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12 Laser in der Medizin 12.1 Laser Seit ihrer Entwicklung ab 1960 wurden Laser sehr rasch auch in der Medizin eingesetzt. Ihr Nutzen liegt vor allem in der speziellen Art von Strahlung, die sie erzeugen. Diese kann sowohl in der Diagno- stik wie auch in der Therapie genutzt werden. 12.1.1 Eigenschaften von Laserlicht Abbildung 12.1: Laser als kohärente Lichtquelle Der wichtigste Unterschied zwischen Laserlicht und Licht aus konventionellen Lichtquellen ist, dass ein Laser kohärentes Licht erzeugt. Dies beeutet, dass zwischen den einzelnen Teilen des Lichtfeldes fe- ste Phasenbeziehungen bestehen. Insbesondere die räumliche Kohärenz ist wichtig für Anwendungen in der Medizin: sie erlaubt es einem, Laserlicht auf sehr kleine Strahldurchmesser (im Bereich von wenigen optischen Wellenlängen) zu fokussieren und damit hohe Intensitäten zu erreichen. Abbildung 12.2: Kohärenz Die zeitliche Kohärenz kann ausgenutzt werden, um entweder sehr monochromatisches Licht zu erzeu- gen (interessant vor allem für diagnostische Anwen- dungen), oder um sehr kurze Pulse zu erzeugen. Die- se erlauben einerseits eine hohe Zeitauflösung (z.B. für die Diagnostik), bieten aber auch wieder die Möglichkeit, sehr hohe Intensitäten zu erreichen. 12.1.2 Laser: Funktionsweise Abbildung 12.3: Stimulierte Emisssion Die Erzeugung von Laserlicht basiert auf dem Prin- zip der stimulierten Emission: Trifft ein Photon auf ein Elektron in einem angeregten Zustand (in einem Atom, Molekül oder Festkörper), so kann es die- ses dazu anregen, in den Grundzustand überzugehen. Die dabei freiwerdende Energie wird in der Form ei- nes Photons emittiert, welches die gleiche Frequenz und Phase besitzt wie das eingehende Photon: dieses wird praktisch geklont. Der Prozess der stimulierten Emission steht in Kon- kurrenz zur Absorption, bei welchem ein Photon vom Material aufgenommen wird. Die Wahrschein- lichkeit für die beiden Prozesse ist gegeben durch einen Koeffizienten, der nur vom Übergang abhängt, und die Population des Ausgangszustandes, d.h. des Grundzustandes für den Fall der Absorption, resp. des angeregten Zustandes für die stimulierte Emis- sion. Da das einfallende Licht durch die Absorption abgeschwächt, aber durch die stimulierte Emission verstärkt wird, erhalten wir eine Gesamtbilanz für die Intensität des Lichtes: dI dl p e - p g . Hier bezeichnet p e die Population des angeregten Zustandes, p g diejenige des Grundzustandes. Offen- bar erhalten wir eine Verstärkung (dI /dl > 0), wenn 228

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12 Laser in der Medizin

12.1 Laser

Seit ihrer Entwicklung ab 1960 wurden Laser sehrrasch auch in der Medizin eingesetzt. Ihr Nutzenliegt vor allem in der speziellen Art von Strahlung,die sie erzeugen. Diese kann sowohl in der Diagno-stik wie auch in der Therapie genutzt werden.

12.1.1 Eigenschaften von Laserlicht

Abbildung 12.1: Laser als kohärente Lichtquelle

Der wichtigste Unterschied zwischen Laserlicht undLicht aus konventionellen Lichtquellen ist, dass einLaser kohärentes Licht erzeugt. Dies beeutet, dasszwischen den einzelnen Teilen des Lichtfeldes fe-ste Phasenbeziehungen bestehen. Insbesondere dieräumliche Kohärenz ist wichtig für Anwendungen inder Medizin: sie erlaubt es einem, Laserlicht auf sehrkleine Strahldurchmesser (im Bereich von wenigenoptischen Wellenlängen) zu fokussieren und damithohe Intensitäten zu erreichen.

Abbildung 12.2: Kohärenz

Die zeitliche Kohärenz kann ausgenutzt werden, umentweder sehr monochromatisches Licht zu erzeu-gen (interessant vor allem für diagnostische Anwen-dungen), oder um sehr kurze Pulse zu erzeugen. Die-se erlauben einerseits eine hohe Zeitauflösung (z.B.

für die Diagnostik), bieten aber auch wieder dieMöglichkeit, sehr hohe Intensitäten zu erreichen.

12.1.2 Laser: Funktionsweise

Abbildung 12.3: Stimulierte Emisssion

Die Erzeugung von Laserlicht basiert auf dem Prin-zip der stimulierten Emission: Trifft ein Photon aufein Elektron in einem angeregten Zustand (in einemAtom, Molekül oder Festkörper), so kann es die-ses dazu anregen, in den Grundzustand überzugehen.Die dabei freiwerdende Energie wird in der Form ei-nes Photons emittiert, welches die gleiche Frequenzund Phase besitzt wie das eingehende Photon: dieseswird praktisch geklont.

Der Prozess der stimulierten Emission steht in Kon-kurrenz zur Absorption, bei welchem ein Photonvom Material aufgenommen wird. Die Wahrschein-lichkeit für die beiden Prozesse ist gegeben durcheinen Koeffizienten, der nur vom Übergang abhängt,und die Population des Ausgangszustandes, d.h. desGrundzustandes für den Fall der Absorption, resp.des angeregten Zustandes für die stimulierte Emis-sion. Da das einfallende Licht durch die Absorptionabgeschwächt, aber durch die stimulierte Emissionverstärkt wird, erhalten wir eine Gesamtbilanz fürdie Intensität des Lichtes:

dIdl

∝ pe− pg .

Hier bezeichnet pe die Population des angeregtenZustandes, pg diejenige des Grundzustandes. Offen-bar erhalten wir eine Verstärkung (dI/dl > 0), wenn

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pe > pg. Da im Normalfall pe < pg gilt, wird norma-lerweise Licht beim Durchgang durch ein Mediumabgeschwächt. Ist hingegen die Bedingung pe > pg

erfüllt, so spricht man von einem Inversionszustand.Dies ist die wesentliche Voraussetzung für die Er-zeugung von Laserlicht.

Abbildung 12.4: Laserresonator

Um diesen Prozess effizient ablaufen zu lassen, mussdas Verstärkungsmedium jeweils in den angeregtenZustand gebracht werden. Dafür wird eine ‘Pumpe´benötigt, welche die Energie in das Medium hinein-bringt.

Bei einem einzelnen Durchgang durch das Medi-um wird das Licht nur wenig verstärkt (typischer-weise um einen Faktor in der Größenordnung von10−2..1. Lasertätigkeit benötigt einen insgesamt sehrviel höheren Verstärkungsfaktor. Um dies zu errei-chen, muss das Medium meistens in einen optischenResonator gebracht werden: dieser sorgt dafür, dassdas Licht mehrfach durch das Medium geleitet wirdund dadurch eine hohe Verstärkung erreicht wird.

Weil kohärentes Licht mehrfach durch den Reso-nator läuft, interferieren die verschiedenen Teilwel-len miteinander. Dadurch entstehen Resonatormo-den: Das Licht wird nur dann verstärkt, wenn dieverschiedenen Teilwellen konstruktiv interferieren.Dies geschieht, wenn die Länge des Resonators einganzzahliges Vielfaches der Wellenlänge ist, L = nλ .Da im Allgemeinen L� λ ist diese Diskretisierungjedoch nicht immer direkt beobachtbar.

12.1.3 Beispiel: Rubinlaser

Einer der ersten Laser war der Rubinlaser, der in derFigur schematisch gezeigt ist. Das aktive Verstärker-material besteht aus Rubin, welches durch die Ein-strahlung von Licht elektronisch angeregt wird. Der

Abbildung 12.5: Rubinlaser

Laserstrahl wird aus der Stirnfläche des Rubinstabesemittiert.

Abbildung 12.6: Energieniveauschema des Rubinla-sers

Um eine Inversion zu erreichen werden im RubinCr3+ Ionen durch Absorption von Licht in einen an-geregten Zustand gebracht. Das Pumplicht sollte imBereich von 2-3 eV liegen (grün-blau).

Von diesem Zustand können die Atome durch strah-lungslose Übergänge in einen metastabilen Zustandgelangen. Ist dessen Lebensdauer lange genug, sokann zwischen diesem Zustand und dem Grundzu-stand eine Inversion erreicht werden. Der Laserüber-gang liegt bei 694.3 nm.

Je nach Verstärkermaterial unterscheidet man zwi-schen Festkörper-, Gas- und Farbstofflasern. Bei denFestkörpern sind Halbleiterlaser in den letzten Jah-ren immer wichtiger geworden. Da sie direkt elek-trisch gepumpt werden dienen sie auch für viele an-dere Laser als Pumpquelle.

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12.1.4 Gepulste Laser

Eine der attraktiven Möglichkeiten eines Lasers istes, kurze Pulse zu erzeugen. Dafür gibt es prinzipielldrei Möglichkeiten:

Abbildung 12.7: Puls eines Rubinlasers, mit Pump-puls (Blitzlicht).

• Man verwendet eine gepulste Pumpe. Diesist z.B. beim Rubinlaser der Fall, welchermit Blitzlampen gepumpt wird. Dreiniveaula-ser wie der Rubinlaser können nicht im Dauer-strichmodus betrieben werden, da es nicht mög-lich ist, eine stationäre Inversion zu erreichen.Deshalb muss bei diesen Systemen die Pumpegepulst betrieben werden.

Abbildung 12.8: Güteschaltung

• Gütegeschaltete Laser: Man kann die Verstär-kung eines Lasermediums gezielt erhöhen, in-dem man zunächst die Güte des Laserreso-nators künstlich reduziert, so dass die Laser-schwelle nicht erreicht wird. Erst wenn die In-version maximal ist (und damit die Verstär-kung) wird die Güte des Resonators erhöht, so

dass Laseremission stattfindet. Durch die höhe-re Verstärkung wird der Puls entsprechend in-tensiver. Diese Technik kann auch mit ”cavitydumping” kombiniert werden: Wenn das Feldim Resonator maximal ist wird die Auskopp-lung erhöht, so dass praktisch der gesamte Pulsausgekoppelt wird. Als schnelle Schalter kön-nen z.B. elektrooptische Modulatoren verwen-det werden.

Abbildung 12.9: Modenkopplung

• Modengekoppelte Laser: Mit Hilfe von optischnichtlinearen Elementen ist es möglich, dafürzu sorgen, dass die Verstärkung im Laserre-sonator nur bei hohen vorhandenen Intensitä-ten die Verluste übersteigt. Dann bildet sichselbständig ein umlaufender Puls aus, von demkontinuierlich ein Teil ausgekoppelt wird. Mankann dies auch so verstehen, dass sich zwischenden verschiedenen Resonatormoden eine festePhasenbeziehung ergibt, so dass diese am Ortder Pulse konstruktiv interferieren.

Dies erlaubt einem z.B., Messungen mit sehr hoherZeitauflösung durchzuführen

In der Figur ist das elektrische Feld einesFemtosekunden-Laserpulses dargestellt. Damit er-reicht man somit eine Zeitauflösung, welche rund 10Größenordnungen höher ist als mit Blitzlicht.

Neben der hohen Zeitauflösung sind gepulste La-ser vor allem auch deshalb interessant weil sie dieMöglichkeit bieten die Energie in einem kurzen Zeit-fenster zu konzentrieren, so dass mit relativ gerin-ger mittlerer Leistung sehr hohe Intensitäten erreicht

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Abbildung 12.10: Elektrisches Feld eins Femtose-kundenpulses.

werden. Als Beispiel betrachten wir einen sogenann-ten “Tabletop Terawatt Laser”: Bei einer mittlerenLeistung von ca. 1 W wird diese in Pulse von ca.10−13s konzentriert. Die Spitzenleistung erreicht da-mit mehr als 1 TW. Fokussiert man diese Leistungauf ein Gebiet von 10 µm2, so beträgt die Intensi-tät 1023 Wm−2. Die entsprechenden Feldstärken sindwesentlich höher als atomare Feldstärken, so dassAtome vollständig ionisiert werden.

12.1.5 Anwendungsbeispiele

Schon ein Jahr nach der Entwicklung des Lasers er-folgten die ersten Anwendungen kohärenter Strah-lung für die Therapie in der Augenheilkunde (Oph-thalmologie).

Dort wurde der Rubinlaser zur Koagulation derNetzhaut im Rahmen von Tierexperimenten einge-setzt. 1962 wurden erste Patienten gelasert, aber erstmit dem Ar+- Laser wurde diese Laserbehandlungab 1965 richtig erfolgreich. Die neue Strahlenquellewurde so schnell auf medizinischem Gebiet einge-setzt, da Augenärzte gute Kentnisse auf dem opti-schen Gebiet haben. Außerdem waren ähnliche Be-handlungen schon früher mit Hilfe von konventio-nellen Xenonlampen durchgeführt worden.

Die Augenheilkunde spielt auch weiterhin eine Vor-reiterrolle für den Einsatz von Lasern. Mittlerweilewerden viele Operationen mit Lasern durchgeführt.In der Folgezeit wurden Laser auch in der Chirur-gie und in fast allen anderen medizinischen Fach-

Abbildung 12.11: Erster medizinischer Einsatz eini-ger Laser.

gebieten eingesetzt, meistens recht kurz nach derEntwicklung neuer Lasertypen. Heute werden ge-zielt Laser für die medizinische Anwendung ent-wickelt, wie zum Beispiel die Festkörperlaser Hol-mium/YAG und Erbium/YAG, deren Emissionslini-en im nahen Infrarot liegen und die daher eine sehrkurze Eindringtiefe in biologisches Gewebe besit-zen.

12.2 Diagnostik

12.2.1 Fluoreszenz

Laser können z.B. verwendet werden, um gezieltfluoreszierende Markersubstanzen anzuregen. Fluo-reszenzmarker spielen bei Gewebeuntersuchungenund physiologischen Untersuchungen eine wichtigeRolle. So kann man Fluorezenzmarker an Molekülenanbringen, welche bevorzugt in Tumoren eingelagertwerden.

In der Figur ist das Bild eines Neurons gezeigt,welches das ”green fluorescent protein” GFP expri-miert und dadurch unter Bestrahlung mit ultraviolet-tem Licht grünes Licht emittiert. Die optimale An-regungswellenlänge liegt (je nach Variante) im Be-reich von 395 nm, die Emissionswellenlänge bei et-wa 509 nm. Solche Messungen werden vor allem in

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Abbildung 12.12: Neuron, welches das Mar-kerprotein GFP exprimiert.(http://www.greenspine.ca/en/-mGFP_neuron2.html)

der Labor-Analytik und in der medizinischen For-schung verwendet.

Energietranser zwischen Molekülen (FRET = För-ster resonant energy transfer) wird für die Klärungvon molekularen Prozessen verwendet. Dabei wirdein Photon, welches von einem Molekül (Donor) ab-sorbiert und auf einer leicht verschobenen Wellen-länge wieder emittiert wurde, von einem zweitenMolekül (Akzeptor) wieder absorbiert.

Abbildung 12.13: Absorptions- und Emissionslinienvon Donor und Akzeptor für reo-nante Energieübertragung.

Dieser Prozess läuft relativ effizient ab wenn

• die Emissionsbande des Donors mit der Ab-sorptionsbande des Akzeptors überlappt, sodass die Energieerhaltung gewährleistet ist

• die beiden Moleküle sich in räumlicher Nähebefinden.

Experimentell strahlt man somit auf der Absorp-tionswellenlänge des Donors ein und beobachtetauf der Emissionswellenlänge des Akzeptors. EineEmission findet (im Idealfall) nur dann statt, wenndie beiden Moleküle in Kontakt sind.

Abbildung 12.14: Beispiel einer FRET Anwen-dung: Konformationsänderung ei-nes Proteins.

Figur 12.14 zeigt ein Beispiel für eine Anwendung:Am Protein sind zwei Stellen markiert, mit einemDonor und einem Akzeptor. In der linken Figur sinddie beiden Molekülteile zu weit voneinander ent-fernt als dass ein Energietransfer stattfinden könnte.Rechts ist der Abstand klein genug. Beobachtet maneinen FRET Transfer, so weiss man somit, dass sichdas Protein in der rechts gezeigten Konformation be-findet.

12.2.2 Optische Pinzetten

Dielektrische Teilchen können ihre Energie ernied-rigen wenn sie sich in einem elekrischen Feld befin-den: Dieses induziert ein elektrisches Dipolmoment~d. Dieses orientiert sich bevorzugt parallel zum äu-ßeren Feld ~E und erniedrigt damit seine Energie umden Betrag U = −~E · ~d. Je stärker das Feld, destoniedriger wird damit die Energie des Teilchens.

Ein fokussierter Laserstrahl kann sehr hohe elek-trische Feldstärken erzeugen. Deshalb werden klei-ne transparente Teilchen in den Fokus eines Laser-strahls hineingezogen. Bewegt man den Laserstrahl,so bewegen sich diese Teilchen mit. Man spricht vonoptischen Pinzetten.

Solche optischen Pinzetten eignen sich gut, um mithoher räumlicher Auflösung Teilchen gezielt zu be-wegen. Gleichzeitig können auch die dabei auftre-

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Abbildung 12.15: Optische Pinzette

tenden Kräfte gemessen werden. Ein solches Bei-spiel wurde im Kapitel Muskeln diskutiert, wo opti-sche Pinzetten verwendet wurden, um die Bewegungeinzelner Muskelfasern zu untersuchen.

Abbildung 12.16: Kraftmessung an Haarzelle (Bio-physical J. 82, 1386 (2002).).

Die Figur zeigt ein weiteres Beispiel: Hier wird dieElastizität einer äußeren Haarzelle (Innenohr) ge-messen, indem daran ein kleines Kügelchen befestigtwird, welches durch eine optische Pinzette gehaltenwird. Die Kraft kann über die Auslenkung bestimmtwerden, sofern das Fallenpotenzial bekannt ist. Die-ses erhält man z.B. über eine Messung der Oszillati-onsfrequenz.

12.2.3 Mechanische Eigenschaften vonZellen

Abbildung 12.17: Manipulation von Zellbestandtei-len mit einer Laserpinzette.

Mit Hilfe von Laserpinzetten kann man auch im In-neren einer Zelle einzelne Organellen bewegen. Indiesem Beispiel (S. Chu, Scient. Am. Feb. 1992)wir ein Organell ans Ende der Zelle transportiert.Wenn es wieder losgelassen wird (4. Bild) so kehrtes an seinen Ausgangspunkt zurück. Dies erlaubt so-mit Rückschlüsse auf die innere Struktur der Zelle.Qualitativ zeigt das Experiment, dass diese Organel-len nicht einfach in der intrazellulären Flüssigkeitschwimmen, sondern am Zytoskelett befestigt sind.

Solche Untersuchungen dienen nicht nur dermedizinisch-biologischen Grundlagenforschung,sondern können auch direkt für die Diagnostikverwendet werden. So konnte man zeigen, dasses möglich ist, Krebszellen von gesunden Zellenaufgrund ihrer mechansichen Eigenschaften zuunterscheiden.

Abbildung 12.18: Zell-Strecker mit Hilfe divergie-render Laserstrahlen (BiophysicalJ. 81, 767 (2001).).

Eine globale Messung der Stärke des Zellskeletts istmöglich indem man die Zellen mit Hilfe von zwei di-vergierenden Laserstrahlen auseinanderzieht und ih-re Deformation bestimmt. Da die Laserintensität anden Faserenden am höchsten ist wird die Zelle anbeiden Enden angezogen.

Die Antwort der Zelle auf eine äußere Kraft kann

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man über den Schermodul quantifizieren. Zellen rea-gieren aber nicht linear auf eine äußere Kraft, son-dern passen sich auf längeren Zeitskalen vollständigan. Der Schermodul muss deshalb frequenzabhängiggemessen werden, d.h. man moduliert die Zugkraftmit einer niedrigen Frequenz.

Abbildung 12.19: Vergleich der Schermoduli vongesunden und Krebszellen (Wot-tawah et al., PRL 94, 098103(2005).).

In der Figur wird der Real- und Imaginärteil desSchermoduls (jeweils berechnet aus der gemesse-nen Verformung der Zellen) als Funktion der Fre-quenz gezeigt. Bei Krebszellen beobachtet man ei-ne erhebliche Reduktion des Schermoduls, vor allembei höheren Frequenzen. Offenbar ist in diesem Falldas Zytoskelett geschwächt. Die Technik eignet sichgrundsätzlich für eine schnelle, automatisierte De-tektion von Krebszellen.

12.2.4 Optische Kohärenztomographie

Da Licht in menschlichem Gewebe stark gestreutwird, ist es schwierig, optische Bilder des Körperin-neren zu erhalten. Bis in eine Tiefe von einigenmm ist es aber trotzdem möglich, wenn man opti-sche Kohärenz-Tomographie (OCT) verwendet. Da-bei handelt es sich um eine interferometrische Tech-

nik, welche dreidimensionale Bilder mit einer Auf-lösung im Bereich von 1 µm liefert. Verwendet wirdsie vor allem für Untersuchungen des Auges.

Die hohe räumliche Auflösung wird erreicht, in-dem man Lichtquellen mit einem breiten Wellenlän-genbereich verwendet, wie z.B. superlumineszenteLEDs oder Femtosekundenlaser.

Abbildung 12.20: Experimenteller Aufbau für opti-sche Kohärenz-Tomographie.

Das Licht wird auf das zu untersuchende Gewebe fo-kussiert und das reflektierte Licht mit einem Refe-renzstrahl überlagert. Haben reflektiertes Licht undReferenzwelle den gleichen Weg zurückgelegt, soerhält man konstruktive Interferenz.

Da das verwendete Licht einen großen Wellenlän-genbereich abdeckt ist die Kohärenzlänge sehr kurzund man ”sieht” nur das Licht aus einer genau de-finierten Schicht, deren Tiefe man über die Positi-on des Referenzspiegels einstellen kann. Die axialeAuflösung ergibt sich aus der spektralen Breite derQuelle: Bei einer mittleren Wellenlänge λ0 und ei-ner spektralen Breite ∆λ erhält man für die Kohä-renzlänge und damit für die axiale Auflösung

lc =2ln2

π

λ 20

∆λ≈ 0.44

λ 20

∆λ.

Die Dimensionen in lateraler Richtung werden ent-weder gescant, oder man verwendet eine Kamera an-stelle des hier gezeigten Photodetektors. In beiden

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Fällen wird die laterale Auflösung durch die verwen-dete Optik bestimmt.

Abbildung 12.21: OCT Bild eines Maus-Embryosim Vergleich mit einem Foto.

Die Figur vergleicht ein OCT Bild eines Mausem-bryos mit einem Foto. Das OCT Bild besteht aus ins-gesamt 256 Schnittbildern, welche im Rechner zu ei-nem Tomogramm verarbeitet werden, durch welchesman beliebige Schnitte rechnen kann.

12.3 Therapie

12.3.1 Absorption und Streuung im Gewebe

Trifft ein Laserstrahl auf Material, dann kann dasLicht absorbiert, reflektiert oder gestreut werden.Da der menschliche Körper zum größten Teil ausWasser besteht, ist für den medizinischen Einsatzvon Lasern der Absorptionskoeffizient von Wasservon größter Bedeutung.

Im sichtbaren Bereich ist die Absorption in Wasserso gering, dass sich eine mittlere Eindringtiefe von> 10 m ergibt. Im infraroten Spektralbereich werdenSchwingungen im Wasser angeregt. Dadurch steigtdie Absorption an und erreicht bei einer Wellenlängevon 2.9 µm ein Maximum.

Weil biologisches Gewebe nicht homogen ist spieltneben der Absorption auch die Streuung eine wich-tige Rolle. Es kann Einfachstreuung auftreten, aberauch Mehrfachstreuung, so dass unter Umständenein Photon das Gewebe wieder verlässt.

Je nachdem, wie groß die Dimension d der Streuteil-chen relativ zur Wellenlänge λ des Lichtes ist, wer-

Abbildung 12.22: Absorptionskoeffizient und mitt-lere Eindringtiefe von sichtbarerund infraroter Strahlung in Was-ser. Zusätzlich sind die Emissi-onslinien einer Reihe von La-sern durch senkrechte Striche ge-kennzeichnet, die für den medi-zinischen Einsatz von Bedeutungsind.

Abbildung 12.23: Arten der Lichtstreuung.

den unterschiedliche Arten der Streuung mit der je-weils zugehörigen Abstrahlcharakteristik wirksam.Da Rayleigh-Streuung mit abnehmender Wellenlän-ge rasch ansteigt wird im ultravioletten Bereich dieEindringtiefe und freie Weglänge des Lichtes im Ge-webe rasch kürzer.

Neben der Streuung spielen in diesem Bereich auchweitere Absorber eine Rolle, wie hier für Melaninund Hämoglobin gezeigt. Fast alle Moleküle absor-bieren im nahen UV.

12.3.2 Energiedeposition

Die einzelnen Prozesse, die man für therapeutischeLaseranwendungen verwendet, sind:

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Abbildung 12.24: Absorptionslinien im Gewebe.

• Photochemie

• Photothermik

• Photomechanik und

• Laserinduzierte (Photo-)Disruption

Abbildung 12.25: Intensitäten und Wechselwir-kungszeiten für therapeutischeLaseranwendungen.

Die Figur zeigt, dass die Intensitäten (vertikale Ach-se) und die Einwirkungsdauer (horizontale Achse)einen sehr breiten Bereich abdecken, von jeweils et-wa 16 Größenordnungen. Allerdings liegen die rele-vanten Anwendungen alle in einem relativ schmalenBand, bei dem das Produkt aus Intensität und Zeit,d.h. die deponierte Energie pro Fläche, nur um etwa3 Größenordnungen variiert.

Bei niedriger Leistungsdichte und langen Einwirk-zeiten werden durch Laserlicht photochemischeProzesse im Gewebe ausgelöst. Das wird in dem

großen Gebiet der photodynamischen Therapie ein-gesetzt, und Anwendungen in der Schmerztherapie,beschleunigten Wundheilung und Allergiebehand-lung. Dass Laser für die Heilerfolge nötig sind wurdejedoch noch nicht nachgewiesen (wissenschaftlicheGrauzone).

Ab Leistungsdichten von einigen 100 W/cm2 wirddas Gewebe photothermisch verändert, das Gewe-be wird koaguliert. Dieser Prozess wird zur Blutstil-lung eingesetzt oder zum Schrumpfen von Gewebe(Tumortherapie, Bandscheibenvorfall, Glättung vonHautfalten). Weitere Anwendungen gibt es auf demGebiet der Netzhautoperationen.

Bei hohen Leistungsdichten von über 106 W/cm2

wird Photoablation erreicht. Dieser Prozess wirdauch als Photomechanik bezeichnet. Ein begrenz-tes Gewebevolumen wird schlagartig aufgeheizt undverdampft. Durch die kurze Zeit, die das Verdamp-fen benötigt, wird keine Wärme über Wärmeleitungauf das verbliebene Gewebe übertragen. Es werdenExcimer-Laser mit kurzen Pulsen von 18 ns in derAugenchirurgie benutzt.

Noch höhere Leistungsdichten bis im Bereich von109 W/cm2 erreicht man mit gütegeschalteten Fest-körperlasern. Diese Intensität entspricht einer elek-trischen Feldstärke von etwa 109 V/m, vergleich-bar mit der Größe des atomaren elektrischen Feldes,mit dem die Valenzelektronen an den Atomkern ge-bunden werden. Durch diese Photodisruption bil-det sich ein lasererzeugtes Plasma, das bei seinerEntstehung und bei der Rekombination Stoßwellenaussendet. Ein wichtiges Beispiel für den medizini-schen Einsatz ist die Nachstaroperation bei grauemStar.

12.3.3 Photodynamische Therapie

Bei geringen Intensitäten erfolgt keine Gewebever-änderung durch den Laser. Man verwendet trotz-dem Dauerstrichlaser niedriger Intensität für die so-genannte photodynamische Therapie. Dabei werdensogenannte Photosensitizer verwendet: diese Mole-küle werden durch das Laserlicht aktiviert und kön-nen z.B. Radikale freisetzen, welche dann im Be-reich des Laserlichts Zellen abtöten.

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Wichtig bei dieser Anwendung ist, das Licht mög-lichst präzise in den zu behandelnden Bereich zubringen. Je nach Gewebe und Wellenlänge des Lich-tes kann dieses mehrfach gestreut werden und des-halb durch einen gewissen Bereich diffundieren.

Kritisch ist bei dieser Behandlung auch, dass dieverwendeten Photosensitizer z.T. eine relativ lan-ge Aufenthaltsdauer im Körper aufweisen und auchdurch Sonnenlicht aktiviert werden können. Behan-delte Patienten müsssen deshalb z.T. wochenlang indunklen Räumen verbringen.

12.3.4 Gewebeveränderung durch Wärme

Wird die optische Intensität in den Bereich von eini-gen Wm−2 erhöht, so treten thermische Effekte auf.Dabei wird die Energie zunächst von einem elek-tronischen (für Wellenlängen im Sichtaren, UV, undnahen Infraroten), resp. von einem vibratorischenÜbergang (für Wellenlängen ≥ 3µm absorbiert undvon dort thermalisiert, d.h. in alle Freiheitsgrade ver-teilt.

Biologisches Gewebe besteht aus Makromolekülen,die häufig durch Wasserstoffbrückenbindungen inihrer speziellen, funktionellen Form gehalten wer-den. Diese Bindungen können schon durch geringeEnergien aufgebrochen werden. Während man fürdie Dissoziation eines Moleküls eine Anregung vonmehreren eV benötigt (→ Kapitel 6), wird eine Än-derung der geometrischen Gestalt eines Eiweißmo-leküls schon bei einigen meV hervorgerufen, alsoreichen auch thermische Energien unter Umständendazu aus.

Bei Temperaturen oberhalb von 100−150◦ tritt Kar-bonisierung auf, d.h. es wird Kohlenstoff frei. Diesist i.A. ein unerwünschter Effekt und sollte vermie-den werden.

Für Gewebeveränderungen ist nicht nur die Tempe-ratur wichtig, sondern auch wie lange die jeweiligeTemperatur im Gewebe herrscht. Die Temperatur-werte in obiger Tabelle sind Mindesttemperaturen,bei deren Existenz nach langer Zeit die entsprechendaufgeführten Gewebeveränderungen eintreten. Dannkann man in erster Näherung annehmen, dass das

Abbildung 12.26: Temperaturbedingte Gewebever-änderungen.

Produkt aus Temperaturüberschreitung und Einwirk-zeit für den Gewebedefekt bestimmend ist.

Auf molekularer Ebene werden vor allem Proteinebeeinflusst. Bei Temperaturen oberhalb von 40◦ fin-den Koformationsänderungen statt, oberhalb von 50◦

verlieren verschiedene Enzyme ihre Funktionsfähig-keit, und oberhalb von etwa 60◦ tritt Denaturierungauf.

Als erstes tritt Koagulation auf. Dafür verwendetman bevorzugt grünes Laserlicht, welches von rotenBlutzellen gut absorbiert wird. Koagulation wird u.a.induziert, um Blutungen zu stoppen.

Abbildung 12.27: Koagulation in Lebergewebe.

In der Figur ist als Beispiel eine Anwendung anLebergewebe gezeigt. Koagulation kann verwendetwerden, um Blutgefäße zu verschließen oder er-

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kranktes Gewebe zu veröden, so dass es anschlie-ßend vom Körper abgebaut wird.

12.3.5 Wärmeleitung

Bei den meisten Einsätzen von Lasern in der Me-dizin wird das kontrollierte und vor allem räumlichbegrenzte Aufheizen des Gewebes benutzt. Wennin einem Material mit dem Wärmeleitkoeffizientenλ , der Dichte ρ ein Temperaturgefälle längs einerStrecke x existiert, so führt dies zu einem Wärme-fluss ΦW , bei dem pro Zeiteinheit dt die Wärmemen-ge dQ durch die Querschnittsfläche A fließt:

ΦW =dQdt

=−λA∂T∂x

.

Die daraus resultierende Temperaturänderung wirdbestimmt durch und der spezifischen Wärmekapa-zität cw. Sie beträgt für Wasser 4184 J K−1kg−1.

Wenn der Wärmestrom ortsabhängig ist, dann zer-legt man A in kleine Stücke und betrachtet die Wär-mestromdichte ~j:

~j =−λ∇T.

Der Zusammenhang zwischen Wärmestrom ΦW undder Wärmestromdichte ist somit:

ΦW =∫

~j ·d~A

Betrachtet man den Wärmestrom durch eine FlächeA der Dicke dx, so ist

ΦW = ( j(x)− j(x+dx)) ·A .

Für die Wärmestromdichte vor und hinter dieser Flä-che gilt

j(x) = −λdTdx

j(x+dx) = −λ

(dTdx

(x)+d2Tdx2 dx

)= j(x)−λ

d2Tdx2 dx

Damit erhält man

ΦW = +λd2Tdx2 dx A . (12.1)

Andererseits ist die Wärmekapazität CW des Volu-mens A ·dx

CW = ρ cw Adx .

Mit dessen Definition, dQdT = C, bekommt man durch

Einsetzen in 12.1 die Wärmeleitgleichung

dTdt

= DW · ~52T.

Die Größe DW := λ/(ρcw) wird als Wärmediffu-sionskonstante oder Temperaturleitfähigkeit be-zeichnet. Für Wasser erhalten wir mit den Werten ausder Tabelle DW = 0.58

4.2·106 = 1.4 · 10−7 m2

s . Da es sichum einen Diffusionsprozess handelt wächst die Di-stanz nicht linear mit der Zeit, sondern mit der Qua-dratwurzel.

Abbildung 12.28: Dichte, Wassergehalt, Wärmeka-pazität und Wärmeleitkoeffizienteiniger biologischer Stoffe.

In der Tabelle sind die Parameter für einige biologi-sche Gewebe aufgeführt. Man kann diese Werte ver-wenden, um abzuschätzen, wie weit sich eingetrage-ne Wärmeenergie ausbreitet. Der Übergangsbereichzwischen dem Fokus eines Lasers, der für Koagu-lation oder Gewebeabtrag verwendet wird, und demnicht geschädigten Bereich hängt einerseits von der

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12 Laser in der Medizin

Absorptionslänge des verwendeten Lasers ab, ande-rerseits von der Distanz, welche die Wärme wäh-rend der Zeit des Laserpulses diffundiert. Für einePulsdauer von 1 s beträgt diese Distanz etwa 1 mm.Bei einer Pulsdauer von 1 µs reduziert sich die Di-stanz auf 1 µm. Wie wichtig die thermische Diffu-sion für eine bestimmte Laseranwendung ist, hängtsomit von der Pulslänge ab, sowie von der Eindring-tiefe d des Lasers, welche die anfängliche Tempera-turverteilung bestimmt. Ist die Pulslänge τP größerals τP > d2

DW, so hat die Wärmeleitung einen wesent-

lichen Einfluss auf die resultierende Temperaturver-teilung.

Betrachtet man längere Zeiten, so genügt die Mo-dellierung des Gewebes als Wasser nicht mehr. Manmuss dann zum einen andere Transportmechanis-men berücksichtigen (z.B. Blutkreislauf), und inter-ne Wärmequellen berücksichtigen, um die Wärme-bilanz von lebendem biologischen Gewebe zu be-schreiben.

Als Ersatz für ein Skalpell verwendet man bei Ope-rationen teilweise CO2 Laser mit einer Wellenlän-ge von 10 µm. Bei dieser Wellenlänge beträgt dieEindringtiefe in Wasser rund 20 µm. Gegenüberdem Skalpell bietet der Laser vor allem den Vor-teil, dass weniger Blutungen auftreten (Koagulati-on durch den Laserstrahl). Die Technik ist dabeivergleichbar zur Ultraschalltechnik. Da der infraroteLaser nicht sichtbar ist, wird ihm ein sichtbarer La-serstrahl überlagert.

12.3.6 Gewebeabtrag

Bei hohen Intensitäten wird Gewebe verdampft unddadurch abgetragen. Je nach Laser (Wellenlänge, In-tensität, Pulsdauer) treten unterschiedliche Schädi-gungen auf.

An der Innenseite des Kraters ist häufig eine schwar-ze Kohlenstoffschicht vorhanden, die durch ver-branntes, karbonisiertes Gewebe entstanden ist.Diese verhindert eine freie Sicht auf darunter liegen-des Gewebe und streut außerdem stark, so dass dieseSchicht meistens vermieden werden soll oder zumin-dest so dünn wie möglich gehalten werden soll. Es

Abbildung 12.29: Typische Schädigungszonen umeinen lasererzeugten Krater imGewebe.

gibt aber auch einzelne Fälle, wo diese karbonisier-te Schicht erwünscht ist, zum Beispiel bei einigenAnwendungen der Gewebeablation (steriler Wund-verschluss).

Unter dieser Schicht befindet sich eine Nekrose-schicht, wo das Gewebe koaguliert ist. Es ist ge-schrumpft, und einzelne Gewebestrukturen sind ver-backen und verklebt. Dieses Gewebe ist so starkgeschädigt, dass es nicht mehr regeneriert, sondernvom Körper abgebaut wird. Die Dicke der Nekrose-schicht kann durch Wahl des Lasertyps (Wellenlän-ge) und dessen Betriebsart gewählt werden.

Außerhalb des Nekrosebereichs befindet sich derÖdembereich, hier ist eine Wasseransammlung imGewebe vorhanden. Dieses geschädigte Gewebewird sich wieder erholen, allerdings dauert dies we-gen der thermischen Schädigung der Versorgungsge-fäße recht lange.

Abbildung 12.30: Laserkrater in einem menschli-chen Zahn.

Die Figur zeigt als Beispiel einen Laserkrater in ei-nem menschlichen Zahn. Der Krater wurde durch 20Pulse eines Er:YAG Lasers erzeugt. Dieser Laser-typ emittiert beim Absorptionsmaximum von Was-ser. Er wird im Zahn deshalb bevorzugt in bestimm-ten Schichten des Zahns absorbiert, welche einen be-

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sonders hohen Wasseranteil aufweisen. Bei der ex-plosiven Verdampfund des Wassers wird das harteZahnmaterial abgesprengt. Dies ist die Ursache fürdie sichtbar freiliegenden Ebenen.

Abbildung 12.31: Plaque Entfernung in einem Blut-gefäß.

Gewebeabtrag kann nicht nur von außen erreichtwerden, sondern auch im Körperinneren, indem manden Laser über eine Glasfaser einkoppelt. In der Fi-gur ist als Beispiel der Abtrag von Plaque in einemverstopften Blutgefäß gezeigt.

12.3.7 Photoablation

Geht man zu höheren Leistungen und kürzeren Pul-sen, so tritt nicht mehr thermische Verdampfung auf,sondern Photoablation. Die molekulare Basis dafürist die elektronische Absorption, welche Moleküleentweder ionisiert oder fragmentiert indem die Elek-tronen in antibindende Zustände gebracht werden.

Abbildung 12.32: Übergang in antibindendes Orbi-tal.

Die Figur zeigt das Resultat einer Anregung in einantibindendes Orbital (=Photodissoziation). Die bei-den Molekülfragmente A und B fliegen auseinanderund tragen damit die eingebrachte Energie in Formkinetischer Energie weg. Solche Übergänge benö-tigen meist eine Photonenenergie im UV-Bereich.Photoablation wird deshalb bevorzugt mit kurwelli-

gen Lasern (z.B. Excimer Laser oder hohe Harmoni-sche von Festkörperlasern) durchgeführt.

Abbildung 12.33: Simulation einer Photoablationin PMMA (Garrison&Srinivasan,1985).

Die Simulation zeigt den Prozess anhand von PM-MA. Photoablation kann auch in transparentem Ma-terial stattfinden (z.B. Glas): wenn die Intensität ge-nügend hoch ist können Mehrphotonenprozesse an-geregt werden. Durch die Bildung eines Plasmaswird außerdem, nach einer Anfangsphase, eine sehrbreite Absorption erzeugt.

Abbildung 12.34: Vergleich der Wirkung von ns undfs Puls bei Abtrag von Cu.

Der wesentliche Unterschied zur thermischen Be-handlung ist, dass im Fall der Photoablation in kurz-er Zeit soviel Energie eingebracht wird, dass das Ma-terial direkt in den gasförmigen Zustand übergeht,praktisch ohne thermische Energie mit der Umge-bung auszutauschen. Dadurch bleiben Schädigungenin umliegendem Gewebe gering. Wie kurz die Pulsedafür sein müssen hängt vom Material ab. In der Fi-gur werden ein ns Puls und ein fs Puls verglichen,

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welche auf ein Cu Substrat wirken. Beim ns Pulssind deutlich Schmelzeffekte sichtbar, während derfs Laser ein sehr sauberes Loch erzeugt.

Abbildung 12.35: Photoablation auf der Hornhautmit unterschiedlichen Wellenlän-gen.

Photoablation ist heute die Standardtechnik zur Kor-rektor der Hornhaut. Wie das Bild zeigt, ist es vonVorteil, möglichst kurze Wellenlängen zu verwen-den. Allgemein gilt, dass durch kurze Wellenlängenund hohe Leistungen die thermischen Schäden ge-ring gehalten werden können.

Abbildung 12.36: Hornhaut Korrektur.

Indem man des Fokus des Lasers in das Gewebe hin-ein setzt kann man mit Hilfe des Lasers auch einenSchnitt unterhalb der Oberfläche durchführen. Dieswird z.B. bei Hornhautkorrekturen gemacht: eineSchicht der Hornhaut wird teilweise abgelöst, darun-ter wird der Korrekturschnitt durchgeführt, und danndie Oberschicht wieder befestigt.

12.3.8 Weitere Anwendungen

In der nachfolgenden Tabelle werden jedem Wech-selwirkungsmechanismus einige klinische und sichin Erprobung befindliche Lasertherapien exempla-risch aufgeführt. Die für die jeweiligen Anwen-dungsgebiete typischen Laser sind dort ebenfalls zufinden.

Abbildung 12.37: Beispiele für Lasertherapie.

Je nach medizinischer Problemstellung werdendie verschiedenen Arten der Laserlicht-Gewebe-Wechselwirkung eingesetzt. Die folgende Tabellegibt einen Überblick über Verfahren, die sich im Ein-satz in der Therapie bewährt haben:

Es fällt auf, dass die Koagulation in allen Bereicheneingesetzt wird, hauptsächlich zur Blutstillung undzum sterilen Wundverschluss. Sie wird aber aucheingesetzt, um größere Wucherungen zu schrumpfendamit zum Beispiel die Atemwege wieder frei wer-den. Die Anwendungen des Ablatierens und Laser-scheidens werden in der minimalinvasiven Chirurgieeingesetzt.

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Abbildung 12.38: Einsatz der Licht-Gewebe-Wechselwirkungen in der Thera-pie.

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