12 Nachweis der Standsicherheit von Unterwasserbö ... · Slope stability analysis of underwater...

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Richwien & Meyer: Nachweis der Standsicherheit von Unterwasserböschungen aus nichtbindigen Bodenarten BAW-Workshop: Boden- und Sohl-Stabilität – Betrachtungen an der Schnittstelle zwischen Geotechnik und Wasserbau 12-1 12 Nachweis der Standsicherheit von Unterwasserbö- schungen aus nichtbindigen Bodenarten Slope stability analysis of underwater slopes in non-cohesive soils A. Richwien Institut für Geotechnik und Markscheidewesen, Technische Universität Clausthal Institut of Geotechnical Engineering and Mine Surveying, Technical University Clausthal, Germany N. Meyer Institut für Geotechnik und Markscheidewesen, Technische Universität Clausthal Institut of Geotechnical Engineering and Mine Surveying, Technical University Clausthal, Germany KURZFASSUNG: Der Beitrag beschreibt einen erweiterten Standsicherheitsnachweis für Abbauböschungen unter Wasser, in dem die auftretenden hydrodynamischen Belastungen aus dem Abbau, aus Wasserspiegel- differenzen und aus Wellen auf einfache Weise berücksichtigt werden. Grundlage ist ein Nachweis nach E DIN 4084: 2002, in den die Ergebnisse von Untersuchungen bezüglich der Porenwasserdruckreaktionen an Bin- nenwasserstraßen eingearbeitet wurden. Dieser Bemessungsansatz wird für den Nachweis der Standsicherheit von wasserdruckbelasteten Sand- und Kiesböschungen verwendet. Es kann gezeigt werden, dass die hydrody- namischen Einwirkungen aus dem Abbau, aus Wellen und aus Wasserspiegelschwankungen eine Abflachung der Böschung erfordern. Diese fällt allerdings deutlich geringer aus, als die Abflachung, die sich beim verein- fachten Ansatz einer böschungsparallelen Strömung ergibt. ABSTRACT: The intention of the paper is to include the excess pore water pressures caused by hydrodynamic loads in the conventional slope stability analysis used for the design of underwater slopes in order to optimize slope angles of submerged pits in sand and gravel. The design is based on E DIN 4884: 2002 and on the re- sults of investigations on the pore water pressure propagation in soils which have been performed at the slopes of inland waterways. The results of the calculations show that due to the hydrodynamic impacts of operation, waves and oscillating water tables the slopes of submerged pits in sand and gravel need to be less steep. The difference in steepness is much smaller than calculated with the simplified approach with flow parallel to the slope surface.

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Richwien & Meyer: Nachweis der Standsicherheit von Unterwasserböschungen aus nichtbindigen Bodenarten

BAW-Workshop: Boden- und Sohl-Stabilität – Betrachtungen an der Schnittstelle zwischen Geotechnik und Wasserbau12-1

12 Nachweis der Standsicherheit von Unterwasserbö-schungen aus nichtbindigen BodenartenSlope stability analysis of underwater slopes in non-cohesive soils

A. RichwienInstitut für Geotechnik und Markscheidewesen, Technische Universität ClausthalInstitut of Geotechnical Engineering and Mine Surveying, Technical University Clausthal, Germany

N. MeyerInstitut für Geotechnik und Markscheidewesen, Technische Universität ClausthalInstitut of Geotechnical Engineering and Mine Surveying, Technical University Clausthal, Germany

KURZFASSUNG: Der Beitrag beschreibt einen erweiterten Standsicherheitsnachweis für Abbauböschungenunter Wasser, in dem die auftretenden hydrodynamischen Belastungen aus dem Abbau, aus Wasserspiegel-differenzen und aus Wellen auf einfache Weise berücksichtigt werden. Grundlage ist ein Nachweis nach E DIN4084: 2002, in den die Ergebnisse von Untersuchungen bezüglich der Porenwasserdruckreaktionen an Bin-nenwasserstraßen eingearbeitet wurden. Dieser Bemessungsansatz wird für den Nachweis der Standsicherheitvon wasserdruckbelasteten Sand- und Kiesböschungen verwendet. Es kann gezeigt werden, dass die hydrody-namischen Einwirkungen aus dem Abbau, aus Wellen und aus Wasserspiegelschwankungen eine Abflachungder Böschung erfordern. Diese fällt allerdings deutlich geringer aus, als die Abflachung, die sich beim verein-fachten Ansatz einer böschungsparallelen Strömung ergibt.

ABSTRACT: The intention of the paper is to include the excess pore water pressures caused by hydrodynamicloads in the conventional slope stability analysis used for the design of underwater slopes in order to optimizeslope angles of submerged pits in sand and gravel. The design is based on E DIN 4884: 2002 and on the re-sults of investigations on the pore water pressure propagation in soils which have been performed at the slopesof inland waterways. The results of the calculations show that due to the hydrodynamic impacts of operation,waves and oscillating water tables the slopes of submerged pits in sand and gravel need to be less steep. Thedifference in steepness is much smaller than calculated with the simplified approach with flow parallel to theslope surface.

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BAW-Workshop: Boden- und Sohl-Stabilität – Betrachtungen an der Schnittstelle zwischen Geotechnik und Wasserbau12-2

12.1 EinleitungBeim Nachweis der Standsicherheit der im Nassab-bau von Sand und Kies entstehenden Unterwasser-böschungen folgt man in der derzeitigen Genehmi-gungspraxis der Vorstellung, dass der Abbau derRohstoffe unter Wasser nicht ohne beträchtlicheStörung des Lagerstättenmaterials erfolgen kann.

Die Böschungen, die sich beim Abbau ergeben,können zwar vorübergehend steil sein, sie sind mitdieser Steilheit aber unter den vorstehenden An-nahmen nicht dauerhaft standsicher. Bereits kleinsteStörungen können zu einer Umlagerung des Bodensführen und der sich dann einstellende Böschungs-winkel ist sehr viel flacher, als der Böschungswinkelder Abbauböschung. Eine analytische Beschreibungder beim Abbruch auftretenden Umlagerungsprozes-se ist jedoch zurzeit nicht möglich /Richwien & Meyer2002/.

Da der Abbau von Sand und Kies der Genehmi-gungspflicht durch eine Aufsichtsbehörde unterliegt,müssen im Rahmen des jeweiligen Genehmigungs-verfahrens auch die Standsicherheiten der Ab-bauböschungen nachgewiesen werden. Nach/Meyer & Fritz 2001/ kann bei einem schonendenAbbau der Standsicherheitsnachweis entsprechendDIN 4084 geführt werden.

Meyer & Fritz sprechen aber auch davon, dass in derPraxis von einem nichtschonenden Abbau ausge-gangen werden muss. Nichtschonender Abbau gehtimmer mit der beschriebenen Bodenumlagerungeinher. Da diese Bodenumlagerung in den Standsi-cherheitsnachweisen nicht direkt berücksichtigt wer-den kann, verlangen einige Aufsichtbehörden (so z.B. das Niedersächsische Landesamt für Bodenfor-schung, NLfB) beim rechnerischen Nachweis derAbbauböschungen den Ansatz einer böschungs-parallelen Strömung. Die Auswirkungen auf denmaximal möglichen Neigungswinkel der rechnerischstandsicheren Böschung sind enorm.

Für einen lockeren nichtbindigen Boden entsprichtdie natürliche Böschungsneigung etwa dem Winkelder inneren Reibung des Böschungsmaterials. Setztman aber eine böschungsparallele Strömung an, soverringert sich der zulässige Böschungswinkel etwaauf den halben Reibungswinkel. Bei Einhaltung die-ser Sicherheitsanforderung müssen die Böschungenrelativ flach ausgebildet werden. Dieser Ansatz wirddamit den Sicherheitsbedingungen gerecht, wider-spricht aber der gesellschaftspolitischen Forderungnach Ressourcenschonung. Damit geht es nicht nurdarum, die Böschung sicher zu gestalten sondernvielmehr die Böschungsneigungen so zu optimieren,dass sie bei Ausnutzung der verfügbaren Bodenfe-stigkeit genauso steil sind, wie es die Standsicher-heit erlaubt.

12.2 InstationärerPorenwasserüberdruck anwasserdruckbelastetenAbbauböschungen

Durch den Gehalt an gasförmigen Bestandteilen imPorenwasser ist die durch Wasserspiegeländerun-gen ausgelöste Porenwasserdruckverteilung im Bo-den stark von der Absunkgeschwindigkeit vzA [m/s]und von der Wasserdurchlässigkeit des Bodens k[m/s] abhängig. Handelt es sich nämlich um einenschnell fallenden Wasserspiegel, der in erster Nähe-rung definiert ist für:

vzA ≥ k (12-1)

dann kann die Druckänderung im Porenwasser desanstehenden Bodens den Wasserspiegeländerun-gen nicht direkt folgen. Unterhalb des wasserdruck-belasteten Bodens kommt es zu dem in Bild 12.1dargestellten zeitlich und tiefenabhängig veränderli-chen instationären Porenwasserüberdruck ∆u(z, t).

Bild 12.1: Hydrostatischer Porenwasserdruck undPorenwasserüberdruck während einesschnellen Wasserspiegelabsunks mit vzA ≥ k/BAW 2004/

Dieser instationäre Porenwasserüberdruck lässt sichnach /Köhler 1989/ und /de Groot 1988/ vereinfachtmit der Exponentialfunktion nach Gleichung (12-2)beschreiben:

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BAW-Workshop: Boden- und Sohl-Stabilität – Betrachtungen an der Schnittstelle zwischen Geotechnik und Wasserbau12-3

)e)t(a1(z)t,z(u )z)t(b(AW

⋅−⋅−⋅⋅γ=∆ (12-2)

In dieser Funktion ist γW [kN/m³] die Wichte desWassers, zA [m] der Absunk zum Zeitpunkt t [s] undz [m] ist die Tiefe unter der Böschungs- bzw. Soh-loberfläche. Das Absunkmaß γW⋅zA wird in Gleichung(12-2) mit dem Dämpfungsglied einer exponentiellenÜbertragungsfunktion multipliziert, die beiden Po-renwasserdruckparameter a(t) [-] und b(t) [1/m] be-schreiben die Krümmung der Exponentialfunktionund damit die Größe des Porenwasserüberdrucks.

Nach einer Analyse weiterer Messergebnisse konnteGleichung (12-2) weiter vereinfacht werden:

)e1(z)z(u zbAW

⋅−−⋅⋅γ=∆ (12-3)

Die Größe des b-Werts wird allgemein aus Natur-messungen ermittelt, alternativ kann aber auch einerechnerische Abschätzung des b-Werts nach /Schulz1986/ erfolgen:

A

S

A

SFW

tk2S

tk2)E1ßn(b

⋅⋅π⋅

=⋅⋅

π⋅+⋅⋅γ=

(12-4)

Der Porenwasserdruckparameter b beschreibt alsodie spezifischen Last- und Bodeneigenschaften undwird über den theoretischen Zusammenhang zwi-schen der Zusammendrückbarkeit von Boden undPorenwasser, dem Durchlässigkeitsbeiwert k undder maßgebenden Absunkzeit tA definiert.

Die Druckdämpfung im Böschungsuntergrund wird inGleichung (12-4) durch den spezifischen Speicher-koeffizienten SS berücksichtigt:

)E1ßn(S SFWS +⋅⋅γ= (12-5)

In dieser Gleichung steht ßF [m²/kN] für die Kom-pressibilität des Luft-Wasser-Gemisches, γW [kN/m³]ist die Wichte des Wassers, SE1 [m²/kN] die Kom-pressibilität des Bodens und n [-] steht für das Po-renvolumen.

/Köhler & Asami 2002/ beschreiben ein einfachesVorgehen, um den Lastfall schnelle Spiegelsenkungim Standsicherheitsnachweis für Böschungen zuberücksichtigen. Sie konnten zeigen, dass der An-satz eines spezifischen Speicherkoeffizienten SSnach Gleichung (12-5) in einem kommerziellen,rechnergestützten Programmsystem (hier: GGU-TRANSIENT, Version 4.02) zu vergleichbaren Po-tentialdruckverhältnissen für den Lastfall schnelleSpiegelsenkung führt, wie sie sich auch bei Anwen-dung der Exponentialfunktion nach Gleichung (12-2)ergeben würden. Damit ist es möglich, die Belastungder Böschung aus schnellen Wasserspiegelände-rungen auch bei der Standsicherheitsberechnung mit

marktüblichen Rechenprogrammen zu berücksichti-gen.

12.3 Zusätzliche Berücksichtig-ung der Wellenbelastung imNachweis nach E DIN 4084

12.3.1 Einflüsse auf die Größe derDruckdämpfung bei Abbaubö-schungen

In verschiedenen Untersuchungen, z. B. von /Köhler1989/ und /Alberts 2001/, konnte gezeigt werden,dass der Baugrund mit einem Porenwasserüber-druck auf hydrodynamische Belastungen reagiert.Einfluss auf die Größe der Druckdämpfung habendie Größe der hydraulischen Belastung, die Durch-lässigkeit des Bodens, die Sicherung der Böschungund die Wassertiefe.

Die Größe der hydraulischen Belastung ergibt sichbei Abbauböschungen aus den Abbauwellen, denWindwellen und aus natürlichen Wasserspiegelände-rungen. Sie wird über die Größe des erzeugtenAbsunks zA vor der Böschung erfasst, die mittlereAbsunkgeschwindigkeit vzA ergibt sich aus der zuge-hörigen Absunkdauer tA zu:

AAzA tzv = (12-6)

Aus typischen Körnungslinien für abgebaute Kieseund Sande kann die Bandbreite der k-Werte abge-schätzt werden. Für die betrachteten Bodenartenliegt sie zwischen 1x10-9 m/s < k < 1x10-3 m/s. Jegrößer die Wasserdurchlässigkeit, desto schnellerkann sich der Porenwasserdruck den verändertenBelastungen anpassen und desto kleiner ist der in-stationäre Porenwasserüberdruck im Boden. FürWerte k > 5⋅10-5 m/s wird angenommen, dass dieDruckänderung im Porenwasser des anstehendenBodens den Wasserspiegeländerungen im Bagger-see ohne Aufbau von Porenwasserüberdrückenfolgen kann. Der Einfluss instationärer Porenwas-serüberdrücke ist in diesen Fällen von untergeord-neter Bedeutung.

Die Wassertiefe geht bei der Berechnung des Po-renwasserüberdrucks über den Sättigungsgrad Sein. Allgemein gilt, dass bei größerem Sättigungs-grad des Bodens der Luftporenanteil im Boden klei-ner wird. Bild 12.2 zeigt, dass die Sättigung des Bo-dens mit der Tiefe zunimmt, damit nimmt der Luftpo-renanteil mit der Tiefe ab.

Generell ist der Einfluss instationärer Porenwas-serüberdrücke auf böschungsparallele Zonen be-schränkt. Er ist damit bei den meist hohen Abbaubö-schungen geringer als an Binnenwasserstraßen, weilbei diesen die maßgebenden Gleitfugen weniger tiefeinbinden.

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Bild 12.2: Verteilung des Sättigungsgrads S über dieTiefe z unterhalb der Wasser-Boden-Grenzfläche in Abhängigkeit vom Aus-gangssättigungsgrad S0 und Ausgangspo-renvolumen n0 /Köhler 2001/

12.3.2 Eingangsparameter derBerechnung

Die Einflussgrößen des Böschungsbruchproblemslassen sich in drei Gruppen einteilen: Daten zur Bö-schungsgeometrie, Bodenkennwerte und Parameterzur Lasteinwirkung. In der nachfolgenden Tabelle12.1 sind die maßgebenden Größen zusammenge-stellt.

PhysikalischeBedeutung

Bezeichnung

Böschungsneigung ß [°]

Böschungshöhe h [m]

Höhe Grundwasserspiegel hGW [m]

Geo

met

rie

Höhe Außenwasserspiegel hAW [m]

Wichte des feuchten Bodens γ [kN/m³]

wirksamer Winkel derinneren Reibung des Bodens

ϕ’ [°]

wirksame Kohäsion des Bodens c’ [kN/m²]

kapillare Steighöhe hc [m]

Bod

enke

nnw

erte

Kapillarkohäsion cc [kN/m²]

unbegrenzte Flächenlast q (p) [kN/m²]

auf b begrenzte Flächenlast q⋅b (p⋅b) [kN/m]

Sicherheitsstreifenbreite a [m]

zusätzliche stationäreStrömungskraft

SNat [kN/m]

Last

einw

irkun

gen

Instationärer Porenwasser-überdruck infolge periodischerWasserstandswechsel

∆u(z) [kN/m²]

Tabelle 12.1: Eingangsparameter

Die Böschungsgeometrie wird durch die Böschungs-neigung ß [°], die Böschungshöhe h [m] und die La-ge von Außenwasser- und Grundwasserspiegel hAW[m] und hGW [m] bestimmt.

Das ursprüngliche Gefälle des Grundwasserspiegelsist im Baggersee aufgehoben. Durch die an denBöschungen eintretende Konzentration des Grund-wassergefälles kommt es zu unterschiedlichen Was-serständen in und vor der Böschung, die durch hAWund hGW definiert sind. Die Lage von hAW und hGWzueinander bestimmt die Strömungsverhältnisse inder Böschung (E DIN 4084: 2002). In den Berech-nungen werden die drei in Tabelle 12.2 zusammen-gestellten Strömungsfälle unterschieden.

Die Größe der möglichen Wasserspiegeldifferenzen∆h zwischen freiem Wasserspiegel und Grundwas-serspiegel ergeben sich aus dem Fließgefälle desGrundwassers und der Ausdehnung des Baggerseesin Fließrichtung. Für den hier vorliegenden Fall wirdein Fließgefälle von unter 10/00 angenommen, dasentspricht einer Wasserspiegeldifferenz vor der Bö-schung von rd. ∆h ≤ 0,5 m bei 1000 m Baggersee-breite.

Zielgröße der Berechnung ist die Böschungsneigungß. Die Böschungshöhe h wird in den Berechnungenin einem für Abbauböschungen relevanten Bereichzwischen hmin = 3 m und hmax = 40 m variiert.

1 2 3

StrömungsfallhAW = hGW hAW < hGW hAW > hGW

Wasserspiegel-differenz ∆h ∆h = 0 ∆h < 0 ∆h > 0

Auswirkungkeine

StrömungStrömungaus der

Böschung

Strömung indie Bö-schung

Berücksichtigungim Standsicher-heitsnachweis

- stationäreGW-

Strömung

stationäreGW-

Strömung

Tabelle 12.2: Strömungsfälle bezogen auf die Wasser-spiegeldifferenz ∆h zwischen hAW [m] undhGW [m]

Maßgebende Bodenkennwerte sind die Wichte unddie Scherparameter. Beim Erschließen von Sand-und Kieslagerstätten wird in den meisten Fällen nureine orientierende Erkundung zur Beurteilung derBodenart durchgeführt. Bodenkennwerte sind DIN1055-T. 2: 1976 und den Empfehlungen der EAU(1996 bzw. 2004) zu entnehmen. Für die Beispiel-rechnungen wird ein homogener Bodenaufbau an-genommen, der mit einem einheitlichen Parameter-satz aus Bodenkennwerten entsprechend DIN bzw.EAU beschrieben wird. Gewählt wurde hier ein ko-häsionsloser Boden mit einem wirksamen Reibungs-

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EinwirkungAbsunk

zA [m]

Absunkzeit

tA [s]

Absunk-geschwindigkeit

vzA [m/s]Begründung

Wind

λ = 14 m/szA(Wind) = 0,24 tA(Wind) = 1,2 vzA(Wind) = 2,0⋅10-1

nach BAW, 2004:

λ = 8 – 14 m/sgew.: max Feff = 2 km

natürlicheWasserspiegel-schwankung

zA(nat) = 0,50 tA(nat) = 86400 vzA(nat) = 5,8⋅10-6

im Durchschnitt nat.Wasserspiegelschwan-kung von 0,5 m/Tag ineinem Baggersee

Abbau zA(Abbau) = 0,60 tA(Abbau) = 5 vzA(Abbau) = 1,2⋅10-1 durchschnittlicher Wertfür eine Schiffsvorbeifahrt

Tabelle 12.3: Maßgebende Werte für Absunk zA [m], Absunkzeiten tA [s] und Absunkgeschwindigkeiten vzA [m/s] anBaggerseen

winkel von ϕk’ = 30°. Grundsätzlich ist auch die Ein-gabe eines geschichteten Baugrundaufbaus möglich.

Zusätzliche Belastungen oberhalb der Böschungergeben sich bei Sand- und Kiesgrubenböschungenhauptsächlich aus Betriebslasten q [kN/m²] (Bagger,Abfüllanlagen, Materialdeponien) oder Verkehrsla-sten p [kN/m²]. Im Rahmen der Berechnungen wer-den mögliche Lastkombinationen für Abbaubö-schungen nach den Empfehlungen von EAU (1996)und EAB (1994) angenommen. Weitere Lasteinwir-kungen ergeben sich aus Wellen in der Wasser-wechselzone. Diese bewirken periodische Wasser-standswechsel, die die zuvor beschriebenen insta-tionären Strömungskräfte im Boden erzeugen kön-nen. Im Fall von Abbauböschungen müssen insbe-sondere die Wellen aus dem laufenden Abbaube-trieb, winderzeugte Wellen und natürliche Wasser-spiegelschwankungen berücksichtigt werden. ImRahmen der durchgeführten Untersuchungen konntenicht auf Messwerte für die auftretenden Wellenzurückgegriffen werden, so dass zunächst realisti-sche Werte für Absunk zA und Absunkzeiten tA aufder Grundlage von vorliegenden Erfahrungswertenangenommen werden müssen. In Tabelle 12.3 sinddie Ergebnisse dieser Überlegungen zusammenge-stellt.

Windwellen und Wellen aus natürlichen Wasserspie-gelschwankungen werden im Rahmen der Standsi-cherheitsberechnungen durch instationäre Poren-wasserüberdrücke ∆u(z) erfasst, deren Größe mitdem vereinfachten Rechenansatz nach Gleichung(12-3) berechnet bzw. im rechnergestützten Pro-gramm über den spezifischen SpeicherkoeffizientenSS nach Gleichung (12-5) berücksichtigt werden.

Abbauwellen können ebenso wie Windwellen alsvorübergehende Einwirkung betrachtet werden. Gehtman davon aus, dass der Baggerbetrieb über24 h/Tag erfolgt, erzeugt der Abbau eine kontinuierli-che Welle und damit eine fortlaufende Belastung derBöschung. Auch der Einfluss der Abbauwellen wird

daher durch eine zusätzliche instationäre Strö-mungskraft erfasst. Dazu wird die Wasserspiegel-differenz ∆h zwischen Außen- und Grundwasser-spiegel um das Absunkmaß der Abbauwelle zA(Abbau)erhöht.

12.3.3 Berechnung instationärerPorenwasserüberdrücke undBerücksichtigung der Wellen-belastung im Nachweis nachE DIN 4084

Bei der Berechnung der instationären Porenwas-serüberdrücke nach Gleichung (12-3) wird der Po-renwasserdruckparameter b aus einem Bemes-sungsdiagramm, wie es in Bild 12.3 dargestellt ist,abgelesen.

Bild 12.3: Bemessungsdiagramm (EAU, 2004)

Das Bemessungsdiagramm liefert den b-Wert inAbhängigkeit von der Wasserdurchlässigkeit desBodens und der zugehörigen Absunkzeit tA. Die b-Werte können für Absunkzeiten zwischen tA = 1 s

Gültigkeitsbereich:

Wassertiefe von 2 mn = 0,45Es = 50 MN/m²0,85 < S < 0,95

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und tA = 1.000.000 s und für Wasserdurchlässigkei-ten zwischen 1⋅10-7 m/s < k < 1⋅10-3 m/s abgelesenwerden, der Gültigkeitsbereich des Diagramms ist inBild 12.3 angegeben.

Um das Bemessungsdiagramm auf Abbauböschun-gen unter Wasser anwenden zu können, ist eineErweiterung des Diagramms auf Wasserdurchlässig-keitsbeiwerte bis k = 1x10-9 m/s und eine Modifizie-rung des Diagramms im Hinblick auf die mittlereWassertiefe h0 notwendig. Die mittlere Wassertiefevon Gewinnungsseen kann zwischen rd. 1,5 m undrd. 20 m oder mehr liegen, und ist damit unterUmständen deutlich größer, als die für das Dia-gramm in Bild 12.3 geltende mittlere Wassertiefe vonh0 = 2 m. Bild 12.4 zeigt beispielhaft ein modifiziertesBemessungsdiagramm für eine mittlere Wassertiefevon h0 = 15 m /Richwien & Meyer 2004/. Genaugenommen müssen diese aus vorliegenden Mes-sungen weiterentwickelten b-Werte aber noch verifi-ziert werden, der grundsätzliche Einfluss auf denNachweis der Standsicherheit ist davon aber unbe-rührt.

12.4 Durchführung der Berech-nungen

Die im Folgenden ausgewerteten Berechnungenwurden mit den Programmen GGU-STABILITY, Ver-sion 6.24 (Standsicherheitsberechnung), GGU-SS-

FLOW2D, Version 7.57 (stationäre Strömungen)und GGU-TRANSIENT, Version 4.02 (instationäreStrömungen) von GGU Software durchgeführt.

Die Standsicherheitsnachweise werden nach E DIN4084: 2002 geführt. Zielgröße der Berechnung ist dieBöschungsneigung ß. Sie wird so lange variiert, bissich bei der Standsicherheitsberechnung unter Be-achtung der Teilsicherheitsbeiwerte nach DIN 1054:2003 ein Ausnutzungsgrad von µ = 1 ergibt.

Die hydrodynamischen Einwirkungen aus dem Sand-und Kiesabbau werden durch eine Abbauwelle be-rücksichtigt. Außerdem wird die Auswirkung einerschnellen Spiegelsenkung infolge von Windwellenberücksichtigt. Dazu wird der Porenwasserüberdruckdurch das Aufbringen eines periodischen Wasser-standswechsels, abhängig von der Lage des Ruhe-wasserspiegels, vom Absunk zA und von derAbsunkzeit tA ermittelt.

Wie bereits erwähnt, erlaubt das gewählte Pro-gramm keine direkte Eingabe des Porenwas-serüberdrucks ∆u(z) nach Gleichung (12-3). DerPorenwasserüberdruck wird aber im spezifischenSpeicherkoeffizienten Ss erfasst. Schreibt man dieGleichung (12-4) für den b-Wert nach SS um, soergibt sich:

[ ] ²btk2S AS ⋅π⋅⋅= (12-6)

h0 = 7,5 m

0,01

0,10

1,00

10,00

100,00

1000,00

10000,00

1,00E-09 1,00E-08 1,00E-07 1,00E-06 1,00E-05 1,00E-04 1,00E-03

k B [m /s ]

b-W

ert

tA = 1 sec tA = 10 sec tA = 100 sec tA = 1000 sec

tA = 10000 sec tA = 100000 sec tA = 1000000 sec

Bild 12.4: Modifiziertes Bemessungsdiagramm zur Bestimmung des Porenwasserdruckparameters b für eine mittlereWassertiefe von h0 = 7,5 m, ES = 50.000 kN/m², n = 0,45 und S = 0,9

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Mit den b-Werten aus dem zugehörigen modifiziertenBemessungsdiagrammen (Bild 12.4) lässt sich derspezifische Speicherkoeffizient (abhängig von dermittleren Wassertiefe h0, dem Wasserdurchlässig-keitsbeiwert k und der Absunkzeit tA) als weitererBodenkennwert für das Rechenprogramm GGU-TRANSIENT berechnen.

Die Bemessungsgleichung ist nach E DIN 4084:2002 mit den Bemessungswerten der Einwirkungenund Widerstände aufzustellen. Die Teilsicherheits-beiwerte sind dabei abhängig vom Lastfall nach DIN1054: 2003 zu wählen. Dabei sollte zwischenArbeitsböschungen und Endböschungen unterschie-den werden. Eine Arbeitsböschung ist in diesemZusammenhang eine fortschreitende Böschung, ander die nutzbaren Rohstoffe gewonnen werden, diein der Regel nur kurzzeitig frei steht und die ihreLage mit dem Abbaufortschritt in Richtung der Ge-nehmigungsgrenzen verändert. Maßgebend ist hierder LF 2: Bauzustand. Eine Endböschung ist eineAbbauböschung an den Rändern des Gewinnungs-sees, die längere Zeit unverändert stehen bleibt. FürEndböschungen sind die Teilsicherheitsbeiwerte desLF 1: Endzustand anzunehmen.

Die Bemessungsgleichung lautet:

µ=MM RE (12-7)

In dieser Gleichung steht EM für das resultierendeMoment um den Gleitkreismittelpunkt aus den Ein-wirkungen. RM ist das resultierende Moment um denGleitkreismittelpunkt aus den Widerständen. DieBelastung aus der natürlichen Wasserspiegel-schwankung geht als zusätzliche Einwirkung in Formeiner Strömungskraft in die Bemessungsgleichungein und der instationäre Porenwasserüberdruck wirdals ∆u(z) auf der Widerstandsseite berücksichtigt.

EM = r⋅Σ(Gi+PVi)⋅sinϑi + (ΣMS + SNat⋅as) (12- 8)

[ ][ ]iii

iLiiiViiM

sintancostanb))z(uu(PGrR

ϑ⋅ϕ⋅µ+ϑϕ⋅⋅∆+−+

Σ⋅=

(12-9)

Nachdem alle Kenngrößen eingegeben sind, erfolgtdie Festlegung der Gleitlinie für einen globalen Bö-schungsbruch. Lokale Versagenseffekte müssen anBaggerseeböschungen durch entsprechende kon-struktive Maßnahmen (Bepflanzung) vermieden wer-den und sind dann für die vorliegenden Untersu-chungen ohne Bedeutung.

12.5 Berechnungsergebnisse12.5.1 AllgemeinesErste Beispielberechnungen wurden für eine Ar-beitsböschung (LF 2: Bauzustand) mit einer Flä-chenlast von p = 10 kN/m² (allgemeiner Verkehr) aufder Böschungsschulter durchgeführt. Berechnetwurden Böschungen der Höhe h = 3, 5, 10, 15, und20 m. Für jede Böschungshöhe wurden die dreiStrömungsfälle nach Tabelle 12.2 ausgewertet, wo-bei immer davon ausgegangen wurde, dass derGrundwasserstand rd. 0,5 m unterhalb der Bö-schungsschulter ansteht. Als Reibungswinkel wurdeϕk’ = 30° gewählt und die Durchlässigkeit mit k =5x10-6 m/s. Für den Absunk aus Abbau und Wind(zA(Abbau), zA(Wind)) sowie die Absunkzeit (tA(Abbau),tA(Wind)) wurden die Werte nach Tabelle 12.3 ange-setzt. Der Einfluss der in Tabelle 12.3 angegebenennatürlichen Wasserspiegelschwankung auf die Bö-schungsstandsicherheit ist wegen der langenAbsunkzeit sehr gering, so dass dies in den Berech-nungen als stationäre Strömung SNat berücksichtigtwurde.

12.5.2 ErgebniszusammenstellungIn Tabelle 12.4 sind die Ergebnisse der Berechnun-gen zusammengestellt. Für jede der Beispielrech-nungen ist die maximal mögliche Böschungsneigungmax ß [°] angegeben, die sich für einen Ausnut-zungsgrad von µ = 1 für den Nachweis nach E DIN4084: 2002 (max ßDIN) und mit Berücksichtigung derhydrodynamischen Belastung aus Abbaueinflüssenund Wellen (max ßNEU) ergibt.

In Spalte 1 der Tabelle 12.4 ist die Böschungshöhe h[m] angegeben. Jede Böschungshöhe wurde für dieStrömungsfälle nach Tabelle 12.2 berechnet (Spalte2). Weiterhin sind in Spalte 3 Angaben zum Lastfallnach DIN 1054: 2003, zur Größe der Lasteinwirkungauf der Böschungsschulter und zum gewähltenWasserdurchlässigkeitsbeiwert gegeben. DieseWerte wurden in den gezeigten Beispielrechnungenimmer gleich gewählt.

Den Spalten 4 bis 6 können die Berechnungsergeb-nisse entnommen werden. Die Ergebnisse der Be-rechnung ohne die Einwirkungen aus dem Abbauund aus Wellen (max ßDIN) sind in Spalte 4 zusam-mengestellt. In Spalte 5 sind die Berechnungsergeb-nisse max ßNEU für den Standsicherheitsnachweisunter Berücksichtigung hydrodynamischer Belastun-gen aufgeführt und in Spalte 6 ist die Differenz ∆ß =(max ßDIN - max ßNEU) ermittelt worden.

Grundsätzlich müssen die Böschungen flacher sein,wenn die hydrodynamischen Einwirkungen imStandsicherheitsnachweis berücksichtigt werden.Dies ist auch konsequent, da es sich in allen Fällenum zusätzliche Belastungen handelt.

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1 2 3 4 5 6

Böschungshöheh [m]

Strömungsfallwie Tab. 12-2

Sonstige Randbedingungen(für alle untersuchten Beispielegleich)

max ßDIN[°]

maxßNEU[°]

∆ß[°]

20 1 LF 2 mit p = 10 kN/m², kB =5x10-6 m/s 28,8 28,0 0,8

15 1 LF 2 mit p = 10 kN/m², kB =5x10-6 m/s 28,4 27,6 0,8

10 1 LF 2 mit p = 10 kN/m², kB =5x10-6 m/s 28,2 26,8 1,4

5 1 LF 2 mit p = 10 kN/m², kB =5x10-6 m/s 27,0 25,0 2,0

3 1 LF 2 mit p = 10 kN/m², kB =5x10-6 m/s 26,6 22,8 3,8

20 2 LF 2 mit p = 10 kN/m², kB =5x10-6 m/s 28,0 27,2 0,8

15 2 LF 2 mit p = 10 kN/m², kB =5x10-6 m/s 27,6 26,8 0,8

10 2 LF 2 mit p = 10 kN/m², kB =5x10-6 m/s 27,0 25,5 1,5

5 2 LF 2 mit p = 10 kN/m², kB =5x10-6 m/s 25,2 23,0 2,2

3 2 LF 2 mit p = 10 kN/m², kB =5x10-6 m/s 23,0 20,5 2,5

20 3 LF 2 mit p = 10 kN/m², kB =5x10-6 m/s 28,8 28,4 0,4

15 3 LF 2 mit p = 10 kN/m², kB =5x10-6 m/s 28,8 28,4 0,4

10 3 LF 2 mit p = 10 kN/m², kB =5x10-6 m/s 29,4 27,8 1,6

5 3 LF 2 mit p = 10 kN/m², kB =5x10-6 m/s 28,8 26,8 2,0

3 3 LF 2 mit p = 10 kN/m², kB =5x10-6 m/s 28,3 25,2 3,1

Tabelle 12.4: Zusammenstellung einer Auswahl von Berechnungsergebnissen

Der Einfluss der hydraulischen Einwirkungen ist um-so größer, je geringer die Böschungshöhe ist. Beikleinen Böschungshöhen von h = 3 m ergibt sich ausden hydrodynamischen Einwirkungen eine Abfla-chung der Böschung um maximal 3,8°. Für dengleichen Strömungsfall ist die Differenz ∆ß bei einerBöschungshöhe von h = 20 m kleiner als 1° undliefert damit ein Ergebnis, das fast genau mit demohne Berücksichtigung der hydrodynamischen Ein-wirkungen aus Abbau und Wellen übereinstimmt(Bild 12.5). Auch das ist folgerichtig, denn die aufge-brachte hydrodynamische Belastung, die über denAbsunk zA(Abbau) und zA(Wind) definiert wird, wurde füralle Beispiele gleich angesetzt. Bei kleinen Bö-

schungshöhen macht sich die Auswirkung des insta-tionären Porenwasserüberdrucks ∆u(z) daher stärkerbemerkbar, als bei hohen Böschungen.

Ist die Differenz ∆ß < 1,0°, lohnt sich der Aufwandeiner Berechnung unter Berücksichtigung hydrody-namischer Belastungen nicht mehr, der Standsicher-heitsnachweis kann dann ohne die Berücksichtigungdieser Einwirkungen durchgeführt werden. Der An-satz von Abbau- und Windwellen ist damit nur nötigund sinnvoll für Böschungshöhen zwischen rd. 3 undrd. 15 m (Bild 12.5), und natürlich auch für die lokaleStandsicherheit in einem Bereich um den Wasser-piegel des Abbausees herum (Wasserwechselzone).

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12.5.3 Kritische Bewertung derErgebnisse

Ein wichtiges Ziel bei der Entwicklung des erweiter-ten Standsicherheitsnachweises war es, die hydro-dynamischen Einwirkungen aus dem Abbau und ausWellen auf möglichst einfach Art und Weise zu be-rücksichtigen. Daher folgt der vorgestellte Standsi-cherheitsnachweis der Vorgehensweise nach E DIN4084: 2002, enthält aber zusätzliche Einwirkungenaus instationären Strömungskräften infolge der Ab-bautätigkeit, aus Wellen und aus schnellen Wasser-spiegeländerungen. Der Nachweis ist damit mit Hilfeder marktüblichen Rechenprogramme möglich.

Die Berechnungsergebnisse zeigen, dass es beihohen Abbauböschungen ausreicht, die Standsi-cherheit der Gesamtböschung ohne Berücksichti-gung hydrodynamischer Einflüsse nachzuweisen.Bei kleinen Böschungshöhen darf dagegen auf dieBerücksichtigung hydrodynamischer Einflüsse nicht

verzichtet werden. Dies gilt ebenso für die lokaleStandsicherheit um den Wasserspiegel im Abbauseeherum, sofern diese nicht durch konstruktive Maß-nahmen sichergestellt wird.

Bezüglich der hydrodynamischen Belastungen istallerdings anzumerken, dass die angenommeneGrößenordnung von Absunk (zA(Abbau) und zA(Wind))und Absunkzeit (tA(Abbau) und tA(Wind)) aus Erfahrungs-werten an Wasserstraßen abgeleitet wurden. DieWerte für den Absunk aus Abbauwellen und Wind-wellen stammen aus Empfehlungen zur Bemessungvon Böschungs- und Sohlsicherungen an Bundes-wasserstraße /BAW 2004/ und wurden direkt aufAbbaugeräte übertragen. Um eine genaue Bemes-sung der Abbauböschungen vornehmen zu können,sollten diese Werte für die Bedingungen an Bagger-seen überprüft werden. Prinzipiell können die Wertefür Absunk und Absunkzeit infolge von Abbaubetriebund Wind kleiner oder größer sein, als die in denBerechnungsbeispielen angenommenen Werte.

0

5

10

15

20

25

30

35

40

45

20,5 21,5 22,5 23,5 24,5 25,5 26,5 27,5 28,5 29,5 30,5 31,5

Böschungsneigung ß [°]

Bös

chun

gshö

he h

[m]

Strö-Fall 1 - ßDIN Strö-Fall 1 - ßNEUStrö-Fall 2 - ßDIN Strö-Fall 2 - ßNEUStrö-Fall 3 - ßDIN Strö-Fall 3 - ßNEU

Bild 12.5: Darstellung der maximal möglichen Böschungsneigungen ßDIN [°] und ßNEU [°] über die Höhe h [m] in Abhän-gigkeit vom Strömungsfall

Der Ansatz einer böschungsparallelen Strömung(wie von einigen Genehmigungsbehörden gefor-dert) liefert Böschungsneigungen, die nur etwa demhalben Winkel der inneren Reibung entsprechen,und zwar unabhängig von der Böschungshöhe.Dieser Ansatz ist damit hinsichtlich der Standsi-cherheit überzogen und er wird dem Aspekt derRessourcenschonung nicht gerecht.

12.6 Zusammenfassung undAusblick

Ein wesentlicher Aspekt bei der Planung von Ab-bauvorkommen ist die Wirtschaftlichkeit des Ab-baus und die Ressourcenschonung. Allgemein gilt,je flacher eine Randböschung ausgebildet werdenmuss, desto mehr Rohstoff verbleibt in der Lager-stätte, umso unwirtschaftlicher ist der Abbau undumso weniger werden die verfügbaren Ressourcenan Sand und Kies geschont. Je steiler die Bö-

∆ß < 1,0° → keine Berücksichtigunghydrodynamischer Einflüsse

∆ß > 1,0° → Berücksichtigunghydrodynamischer Einflüsse

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schung ist, umso wirtschaftlicher wird der Abbauund umso vollständiger werden die Vorkommenabgebaut, zugleich steigt die Gefahr eines Bö-schungsbruchs, wenn die Bodenfestigkeit den mitsteilerer Böschung größer werdenden Einwirkungennicht mehr Stand halten kann. Die Böschungsnei-gung ist also im Interesse von Standsicherheit,Ressourcenschonung und Wirtschaftlichkeit so steilauszuführen, wie es die verfügbare Bodenfestigkeitunter Berücksichtigung aller Einwirkungen erlaubt.

Der einfache Ansatz einer böschungsparallelenStrömung zur Erfassung der Einwirkungen ausAbbau, Wellen und Wasserspiegelschwankungenwird dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit und derRessourcenschonung nicht gerecht. Daher wurdeüberlegt, ob es möglich ist, einen praxistauglichenStandsicherheitsnachweis für Abbauböschungenunter Wasser zu entwickeln, in dem die auftreten-den hydrodynamischen Belastungen mit der not-wendigen Genauigkeit der Formulierung, gleichzei-tig aber auf einfache Weise, berücksichtigt werden.Im Hinblick auf die Praxistauglichkeit wurden diehydrodynamischen Belastungen aus Abbau, Wellenund Wasserspiegeländerungen durch zusätzlicheinstationäre Strömungskräfte im Standsicherheits-nachweis nach E DIN 4084: 2002 berücksichtigt.

Die vorstehend zusammengestellten Berechnungs-ergebnisse zeigen, dass eine Berücksichtigung derhydrodynamischen Belastungen bei geringen Bö-schungshöhen durchaus erforderlich ist. Bei großenBöschungshöhen bleibt der Einfluss der Einwirkun-gen aus Abbau, Wellen und Wasserspiegelände-rungen auf lokale Böschungsbereiche beschränkt,der Nachweis der Standsicherheit der Gesamtbö-schung kann dann ohne die Berücksichtigung die-ser Einwirkungen erfolgen.

Für eine praxistaugliche Weiterentwicklung deshiermit erstmals vorgestellten Standsicherheits-nachweises müssten zusätzlich auch noch Unter-suchungen zu den Lastannahmen vorgenommenwerden. Bei der praktischen Anwendung des er-weiterten Nachweises sollten die hydrodynami-schen Belastungen in ihrer real auftretenden Größeansetzen werden. Dazu werden aber noch Informa-tionen über die an einem Baggersee auftretendenWellen benötigt. Außerdem kann ein Messpro-gramm zur Bestimmung von Größe und Verlauf desdurch hydrodynamische Belastungen entstehendenPorenwasserdrucks dazu genutzt werden, die b-Werte des modifizierten Bemessungsdiagramms fürAbbauböschungen in Sand und Kies zu überprüfen.

12.7 Symbolea(t) Porenwasserdruckparameter [-]

aS Hebelarm von SNat zum Gleitkreis-mittelpunkt [m]

b Porenwasserdruckparameter [1/m]

bLi Breite des Gleitflächenabschnitts (Lamel-lenverfahren) [m]

ES [kN/m²] Steifemodul des Bodens

1/ES Kompressibilität des Bodens [m²/kN]

EM Resultierendes Moment der Einwirkungenum den Gleitkreismittelpunkt [kNm/m]

Feff effektiver Fetch [m]

Gi Eigengewicht der Lamelle i [kN/m]

h Böschungshöhe [m]

h0 mittlere Wassertiefe über der Böschung [m]

∆h Wasserspiegeldifferenz zwischen Außen-und Grundwasserstand [m]

k Wasserdurchlässigkeitsbeiwert [m/s]

ΣMS Summe der einwirkenden Momente der inGi und PVi nicht enthaltenen Einwirkungenum den Gleitkreismittelpunkt [kNm/m]

n Porenvolumen [-]

PVi vertikale Auflasten in Lamelle i [kN/m]

RM Resultierendes Moment der Widerständeum den Gleitkreismittelpunkt [kNm/m]

r Gleitkreisradius [m]

S Sättigungsgrad [-]

SNat zusätzliche stationäre Strömungskraft[kN/m]

SS spezifischer Speicherkoeffizient [1/m]

tA Absunkzeit [s]

ui Porenwasserdruck auf die Gleitfläche derLamelle i [kN/m²]

∆u(z) welleninduzierter Porenwasserüberdruck[kN/m²]

vzA Absunkgeschwindigkeit [m/s]

z Bodentiefe unter der Böschungsoberfläche[m]

zA Absunkmaß [m]

ß Böschungswinkel [°]

ßF Volumenkompressibilität des Porenfluids[m²/kN]

γW Wichte des Wassers [kN/m³]

λ Windgeschwindigkeit [m/s]

ϑi Neigungswinkel der Gleitlinie gegen dieHorizontale in der Schwerlinie derLamelle i [°]

µ Ausnutzungsgrad der Bemessungswider-stände

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ϕi Reibungswinkel in der Gleitfläche der La-melle i [°]

ϕk’ charakteristischer Wert des wirksamenWinkels der inneren Reibung [°]

12.8 LiteraturAlberts 2001

Porenwasserdruckmessungen im teilgesättigtenSand der Unterwasserböschungen am Nord-Ostsee-Kanal. In: Schriftenreihe Geotechnik, Heft 6,Bauhaus-Universität Weimar, 3. Workshop 2001Teilgesättigte Böden, ISBN 3-86068-167-2, Weimar

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Empfehlungen des Arbeitskreises Baugruben - EAB1997, 3. Auflage, Ernst&Sohn

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EAU 2004

Empfehlungen des Arbeitsausschusses „Uferein-fassungen“ Häfen und Wasserstraßen – EAU 2004,(noch nicht veröffentlicht), Hrsg.: Arbeitsausschuss„Ufereinfassungen“ der Hafenbautechnischen Ge-

sellschaft e.V. und der Deutschen Gesellschaft fürGeotechnik e.V., Ernst&Sohn

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Copyright und Verfasser: Prof. Dr.-Ing. Johann Buß,Braunschweig

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