar nicht durch. Und Sie kommen und verlangen Verständnis! Wie sollen wir denn da noch existieren?"

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Die Schulabgänger haben keine Ahnung, was im Be­ruf auf sie zukommen wird. Viele kommen hierher zur Landwirtschaft in der Hoffnung, reiten zu lernen. Of­fenbar versagt die Berufsberatung in der Schule und anderswo vollkommen. Von Konkretheit oder Fach­relevanz haben sie seltsame Vorstellungen. Hatte ich doch neulich zu fragen gewagt, warum sich auf Stall­milch viel schneller Rahm bildet als auf Ladenmilch. Das sei völlig irrelevant, belehrte mich eine ange­hende Agraringenieuse, denn „die Milch hört auf, den Landwirt zu interessieren, sobald sie die Kuhstalltür verläßt". Und ein anderer knospender Dipl.-Ing. agr. beschwerte sich bitter, ich habe gefragt, wie das au­stralische Tallegallahuhn es macht, seine Eier im Hu­mushaufen durch Fäulniswärme ausbrüten zu lassen - obwohl doch dieses Huhn „in der mitteleuro­päischen Landwirtschaft keine Rolle spielt". '/, Jahr vorher hatte ich übrigens dieselbe Idee auf die Selbstentzündung von Heuhaufen anwenden lassen.

Ob der offenbar defiziente IQ solcher Leute angebo­ren oder eingetrichtert ist, spielt nur eine theoreti­sche Rolle. Ihre Anwesenheit auf einer Hochschule ist jedenfalls ein Skandal. Je länger ich hier bin, desto mehr werde ich zum Elite-Apostel. früher war ich das Gegenteil, aber selbst Don Quijote kann sich gewis­sen Tatsachen auf die Dauer nicht verschließen.

Meine Vorschläge: Macht die Schule wieder zur Schule, damit die Uni wieder Uni werden kann. Die Schule bringe die Grundlagen und nichts weiter, aber gründlich, bis zur absoluten Fertigkeit, damit die Uni auf etwas aufbauen kann. Der Mensch ist nicht immer edel, hilfreich und gut, die meisten sind nur „clever". Daher Schluß mit dem Abwählen studienwichtiger Fä­cher. Oder zieht die Konsequenz: Erlaubt der Uni, sich ihre Studenten nach Quantität und vor allem Qualität selbst zu selektieren. Wenn wir so weiterma­chen mit nachweislich 10-20 Prozent Substanzverlust jährlich, sind wir sehr bald ein geistiges Entwick­lungsland.

Man nimmt es mir merkwürdigerweise immer wieder übel, wenn ich die Dinge beim Namen nenne. Aber „s'engager, c'est s'enrager, et non pas s'arranger". Arrangieren werde ich mich nie. Ich stehe jedem Poli­tiker zur Verfügung, der sich engagiert, um die Aus­bildung unserer Jugend zu verbessern. Das sich En­ragieren ist dabei kaum ganz zu vermeiden, wenn man Tag und Nacht mit der gegenwärtigen Misere zu kämpfen hat.

Ich hoffe, wir bleiben im Gespräch. Mit freundlichen Grüßen

Ihr Prof. Dr. Helmut Vogel

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4) Do dar Uot1rrlcht11lne1t1 tlor lilhr11!111värt1r lo 1u11thto1dt1 l!eB1 rliu1t1rt vlrd, „et1 bei dtr Btrechavng dtr Zohl dir h1vp!11tlfch1n u1d hauptb1rufllch1n lohror tb Sch1lJ1hr 1mne dtr von hvlrt1rn •rt•flto Unterricht 11f V11l11ttl•hrorfl111 11g1rech11t •erden. Bh zva Schullahr 1976n7 sind dagegen dto 1tt 24 Vech11st11dtn ,,..,.„ 11tzt10 llflra1t11nvirttr 111 vollbt1cblftlgt1 Lehrer ttzlhlt. U1 d11 Vor! von 1977 •lt d11 Vtrl voo 1!176 v111l1ic~1n •• kön•e•, fit für 1976 dlt lohrorzthl ntchrlchtltch 11ch 11ch n111r Ab1ro111ng 1usg11f111n, d.h. btl U1roch•••1 dtr Lilhro1tsanvlrt1r 11f Y1ll11ttllflrorflll1.

5) Dlt Zohl der Lilhror in1g1111t tothllt dto h1upt11tlich11 1nd h1•plb1roflfch1n Lehrer ttlllB F18nat1 31 u1d ~) sowie n1b1n1atllch1, n1b1nbtruflfch1 1nd lltbrarbtlt l1t1t11tlo Lohror 11d R1lt1t11sllflror, dlt 1ot1r B1rDck1ichtl1ung dar v11 Ihnen 1rt1ilt11 Voch1n1t1ndan euf Voll11ftl1hr1rfill1 u111rochnot sind.

6) Für dlt 81rochn1•1 oltr f1hl1ndtn Zahl11 liegt ht1rolch1ad d1t1tllf1rt11 Z1hl1n11!1r1al alcht var.

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Tab. B: V1rhiltntaz1hl1n

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Nach n1u1r Abgronzwng: 2 1976 1,1) 0,97 1,)2 1,19 1,02 1,)9 28,1 )2,2 2,,5 26,7 30,5 2),2 1m )0,2 29,7 )0,8 1, 16 1,00 1,35 1,22 1,05 1,,2 26,1 29,8 22,9 2,,8 28,) 21,7 1978 29,2 28,6 29,9 1,17 0,99 1,)8 1,2) 1,ll' 1,'6 2,,9 28,8 21,6 2),7 27,, 20,5 1979 28, 1 27,, 28,8 1,19 1,0) 1,36 1,,25 1,08 1,,) 2),6 26,5 21, 1 22,5 25,) 20,1 1980 26,7 26,1 27,5 1,1' 0,99 1,31 1,26 1,09 1,,5 23,5 26,5 20,9 21,2 2),9 19,0

0.1111: B1y1rtsch11 St1tt1ttsch11 lalld1111t

1) Oie Zohl der h11pta1tltch1n vod hawptborofltchtn lohror onthllt dto P1rsonenz1hl der h11pta1tltch1n vnd hauptb1rulltch1n Vollz1ttl1hror 11ul1 dto ht1it11tllch1n und h1uptb1rvl­llch1n T1llz1ttj•hror, dto ab 1970 11t1prtch1ll4 der••• thn11 1rl1tlt11 Voch111t111d10 a1I Yollz1ttlohrorfill1 1og1rochn1t slod, und dls loh,..1t1sftllrl1r und Fachl1hr1ra1vlrt1r ( 191, Fv8not1 2 ), .

2) 01 der Uot1rrtcht11tn1atz dir l1hrool1anwirt1r In zunoh11nd11 lla81 rodoztort wird, ou8t1 bat dir Borochnung dsr Zahl der hawptaoll!chen und hauptberuflichen lehror ab Schuljohr 1m/78 der von Anwlrtora 1rt1tlt1 Unterricht oul Vollziftllhrar t1g1rachnat 11rden, 811 z11 Schwljahr 1976/77 alnd dag1g11 dto •lt 2' Voch1n1tund•n otng1s1tzt1n L1hraot1anvlrt1r 111 vollb11chlfttgt1 llhror g111hlt. 1111 dto V1rt1 111 1m 1tt d11 Vorton ••• 1976 ••11l1tch1n zw könnoo, sind dto V1rhlltnt111hllft für 1976 nachrichtlich euch nach n1u1r Abgrt11-zwog 191g11l1111, d.h, bof lltlroch1Un9 darlohra1t11ftllrt1r 111 Voll11ltl1hrerflll1.

3) Dto Zohl der lohror l1191111t enthält die •11pl10tltch10 I04 h1aptb1ralllch1• lohrar genlB FuBnot1 1) und 21 sovlt ftlb1n11tltch1, 01bonb1nilltch1 und "•hrorbof t 11l1t1nd1 L1hr1r und R1ligtonsl1hror, dto uotor Blriickatchtiguno dor ••• thoon 1rt1llt11 Vochenstundtn 111 Vollz1ttlohrorf~ll1 a191rochn1t atnd,

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1955 35,8 1,47 1,73 24,4 20,7 1960 31,4 1,51 1,68 20,8 18,7 1965 32,8 1," 1,71 22,1 19,2 1966 33,1 1,51 1,73 22,0 19,1 1967 33,2 1,52 1,73 21,8 19,1 1968 32,9 1," 1,66 22,3 19,8 1969 33,3 1,47 1,66 22,7 20,0 1970 33,1 1,43 1,60 23,2 20,7 1971 33,2 1,39 1,55 23,8 21,5 1972 32,7 1,41 1,55 23,1 21,0 1973 32,5 1,41 1,57 23,0 20,8 1974 32,2 1,40 1,5) 23,1 21, 1 1975 32,1 1,39 1,51 23,1 21,2 1976 31,9 1,39 1,51 23,0 21,2 1977 3119 1,)6 1," 23,5 21,6 1978 31,5 1,)6 1,46 2),2 21,5 1979 )0,8 1,35 1,44 22,9 21,3 1980 )0,4 1,33 1,45 22,8 21,0

1) Eln1chlle8ltch Aufbauklaaatn tn Vtlkatchultn, dlt bta 1969 baatandtn htbtn, Ab 1973 ttnachllt81tch dta kooperetl• gtfDhrttn Rt1l1chulz1g1 10 dtr 61a11t­tchult Sch11blünehu,

zu 1.1

2) Dtt Z1hl dtr h11pt11tltchtn und ha1ptbtrtflleht1Lthrtr11thllt dtt Ptraon1nz1hl dir h11pt11tltchtn •nd h1upthtrofltchtn Vollztftlahrtr 11111 dtt ha1pt. llllfchto 11d h•••tbtrtflleben Tttlztttlthrtr, dft tb 1970, und dlt St1dlt1rtf1rtndtrt, dft tb 1974 entapreehaad dtr '°" lhntn artaflt11 Wtcheaatuodtn tof Vtllzettlthrtrflllt u191reehott 1f1d. Für dtn lllrtchnon11dtvl1or llH'dt tla d1rcbtchnlttltch1a Pfllehtat1nda1118 24,8 •ntt00111n. Ea tat z1 bt1cht1n, da8 bat dfta11 8trte""'""••trfthrt1 1t1 Tttl dtr Vt1111ttlthrtrptrsootn """' Anrtehnu11Q11 bJY. Ert18tgong11 nicht woll fDr dtt Aa1btld1ng dtr Sehiltr z•r Vtr­füguot 1t1ht.

3) Dia Zahl dtr Lehrer tn1g1a11t ontbllt dlt bo1pt1otltchll und h1uptbtrofltchen Lthrtr 91818 Fu8noto 2 sovfo nth1n11tllcht, atbonbtrofltche und llthrorbolt ltl1t1od1 Lthrtr, dlt unter Btrilckalchttguot dtr voo thatn 1rt1llt11 Vtehtnat1ndtn 1uf Vellztltlthrtrfillt 111areeha1t alod.

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hQl•rntS- ltvilb"'ll Schaltl' 1) 1 luhd•l• Elnoli11r l• RuladMlh „„ .... 111·"·1 „.„.„„.„ bu111111f (1.10.)

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1 2 3 4 5 6 7 8 9

1. StHd HI' Aolufn MI Sdlll•Mckl1agapl111 II SchllJohr 190/64

i.trbaJll'I 2 918 970 16 321 5,6 49 21 14 59 571 138 999 208 498

ll1MrbaJ11'1 976 5'7 6 282 6,4 25 11 11 39 063 88 779 88 779

i.trpf1lr 910 613 7 276 8,0 ~ 13 12 37 942 70 047 75 884

i.trfl'llbl 1 095 186 7 085 6,5 18 17 15 60 8" 64 423 73 012

RI thl fl'llkH 1 414 637 51" 3,6 19 10 9 74 455 141 464 157 182

U.terfrubl 1 126 8°' 8 255 7,3 29 17 13 311 855 66 283 86 677

Sch•abtn 1 403858 11 824 8,4 48 22 17 29 247 63 812 82 580

a., .... 63/64 9 846 637 62 187 6,3 212 111 91 46 "6 88 708 108 205

2. Stud 11Sclllljallr1980/81

libtrbtJll'I 3 657 787 55 273 15, 1 /

101 71 50 36 216 51 518 73 156

ll•UrbaJll'I 998 186 18 701 18,7 41 26 26 24 346 311 392 31 392

Oberpfalz 966 521 16 708 17,3 32 23 22 30 204 42 023 43 933

ObtrfrtlkH 1 052 369 16 714 15,9 27 25 ~ 311 m 42 095 43 849

lllttalf ....... 1 523 808 20 469 13,4 )) 24 20 46 176 6) 492 76 190

llllt•rfrtüa 1 195 233 21 499 18,0 40 33 30 29 881 )6 219 39 841

SdluMI 1 534 ~7 29 406 19,2 58 31 32 26 453 40 375 47 945

„,.... I0/81 10 928 151 178 770 16,4 332 240 204 32 916 45 534 53 569

hell•: BIJ1r11eht1 Shtistlach11 l11dm1t

1) OhH Sclliiler 11 Alfb11kl11111 11 V1lk11dMlh1, dt• bta 1969 b11hndH htb11.

lulachll11 11-111t

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Gy1ne1l1n l) •• 1.1

(öff1ntltch1 und prtw1t1 Schulen zuaa ... n) Tab. ':Zahl dir Schvl1a, Schüler, Kl11a1n und Lehrer Tab. B: V1rhllt1l1zahl11 ---

..... r . . Zilil aer (Jo„na Scbalon Schüler Kl11111' Lehrer 1.10.)

h1u,t11t- lna,o-4) ltcho, III huptb!J rufl.

Jahr Schüler Lehrer j1 Kl1111 Schüler jo Lehrer (Jmtla jo haupta1t. tn.,„ ) h1Upt11t- t ..... 1.10.) Kl1111 ltcho, 111t 4 ltcht, 111t 4)

h11ptbt- h1upt~J rufl. 3) rufl.

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1955 302 148 043 4 700 6 974 7 588 1955 31,5 1,48 1,61 21,2 19,5 1960 312 142 935 5 034 7 975 8 S41 1965 326 157 534 5 522 8 970 '646 1966 325 167 962 5 836 9 822 10 513 1967 m 180 599 6 193 10 411 11176 1968 335 192 203 6 558 10 973 11 737 1969 337 205 699 7 003 11 134 11 967 1970 347 218 648 7 458 11 766 12 574 1971 358 231 968 8 067 12 172 13 149 1972 361 257 1S4 8 642 12 766 13 845 1973 370 270 958 9 149 13 341 14 643 1974 382 283609 9 603 13 830 15 081 1975 316 295 436 9 972 14 634 15 757 1976 388 303 671 10 :m 15 552 16 6S4 1m 391 313 009 10 8'8 16 385 17 491 1978 392 319 673 11 314 17 052 18 136 1979 393 327 270 11 803 18 033 19 110 1'80 395 329 5S4 12 191 17 567 19 639

1960 28,4 1,58 1,70 17,9 16,7 1965 28,5 1,62 1,75 17,6 16,3 1966 28,8 1,68 1,80 17,1 16,0 1967 29,2 1,68 1,80 17,3 16,2 1968 29,3 1,67 1,79 17,5 16,4 1969 29,4 1,59 1,71 18,5 17,2 1970 29,3 1,58 1,69 18,6 17,4 1971 29,6 1,51 1,63 19,6 18,2 1972 29,8 1,48 1,60 20,1 18,6 1973 29,6 1,46 1,60 20,3 18,5 1974 29,5 1," 1,57 20,5 18,8 1975 29,6 1,47 1,58 20,2 18,7 1976 29,2 1,50 1,60 19,5 18,2 1m 28,8 1,51 1,61 19,1 17,9 1978 28,3 1,51 1,6o 18,7 17,6 1979 27,7 1,53 1,62 18,1 17,1 1980 27,0 1," 1,61 18,8 16,8

Q111lo: Baylf'hchn Stothttach11 Ludtuot

1) Eh1chltt8ltch der SpltbtrufH11tY111atan 1nd ob 1973 atnachlh81tch d11 kooporath gaführton 6y11111t11z1191 11 dtr 61111\achuh SchV1balinchon. 8ta 1969 atnd auch dto Jahrp11911tvf1n 5 llt 13 dtr Rudtlf-Sbt11r-Schul11 nthalt1n.

2) ~ 1970 otnachlf18ltch Ktll1111r11ppao, „111t dt1 6r11ppanzahl rechn1rtach 11a dar Zahl der Koll19f1t11 vnd der darchachntttlfchtn Kura1tlrk1 1roltt1lt tat. Ot1 dvrchachatttltch1 Klraatlrkl 1rgtbt atch, tndtt 111 dft Dbtr 11la Klra1 lai111tort1 Tttlnth1mahl dlrch dfo 6o11ot11hl der Kurat dhfdtort.

3) Dft Z1hl dtr hnptutllch11 und htuptbtrufltch11 Lehrer onthllt dto Ptl'Hll1111hl dtr b11ptaotlfchH vnd h1upthrufltchH Vollzottlthrer aovft dft h1„t­utltcht1 uod htvptbtruflfchto T1f111ttlahrer, dt1 u 1970, Hd dh Stndtall'tftreodore, dto ob 1974 utaprachtnd dir '°" th111 ertotltH VochtnltondH 111 Vollz1ttllhrarfl111 u111recbo1t 1tnd. FDr do1 lllnchno1191dfvfnr ••rdt alt d1rthachnfttltchto Pfltchbhndo„a 23,5 oot-n. Ea tot z1 buchton, da8 bot dto111 BorachHnttvorfoh"" 1tn T1t1 lltr V11l11ttllhrerporun1n „,„ Anrach-H bzv. Er118tpntn 1fcht voll für dto Auabtldtn1 lltr Schllhr z.r Vor-figung attht. )

4) Dto Zthl der Lthrar f1191111t ontbllt dh h1upto1tltch11 vlHI h11ptbtrufltchon Lohrer pdB FuBntto 3 aevto 11btnaotltch1, nobonbtrufltcht 11d IWlrarbtft lofatolldt Lahrtr, dto vntor Barück1fchtf9u119 dor .„ fholft 1rt1fltH Voch1nat1odtn 11f Vollz1ttlellrerfill1 1111rech11t atod.

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Sctnr1b11 1 403 858 11 577

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2. Stud t1 ScHJ Jahr 1980/81

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0Hrfr1tk11 1 052 369 29 85t

Rtttolfra1kll 1 523 808 47 101

htorfraokll 1195 233 )5 237

ScHIH• 1 534 247 43 285

„,.„ 80/81 10 928 151 329 554

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34 503 42 868 52 394 526 65) 79'

29 653 37 568 48 9'2 423 536 69'

28 650 46 795 58 494 379 619 774

31 560 45 )76 55 ,31 452 650 797

26 315 )) 558 39 759 872 1112 1 317 26 268 36 970 36 970 676 951 951

29 289 35 797 J7 174 824 1 007 1 046

29 232 30 952 33947 829 871 963

29 304 33 126 37 166 906 1 024 1 149

27 796 30 647 35 154 81' 904 1 036 28 412 36 530

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27 666 33 729 37 683 834 1 017 11)6

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1 2 3 4 5 1 2 ' 4 5 19S5 1 696 430 083 15 m 3410 5 500 1960 519 2'5 914 10 948 3 719 4 695 1965 408 '17 938 12 281 4 291 5 279 1966 399 )13 017 12 178 4 427 5 237 1967 385 307 225 12 035 4 444 5 243 1"8 382 3114 403 11 95CI 4 374 5 161 1969 3) m 2)1 9IO 9 ,,., 4 117 4 682 1970 3) 371 225 362 9 147 3 921 4 418 1971 3) 356 227 '415 8 9)1 3 810 4 333 1972 )10 277.42' 10 420 3 989 4 770 197) 254 )01 598 11 281 4144 5 099 1974 225 )13 435 11 676 4 366 5 )19 1975 226 325 784 12 150 4 728 5 677 1'76 227 339 )11 12 661 5 06' 6 111

.... _rA11trou111 >: 1'76 4 875 6 117 1m 225 362 207 1) 552 5 271 6 5'I 1971 237 371 089 14 305 5 883 7 252 1979 258 388 901 14 866 6 195 7 545 1918 o) 195 385 535 14 756 6 191 7 424

b) 71 5 111 500 229 327

1955 28,0 0,22 0,)6 12',1 78,2 1960 24,) 0,34 0,4) 71,5 56,6 1965 25,9 0,35 0,43 74,1 '8,2 1966 25,7 0,36 0,4) 70,7 59,8 1967 25,5 0,37 0,44 69,1 58,6 1968 25,5 0,37 0,43 "·' 59,0 1969 24,7 0,44 0,50 56,3 49,5 1970 24,6 0,43 0,48 57,5 51,0 1971 - 25,5 0,43 0,49 59,7 52,5 1972 26,6 0,38 0,46 69,5 58,2 1973 26,9 0,37 0,46 72,8 59,1 1974 26,8 0,37 0,46 71,1 58,9 1975 26,1 0,39 0,47 68,9 57,4 1976 26,8 0,40 0,48 4) "·' 55,5

lach „.,. A~Ntlllll : 1'76 0,39 0,48 6',6 55,5 1m 26,7 0,39 0,49 68,7 55,0 1978 26,4 0,41 0,51 64,) 52, 1 1979 26,2 0,42 0,51 62,8 51,5

a) !6,1 0,42 0,50 62,3 51,9 1980 b) 10,4 0,46 0,65 22,6 15,8

hallo: bJorl..U. Statlatt..U. L ... 111t 1) Dlo Zahl nr lllapt•tlt...., 11d haoptharwfllchll Llhror uthllt dlo Plr111u11hl der hnptutltch11 11d h1optbtnofllch11 Yol1111tllhror uvto dlo haoptutllcha 11111 haoptbtrwflt­

cha Toll111tllhror, dlo ob 1970, 11d dlo Stodl11rof-dlro, dlo oh 1'74 11toproclllllll der '°" lhau ortallta llochmt11d11 ad Yol111ttllhrorfl111 lllglrlChoot 1l1d. 2) Olo Zlhl Mir Llhror l1111111t nthllt dto hauotutltcha 11111 haoptbtrwfltchlo Lohror tHlß h8111to 1 11vto 11h11•tltcha, 11.....,_fllallo 11d fllh,..,...tt hht ... Llllror, dt1 10-

tar llricbtchtt1111 w "" llloa 1rtollt11 klcheut1llllu uf Yoll111tllhrorflllo 1111rcch11t atod. 3) Dlo Zlhl - lorlfaacllihr 1111969 11rick1111 ..... dl ..... dir Elofih ... , „. 9. Schlljlhm •••• Hlopbch1l11.„11rl111 Z11l110 h dlo El11H1•klu111 ur lorwf11ehlllo• ZI

nnolcholl nroo• w A11foll df1u1 ..... .,.„. acht 1lch alth to dn halU. fol1nclll Sch1lJlhr1• I• der &ouatachllomill dor hnohachol• llHarlihr. 4) All 1976 •lrd ..... ioforadarwotorrlchtlilcht Hhr bei dn ha1pbatltchll 11d baopthanofllchao Llhrora 1tt 1l19orochut, llltlera 1or 1111 clll Lurera 11111...t. III dto z•111 n1 1976

llt MIJ•l111 - 1975 •111lolchn 11 khMo, 111111 dl1 rorto fir 1976 HCh uch 11ter A~roniuq lfttl9oboo. 5) Olo ..tlldlo Stott1tlk voht ~h IH SchlllJ•r 1979/80 •lebt allo filr olu ptr1Uto Daratol11119 dir llofdll Schlhrtn lrlorderllchn Datn u1. 1) a..faaclloola ..... S..Mrllorwhachllln h) Snd1rhanohacllooln

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8e!Jf111fb!!1chule1 l) 1.1

(5ffentlfcht 11d private Sch1le1 z11111t1) Ta~. A: Z1hl dtr Sch1leo, SchUler, Kl111tn 1nd llllror T1b. B: Ytrfllllnl1z1hl•n

- ,._„.

Jahr - ihl dtr (J1wttla

Sch1leo SchGltr Kl1t1tn Llllror 15.11.) 11 Teil- 11 Voll- ,.,,„ h1upt11t '"''""3) zeft1n- zoft111- „.t licht, 1111 torr1cht torr1cht hauptb~i

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J1hr Schiller Lthror lt Kl1t1t Schilltr lt Llllror (Jntfll Jt h1upt11t- '"''""> h11pt11t lnsgo-15.11.) Klt111 licht, 111t 3 licht, 111t 3)

hauptbo- ha1ptbt-rofl. 2) rofl. 2)

1 2 3 4 5 6 7 1 2 3 4 5

1959 5l 14 929 . 929 )1 . 10 1960 21 1 703 14 1 717 63 . 21 1965 71 1 c:n 1 115 8 206 302 . 148 1966 76 8 352 1 625 9 977 375 157 203 1967 82 8 497 2 046 10 5H 415 186 239 1968 90 8 798 2447 11 245 "4 . 206 265 1969 102 10 198 2 306 12 504 495 2" 3111

1959 5l JO,O • 0,32 • 92,9 1960 27,3 • 0,33 • 81,8 1965 27,2 . 0,49 . 55,4 1966 26,6 0,42 0,54 63,5 49, 1 1967 25,4 0,45 0,58 56,7 44, 1 1968 25,3 0,46 0,60 54,6 42,4 1969 25,3 0,49 0,61 51,2 41,5

1970 119 9 897 3 454 n 351 ~ 267 359 1970 24,5 0,49 0,66 50,0 37,2 1971 12) 5 161 9 910 15 071 6o6 324 448 1971 24,9 0,53 0,74 '6,5 33,6 1972 117 9 818 5 1111 14 919 603 )10 429 1972 24,7 0,51 0,71 48,1 34,8 1973 112 8 991 4 \64 13 455 555 288 395 1974 104 7 699 4 635 12 334 497 283 367

1973 24,2 0,52 0,71 46,7 34,1 1974 24,8 0,57 0,74. 43,6 33,6

1975 97 5 973 4 375 10 348 "1 287 354 1976 4) 93 4 787 . 3 683 8 470 369 262 311 1977 90 3 974 2 611 6 585 290 193 222 1978 85 3 063 2 548 5 611 253 185 211

1975 23,5 o,65 0,80 36,1 29,2 1976 4) 23,0 0,71 0,84 32,3 27,2 1977 22,7 0,67 0,77 34,1 29,7 1978 22,2 0,73 0,83 30,3 26,6

1979 123 2 490 4 960 7 450 315 287 332 1979 23,7 0,91 1,05 26,0 22,4 1980 128 2 304 5 )68 7 672 327 )04 352 1980 23,5 0,93 1,08 25,2 21,8

Quollt: 81y1rf1chts St1ti1tfscht1 L1ndt111t 1) Von 1971 bl1 1974 tlnschlfe81fch der Vorkurse zur Oerufsaufb1u1chul1. 2) 011 Zahl der haupta1tlfchen und h1uptb1r•flfch1n Lohrar sltllt 1fn1 rechnerische 6rö8t dar. Sf1 uofaBt df1 hauptootllchan und ha1pl,,rufllch1n Yollzoftl1hror

1ovl1 dlt h1•pt11tllch1n und hauptborufllchoo Tollzoftllllrar und dto Studf1nref1rand1ra, wobei diese Lthror 1nt1prachend der von Ihnen erteilten Unt1rrlchts-1tund1n 1uf Yollz1f tl1hrarflll1 11gerachnet sind.

3) Dto Z1hl dtr Lthrer fnsg1111t enthält dto h1upta1tlfch1n und hauptboruflfchen Lehrer 911118 FuBnolo 2) sovie nob1n11tlfch1, nebenbtrullicho und "•hr1rbtit 11f1t1n­d1 L1hr1r, die unter Berick1fchlfg1111t dtr von ihnen on Borufleufbouschulen 1rt1ilt1n Unterrfcht11tundon aof Yollz1ftl1hr1rfill1 u1191rechnot sind.

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4) Zu• Schulj1hr 1977/78 vvrdl d!1 Org1n!11tfon dir B1rvf11ufb1uschul1n 91ind1rt. Dia ntu geschoff••• •stuft 11 kAnn 1uch f1 R•h•en d•r W1hlpfl!chtlich1rgrvpp1 1 der B1ruf1f1ch1chule btsachl v1rd10. I~ der Stalfelfk der Boruls1ufb1uschul1n 1r1chefn1n d1ht('. die ant1pr1ch1nd1n Schüler erst In dar 'Stufe II' (Yollzeft-unt1rrfcht1jahr der B1rvfs1ufb1uschul1), in dtr der Unterricht nicht 11hr 111 de• dtr B1ruf1f1chschul1 verbunden !1t. 1 <,.,

5) Oft Schul1rt vurde oft d11 Schuljahr 1959/60 neu efngorlchtot. •

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Page 149: 116 116. Sitzung - Bayerischer Landtag | Herzlich … Bayerischer Landtag · PLENARPAOTOKOLL 9/116 v. 03.03.82 14. Schlußfolgerung aus der Tötung eines neu geborenen Kindes durch

J.. und 4stufloo Wlrt1ch1ft11chul1n (öffentliche und prlv1t1 Schulen zu11111n) Tob. A. loh! III• &ehlhn, ~. «fflnn m l......,.

Johr Z1hl dor (Jmtla Schulen Schülor1 Kl1111n. lehrer 15.11.)

h1uph1t0 ln1go-Hehl, Hit 3) h1uptb'l rufl.

1 2 3 4 5

1965 4) 75 19 112 544 624 780 1966 74 18 828 553 684 835 1967 72 18 831 550 695 846 1968 70 19 047 547 692 848 1969 69 20 838 586 714 881 1970 69 22 395 631 790 918 1971 71 23 606 662 800 946 1972 71 23897 690 862 1 004 1973 70 24 515 716 870 1 034 1974 69 25 266 m 905 1 057 1975 70 2Ci 879 786 991 1134 1976 70 27 724 842 1 059 1 185 1977 69 28 293 881 1 129 1 257 1978 70 28 480 918 1 155 1 285 1979 71 28 947 947 1 206 1 326 1980 71 28 766 965 1 220 1 362

Quelle: 81y1rl1ch11 St1tl1tlsch11 l1ndl111t

T1b. B: V1rhlltnl1z1hl1n

Johr Schüler llhror jo Kl1111 (Jmf11 ja h11pt11t. tn•g•-3) 15.11.) Kl111e ltcho, 111t

hauptbe-rufl. 2)

1 2 3

1965 4l 35,1 1, 15 1,43 1966 34,0 1,24 1,51 1967 34,2 1,2Ci 1,54 1968 34,8 1,27 1,55 1969 35,6 1,22 1,50 1970 35,5 1,25 1,45 1971 35,7 1,21 1,43 1972 34,6 1,25 1,46 1973 34,2 1,22 1," 1974 34,8 1,24 1,45 1975 34,2 1,26 1," 1976 32,9 1,26 1,41 1977 32,1 1,28 1,43 1978 31,0 1,26 1,40 1979 30,6 1,27 1,40 1980 29,8 1,26 1,41

1) Eln1chll18llch dor Ub1rg1ng1kl1111n an 3- und 4stuflgan Wlrt1ch1ft11chul1n. dl1 bl1' 1973 b11t1nd1n h1b1n.

Schüler je lohror h11ph1t. tn•g•-31 lt ehe, ••• t heuptbej rufl. 2

4 5

30,6 24,5 27,5 22,5 27,1 22,3 27,5 22,5 29,2 23,7 28,3 24,4 29,5 25,0 27,7 23,8 28,2 23,7 27,9 23,9 27,1 23,7 26,2 23,4 25,1 22,5 24,7 22,2 24,0 21,8 23,6 21, 1

2) 011 Z1hl der h1upt11tllch1n und hauptbarufllchon lehror enthält die P1rsonenz1hl dor hauptamtlichen und hauptborufllchen Vollzoltlohror &o•I• dto h11pt-11tllch1n und hauptborufllchon T1ll11ltlohror, dto 1b 1971, uod die Stodl1nrofer1nd1ro, die 1b 1974 llt1pr1ch11d der von lha1n 1rt1tlt1n Wech1n1t1nd1n 1uf Voll11ltl1brerfill1 1111rochn1t 1lnd.

3) Oie Z1bl der Lehrer 111911111 onthllt die h1upt1.tllch11 und h1uptb1rufllch1n l1hrer ge1l8 F1ßnot1 2)1ovle n1ben11tllch1, nobonborufllche und Mohrerbtlt l1t1t11dl l1hrer, die ••l•r Btriick1lchtlgung der ••• lhn11 1rt1llt11 Wtch1n1t11d11 1uf V1ll111llohrerfl111 u191rechn1t sind,

4) Für die vorh1rg1h1nd11 Jahre liegt hlnrelchond dlt1llll1rt11 Z1hl1011t1ri1l nicht vor.

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T1h. A: Z1•1 <lar Schul11, Schll1r, 1111111 uod Lohror Tob. B: Y1rhlll1l111bl„

Jahr Z.bl der

( l•••lll Sch1l11 Sclllll1r lla1111 Ls~ror 15.11.) .„,1„11., 111911111'1

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Jahr Schll1r L1hr1r J• Kl1111 Schaler l• L1bror (J1111ll jl b11pto.tl., 1119111115) h11ptHll., 11111111151 15.11.) K11111 h11ptbll"f. h11pt1Nr'·

Heb l lieh l

1 2 3 1 5 1 2 3 ' 5

1970 2l 19a 9 OS7 359 717 810 1970 25,) 2,00 2,26 12,6 11,2

1971 209 8 332 390 70fi .823 1971 21,1 1,81 2,11 11,8 10, 1

1972 182 11 08) 167 716 89' 1972 23,7 1,60 1,'1 . 1,,, 12,,

1973 6l 2)5 20 "8 926 1m 1 168 197) 22,1 1,31 1,59 16,8 1),9

1971 223 22 1\5 931 1 )05 1 569 197' 23,7 1,,0 1,68 17,D H,1

1975 221 23 267 868 1 )20 1 595 1975 26,2 1,,9 1,60 17,6 H,6

1976 219 22 113 852 1 271 I) 1 5'6 1976 26,0 1,50 1,80 17,, H,,

1m 209 21 753 866 1 331 1 586 1m 2S,1 1,5' 1,8) 16,3 1),7

1978 218 21 '61 8112 1 312 1 595 1978 2,,2 1,'9 1,81 16,3 13,1

1979 268 21 ,2, 872

1

1 302 1 617

1980 269 21 317 890 1m 1 618

1979 2,,, 1,'9 1,85 16,5 1),2

1980 2,,0 1,,3 . 1,82 16,7 1),2

011111: 81yorl1ch11 St1tl1ttochos L11d111.t

1) EtoschlloBllch Lohrvln90, dto 11 schulrochtltch•• Sinn 1tcbl zu do1 Beruf1f1ch1chal1n zähle; .• 2) Für dto rorh1111hond11 Jahr• 11191 91ni91nd g1gll&dcrl10 1t2!t1ltscbos ""t1rtal nicht ror, 3) 011 Zahl dir b1upt1otltchon 1nd beuplbtrofltcboa Lehrer slollt 1tno rech11rt1cbo iröBo dar. Sta ••la8! dto h1•ple1!lichto ••d ha1pth1rofllcho1 Vollzoltlehror 1ovl1 die h1•pt11l­

lichon und h11ptb1rvfltcb1n T1ilz1ttl1br1r ••d bto 1975 dlo Sl•dl1or1f1rondor1, ••b1t dl111 lehror 1otsprrcho1d dor ••• thoen ort11llt• Untorrlcbt11tundon auf Yollz1itlehr1rfillo u191rochn1t sind.

11 Ab 1976 vlrd dir Rofor11doru1t1rrlcht nicht lthr bll don h••Pl••tlt,h;r, und h1•ptbsrwfllchc1 lohM!rn 1it otogerwch•1t, •••daro nur rahr btl lon Lohroro lnsg•111t. S Oie Zahl dir l1hr1r fo1ge111t 1othilt die h1•pt11!lichrn ••d h1vrtboruflich1a ltkr1r 91•;C rrQnotc 3 and ~ :ovte n•b•n11tlfcho, ntbonborofllche und fltbrorboit lol1tondo Lohror,

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1976 23,8 1,21 1,37 19, 7 17,4

1977 22,7 1,27 1,42 17,9 16,0 1978 59 18 811 7 950 4 863 4 950 1 048 815 1 023 1 151 1978 2J,1 1,26 1,41 18,4 16,) 1979 59 20 288 8 745 5 379 5 073 1 091 869 1 075 1 229 1979 23,3 1,24 1,41 18,9 16,5 1980 58 22 943 9 888 6 :Jl5 5 652 1 098 931 1 151 1 292 1980 24,6 1,24 1,39 19,9 17,8

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1) 011 Z1hl dir h1upt11tlich1n und ha•plb1ruflfch1n Lehrer enlhilt df1 P1r1onenzahl dir h1upte1tlichen und houplbaruflichsn Vollzofll1hrar '°"'' di• haurt11tlfch1n und h•uplbe­rufllchH T1f111ftl1hrer und die Sludhnrafer1nd1re, dfe unter 81riicklichtfgung dar von fh11n orl1fllon Untorrfchhatundeo auf Vollnitk!;,.,r•",ll• u:l(lorochotl atnd. Vor 1975 sind auch dh hauptutlichH und hauptborufllch1n Vol111i111hr1r 1nhprochlnd der von fhnon erteilfan Unlorrfchtutunden auf Voll11illahr1rfälle u1ge,.,,c~n•I,

2) Oh Zahl der Lehrer in19u11t Hlhllt df1 hauph111fchen und hauptberuflichen Lehrer g„18 Fußnote 1) ao•le n1b1n1111fch1, nebenberuflich• uno H1hnrbeft hhtende Lehrer, die 1nt1r 81rllck1lchtf9un9 dir voo fhneo 1rt1flt1n Unl1rrfcht11tundon euf Vollz1ftl1hrarfäll1 u1gerechnot sfnd.

3) Ab d11 Sc~uljahr 1m/78 vvrd11 •• Fochoborechul•• 1fnjlhrf91 Vorkl11111 1fng1rlchtet, df1 fo den T1b1ll1n nfcht b1rllcksfchlfgt sind. 4) 011 Schlhrt vurdl lft du Schulj1br 1970/71 neu 1fn9erfcht1t.

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1971 10 561 J~ 149 78 - 23 37 43 1971 24,4 1,61 1,87 15,2 13,0

1972 15 f/9 461 2~ 2" - 40 60 71 1972 24,5 1,50 1,78 16,3 13,8

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1975 20 2 047 958 J17 743 29 91 110 1" 1975 22,5 1,21 1,58 18,6 H,2

1976 21 1 847 891 )15 617 24 88 113 140 1976 21,0 1,28 1,59 16,3 13, 2

1977 21 1 8)7 912 307 598 20 88 1~ 153 1977 20,9 1,52 1,74 13,7 12,0

1971 21 2 007 1 040 328 606 3J 9' m 166 1978 21,4 1,50 1,77 H,2 12, 1

1979 21 2 352 1 223 369 711 49 108 157 185 1979 21,8 1,45 1,71 15,0 12, 7

1980 21 2 906 1 '80 454 919 53 125 189 216 1980 2),2 1,51 1,73 15,4 13,5

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ruf11ch11 T111z1ltl1hl'tr und dl• Sl•dlonrof1rond1ro, dlt 1nt1prochend der von lhne1 1rt1llt1n Unterr1cht1sl1nd11 11! Vollz1ltl1hrorflll1 119trachn1I sind. 2) 011 Zohl dor Llhror l11te111t tnthllt d1t h1upt11\llch1n•und houplberufllchoo Lohl'tr 901iB Fu8not1 1) 01vl1 n1b1n11t11ch1, nobtnbtrufllche und "•hrorbe1t l1l1t1nd1 Lehrer,

d11 11t1r 8oriick1lchtl9u09 dor von lhnon on 8orvfoob1r1chul11 1rt11lt11 Uot1rr1cht11tund10 1uf Voll11ltlehnorflll1 •1terochn1t 11nd. 3) Dlo Schulort vurdo 111 819101 dto Schuljohro1 1969/70 1ln91r1cht1t.

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' 1960 9) 451,4 1,02 H,7 34),8 1,0 14,6 11,6 75,1 1961 661,0 1,29 13.5 506,9 1,4 19,6 14,0 110,1 1962 709,5 1,27 13,2 529,6 1,5 21,6 16,3 1n,s 19113 815,5 1,37 12,• 573,5 1,4 27,6 21,9 183,5 1964

. 921,4 1,41 12,9 629,2 1,0 n,o 24,5 228,1

1965 1 087,1 1,53 13,6 76),8 1,2 )1,0 2),4 2'4,8 1966 1 ~.o 1,63 14,2 866,8 1,3 33,6 26,2 no,o 1'67 1 374,3 1,78 15,2 899,6 1,4 35,6 29,6 353,6 1968 1 457,5 1,71 15,0 975,4 1,3 35,0 28,9 )85,7 1969 1 667,5 1,74 16,2 1 122, 1 1, 1 l6,6 27,7 438,1 1970 1 934,7 1,77 15,7 1 337,2 29,2 35, 1 25,7 532,2 1m 2 511,2 2,03 18,3 1 591,1 34,2 27,8 20,1 100,0 1972 2 863,5 2,09 13,1 1 750, 1 36,6 23,4 15,9 940,0 1973 10) 3 321,8 2,19 18,3 2 049,) 40,2 22,5 14,0 1134,7 1974 11 J 3 999,5 2,48 20,0 2 418,3 83,2 21,9 11,9 1 041,7 1975 4 518,8 2,,7 20,2 2 784,8 80,8 26,5 15,9 1 156, 1 1976 4 681,9 2,51 19,9 3 025,7 84,9 29,3 18,7 1 225,8 1977 5 155,2 2,60 20,9 3 300,5 46,6 30,4 20,3 1 297,1 1978 5 651,8 2,63 20,7 3 560,9 49,6 32,9 23,2 1 462,5 1979 5 791,4 2,47 19,3 3 867,1 53,5 37, 1 27,5 1 474. 7 1fü1 12)

1979 5 707,3 2,44 . 3 723,2 54,8 39,• 28,7 1 573,8 1980 6 020,9 2,40 . 3 971,4 56,5 37,5 28,3 1 624,5 1981 13) 6 547,4 . . 4 l60, 1 61,9 42,7 33,9 1 729,5 1982 6 924,9 • . 4 585,8 63,8 )1,2 22,7 1 891,0

. O•tllt: 8a11r Statfsttschos l1nd111tl

1) lat-Ala!llb aach dir Sta1tsffoan11tatisttk 2) Sch1lv1r11 t11g, 6rt1I- 11d N.a1ptsch•l1n1 Soad1rschal1n, R11lachul11, 6y1111si1~, 6esa1tachtl11, Bervfssch1ltt1 1.d9T.,

FacbolMlrsc lt• 1.d9l., Fachachll11 1.dgl., übrig1 scb1ltsch1 A1f9abe1, Scbil1rl1förd1roog J) Bratto-&1 IMla •J ohne Verso ••I u1d 8afhtlf11 5) 8a111sg11Mi , Erverll vo1 b•••glfcbta und 11b11111lfch11 V1raiiq10 6) Schalverli 1 7) 1951 • 195 1fo•chlte8lich Versorgaog ••d 81ihflf11 8) 1ioschlt18~fch z,„101110• 11 privat1 Sch1llrig1r; 1971 uod 1972 voa Staat11int1t1rf11 für Unterricht 11d K1llas g„

schätzt J

9) R11pfr1thn.,.9sj1hr (1.4.1960 • 31.12.19!0} 10) einschl. 'So•stlg11 8tld1ogsw1s1n1

11) ab 1974 1i"5chl. Aubildoogsfirdorung 11) nach d11 Nzushaftsplan 13) ohne Nacht1'1110shaash•lt

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DLP09t116/8 S. A8 Bayerischer Landtag · PLENARPROTOKOLL 9/116 v. 03. 03. 82

T1b, 2: ll11t1b11 der iff11tllch11 H1..i11 ,, ... „ot fir Scllul1n (ahoi vor1cllllloch1 81lcio•g) zu 1.1

Jolor ,„,„„t 2, botn• flr Al11t1Ma fl• d1r11t1r 'I Schele• "" Schell• bo-

PtMIHll• , Slcbl, Ylr· l1•11ttttr,Js! d11'11!1r ~ ... 11.„„ •- uf d, zttH Hf d, Br1ttoto- Ge1ut„„ 11191bn ), 11l!Ht1- "'"""' ' e.„ •• , ••• 1, [1'1!1t-l 11d1pn.•kt ... ,. HICJN ,.„„ •• a., .... St11tllllu1- &IOtlodao/

halt " ••d v ..... bi ... •lt "'-•11• kltabe• S•)

1 2 3 4 5 6 7 8 Rt1 Oll % R1e Oll

1950 )11,6 1,86 10,4 284,0 24,6 •7,0 40,1 26,5 1951 425,8 2,20 13,3 298,1 2'1,4 70,1 60,4 )5,6 1952 489,6 2,28 13,5 347,2 33,3 78,2 65,) 36,2 1953 575,8 2,5l 14,3 318,2 )6,0 9<,1 80,6 54,8 1954 553,4 2,23 12,6 398,0 39,5 107,9 91,2 61,1 1955 597,6 2,12 12, 1 363,1 43,0 123,6 105,9 65,4 1956 670,6 2, 19 12, 1 409,5 49,1 133,7 113,5 72,3 1957 759,3 2,27 12,6 460,7 53,7 145,S 125,7 86,0 1958 842,8 2,34 12,9 587,9 58, 1 161,2 13',7 97,4 1959 6) 9)5,6 2,36 12,9 532,8 61,9 208,0 181,6 109,8 1960 771,2 1,75 12,5 419,5 50,6 177,6 155,3 105,2 1961 1 1)2,6 2,21 12,4 619,1 71,8 263,2 220,) 149,5 1962 1 254,5 2,25 12,) 652,0 84,) 310,8 261,2 181,8 1963 1 412,2 2,)7 10,9 711,1 98,6 370,3 323,9 238,6 1964 1 587,7 2,43 11,0 782,3 111,5 429,9 373,1 291,1 1965 1 881,7 2,65 11,8 963,7 154,2 546,2 "66,2 326,7 1966 2 154,0 2,80 12,3 1 097,4 165,0 591,3 510,9 395,7 1967 2 293,9 2,98 12,6 1144,3 183,0 595,9 515,1 458,8 1968 2 462,1 2,89 12,8 1 240,2 210,7 628,2 547,7 489,6 1969 2 857,2 2,„ 13,6 1 409,5 187,D 64o,3 534,5 576,0 1970 3 341,7 3,06 16,0 1 692,1 372,8 917,1 78',7 720,7 1971 4 240,3 3,43 17,8 2 014,8 486,2 1 206,2 1 062,1 860,D 1972 4 814, 1 3,52 17,7 2 208,8 566,2 1 326,3 1 171,3 963,9 1973 5 451,6 3,60 17,8 2 519,D 703,4 1 393,9 1 209,8 ' 1 214,5 1974 5 826,3 3,61 17,5 2 918,7 82'1,2 1 421,1 1 244,1 1 156,6 1975 6 330,0 3,75 17,4 3 349,9 899,3 1 396,6 1 2)5,5 1 205,9 1976 6 483,3 3,48 17,0 3 618,4 ~7.9 1 253,2 1110,6 1 265,D 1m 6 865,3 3,46 17,3 3 918,8 952,6 1 0)),6 887,4 1 315,D 1978 7 421,5 3,45 18,4 4 220,8 1 189,4 1 059,8 881,9 1 462,8 1979 7 736,8 . 3,31 17,6 4 574,4 1199,6 1 129,5 938,3 1 451,9

0.1111: 81111 Stott1tt~u Lndosut 1) L11d, ._ ldta/h 11d YtrH .... 1lt U-ul11 Alftn. (Scheh..U•, Yll'Vll'""'-tucbftao), 2) 011 Zabl11 11 Spalte 1 1114 -it rit li9llch - Zlhl,..n1rlttllr •• 1rl18t• lirptr1chft11 llltrah ... r berat1l1t;

h •• Spi t11 3 111t 6 uri1 1 ht 1111 atlcllt Boral1I""" 1lcllt litllcll; dlt Ztlll11 lt Spalte 7 1tl4 t11l1tht M-rahlv\ (1 tllt F .... tt 5)).

3) •!l. Tabll • 1 4) Bo111191b1 , Ervtrb vu lltvttliclltl 1d •"""'ttllclltl V ........ 5) ahat Z111l ~. ud Er1tatt11111 dtr Geott•/&. u &-t..i../&v 11ri1 """' Znth""'Jn Hd Erstatt1- dtr YtrH ....

tft U-1 111 bfpho u &ewt•a/&v 1td Ytrbi• 111t ~11111 Aofpbtn 6) 1..,,1...u. ot•Jtllr

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DLP09/116/8 Bayerischer Landtag · PLENARPROTOKOLL 9/116 v. 03. 03. 82 S. !9

zu 1.2

V1hlflch1r 10 Hauptachullft

.,..rg1oga1t1T1

5 '1 7 8 9 F1ch -----~~11n1,~h1c lln1prlichtW.ich A -n1•1rz11 ng - - 2 2 2 T tchnhcha llorhn 2 2 2 2 2 Ttchnischts Zoichn91! - - - 2 2

T ntil orbtit - - 2 2 2 H1ush1lt1- '"'d Virtschoftskundt - - - 2 2

lllnd1rbtitf1!.1u1virt1ch1ft 2 2 - -· -lla1chin1nachrtibtil - - - 2 2

V1hlpfllchtlltreich 8 "-•lk - - 2 2 2

Chorgts1ng oder lo1t ..... ot1lunt1rricht - - 2 2 2

lluslscha Wtrklft - - - 2 2 Schulspiol - - - 2 2 Kurzschrift - - - 2 2 Deutsch - - 2 2· 2 llathtutik - - 2 2 2 [oglisch - - 2 2 2 Phy1ik/Cha1i1 - - 2 2 2 Tochnik - - - 2 2

Pllichtatundtn i1 8trtich dtr 2 2 4 4 4 tlahlpflichtflchtr

'hlflchtr 1org111og oder lutru-hlonttrrlcht 2 2 - - -11 Flchtr dtr Vahlpfllchtbtrtlcht A 111d B - - 2 2 2

ltö hdzahl dtr Unhrrichb1tun4tn 11 8t-2 2 2 4 4 ,., eh dtr Vahlflchtr

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DLP09/116/B Bayerischer Landtag · PLENARPROTOKOLL 9/116 v. 03. 03. 82

S' . .20

zu 1.2

All91•ein an R1alschul1n zugel'assene Wahlfächer (jeweils 2-3stündig)

-:----::::___ 7 8 9 10 h

Franzbhch l l l 1

Chorgesang X X X X

lnstruoentalousfk X X X 1

Orchastor l l X l

Schulspiel l X X X

T1xtil11 Gestalten X X X X

Kun1t1rzi1hung X X X l

Vorkon l X l X

Sportförderunterricht (Schulsonderturnen) l X X X

für ausllndischl Schülor' Unterricht fn' dir ""tt1rsprach1 X X X X

lnforutik - X X X

Ch1oi1 (Übungen) - X X X

Physik 1ullung1n) - X X X

8fologfo (Obungon) - X X X

Kurzschrift - l X X

Mllschf nonschrof bon - - X X

R1chnungsia1n - X X X

' Haushalts• und Wirtschaftskunde - X X X

Schulfoto raff• - X X X

Technisch ~ Zofchnon (fn Vahlpflicht-flchorgl'll p1 II) - l X X

Moth111ti ~bei Ersitz dos Pflichtfachos Math111ti, urch R1chnungsw1s1n in Wahl-pfli chtfifhorgrupp1 111·) - X l X

,

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DLP09t116/B s. tlf Bayerischer Landtag · PLENARPROTOKOLL 9/116 v. 03. 03. 82

Zu 1.2

Vlhlflchtr fur 3- und 4stuffgt Virtsch1fts1chul1n

Jahrgangsstuft 1 8 ' 10

Nau1h1lt1. llftCI Vfrt1ch1ft1kunclt - 2 2 -Fronzhfach - 2 2 2

Eoglfacht Kurzschrift - - - 2

T1chnf 1chts Ztf chntn - - 2 2

Vtrlclft. 1 1 - -lllafk (Chor- und ln1tru11nt1l111sfk) 1 1 1 1

Chnft - - 1 1

lor fOr Vahlpflfchtflchtrgruppt ff:

Vfrt1chaft181tht8llfk - 2 2 2

Phyafk - - 2 1

V1r fDr Vahlpflfchtflchtrgruppe ":

8ttrftblorgtnf11tf ot1 - - 2 2

Arbeit1gto1insch1ft1n für 3- und 4atufigt Vfrtschaftsschultn 8 ' 10

Englfach 2 2 2

Kurlllchrfft 2 2 Pho19>typf1 2 2

llatl!iuti k 2 2 2

Fota!iraphft 1 1

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DLP09t116/B Bayerischer Landtag · PLENARPROTOKOLL 9/116 v. 03. 03. 82

V•tlf'!e•p en itvrn~sien •••i' 4a SollU'a 4a• raoh aioh' ltaeih al• Pllioh'- HO V&hl:pllioh,faoh M•ula'

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1--J 5) Sollltll~ 4er •••ialvi•••„ola&ttliobea •••llill-.or1•h'1mc• l.>.l 6) Bolll.la 4or _.ioolln .t.ullil411J1COriolat1u14r.

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Bayerischer Landtag . PLENARPROTOKOLL 9/116 v. 03. 03. 82 s . .z 3

Tab: Sozial• M1rluonfl der Abachl18j1h111ä1go der M11pt1cb1l1, der Fachob1rachol1 aovlo dtr 81ruf„b1rachol11) zu 1.3

11o ... tlfch1 St1ll119 Prornta1h 4or Schiler dtr/Ha

d11 Yotora 9. Jgst, der llo1p!1chel1 12. Jgat, Mr Fachober- 2. Schi 1 Jahl'fla\ll der 80-1ch1l1 rofloboracheh

i1 Schol Jahr

1'115m 1'119/Bo21 1'114/75 1'118/7, 1'114/75 1'118/79 1 2 l 4 5 6

Arboltor -111-/11191Jenit• 21 l_~_ 9 7 11 10 Fach- 25 12 12 13 15

lloht1r 7 7 6 5 6 8

A119uh 11 !er alaf./11111. 6 18 11 10 10 11 gah./lait. 5 16 18 14 11

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6 7 7 6 6 glh./hff. 2 8 10 1 7

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Froh 81,..11 1 l l 2 l ~----- -S.asllgo 6 l 2 6 4 l

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.lUi. WalaoHvllU...119 ach dtr Shl11111 dta [,..illnra 11 dar ultlfchaa EatvfckJ.19 •H 1961 brv. 1980 l)

Stallu11 dta El'lllhnra Pror11taih1 Mr Wohalloril k.,.... 11 e. ... t 1961 1968 1974 1977 1980

1 2 l 4 5

S1lb1ti11H1a 18,9 16,J 13,9 13,0 12,7

1lthalf"'41 f11llf1ao-gahlrl91 8,8 6,4 4,2 J,5 J,2

8111h 7,2 8,0 9,5 10,7 9,1

Aog11t1llt1 18,5 22,l 26,J 27,9 JB,2

Arlloltar 46,6 47,0 46, 1 "·' "·' ,..ng_rbola fir dh e. ... ntcho St1l1119 daa Vatara nfchoo - dtan dar aatllchoo Stathtlk ab.

hn dtr obl9u hhalla alad dtah1lb old 11111 dtr Hl1rachfadlfclloa Erllobo191Jllrro 1tt "" Q11tn 11 1.- Tabll111 ihlr dl• 1Nf11a Herluoaft •agnlhltll' ScbolJüf'1i191 dtr h1lscbol1 ...i •• ,_ r llodl19t ••rwl1lcllb1r.

111tatha Stfcb,roba - ca. 2800 Hnptachilani 111 Yergl1lch1sck1lu ror llll1ftnt1raocbo19 '" bolN llhlr wo1 Arboltalosngald 1dtr alur R11h 1.dgl.; dla wanhlbudto A1!11l1 •rdn 11 bcllgoroch•I, d.S

vlodar 100 S 1111tbt. 01111 imroch•ll9 Vlr HhHdlg, da1ft dh Z.bln 11 ein Wlrtlalchbtr alld 11! dN er w1ratlhndoft Tabtll1a über die sorlal1 H1rk1aft dar Schiler.

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DLP09t116/P Bayerischer Landtag · PLENARPROTOKOLL 9/116 v. 03. 03. 82

liiö. S11l1l1 llorkooft 111g1wihlt1r Scllil1rj1hrgio91 der R11l1ch1l1 l)

ltrofllcho St1ll1" d11 Y1taro 1965/66

1

Solhtbdl11r loonlrt 10, 1

Aodoror Solh1tlodl11r 18,0

lloul1r (olushl. ltrof„ nldat) 12,6

Aot11hllt1r 26,6

Arhtl\or 32,7

lorofllcbo Sl1ll111 des Yataro 1965/66

1

Solb1ll1d1,.. Laonirt . Aoderor S.l•1tiatll11r . .._tor (1l1acbl. lorof„

nldat) . A ... at11lt1t . Arhtl\or .

OHlll: lar1r1ach11 Stathtfashta laodoaut Staodl J1Hlh 1.10.

Pr1111t11t1 iltlr Scllill1r I• Sch1lj1hr

1968/69 1970/71 1973N'

2 3 ' 10,, 11,, 10,,

15,9 11,9 13,9

„,, 10,2 10,5

30,0 J2,2 3',8

32,2 31, 1 30,3

Pro111tsat1 der Schiil1r lo Scholjabr

1968/69 1970/71 1973/7' 2 3 '

9,6 10, 1 11, 1

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1) 011 S- for 11 doo 111111- SpaltH 1ng191b111• Pro111tsltz1 botrigt h der R191l oicht 100 j, da dlo Znl der Schilor ..... A.,0.1 bzw. 11\ dir Borvfu"abo 1S..stfgo1 la de• TabollH nicht htriickaicbtfgt ist.

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0tPno,tl~'J3 Bayerischer Landtag . PLENA~R~O~OLL 11 v.'113. /3.

~ S.1ial1 W.rk•1ft 1usg1wiblt1r Schül1rjahrti1g1 dt1 G11n11iu131}

.Ili.Jt Joli1"111tutof1 5 bzw, 1 2)

lot1fltcllt St1llo11 Prozontsotz dor Schilor 11 Scholj1hr dH Yatoro 1965/66 1968/69 1910n1 1vnn4 1V16m

zu 1.3

1911/82 Et19119slr'luuo Joll„„, •• 1.11 1

1 2 3 4 5 .

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Stlb1th4ff1r l•""'frl 6,0 5,3 5,6 4,7 3,7 2,7 hdoror St l balbtlt pr 23,3 21,7 20,5 11,2 18,1 16,9 a..tor (ollachl, lot1fa-

uldat) 23,4 21,3 20,7 20,1 21,7 22,6 h1Htolltor )1,2 34,8 36, 1 38,7 42,6 "·o Arllettor 16,1 16,8 16,8 18,1 13,0 1),6

lorofltchl Stoll""'J Prozoohatz dor Schüler t1 Schul Jahr do1 Yotero . -----·--·-

1981182 1965/66 1968/69 197on1 197Jh4 1976m 1 2 3 4 5 6

Stlb1ti1df9er LaHvlrt 4,8 5,4 5,6 5,0 5,5 3,0

hdoror Stlbatiodtpr 27,8 24,4 22,8 21,5 19,0 18,8

lo11ter (1h1chl, lorofa-uldlt) 27,1 26,8 25,9 24,1 22,4 22,,

AltHtolltor 29,2 32,2 33,0 35,9 31,0 42,4

Arlltttor 9, 1 11,1 12,5 13,3 14,9 12,6

--------lot1fltclle Stell11t Pn111ntutz dor Schüler 11 Schvljahr do1 Vatero 1965[66 1968/69 morn 19'/1n4 1976m 1981/82

1 2 3 4 5 6

Stlb1tiHt.1r lllldvtrt 4,0 4,9 6,0 5,3 5,0 4,1

Aldlrvr Stlb1tlHf91r 30,0 26,7 24,7 22,4 20,6 18,8

lta1tor (ehachl, lorofa-~ldat) 30,4 29,3 27,8 26,7 25,5 29,4

A11Htellt•r 26,6 29,8 )0,0 32,2 35,0 37,6

Arllettor ' 6,6 9,2 11,3 13,1 13,6 15,7

Qoello: 811 rfachu Statf1tf1cbo1 ludo1Ht st. ld Jovefl1 1,10.

1) Oh S• dor i1 de• et111l1u Spalte• 11119ebeuo Prozootaltzo botritl to dor 11111 nicht 100 j, da dto Zahl dor Schüler olloo llflbo' bzw, 1tt dor 81t1f11111b1 1Sto1tt911 to doo T1boll11 otcht berück1tchtt9t tot,

2) lh III icklJollr 1973n4 „rdo dh uzhlo Horboft dor Schüler dor Efo91111kl11110 1rfrv9t, d,h, 11 „rdo bot d11 &Yll 1tu dir llorulforo Jlllrg11911twf1 5, bof doa 6yu11h1 dor 7°Jibri91A Fero Jahrgu9ut.h 1 orfdt,

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DLP09!116/B S. 16 Bayerischer Landtag · PLENARPROTOKOLL 91116 v. 03. 03. 82

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Auf genommene Schr:i/erschaft · Rttfsrlru~

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Realschule

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Fönl1rung von 1pr1chb1hind1rt1n Schül1rn nach ' 1 Nr. 9.4.l EYASchOVo

11 Schulj1hr 1981/82 (Stlchwoch1 9. bis 13. Hov11b1r 1981)

--·--\Tlr K111w1 0• !chalj1hr "86f8~)

U ntorrichts- d1von für Grund- fur H1upt1chül1r g1f 5rd1rt1 Schü-qrupp1n schüler

l1r

98 89 9 m (61) (48) (13) (350)

310 300 10 1523 (355) (M) (13) (1534)

178 272 6 1490 (266) (150) (16) (1455)

53 47 6 189 (108) (89) (19) (494)

95 83 12 487 (133) (121) ( 11) (570)

37 25 11 135 (25) (11) (J) (78)

69 65 4 199 (25) (19) ( 6) (101)

940 881 59 4571 (973) (892) (81) ( 4582)

davon Grunds,hü)1r

313 (189)

1483 (1501)

1461 (1395)

238 ( 411)

rn (513)

93 (70)

181 (71)

4JOJ ( 4151)

11 Vergleich zu1 Schuljahr 1980/81 Ist eln1 Ausvoltung der Förderung von spr1chbehind1rton Schülern

nach\ 1 Nr. 9.4.1 EBASchOVo u• 3,7 % f1stzustell1n, obvohl i• gleichen Z1ilr1u1 die Schülerzahl

an den Grund- und Hauptschulen u• 5,6 % zurückgeQ1ng1n ist.

Hauplschül1r

35 (61)

40 (33)

28 (60)

51 (83)

, 54 (57)

41 (a)

.

18 (19)

268 (JJ1)

l1hr1rvoch1n1tund1n

105 (236)

261 (160)

285 (314)

68 (215)

166 (120)

40 (27)

88 (32)

111) (1304)

zu 1.5

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Förderlln8 von Schülern ait besonderen SchvierJ.a'keiten bei• Erlernen dea Leaen• und ----Reohte-chreibena nach § 1 Jrr. 9 • .c.1 DLSchOVo !• Schuljahr 1981/82 (Stichwoche 9. bi•

13. Bovember 1981) (in Klammern: Schuljahr 1980/81)

zu 1.5

chulenlZahl it d. Förder-

kurae l 3. Jget.

Schüler l Lehrer­inagea. wochen-

.c. Jpt. 15. Jgat. f6. Jgat. f 7. Jgat. 1 S. Jgat. f 9. Jgat. I stunden

3515 0743)

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055)

-------315044>.77,3 % (33172.77,1 %) 923s-22,7 % (9a79.22,9 %) :1,1 % (Vorjahr 7 %) :2,2 % (Vorjahr 2,2 %) aller Grundechüler in Bayern aller Hauptschüler in Bayern

l) In dieser Zahl Bind die 76 geförderten Schüler aus der 2. Jgat. enthalten. 2)

3)

4)

In dieser Zahl Bind die 153 geförderten Schüler aua der 2. Jgat. enthalten.

In dieser Zahl sind die 71 geförderten Schüler aua .der 2. Jgat. enthalten.

In dieser Zahl Bind die insgesamt 300 geförderten Schüler aua der 2 •. Jgat. enthalten.

9729 (10643)

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zu 1.5

p11 Flrdlf"Vfta 1ftr 1prashblhtndtrt1n Schol1r an den Yolks1shul1n h1t steh in den l1tzttn Jthr-en wf1 folat 1ntvtsk1lt;

&""""' 91fardtrt1 Schüler

1r12m 402 2 2J5

1mn4 361 2 202

1974/75 631 4 461

1975n6 559 3 "7

1916m 548 3 104

1977/78 594 2 980

1mn9 750 3 745

1979/tll 688 3 468

1980/81 m 4 582

1981/82 940 4 571

EntvfcklP!I der Förd1runa von l1s1-r1shtschrttb1shw1chtn Schül1rn

fr..WC •lt . ....„ Fanlarkurll g1flrdlrt1 Schül1r

1972h3 857 9.301

1971n4 1.739 17.051

1974/75 1.486 3.400 29. 717

1975n6 1.8'6 3.969 32.962

1976m 2.044 l.640 37.418

1mna 1.916 4.511 35.203

197sn9 1.994 4.580 35.503

1979/80 1.854 4.999 31 .031

1980/81 2.050 5.481 43.051

1981/82 1.951 5.067 40. 742

1uf91V1nd1t1 l1hrlrwoch1n1tundlll

911

983

7" 787

990 872

1 304 1 113

dlYOft Jgst. 2-4

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80,2 %

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77, 1 %

77,3 %

Jgst. 5.9

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19,5 %

19,8 %

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22,9 %

22,7 %

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zu I.5

Stand der Pädagogischen Frühförderung

In der Pädagogischen Frühförderung werden blinde und stark sehbehinderte, hörgeschädigte, geistig behinderte und körper­behinderte Kinder ab dem 6. Lebensmonat bzw. vom Erkennen der Behinderung oder der Feststellung einer drohenden Behinde­rung bis zum Eintritt in eine schulvorbereitende Einrich­tung, d.h. bis zu drei oder vier Jahren sonderpädagogisch, betreut. Die Förderung setzt auf Grund der ärztlichen Dia­gnose ein und wird häufig von medizinisch-therapeutischen Maßnahmen begleitet. Wesentliche Organisationsformen der Pädagogischen Frühförderung sind Elternberatung und Haus­früherziehung.

Bei sprachbehinderten Kindern kommt Frühförderung im engeren Sinn in den ersten drei Lebensjahren nur in Ausnahmefällen in Betracht. Diese Kinder werden meist im Alter von 4 - 6 Jahren in einer ambulanten Frühförderung bzw. in schulvor­bereitenden Einrichtungen betreut.

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DLP09!116/B Bayerischer Landtag · PLENARPROTOKOLL 9/t 16 v. 03. 03. 82

s. 3 ~-

zu 1.5

Pld•gngi•ohe J'rllh1'11rderwi.s: tür hllrgeschädie;te Kinder

Einriohtungen in1 Zahl der naoh- Zahl der !'ür die haltig betreu- Betreuung pro ten Kinder Woche autgeven-(Vor:1ahr) deten StUJlden

München (Bqer. LandeHohule 61 (48) 109 (99) tl1% GehllrloH) München (Schverhllr!genschule, staatlich) 10 (e) 7 (4)

Straubing (Bezirk) 33 (33) 22 (32) Straubing (Bezirk)Meldung Oberpf 9 (- ) 6 ( - ) Baaberg (p:rivat) 8 (7) 8 (7) Iilrnberg {Bezi:rk) 42 (50) 181 (142)

WUrzb111'g (privat) 75 (76) 98 (55) Augeb111'g (Bezirk) 15 (21) 24 (24) Dillingen (privat) 3 (5) 14 (6)

Summe1 256 (24e) 469 1> (369)

1)davon 1621/2 WoohenatUnden durch Sonderaohulleh:rer bsv. 'l'&ub•t-n­lehrer,331/2 durch Psychologen, 250 duroh heilplda.gogiaohe Unte:i:­richtshilfen und 31 durch übrige.

Pld•ro«i•ohe Prf1h!ll:rdernng tür kllrperbehinderte Kinde:r1)

Einriohtungen ins Zahl der nach- Zahl der f1l:r di• haltig betreu- Bet:re'llUng p:ro ten Kinder Woche autgeven-Vor ahr deten S.tUJlden

Münohen (privat) 100 (- ) 175 Aschaffenburg (privat) 20 (- ) 66 Alt rf b. NUrnberg (privat) 27 (12) 44 Wür urg (privat) 61 (70) 203

(privat) 99 182 rivat 1

SUllllll81 382 (181) 0242)

1) X rperbehinderte Kinder verdea auoh in zahlreiohen IU;lderen E iohtungen betreut, die tür geistig behinderte und mehr­t behinderte Kinder geacha.t.ten wurden (vgl. s. 5).

2) von 41 Woohenatunden duroh Sonderschullehrer, 127 durch P yohologen, 126 durch heilpädagogische Unterriohtahil.ten

530 duroh Kranlcenamnaatinnen.

( - ) ( - )

( - ) ( 140)

167

(413)

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DLP09!116/B Bayerischer Landtag · PLENARPROTOKOLL 9/116 v. 03. 03. 82 .S.31- ~

zu I.5

Schulvorbereitende Einrichtungen

Gemäß der Fünften Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Errichtung und den Betrieb von Sonderschulen wer­den sonderschulbedürftige Kinder, die zur Erfüllung der Schulpflicht einer besonderen Vorbereitung bedürfen, in schulvorbereitenden Einrichtungen für Gehörlose und ho~h­gradig Schwerhörige, stark SprachbPhinderte, schwer Kör­perbehinderte, Blinde und hochgradig Sehbehinderte sowie geistig Behinderte betreut. Für andere voraussichtlich sonderschulbedUrftige Kinder, insbesondere für von der Schulpflicht nach Art. 8 Abs. 2 Schulpflichtgesetz zu­rückgestellte Kinder, kann das Staatsministerium für Unter­richt und Kultus schulvorbereitende Einrichtungen als Ver­such genehmigen. Der Besuch schulvorbereitender Einrichtungen setzt ein Min­destalter von vier Jahren voraus, bei Gehörlosen, hoch­gradig Schwerhörigen und stark Sprachbehinderten ein Min­destalter von drei Jahren. Die Aufnahme in schulvorbe­reitende Einrichtungen erfolgt in der Regel auf Antrag der Erziehungsberechtigten oder im Einvernehmen mit die­sen ilber das Staatliche Schulamt. Grundlage für eine entsprechende Entscheidung bilden ärztliches undfachpäd­a~ogisches Gutachten.

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DLP09t116/B Bayerischer Landtag · PLENARPROTOKOLL 9/116 v. 03. 03. 82 s. 3 8

zu 1.5

Schulvorb1r1;t1nd1 Einrichtunatn ins91s1at

1980/81 1979/80 1978/79 1977/78

[fnrf chtungon: 196 (d1von H1 priv1t) 171 (130) 155 (125) 1" (115)

Gruppen: 506 (+ 14,7%) 441(+1,9%) 405 (+ 7,1 %) 378 (+ 4,7 %)

Kfndor: 904 (t 17 %) 3336 (+ 10,5 %) 3018 (+ 4,4 %) 2892 (+ 7 %)

P1rson1l: 36 Sol, TL; "71 28 Sol, TL 25 Sol, TL 35 Sol, TL KpU (div. 118 405 KpU (96) 337 KpU (83) 302 KpU (54) 1. Zuutzausb.)

Pfleg1stunden/lloch1: 2187 3169 3364 3411

Th1r411fostund1n etc. 21!9 .

durchachnfttl. Gruppen. 7,76 7,6 7,45 7,6 atlrh

Schulworbtreit1nd1 Einrichtungen nach R1ai1rungsb1zirktn 1980/81 (in Kla111rn: Vorjahr)

davon

Regforungsbozht Z1hl der Efnrichtungon öff. priv. Zahl dir Gruppen Zahl dir Kinder

Oberbayom (ofn. 58 18 30 12) 942 schl. Land1s1chul1n) (51) (107) (787)

Mt od1rb1y1rn 27 4 13 43 )1) (14) (43) (310)

Oberpfalz 11 1 10 33 241 (11) (28) (212)

Oblrfr111kon 18 7 11 39 326 (16) (36) (288)

Mi tto 1 fr1nkon 19 5 14 87 6" (27) (71) (543)

i..torfrsnkon 15 4 11 110 957 (23) (112) (834)

Schv1bon 18 6 . ~2 61 481 (19) . ( .. ) (362)

su-: 196 55 141 506 3904 (171) ("1) (3336)

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Sonderberufsschulen insgesamt (eiLechließlich

Bngeschlossene Klase~n) im Schuljahr 12eo/01

(in Klao:mern 1979/00, 1979/79)

I;inrichtuni:;en Klassen

für :Blinde 2 (2) (2) 5 (4) (3)

für Gehörlose und 4 (5) (5) 69 (67) ( 59) stark Schwerhörige

für Körperbehinderte 7 (7) ( 7) 45 (58) (54)

für Erziehungsschvierige 13 ( 13) (13) 86 (64) (59)

für Lernbehinderte

selbständige Schulen 26 (24) (25) 252 (222) (174) angeschlcaoene Kl~ssen 37 (40) (44)

für geistig :Behinderte 41 (31) (26) 92 (66) (69)

Summe: 93 (82) (78) 586 (521) (462)

J. J '3

zu 1.5

Schiller

32 (36) (28)

599 (569) '.555)

451 (699) (665 }

902 (706) (719)

2881 (2529)(2080) 725 (810) (867)

- 939 (634) (695)

6529 ( 5983) ( 56o9)

Im Vergle:l,ch zum Vorjahr erhöhte sich die Zahl der. Einrichtungen um 11. Die Zahl

der Klass.Jn stieg um 65, d.s. 12,47 %, die Zahl der Schüler um 546, d,s, 9,1 %. '

\

An den So~erber~fsschuler unterrichten nach den Angaben der Regierungen 55 Sonder hullehrer, 69 Lehrer aus der Iaufbahn des Lehramte an beruflichen

Schulen, Volksschullehrer und 297 Fachlehrer/Meister (teilweise nebenamtlich).

!

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-DLP09/116/8

Bayerischer Landtag. PLENARPROTOKOLL 9/116 v. 03. 03. 82 t • QO 41/ ....,c.~~~~~~~_;_~~~~=--~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Sonstige Schulen für Behinderte (Art. 3 Abs. 2 SoSchG)

für Blinde

Berufsfachschulen: 2 in München und Nürnberg

Klassen 8 Schüler: 65

Berufe: Telephonist, Stenotypist, Phonotypist, Telexschreiber

Realschule für Blinde an der Bayerischen Landes­schule für Blinde in München

Klassen: Schüler:

3 21

für Sehbehinderte

Private Realschule für Sehbehinderte Augsburg

Klassen: Schüler:

für Gehörlose

4 42

Realschule für Gehörlose an der Bayerischen Landesschule für Gehörlose in München

Klassen: Schüler:

13 103

für Schw~Hhörige

Private Realschule für Schwerhörige in München (Samuel-Heihicke-Schule)

Klassen: 12 Schüler: 114

zu 1.5

für Körperbehinderte

Einjährige kaufmännische Berufsfachschule an der Bayerischen Landesschule für Körperbehinderte München

Klasse: Schüler:

1 10

Dreijährige kaufmännische Wirtschaftsschule an der Bayerischen Landesschule für Körperbehin­derte München

Klassen: Schüler:

3 39

Private Realschule der Pfennigparade München

Klassen: Schüler:

6 63

Private Fachoberschule der Pfennigparade Mün­chen

Klassen: Schüler:

3 19

für Erziehungsschwierige

Landschulheim Elkofen (Grafing bei München) - Neu­sprachliches Gymnasium -

Klassen: Schüler:

sonstige

5 50

Schulen für Behinderte

1980/81 1979/80 1978/79 1977/78

Einrichtungen: 11 11 11 12 Klassen: 58 58 55 50 Schüler: 526 507 487 451

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Abtchlu8pr&fun1 1n den btJorfschen Sondtrvolk11chultn 1981 (qu1lfffzf1r1ndor Htupt1chultb1chluB)

Sondlrvolkllchul• Zahl dir Schiltr dir 9. bzo. Zlfi l dor T tfl nohnr tn dtr Zthl dtr butl0d1n1n fDr 10. Jt"'1•111tuf1n Ab1chluBpl'lJfun1 Ab1chla8pri1fun11n

Bllndo 9 7 7

Sohllohfndtrtt }1, 11 11

&th5rloto 45 26 24

Sch•rh6rl11 50 34 34

SprschbthJndtrtt 27 24 24

Korporbthfndlrto 30 3 3 ErzfthUn111chvtorf11 126 64 60

S.111 311 169 163

.. ,,,

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Proztntutltr Anttfl dar btst1ndln1n AbtchluBprllfun ... tn dor &untzthl dir SchOltr dir 9. bz•. 10.Jthr-

11n111tuf11

78 %

46 %

. 53 %

68 %

89 %

10 %

48 %

52 %

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~1b1 Abacblü111 11 Sduolu l)

ff+.-•• W.lM1elll11111 1965 l5J 1971 1974 bzv, der Sch1l11tl11111111 Aozahl Aatofl •• Anzahl Anteil 1n An11hl Anton ••

dir gleich- der 9l1lch- dor 9l1lch-11trl9on ';; völk1run9 l 11trl91n '" völkorung 9

11trl91n J! v6lktrung19

1 2 3 4 5 6

Erfill•ot dir Volk11chulpfllcht 11 730 8, 1 11 824 7,3 ohno M11pt1ehul1b1chl•8 . . ------------------···---- ·------ ------· ------ .. ----------· ------

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H11phchol1 . . 9 175 6,31 10 080 6,20 Rnlach1l1 2) 3) . . 1 349 0,93 835 0,51

3- und 41t1flg1 Vlrt1ch1ft11chul1 21 • • 404 0,28 266 0,16

6J11111l11 21 • • 793 0,55 629 0,39

Rudolf..Sl1ln1r-Schll1, lnt11r1,rt! und 9 0,01 14 0,01 l•lllnt19rl1rt1 61111t1ehul1 . •

Entl1a111ng 1us dar Sondervolksachul1 5l - - )641 2,5 5 318 3,3

Erfüllung dir Volk11chulpfllcht 68 058 46,8 83 741 51,5 olt Hiuptscbul1b1chluB . .

i- - - - - • - • - „ - - - - - - • - - - • - • - - „ ••••• ··----· -----· --·-·- ------· - - - - „ -.... IUI

H1vphchulo . . 62 383 42,88 77 814 47,86

d1runt1r 1lt qu1llflzi1r1od11 Abachlv8 . • n 560 18,94 40 398 24,85

R11lsch1l1 3) 6) . . 3 345 2,30 3629 2,23

3- 1nd 41t1fl91 Virtsch1fts1chul1 61 . . 752 0,52 677 0,42

6y•11l11 61 . . 1 501 1,03 1 560 0,96

R1dllf..St1lne...Schul1, lnt19rtJri, und T1lliot19rl1rt1 61111t1chul1 ,

. • 77 0,05 61 0,04

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Anzahl Alhtl •• dir 9l1lch-11trl911 a.. dlkorung19)

7 8

11 494 6,5 ------ -. ----. 10 179 . 5,74

507 0,29

171 0,10

580 0,33

57 0,03

7 024 4,0

92 976 52,4 ---·-- ------· 86 894 49,00

46 548 26,25

3 002 1,69

824 0,46

1 636 0,92

620 0,35

zu 1.6

1!180

An11hl Alt1f1 „ der 9l1lch-11trl9H "' v6lk1ru11919)

9 10

10 663 5,7 ------ ----. -9 490 5,05

495 0,26

204 0, 11

459 0,24

15 0,01

7 049 3,8

86 921 46,3 ------ ------81167 43,23

50 684 n,oo 3 077 1,64

851 0,45

1 536 0,82

290 0, 15

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R11lschel1 3) 12) 12 859 9,48 l1 941 15,08 ). 11d 41t.ff 11 Wlrt1cb1ft1schul1 5 340 3,94 4 854 3,)4 Allln<lrulschuh 118 0, 16 1)8 0,09 6)'Wlll1f11 1lt Olltr1!1f1nrolf1 7) 3867 2,85 3844 2,64

6yu11fn 1lt B1ao1dlror Prilfun9 8) . . 312 0,11 Red1lf.St1lnar-Sch•l1, lnt1grl,rt1 und T1lll1t11rl1rt1 61111!1chul1 9 . . - -B1nof111fl>luscbul1 1lt F1chschulr1lf1 695 0,51 2 379 1,64 81ruhfsch1ch1l1 lit Fachschulrelfl - - 10) 0,07 T1l1koll11 1 111 F1ch1chulrolf1 . - 767 0,5)

T1eb1lk1rsch1lo 1ft Zu11tzprilf1"1 - . - -F 1ehhochoch1l rol f 1 - 1 753 1,3 -------- ------ ----- ------

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5 867 3,61 6 565 3,70

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1980

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ln1tttut zar Erl1111111 dt6) Hochach1lrotf1 (1111119) 71 0,06 253 0,29

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H 332 10,48 17 858 11,71

35 0,03 38 0,02

103 0,08 129 0,08

284 0,21 282 0,19

. • 102 0,07

65 0,05 51 0,03

599 0,4 946 0,6 - - „ - „ „ - - „ „ „ „ - „ „ „ - „' „ „ „ „ „ -

461 0,34 760 0,50

. . 27 0,02

138 0, 10 159 0,10

89 148 58,9 111 214 67,5 ------ ------ i------· ------7J 787 48,75 90 281 54,77

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Schulen f1 Schul11tabezlrlc Gh•• Schülemhhn: Shnd 1.10.1980

Grenzen: H1upl1chulsprengel (enlnot1en 1u1 dir Karte der Bayerf. sehen Sehulan 1979/80)

Zelchen1rlcllrung: (5:1l) Schülerzahl ln191111t 20 Schüler efn11 Jahrpng1 (3. Jv•t. 1980/81)

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• i oder Tlfih1uptachule Jgst. 7 1it 9) 'IGrundachu h, Jv•t. 1 eft 4

>=< Tellh1upt1chule 1, Jgst. 5 1ft 6 <:J Teflh1upl1chule II, Jgat. 7 111 9 .A. ·Hauptschuh, Jg1t. 5 oft 9 ~Re1l1chule bzv. Virl1ch1fls1chule • Gy•11lu1

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Hauphchulspl'lflOll 1979/80

W1ld10nch~ •••• 11 1t h l 31,7 •••• Anteil dir 11 Schulort wohnenden SchOlor (3. Jgst.

1980/81) (1260),,hochoerochnete SchOlerzahl der 61111t1chule (5.-13.Jgat.)

1Jl ..•.• SohOler efntt Jahroanos (3. Jgat. 198~/81)

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26 ••••••••• SchDler efnea Johroeno• (3.Joat. 1980/81)

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. 1) T1b: A~1chll111 11 Schtol11

zu 1.6

Art d11 Sclltl1b1e~l111•1 19'5 15) 1971 1974 1m 1'180 btv, der Scl11lent1111un9 hzohl hton e• Anrlhl

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11 6" F1ch1ehul1 (ohne F1ch1chulrolf1) • . F1cb1k1d11f1 11 l(oh11 f1chgeb, F1chhoch1ehul• . . .

roffe od1r f1ch91b, Hochachulr.

T1l1koll"l1 für Errlther 17) . . . fn111111t . 244 261

Quellen: Bayerisches Statistisches Landesamt Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus

Fußnoten zu Tabellen „Abschlüsse an Schulen"

') Einschlie81ich derjenigen Abgänger, die unmittelbar an andere Schulen übertreten. Externenprüfungen sind stets mit enthalten

2) Als Abgänger ohne Hauptschulabschlu8 werden statistisch jene Schulabgänger aus der 7. und 8. Jahrgangsstufe

gezählt, die in einen Beruf oder in die Berufsschule abgehen bzw. deren weiterer Verbleib nicht feststellbar ist. 3) Einschließlich Abgänger aus Realschulen für Behinderte. ') Bis 1974 nur RudoH-Steiner-Schulen. ") Bei den Entlassungen aus der Sondervolksschule sind die Schulabgänger mit erfüllter Volksschulpflicht ohne

Hauptschulabschluß sowie mit Hauptschulabschluß einschließlich qualifizierendem Abschluß zusammengefaßt. 6

) Als Abgänger mit HauptschulabschluB werden statistisch jene Schulabgänger aus den Jahrgangsstufen 9 oder hö­her gezählt, die keinen mittleren Abschtu8 erwerben.

1) Einschr1eßr1ch der Abgänger aus den Jahrgangsstufan 11, 12 und 13 (ohne Abiturienten). Dabei ist statistisch nicht

erfaßt, wie viele solcher Abgänger aus privaten staatlich genehmigten Gymnasien keinen mittleren Abschluß er­reicht haben.

1) Schüler der 10. Jahrgangsstufe der Gymnasien, denen die Oberstufenreife nicht zuerkannt werden konnte, können unter besonderen Voraussetzungen in unmittelbarem Anschluß an den Besuch der 10. Jahrgangsstufe eine „Be­sondere Prüfung" ablegen, deren Bestehen die gleichen Berechtigungen wie das Abschlußzeugnis der Realschule verleiht. .

11 ) Bis zum Jahr 1976 sind die Schulabgänger aus Rudolf-Steinar-Schuten mit AealschulabschluB zusammen mit den Absolventen von Realschulen erfaßt.

10) 1965 einschließlich 2 zudtzllcher Prüfungen für Ingenieurschulabsolventen.

")Ein Teil der Absolventen von Fachakademien erwirbt durch eine staatliche Ergänzungsprüfung zur Abschlußprü­fung eine fachgebundene Fachschulreife. Bei einem Notendurchschnitt von 1,50 oder besser in jedem der beiden Zeugnisse erlangen diese Absolventen die fachgebundene Hochschulreife. Statistisch können jene Absolventen mit fachgebundener Fachhochschulreife bzw. fachgebundener Hochschulreife erst ab 1976 gesondert ausgewie­sen werden. Für die vorhergehenden Jahre sind diese Absolventen bei den „Sonstigen Abschlüssen" enthalten.

12 ) 1965 einschlleßlk:h 478 Abschlüssen an Aufbauzügen an Volksschulen.

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8,18 9 164 6,05 7 168 4,35 6 070 3,33 . 1678 1,11 2 048 1,24 2 012 1,10

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. . . . . . . 282 310 m"5 350 321

'3) Von den Absolventen der Berufsoberschuten erwirbt ein Teil durch eine ZusRtzprüfung in den Fächern Französisch oder Latein die allgemeine Hochschulreife. Statistisch können jene Absolventen mit allgemeiner Hochschulreife al­lerdings erst ab 1976 gesondert ausgewiesen werden. Für die vorhergehenden Jahre sind diese Absolventen bei den „Fachgebundenen Hochschulreifen aus Berufsoberschulen" enthalten.

14) Besonders qualifizierte Absolventen des Staatsinstituts für die AusbMdung von Fachlehrern erwerben d"1e fachge­

bundene Hochschulreife. '5

) Eine Reihe der in der Vorspalte aufgeführten Abschlüsse kann 1965 nicht erreicht werden, bzw. es liegt kein genü­gend detailliertes statistisches Material vor.

16) Die ausgewiesenen Zahlen der Absolventen an Fachschulen enthalten 1971 auch die Absolventen der Höheren

Frauenfachschulen und der Höheren Landfrauenschule Miesbach sowie 1971 und 1974 die Absolventen der Höhe­ren Fachschule für landwirtschaftliche Hauswirtschaft in TriesdorF,die elr.e fachgebundene Hochschulreife erwor-ben hatten. .

") Oie Absolventen des Telekollegs für Erzieher können ähnlich Will die Absolventen der Fachakademien durch eine staatliche Ergänzungsprüfung eine fachgebundene Fachhochs/3hutreife oder sogar eine fachgebundene Hoch­schulreife erwerben. Die Zahl dieser Abschlüsse ist jedoch in 9er Amtlichen Statistik nicht gesondert erfa8t

11) Der Rückgang der Absotventenzahl ist auf die Neuordnung des Erwerbs der Fachschulreife an Berufsfachschulen

zurückzuführen. Ab Schuljahr 1979/60 kann die Fachschulreife nur mehr an Berufsaufbauschulen erworben wer­den.

19) Als Bezugszahlen für die Berechnung der Anteilsquoten an der gleichaltrigen Bevölkerung wurden folgende durch­

schnittliche Altersjahrgänge gewählt: - bei den Schulabgängern ohne Hauptschulabschly8, mit Hauptschulabschlu8, mit Aealschulabschlu8 oder ent­

sprechendem Abschluß sowie aus Sondervolksschulen der durchschnlttliche Altersjahrgang der 15- bis unter 18jährlgen deutschen und nicht-deutschen Wohnbevölkerung jeweils vom 31. 12. des Jahres der Schulentlas­sung;

- bei den Schulabgängern mit Fachhochschulreife, mit allgemeiner Hochschulreife sowie mit fachgebundener Hochschulreife der Jahre 1971, 1974, 19n und 1980 der durchschnittliche Altersjahrgang der 19- bis unter 22}äh­rigen Wohnbevölkerung; abweichend davon bei den Quoten für die allgemeine Hochschulreife 1965 ein fiktiver Altersjahrgang, berechnet aus den bei AbitUrianten auftretenden Altersjahrgängen entsprechend ihren Anteilen an der Abiturientenzahl unter Abzug eines 30/oigen Abschlags für Ausländer;

- bei den Schulabgängern aus der Berufsschule sowie den Abgängern mit „Sonstigem Abschlu8" der durch­schnittliche Altarsjahrgang der 18- bls unter 21jährigen deutschen und nicht-deutschen Wohnbevölkerung.

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Dber1tcht pbtr den aualtf f ztctnd!n ftpypt1chul1bfchluß

Schuljahr Anzahl dtr Scholar 9. Joat. Prilfun91tailnahllo~ (% btzogan auf Prüfung b11t1ndan Sp. 11 (% bazogan auf Sp. 21

1 2 l

1961J/7D 61.279 23.567 (38,46 %) 23.062 (91, 86 %) 1970"1 63.178 28.170 (",59 %1 27.560 (91, 83 %1 1mn2 71.256 34.122 (47,89 %1 33.057 (96,88 %) 1912m • 72.928 36.879 (50,57 %1 35.874 (97, 27 %1 1mn4 78.119 42."1 (54,33 %1 40.398 (95, 19 %1 1914n5 eo. 110 ~.868 (50,60 %1 39.882 (91, 59 %1 1915n6 82.706 42.806 (51, 76 %1 41.969 (98, 04 %1 1916m 87.516 47.164 (53,89 %1 46.548 (98, 69 %1 1911n8 82.901 46.506 (56,10 %) 45.933 (98, 77 %1 1mn9 83.501 50.247 (60,18 %1 49.730 (98, 91 %1 1919/80 81.:189 51.229 (62,94 %1 50,684 (98, 70 %) 1980/81 77.769 50.205 (64,56 %1 49.673 (98, 94 %)

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zu 11.7

Schulen i• Schula~tsbezirk Günzbu~g

Schülerzahlen: .Stand 1. 10. 1981

Grenzen: Hauptschulsprengel (entnommen aus der Karte der bayerischen Schulen 1979/80)

Zeichenerklärung: (420) Schülerzahl insgesomt 20 Schüler eines Jahrgangs (4.Jgst. 1981/8?1

Oie Kreise stellen die Schülerzahl der 4.Jgst. dar. Sie haben einen anderen MaBstab als die Symbole für Gy1nasiu1 (Quadrat) und Realschule (Dreieck).

Gundre1111ingen

(242).Burtenbach 42

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60 Thannhausen

Staatsi•stitut für Bildungsforschung und Bildun9splanung, Mü,c\en 11.81 Ri/Hei

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DLP091116/B Bayerischer Landtag · PLENARPROTOKOLL 9/116 v. 03. 03. 82

„ 11.7

S!oulat!on von Gesamtschulsprengeln i• Schula•tsbezirk Günzbur9

Variante 1:

Gesaotschulsprengel

Hauptschulsprengel 1979/80

Gesa111tschulert

41,4~ i-Anteil der ••Schulort wohnenden Schüler (4.Jgst. 1981/82)

(1399) hochgerechnete Schülerzahl der Gesa•tschule (5. - 13.Jgst.)

215 Schüler eines Jahrgangs ( 4.Jgst. 1981/82) des Gesintschulbereichs

j 50

7k1 Entfernung des Standorts der Gesamtschule vom Standort der zuliefernden Grundschule

Staatsinstitut für Bildungsforschung und Bildungsplanung, "üoch;n 11.81 Ri/Hei

(

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7 LP091116/B Bayerischer Landtag · PLENARPROTOKOLL 9/116 v. 03. 03. 82

zu 11.7

Simulation von Gesa1tschulsprengeln im Schula1tsbezirk Günzburg

Variante 2:

Gesaotschulsprengel

-- - - - -- Hauptschulsprengel 1979/80

G&saotschulen

41,4% %-Anteil der ao Schulort vohnenden Schüler (4.Jgst. 1981/82)

,1399) hoohgerechnete ScMlerzahl der Gesamtschule (5. • 13.Jgst.)

215 Schüler eines Jahrgangs (4.Jgst. 1981/82) des Gesaotschulbereichs

7k1 Entfernung des Standorts der Gesamtschule vom Standort der zuliefernden Grundschule

29 Schüler eines Jahrgangs (4.Jgst. 1981/82)

Staatsi<stitut für Bildungsforschung und Bildungsplanung, "ünc'ien 11.81 Ri/Hei

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zu 11.9

Vemlltnle- übet' Schüler, Klassen und Le~rer Im L>n<·•rverglelch (Schuljahr 19 80/81)

Grund-und Haupt--AealS<l1ulen - 3- und 491ufogo --GrmnMi•n

5.-10. Jgot.

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-Schule<J< L.-insg. 23,3 24,0 Scllü10< ie Klasse 23,8 26, 1 Lelve< insg. ie 19aue 1,0 1, 1

Sehül« J< LelvOfrosg. 17, 7 19,0 Schüleqe Klone 25, 1 27, 5 ~.~.'.~Je.._~-~ss.• ···--·- !t~"" l·~ Schüler J< Lelvednsg. 20, 7 21, 2 Scnüle<jeKla09e 24,) 26,7 Lelve<inog. J< Klaue 1, 2 1 , )

Schüler J< Lelwer insg. 20,6 21, 1 Sehülef ;e Klas• 28, 1 30 t .\ L.-"'9g. „ Klasse 1,4 1,4

Schüloqo Lolwe• insg. 18,8 20, 1 Schüler je Klu9o 29,5 J0,5 l.elve< lnog. Je Kla- 1,6 1,5

19,8 26,4 1,)

1),1 2),0 1·!

18,0 26,2 1,5

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26,7 26,4 1,0

19,9 26,7 1.1

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19,2 29,6 1,5

18,9 28,6 1,5

24,8 25,1 1,0

2),8 25,9 1·1

24,5 25,3 1,0

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22,8 30,2 1,3

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22,5 23,S 1, 1

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18,2 24,6 1·~

20,3 23,9 1,2

19,6 29,7 1,5

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27,2 23,8 23,7 24,1 0,9 1,0

21,4 19,1 24,) 26,4

1·1 ' 1·~ 24,6 21,6 2),9 25,0 1,0 1,2

22,2 21,5 27,9 29,8 1,3 1,4

21,4 20,4 29,2 30,3 1,4 1,5

·---~~---~~-~: .. ~'.- . ____ „. ___ 5d1ü1o<)~ __ L~-~-~~--- !3!5. !1:1. !O:o_ !1:2_ !1:7_ !414_ 2311_ !314_ !312_ !21o_ !118 _ _219_ GymNsion' ••; Im'

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17,1 16,8 14,1 14,8 16,0 19,0 16,9 17,9 18,6 17,3 17,7 "7,4

21,1 16,5 18,3 17,0 15,8 21,6 21,1 28,0 30,2 27,7 29,4 29,2 29,8 28,4 1,3 1,8 1.5 1.7 1.9 1-4 1 )

~.5 - 118,6

1.4

28,4 28,0 28,5 28,4 29,2 28,2 29,5 30,7 30,0 28,6 29,8 29,0

n,9 12,3 11,1 14,2 f2,6 '5,3 '3,6 16,6 4,9 n5,9 15,0 14,4

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23,0 25,8 22,2 21,0 22,2 22,4122,2 23,0 23,3 23,3 21,7 23,2

18,9 23,8

24,4 23,5

23,4 24,0

21,5 16,1 22,4

• 19,2 20, 1

21, 7 19,4122,4

21,0 23,1 19,8 19,4 19,8

• ~.6

12,9 13,2 21,8 18,8 20,9

10,3 10,4 8,3 13,6 14,6 11,3 1,3 1,4 1.4

4,8 6, 1 6,8 7,7 8,8 10,1 1,6 1,5 1,5

i·' 8,3 7,7 1 ,7 12,0 10,9 1,5 1,4 1,4

9,4 10,0 12,2 13,2 1,3 1,3

6,4 7,0 7,5 9,8 1,2 1,4 8, 1 8,3

10,0 11,3 1,2 1,4

19,4 21,5

21,5 22, 1

21,9 2),4

20,1 21,0 20,5 22,7 20,9

22,6 24,2 20,9 19,4 22,7

22,9 25,7 23,9 22,8 23,2

21,3

21,6

20,5 21,7

22,4 23,0

23,4

24,6

12,2 10,3 12,8 11,6 14,5 13,6 15,1 16,2 1,2 1,3 1,2 1,4

7,4 6,4 5,9 5,6 8,6 8,0 9,2 7,6 1,2 1,3 1,5 1,4

10,2 9,2 9,2 8,8 11,9 12,0 12,4 12,1 1.2 1:1 1.1 1.4

2),4

25,6

20,1

25,8

12,6 12,5 15,6 13,2 1,2 1,1

5,4 6,5 7,5 8,1 1,4 1,2 9,1·10,5

11,8 11,7 1.1 1 1

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23,2

23,1

11,3 14,2 1,J

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