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DSC-Kurven interpretieren Teil 1: Dynamische Messungen Die Kunst der Kurveninterpretation lässt sich bis heute noch nicht in kommerziell verfüg- bare Computerprogramme fassen. Das Interpretieren von DSC-Messkurven bleibt deshalb Ihnen überlassen. Dazu benötigen Sie einige Erfahrung auf dem Gebiet der Thermischen Analyse sowie Vertrautheit mit den möglichen Reaktionen Ihrer Proben. Dieser Beitrag hilft Ihnen, DSC-Kurven systematisch zu interpretieren. Artefakte erkennen Um Fehlinterpretationen zu vermeiden, werden Sie die Kurve zuerst auf allfällige Artefak- te untersuchen. Artefakte sind Effekte, die nicht bzw. nicht im erwünschten Sinn durch die Probe verursacht sind. Sie sind in Abb. 1 schematisch dargestellt: a) Abrupte Änderung des Wärmeübergangs von der Probe zum Tiegel: 1) Unregelmässig geformte Proben können im Tiegel kippen. 2) Nicht auf den Tiegelboden gedrückte Kunststofffolien krümmen sich oft beim ersten Erwärmen, um nach völligem Schmelzen wieder gut anzuliegen (Abb. 2). b) Abrupte Änderung des Wärmeübergangs vom Tiegel zum DSC-Sensor: 1) Aufblähen des hermetisch geschlossenen Al-Tiegels durch den Dampfdruck der Probe. 2) Geringfügiges Verschieben des Al-Tiegels im dynamischen Temperaturprogramm auf Grund unterschiedlicher Ausdehnungskoeffizienten (Al: ~ 24 ppm/K, DSC- Sensor ~ 9 ppm/K, siehe auch Abb. 2). Mit Pt-Tiegeln (~ 8 ppm/K) tritt dieser Artefakt nicht auf. 3) Mechanischer Schlag (Erschütterung) auf die Messzelle: Die Tiegel hüpfen auf dem Sensor und können sich auch horizontal verschieben, falls sie keine Zentrums- nocken aufweisen. Sehr geehrter Kunde Das Jahr 2000 wird für METTLER TOLEDO auf dem Gebiet der Thermischen Analyse äusserst interessant. Wir wollen durch die Einführung der dynamisch mechanischen Ana- lyse die sehr erfolgreiche STAR e Produktelinie ergänzen. Aber auch die bestehenden Geräte werden laufend weiterentwickelt. In dieser UserCom- Ausgabe möchten wir Ihnen das DSC822 e vorstellen. Informationen für Anwender von METTLER TOLEDO Thermoanalysen 1/2000 Inhaltsverzeichnis TA-Tipp DSC-Kurven interpretieren; Teil 1: Dynamische Messungen Neu im Verkaufsprogramm – DSC822 e Applikationen Der Glasübergang aus der Sicht von DSC-Messungen; Teil 2 Thermische Kennzahlen von Fetten: DSC-Analyse oder Tropfpuntbestimmung MaxRes zur Untersuchung teilhydrati- sierter Portlandzement-Systeme Vitrifizieren und Devitrifizieren beim dynamischen Härten eines Epoxid- harzes mit ADSC Ausdehnung und Schrumpfverhalten von Fasern Tipps Zum Kühlverhalten des DSC821 e 11

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DSC-Kurven interpretierenTeil 1: Dynamische MessungenDie Kunst der Kurveninterpretation lässt sich bis heute noch nicht in kommerziell verfüg-bare Computerprogramme fassen. Das Interpretieren von DSC-Messkurven bleibt deshalbIhnen überlassen. Dazu benötigen Sie einige Erfahrung auf dem Gebiet der ThermischenAnalyse sowie Vertrautheit mit den möglichen Reaktionen Ihrer Proben.Dieser Beitrag hilft Ihnen, DSC-Kurven systematisch zu interpretieren.

Artefakte erkennenUm Fehlinterpretationen zu vermeiden, werden Sie die Kurve zuerst auf allfällige Artefak-te untersuchen. Artefakte sind Effekte, die nicht bzw. nicht im erwünschten Sinn durchdie Probe verursacht sind. Sie sind in Abb. 1 schematisch dargestellt:a) Abrupte Änderung des Wärmeübergangs von der Probe zum Tiegel:

1) Unregelmässig geformte Proben können im Tiegel kippen.2) Nicht auf den Tiegelboden gedrückte Kunststofffolien krümmen sich oft beim ersten

Erwärmen, um nach völligem Schmelzen wieder gut anzuliegen (Abb. 2).b) Abrupte Änderung des Wärmeübergangs vom Tiegel zum DSC-Sensor:

1) Aufblähen des hermetisch geschlossenen Al-Tiegels durch den Dampfdruck derProbe.

2) Geringfügiges Verschieben des Al-Tiegels im dynamischen Temperaturprogrammauf Grund unterschiedlicher Ausdehnungskoeffizienten (Al: ~ 24 ppm/K, DSC-Sensor ~ 9 ppm/K, siehe auch Abb. 2). Mit Pt-Tiegeln (~ 8 ppm/K) tritt dieserArtefakt nicht auf.

3) Mechanischer Schlag (Erschütterung) auf die Messzelle: Die Tiegel hüpfen auf demSensor und können sich auch horizontal verschieben, falls sie keine Zentrums-nocken aufweisen.

Sehr geehrter KundeDas Jahr 2000 wird für METTLER TOLEDO auf dem Gebiet der Thermischen Analyseäusserst interessant. Wir wollen durch die Einführung der dynamisch mechanischen Ana-lyse die sehr erfolgreiche STARe Produktelinie ergänzen.Aber auch die bestehenden Geräte werden laufend weiterentwickelt. In dieser UserCom-Ausgabe möchten wir Ihnen das DSC822e vorstellen.

Informationen für Anwender vonMETTLER TOLEDO Thermoanalysen

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Inhaltsverzeichnis

TA-Tipp– DSC-Kurven interpretieren;

Teil 1: Dynamische Messungen

Neu im Verkaufsprogramm– DSC822e

Applikationen– Der Glasübergang aus der Sicht von

DSC-Messungen; Teil 2

– Thermische Kennzahlen von Fetten:DSC-Analyse oderTropfpuntbestimmung

– MaxRes zur Untersuchung teilhydrati-sierter Portlandzement-Systeme

– Vitrifizieren und Devitrifizieren beimdynamischen Härten eines Epoxid-harzes mit ADSC

– Ausdehnung und Schrumpfverhaltenvon Fasern

Tipps– Zum Kühlverhalten des DSC821e

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c) Eindringen kalter Luft in die Messzellewegen unkorrekter Lage des Messzellen-deckels erzeugt starkes Signalrauschendurch Temperaturschwankungen.

d) Elektrische Einflüsse:1) Entladung statischer Elektrizität inein Metallteil der Anlage oder Netzstö-rungen (Spikes)2) Radiosender, Mobiltelefone undandere Hochfrequenzquellen.

e) Abrupte Änderung der Raumtemperatur,z.B. durch Sonneneinstrahlung

f) “Aufgehen” des Tiegeldeckels durchsteigenden Dampfdruck der Probe. Jenach der Menge der dabei entweichen-den Gase oder Dämpfe entsteht einendothermer 0.1 bis 100 mW hoherPeak.

g) Zeitweises (oft periodisches) Schliessendes Loches im Tiegeldeckel durchkondensierende Tröpfchen oder auf-schäumende Probe.

h) Verschmutzung des Sensors durch beifrüheren Experimenten ausgelaufenenProben. Dadurch entstehen die für dieseSubstanz typischen Effekte immerwieder bei gleicher Temperatur. Abhilfe:Hitzereinigen in Luft oder Sauerstoff.Dieser Artefakt ist stark probenabhängig.Ähnlich können Artefakte durch nichtinerte Tiegel aussehen. Ein Beispiel istin Abb. 3 dargestellt.

Artefakte können die automatische Auswer-tung (EvalMacro) stören, besonders jenemit automatischen Grenzen.Isoliert auftretende, sicher erkannte Arte-fakte können Sie mit TA/Basislinie aus derMesskurve entfernen.

MessbedingungenAufgrund Ihrer physikalisch-chemischenKenntnisse der zu untersuchenden Probelegen Sie den Temperaturbereich und dieHeizrate der Messung fest.• Wählen Sie den Temperaturbereich eher

grosszügig, bei einer Heizrate von20 K/min verlieren Sie nicht viel Zeit,wenn Sie 100 K zu viel überstreichen.Weitere Hinweise finden Sie inUserCom 3.

• Nehmen Sie für eine erste Messung etwa5 mg Probe. Notieren Sie auch dieGesamtmasse von Probe und Tiegel,damit Sie nach der Analyse einenmöglichen Gewichtsverlust durch Rück-

Abbildung 1: DSC-Artefakte (Erklärungen im Text): Vielfach erkennen Sie Artefakte daran, dass sie beinochmaliger Messung einer neuen Probe derselben Substanz nicht mehr oder an anderer Stelle auf-treten; Ausnahmen: f und h können sehr reproduzierbar sein.

wiegen erkennen. Die erste Messungwird oft mit gelochtem Tiegeldeckel undStickstoff als Spülgas durchgeführt.

• In vielen Fällen werden Sie eine ersteHeizkurve ab Raumtemperatur bis zurvorgesehenen Endtemperatur mit einerRate von 20 K/min messen.

• Oft wird die Interpretation durchanschliessendes Aufnehmen der Kühl-kurve erleichtert. Die anwendbare Kühl-rate hängt von der Ihnen zur Verfügungstehenden Kühloption ab.

• Heizen Sie die Probe anschliessendnochmals auf. Unterschiede gegenüberder ersten Heizkurve können aufschluss-reich sein.

• Als Variante schrecken Sie die erstmalig

auf die Endtemperatur geheizte Probeab, um eventuell auftretende metasta-bile Zustände einzufrieren, bevor Sie diezweite Heizkurve messen. Abschreckenauf Raumtemperatur besorgt in idealerWeise der automatische Probenwechsler.Er legt die heisse Probe auf den kaltenAluminiumteller, wodurch sie in weni-gen Sekunden auf Raumtemperatur ge-kühlt wird. Ohne Probenwechsler müs-sen Sie sich beim Erreichen der Endtem-peratur bei der DSC-Zelle aufhalten undden Tiegel mit der Pinzette auf einekalte Aluminiumplatte (mit 2 mm-Lochfür den Zentrumsnocken des Tiegels)legen oder ca. 10 s in flüssigen Stickstofftauchen.

Abbildung 2: Oben: Artefakt durch Aufbäumen der PE-Folie, welche frei im Tiegel liegt (punktiert). Diemit dem Deckel des leichten Al-Tiegels auf den Tiegelboden gedrückte Folie ergibt die "richtige"Schmelzkurve.Unten: DSC-Kurve von 1.92 mg Polystyrol mit einem typischen Artefakt bei ca. 78 °C durch die Wär-medehnung des Al-Tiegels. Dieser ca. 10 µW grosse Artefakt ist nur bei empfindlicher Darstellungsichtbar (Ordinatenmassstab < 1mW).

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chemische Reaktionspeaks stark nach hö-heren Temperaturen verschieben. Dies giltin vermindertem Mass auch für fest-festUmwandlungen und Glasübergänge, wäh-rend zumindest die Onset-Temperatur vonSchmelzvorgängen nichtpolymerer Stofferatenunabhängig sind.Bei mehreren Effekten und einem signifi-kanten Gewichtsverlust (>30 µg), möchtenSie letzteren sicherlich einem bestimmtenPeak zuordnen: wegen der Volumenarbeitals Folge der Gasentwicklung wird es sichmeistens um einen endothermen Effekthandeln. Sie können eine frische ProbeSchritt um Schritt über die einzelnen Peaksheizen und jeweils die Tiegelmasse bestim-men (bei METTLER TOLEDO nennen wirdies “Offline-Thermogravimetrie”). Fallsein TGA zur Verfügung steht, könnten Sieeine frische Probe – möglichst in einemgleichen Tiegel wie für die DSC-Messung –damit untersuchen.Die Form der DSC-Kurve eines Effektes istmeistens charakteristisch und dient seinerIdentifizierung.In den folgenden Kapiteln werden die wich-tigsten Effekte besprochen und die zugehö-rigen typischen Kurvenformen dargestellt.

Physikalische UmwandlungenPhysikalische Umwandlungen können grund-sätzlich beliebig oft gemessen werden, falls

• die Probe beim Abkühlen wieder densel-ben Zustand erreicht. Dies ist je nachProbe und Kühlgeschwindigkeit nichtimmer der Fall. Viele Stoffe erstarren beihohen Kühlraten aus der Schmelze glas-artig amorph, weshalb beim zweitenHeizen kein Schmelzpeak mehr auftritt.Gewisse metastabile Kristallmodifikati-onen kristallisieren nur in Anwesenheitbestimmter Lösemittel.

• die Probe nicht durch Verdunsten oder(chemische) Zersetzung aus dem Tiegelverschwindet, bzw. umgewandelt wordenist. Die verdunstete Probe wird beimAbkühlen nicht im Probentiegel konden-sieren, sondern sie ist durch das Spülgaslängst aus der Messzelle entfernt worden.

Schmelzen, Kristallisieren,MesophasenübergängeAn Schmelzpeaks können Sie die Schmelz-wärme und die Schmelztemperatur auswer-ten. Bei Reinsubstanzen mit praktisch gera-der Peak-Flanke (Abb. 4a) entspricht derOnset der Schmelztemperatur. Unreine undpolymere Proben mit konkaver Peak-Flankewerden mit ihrer Peak-Temperatur charak-terisiert (Abb. 4b und c). Teilkristalline Po-lymere weisen aufgrund ihrer Kristallit-grössenverteilung besonders breite Schmelz-peaks auf (Abb. 4c).Viele organische Verbindungen schmelzenunter Zersetzung (exo- oder endotherm,Abb. 4d, e).Ein endothermer Peak auf einer DSC-Heiz-kurve ist ein Schmelzpeak, wenn:• die Probenmasse während des Peaks

nicht signifikant abnimmt. Einige Stoffezeigen eine markante Sublimation imBereich der Schmelztemperatur. Die DSC-Kurve wird weder durch Sublimationnoch durch Verdunsten gestört, wenn derTiegel hermetisch verschlossen wurde.

• die Probe nach der Messung sichtlichgeschmolzen erscheint. Vor allem diepulverförmigen organischen Stoffe bildenbeim Schmelzen einen See, welcher beimAbkühlen entweder glasartig (ohne exo-thermen Kristallisations-Peak) erstarrtoder mit exothermem Peak kristallisiert.Achtung: viele Metalle weisen an ihrerOberfläche eine Oxidschicht mit sehrhohem Schmelzpunkt auf. Nach demSchmelzen verbleibt die Oxidschicht alsfeste Hülle, weshalb die Probe nach demÖffnen des Tiegels genau gleich aussiehtwie vor dem Schmelzen (nur Mengen von

Abbildung 3: Unten: im offenen Tiegel verdunstet Wasser, bevor der Siedepunkt erreicht wird. Mitte:in selbstgenerierter Atmosphäre (50 µm Loch im Deckel) kann der Siedepunkt als Onset gemessenwerden. Oben: im hermetisch verschlossenen Tiegel (bei konstantem Volumen) gibt es keinen Siede-punkt. Die DSC-Kurve verläuft geradlinig bis zur Explosion des Al-Tiegels bei ca. 119 °C. Bei starkerVergrösserung zeigt diese Kurve allerdings einen exothermen Peak (Ausschnitt), der durch Korrosionvon Aluminium verursacht wird.

Es treten keine thermischen EffekteaufIn diesem Fall ist Ihre Probe im untersuch-ten Temperaturbereich inert und Sie habennur die (temperaturabhängige) Wärmeka-pazität erfasst.Eine inerte Probe weist keinen Gewichtsver-lust auf (≤30 µg Oberflächenfeuchte) undsieht nach dem Öffnen des Tiegels gleichaus wie vor der Messung, was Sie im Auf-licht-Mikroskop verifizieren können.Falls Sie an cp-Werten interessiert sind, be-nötigen Sie eine passende Blindkurve. Prü-fen Sie die erhaltenen Werte auf Plausibili-tät: cp liegt in der Regel zwischen 0.1 und5 Jg-1K-1.Erweitern Sie den Temperaturbereich undvergrössern Sie die Einwaage, um sicherzu-stellen ob wirklich keine Effekte auftreten.

Es sind thermische Effekte sichtbarThermische Effekte sind auffällige Abwei-chungen von der mehr oder weniger gera-den DSC-Kurve.Sie werden durch physikalische Umwand-lungen oder chemische Reaktionen derProbe verursacht.Überlagern sich zwei Effekte, sollten Siedurch andere Raten (höhere oder niedrige-re) oder geringere Einwaagen versuchen,eine gewisse Trennung zu erreichen. Dabeiist zu berücksichtigen, dass höhere Raten

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einigen Gramm würden die Oxidhautunter dem Einfluss der Schwerkraftdeformieren und sich der Tiegelformanpassen). Edelmetalle (ohne Oxid-haut!) bilden beim Schmelzen Kugeln.

• seine Fläche zwischen ca. 10 und 400 J/gliegt. Die Schmelzwärme organischernichtpolymerer Stoffe liegt fast immerzwischen 120 und 170 J/g.

• seine Halbwertsbreite deutlich unter10 K liegt (teilkristalline Polymereschmelzen unter Umständen breiter). Je reiner und leichter die Probe, destoschmaler der Peak. Sehr kleine undreine Proben ergeben Peaks mit Halb-wertsbreiten von weniger als 1 K!

Unreine Proben, Mischungen und Gemengezeigen oft mehrere Peaks. Substanzen miteutektischen Verunreinigungen weisen zweiPeaks auf (Abb. 4b): zuerst den mit zuneh-mender Verunreinigung grösser werdendeneutektischen, anschliessend den Haupt-schmelzpeak (manchmal liegt allerdingsdas Eutektikum amorph vor, so dass der er-ste Peak fehlt). Flüssig-kristalline Stoffebleiben auch nach dem Schmelzpeak an-isotrop. Erst nach einem oder mehrerenkleinen, scharfen Peaks von Mesophasen-übergängen wird die Schmelze isotrop(Abb. 4f).

Ein exothermer Peak auf der anschliessen-den Kühlkurve ist ein Kristallisationspeak,wenn• die Peakfläche etwa derjenigen des

Schmelzpeaks entspricht (da dieSchmelzwärme temperaturabhängig ist,kann je nach Unterkühlung beimKristallisieren eine Abweichung von biszu 20 % auftreten) und

• die Unterkühlung (Differenz der Onset-Temperaturen Schmelzen-Kristallisie-ren) zwischen 1 und ca. 50 °C beträgt.Schnell kristallisierende Stoffe zeigennach der Keimbildung eine fast senk-rechte Flanke bis – bei genügendgrosser Probe – die Schmelztemperaturerreicht wird (Abb. 5a, g).

Liegt die flüssige Phase in mehreren nichtzusammenhängenden Tröpfchen vor, ist dieUnterkühlung jedes Tröpfchens unter-schiedlich, so dass mehrere Peaks auftreten(Abb. 5b).Organische und andere “schlecht kristalli-sierende” Verbindungen bilden beim Ab-kühlen ein festes Glas (Abb. 5c). Solche

amorphe Proben können beim späterenAufheizen über die Glastemperatur kristal-lisieren (Entglasen, Devitrifizieren, Kalt-kristallisieren). Die Kaltkristallisation istoft zweistufig. Beim weiteren Erwärmenkönnen polymorphe Umwandlungen auf-treten; schliesslich schmilzt die eben gebil-dete feste Phase (Abb. 5e).Beim Abkühlen der Schmelze eutektischverunreinigter Proben kristallisiert dieHauptkomponente oft (Abb. 5d), sie kannaber auch glasartig erstarren (Abb. 5c).Sehr häufig bleibt das Eutektikum amorph,so dass der eutektische Peak fehlt.Eine Polymerschmelze kristallisiert mit ei-ner Unterkühlung von ca. 30 K (Abb. 5f).Viele Polymere erstarren bei raschem Küh-len glasartig (Abb. 5c).Beim Kühlen einer Flüssigkristall-Schmel-ze erfolgen zuerst die Mesophasenum-wandlungen (oft ohne zu unterkühlen!).Die anschliessende Kristallisation weist dieübliche Unterkühlung auf (Abb. 5g).

Fest-fest Umwandlungen, Polymor-phieDas gemeinsame Erkennungsmerkmal derfest-fest Umwandlungen ist die Tatsache,dass eine pulverförmige Probe auch nachder Umwandlung pulverförmig ist.Die bei organischen Verbindungen verbrei-tete monotrope fest-fest Umwandlungmetastabiler Kristalle (in Abb. 6 mit α' be-zeichnet) in die stabile α-Form ist exo-therm (Abb. 6a). Wie die Bezeichnung an-deutet, verlaufen monotrope Umwandlun-gen nur in einer Richtung (irreversibel).

Abbildung 4: Schmelzvorgänge; a: nichtpolymereReinsubstanz; b: eutektisch verunreinigte Probe;c: teilkristalliner Kunststoff; d und e: Schmelzenunter Zersetzung; f: Flüssigkristall.

Abbildung 5: Kristallisieren; a: Rein-susbstanz(Tf = Schmelzpunkt); b: nicht zusammen-hängen-de Tröpfchen erstarren mit individueller Unter-kühlung; c: diese Schmelze erstarrt amorph; d:eutektisch verunreinigte Probe; e: abgeschreckteSchmelze kristallisiert beim Erwärmen über dieGlastemperatur (Kaltkristallisation); f: teil-kristalliner Kunststoff; g: Flüssigkristall.

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Die monotrope Umwandlung ist langsam,am schnellsten ist sie wenige K unter demSchmelzpunkt der metastabilen Phase.Trotzdem ist der Peak meistens kleiner als0.5 mW und ist deshalb neben demanschliessenden Schmelzpeak von ca.

10 mW Höhe leicht zu übersehen (grauerPfeil in Abb. 6b). Oft ist isothermes Abwar-ten der monotropen Umwandlung am effi-zientesten.Mit Heizraten über 5 K/min “überfährt”man die langsame Umwandlung leicht(Abb. 6b) und erreicht die Schmelz-temperatur der metastabilen Form. Die mo-notrope fest-fest-Umwandlung ist entwederunsichtbar oder sie könnte als geringfügigeexotherme “Basislinienverschiebung” vordem Schmelzpeak fehlinterpretiert werden.Falls einige stabile Kristalle als Keime fürdie Kristallisation der gebildeten flüssigenPhase vorliegen, geht der Schmelzpeak di-rekt in den exothermen Kristallisationspeaküber. Man spricht in diesem Fall von einerUmwandlung über die flüssige Phase (dieProbe wäre nach sofortigem Abkühlen aufRaumtemperatur sichtlich verschmolzen).Schliesslich wird die Schmelztemperaturder stabilen Modifikation erreicht.Liegen keine α-Keime vor, gibt es keinen

α-Kristallisationspeak und damit natürlichkeinen α-Schmelzpeak (Abb. 6c). Bestehtdie ganze Probe nur aus der stabilen Form,erscheint nur der α-Schmelzpeak und diePolymorphie ist ebenfalls unsichtbar (Abb.6d). Die α'-Form schmilzt substanz-

abhängig 1 bis 40 K tiefer als die stabileModifikation.Die seltener auftretende enantiotropefest-fest Umwandlung ist reversibel. DieUmwandlung α→β, ausgehend von derTieftemperatur-Form α in die Hochtempe-ratur-Form β ist endotherm. Die enantio-trope Umwandlung ergibt je nach Korn-grösse der Probe unterschiedliche Peakfor-men, da die Keimbildungsgeschwindigkeitjedes Kriställchens individuell verschiedenist. Feinkristalline Proben erzeugen durchdie Statistik angenähert glockenförmige(Gauss) Peaks (Abb. 7a und c). Wenigegrosse Kristalle können – besonders bei derRückumwandlung β→α – recht bizarrePeaks ergeben (Abb. 7b und d).Die enantiotropen Umwandlungs-Peakssind typisch 10 K breit (Halbwertsbreite).Hinweis: In UserCom 8 finden Sie einen Ar-tikel speziell über Polymorphie.

Umwandlungen mit deutlichemGewichtsverlustNur im offenen Tiegel zu beobachten (Tie-gel ohne Deckel, oder zum Schutz derMesszelle vor herauskriechenden oder –spritzenden Substanzen mit 1 mm Loch imDeckel):• Verdunsten von flüssigen Proben (Abb.

3, unten und Abb. 8a),• Trocknen (Desorbieren adsorbierter

Feuchte oder Lösemittel, Abb. 8b),• Sublimieren von Feststoffen (Abb. 8b),• Zersetzung von Hydraten (oder

Solvaten) unter Abspaltung des Kristall-wassers. Im offenen Tiegel gemessenentspricht die Kurvenform Abb. 8b, inselbstgenerierter Atmosphäre Abb. 8c.

Diese Peaks zeigen Halbwertsbreiten von≥20 K (ausser in selbstgenerierter Atmo-sphäre) und gleichen in der Form chemi-schen Reaktionen. Die Zersetzung vonSolvaten heisst Pseudo-Polymorphie (wohldeshalb, weil im hermetisch geschlossenenTiegel ein neuer Schmelzpunkt auftritt,wenn die Probe im eigenen Kristallwasserschmilzt) und kann auch als chemischeReaktion betrachtet werden.In selbstgenerierter Atmosphäre (50 µmLoch im Tiegeldeckel) ist das Verdunstenvon Flüssigkeiten stark behindert. Erstwenn die Siedetemperatur erreicht wird,entsteht ein meistens recht schmalerSiedepeak (Abb. 3, Mitte und Abb. 8d).Neben dem deutlichen Gewichtsverlust wei-sen diese Reaktionen noch ein gemeinsa-mes Merkmal auf: wegen der abnehmendenWärmekapazität verschiebt sich die Basis-linie in exothermer Richtung.

Der GlasübergangBeim Glasübergang amorpher Stoffenimmt die Spezifische Wärme um 0.1 bis0.5 Jg-1K-1 zu, weshalb sich die DSC-Kurvein charakteristischer Art gegen endothermverschiebt (Abb. 2, unten und Abb. 9a):• Der Krümmungsradius am Onset ist

deutlich grösser als am Endset.• Die Steigung vor dem Übergang ist

deutlich endotherm, nach dem Über-gang verläuft die Kurve (fast) horizon-tal.

Oft tritt bei der ersten Messung nach länge-rer Lagerung unter der Glasübergangs-temperatur, Tg (kurz Glastemperatur) einendothermer Relaxationspeak mit einerFläche von 1 bis maximal ca. 10 Jg-1 auf(Abb. 9b). Dieser Peak ist weder beim Ab-

Abbildung 6: Monotrope Umwandlung: a: beimPfeil erfolgt die fest-fest Umwandlung, anschlies-send schmilzt die eben gebildete α-Form; b: hierist die fest-fest Umwandlung so langsam, dassdie α'-Form ihren Schmelzpunkt erreicht, woraufα kristallisiert; c: die reine α'-Form schmilzt tief;d: die reine α-Form schmilzt hoch.

Abb. 7: Reversible enantiotrope Umwandlung: a:feines Pulver; b: grobe Kristalle; c: Rückumwan-dlung des feinen Pulvers; c: Rückumwandlung dergroben Kristalle; bei Tt; α und β im thermodyna-mischen Gleichgewicht.

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Abbildung 10: Chemische Reaktionen: a: Ideal-form einer exothermen Reaktion; b: Reaktion mit"störenden" physikalischen Umwandlungen undbeginnender Zersetzung; c: Chem. Reaktion mitFolgereaktion; d: Teiloxidation organischer Pro-ben mit dem Restsauerstoff im hermetisch ver-schlossenen Tiegel.

kühlen (Abb. 9c), noch beim sofortigenzweiten Heizen zu beobachten. Der Glas-übergangsbereich erstreckt sich meistensüber 10 bis ca. 30 K.Einen Effekt, der einem Glasübergang ähn-lich sieht, können Sie definitiv als Glas-übergang einordnen, wenn die Probe ober-halb Tg sichtlich weich, beinahe flüssigoder gummielastisch ist. Falls Sie keinenZugang zu einem TMA- oder DMA-Geräthaben, testen Sie dies, indem sie eine Probeim Tiegel ohne Deckel einige Minuten aufTg + 20 K halten. Nun öffnen Sie den Mess-zellendeckel und versuchen die Probe miteinem Spatel oder Draht einzudrücken. Beihochgefüllten Kunststoffen spüren Sie dieErweichung allerdings kaum.

Lambda-ÜbergängeDiese fest-fest Umwandlungen zweiter Artzeigen Λ-förmige cp-Temperaturfunktio-nen. Die wichtigste ist die ferromagnetischeCurie-Umwandlung, welche früher zumTeil zur TGA-Temperaturkalibrierung oderJustierung verwendet verwendet wurde. DerDSC-Effekt ist allerdings ziemlich klein(Abb. 9d), zur Sicherheit sollten Sie dasAusbleiben des Ferromagnetismus oberhalbder Curie-Temperatur mit einem kleinenMagneten überprüfen.

Chemische ReaktionenChemische Reaktionen können grundsätz-lich nur beim ersten Aufheizen gemessenwerden. Beim Wiederabkühlen auf dieStarttemperatur bleibt das Reaktionspro-dukt chemisch stabil, so dass beim zweitenErwärmen keine Reaktion mehr auftritt 1 .In einigen Fällen ist die Reaktion nachdem ersten Heizen unvollständig, so dassbeim zweiten Mal eine geringfügige Nach-reaktion auftreten kann (z.B. beim Härtenvon Epoxidharzen).Die Halbwertsbreite chemischer Reaktions-peaks beträgt 10 bis 70 K (meistens ca. 50 Kbei einer Rate von 10 bis 20 K/min).Reaktionen ohne signifikanten Gewichts-verlust sind meistens exotherm (ca. 1 bis20’000 Jg-1, Abb. 10a und b). Die andernsind wegen der überwiegenden Volumen-arbeit eher endotherm.Ideale DSC-Kurven einer chemischen Reak-tion zeigen einen einzigen glatten Peak(Abb. 10a). In der Praxis wird der Peak oftdurch überlagerte Reaktionen gestört, z. B.dem Schmelzen von Additiven (Abb. 10b)oder Folge-, bzw. Zersetzungsreaktionen(Abb. 10c).

Beispiele für Reaktionen mit deutlichemGewichtsverlust:• Thermische Zersetzung (Pyrolyse unter

Inertgas), mit den häufig entstehendengasförmigen Pyrolyseprodukten CO,kurzkettigen Alkanen, H2O, N2.

• Depolymerisation mit mehr oderweniger quantitativer Bildung desMonomers

• Polykondensation beim Härten vonPhenol- und Melaminharzen2

Reaktionen mit deutlicher Gewichtszunah-me sind fast immer Reaktionen mit Sauer-stoff und stark exotherm:• Korrosion von Metallen wie Eisen• Sauerstoffaddition beim Oxidations-

beginn organischer Verbindungen. Imweiteren Verlauf der Reaktion werdendann flüchtige Oxidationsprodukte wieCarbonsäuren, CO2 und H2O gebildet, sodass schliesslich ein Gewichtsverlustentsteht (die anfängliche Gewichtszu-nahme sieht man am besten auf einerTGA-Kurve).

Beispiele für Reaktionen ohne signifikanteGewichtsveränderung3 :• Additions- und Polyadditionsreaktionen,

Härten von Epoxidharzen• Polymerisation, Dimerisierungen• Umlagerungen• Oxidation organischer Proben (z.B.

Polyethylen) mit den im hermetischverschlossenen Tiegel vorhandenen ca.10 µg Luftsauerstoff (Abb. 10d).

Abbildung 9: Stufenartige Übergänge: a: Glas-übergang; b: Glasübergang mit Enthalpierelaxa-tion; c: Rückumwandlung; d: Curie-Umwandlung

Abbildung 8: Umwandlungen mit Gewichtsverlust:a: Verdunsten im offenen Tiegel; b: Desorbieren,Sublimieren; c: Dehydratisieren; d: Sieden imTiegel mit kleinem Loch, Tb = Siedepunkt.

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DSC822e

SchlussbemerkungenDieser Beitrag soll Ihnen beim InterpretierenIhrer DSC-Kurven helfen. Trotzdem werdenSie häufig weitere Methoden beiziehen müs-sen, um die Sicherheit Ihrer Aussagen zu er-höhen. Einige Möglichkeiten sind:• Thermogravimetrische Analyse, idealer-

weise kombiniert mit DTA oder SDTA.Die Interpretation von DTA und SDTA®-Kurven erfolgt analog DSC, natürlichmit Einschränkungen wegen ihrergeringeren Empfindlichkeit.

• Thermomechanische und DynamischMechanische Analyse

Beim neuen DSC822e wird die Temperaturwie auch das DSC-Signal mit einem 16 malbesser auflösenden Analog-Digital-Wandlererfasst. Damit kann die Temperatur genau-er geregelt werden, was zu einem kleinerenSignalrauschen auf dem DSC-Signal führt(Abbildung 1).Der DSC-Signalbereich von 700 mW, derbeim DSC821e noch mit 1 Million Punktendargestellt wurde und zu einer technischenAuflösung von 0.7 µW führte, lässt sichjetzt dank 16 Millionen Punkten noch vielgenauer auflösen.Für die Steuerung des DSC822e braucht esdie neueste STARe SW Version V6.10.

Abbildung 1: Verbessertes Signal zu Rausch Verhältnis dargestellt anhand einer Messung einesFlüssigkristalles

Neu im Verkaufsprogramm

• Analyse gasförmig abgegebener Stoffe(EGA, Evolved Gas Analysis) mit MSoder FT-IR

• Beobachten der Probe im Heiztisch-Mikroskop (TOA, Thermo-Optische-Analyse im FP82 oder im FP84 mitsimultaner DSC)

Weitere, je nach Probenkategorie unter-schiedliche chemische oder physikalische Un-tersuchungen, gegebenenfalls jeweils nachdem Auftreten eines thermischen Effektes.1 Es gibt ganz wenige Ausnahmen von

dieser Regel, ein Beispiel ist die beimErwärmen von Schwefel bei ca. 150 °C

Temperaturbereich -150 – 700 °CTemperaturgenauigkeit ± 0.2 °CTemperaturreproduzierbarkeit ± 0.1 °CSensortyp Keramiksensor FRS5 mit 56-facher AuAuPd-

ThermosäuleSignalzeitkonstante 2.3 sMessbereich 700 mWDigitale Auflösung 16 Millionen PunkteAbtastrate Max. 10 Punkte pro Sekunde (wählbar)

Spezifikationen

beginnende Polymerisation, welchebeim späteren Abkühlen bei ca. 130 °Crückgängig gemacht wird.

2 Diese leicht exothermen Reaktionenwerden oft in Hochdrucktiegeln gemes-sen, um den gleichzeitig entstehendenendothermen Verdampfungspeak derflüchtigen Nebenprodukten zu unter-drücken.

3 Diese Reaktionen werden oft im herme-tisch geschlossenen Al-Tiegel durchge-führt, um die Abgabe von geringfügigflüchtigen Komponenten zu vermeiden.

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EinleitungIm ersten Teil dieser Arbeit (UserCom 10)wurden Grundlagen zum Glasübergang,seiner Messung und Auswertung behandelt.In diesem Teil werden einige praktischeAspekte dargestellt.Voraussetzung für das Auftreten von Glas-übergängen ist immer das Vorhandenseineines hinreichenden Grades von Unord-nung in der molekularen Struktur der Ma-

Der Glasübergang aus der Sicht von DSC-Messungen;Teil 2: Informationen bei der Materialcharakterisierung

Applikationen

amorphe Bereiche. Mit zunehmender Kris-tallinität wird der amorphe Anteil und so-mit die Intensität des Glasübergangs (Stu-fenhöhe ∆cp) geringer.Insbesondere bei Polymeren wird die mole-kulare Beweglichkeit in den amorphen Be-reichen durch die Anwesenheit der Kristal-lite beeinflusst, da unter anderem einigeMakromoleküle Teil der kristallinen undamorphen Komponente sind. Als Folge wird

Abbildung 1: Die spezifische Wärmekapazität von PET als Funktion derTemperatur im Glasübergangsbereich. Die Probe wurde unterschiedlichlange (tc) bei 120 °C kristallisiert. Die Kristallinität wächst mit derKristallisationszeit, dabei nimmt (∆cp (DeltaCp) ab. (Einwaage: 14 mg,Heizrate: 10 K/min).

Abbildung 2: Normierte Sprunghöhe der spezifischen Wärme am Glas-übergang als Funk-tion der Kristallinität. (Polymer: isotherm bei 120 °Ckristallisiertes PET), A: Verhalten bei einem Zweiphasensystem; B: Ge-messenes Verhalten bei einem Dreiphasensystem.

der Glasübergang breiter und zu höherenTemperaturen verschoben. In Abbildung 1ist dieses Verhalten am Beispiel von unter-schiedlich kristallisiertem Polyethylentere-phthalat (PET) gezeigt.

In Abbildung 2 ist die normierte Stufen-höhe beim Glasübergang von unterschied-lich lange bei 120 °C kristallisiertem PETals Funktion der Kristallinität dargestellt.Die Linie A repräsentiert ein Zweiphasen-verhalten wie es bei niedermolekularenStoffen auftreten kann, bei denen nur Kri-stalle und bewegliches amorphes Materialvorliegen. Bei Polymeren treten aufgrundder Molekülgrösse Abweichungen von die-

sem Verhalten auf, da ein Teil der amor-phen Bereiche nicht an den kooperativenUmlagerungen teilhaben kann. Diese starr-amorphe Phase befindet sich an der Ober-fläche der Faltungskristalle. Somit lässtsich bei Polymeren durch Messung der Stu-fenhöhe als Funktion des Kristallisations-grades der Anteil des starramorphen Mate-rials bestimmen. Aus Abbildung 2 ist zuentnehmen, dass bei dem untersuchten

PET der maximale Kristallisationsgradetwa 0.4 und der Anteil der starramorphenBereiche 0.6 beträgt.Kann ein Material vollkommen amorphhergestellt werden (z.B. durch Abschreckenoder Lyophilisation), ist es bei niedermole-kularen Substanzen (zwei Phasensysteme)möglich, durch die Messung von ∆cp denKristallisationsgrad zu bestimmen.

OrientierungWerden Polymere zu dünnen Folien oderFasern verarbeitet, so kommt es zu einermolekularen Orientierung, durch die derGlasübergang beeinflusst wird. Analog zudem Verhalten von teilkristallinen Polyme-

terialien (z.B. amorphe Bereiche). DerGlasübergang reagiert sehr sensibel auf Än-derungen der molekularen Wechselwirkun-gen. Deshalb können durch seine Untersu-chung strukturelle Unterschiede oder Ver-änderungen der Materialien festgestelltwerden. Im folgenden werden einige Bei-spiele aufgezeigt um die Aussagemöglich-keiten der Analyse von Glasübergängen zudemonstrieren.

Teilkristalline MaterialienNeben rein amorphen und vollständig kri-stallinen Materialien gibt es auch Materia-lien, die teilkristallin vorliegen. Bei solchenMaterialien koexistieren Kristallite und

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ren wird die Glastemperatur zu etwas grös-seren Temperaturen verschoben und derGlasübergang wird breiter. Durch Orientie-rung (z.B. Verstrecken) von teilkristallinenPolymeren ist es möglich, die Kristallinitäterheblich zu vergrössern. Dieser Effekt istdann auch beim Glasübergang zu beobach-ten. Häufig schrumpfen verstreckte Poly-mere beim Aufheizen. Dadurch verändertsich der Wärmekontakt zwischen Probe undDSC-Sensor während der Messung. DasSchrumpfen beginnt mit dem Glasüber-gang und kann zu unbrauchbaren DSC-Kurven führen. Reproduzierbar kann dannnur die vorgeheizte Probe (geschrumpfteProbe) vermessen werden, dabei wird jedochdie thermische und mechanische Vorge-schichte beseitigt.

Physikalische AlterungWie schon im ersten Teil dieses Artikels(UserCom10) beschrieben wurde, hängt dieKurvenform im Glasübergangsbereich unddie Glastemperatur von der Lagerung un-terhalb der Glastemperatur ab. Mit längererLagerzeit bildet sich ein Enthalpierelaxa-tionspeak heraus. Dieser Vorgang wirdauch physikalische Alterung genannt. AmBeispiel von Polyethylenterephthalat (PET),das bei 65 °C gelagert wurde, sind einigespezifische Wärmekapazitätskurven in Ab-bildung 4 dargestellt.

Aus diesen Kurven wurde die Glastempera-tur nach zwei Methoden ermittelt. Einmalaus dem Schnittpunkt der Winkelhalbie-renden der Tangenten mit der Messkurve

während der Verarbeitung und der Lage-rung. Wie in Abbildung 6 zu sehen ist, kön-nen diese Peaks je nach Probe und Vorge-schichte an verschiedenen Stellen im Glas-übergangsbereich auftreten. Vor der zwei-ten Messung wurden die Proben schnellabgekühlt. Durch dieses definierte Abkühlenwurde der Einfluss der Vorgeschichte besei-tigt.

VernetzungIn vernetzten Systemen (Duroplaste wiez.B. Epoxidharze) ist die Glastemperaturvom Vernetzungsgrad abhängig. Bei fort-schreitender Vernetzung verschiebt sich derGlasübergang zu höheren Temperaturen(s. Abbildung 7).

Abbildung 3: Glasübergang von verstreckten PET-Fasern (Erklärung sie-he Text). Die Pfeile markieren den Glasübergang (Probenmasse: 4 mg,Heizrate: 10 K/min).

Abbildung 4: Glasübergang von unterschiedlich lange bei 65 °C gelager-tem PET (Probenmasse: 23 mg, Heizrate: 10 K/min).

In Abbildung 3 ist der Glasübergang vonorientierten PET-Fasern dargestellt. Bei derersten Messung ist der Beginn des Glasüber-gangs sichtbar. Jedoch beginnt noch imGlasübergangsbereich die Rekristallisation(exothermer Peak zwischen 80 und 140 °C).Die Faser schrumpft in diesem Temperatur-bereich. Wird die Probe bis zu Temperatu-ren unterhalb der Schmelztemperatur auf-geheizt und danach abgekühlt, ist die Pro-be teilkristallin und zeigt einen breitenGlasübergang bei etwas höheren Tempera-turen (2nd run in Abbildung  3). Wird dieFaser geschmolzen und danach abge-schreckt (3rd run), ist die Probe amorph.Es wird der Glasübergang und der folgendeexotherme Rekristallisationspeak gemes-sen.

(Tg1) und zum anderen als „fiktive Tempe-ratur“ nach dem Verfahren nach Richard-son (Tg2). Während Tg1 mit der Alterungs-zeit wächst, nimmt Tg2 monoton ab. Zu-sätzlich wurde die Enthalpierelaxationnach der im Teil 1 beschriebenen Methodeermittelt. Die Resultate sind in Abbildung 5dargestellt. Es ist zu erkennen, dass derzeitliche Verlauf von Tg2 analog dem derEnthalpierelaxation ist. Tg2 beschreibt denphysikalischen Zustand des Glases vor derMessung. Der Verlauf von Tg1 ist ausserdemvon den konkreten Messbedingungen ab-hängig.Die Enthalpierelaxationspeaks sind abhän-gig von inneren Spannungen, die z.B.durch den Verarbeitungsprozess bedingtsind sowie der thermischen Geschichte

Wird ein Epoxidharz isotherm bei der Tem-peratur Tc gehärtet, steigt die Glastempe-ratur ebenfalls mit der Härtungszeit. Ist dieGlastemperatur des ausgehärteten Materi-als grösser als Tc, tritt Vitrifikation (Vergla-sung) auf. Die Probe geht vom flüssigen inden glasigen Zustand über. Dadurch verrin-gert sich die Reaktionsgeschwindigkeit dra-stisch und die Glastemperatur ändert sichnur noch wenig (s. Abbildung 8). Bei derVitrifikationszeit tv ist die Glastemperaturgleich der Härtungstemperatur.Bei vielen Elastomeren ist ebenfalls eineAbhängigkeit der Glasübergangstempera-tur vom Vernetzungsgrad (Vulkanisations-grad) zu beobachten. Aufgrund der relativ ge-ringen Vernetzungsdichte sind die Änderun-gen jedoch relativ klein (Abbildung 9).

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ist abhängig von der Konzentration dereinzelnen Komponenten. Eine möglicheBeschreibung der Abhängigkeit der Glas-temperatur von der Zusammensetzung istdie semiempirische Gordon-Taylor Glei-chung:

21

2211

kww

TkwTwT

gg

g ++

=

Tg1 und Tg2 sind die Glastemperaturen derreinen Komponenten und w1 und w2 dieMassenanteile. k kann als Fitparameteraufgefasst werden.

MolmasseÄhnlich wie bei einer Vernetzungsreaktionvergrössert sich auch bei einer Polymerisa-tion die Glastemperatur mit der MolmasseMw und erreicht im Bereich von 104 bis105 g/mol den maximalen Wert.Die Molmassenabhängigkeit kann in guterNäherung durch

w

ggM

JTT −= ∞

beschrieben werden (Abbildung 10). J isteine polymerspezifische Konstante.

Abbildung 5: Glasübergangstemperatur Tg1 (Schnittpunkt der Winkelhal-bierenden; offene Kreise) und Tg2 (nach Richardson; schwarze Kreise)sowie die Enthalpierelaxation -∆Hrelax von PET (gealtert bei 65 °C) alsFunktion der Alterungszeit.

Abbildung 6: Erste und zweite Messung des Glasübergangs von einemAcryl-Copoylmer und PMMA. Die Pfeile kennzeichnen die Relaxations-peaks.

WeichmacherIn Abbildung 11 ist am Beispiel von Poly-vinylacetat (PVAc) der Einfluss von Weich-machern auf den Glasübergang dargestellt.Mit wachsendem Weichmachergehalt wirddie Glastemperatur zu kleineren Wertenverschoben (Abbildung 12). Bei einigenMaterialien wirkt Wasser, das aus der Luftaufgenommen wird, als Weichmacher.Auch Lösemittelrückstände, die von demHerstellungs- oder Verarbeitungsprozessstammen, können als (ungewollte) Weich-macher wirken.

PolymermischungenAufgrund der grossen Variabilität von Poly-mermischungen (Polymerblends), könnenan dieser Stelle nur einige Aspekte bezüg-lich des Glasübergangs angesprochen wer-den.Prinzipiell können Polymere mischbar(kompatibel) oder nicht mischbar (inkom-

patibel) sein. Bei nicht mischbaren Poly-meren treten die einzelnen Komponentenphasengetrennt auf. Es existieren dann Be-reiche der unterschiedlichen Phasen gleich-zeitig nebeneinander. Jede dieser Phasenkann für sich einen Glasübergang durch-laufen, weshalb mehrere Glasübergängegemessen werden. Ein Vergleich von Stu-fenhöhe und Glastemperatur mit denen derreinen Komponenten kann Aussagen überdie Anteile und eventuelle Wechselwirkun-gen zwischen den Phasen sowie über dieQualität des Mischungsprozesses liefern.

Liegen die unterschiedlichen Glasüber-gänge sehr dicht beieinander, können siebei einer „normalen“ Analyse nur schwergetrennt werden. Durch Temperung kurzunterhalb Tg entstehen Relaxationspeaks,mit deren Hilfe häufig eine Trennung mög-lich ist.Ein Beispiel von inkompatiblen Mischun-gen ist in Abbildung 13 dargestellt. Es wur-de Polycarbonat (PC) mit ABS gemischt.Deutlich sind bei der Mischung die beidenGlasübergänge zu erkennen. Aufgrund derWechselwirkung mit dem ABS wird der PC-Glasübergang um etwa 3 K zu kleinerenTemperaturen verschoben. Aus dem Ver-hältnis der Stufenhöhe des PC-Glasüber-gangs (∆cprein/∆cpmischung) kann abge-schätzt werden, dass die Mischung 67 % PCund 33 % ABS enthält.Bei mischbaren Substanzen bildet sich einehomogene Phase. Folglich wird nur ein Glas-übergang gemessen. Die Glastemperatur Tg

Für das Beispiel von PS-PPE- Mischungen(PPE: Polyphenylenether) ist die Änderungder Glastemperatur als Funktion der Kon-zentration in Abbildung 14 dargestellt.

Eine homogene Mischung muss nicht sta-bil sein. Je nachdem welche Komponentenmiteinander gemischt wurden, kann es beiTemperaturerhöhung oder -verringerungzu einer Phasenseparation (Entmischung)kommen. In solch einem Fall sind nachder Entmischung mindestens zwei Glas-übergänge zu beobachten.

CopolymereBei Copolymeren ist der Glasübergang vonder Art der polymerisierten Monomere undderen Anordnung im Makromolekül ab-hängig. Sind die Monomere mischbar oderstatistisch verteilt, wird ein Glasüberganggemessen. Bei Block- und Pfropf-Copoly-meren kommt es häufig zu Phasentren-

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nung (Phasenseparation). Es treten dannzwei Glasübergänge auf. Sind die Blöcke zukurz, kann aus chemischen Gründen keinePhasentrennung stattfinden. Es wird dannnur ein Übergang gefunden. In Abbildung15 sind die Glasübergänge von Gel zweierBlock-Copolymeren dargestellt. Die Sub-stanzen unterscheiden sich lediglich in derLänge der Blöcke. Bei Probe 2 sind dieBlöcke relativ lang. Es tritt eine Phasen-separation auf. Aufgrund der kurzen Blöckeist die Phasenseparation in Probe 1 nichtmöglich.

Chemische ModifizierungDurch chemische Modifizierung kann diemolekulare Beweglichkeit beeinflusst wer-den. Ausserdem ist Phasenseparation mög-lich. Eine chemische Modifikation kanngezielt oder durch chemische Alterung er-folgen. Bei der chemischen Alterung findenAbbaureaktionen oder Oxydation statt. EinBeispiel für eine gezielte Modifikation ist

Abbildung 10: Glastemperatur von Polystyrol (PS) als Funktion der rezipro-ken Molmasse (Tg∞ = 101 °C, J = 2.2 kgK/mol).

Abbildung 9: Glasübergangstemperatur als Funktion des Vulkanisations-grads eines NBR-Kautschuks (Nitril-Butadien-Kautschuk).Die Proben wur-den bei 70, 130 bzw. 150 °C isotherm vulkanisiert.

Abbildung 7: Glasübergangstemperatur als Funktion desVernetzungsgrades bei einem Epoxidharzsystem.

die Chlorierung von Polyvinylchlorid (PVC).Der Einfluss des Chlorgehalts auf den Glas-übergang ist in Abbildung 16 dargestellt.Mit grösserem Chlorgehalt verringert sichdie molekulare Beweglichkeit. Im Ergebniswird die Glastemperatur zu höheren Wertenverschoben.Besonders auffallend ist die Verbreiterungdes Glasübergangs mit wachsendem Chlor-gehalt. Die Ursache dafür liegt in einer re-lativ grossen Inhomogenität der Chlor-verteilung.

Bei der Chlorierung wird ein Wasserstoff-atom durch ein Chloratom ersetzt. Die An-zahl der Freiheitsgrade einer Monomer-einheit wird dadurch nicht verändert. Des-halb bleibt die Stufenhöhe (∆cp) bezogenauf das Mol unbeeinflusst von der Chlorie-rung. Die in Abbildung 16 zu erkennendeVerkleinerung der Stufenhöhe mit wach-sendem Chlorgehalt wird also durch dieVergrösserung der Molmasse hervorgerufen.

Deshalb kann die Änderung von ∆cp ge-nutzt werden, um den Chlorgehalt abzu-schätzen. Die Molmasse einer Monomerein-heit vom PVC ist MPVC = 65.5 g/mol. Auf-grund der Molmasse von Chlor (35.5 g/mol)erhält man einen Chlorgehalt für PVC von56.8%. Die ∆cp-Stufenhöhe beträgt ∆cPVC =0.28 J/gK. Das entspricht 18.34 J/molK. Beider chlorierten PVC-Probe mit dem gerin-geren Chlorgehalt kann die Höhe der ∆cp-Stufe relativ genau bestimmt werden(∆cPVCC = 0.24 J/gK). Die Molmasse derchlorierten PVC MPVCC kann aus

abgeschätzt werden. Im betrachteten Fallerhält man MPVCC = 76.41 g/mol. Das ent-spricht 1.31 Chloratome pro Monomerein-heit und somit einen Chlorgehalt von60.8%. Dieser Wert stimmt sehr gut mit denVorgaben überein.

Abbildung 8: Änderung der Glastemperatur während der isothermen Ver-netzung eines Epoxidharzsystems bei Tc = 100 °C . Jeweils eine neue Pro-be wurde unterschiedlich lange bei Tc gehärtet, danach schnell abgekühlt.Aus der nachfolgenden Heizmessung mit 10 K/min wurde die Glas-temperatur ermittelt.

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Abbildung 11: Spezifische Wärmekapazität als Funktion der Temperaturim Glasübergangsbereich von PVAc mit unterschiedlichem Weichmacher-gehalt.

Abbildung 12: Glastemperatur von PVAc als Funktion des Weichmacher-gehalts (Daten aus den Messungen in Abbildung 11).

Abbildung 13: Glasübergang von reinem PC und einem PC-ABS-Blend(Probenmasse ca. 10 mg, Heizrate: 10 K/min).

FüllstoffeHäufig werden Polymeren Füllstoffe wieGlasfasern, Kreide oder Russ zugegeben.Diese Füllstoffe verringern den Polymer-

Abbildung 15: Glasübergangsbereich von Gelen aus Block-Copolymerender gleichen Komponenten aber unterschiedlicher Blocklänge. Die Pfei-le kennzeichnen die Glasübergänge (Sample 1: kurze Blöcke; Sample 2:lange Blöcke).

Abbildung 14: Glastemperatur als Funktion der Zusammensetzung vonPS-PPE-Mischungen. Die durchgezogene Kurve entspricht der Gordon-Taylor Gleichung mit k = 0.63.

Abbildung 16: Glasübergang von PVC und unterschiedlich chloriertenPVC. Bei der Probe mit 66.5 % Cl ist der Glasübergangsbereich so breit,dass er bei 150 °C noch nicht abgeschlossen ist.

gehalt der Materialien und somit die Stu-fenhöhe des Glasübergangs. Die Stufen-höhe ∆cp ist proportional zum Polymer-gehalt. Im allgemeinen ist die Glastempe-

ratur unabhängig vom Füllstoffgehalt. Le-diglich bei aktiven Füllstoffen kann es zurelativ geringen Änderungen von Tg kom-men.

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SchlussfolgerungDer Glasübergang ist ein Phänomen, das in(partiell) ungeordneten Systemen als eineStufe in der spezifischen Wärmekapazitätzu beobachten ist. Als charakteristischeGrössen werden häufig die GlastemperaturTg, die Stufenhöhe ∆cp und die Breite desÜbergangs angegeben. Die Glastemperaturkann nach verschiedenen Methoden be-stimmt werden. Der Glasübergang ist we-sentlich durch die molekularen Wechsel-wirkungen bestimmt und kann genutztwerden, um kleine Änderungen der Struk-tur nachzuweisen.Ein Problem bei der Messung und Auswer-tung des Glasübergangs besteht darin, dassdie Änderung der spezifischen Wärmekapa-zität (insbesondere in gefüllten oder teil-kristallinen Materialien) sehr klein seinkann. Um die Auflösung zu erhöhen, soll-ten deshalb relativ grosse Proben (bei Poly-meren typisch 10 bis 20 mg) vermessenwerden. Weiterhin sollte der thermische

Kontakt z.B. durch das Komprimieren vonPulvern oder durch Anschmelzen optimiertwerden. Häufig erweist sich auch eineKombination von Heiz-, Kühl- und Heiz-messungen als aussagekräftig. Die Untersu-chungen können mit Messungen von Pro-ben, die kurz unterhalb der Glasübergangs-temperatur getempert wurden, ergänzt wer-den. Bei solchen Proben treten dann tem-peratur- und zeitabhängige Peaks auf. Ins-besondere breite und flache Glasübergängesind schwer zu erkennen. Hier erleichtertdie Subtraktion einer Blindkurve die Aus-wertung.Ein grosses Problem bei der Bestimmungder Glastemperatur ist die Konstruktion derTangenten. Darauf sollte bei der Auswer-tung viel Sorgfalt gelegt werden. Es ist not-wendig, den interessanten Kurvenabschnitthinreichend zu vergrössern. Werden mehre-re Glasübergänge miteinander verglichen,sollten die Kurven auf die Probenmassenormiert oder Wärmekapazitätskurven aus-

gewertet werden. Weiterhin ist es vorteilhaft,die zu vergleichenden Kurven in einem Ko-ordinatensystem darzustellen und die Tan-genten so zu wählen, dass bei allen Kurvendie Hoch- bzw. Tieftemperaturtangentenzueinander parallel verlaufen. So könnenauch kleine Änderungen der Glastempera-tur systematisch nachgewiesen und ausge-wertet werden.Die Glastemperatur repräsentiert keinenthermodynamischen Fixpunkt. Sie hängtvon den Kühl- und Heizraten, der thermi-schen und mechanischen Vorgeschichteund der Bestimmungsmethode ab. Insbe-sondere beim Auftreten von grösseren Über-hitzungspeaks, liefert die Methode nachRichardson (Glastemperatur als fiktiveTemperatur) signifikantere und reprodu-zierbarere Ergebnisse für die Glastempera-tur als andere Methoden. In jedem Fallsollte die Stufenhöhe mit ausgewertet wer-den, da in dieser Grösse wesentliche Infor-mationen über das Material enthalten sind.

ZusammenfassungEinfluss auf den Glasübergang Spezielle Bemerkungen

Kristallinität Zunehmend Kristallinität � kleinere Bei niedermolekularen Stoffen kann

Stufenhöhe; aus ∆cp die Kristallinität bestimmt wer-Insbesondere bei Polymeren wird den; bei Polymeren der Anteil der Tg

grösser und der Glasübergang breiter. starramorphen Phase.

Vernetzung, Härtung, Mit zunehmender Molmasse oder Tg ist bei Mw ab ca. 104 g/mol konstant

Polymerisation, Molmasse Vernetzung wird Tg grösser.

Orientierung und Lagerung Interne Spannungen und Lagerung Eventuell Kristallisation im Glasübergangsbereich;unterhalb T

gverschieben Tg

und vergrössern Häufig ist die erste Messung unbrauchbar;den Enthalpierelaxationspeak. Eventuell Auswertung nach Richardson benutzen.

Die Relaxationspeaks enthalten Informationenzur Vorgeschichte.

Weichmacher Weichmacher verschieben Tg zu Oft wirken Lösemittelreste undtieferen Temperaturen. Feuchte weichmachend (höhere Tg in

der 2. Messung bei Gewichtsverlust)

Mischungen Inkompatible Mischungen geben 2 Aus Tg als Funktion der Zusammen-Übergänge, kompatible nur einen. setzung oder der Stufenhöhe können

die relativen Anteile bestimmt werden;

Copolymere Block- und Pfropf-Copolymere von Tg und Breite der Übergänge hängenkompatiblen Monomeren und von den Wechselwirkungen der Phasen ab.statistische Copolymere zeigeneinen Übergang; sonst zwei Übergänge.

Chemische Modifizierung Tg, Stufenhöhe und Breite des Übergangs Durch gezielte chemische Modifika-können sich ändern; Es können auch mehrere tion oder chemische Alterung wieÜbergänge auftreten. Oxydation oder Abbau von Polymeren

Füllstoffe Mit grösserem Füllstoffanteil wird die Kaum Einflüsse auf Tg

Stufenhöhe geringer.

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Viele reine Ausgangsstoffe, die im pharma-zeutischen Umfeld und auch im Lebens-mittelbereich eingesetzt werden, lassen sichmit Hilfe der Schmelzpunkt-Bestimmunghinsichtlich ihrer Identität und Reinheitroutinemässig analysieren und charakteri-sieren. Anders sieht dies für Öle, Fette undWachse aus.

Thermische KennzahlenBedingt durch die meist nicht einheitlicheZusammensetzung und unterschiedlichenKristallmodifikationen, können solche Sy-steme eigentlich nicht mit einer einzigenthermischen Kennzahl – z.B. Schmelztem-peratur – charakterisiert werden.Dennoch sind verschiedene Verfahren ent-wickelt worden, um zumindest für Ver-gleichszwecke thermische Kennwerte zu er-halten, die in der Routineanalytik einfachmessbar sind: Steigschmelzpunkt (slippoint), Slipping point, Schmelzpunkt nachWiley und Ubbelohde, Tropfpunkt, etc.

DSCEine wesentliche Erweiterung bietet dieDSC-Analyse, die die aufgenommeneWärmeleistung einer Analysenprobe wäh-rend eines zeitlich linearen Aufheizvor-ganges registriert. Das Resultat ist nunnicht mehr ein einzelner Temperaturwertsondern eine Messkurve, die alle auftreten-den Effekte registriert. Somit ermöglichtdiese analytische Methode eine differenzier-tere Charakterisierung von Ölen, Fettenund Wachsen. Wie aber lässt sich eine sol-che komplexe Messkurve in Zahlenwerteumsetzen, die letztlich für die vergleichen-de Beurteilungen und als Kennwerte gefor-dert werden?Ein häufig benutztes Verfahren ist, den Ver-lauf der Fläche zwischen der Messkurveund einer konstruierten Basislinie in Rela-tion zur gesamten Schmelzfläche in diskre-ten Temperaturintervallen tabellarisch an-zugeben. Für dieses Verfahren findet manin der Literatur den Ausdruck “geschmolze-ne Fraktion” (liquid fraction, LF) oderkomplementär dazu “Solid fat index”.

Vergleich DSC - thermische Kenn-zahlenSind die Resultate der verschiedenen Me-thoden korrelierbar, um im Bedarfsfall ausverschiedenen Quellen einheitliche Resul-tate zu erhalten? Prinzipiell nein, denn eswerden ganz unterschiedliche Eigenschaf-ten gemessen. Während beim Steigschmelz-punkt und beim Tropfpunkt zum physikali-schen Schmelzen noch die temperaturab-hängige Viskosität mitspielt, erfasst die DSCnur die Wärmeaufnahme für das Schmel-zen der Kristallite. Die folgende Tabellestellt am Beispiel von 5 Fetten die Tempera-turen der Tropfpunktmessung mit dem

METTLER TOLEDO FP900 System und derMesszelle FP83HT und die Temperaturengegenüber, bei denen in der DSC-Kurve95 % der Schmelzfläche erreicht sind. Letz-tere wurden mit einem METTLER TOLEDODSC821e und Kühlung mittels IntraCoolergemessen.

Probenvorbereitung und MessungEine reproduzierbare Probenvorbereitungist für diese Messungen wichtig. Bei denTropfpunktmessungen wurde das bei 65 °Cvollständig geschmolzene Fett in die Stan-dard-Nippel bis zum Rand einpipettiert (ca.0.5 ml), 1 h bei Raumtemperatur und 12 h

im Gefrierfach eines Kühl-schrankes erkalten lassen.Für die DSC-Analysen wur-den die flüssigen Fettpro-ben in die Standard-Alu-miniumtiegel einpipettiert(10 µl!) und die weitereVorbehandlung in dasDSC-Messprogramm inte-griert. Dieses sah eine kur-ze Verweilzeit bei 60 °Cvor, mit geregeltem Abküh-

Thermische Kennzahlen von Fetten: DSC-Analyse oder Tropf-punktbestimmung?Dr. B. Benzler, Applikationslabor METTLER TOLEDO, Giessen

FettFettFettFettFett Tropfpunkt in Tropfpunkt in Tropfpunkt in Tropfpunkt in Tropfpunkt in °CCCCC T bei 95 % LF in T bei 95 % LF in T bei 95 % LF in T bei 95 % LF in T bei 95 % LF in °CCCCC

# 1 29.2 29.3# 2 38.1 39.8# 3 43.7 43.9# 4 49.6 52.1# 5 54.7 53.5

Tabelle: Vergleich des Tropfpunktes mit der Temperatur, bei der95 % geschmolzen ist (DSC).

Abbildung 1: Die DSC-Kurve im oberen Teil des Diagramms zeigt das komplexe Schmelzverhaltendieses Speisefettes mit einer Schmelzwärme von 67.7 J/g. Unten ist der geschmolzene Anteil alsKurve und rechts tabellarisch zwischen 50 und 95 % dargestellt.

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MaxRes zur Untersuchung teilhydratisierter Portlandzement-SystemeDr. Jordi Payá , Dr. María Victoria Borrachero and Dr. José Monzó, Grupo de Investigación en Química de los Materiales (GIQUIMA), Departamentode Ingeniería de la Construcción, Universidad Politécnica de Valencia, Camino de Vera s/n, E- 46071 Valencia (España)# Direktor der Forschungsgruppe GIQUIMA. E-mail: [email protected]

Abbildung 1: TG und DTG-Kurven des während 4 Stunden hydratisierten Portlandzementes im offenenTiegel.

len auf –30 °C mit einer Kühlrate von5 K/min, einer Verweilzeit von 5 Minutenbei –30 °C und der daran anschließendenAufheizmessung mit 5 K/min. Das Beispieleiner solchen Messung zeigt die Abbildung.Im oberen Bereich des Bildes ist die DSC-Aufheizkurve zu sehen, die Fläche unterdem breiten und komplexen Schmelzpro-zess ist durch Integrieren bezüglich der Ge-samt-Schmelzwärme ausgewertet. Im unte-ren Bereich des Bildes ist der prozentualeFortschritt der Schmelzwärme als Tempera-turfunktion grafisch und tabellarisch auf-gezeichnet.Die Rate, mit welcher auf die Kristallisa-tionstemperatur gekühlt wird, hat einenEinfluss auf die polymorphe Zusammenset-

zung des Kristallisates: je schneller die Küh-lung, desto weniger stabile (hochschmel-zende) Anteile. Die angewandten 5 K/minsind ein guter Kompromiss zwischen kurzerMessdauer und nicht zu grosser Unterküh-lung.

ZusammenfassungDie Charakterisierung von Fetten und Ölenanhand ihrer Tropfpunkte hat den Vor-teil der Einfachheit hinsichtlich der Bedie-nung und der Resultatbestimmung. Letzte-re erfolgt beim FP83HT sogar automatisch,so dass der Anwender selbst keine Entschei-dungen treffen muss. Nachteilig ist nur,dass dieser eine Temperaturwert das kom-plexe Schmelzverhalten von Ölen und Fet-

ten nur unvollkommen wiedergibt.Die DSC-Analyse hingegen gibt ein diffe-renzierteres Bild bezogen auf die Zusam-mensetzung und die Fraktionen-Verhältnis-se. Die erhaltenen Messkurven lassen sichzwar häufig anhand gespeicherter Auswer-teschemata (EvalMacro) zu den gewünsch-ten numerischen Ergebnissen umsetzen,eine kritische Prüfung und eventuelle Kor-rektur durch den Anwender ist jedoch ange-bracht.In beiden Fällen muss die Probenvorberei-tung in festgelegter Art und Weise erfolgen,um reproduzierbare Ergebnisse zu erhal-ten. Dies betrifft besonders die Kristallisa-tionsbedingungen der Fettschmelze (Tem-peratur und Zeit).

• 3CaO.Al2O3.6H2O (C3AH6),• 2CaO.Al2O3.8H2O (C2AH8) und• 4CaO.Al2O3.19H2O (C4AH19).

EinführungIn der Zementchemie werden zur Vereinfa-chung die folgenden Symbole verwendet:AAAAA für Al2O3 , CCCCC für CaO, HHHHH für H2O, SSSSS fürSiO2 und SSSSS für SO3. Damit wird aus Trikal-ziumaluminat, 3CaO.Al2O3 CCCCC33333AAAAA und ausGips als Dihydrat, CaSO4.2H2O CSHCSHCSHCSHCSH22222.Nach dem Anmachen von Portlandzementmit Wasser bilden sich unter Verfestigung,dem sogenannten Abbinden, verschiedeneHydrate. Diese Hydratation von Portlandze-ment ist aus verschiedenen Gründen kom-pliziert:• Portlandzement enthält verschiedene

Komponenten, deren Kristallwasserauf-nahme unterschiedlich schnell verläuft.

• Es entstehen verschiedene, zum Teilnicht-stöchiometrische Hydrate.

• Die Kristallinität der verschiedenenHydrate ist gering.

In den ersten Stunden nach dem Mischenvon Wasser und Portlandzement reagiertCCCCC33333AAAAA schnell unter Bildung verschiedenerKalziumaluminiumhydrate:

Die Anwesenheit von Kalzium- und Sulfat-ionen in der wässrigen Phase (gelösterGips) bewirkt, dass C3A zu Ettringit(C6AS3H32) hydratisiert:

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TG-Messung im offenen TiegelTiegel: 70 µl Aluminiumoxid, Heizrate:20 K/min, Temperaturbereich: 35 bis250 °C, Spülgas: 75 ml/min Stickstoff.

Im offenen Tiegel verlassen die flüchtigen Be-standteile die Probe ohne Behinderung. Dabeitreten 2 thermische Effekte auf (Abb. 1); denersten im Bereich von 80 bis 140 °C ordnenwir der Zersetzung von Ettringit und CSH zu.Der zweite Effekt von 140 bis 200 °C stammtvon der Kristallwasserabgabe von Gips, welcheeigentlich zwei Stufen aufweisen sollte:

Es wurde gezeigt, dass die Trennung im of-fenen Tiegel nicht gelingt [2].

Messung in selbstgenerierterAtmosphäre zur Verbesserung derAuflösungTiegel: 100 µl Aluminium-Deckel mit 50 µmLoch, Heizrate: 20 K/min, Temperaturbe-reich: 35 bis 250 °C, Spülgas: stehende Luft.

In selbstgenerierter Atmosphäre verbleibt eingrosser Teil der abgegebenen Produkte imTiegelraum, wodurch die Probe beinahe mitihrer Gasphase im Gleichgewicht steht. Ent-sprechend werden die Effekte nach höherenTemperaturen verschoben und unter Um-ständen besser getrennt (Abbildung 2).

Unter diesen Bedingungen werden drei Stu-fen sichtbar. Die erste Stufe von 80 bis150 °C ordnen wir wiederum dem Abbauvon CSHCSHCSHCSHCSH und Ettringit zu, die zweite (150bis 180 °C) dem Kalziumsulfat-Dihydratund die letzte (180 bis 210 °C) dem Kalzi-umsulfat-Hemihydrat. Der Ettringit-DTG-Peak ist von 123 (im offenen Tiegel) auf143 °C angestiegen. Aus dem ursprüngli-chen Gips-Peak bei 158 °C sind zwei Peaksbei 169 und 201 °C entstanden.Aus den Gleichungen 4 und 5 geht hervor,dass das Verhältnis der beiden Stufen vonGips 3:1 sein sollte. Tatsächlich wurden2.33:1 erreicht, was bedeutet, dass ein Teilder Dihydratzersetzung schon während derEttringitstufe erfolgt ist. Die Überlagerungder ersten beiden Stufen wird durch die nichtauf Null zurückgehende DTG offensichtlich.

Abbildung 2: TG und DTG-Kurven des während 4 Stunden hydratisierten Portlandzementes in selbst-generierter Atmosphäre

Abbildung 3: MaxRes-TG und DTG-Kurven des während 4 Stunden hydratisierten Portlandzementesin selbstgenerierter Atmosphäre als Darstellung gegen die Zeit und gegen die Temperatur.

3CaO.A12O3+3CaSO4.2H2O+26H2O⇒ 6CO.A12O3.3SO3.32H2O

C3A+3CSH2+26H ⇒ C6AS3H32

In dieser Periode bildet sich aus CCCCC33333SSSSS etwas kolloidales Kalziumsilikathydrat-Gel(CSH):

C3S+nH2O ⇒ C3S.nH2O (gel)Die Interpretation thermogravimetrischer Kurven dieser frühen Hydratations-Zuständewird zusätzlich erschwert durch die nahe beieinander liegenden Zersetzungstemperaturenvon CSHCSHCSHCSHCSH, Ettringit und Kalziumsulfatdihydrat.Die thermogravimetrischen Messungen erfolgten in einem METTLER TOLEDO TGA/SDTA850, wobei die adaptive Heizratensteuerung (MaxRes[3 - 5]) eingesetzt worden ist,um die Entwässerungsvorgänge besser zu trennen.

ProbenvorbereitungEine übliche Portlandzement-Wasser-Mischung wurde während 4 Stunden bei 20 °C an-gehärtet. In diesem Zustand haben wir die weitere Kristallwasser-Aufnahme durchAzetonzugabe gestoppt. Anschliessend wurde das Lösemittel bei Raumtemperatur im Va-kuum entfernt. Das so gewonnene Pulver wurde unter Stickstoff aufbewahrt, um Feuch-tigkeit und Kohlendioxid fernzuhalten.

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Vitrifizieren und Devitrifizieren beim dynamischen Härten einesEpoxidharzes mit ADSCS. Montserrat, Y. Calventus und P. Colomer, Departament de Màquines i Motors Tèrmics, Universitat Politècnica de Catalunya, Carrer de Colom 11,E-08222-Terrassa, España

Abbildung 4: Einfluss der unterschiedlichen TGA-Messungen auf die Kurvenform des während 4 Stun-den hydratisierten Portlandzementes.

Literatur[1] P.C. Hewlett (Ed). Lea´s Chemistry of Cement and Concrete, 4

th edition, Arnold, London, pp.

241-298 (1998)[2] F. Gomá . El Cemento Portland y otros Aglomerantes. Editores Técnicos Asociados SA, Barce-

lona, pp. 27-31 (1979).[3] USER COM 4. Information for user of METTLER TOLEDO thermal analysis systems.

December 1996, page 4.[4] B. Schenker and R. Riesen. MaxRes: event-controlled adaption of the heating rate. USER

COM 6, December 1997, pp. 10-12.[5] R. Riesen, Adjustment of heating rate for maximum resolution in TG and TMA (MaxRes), J.

Thermal Anal. 53 (1998) 365 – 374.

EinleitungBei der alternierenden DSC (ADSC) wird derlinearen Heizrate βo ein periodisches Tem-peraturprogramm überlagert. Im Fall einersinusförmigen Modulation mit der Ampli-tude AT und der Frequenz ω wird dieHeizrate β:

β = βo + AT cos (ωt) (1)

Im Gegensatz zur konventionellen DSC, beider das Temperaturprogramm neben derAnfangs- und der Endtemperatur einzigdurch die Heizrate bestimmt ist, gibt es beider ADSC zusätzlich zur unterliegenden

Heizrate βo, die Modulationsamplitude ATund die Modulationsfrequenz ω. Umaussagekräftige Messungen zu erhalten,müssen diese Parameter entsprechend ge-wissen Kriterien gewählt werden (vgl. auchmit dem Beitrag im USER COM 6).Als Folge der modulierten Heizrate entstehtein modulierter Wärmestrom, Φ. Mit einerFourier-Analyse wird dieser modulierteWärmestrom in verschiedene Komponentenaufgeteilt. Eine davon ist der mittlereWärmestrom ("total heat flow"), welcherder konventionellen, mit der Heizrate βogemessenen DSC-Kurve entspricht.Ausserdem wird die Kurve der komplexenWärmekapazität |Cp∗ | gemäss

(2)

berechnet; dabei bedeuten AΦ und Aβ dieAmplituden des Wärmestroms, beziehungs-weise der Heizrate.Als weitere Grösse wird schliesslich auchder Phasenwinkel zwischen der modulier-ten Heizrate und dem modulierten Wärme-strom berechnet, welcher Aussagen überRelaxationsprozesse in der Probe zulässt.

Mittels ADSC kann die isotherme Härtungvon Epoxidharzen untersucht werden. Vonbesonderem Interesse sind dabei dieVitrifizierung und die Bestimmung desTemperatur-Zeit-Härtungs-Diagramms

Messung mit adaptiver Heizrate(MaxRes) zur Verbesserung derAuflösungEine weitere Steigerung der Auflösung istdurch Anwendung der adaptiven Heizrate,wie sie die Software-Option MaxRes er-laubt, zu erwarten. Dabei wird die DTG fürdie Steuerung der Rate verwendet [3, 5] .Tiegel: 100 µl Aluminium, Deckel mit50 µm Loch, Heizrate: adaptiv (Standard-bedingungen [4]), Temperaturbereich: 35bis 250 °C, Spülgas: stehende Luft.

Die erste Stufe (60 bis 115 °C) ordnen wirder Abgabe des im Gel schwach gebunde-nen Wassers von CSH zu. Ettringit undKalziumsufatdihydrat dehydratisieren zwi-schen 120 und 150 °C (DTG-Doppelpeak!),das Halbhydrat zwischen 150 und 200 °C.Das Verhältnis der überlagerten zweitenStufe zur dritten Stufe beträgt jetzt 3.47:1,was wir dem gleichzeitig zerfallendenEttringit zuschreiben.Die Abbildung 4 zeigt auf einen Blick dieVerbesserung der Auflösung der TGA-Kur-ven. Dank MaxRes kann die Ettringitbildungin Zement/Wasser-Mischungen quantitativerfasst werden, indem die dreifache Höhe derHalbhydratstufe von der überlagerten Stufesubtrahiert wird.

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härter auf der Basis von 3,3'-Dimethyl-4,4'-Diaminodicyclohexylmethan (HY 2954). Dasvollständig gehärtete Harz weist eine mitADSC gemessene maximale GlastemperaturTg∞ von 159 °C auf.

Als Messgerät diente ein METTLER TOLEDODSC821e mit IntraCooler, die Auswertungenerfolgten mit der STARe Software.Alle Messungen in dieser Arbeit sind mit ei-ner Amplitude von 0.2 K und einer Periodevon 1 min durchgeführt worden. Die mitt-leren Heizraten wurden zwischen 1 und0.1 Kmin-1 variiert. Um optimale Resultatezu erzielen, wurden die erforderlichenBlind- und Kalibrier-Messungen durchge-führt.Für die Messungen wurden Proben von ca.10 mg im Standard-Al-Tiegel verwendet.

Resultate und DiskussionAbb. 1 zeigt den mittleren Wärmestrom, dieWärmekapazität und den Phasenwinkelwährend der dynamischen Härtung mit0.4 K/min, einer Amplitude von 0.2 K undeiner Periode von 1 min.Der Glasübergang des unvernetzten Harzesist auf allen drei Signalen sichtbar (endo-therme Verschiebung der DSC-Kurve, An-stieg der cp-Kurve, Relaxationspeak auf derPhase). Aus der DSC-Kurve folgt für dieTemperatur des Glasübergangs Tgo ein Wertvon –42 °C (midpoint).

Bei einer unterliegenden Heizrate von0.4 K/min beginnt die exotherme Härtungs-reaktion bei ca. 20 °C. Sie erreicht bei 70 °Cihre höchste Geschwindigkeit und endetzwischen 180 und 200 °C. Die Integrationdes Peaks (Basislinientyp „Linie“) lieferteine Härtungsenthalpie von 460 J/g. Wiebei der konventionellen DSC kann derReaktionsumsatz bestimmt werden, indemdie Teilflächen durch die Härtungsenthalpiedividiert werden (Abb. 1). Im Verlauf derchemischen Reaktion nimmt die Wärmeka-pazität auf Grund der Vernetzung zu. Diegleichbleibende Phase zeigt an, dass keineRelaxationsprozesse auftreten.

Bei etwa 90 °C nimmt die Wärmekapazitätab, um bei ungefähr 110 °C wieder anzustei-gen. Diese cp-Änderungen zeigen dieVitrifizierung (bei 80 bis 90% Umsatz) unddie anschliessende Devitrifizierung (bei 95%Umsatz) des Epoxidharzes an. Beim verwen-deten Harz ist die Vitrifizierung besser sicht-

Abbildung 2: Analog Abb. 1 aber mit einer mittleren Rate von 0.25 K/min gemessen.

Abbildung 1: Mittlerer Wärmestrom („total heat flow“), komplexe Wärmekapazität und Phasenwinkeleines Epoxid-Aminhärter-Systems (mittleren Heizrate 0.4 K/min, Amplitude 0.2 K, Periode 1 min).Der Härtungsgrad ist über der DSC-Kurve dargestellt.

(englisch „TTT-diagram“ [2, 3]).In der vorliegenden Arbeit wird dargestellt,wie sich die dynamische Härtung vonEpoxidsystemen mittels ADSC untersuchenlässt. Die bei genügend kleiner Heizrateauftretende Vitrifizierung (Übergangflüssig→fest) und anschliessende Devitrifi-zierung (Übergang fest→flüssig) könnenauf den Kurven der Wärmekapazität unddes Phasenwinkels erkannt werden. Dieentsprechenden Temperaturen werden ausdem |Cp*|-Signal bestimmt und ins “Konti-nuierliche Temperatur-Zeit-Härtungs-Dia-gramm” (KTZH-Diagramm) eingetragen.

Das KTZH-Diagramm zeigt die Temperatu-ren und Zeiten, die notwendig sind, umdiese Übergänge mit verschiedenen kon-stanten Heizraten zu erreichen (4). Analogzum isothermen TTT-Diagramm wird dasKTZH-Diagramm verwendet, um die Eigen-schaften und den Einfluss der Härtungs-bedingungen auf solche Harze zu untersu-chen.

ExperimentellesDas untersuchte Epoxidharz basiert auf einemDiglycidylether von Bisphenol A (DGEBA)(Araldite LY564) gehärtet mit einem Amin-

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bar als die Devitrifizierung. Als Mittelpunktder Übergänge wurden 97 °C, beziehungs-weise 121 °C gefunden.Mit niedriger Heizrate findet die Vitrifizie-rung bei tieferer Temperatur statt, währenddie Devitrifizierung etwas nach höherenTemperaturen verschoben wird (Abb. 2).Damit wird die Trennung der beiden Effektemit abnehmender Rate immer besser, wasauch mit anderen amingehärteten, sowiemit anhydridgehärteten Systemen mittelsTorsionsschwingversuchen (torsional braid

analysis, [4]) und temperaturmodulierterDSC [5] gefunden wurde.

Eine zweite ADSC-Messung des nun voll-ständig ausgehärteten Harzes ergibt diemaximale Glastemperatur des Systems Tg∞von 159 °C (Mittelpunkt |cp*|-Signal) undeine cp-Änderung von ca. 0.20 Jg-1K-1 (Abb.3). In Übereinstimmung mit konventionel-len DSC-Messungen (auch an anderenEpoxidsystemen, [6]) ist diese cp-Änderungkleiner als diejenige bei Tgo (0.6 Jg-1K-1).

Erwartungsgemäss ist der Glasübergangauch auf der DSC-Kurve und als Relaxa-tionspeak auf der Phase zu sehen.Die mit den verschiedenen Heizraten gemes-senen Vitrifizierungs- und Devitrifizierungs-temperaturen sind im KTZH-Diagramm(Abb. 4) eingetragen. Sie umschliessen denExistenzbereich des Glaszustandes. Ebenfallseingezeichnet ist Tgo (-40 °C), sowie Tg∞(159 ° C). Bei anderen Epoxidharzsystemenfindet die Devitrifizierung erst bei Tg∞ statt[4, 5]. Nach Verchère et al [7], liegt derGrund der früheren Devitrifizierung unseresSystems in der sterischen Hinderung der Me-thylgruppe, welche die Reaktion mit demAminwasserstoff inhibiert. Die vollständigeVernetzung wird also erst beim weiteren Er-wärmen auf 250 °C erreicht.

SchlussfolgerungenDie nichtisotherme ADSC erlaubt die Mes-sung der Vitrifizierungs- und Devitrifizie-rungstemperaturen während der Härtungvon Epoxidharzen, was mit konventionellerDSC nicht möglich ist. Mit den so bestimm-ten Daten kann das KTZH-Diagramm er-stellt werden. Gegenüber Torsionsschwing-versuchen (torsional braid analysis) bieterADSC den Vorteil der gleichzeitigen Bestim-mung des Härtegrades.

Abbildung 3: Mittlerer Wärmestrom ("total heat flow"), komplexe Wärmekapazität und Phasenwinkeleines ausgehärteten Epoxid-Aminhärter-Systems ( mittleren Heizrate 0.4 K/min, Amplitude 0.2 K, Pe-riode 1 min), zweite Messung der Probe von Abb. 1.

Abbildung 4: Kontinuierliches Temperatur-Zeit-Härtungs-Diagramm (KTZH-Diagramm) des gemes-senen Epoxidharz-Amin-Systems. Gestrichelt sind die Temperaturprogramme mit den verschiedenenHeizraten dargestellt. Schwarze Quadrate bezeichnen die Vitrifizie-rungstemperaturen, schwarzeDreiecke die Devitrifizierungstemperaturen, weisse Dreiecke die Glastemperatur des vollständig ge-härteten Harzes und weisse Quadrate die Glastem-peratur der ungehärteten Harz-Härtermischung.

Literatur[1] C. T. Imrie, Z. Jiang, J. M. Hutchinson,

Phase correction in ADSC measurementsin glass transition, USER COM No.6,December 97, p.20-21

[2] S. Montserrat, Vitrification in theisothermal curing of epoxy resins byADSC, USER COM No.8, December 98,p.11-12

[3] S. Montserrat, I. Cima, Thermochim.Acta, 330 (1999) 189

[4] G. Wisanrakkit, J. K. Gillham, J. Appl.Polym. Sci., 42 (1991) 2453

[5] G. Van Assche, A. Van Hemelrijck, H.Rahier, B. Van Mele, Thermochim. @σa,286 (1996) 209

[6] S. Montserrat, Polymer Commun., 36(1995) 435

[7] D. Verchère, H. Sautereau, J. P. Pascault,C. C. Riccardi, S. M. Moschiar, R. J. J.Williams, Macromolecules, 23 (1990) 725

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Ausdehnung und Schrumpfverhalten von Fasern

EinleitungFasern werden in grossen Mengen produ-ziert. Jährlich werden über 20 Mio Tonnensynthetische und 20 Mio Tonnen natürlicheFasern hergestellt, deren Länge etwa10’000 AE (10’000 mal die Distanz Erde -Sonne) entspricht.Eine Faser zeichnet sich dadurch aus, dassihre Länge viel grösser als ihr Durchmesserist. Die Ursache für die Besonderheiten vonFasern ist ihre grosse Anisotropie in derMikrostruktur und den physikalischen Ei-genschaften, die durch den Spinn- undStreckungsprozess hervorgerufen werden[1, 2]. Spinnen, Verstrecken und Tempernsind die wichtigsten Schritte in der Faser-herstellung. Dadurch werden Eigenschaftenwie Elastizitätsmodul und Zähigkeit für dieangestrebte Anwendung eingestellt. DurchGrösse, Anzahl und Orientierung der Kri-stallite sowie durch die molekulare Struk-tur in den amorphen Bereichen sind z. B.die Einfärbbarkeit, das Schrumpfverhaltenund die thermische Stabilität bestimmt.Geeignete Methoden zur Untersuchung derEinflüsse von Temperatur und mechani-scher Belastung auf Fasern und Garne sinddie thermomechanische Analyse (TMA) so-wie andere Verfahren wie DMA, DSC, TGA,TOA. Mit ihnen können auch Zusammen-hänge zwischen Struktur, Eigenschaft undHerstellungsprozess [3] untersucht werden.Häufig genügen schon Vergleichsmessun-gen unter identischen Bedingungen, umUmwandlungstemperaturen, Ausdehnungs-und Schrumpfverhalten zu charakterisie-ren. TMA-Messungen liefern aber auch nu-merische Grössen wie den linearen Ausdeh-nungskoeffizienten, den E-Modul und dieSchrumpfkraft in Abhängigkeit von derTemperatur.

TerminologieDie Faserstärke wird in der Praxis durch dielineare Dichte gekennzeichnet. Die SI-Ein-heit ist das Tex, meist wird die EinheitDezitex (dtex) verwendet, welche das Ge-wicht in Gramm von 10’000 m Faser angibt(oder anders ausgedrückt: 1 dtex = 1 µg/cm).Um Fasern mit verschiedenen linearen Dich-ten bezüglich ihres Ausdehnungsver-haltensvergleichen zu können, werden die Probenüblicherweise unter der gleichen Zug-

spannung von z. B. 0.1 mN/dtex aufge-heizt.Beispiel: ein Stück Seidenfaden hat eineLänge von 22 cm und ein Gewicht von0.363 mg. Die lineare Dichte beträgt somit16.5 dtex und wurde bei Vergleichsmessun-gen im TMA mit 0.002 N belastet.

Der mittlere lineare Ausdehnungskoeffizi-ent αl im Temperaturbereich zwischen T1und T2 wird aus der Längenänderung indiesem Temperaturbereich ∆L und aus derursprünglichen Länge L0 wie folgt berechnet.

Der Elastizitätsmodul E ist durch das Ver-hältnis von Spannung zu Dehnung be-stimmt:

Wobei ∆F die Änderung der Zugkraft, A dieQuerschnittsfläche der Faser und ∆L dieLängenänderung aufgrund der Änderungder Zugkraft ist. Dabei wird vorausgesetzt,dass die Längenänderung ∆L klein gegen-

über der Gesamtlänge L0 ist.Die Änderung der Zugkraft wird im TMAdurch einen sprunghaften Lastwechsel her-vorgerufen. Während des Aufheizens wirdso die Zugkraft um einen konstanten Wertvon z. B. 0.06 N mit einer Periode von 12 sund einer Amplitude von 0.01 N moduliert.Diese Betriebsart wird Dynamische-Last-TMA (DLTMA) genannt.

ExperimentellesDie Messungen wurden mit dem METTLERTOLEDO STARe System und dem TMA/SDTA840 Modul durchgeführt. Die Präpara-tion der Faser erfolgt in der Einspannvor-richtung. Die Faser wird in die Kupferklam-mern gelegt und durch Verformen derKlammern festgeklemmt. Die effektiveFaserlänge zwischen den beiden Klammernbeträgt immer 13 mm. Die so vorbereiteteProbe wird, wie in Abbildung 1 gezeigt, indie Haken der Probenhalters eingehängt.Die Ausdehnung der Klammern (die wirk-same Länge ist 1 mm) und die Ausdeh-nung der Probenhalter aus Quarzglas wäh-rend des Heizens wird durch die Softwarekompensiert.

Abkürzung Beschreibung lineare Dichte Zugkraft[dtex] im TMA [N]

Wool Wollgarn 1157 0.116Cotton Baumwollfaden, mercerisiert 298 0.030Silk Seidenfaden 17 0.002Hemp Hanffaser aus einer Schnur 57 0.006Hair (horse tail) Pferdehaar, schwarz 324 0.033Hair (human) Menschenhaar 47 0.005PAN Polyacrylnitril, Garn 219 0.022PA 66 bulky Nylon, gekraust (Helanca) 252 0.025PA 66 Nylon-Garn 1400 0.144PA 66 Nylon, 6 Fasern (aus Garn) 44 0.004PA 66 1 Faser, 0.1 mm (Viscosuisse Typ 162) 90 verschiedenPET 1 Faser 0.048 mm (Viscosuisse, Typ 200) 25 0.003PET 1 Faser, 0.1 mm (Viscosuisse, Typ 260) 108 0.011PE 1 Faser (Dyneema®) 13 0.002Kevlar mehrere Fasern 85 0.009Carbon mehrere Fasern 101 0.050Aluminum Aluminiumdraht, 0.3 mm - 0.050Copper Kupferdraht, 0.2 mm - 0.050Fused Silica Quarzglasfaser 0.1 mm - 0.050

Tabelle 1: Liste der vermessenen Fasern mit Abkürzung, Herkunft und näheren Beschreibung, linearerDichte und angewendeter Zugkraft.

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Abbildung 2: TMA and SDTA Kurven einer Temperaturbestimmung mit Indium auf einer PET-Faser(Abbildung 1). Heizrate: 10 K/min. Stehende Luft. Darstellung der Kurven: SDTA: exotherm nachoben; TMA: Ausdehnung nach oben.

Um die Probentemperatur zu überprüfenund gegebenenfalls einzustellen wurde dasSchmelzpunktreferenzmaterial Indium ver-wendet. Dazu wurde eine Faser zwischenzwei Indium-Stücke (Gesamtmasse ca.10 mg) eingepresst (siehe Abbildung 1).Dadurch wird ein mehrmaliges Messen desSchmelzpunktes von Indium, z. B. mit ver-schiedenen Heizraten ermöglicht. Die Fasermuss natürlich einen wesentlichen höhe-ren Schmelzpunkt aufweisen. Das Thermo-element für die Probentemperatur war inder Mitte der eingehängten Faser in einerEntfernung von ca. 3 mm positioniert. WieAbbildung 2 zeigt, wird das Schmelzen imSDTA-Signal registriert. SDTA ist die Diffe-renz zwischen der gemessenen Proben-temperatur und der Programmtemperatur[4]. Die SDTA-Kurve in Abbildung 2 zeigteinen kleinen Peak während des Schmel-zens von Indium, und die Onsettemperaturwird wie bei DSC üblich ausgewertet. Auchdie TMA-Kurve zeigt einen kleinen Effektim gleichen Temperaturbereich. Die Ursa-che dafür ist, dass die Temperatur des vom

Indium bedeckten Faserteils während desSchmelzens konstant bleibt und sich dieFaser in diesem Längensegment dabei nichtausdehnt.

Die Fasern wurden mit folgender Methodevermessen: Heizen von 30 bis 270 °C miteiner Rate von 10 K/min in stehender Luftund einer Spannung von 0.1 mN/dtex. Dieverwendeten Fasern sind in Tabelle 1 auf-gelistet. Falls andere Bedingungen verwen-det wurden, ist dies bei den entsprechendenResultaten vermerkt.

ResultateDas SchrumpfverhaltenBeispiele von TMA-Kurven von natürlichen

Abbildung 3: Natürliche Fasern (siehe Tabelle 1). Zur besseren Unterscheidung der Kurvenzüge isttrockenes Haar punktiert und Pferdehaar gestrichelt dargestellt.

Fasern, von synthetische Fasern und vonspeziellen Fasern und Drähten sind in jeeinem Diagramm dargestellt.Eine ausführliche Diskussion thermoana-lystischer Messungen von Fasern findet sichin Referenz [2].

Natürliche Fasern (Abbildung 3)Menschliches Haar und Seide schrumpfenzu Beginn durch das Trocknen. Oberhalbvon 220 °C beginnt die Zersetzung und dieFasern reissen mehr oder weniger schnell.

Abbildung 1: Probenhalter aus Quarzglas mit ein-gesetzter Faser. An der Faser ist ein StückchenIndium angebracht.

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Pferdehaar und Hanf zeigen bei den ver-wendeten Zugkräften relativ wenig Längen-änderung unterhalb von 200 °C (< 0.1 %).Wolle hingegen dehnt sich im selben Be-reich um mehr als 2 % aus. Ähnlich verhältsich trockenes menschliches Haar.Zellulosefasern (wie z. B. Baumwolle undHanf) sind thermisch viel stabiler als dieje-nigen menschlicher und tierischer Her-kunft und dehnen sich bis zum Bruchdurch Zersetzung bei ca. 400 °C aus.

Da die Messkraft auf die lineare Dichte nor-miert ist (0.1 mN/dtex), sind die TMA-Kur-ven eines Garnes mit vielen Fasern im Ver-lauf identisch zu denen einer daraus ge-wonnenen Einzelfaser. Dieser Vergleichzeigt auch die hohe Reproduzierbarkeit sol-cher Messungen (siehe die PA66 mit 44 und1400 dtex). Die verwendeten PET-Fasernhaben unterschiedliche Typenbezeichnungund zeigen auch grössere Unterschiede imKurvenverlauf. Ein Vergleich der Kurven

nearen Ausdehnungskoeffizenten (αl) de-monstriert. Im Gegensatz zu polymeren Fa-sern ist αl bei Metallen nur wenig tempera-turabhängig und die Werte sind viel kleiner(z. B. 25 ppm/K bei Aluminium, 125 ppm/Kbei Wolle). Die mittleren Werte von αl fürAluminium und Kupfer sind im Diagrammeingetragen (jeweils gerechnet aus dermittleren Steigung über 40 °C), ebenso dieLiteraturwerte zu den entsprechenden Tem-peraturen.

Einflüsse der KonditionierungDie TMA ist nicht nur eine Technik, umeine neu eingespannte Faser zu vermessen.Sie bietet auch die Möglichkeit, die Probethermisch zu konditionieren. Neben derTemperatur hat auch die angelegte Zug-spannung einen grossen Einfluss auf dasspätere thermische Verhalten, das an-schliessend wiederum durch TMA gemessenwird. Durch dieses Vorgehen können Pro-zessbedingungen simuliert oder nachvoll-zogen und die Auswirkung auf das thermi-sche Verhalten der Fasern untersucht wer-den. Zur Illustration wurde eine Polyamid-faser unter verschiedenen Zugkräften abge-kühlt und danach zur Analyse unter einergeringen Zugkraft von 0.1 N wieder aufge-heizt (Abbildung 6a). In Abbildung 6b sinddie Aufheiz-Kurven bei unterschiedlicherZugkraft dargestellt, wobei die vorangehen-de Kühlung immer bei 0.1 N Zugkraft er-folgte. Je grösser die Zugkraft beim Abküh-len war, um so grösser ist das Schrumpfenbeim anschliessenden Heizen. War die Zug-kraft beim Kühlen kleiner als nachherbeim Heizen, dehnte sich die Faser solangeaus, bis die Schrumpfkraft genügend grosswar, um der Dehnung entgegenzuwirken.

Bestimmung der SchrumpfkraftManchmal interessiert man sich auch fürdie Schrumpfkraft, welche beim Aufheizeneiner Faser bei konstant gehaltener Proben-länge entsteht. Solche Messungen sind mitder TMA nur durch instrumentelle Ergän-zungen (z. B. Konverter) möglich. Wird je-doch jeweils eine neue Faserprobe mit an-derer Zugkraft im TMA aufgeheizt, kannaus den Messkurven direkt die Schrumpf-kraft als Funktion der Temperatur ermitteltwerden (Abbildung 7). Aus der Kurvenscharwerden diejenigen Temperaturen abgelesen,bei denen die Faserlänge nach dem thermi-schen Ausdehnen gerade wieder gleich derAnfangslänge ist. Die Temperaturen der

Abbildung 4: Künstlich hergestellte Fasern aus verschiedenen Kunststoffen (siehe Tabelle 1)

von PA66 (252 dtex) zu den anderen PA66zeigt, wie gross der Einfluss des Verarbei-tens auf das thermische Ausdehnen seinkann. Polyacrylnitril (PAN) ist bis ca.130 °C recht formstabil und weist nur ge-ringe Längenänderungen von weniger als0.5 % auf. Bei höheren Temperaturen dehntsich PAN aber stärker und schneller aus alsz. B. Wolle.

Spezielle Fasern und Metalldrähte(Abbildung 5)Kohlefasern und Quarzglasfasern zeigensehr geringe Ausdehnung in grossenTemperaturbereichen. Quarzglasfasern sindwegen ihrer Brüchigkeit schwierig einzu-spannen, können aber gut als “inertes”Material zur Bestimmung der Nullinie(Blindkurve) verwendet werden.Die Vorrichtung zur Einspannung von Fa-sern kann man auch für dünne Drähte be-nutzen. Am Beispiel von Kupfer- undAluminiumdraht ist die Ermittlung des li-

Synthetische Fasern (Abbildung 4)Diese Fasern zeigen im Vergleich zu dennatürlichen in den meisten Fällen ein vomHerstellungsprozess stark abhängiges, aus-geprägtes Schrumpfen und verhalten sichauch thermoplastisch. Bei speziellen „su-per-orientierten“ Fasern (wie z. B. Kevlar,Abbildung 5) ist das Schrumpfen bis zusehr hohen Temperaturen (450 °C) gering(< 0.5 %) und ab dem zweiten Aufheizenreversibel. Das normale, irreversibleSchrumpfen setzt oberhalb der Glasum-wandlungstemperatur ein (z. B. PET: 80 °C;PA66: <50 °C (je nach Feuchtigkeit); PAN:90 °C) und beschleunigt sich kurz vor demSchmelzen. Das Schmelzen wird durch dassehr rasche Verlängern der Faser angezeigt.Das extrem schnelle Schrumpfen von PEvor dem Schmelzen ist durch den speziellenHerstellungprozess bedingt, bei dem eineextreme Verstreckung nach dem Spinn-prozess durchgeführt wird.

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Abbildung 5: Spezielle Fasern und Metalldrähte.

Bestimmung des ElastizitätsmodulsNeben der Ermittlung des Schrumpfverhal-tens ist auch die Bestimmung des Elastizi-tätsmoduls (E-Modul) und dessen Tempe-raturverlauf eine wesentliche thermome-chanische Aufgabe bei der Charakterisie-rung von Fasern. Beim TMA/SDTA840 wirddazu anstelle einer konstanten Kraft eineperiodische Wechsellast eingesetzt (DLTMA-Betriebsmodus). Die daraus resultierendeDehnung wird bei der Auswertung zur Be-rechnung des E-Moduls benutzt. Die Probewird während des Aufheizens mit einer pe-riodischen, stufenartigen Kraftänderung(Periodendauer meist 12 s, Amplitudetypischerweise 0.01 N) beaufschlagt. Somitwird der Temperaturverlauf des E-Modulsauch während des Schrumpfens gemessen.Abbildung 9 zeigt die DLTMA-Kurven einerPET-Faser. Aus der Amplitude der periodi-

Abbildung 7: TMA-Kurven von PET-Fasern (108 dtex). Beim Aufheizen (30 bis 220 °C mit 10 K/min)wurde für jede Probe eine andere konstante Zugkraft verwendet, wodurch sich ein "Spektrum" desSchrumpf-/Dehnverhaltens ergibt.

Schnittpunkte der TMA-Kurven mit der horizontalen Geradendurch den Startwert (bei 30 °C) wurden in Abbildung 8 alsFunktion der zugehörigen Kräfte eingetragen. Der Verlauf derPunkte zeigt die ausgeprägte Zunahme der Schrumpfkraft ober-halb der Glasumwandlungstemperatur von 80 °C.Rekristallisations- und Relaxationsprozesse [5] oberhalb von100 °C sind die Ursache für die langsame Abnahme derSchrumpfkraft bei höheren Temperaturen.

Der Vorteil der TMA-Messungen bei unterschiedlichen Kräftenbesteht darin, dass mit wenigen Messungen die Schrumpfkraftund das Schrumpfverhalten simultan gemessen werden können,ohne dass eine instrumentelle Veränderung vorgenommen wer-den muss. Ein zweites Aufheizen zeigt bei gleichen Messpara-metern keine Schrumpfkraft mehr.

Abbildung 6a: Thermische Konditionierung und Messung des Ausdeh-nungs-/Schrumpfverhaltens einer Nylon-Faser (PA66, 90 dtex) bei ver-schiedenen Zugspannungen. Die Konditionierung der Faser erfolgtedurch Abkühlen von 190 °C auf 35 °C unter 0.1 N Zugkraft. Die an-schliessende Messung erfolgte mit den bei den Kurven angegebenenZugkräften.

Abbildung 6b: Messung des Ausdehnungs- und Schrumpfverhaltenseiner Nylon-Faser (PA66, 90 dtex) nach Konditionierung der Faserdurch Abkühlen von 190 °C auf 35 °C unter den bei den Kurven ange-gebenen Zugkräften. Die anschliessende Messung erfolgte bei einerZugkraft von 0.1 N.

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Abbildung 8: Verlauf der Schrumpfkraft von PET (108 dtex): die Punkte wurden wie im Text beschrie-ben aus den Kurven in Abbildung 7 ermittelt.

Abbildung 9: DLTMA-Kurven einer PET-Faser (108 dtex) beim ersten und zweiten Aufheizen auf220 °C mit einer Rate von 10 K/min bei einer Zugkraft, die alle 6 s zwischen 0.05 und 0.07 N wech-selt. Ein Ausschnitt aus der Messkurve (zweites Heizen, 80 bis 96 °C) ist oben rechts gegeben undzeigt die periodische Längenänderungen durch die Kraftänderungen.

schen Längenänderung wird durchFourieranalyse der E-Modul (Speichermo-dul) berechnet (unteres Koordinatensystemin Abbildung 9). Mit dem Einsetzen derGlasumwandlung (Onset: 68 °C) nimmtder E-Modul ab. Er verringert sich wegender Glasumwandlung um ca. einen Faktor10. Aus dem Vergleich der Kurven vom er-

SchlussfolgerungTMA-Messungen eignen sich gut zur Cha-rakterisierung des Ausdehnungs- undSchrumpfverhaltens von Fasern anhand desKurvenverlaufs. Einflüsse des Herstellpro-zesses und der weiteren Verarbeitung wer-den dadurch aufgezeigt und beschreibbar.Aus den TMA-Kurven lassen sich Eigen-schaften wie Glastemperatur, Schrumpf-grad und Schmelztemperatur bestimmen.Ausdehnungskoeffizient, E-Modul undSchrumpfkraft können in Funktion derTemperatur berechnet und dargestellt wer-den. Die Befestigungsklammern aus Kupfererlauben, sehr feine Fasern, aber auch dik-kere Garne und Drähte reproduzierbar ein-zuspannen, welches die Voraussetzung fürgenaue Resultate ist. Die Messanord-nungkann aber auch zur Vorkonditionie-rungvon Fasern durch Temperatur, Zugkraftoder Gasatmosphäre verwendet werden.DMA-, DSC-, TGA- und thermooptische Me-thoden sind weitere Möglichkeiten die Ei-genschaften von Fasern zu bestimmen.

sten und zweiten Heizen ist zu entnehmen,dass bei niedrigen Temperaturen die ge-streckte Faser einen etwas grösseren E-Mo-dul als die geschrumpfte Faser hat. Ober-halb von 120 °C, d.h. oberhalb der Glas-umwandlung, sind die E-Moduli gleich, daauch ähnliche physikalische Zustände vor-liegen.

Literatur[1] L.H. Sperling, Introduction to physical

polymer science, 2nd ed., Wiley-Interscience,New York (1992), p. 263.

[2] M. Jaffe, J. D. Menczel, W. E. Bessey,Chapter 7 in Thermal Characterization ofPolymericMaterials, 2

nd ed. (E. A. Turi, Ed.),

Academic Press, New York (1997) 1767 -1954.

[3] ibid., Seite 1785.[4] J.A. Foreman, R. Riesen, G. Widmann,

Thermal Trends, Vol. 5, No. 3 (Summer1998), 18.

[5] R. Riesen, J.E.K. Schawe, J Thermal Ana-lysis, Vol. 59 (2000) 337-358.

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EinleitungBei vielen DSC-Experimenten soll die Probekontrolliert mit einer bestimmten Rate ge-kühlt werden. Je nach Kühloption und vor-gegebener Kühlrate treten dabei auf derMesskurve gegen das Ende des Temperatur-

programms rote Klammern auf der Mess-kurve auf, was anzeigt, dass die Kühl-leistung nicht ausreicht, um das vorgege-bene Temperaturprogramm einhalten zu

können. Damit das Temperaturprogrammohne diese Klammern beendet wird, ist esnötig, die tiefstmögliche Temperatur zukennen, welche mit einer bestimmten Kühl-rate noch angefahren werden kann. In die-sem Beitrag werden gemessene Kühlkurven

gezeigt, mit denen sich die maximalenKühlraten als Funktion von der Endtempe-ratur abschätzen lassen.

Freies Kühlen des DSC821e

Um die maximale Kühlrate zu messen, ver-wendet man ein Temperaturprogramm,welches aus zwei isothermen Segmentenbesteht (Starttemperatur, Endtemperatur).Beim Segmentwechsel wird die Messzelleversuchen, möglichst rasch die Temperaturdes zweiten Segmentes zu erreichen. Damitentspricht die pro Zeiteinheit während desAbkühlens auftretende Temperaturände-rung gerade der bei der betrachteten Tem-peratur maximal möglichen Kühlrate. InAbbildung 1 sind die gemessenen Kühl-kurven für die verschiedenen Kühloptionendargestellt.

Unter der Annahme, dass das Kühlen vorallem durch Wärmeleitung erfolgt, lässtsich das Kühlverhalten durch ein einfachesExponentialgesetz beschreiben. Die Kühl-rate ( bei einer bestimmten Temperatur Tlässt sich in diesem Fall gemäss

(1)

abschätzen, wobei τ die für den DSC-Ofencharakteristische Zeitkonstante bedeutetund T0 die Temperatur des Kühlflanschesist (T0 ≈ -70 °C für IntraCooler, T0 ≈ 22 °Cfür Luftkühlung). Dieses Modell geht davonaus, dass die Kühlflanschtemperatur aufeinem konstanten Wert liegt und sich derOfen durch eine einzige Zeitkonstante be-schreiben lässt. Dies ist für die normaleLuftkühlung, beim IntraCooler oder einemgewöhnlichen Kryostaten in guter Nähe-rung der Fall. Die Kühlzeitkonstante be-trägt dabei etwa 4 Minuten. Wird hingegenmit flüssigem Stickstoff gekühlt, so bleibtdie Kühlflanschtemperatur nicht auf einemkonstanten Wert und das Kühlverhaltenlässt sich nicht mit obiger Gleichung be-schreiben.Abbildung 2 zeigt für die verschiedenenKühloptionen die entsprechenden Kühl-raten als Funktion der Temperatur. Im Fallder Luftkühlung und der Kühlung mit ei-nem IntraCooler ergeben sich in guter Nä-

Abbildung 1: Kühlkurven für das DSC821e mit Luftkühlung, IntraCooler und Flüssig-Stickstoff-Kühlung.

Abbildung 2: Kühlraten beim DSC821e für verschiedene Kühloptionen (Luftkühlung, IntraCooler, Flüs-sig-Stickstoff-Kühlung).

Zum Kühlverhalten des DSC821e

Tipps

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herung die durch Gleichung 1 beschrie-benen Geraden, wobei die Steigung ge-rade der reziproken Kühlzeitkonstantenentspricht. Im Fall der Stickstoffkühlungkönnen drei verschiedene „Kühlberei-che“ unterschieden werden, die durchdie Wirkungsweise des Regelkreises be-dingt sind, mit dem der Stickstoffver-brauch kontrolliert wird. Oberhalb vonetwa 100 °C wird nur wenig Stickstoffzur Kühlung verwendet und der Kühl-flansch liegt auf einer mehr oder weni-ger konstanten Temperatur. Zwischen100 °C und etwa -100 °C fliesst mehrund mehr Stickstoff, die Kühlleistungwird entsprechend vergrössert und die

Kühlrate erreicht einen von der momentanenOfentemperatur nahezu unabhängigen Wert.Unterhalb von -100 °C erreicht dieKühlflanschtemperatur ihren Minimalwert (ty-pisch um -170 °C), und die Kühlrate nimmtrasch ab. Die Abbildung zeigt, dass die Stick-stoffkühlung ausser im Bereich zwischen etwa100 °C und 150 °C der IntraCooler-Kühlungüberlegen ist. In Tabelle 1 sind für die 3 Kühl-optionen die maximal möglichen Kühlratenfür einige Temperaturen zusammengestellt.

Oft interessiert man sich auch für die Zeit, wel-che die Messzelle braucht, um von einer An-fangstemperatur T1 auf die Endtemperatur T2abzukühlen. Für Kühloptionen, deren Kühl-

verhalten sich durch die Zeitkonstante τbeschreiben lässt, kann diese Zeit mit Hilfevon Gleichung (2) abgeschätzt werden.

(2)

Dabei bedeutet T0 die Temperatur des Kühl-flansches (T0 ≈ -70 °C für IntraCooler,T0 ≈ 22 °C für Luftkühlung; im Fall derKühlung mit flüssigem Stickstoff lässt sichdas Kühlverhalten nicht mit einer Zeitkon-stante beschreiben, so dass Gleichung (2)in diesem Fall nicht angewendet werdenkann). Die Kühlzeitkonstante τ beträgt da-bei etwa 4 Minuten (gilt für IntraCooler,Luftkühlung und Kryostat).

SchlussfolgerungDie höchsten Kühlraten lassen sich mitflüssigem Stickstoff als Kühlmittel errei-chen. Zwischen 100 °C und 150 °C ist diemaximale Kühlrate mit dem IntraCooleretwas grösser als mit der Flüssig-Stickstoff-kühlung. In Tabelle 2 sind die Vor- undNachteile der verschiedenen Kühloptionenzusammengefasst. Mit dem IntraCooler,Flüssigstickstoff oder dem Kryostaten alsKühloption sollte die Messzelle mit etwa200 ml/min Trockengas gespült werden(Vereisungsgefahr des Ofens).

Kühloption Minimale Temperatur Vorteile Nachteile

Luftgekühlt Raumtemperatur keine zusätzliche Kühleinheit kleine Kühlgeschwindig-erforderlich, günstig keiten, eingeschränkter

Temperaturbereich

Kryostat variabel, (je nach Kühl- variable Endtemperatur Kühlmittel muss periodischmittel bis –50 °C ) kontrolliert werden

IntraCooler > -60 °C Einfache Handhabung, günstig Kühlt dauernd (kannmit Power Switch ausgeschaltet werden)

Flüssig-Stickstoff > -150 °C Höchste Kühlraten Braucht flüssigen Stickstoff,umständlich

Tabelle 2: Übersicht über verschiedene Kühloptionen zum DSC821e

Temperatur [°C] Kühlrate mit verschiedenen Kühloptionen [K/min]Luftgekühlt IntraCooler Flüssig-Stickstoff

-40 - 4 27-20 - 8 30

0 - 12 3120 - 16 3040 2 20 3260 6 25 3580 11 19 34

100 15 34 34

Tabelle 1: Maximale Kühlraten für verschiedene Kühloptionen zum DSC821e bei verschiedenen Tem-peraturen

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