1,3-Digermapropan und...

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This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution 4.0 International License. Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschung in Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht: Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz. 1,3-Digermapropan und 1,3,5-TrigermacycIohexan 1,3-Digermapropane and 1,3,5-Trigermacyclohexane Hubert Schmidbaur*, Johann Rott, Gabriele Reber und Gerhard Müller Anorganisch-Chemisches Institut der Technischen Universität München, Lichtenbergstraße 4, D-8046 Garching Z. Naturforsch. 43b, 727-732 (1988); eingegangen am 23. Februar 1988 Digermapropane, Trigermacyclohexane and -pentane, Germanes From the copper-catalyzed reaction of germanium powder with dichloromethane at 350 °C a mixture of alkylchlorogermanes is obtained, in which CH3GeCl 3, CH2(GeCl 3) 2 (1) and (Cl 2GeCH2) 3 (2) are the major products. Treatment of 1 and 2 with LiAlH4 in di-/?-butyl or diethylether, resp., affords the hydrides CH2(GeH3) 2 (3) and cyclic (H2GeCH2) 3 (4), the latter along with the heterocycle H2 Ge(CH2 GeH2 ) 2 (5). Compounds 3—5 have been identified by ana- lytical and spectroscopic data, and the crystal structure of 4 has been determined by single crystal X-ray diffraction. The compound crystallizes in the orthorhombic space group Pmn2,, with two molecules in the unit cell (o = 8.663(1), b = 7.783(1), c = 6.124(1) A). The molecules, which are in a chair conformation, have crystallographic mirror symmetry with bond angles slightly larger than tetrahedral and G e - C distances of 1.944(6), 1.953(3) and 1.955(4) Ä. The compounds show potential as substrates for plasma-enhanced chemical vapour deposition (PE—CVD) of amorphous germanium carbon alloys (a-Ge, C:H). Amorphes Silicium ist ein vielversprechendes Halbleitermaterial, das für vielerlei Anwendungen in Solarzellen, Photodioden, Photosensoren und ande- ren Elektronik-Elementen von großem Interesse ist. Die (photo)elektrischen Eigenschaften lassen sich durch Einbau von Heteroatomen wie Kohlenstoff und Germanium sowie durch Dotierung in weiten Grenzen variieren. Restvalenzen werden in der Re- gel durch Wasserstoff, neuerdings aber auch durch Fluor abgesättigt (a-SiC/Ge: H/F) [1, 2]. Die klassischen Grundstoffe für die Abscheidung von Schichten oder Filmen aus derartig zusammen- gesetztem amorphem Silicium sind Silan, Methan, German, Diboran und Phosphin, in jüngerer Zeit auch ergänzt durch Disilan [3]. Ein neuer Ansatz, insbesondere für die Herstellung von a-SiC:H- bzw. ö-SiGe:H-Schichten, besteht in der Verwendung von niedermolekularen Verbindungen, die gleichzei- tig Silicium und Kohlenstoff bzw. Germanium ent- halten, wodurch sich u.a. eine Möglichkeit zur ge- zielten Verteilung des Wasserstoffs auf Silicium und Kohlenstoff ergibt. Nach diesem Konzept sollten silicium- oder ger- maniumreiche Silyl/Germyl-Alkane besonders vor- teilhafte Voraussetzungen mitbringen, da in ihnen * Sonderdruckanforderungen an Prof. Dr. H. Schmid- baur. Verlag der Zeitschrift für Naturforschung, D-7400 Tübingen 0932 - 0776/88/0600 -0733/$01.00/0 der Restkohlenstoff nur noch wenige oder keine Wasserstoffatome mehr trägt. Schon mit Methylsilan CH 3 SiH 3 wurden in verschiedenen Laboratorien er- mutigende Resultate erhalten [4—6], die sich mit Di- silylmethan CH 2 (SiH 3 ) 2 und Trisilylmethan CH(SiH 3 ) 3 sogar noch wesentlich verbessern ließen [7, 8]. In weiteren Versuchen werden 1,1- und 1,2-Disilyl- ethan CH 3 CH(SiH 3 ) 2 bzw. H 3 SiCH 2 CH 2 SiH 3 und verwandte Verbindungen eingesetzt [5]. Es gibt neu- erdings Anzeichen dafür, daß auch amorphes Sili- cium, dessen Restvalenzen durch Methylgruppen (und nicht nur durch Wasserstoff) abgesättigt sind, vorteilhafte photovoltaische Eigenschaften besitzt [9]. In der Germaniumreihe sind demgegenüber noch kaum einschlägige Untersuchungen durchgeführt worden, obwohl prinzipiell auch Materialien wie a-Ge,C:H für photovoltaische Zwecke einsetzbar sein sollten, insbesondere wenn es darauf ankommt, einen bestimmten Teil des Sonnenspektrums effi- zient zu nutzen [10]. Wir haben deshalb Studien an Polygermylmetha- nen begonnen, von denen nur Methylgerman CH 3 GeH 3 nach Literaturangaben leicht zugänglich ist [11]. Die hier mitgeteilten Ergebnisse betreffen zunächst das Digermylmethan CH 2 (GeH 3 ) 2 , das bis- her nur auf einem schwierigen Weg und in schlechten Ausbeuten (aus KGeH 3 und CH 2 C1 2 ) erhalten wor- den ist [12]. Im Zuge der Erarbeitung einer verbes- serten Synthese dieser Substanz wurde aus Neben- produkten auch erstmals das 1,3,5-Trigermacyclo-

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This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution4.0 International License.

Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschungin Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung derWissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht:Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz.

1,3-Digermapropan und 1,3,5-TrigermacycIohexan

1,3-Digermapropane and 1,3,5-Trigermacyclohexane

Hubert Schmidbaur*, Johann Rott, Gabriele Reber und Gerhard Müller Anorganisch-Chemisches Institut der Technischen Universität München, Lichtenbergstraße 4, D-8046 Garching Z. Naturforsch. 43b, 727-732 (1988); eingegangen am 23. Februar 1988 Digermapropane, Trigermacyclohexane and -pentane, Germanes

From the copper-catalyzed reaction of germanium powder with dichloromethane at 350 °C a mixture of alkylchlorogermanes is obtained, in which CH3GeCl3, CH2(GeCl3)2 (1) and (Cl2GeCH2)3 (2) are the major products. Treatment of 1 and 2 with LiAlH4 in di-/?-butyl or diethylether, resp., affords the hydrides CH2(GeH3)2 (3) and cyclic (H2GeCH2)3 (4), the latter along with the heterocycle H2Ge(CH2GeH2)2 (5). Compounds 3—5 have been identified by ana-lytical and spectroscopic data, and the crystal structure of 4 has been determined by single crystal X-ray diffraction. The compound crystallizes in the orthorhombic space group Pmn2,, with two molecules in the unit cell (o = 8.663(1), b = 7.783(1), c = 6.124(1) A). The molecules, which are in a chair conformation, have crystallographic mirror symmetry with bond angles slightly larger than tetrahedral and G e - C distances of 1.944(6), 1.953(3) and 1.955(4) Ä. The compounds show potential as substrates for plasma-enhanced chemical vapour deposition (PE—CVD) of amorphous germanium carbon alloys (a-Ge, C :H ) .

Amorphes Silicium ist ein vielversprechendes Halbleitermaterial, das für vielerlei Anwendungen in Solarzellen, Photodioden, Photosensoren und ande-ren Elektronik-Elementen von großem Interesse ist. Die (photo)elektrischen Eigenschaften lassen sich durch Einbau von Heteroatomen wie Kohlenstoff und Germanium sowie durch Dotierung in weiten Grenzen variieren. Restvalenzen werden in der Re-gel durch Wasserstoff, neuerdings aber auch durch Fluor abgesättigt (a-SiC/Ge: H/F) [1, 2].

Die klassischen Grundstoffe für die Abscheidung von Schichten oder Filmen aus derartig zusammen-gesetztem amorphem Silicium sind Silan, Methan, German, Diboran und Phosphin, in jüngerer Zeit auch ergänzt durch Disilan [3]. Ein neuer Ansatz, insbesondere für die Herstellung von a-SiC:H- bzw. ö-SiGe:H-Schichten, besteht in der Verwendung von niedermolekularen Verbindungen, die gleichzei-tig Silicium und Kohlenstoff bzw. Germanium ent-halten, wodurch sich u.a . eine Möglichkeit zur ge-zielten Verteilung des Wasserstoffs auf Silicium und Kohlenstoff ergibt.

Nach diesem Konzept sollten silicium- oder ger-maniumreiche Silyl/Germyl-Alkane besonders vor-teilhafte Voraussetzungen mitbringen, da in ihnen

* Sonderdruckanforderungen an Prof. Dr. H. Schmid-baur.

Verlag der Zeitschrift für Naturforschung, D-7400 Tübingen 0932 - 0776/88/0600 - 0733/$ 01.00/0

der Restkohlenstoff nur noch wenige oder keine Wasserstoffatome mehr trägt. Schon mit Methylsilan CH3SiH3 wurden in verschiedenen Laboratorien er-mutigende Resultate erhalten [4—6], die sich mit Di-silylmethan CH2(SiH3)2und Trisilylmethan CH(SiH3)3

sogar noch wesentlich verbessern ließen [7, 8]. In weiteren Versuchen werden 1,1- und 1,2-Disilyl-

ethan CH3CH(SiH3)2 bzw. H3SiCH2CH2SiH3 und verwandte Verbindungen eingesetzt [5]. Es gibt neu-erdings Anzeichen dafür, daß auch amorphes Sili-cium, dessen Restvalenzen durch Methylgruppen (und nicht nur durch Wasserstoff) abgesättigt sind, vorteilhafte photovoltaische Eigenschaften besitzt [9].

In der Germaniumreihe sind demgegenüber noch kaum einschlägige Untersuchungen durchgeführt worden, obwohl prinzipiell auch Materialien wie a -Ge ,C:H für photovoltaische Zwecke einsetzbar sein sollten, insbesondere wenn es darauf ankommt, einen bestimmten Teil des Sonnenspektrums effi-zient zu nutzen [10].

Wir haben deshalb Studien an Polygermylmetha-nen begonnen, von denen nur Methylgerman CH3GeH3 nach Literaturangaben leicht zugänglich ist [11]. Die hier mitgeteilten Ergebnisse betreffen zunächst das Digermylmethan CH2(GeH3)2, das bis-her nur auf einem schwierigen Weg und in schlechten Ausbeuten (aus KGeH3 und CH2C12) erhalten wor-den ist [12]. Im Zuge der Erarbeitung einer verbes-serten Synthese dieser Substanz wurde aus Neben-produkten auch erstmals das 1,3,5-Trigermacyclo-

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hexan (CH2GeH2)3 erhalten, dessen Molekülstruktur durch Röntgenbeugung aufgeklärt werden konnte. Ausgangsstoffe für diese Präparate sind die Produkte der „Direkten Synthese" von Chlorgermanen aus Germanium und Halogenalkanen, insbesondere Dichlormethan und Chloroform, in Gegenwart von Kupfer [13].

Ergebnisse

Während die Umsetzung von Germaniumpulver mit Chlormethan in Gegenwart von Kupfer recht einheitlich zu Methylchlorgermanen führt [14], er-hält man mit Dichlormethan ein komplexes Produkt-gemisch, aus dem durch Destillation mehrere Vor-fraktionen abtrennbar sind. Aus früheren Untersu-chungen ist bekannt [13], daß diese Destillate u.a. auch Bis(trichlorgermyl)methan (1) und 1,1,3,3,5,5-Hexachloro-l,3,5-trigermacyclohexan (2) enthalten. In eigenen Arbeiten haben wir jetzt durch Einsatz der Gaschromatographie/Massenspektrometrie das Gemisch näher analysieren und diese Angaben be-stätigen können. Über die übrigen Bestandteile soll in anderem Zusammenhang berichtet werden.

Die durch Destillation gewonnenen reinen Kom-ponenten 1 und 2 wurden nach den üblichen Metho-den identifiziert (vgl. Exp. Teil). Die Gesamtausbeu-ten belaufen sich nach etwas veränderten Synthese-bedingungen auf 13,1 bzw. 14,3%.

Zur Hydrierung von 1 wurde überschüssiges Li-thiumalanat in Di-/7-butylether verwendet. Diese Umsetzung liefert das zugehörige Hydrid nach be-quemer hydrolytischer Aufarbeitung in ca. 33% Ausbeute. Ausbeuteverluste sind teilweise auf die Reaktion mit Wasser zurückzuführen, da im Produkt auch das Germanol H3GeCH2GeH2OH entdeckt wurde. Die nicht-wäßrige Aufarbeitung liefert besse-re Ausbeuten, ist aber umständlicher. In ihr wird auch die nachteilige Ge —C-Spaltung unterdrückt.

C l 3 G e - C H 2 - G e C l 3 L l A 1 H 4 > H 3 G e - C H 2 - G e H 3

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Das Digermylmethan 3 ist eine farblose Flüssigkeit von charakteristischem Geruch, die bei 53 °C unter Normaldruck siedet. Sie ist an der Luft nicht selbst-entzündlich und reagiert nur langsam mit Feuchtig-keit. Ihre spektroskopische und analytische Identifi-zierung bereitete keine Schwierigkeiten. Das 'H-ge-koppelte 13C-NMR-Spektrum ist in Abb. 1 wiederge-geben. Das 'H-NMR-Spektrum zeigt entsprechend

DGM

Abb. 1. 13C-NMR-Spektrum von CH,(GeH3 ) , (3) (in C6D f bei 25 °C).

ein Triplett- und ein Septett-Signal mit der Kopp-lungskonstante 37(HCGeH) = 3,9 Hz. Im IR-Spek-trum ist die v(GeH)-Absorption bei 2066 cm - 1 dia-gnostisch. Das Massenspektrum zeigt das Molekül-ion mit der den Ge-Isotopen entsprechenden Mas-senverteilung (m/e = 152—172).

Das aus der Umsetzung von Chlormethan mit Germanium/Kupfer neben anderen Produkten ge-wonnene (Cl2GeCH2)3 (2) kann mit einem leichten Überschuß an LiAlH4 in Diethylether in ca. 60-proz. Rohausbeute zu einem Gemisch von Germanium-wasserstoff-Verbindungen umgesetzt werden, das nach der GC/MS-Analyse zu ca. 53% aus (H2GeCH2)3 (4) besteht (Sdp. 65 °C bei 11 mbar. Schmp. —14 °C). Ein weiterer Hauptbestandteil ist der fünfgliedrige Heterocyclus H2Ge(CH2GeH2)2 (5). 4 kristallisiert beim Abkühlen aus dem farblosen De-stillat in großen transparenten Quadern aus, die auch zur Kristallstrukturanalyse geeignet waren.

(Cl2GeCH2)3

3

LiAIH,

H,C /

Ge CH, H,C

Ge / \

CH,

H,Ge GeH, \ c /

H,

\ / H,Ge -GeH,

Die Struktur von 4 kann daneben durch analyti-sche und spektroskopische Daten belegt werden.

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Abb. 2. Kristallstruktur von 1,3,5-Trigerma-cyclohexan, (CH2GeH2)3 (4). Zellprojektion auf die aö-Ebene.

Das 13C-NMR-Spektrum (in C6D6) zeigt ein Triplett-signal bei <5 = - 1 1 , 9 ppm mit ' / (CH) = 127 Hz, das 'H-NMR-Spektrum ein (A2X2)3-Spinsystem mit Si-gnalschwerpunkten bei ö = —0,21 und +4,21 ppm. Die Ge—H-Streckschwingungen absorbieren im IR-Spektrum bei 2042 cm - 1 , Deformationsbewegungen bei 874 und 838 cm - 1 . Das Massenspektrum zeigt die Molekülionen mit der komplexen Isotopenverteilung dreier Ge-Atome bei m/e = 255—272.

Kristallstruktur des l,3>5-Trigermacyclohexans (4)

Die Verbindung 4 kristallisiert in der nicht-zentro-symmetrischen, orthorhombischen Raumgruppe Pmn2! mit zwei Molekülen in der Elementarzelle

(Abb. 2). Jedes Molekül besitzt eine kristallographi-sche Spiegelebene durch die Atome G e 2 und C2 sowie die zugehörigen Wasserstoffatome (Abb. 3). Wegen der nur geringen Zahl von Strukturbestim-mungen an einfachen Alkylgermanen und Germa-niumwasserstoffen in der Literatur kommt den Strukturparametern von 4 eine erhebliche Bedeu-tung zu. Das Molekül hat Sesselkonfiguration mit Winkeln von 128,1 und 131,1° zwischen der Recht-ecksebene C l , G e l , C l ' , G e l ' und den Ebenen durch die beiden Dreiecke G e l , C2, G e l ' bzw. C l , Ge2 , C l ' . Die Abstände Ge—C variieren nur in en-gen Grenzen ( G e l - C 2 = 1,953(3), G e l - C l = 1,944(6), Ge2—C1 = 1,955(4) Ä). In (CH3)4Ge wur-den Ge-C-Abs tände von 1,98(3) Ä gefunden (Elek-

O

Abb. 3. Molekülstruktur von 1,3,5-Triger-macyclohexan, (CH2GeH2)3 (4). (ORTEP , die Schwingungsellipsoide umschreiben 50% Aufenthaltswahrscheinlichkeit; H-Atome mit willkürlichen Radien.)

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tronenbeugung) [15]. Die Valenzwinkel an den C-Atomen sind mit G e l — C l —Ge2 = 112,7(3) und G e l —C2—Gel' = 111,2(3)° nur wenig größer als die Valenzwinkel an den Ge-Atomen mit C 1 —Ge 1 —C2 = 110,0(3) und C l - G e 2 - C l ' = 109,5(2)°. Die Winkel liegen insgesamt recht nahe am Tetraederwert bzw. sind geringfügig größer. 4 besitzt damit fast die Idealstruktur des Cyclohexans, von dem es sich formal durch dreifache alternierende C/Ge-Substitution ableitet. Beim Cyclohexan wer-den nämlich ebenfalls Valenzwinkel beobachtet, die etwas über dem Tetraederwert liegen [16], und auch die Faltung (Ebenenwinkel 130,2°) ist praktisch iden-tisch. Zwischen den Molekülen existieren im Gitter keine ungewöhnlich kurzen Abstände, die z.B. auf diskrete H••• Ge-Wechselwirkungen schließen lassen würden. Die Packung ist offenbar ausschließlich von der Raumerfüllung und allenfalls den schwachen lo-kalen Dipolkräften aus der Polarisation der Ge—C-Bindungen bestimmt.

Experimenteller Teil

Alle Versuche wurden zum Ausschluß von Sauer-stoff und Feuchtigkeit in einer Atmosphäre von trok-kenem Reinstickstoff durchgeführt. Lösungsmittel und Geräte waren entsprechend vorbehandelt. Ge-räte: FT-IR-Spektrometer Nicolet 5 DX. 'H-NMR: Jeol C-60 HL, GX 270 und GX 400; 13C-NMR: Jeol FX 60 und GX 400; GC/MS: Hewlett Packard GC 5890 A mit MSD 5970 (EI 70 eV), Säule SIL 5; Präparative GC: Hupe & Busch APG 402 (Säule SE 30); Diffraktometer Syntex P2j mit Tieftempera-tureinrichtung.

Ausgangsmaterialien:

Die Reaktion von Germanium/Kupfer mit Dichlormethan (1, 2) (Lit. [13])

Die Umsetzung wird in einem senkrecht angeord-neten Quarzrohr (2,5x60 cm), das in einem Röhren-ofen steckt, durchgeführt. Darin werden 10 g feinge-pulvertes Germanium (138 mmol, 325 mesh) und 2,0 g Kupferpulver (31,5 mmol) auf Glaswolle ver-teilt. Nach Aufheizen auf 200 °C beginnt man mit dem Zutropfen von 150 ml Dichlormethan (1 Trop-fen/s) und steigert die Temperatur im Laufe von 2,5 h auf 380 °C. Nach 3 h ist die Reaktion beendet. Das Produkt wird in einer Kühlfalle ( — 78 °C) gesam-melt, entstehende Gase über ein daran angeschlosse-nes Paraffin-gefülltes Überdruckventil abgelassen. Beim Aufwärmen des Falleninhalts entweicht der ge-löste Chlorwasserstoff, unumgesetztes CH2CL wird

bei Normaldruck abdestilliert, das Produktgemisch im Vakuum fraktioniert. Die erste Fraktion besteht aus einem Gemisch von CH3GeCl3 und (CH3)2GeCL (Sdp. 68 °C bei 225 mbar, Lit. [13]: 110 °C/ 727 Torr). Das Molverhältnis der Komponenten be-trägt 4 :1 (NMR), die Ausbeute an Gemisch 3,9 g (15%). In einer Ausbeute von 3,35 g (13%) geht 1 bei 88 °C unter 2 mbar über (Lit. [13]: 110 °C/ 18 Torr), 2 bei 120 °C und 0,07 mbar (Lit. [13]: 150-152 °C/5 Torr, Schmp. 9 1 - 9 2 °C), Ausbeute 3,1 g (14%).

'H-NMR (CDC13): CH3GeCl3: <3 = 1,68 ppm; (CH3)2GeCL: 1,23 ppm; 1: 2,55 ppm; 2: 2,08 ppm.

1,3-Digermapropan (Digermylmethan) (3)

Zu einer Suspension von 3,3 g Lithiumaluminium-hydrid (87 mmol) in 40 ml Di-^-butylether werden unter Eiskühlung und Rühren 20 ml einer Lösung von 8,46 g Bis(trichlorogermyl)methan (22,7 mmol) im gleichen Solvens zugetropft. Die Reaktionsmi-schung wird 24 h bei R.T. gerührt und anschließend mit 20 ml halbkonzentrierter Salzsäure hydrolysiert. Entstehender Wasserstoff wird abgesaugt und das Produkt aus der nichtwäßrigen Phase im Vakuum bei 10 mbar und 25 °C in eine Kühlfalle überkonden-siert. Nach Trocknen dieses Kondensats über Mole-kularsieb (3 Ä) und Redestillation erhält man 1,25 g 3 (33% Ausbeute) vom Sdp. 53 °C (Lit. [12] ohne Angabe). Das Destillat kann aus der Hydrolyse ge-ringe Mengen an H 3 GeCH 2 GeH 2 OH enthalten (bis zu 10%), das durch GC/MS leicht nachweisbar ist.

1 H-NMR (C6D6): ö = - 0 , 1 7 ppm, sept, CH2; 3,64. t, GeH3 , 37(HCGeH) = 3,9 Hz (Lit. [12]: 7 = 4 Hz; ö-Werte für Substanz ohne Solvens). - 13C-NMR (C6D6): (3 = - 1 9 , 7 7 ppm, tsept, V(CH) = 129.4, 27(CGeH) = 6,1 Hz (Abb. 1). - IR (kap. Film zwi-schen KBr): 2924 (vCH2) , 2066 (vGeH3) , 1046 (c3CH,), 879, 850 und 824 (<5GeH3), 748 (eCH 2 ) , 667 (c3GeH3). - MS (EI, 70 eV): 172-152 (CGe2Hv), 152-140 (Ge 2H r ) , 9 2 - 8 2 (GeCH v) , 7 9 - 7 0 (GeH,) .

1,3,5-Trigermacyclohexan (4)

Die Lösung von 3,72 g 4 (7,9 mmol) in 20 ml Di-ethylether wird unter Rühren bei 0 °C zu einer Suspension von 0,9 g LiAlH4 (23,6 mmol) in 20 ml des gleichen Solvens zugetropft. Man läßt die Reak-tionsmischung anschließend auf Raumtemperatur er-wärmen, rührt 20 h weiter und gibt dann zur Hydro-lyse vorsichtig 16 ml halbkonzentrierte Salzsäure zu. Die etherische Phase wird abgetrennt und die wäßri-ge Phase noch zweimal mit je 25 ml Diethylether extrahiert. Die vereinigten Extrakte werden über Na 2 S0 4 getrocknet und das Lösungsmittel bei Nor-maldruck zum größten Teil abdestilliert. Der Rück-

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stand ergibt beim Sdp. 65 °C/11 mbar in einer Roh-ausbeute von 1,23 g (59%) ein Destillat, das nach der GC/MS-Analyse aus fünf Komponenten besteht, unter denen 4 (53%) und 5 (24%) dominieren. Beim Abkühlen auf —22 °C scheiden sich Kristalle von rei-nem 4 ab, die für die Kristallstrukturbestimmung verwendet wurden (Schmp. —14 °C). Präparative Gaschromatographie (Säule SE30) erlaubte auch die Isolierung von 5.

4: 'H-NMR (C6D6): <5 = 0,0 ppm, m, CH2; 4,19, m, GeH2. - 13C-NMR (C6D6): ö = -11 ,89 ppm, t, ' / (CH) = 127 Hz. - IR (Film zwischen KBr): 2956, 2911 (VCH2), 2042 (vGeH2), 1038 (<3CH,), 874, 838 (c3GeH2), 795 (?CH2) , 665 (vGeC). - MS (EI, 70 e V ) : 2 7 2 - 2 5 5 ( G e 3 C 3 H R ) , 2 5 4 - 2 4 0 ( G e 3 C , H R ) , 240-225 (Ge3CH r), 224-214 (Ge3HR), 198-182 (Ge2C3Hv), 182-168 (Ge2C2H r), 168-154 (Ge2CHj), 154-140 (Ge2Hv), 92~-~83 ( G e C H J .

5: 'H-NMR (C6D6): <3 = - 0 , 1 2 ppm, AA'BB'MM', / = 4 Hz, CH2; 3,65, „t", / = 4 Hz, GeH2; 4,01, „quin", 3 / (HGeCH) = 3,7 Hz, GeH2 . -MS (EI, 70 eV): 259-240 (Ge3C2Hv), 240-225 (Ge3CH r), 224-214 (Ge3H*), 182-168 (Ge2C2H t), 168-154 (Ge2CHx), 154-140 (Ge2H t), 9 2 - 8 3 (GeCHj.), 79-70 (GeH,).

Röntgenstrukturanalyse von 1,3,5-Trigermacyclo-hexan (4)

Syntex-P2 rDiffraktometer, Mo—Ka-Strahlung, A = 0,71069 Ä, Graphit-Monochromator, T = - 6 0 °C. Kristallstrukturdaten: C3H12Ge3, Mr = 265,90, orthorhombisch, Raumgruppe Pmn 2X (Nr. 31), a = 8,663(1), b = 7,783(1), c = 6,124(1) Ä, V = 412,9 Ä3, Z = 2, Dber = 2,138 g/cm3, //(Mo—Ka) = 106,1 cm - 1 , F(000) = 252. Es wurden 1815 Reflexe bis (sin Ö/A)max = 0,638 Ä"1 gemessen (±h, +k, ±1, a»-Scan, Aa> = 0,8°) und für Lp- und Absorptions-effekte korrigiert. Die Absorptionskorrektur be-ruhte auf ^-Scans von 7 Reflexen, die eine rel. Transmission von 0,52—1,00 ergaben. Die Mittelung äquivalenter Daten ergab 923 unabhängige Struktur-faktoren (einschließlich Friedel-Reflexe; RmX = 0,026), von denen 883 mit Fo>4,0cr(Fo) als „beob-achtet" eingestuft und für alle weiteren Rechnungen verwendet wurden. Die Struktur wurde mit Patter-

[1] W. E . Spear und P. G. Le Comber, „The Physics of Hydrogenated Amorphous Silicon", Top. Appl. Phys. Vol. 55, 72ff. (1984).

[2] M. P. Schmidt, I. Solomon, H. Tran-Quoc und J. Bul-lot, J . Non-Cryst. Solids 77-78, 849 (1985).

[3] „Disordered Semiconductors", M. Kastner, G. A. Thomas und S. R. Ovshinsky (Herausg.), Plenum Press, New York (1987).

Tab. I. Atomkoordinaten und äquivalente isotrope ther-mische Parameter für 4 (Ueq = (U,U2U3)1/3, wobei Uj die Eigenwerte der Ujj-Matrix sind). Atomabstände und Win-kel sind im Text erwähnt.

Atom x/a y/b z/c U(eq./iso)

G e l 0,1860(1) 0,3334(1) 0,1613 0,025 Ge2 0,0000 0,0273(1) 0,4065(2) 0,026 C l 0,1844(5) 0,1722(5) 0,4037(11) 0,030 C 2 0,0000 0,4751(6) 0,1680(17) 0,028 H l 0,1897 0,2524 - 0 , 0 7 7 7 0,050 H 2 0,3228 0,4609 0,1582 0,050 H 3 0,0000 - 0 , 0 8 4 7 0,6159 0,050 H 4 0,0000 - 0 , 0 9 0 7 0,2027 0,050 H C l 0,2770 0,1032 0,3996 0,050 H C 2 0,1840 0,2453 0,5633 0,050 H C 3 0,0000 0,5649 0,3033 0,050 H C 4 0,0000 0.5544 0,0440 0,050

son-Methoden gelöst und mit Fourier-Synthesen vervollständigt. Vier H-Atome konnten gefunden werden, zwei (an Ge2 auf m) wurden nach idealer Tetraedergeometrie berechnet. Sie wurden in den abschließenden Verfeinerungszyklen konstant ge-halten (Uiso = 0,05 Ä2). Die anisotrope Verfeine-rung konvergierte bei R (flw) = 0,025 (0,030) für 30 verfeinerte Parameter (SHELX-76 [17]). Die Rest-elektronendichte zeigte keine Besonderheiten: A £>fjn(max./min.) = 0 ,79/- l ,24 e/Ä3. Die Verfeine-rung des inversen Koordinatensatzes ergab geringfü-gig schlechtere /?-Werte (0,026/0,031). Verfeinerung in der alternativen, zentrosymmetrischen Raum-gruppe Pmnm (Nicht-Standardaufstellung von Pnmm, Nr. 59) wurde nicht versucht, da bei Z = 2 das Molekül dann mm 2 (C2v)-Symmetrie aufweisen müßte, was mit der beobachteten Sesselkonforma-tion unvereinbar ist.

Tab. I enthält die Atomkoordinaten. Die Abbn. 2 und 3 zeigen die Kristall- und Molekülstruktur. Wei-tere Angaben wurden hinterlegt [18].

Unsere Arbeiten wurden in dankenswerter Weise unterstützt von der Kommission der Europäischen Gemeinschaft, Brüssel (Kontrakt EN3S-0059-D), und vom Verband der Chemischen Industrie, Frank-furt am Main.

[4] H. Schmidbaur und I . Ebenhöch, Z. Naturforsch. 41b , 1527 (1986); H. Schmidbaur, J . Ebenhöch, G. Winterling et al., unveröffentlichte Versuche 1986-1988.

[5] H. Schmidbaur und C. Dörzbach, Z. Naturforsch. 42b , 1088 (1987); H. Schmidbaur und R. Hager, ibid. 43b , 571 (1988).

[6] A. Matsuda, T. Yamaoka, S. Wolff, M. Koyama,

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[7] H. Schmidbaur, J. Ebenhöch. R. Hager, G. Winter-ling. W. Beyer et al., unveröffentlichte Versuche 1987; H. Schmidbaur, Internat. Conf. Organosilicon Chem-istry St. Louis, Miss., USA, Juni (1987).

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Structure Determination. University of Cambridge. Cambridge, England (1976).

[18] Fachinformationszentrum Energie, Physik, Mathema-tik GmbH, D-7514 Eggenstein-Leopoldshafen 2. An-forderungen sollten unter Angabe der Hinterlegungs-nummer CSD 52975, der Autoren und des Zeitschrif-tenzitats erfolgen.