13 Maßnahmen gegen Energieverschwendung im Heizungskeller · Paket I Paket II Paket III Paket IV...

28
Dr. Martin Pehnt, Peter Mellwig, Mandy Werle 13 Maßnahmen gegen Energieverschwendung im Heizungskeller Kurzgutachten zur Stärkung von Instrumenten für Energieeinsparungen im Bestand: Beispiel Heizkessel

Transcript of 13 Maßnahmen gegen Energieverschwendung im Heizungskeller · Paket I Paket II Paket III Paket IV...

Page 1: 13 Maßnahmen gegen Energieverschwendung im Heizungskeller · Paket I Paket II Paket III Paket IV *Die Energieeinsparverordnung ... feger zählt im Jahr 2015 mehr als 5,6 Millionen

Dr. Martin Pehnt, Peter Mellwig, Mandy Werle

13 Maßnahmen gegen Energieverschwendung im HeizungskellerKurzgutachten zur Stärkung von Instrumenten für Energieeinsparungen im Bestand: Beispiel Heizkessel

Page 2: 13 Maßnahmen gegen Energieverschwendung im Heizungskeller · Paket I Paket II Paket III Paket IV *Die Energieeinsparverordnung ... feger zählt im Jahr 2015 mehr als 5,6 Millionen

13 Maßnahmen gegen Energieverschwendungim HeizungskellerKurzgutachten zur Stärkung von Instrumentenfür Energieeinsparungen im Bestand: Beispiel Heizkessel

ifeu Wilckensstraße 3 69120 Heidelberg Telefon +49 (0)6 221. 47 67 - 0 Telefax +49 (0)6 221. 47 67 - 19 E-Mail [email protected] www.ifeu.de

Autor*innen: Dr. Martin Pehnt, Peter Mellwig, Mandy Werle

Heidelberg, Dezember 2016

Auftraggeber:

V.i.S.d.P.:Yvonne Weber

Gestaltung:Natur & Umwelt Verlag, Berlin, Mona Godzewski

Titelbild: fotolia.com/danielschoenen

Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt bei den Autor*innen.

Das Projekt Energieeffizienz des BUND wur degefördert vom Umweltbundesamt (UBA). DieMittelbereitstellung erfolgt auf Beschluss desDeutschen Bundestages.

Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e. V.Am Köllnischen Park 110179 Berlinwww.bund.net

Page 3: 13 Maßnahmen gegen Energieverschwendung im Heizungskeller · Paket I Paket II Paket III Paket IV *Die Energieeinsparverordnung ... feger zählt im Jahr 2015 mehr als 5,6 Millionen

13 Massnahmen gegen Energieverschwendung im Heizungskeller · Seite 3

Im Rahmen dieses Projektes wurde am 20. Oktober 2016 ein Workshop durchgeführt, auf dem wertvolle Impulse vorgestellt und erörtertwurden. Die Autor*innen und der BUND danken herzlich den Teilnehmenden des Workshops, namentlich Tanja Loitz (co2online), GünterWolter (Energiezentrale Nord), Jens Schuberth (Umweltbundesamt), Norbert Skrobek (Obermeister Schornsteinfeger-Innung Berlin) undVolkhard Kardinal (Technischer Ausschuss, Schornsteinfeger-Innung Berlin) sowie für weitere schriftliche Inputs von Marcus Offermann(Ecofys), Dr. Werner Neumann (BUND) und Prof. Bernd Sankol (HAW Hamburg).

Inhalt

1 Zusammenfassung

2 Potenziale und Schwierigkeiten einer Energieeffizienz „im Bestand“ – das Beispiel Heizkessel

3 Optimierungsmaßnahmen an Bestandsheizungen

4 Heutige politische Maßnahmen

5 Neue Instrumente: 13 Maßnahmen gegenEnergieverschwendung im Heizungskeller

6 Ideen des Marktes

7 Vom Heizkessel zur Wärmewende: Weitere Maßnahmen sind notwendig

8 Literaturverzeichnis

4

61011

1626

2627

Page 4: 13 Maßnahmen gegen Energieverschwendung im Heizungskeller · Paket I Paket II Paket III Paket IV *Die Energieeinsparverordnung ... feger zählt im Jahr 2015 mehr als 5,6 Millionen

13 Massnahmen gegen Energieverschwendung im Heizungskeller · Seite 4

Ein Leitziel des Energiekonzepts der Bundesregierung ist es, den Primärenergieverbrauch bis zum Jahr 2050 zu halbieren. In den ver-gangenen Jahren sind hier zwar Fortschritte erzielt worden. Es zeigtsich allerdings, dass das Einsparziel und damit verbundene Effizienz-ziele allein mit den bislang ergriffenen Maßnahmen nicht erreichtwerden können. Um sicherzustellen, dass die Ziele erreicht werden, istdaher bereits jetzt dringender Handlungsbedarf geboten. Der Wär-memarkt kann hier einen erheblichen Beitrag leisten. Er hat mit rund40 Prozent den größten Anteil am Energieverbrauch Deutschlandsund weist das größte Potenzial zur Energieeinsparung auf. Ein Großteilder im Gebäudebereich eingesetzten Wäremenergie, ca. 85 Prozent,wird dabei zum Heizen verwendet. Bei Heizungsmodernisierungen imBestand bieten sich viele Chancen, Energieeinsparungen anzureizen.

Am Beispiel von Heizkesseln und Heizungsanlagen wird gleichzeitigdie Herausforderung, das Thema Energieeinsparung und Energieeffi-zienz im Bestand zu adressieren, besonders deutlich: Heizkessel un-terliegen in der Regel einer langen Nutzungsdauer und sind daheroftmals veraltet und energetisch ineffizient. Das gesetzliche Betriebs-verbot für alte Heizkessel erfasst in der Praxis jedoch nur einen sehrgeringen Anteil des Heizkesselbestandes. Und selbst moderne undverbrauchsarme Heizkessel schöpfen ihre Einsparpotenziale häufignicht aus. Vielfach mangelt es an der richtigen Dimensionierung, In-betriebnahme oder Wartung.

Heutige politische Maßnahmen setzen bereits an einer Vielzahl vonHemmnissen an, die in diesem Bereich bestehen. OrdnungsrechtlicheAnforderungen, Fördermöglichkeiten, informatorische und beratendeAngebote existieren. Allerdings wirken diese Instrumente noch nichtausreichend. Vor diesem Hintergrund sind vier verschiedene Maß-nahmenpakete mit insgesamt 13 Vorschlägen erarbeitet worden . DieMaßnahmenpakete und Vorschläge adressieren dabei vor allem denordnungsrechtlichen Rahmen (Energieein spar verordnung, 1. Bundes-Immissionsschutzverordnung, Ökodesign-Richt linie, Heizkostenver-ordnung). Daneben steht das Thema Qualitäts sicherung und -stär-kung im Vordergrund. Die nachfolgend dargestellten Politikinstru-mente müssen, um so wirksam wie möglich zu werden, zusätzlichvon marktgetriebenen Instrumenten flankiert werden: Produktinno-vationen und neue Geschäftsmodelle können die Heizenergieeffi-zienz im Bestand weiter steigern.

Klar ist: Maßnahmen, welche die Effizienz der Heizung verbessernund den Anteil erneuerbarer Energien erhöhen, reichen allein nichtaus, um eine Wärmewende herbeizuführen. Hierzu sind viele weitereMaßnahmen erforderlich. Das vorliegende Kurzgutachten soll am Bei-spiel der Heizkessel zeigen, wie eine konsequente Ausgestaltung derverschiedenen Instrumente auch im Kleinen erforderlich und möglichist. Während die großen Weichen des Klimaschutzes im Gebäudebe-stand nach und nach gestellt werden, können so auch kurzfristig, miteinfachen Instrumenten und motivierten Beteiligten, wichtige Im-pulse für eine Wärmewende gegeben werden.

1 Zusammenfassung

Page 5: 13 Maßnahmen gegen Energieverschwendung im Heizungskeller · Paket I Paket II Paket III Paket IV *Die Energieeinsparverordnung ... feger zählt im Jahr 2015 mehr als 5,6 Millionen

13 Massnahmen gegen Energieverschwendung im Heizungskeller · Seite 5

Übersicht: Maßnahmenpakete und Vorschläge, um Heizkessel und Heizungsanlagen im Bestand zu adressieren.

• Betriebsverbot für alle 30 Jahre alten Heizkessel inkl. Kessel mit schlechter Effizienzklasse (bei Sanierungsfahrplan Gewährung einer Umsetzungsfrist von 2 Jahren anstelle der unverzüglichen Außerbetriebnahme)

• Optimierung des Gesamtheizungssystems – Ausweitung der Nachrüstpflichten für wirtschaftlich geringinvestive Maßnahmen

• Dimensionierung als Anforderung in der EnEV und Stärkung des Vollzugs der EnEV durch Einführung eines verpflichtenden Nachweises über die funktionsgerechte Dimensionierung von Wärmeerzeugern und Heizkörpern

• Prüfung der Zukunftsoffenheit bei Neuinstallation eines Kessels

• Hinweispflicht auf erneuerbare Energien und Förderprogramme

• Verpflichtende Inbetriebnahmemessung

• Vollzugsrechtliche Flankierung der EnEV-Anforderungen

• Schrittweise Absenkung der Grenzwerte für Abgasverluste in der 1. BlmSchV

Energieeinsparverordnung (EnEV)* und Erste Bundes-Immissionsschutzverordnung (1.BlmSchV)

• Einführung eines verpflichtenden Wärmemengenzählers

• Heizkostenverordnung und Energierechnung transparenter gestalten

• Ausbildungsoptimierung

• Unabhängiges Controlling

• Aufklärungsmaterialien zum richtigen Heizen

Ökodesign-Richtlinie

Heizkostenverordnung

Qualitätsoffensive

Paket I

Paket II

Paket III

Paket IV

*Die Energieeinsparverordnung (EnEV) wurde zum Zeitpunkt der Studienerstellung überarbeitet und zusammen mit dem Energieeinsparungsgesetz (EnEG) unddem Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) in das neue Gebäudeenergiegesetz (GEG) überführt. Die Verpflichtungen und Befreiungen, auf die dieseStudie sich bezieht, werden voraussichtlich unverändert in das GEG übernommen, so dass die hier getroffenen Aussagen weiterhin gültig bleiben.

Page 6: 13 Maßnahmen gegen Energieverschwendung im Heizungskeller · Paket I Paket II Paket III Paket IV *Die Energieeinsparverordnung ... feger zählt im Jahr 2015 mehr als 5,6 Millionen

13 Massnahmen gegen Energieverschwendung im Heizungskeller · Seite 6

2 Potenziale und Schwierigkeiten einer Energieeffizienz „im Bestand“ – das Beispiel Heizkessel

Die riesigen Potenziale zur Einsparung von Energie im Gebäudebe-stand werden deutlich, wenn man sich die folgenden Zahlen an-schaut: Den rund 41 Millionen bestehenden Wohnungen zum Endedes Jahres 2015 standen nur rund 220.000 neugebaute Wohnungengegenüber (Statistisches Bundesamt, 2016). Im Mittel beträgt dasAlter der bestehenden Wohnungen 50,7 Jahre, das heißt durch-schnittlich sind die Wohnungen deutlich vor der 1. Wärmeschutzver-ordnung, die am 1. November 1977 in Kraft trat, gebaut worden (Sta-tistisches Bundesamt, 2010). Bis heute sind diese entweder kaumoder oft gar nicht energetisch saniert.

Effizienzinstrumente wirken vor allem dort, wo Neues gekauft, gebautoder installiert wird; sei es, weil Effizienzstandards ineffiziente Ver-brauchsgeräte verbieten (Ökodesign-Richtlinie), Anreize für Herstel-lende schaffen (CO2-Flottengrenzwert) oder Bauende auf bestimmte

Standards verpflichten (Energieeinsparverordnung – EnEV). Für dieEnergieeffizienzpolitik ist es besonders schwierig, den „Bestand“ zuadressieren: installierte Geräte, Lampen, Pumpen, Leuchten, Motorenoder Heizungen, gebaute Häuser oder Fahrzeuge sind oftmals seit Jah-ren in Betrieb. Im Folgenden wird das Thema Energieeffizienzpolitikim Bestand am Beispiel der Modernisierung von Heizkesseln analy-siert.

Es wird deutlich, dass die geschilderte Situation sehr virulent ist.Heizkessel werden derzeit sehr lange verwendet. Die statistische Ver-teilung der Nutzungsdauer, die in der Gebäudetechnik üblicherweiseverwendet werden, zeigt, dass ein heute installierter Öl-Brennwert-kessel mit einer Wahrscheinlichkeit von 67 Prozent in 18 Jahren nochbetrieben wird.

100 %

90 %

80 %

70 %

60 %

50 %

40 %

30 %

20 %

10 %

0 %EFH/RH_A-F EFH/RH_G-I EFH/RH_J MFH/GMH_A-F MFH/GMH_G-I MFH/GMH_J

Kohle

Nachtstrom

Stückholz

Fernwärme Holzpellets

Strom-(WP-Tarif) Heizöl-BW

Heizöl-NT

Heizöl-KT

Erdgas-BW

Erdgas-NT

Erdgas-KT

Abbildung 1: Links: Wärmeerzeugermix und Anteil der Konstanttemperaturkessel (mit Rahmen) nach Gebäudegröße und Baualters-klasse im Wohngebäudebestand (IWU 2013, eigene Darstellung). Rechts: Altersstruktur der messpflichtigen Gas- und Ölkessel,Quelle: Erhebungen des Schornsteinfegerhandwerks für 2015 (ZIV 2016, eigene Darstellung)

Kapitel 2

Page 7: 13 Maßnahmen gegen Energieverschwendung im Heizungskeller · Paket I Paket II Paket III Paket IV *Die Energieeinsparverordnung ... feger zählt im Jahr 2015 mehr als 5,6 Millionen

13 Massnahmen gegen Energieverschwendung im Heizungskeller · Seite 7

Kapitel 2

„The first decision is to recognize that there is a decision“(Samuelson & Zeckhauser, 1988)

Die zentrale Statistik des Zentralinnungsverbands der Schornstein-feger zählt im Jahr 2015 mehr als 5,6 Millionen Ölfeuerungsanlagenund mehr als 8,7 Millionen Gasfeuerungsanlagen (ZIV, 2016). Die Altersverteilung (Abbildung 1) zeigt: Es gibt zahlreiche Kessel mit einem Alter über 20 Jahren. Der prozentuale Anteil älterer Feue-rungsstätten ist bei Ölfeuerungsanlagen über 25 kW besonders hoch,die höchste absolute Anzahl haben jedoch Feuerstätten mit einerLeistung zwischen 11 und 25 kW. Dieser Leistungsbereich wird über-wiegend in Ein- und Zweifamilienhäusern eingesetzt. Die Messun-gen ergaben außerdem, dass fast jede fünfte Heizungsanlage einen Abgasverlust von mehr als 9 Prozent aufweist (ZIV, 2016). Der Abgas-verlust von Brennwertfeuerstätten wird derzeit nicht ermittelt. Äu-ßerst ineffiziente Konstanttemperaturkessel finden sich in allen Gebäudetypen. Die Modernisierungsrate für Heizkessel müssteverdoppelt werden, um die Effizienzpotenziale in angemessenerGeschwindigkeit zu heben.

Die Effizienzpotenziale liegen einerseits darin, die Effizienz des Kes-sels durch Brennwertnutzung und die Minderung von Verlusten zusteigern. Hierdurch können in der Praxis im Jahresdurchschnitt jenach Alter des ausgetauschten Kessels zwischen 10 und 30 ProzentHeizöl (und damit CO2) eingespart werden. Hinzu kommen die Po-tenziale, die erreicht werden können, wenn die gesamte Heizungs-anlage optimiert wird, beispielsweise durch hy-draulischen Abgleich, Einbau von Thermostatven-tilen, Einstellung von Regelungen und Pumpen,optimale Einstellung der Heizkurve und des Hei-zungsbetriebs, Optimierung des Betriebs derWarm wasserbereitung (Effizienz und Betriebsdauer der Zirkulations-pumpe, Dämmung der Rohrleitungen, aber auch Wartung und Reini-gung und eine kontinuierliche Betriebs- und Fehlerüberwachung.Schließlich können durch einen Brennstoffwechsel auf kohlenstoffär-mere Energieträger (bspw. Öl auf Gas) oder auf erneuerbare Energienbeträchtliche Mengen Treibhausgase und Energieressourcen einge-spart werden.

Warum ist es so schwierig, den Bestand zu adressieren? Die zentralenFaktoren lassen sich grob unterteilen in ökonomische oder finan-zielle Barrieren, den sogenannten Status-Quo- Bias sowie hohe Trans-aktionskosten aufgrund der Komplexität des Problems und der not-wendigen Koordination verschiedener Beteiligter:

Finanzielle Barrieren verhindern häufig eine zügige Erneuerung desBestandes: Einerseits betrifft dies die Anfangsinvestitionen. Wennder Kessel nicht kaputt geht, werden hohe An-fangsinvestitionen gescheut, selbst wenn sie überlange Zeiträume rentabel sind. Wenn finanzielleMittel für die Anfangsinvestition nicht zur Verfü-gung stehen, können Bestandssanierungen nichtumgesetzt werden. Ein weiteres Hemmnis tritt ebenfalls in Kombina-tion mit langen Amortisationszeiten auf. Das verhaltensökonomi-sche Konzept der Diskontierung besagt, dass Menschen einen sofor-tigen Gewinn höher wertschätzen als einen zukünftigen Gewinn. InExperimenten wurde beispielsweise gezeigt, dass Teilnehmende lie-ber eine sofortige Auszahlung von 100 $ wählten als eine zukünftigeAuszahlung von 120 $. Um sofort über das Geld verfügen zu können,verzichteten die Teilnehmenden dabei auf eine höhere Auszahlung.

1009080706050403020100

5 10 15 20 25 30 35 40

Gas

Öl

Sum

men

häuf

igke

it in

%

Mindestalter in Jahren

Potenziale des Aus-tauschs und optimiertenBetriebs sind groß.

Zahlreiche Barrieren erschweren Moder ni -sierungsprozesse

Page 8: 13 Maßnahmen gegen Energieverschwendung im Heizungskeller · Paket I Paket II Paket III Paket IV *Die Energieeinsparverordnung ... feger zählt im Jahr 2015 mehr als 5,6 Millionen

13 Massnahmen gegen Energieverschwendung im Heizungskeller · Seite 8

Kapitel 3

Da Bestandserneuerungen meist mit einer Anfangsinvestition ver-bunden sind und die Gewinne erst nach einiger Zeit anfallen, kannes auch hier zu Diskontierungs-Effekten kommen.

Dass die Austauschmaßnahmen nicht immer wirtschaftlich sind,liegt aber auch daran, dass die Energiepreise nicht vollständig dienegativen Externalitäten abdecken. Die Kosten des Klimawandelstragen nicht die jeweiligen Verursacher*innen, sondern die gesamteGesellschaft. Durch diese Marktverzerrung fehlen finanzielle Anreizefür die Einzelnen, den eigenen CO2-Ausstoß zu reduzieren und auf-wendige Bestandssanierungen anzugehen. So ist Energie aus fossi-len Brennstoffen meist günstiger als aus erneuerbaren Energiequel-len, insbesondere bei den derzeitigen Öl- (und Gas-)Preisen.

Von besonderer Bedeutung für den Austausch von Heizkesseln istauch das Mieter-Vermieter-Dilemma: die Vorteile eines Kessel-tauschs kommen in Form gesenkter Energiekosten den Mieter*innenzu Gute, während die Vermieter*innen die Investitionskosten tragenmüssen.

Finanzielle Barrieren spielen unbestritten eine große Rolle für diefehlende Attraktivität von Bestandssanierungen. Nichtsdestotrotzwerden in Deutschland selbst rentable Sanierungen nicht immerumgesetzt. Dies lässt auf weitere, nicht-ökonomische Hemmnisseschließen. Ein möglicher Erklärungsansatz liegt dabei im sogenann-ten Status Quo Bias. Dieser beschreibt den Fall, dass Konsument*in-nen den bestehenden Zustand gegenüber einer Veränderung bevor-zugen, selbst wenn dies rein ökonomisch betrachtet nicht effizientist (Samuelson & Zeckhauser, 1988).

Der Status Quo Bias hat aber auch mit realen technisch-physikali-schen Barrieren zu tun. Am Beispiel eines Heizkessels: Gewicht undGröße des Kessels, Art der hydraulischen Anbindung, Steuerungs-technik. Veränderungen sind häufig mit Unsicherheiten und Risi-ken behaftet und werden als riskanter wahrgenommen als dasNichtstun. Aus Angst, eine Entscheidung später zu bereuen, behaltenMenschen daher eher den bestehenden Zustand (beispielsweise diealte Heizung) bei und vermeiden mögliche Veränderungen (Kahne-man, Knetsch, & Thaler, 1991). Verstärkt wird dieser Effekt dadurch,

dass Menschen häufig eine sehr hohe Verlustaversion haben. Dem-entsprechend belastet ein Verlust Menschen wesentlich stärker alsein entgangener Gewinn. Wenn Menschen wählen müssen zwischendem Status Quo ohne Gewinnmöglichkeit und einer Investition miteinem geringen Verlustrisiko, tendieren die meisten Menschen zumStatus Quo, weil der mögliche Verlust als weitaus gravierender ein-geschätzt wird als der Verzicht auf einen möglichen Gewinn. Dies istselbst dann der Fall, wenn die Gefahr eines Verlustes nur gering ist.Ein weiterer verhaltensökonomischer Effekt, der hierbei eine Rollespielt, ist der Endowment-Effekt bzw. Besitzeffekt. Entsprechenddiesem Effekt schätzen Menschen den Wert ihres bestehenden Be-sitzes systematisch höher ein als den Wert anderer Güter (Kahnemanet al., 1991). Hausbesitzer*innen tendieren durch den Endowment-Effekt dazu, den Wert der eigenen Heizung gegenüber möglichen Alternativen zu überschätzen. Zudem schätzen Besitzer*innen dasRisiko einer Fehlinvestition gravierender ein als auf Gewinne ausEnergieeinsparungen zu verzichten. Der Endowment-Effekt trägtentscheidend dazu bei, dass es Hausbesitzer*innen schwerfällt, einenoch funktionierende Heizung zu entsorgen, um sie gegen ein effi-zienteres Modell auszutauschen. Hinzu kommen ggf. auch Fehlein-schätzungen bezüglich der ökologischen Sinnhaftigkeit, ein funktio-nierendes Produkt zu entsorgen.

Die genannten Effekte treten insbesondere in Situationen mit be-grenzter Information der Endkund*innen auf. Eine mögliche Stra-tegie, den Status Quo Bias zu überwinden, wäre somit eine umfas-sendere Information. Wichtig ist dabei, dass Informationen sichtbargemacht und Unternehmen und private Haushalte möglichst un-mittelbar mit der Information konfrontiert werden. So kann dermeist unbewusste Status Quo Bias abgeschwächt werden. Allerdingsist nicht nur die Informationslage bei Endkund*innen begrenzt. Auchim ausführenden Handwerk ist vielfach eine mangelnde Fachkennt-nis zu beklagen. Dies betrifft sowohl die Auswahl neuer Technolo-gien, aber auch das Wissen um einen effizienten Betrieb und die Feh-lererkennung in der Nutzungsphase. Dies hängt auch damit zusam-men, dass es keine einfach ablesbaren Kennzahlen gibt, die zeigen,wie ineffizient Heizungen oft sind. Vielfach besteht daher keineKenntnis über den Betriebszustand.

Page 9: 13 Maßnahmen gegen Energieverschwendung im Heizungskeller · Paket I Paket II Paket III Paket IV *Die Energieeinsparverordnung ... feger zählt im Jahr 2015 mehr als 5,6 Millionen

Kapitel 4

13 Massnahmen gegen Energieverschwendung im Heizungskeller · Seite 9

Ein weiteres Hemmnis: Größere Investitionen erfordern häufig einenhohen Planungsaufwand sowie zeitliche Ressourcen zur Informati-onsbeschaffung. Zu den Kosten der Investition selbst kommen somitweitere, oftmals nicht-monetäre Kosten. Diese sogenannten Trans-aktionskosten können als Hemmnis für Investitionen in Energieef-fizienz wirken.

Bei energetischen Sanierungen steht oft eine Vielzahl an verschie-denen Sanierungspfaden, technologischen Möglichkeiten und Fi-nanzierungsmöglichkeiten zur Verfügung. Die passende Option ausder Vielfalt an Möglichkeiten herauszufiltern, erfordert einen hohenAufwand der Entscheidungsträger*innen und führt zu Verunsiche-rungen. Die Komplexität der Modernisierungsmaßnahme führt sodazu, dass sich Entscheidungsprozesse verzögern oder gar voll-ständig vermieden werden. Im Gegensatz dazu werden Entschei-dungen wesentlich einfacher gefällt, wenn bereits eine „Standard-Version“ präsentiert wird. Selbst wenn eine Modernisierung des Be-standes oder ein Austausch stattfindet, wird daher häufig aufAltbewährtes und auf schon zuvor eingesetzte Technologien zurück-gegriffen. Sofern für energieeffiziente Maßnahmen standardisierteOptionen zur Verfügung stehen, fallen diese Entscheidungen we-sentlich leichter. Vereinfachte Entscheidungen werden auch dannmöglich, wenn Entscheider*innen auf die Erfahrungen von Gleichge-sinnten beispielsweise Nachbar*innen oder Unternehmen aus demUmfeld zurückgreifen können.

Eine energetische Sanierung will gut geplant sein. Aber nur wenigeEntscheidungsträger*innen in Unternehmen und privaten Haushal-ten sind Fachleute für Energieeffizienz und die damit einhergehen-den rechtlichen, finanziellen und technischen Fragestellungen. DerSanierung geht daher zumeist eine ausführliche Recherche und In-formationsbeschaffung voraus. Wichtigste Grundvoraussetzung ist,dass das Potential einer energetischen Verbesserung den Verant-wortlichen bekannt ist.

Letztlich fehlt es vielfach an Gesamtverantwortlichen, die die ver-schiedenen Beteiligten – Eigentümer*innen, Nutzer*innen, Hand-werker*innen, Planer*innen – miteinander verzahnen. Die Koordi-nation verschiedener Beteiligter bedeutet einen erhöhten Aufwandbei der Modernisierung des Bestandes. In Unternehmen müssen allebeteiligten Abteilungen ihre Aktivitäten koordinieren. Entscheidun-gen benötigen meist die Unterstützung der höchsten Management-ebenen. Auch bei Privatpersonen können Koordinationsmaßnahmenbereits in der Planung nötig sein. Beispielsweise müssen bei Eigen-tumsgemeinschaften erst alle Eigentümer*innen mit ins Boot geholtwerden. Während der Umsetzung der Modernisierungsmaßnahmenmüssen verschiedene Dienstleister*innen und Handwerker*innenbeauftragt und zugleich eine gesicherte Finanzierung erreicht wer-den. Zudem muss sichergestellt werden, dass der normale Betriebnicht lange unterbrochen wird. Dieser hohe Koordinierungsaufwanderschwert zusätzlich eine Erneuerung des Bestandes.

Page 10: 13 Maßnahmen gegen Energieverschwendung im Heizungskeller · Paket I Paket II Paket III Paket IV *Die Energieeinsparverordnung ... feger zählt im Jahr 2015 mehr als 5,6 Millionen

13 Massnahmen gegen Energieverschwendung im Heizungskeller · Seite 10

Kapitel 4

Eine Heizungsoptimierung kann an verschiedenen Hebeln ansetzen:

• Durch Austausch der Kessel gegen Kessel mit Brennwertnutzungoder gegen andere Wärmeerzeugungstechnologien gelingt einebeträchtliche Effizienzsteigerung.�

• Dabei ist darauf zu achten, dass durch den Einsatz der neuen Hei-zungstechnologie keine Pfadabhängigkeit entsteht. Der Aus-tausch Heizöl-Kessel gegen Heizöl-Kessel beispielsweise bindet dieHeizzentrale für zwei weitere Jahrzehnte an einen kohlenstoffin-tensiven Energieträger. Daher ist der gleichzeitige Schwenk zu er-

neuerbaren Energien eine wichtige Strategiebeim Austausch von Heizungen. Eine reine Mo-dernisierung schafft 25 bis 30 Prozent Treibhaus-gas-Ersparnis; langfristig erforderlich ist abereine nahezu vollständige Dekarbonisierung.

• In der Optimierung der Heizungsanlagedurch hydraulischen Abgleich, Einstellung der

Heizkurve, Einsatz von Hocheffizienz-Pumpen, Einstellung der Be-triebsweise, Dämmung der Komponenten und anderen Maßnah-men der Peripherie steckt ein beträchtliches Einsparpotenzial vonüber 20 Prozent.

• Dieses hat auch Rückwirkungen auf das Temperaturniveau derHeizung. Niedrige Rücklauftemperaturen steigern den Wirkungs-grad von Brennwertkesseln und Wärmepumpen und führen zu hö-heren Solarerträgen.

• Eine zukunftsoffene Planung der Anlage vermeidet diese Pfadab-hängigkeiten. Dazu gehören beispielsweise Anpassungsmöglich-keiten bei späterer Sanierung (flexible Dimensionierung), Leerka-näle oder Rohre für eine spätere Einbindung von erneuerbarenEnergien, passende Speicher usw.

• Insbesondere betrifft eine zukunftsoffene Planung auch die richtigeDimensionierung der Heizungsanlage. Bereits bei Neuinstallationwerden Heizungen durch unnötig hohe Sicherheitszuschläge viel-fach überdimensioniert. Dabei könnte oft (gerade bei größeren Ge-

bäuden) durch Hintereinanderschalten mehrerer Heizkessel in ei-ner sogenannten Kaskade und durch flexible Installationen (diezum Beispiel eine Nachinstallation bei etwaiger zu kleiner Installa-tion von Kesseln ermöglicht) Überdimensionierung vermieden wer-den. Durch verstärkte Hybridisierung – zum Beispiel Zusatzheiz-kessel für Scheitholz – und eine flexible Kesselplanung kann auchbei späteren Sanierungsschritten die Heizung leichter an einenverminderten Bedarf angepasst werden.

• Der Einbau eines Wärmemengenzählers oder, noch besser, intelli-genter Zählertechnik, die etwa auch eine Energieanalyse aus demVerbrauch, automatische Datenübertragung und Betriebsführungoder Fehlerhinweise erlaubt, verbessert das Wissen über die Nut-zungsphase.

• Bei jedem Heizungstausch ist auch die Einbindung in die Nach-barschaft oder das Quartier zu beachten. Gibt es ein Wärmenetz,an das angeschlossen werden kann? Können Nachbar*innen mit-versorgt werden?

3 Optimierungsmassnahmen an Bestandsheizungen

Pfadabhängigkeit: Durcheine erneute Investitionin einen kohlenstoff-trächtigen Energieträgerkann die Chance einesEnergieträgerwechselsverpasst werden.

Page 11: 13 Maßnahmen gegen Energieverschwendung im Heizungskeller · Paket I Paket II Paket III Paket IV *Die Energieeinsparverordnung ... feger zählt im Jahr 2015 mehr als 5,6 Millionen

Kapitel 4

13 Massnahmen gegen Energieverschwendung im Heizungskeller · Seite 11

Der Gebäudebestand wird aktuell nach dem Leitsatz „fordern, för-dern, informieren“ von einer Vielzahl von Instrumenten adressiert.Sie werden von allen öffentlichen Ebenen initiiert: auf Bundes-, Län-der- und Kommunalebene ebenso wie von privaten Organisationen.

OrdnungsrechtIm Ordnungsrecht ist vorgesehen, dass energetische Mindeststan-dards auch für Bestandsgebäude einzuhalten und zu überprüfensind. Bezüglich Heizungs-Bestandsanlagen betrifft dies insbeson-dere die unbedingten Nachrüstverpflichtungen nach § 10 EnEV, diegrundsätzlich ohne Anlass von allen Gebäudeeigentümer*innen um-zusetzen sind:

• Heizkessel, die mit flüssigen oder gasförmigen Brennstoffen be-schickt werden und älter als 30 Jahre sind, dürfen ohne Übergangs-frist nicht mehr betrieben werden. Die Bezirksschornsteinfeger*in-nen prüfen im Rahmen der Feuerstättenschau, ob diese Verpflich-tung zur Außerbetriebnahme eingehalten wird. Wird ein Heizkesseltrotz Betriebsverbotes weiter betrieben, stellt dies eine Ordnungs-widrigkeit dar, die mit bis zu 50.000 Euro Bußgeld bedroht ist.

• Bisher ungedämmte Rohrleitungen und Armaturen in unbeheiztenRäumen müssen nachträglich gedämmt werden. Die Bezirks -schorn steinfeger*innen prüfen auch dies im Rahmen der Feuerstät-tenschau und die Zuwiderhandlung stellt eine Ordnungswidrigkeitdar, die mit bis zu 50.000 Euro belegt werden kann.

Vom Betriebsverbot für alte Heizkessel ausgenommen sind Nieder-temperatur- und Brennwertkessel sowie Heizkessel, deren Leistungunter 4 kW oder über 400 kW liegt. Die Nachrüstverpflichtungenentfallen außerdem in Ein- und Zweifamilienhäusern, wenn die Eigentümer*innen zum Stichtag am 1. Februar 2002 selbst das Gebäude bewohnt haben und seitdem kein Wechsel der Eigentü-mer*innen stattgefunden hat. Zudem steht die Dämmung von Rohr-leitungen und Armaturen in unbeheizten Räumen unter dem Wirt-schaftlichkeitsvorbehalt des § 10 Abs. 5 EnEV.

Eine weitere ordnungsrechtliche Pflicht ist die Außerbetriebnahmevon Kesseln, die bestimmte Abgasverluste gemäß §10 1. BImSchV(Erste Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immmissionsschutz-gesetzes) überschreiten. Für Öl- und Gasfeuerungsanlagen im Gel-tungsbereich der Verordnung dürfen die Anlagen Abgasverluste von 11 Prozent (bei einer Nennwärmeleistung zwischen 4 und 25 kW), 10Prozent (bei einer Nennwärmeleistung zwischen 25 und 50 kW) bzw. 9 Prozent (bei einer Nennleistung über 50 kW) grundsätzlich nichtüberschreiten. Auch hier sind allerdings einige Ausnahmen wirksam.Werden diese Grenzwerte überschritten, muss der Kessel entwedergereinigt/eingestellt oder ausgetauscht werden. Bei Anlagen über 4 kW wird die Kontrolle vom Bezirksschornsteinfeger*innen vorge-nommen.

Weitere rechtliche Regelungen sehen die Kehr- und Überprüfungs-ordnung und die Feuerungsverordnungen (bzw. Feueranlagenver-ordnung) vor. Sie regeln vor allem Fragen des sicheren Betriebs und dersicheren Aufstellung von Heizungsanlagen.

Die Ökodesign-Richtlinie für Heizkessel und Warmwasserbereitungdefiniert Produktanforderungen an Heizkessel und einzelne Kompo-nenten (z.B. Pumpen), die neu in Verkehr gebracht werden.

Information und BeratungAusgeprägt sind die Instrumente im Bereich der Beratung, Informa-tion und Transparenz:

• Zahlreiche Informationsmaterialien, Online-Portale, Kampagneninformieren über Heizungen und die Vorteile eines Heizungs-tauschs (z. B. meine-heizung.de, Haus sanieren – profitieren;Deutschland macht’s effizient).

• Vorhandene Beratungsprogramme betreffen zum einen das Gesamtgebäude (z.B. BAFA-Vor-Ort-Beratung). Es gibt aber auchgezielte Beratungselemente für Heizungen, beispielsweise:

4 Heutige politische Massnahmen

§

i

Page 12: 13 Maßnahmen gegen Energieverschwendung im Heizungskeller · Paket I Paket II Paket III Paket IV *Die Energieeinsparverordnung ... feger zählt im Jahr 2015 mehr als 5,6 Millionen

13 Massnahmen gegen Energieverschwendung im Heizungskeller · Seite 12

Kapitel 4

- Der vom Bundeswirtschaftsministerium geförderte Heizcheckund Solarwärmecheckder Verbraucherzentralen, bei dem die Hei-zungsanlage in Augenschein genommen, vermessen und durchzwei Vorort-Termine überprüft wird.

- Der umfangreichere Heizungscheckdes VdZ – Forum für Energie-effizienz in der Gebäudetechnik e.V. –wird derzeit leider nicht ge-fördert, obwohl er methodisch umfangreich erweitert wurde.

• Die Heizkostenverordnung stellt Anforderungen an die Transpa-renz des Heizenergieverbrauchs und ist verbindlich für Wohnungs-eigentümer*innen, Mieter*innen, Hausverwalter*innen und Mess-dienstleister*innen. In einem ausführlichen Gutachten (Öko-Insti-tut, co2online, 2016) wurden Vorschläge für eine Verbesserung derTransparenz, Verständlichkeit und Standardisierung erarbeitet. Ähn-liche Informationen könnten auch im Rahmen der Gas- und Strom-rechnung als Benchmark ausgewiesen werden. Vorschläge hierzuhat ifeu 2014 unterbreitet.

• Effizienzlabel für Bestandsanlagen sind durch das Energiever-brauchs-Kennzeichnungsgesetz seit dem 1. Januar 2016 vorge schrie -ben. Sie müssen für Heizungen erstellt werden, die älter als 15 Jahresind. Das Label wird im Rahmen der Feuerstättenschau durch Be-zirksschornsteinfeger*innen oder durch Heizungsinstallateur*innenund bestimmte Energieberater*innen angebracht, zugleich wird eineInformationsbroschüre überreicht.1

FörderungVerschiedene Förderprogramme adressieren die Optimierung vonHeizungsanlagen:

• Das Programm Energieeffizient Sanieren der Kreditanstalt fürWiederaufbau (KfW) fördert in der Kredit- und Zuschussvariantedie Optimierung von Heizungsanlagen und die Neuinstallation vonKesseln.

• Das Marktanreizprogramm fördert die Installation von Heizungenauf Basis erneuerbarer Energien mit Zuschüssen, auch gemeinsammit Elementen der Heizungsmodernisierung. Kleine Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) wird im Mini-KWK-Impulsprogramm gefördert.

• Hydraulischer Abgleich, neue Umwälz- und Zirkulationspumpenwerden im neuen Heizungsoptimierungsprogramm gefördert.

• Außerdem können die Handwerksleistungen steuerlich abgesetztwerden.

GesamtschauIn der Gesamtschau wird deutlich, dass eine Vielzahl an Instrumen-ten bereits viele der aufgezeigten Hemmnisse adressiert (Tabelle 1).Vielfach wirken die Instrumente jedoch nicht in ausreichend.

1 www.bmwi.de/heizungsetikett

Page 13: 13 Maßnahmen gegen Energieverschwendung im Heizungskeller · Paket I Paket II Paket III Paket IV *Die Energieeinsparverordnung ... feger zählt im Jahr 2015 mehr als 5,6 Millionen

Kapitel 2

13 Massnahmen gegen Energieverschwendung im Heizungskeller · Seite 13

Tabelle 1: Wirkungen der politischen Instrumente auf die Hemmnisse. Ein grünes Kästchen bedeutet: Das Hemmnis wird durch dieMaßnahme angesprochen.

· Anfangsinvestitionen

· Diskontierungs-Effekte

· nicht eingepreiste Externalitäten

Mieter-Vermieter-Dilemma

Status Quo Bias

Risikoaversion

Endowment-Effekte

Begrenzte Informationen

Vielzahl der technischen Informationen

Planungsaufwand und Koordination

Transaktionskosten

technische Gegebenheiten

...

Finanzielle Barrieren

Ordnungsrecht Information und Beratung Förderung§ i

Kesselbetriebsverbot EnEV

Andere Nachrüstpflichten

1. BImschV, Abgasverluste

HeizkostenVO, Energierechnung

Heizungslabel, Energieausweis

Beratung (vor Ort)

Energiechecks, Heizungschecks

Informationsmaterialien

Kampagnen

Regionale Informationen

Marktanreizprogramm

KfW-Förderung

Steuerliche Absetzbarkeit von

Handwerker-Dienstleistungen

Energiesteuer

Page 14: 13 Maßnahmen gegen Energieverschwendung im Heizungskeller · Paket I Paket II Paket III Paket IV *Die Energieeinsparverordnung ... feger zählt im Jahr 2015 mehr als 5,6 Millionen

13 Massnahmen gegen Energieverschwendung im Heizungskeller · Seite 14

Kapitel 5

Um das Heizungsthema möglichst breit zu beleuchten, haben derBUND und ifeu einen Workshop mit ausgewiesenen Fachleutendurchgeführt. Die Teilnehmenden des Workshops bestätigten, dassbei einzelnen Instrumenten noch „sehr viel Luft nach oben“ ist. ImEinzelnen wurden folgende Anmerkungen gemacht:

Ordnungsrecht• Die Ausnahmen von den Nachrüstverpflichtungender EnEV sindnach Meinung aller Teilnehmenden des Workshops zu weit ge-fasst. Da die Nachrüstungen als grundsätzlich wirtschaftlich ein-gestuft werden (siehe unten), sind die Befreiungen kaum nachvoll-ziehbar. Niedertemperatur- und Brennwertkessel sind von Vorn -herein von der Außerbetriebnahmepflicht ausgenommen. In bisherselbstbewohnten Ein- und Zweifamilienhäusern haben Neueigen-tümer*innen im Falle eines Eigentumswechsels nach dem 1. Februar2002 ganze zwei Jahre Zeit, um die Nachrüstverpflichtungen zu er-füllen. Findet kein Wechsel der Eigen tümer*innen nach dem Stich-tag am 1. Februar 2002 statt, entfallen die Nachrüstverpflichtungenfür Ein- und Zweifamilienhäuser ganz. Darüber hinaus entfällt dieNachrüstverpflichtung an ungedämmten Rohrleitungen und Ar-maturen, wenn sich die er forderlichen Aufwendungen nicht inner-halb einer „angemessenen Frist“ amortisieren. Der Begriff der „an-gemessenen Frist“ wird in der EnEV nicht definiert, in der Recht-sprechung wird häufig eine Dauer von 10 Jahren als angemessenerAmortisationszeitraum genannt. Die folgenden Zahlen belegen dieAusnahmenfülle der Kesselaußerbetriebnahmepflicht: Im Jahr 2015gab es laut Statistik der Schornsteinfeger*innen (ZIV, 2015) 652.700Öl- und Gas-Heizkessel, die vor 1982 errichtet wurden und somit äl-ter als 33 Jahre waren. Diese sind jedoch aufgrund der aufgezeigtenAusnahmeregelungen nicht alle außer Betrieb zu nehmen:

1. Da Niedertemperatur- und Brennwertkessel ausgenommensind, bezieht sich die Anforderung nur auf Konstanttemperatur-kessel (siehe Abbildung 3). Deren Anteil an der Gesamtzahl derÖl- und Gasheizkessel beträgt zwischen 20 (IWU, 2013) und 29Prozent (Shell, BDH, 2013).

2. Durch die Ausnahmeregelung für Eigentumswechsel vor 2002in Ein- und Zweifamilienhäusern werden rund 86 Prozent der Ei-

gentümer*innen von Gebäuden, die vor 1990 errichtet wurden,von der Außerbetriebnahmepflicht befreit und rund 47 Prozent,die nach 1990 gebaut haben. In einer eigenen – allerdings be-wusst konservativen – Berechnung hat Ecofys ermittelt, dass vonder Außerbetriebnahmepflicht im Jahr 2015 nur rund 23.500Heizkessel betroffen sind. Dadurch wären nur 3,4 Prozent derüber 30 Jahre alten Kessel von der Pflicht zur Nachrüstungbetroffen (Ecofys, 2015).

3. Hinzu kommt das Problem des Vollzugsdefizites im Bereich derEnEV: Es ist davon auszugehen, dass die für den Vollzug zuständi-gen Landesbehörden zum Beispiel aufgrund mangelnder Perso-nalkapazitäten nur eine geringe Zahl von Eigentümer*innen sank-tionieren, die gegen das Betriebsverbot alter Kessel verstoßen.

Abbildung 2: Abschichtung der Anzahl der Verpflichteten (eigene qualitative Darstellung mit Daten nach Ecofys 2015, zitiert nach ifeu 2016)

• Kritisch von den Teilnehmenden des Workshops wurde auch ange-merkt, dass der hydraulische Abgleich und eine Überprüfung derHeizungsdimensionierung nicht verpflichtend sind.

• Außerdem wurde angemerkt, dass es keine Anforderung in § 10bzw. § 13 EnEV für Fernwärme gibt, obwohl hier ebenso beträcht-liche Effizienzpotenziale liegen können.

Gesamtheit der Öl- und Gaskessel, die älter sind als 30 Jahre

nur Konstanttemperaturkessel

bei EZFH nur bei Eigentümerwechsel nach 2002

Austausch alter Öl- und Gaskessel

Befreiung für NT- und BW-Kessel

Befreiung für EZFH ohne Eigentümerwechsel nach 2002

Vollzugsdefizit

§

Page 15: 13 Maßnahmen gegen Energieverschwendung im Heizungskeller · Paket I Paket II Paket III Paket IV *Die Energieeinsparverordnung ... feger zählt im Jahr 2015 mehr als 5,6 Millionen

Kapitel 5

13 Massnahmen gegen Energieverschwendung im Heizungskeller · Seite 15

• Die Teilnehmenden des Workshops kritisierten, dass es bisherkeineVerantwortlichen gibt, die eine Gesamtgarantie für den funktio-nierenden und effizienten Heizungsbetrieb übernehmen.

• Die Grenzwerte für Abgasverluste von 11 Prozent (bzw. 10 und 9Prozent) in der 1. BImSchV wurden als zu hoch erachtet. Im Jahr 2015haben 2,2 Prozent der gemessenen Öl-Anlagen und 1,6 Prozent derGaskessel die zulässigen Abgasverluste überschritten (ZIV, 2016).Auch für Festbrennstoffkessel gelten Mindestwirkungsgrade. Dassdie 11 Prozent Abgasverluste ein sehr hoher Wert sind, erkennt manauch daran, dass die meisten der über 30 Jahre alten Kessel sie ein-halten. Abgasverluste von 11 Prozent entsprechen dabei deutlich hö-heren Gesamtverlusten; sie sind allerdings eine leicht messbareKenngröße, anders als etwa Strahlungs- und Konvektionsverluste.Die Jahresnutzungsgrade alter Heizkessel liegen deutlich weiter un-ter denen von neuen Kesseln, als die geringe Differenz der Abgasver-luste vermuten lässt. Abbildung 3 zeigt, dass der Grenzwert nichteinmal bei sehr alten Kesseln greift. Der BSW-Solar hatte daher eineAbsenkung des Anforderungswertes auf 8 Prozent vorgeschlagen.

• Die Abgasverluste wurden auch dahingehend kritisiert, dass dieZahl der Brennerstarts und der Abgasverluste von Brennwert-Heizkesseln nicht berücksichtigtwird.

Abbildung 3: Abgasverluste als Funktion des Kesselalters (Quelle: BSW Solar 2012, eigene Darstellung)

InformationDie Beratungs- und Informationsprogramme wurden im Workshopinsgesamt als sehr umfassend eingeschätzt, insbesondere, wenn zukünftig der Sanierungsfahrplan als Instrument für schrittweiseSanierungen hinzukomme. Allerdings wurde bedauert, dass der Hei-zungscheck in seiner ursprünglich konzipierten Form nicht zu einerFörderung gekommen ist.

Das Bestandslabelwurde insgesamt begrüßt. Allerdings wurden aucheinige prozedurale und methodische Fragen gestellt. Beispielsweisestellte sich den Teilnehmenden des Workshops die Frage, welcher „Ent-scheidungspfad“ von einer schlechten Effizienzklasse zu einem Kes-seltausch führe. Hier müssten weitere Begleitungsschritte über denInfoflyer hinaus angestoßen werden. Beispielsweise könnte drei Mo-nate nach Auszeichnung mit einer schlechten Effizienz klasse eine au-tomatische Erinnerung per Brief oder E-Mail erfolgen („Haben Sieschon Schritte unternommen? Kund*innen, die …“).

Auch die Vermarktung des Labels komme zu kurz. Schließlich werdevielfach verkannt, dass das Bestandslabel lediglich den Kessel undnicht die Gesamtanlage bewertet. Für letzteres sei das Verfahren desHeizungschecks eigentlich ideal.

FörderungDie Förderprogramme wurden – abgesehen von einer gewissen Unübersichtlichkeit, die durch eine Zusammenlegung von Program-men gemildert werden könnte – als ausreichend erachtet. Allerdingswurde auch kritisiert, dass die Programme zum Teil widersprüchlicheBotschaften aussenden würden. Dies betreffe namentlich die Förde-rung des Austauschs von Öl-, eingeschränkter auch Gaskesseln, dieeigentlich als Stand der Technik erachtet werden müssten.

Außerdem wurde der Wunsch artikuliert, Monitoring und Zähltechnikzu fördern sowie Förderprogramme stärker erfolgsorientiert auszu-gestalten.

i

12

11

10

9

8

7

6

5

4

1981

Abgasverlust (%)

11 %

8 %

31 Jahre 26 Jahre 21 Jahre

Gültiger Grenzwert für Öl-/Gaskessel 4 –2 5 kW

Kesselalter

€Quelle: Testberichte Stiftung Warentest (1981 – 1998), Messung beifabrikneuen Kesseln (Mittelwerte mit Streubereichen)

1998

1982

1983

1984

1985

1986

1987

1988

1989

1990

1991

1992

1993

1994

1995

1996

1997

Page 16: 13 Maßnahmen gegen Energieverschwendung im Heizungskeller · Paket I Paket II Paket III Paket IV *Die Energieeinsparverordnung ... feger zählt im Jahr 2015 mehr als 5,6 Millionen

13 Massnahmen gegen Energieverschwendung im Heizungskeller · Seite 16

Kapitel 5

In der Gesamtschau scheint es – vorbehaltlich einer genauen quan-titativen Evaluation, die dieses Projekt nicht leisten kann –, dass derHeizungsbestand informatorisch und fördertechnisch deutlichadressiert ist, wobei sich im Einzelnen Nachbesserungsbedarf ergibt,zum Beispiel bei der Förderung fossiler Heizkessel, die eh Stand derTechnik sind.

Und dennoch reicht die Modernisierungsgeschwindigkeit bei Wei-tem nicht aus. Insbesondere im Bereich der ordnungsrechtlichen Instrumente gibt es verschiedene Regelungsoptimierungen undneue Ansatzpunkte.

Im Folgenden haben wir vier Maßnahmenpakete mit insgesamt 13 Vorschlägen für mehr Effizienz im Heizungsbestand entwickelt.Paket I adressiert die ordnungsrechtliche Seite mit Maßnahmen imBereich der EnEV und der 1. BImSchV. Paket II hat das Ökodesign zumGegenstand und Paket III setzt auf eine Transparenzausweitung beider Heizkostenverordnung und der Energierechnung. Paket IV bein-haltet eine Qualitätssteigerung auf fachlich-technischer Seite sowieeine stärkere Information der Verbraucher*innen zum effizientenHeizen.

5 Neue Instrumente: 13 Massnahmen gegen Energieverschwendung im Heizungskeller

Paket I – Energieeinsparverordnung (EnEV)* und Erste Bundes-Imissionsschutzverordnung (1.BlmSchV)

• Betriebsverbot für alle 30 Jahre alten Heizkessel inkl. Kessel mit schlechter Effizienzklasse (bei Sanierungsfahrplan Gewährung

einer Umsetzungsfrist von 2 Jahren anstelle der unverzüglichen Außerbetriebnahme)

• Optimierung des Gesamtheizungssystems – Ausweitung der Nachrüstpflichten für wirtschaftlich geringinvestive Maßnahmen

• Dimensionierung als Anforderung in der EnEV und Stärkung des Vollzugs der EnEV durch Einführung eines verpflichtenden Nachweises

über die funktionsgerechte Dimensionierung von Wärmeerzeugern und Heizkörpern

• Prüfung der Zukunftsoffenheit bei Neuinstallation eines Kessels

• Hinweispflicht auf erneuerbare Energien und Förderprogramme

• Verpflichtende Inbetriebnahmemessung

• Vollzugsrechtliche Flankierung der EnEV-Anforderungen

• Schrittweise Absenkung der Grenzwerte für Abgasverluste in der 1. BlmSchV

Paket II – Ökodesign-Richtlinie

• Einführung eines verpflichtenden Wärmemengenzählers

Paket III – Heizkostenverordnung

• Heizkostenverordnung und Energierechnung transparenter gestalten

Paket IV – Qualitätsoffensive

• Ausbildungsoptimierung

• Unabhängiges Controlling

• Aufklärungsmaterialien zum richtigen Heizen

Übersicht: Maßnahmenpakete und Vorschläge, um Heizkessel und Heizungsanlagen im Bestand zu adressieren.

* Die Energieeinsparverordnung (EnEV) wurde zum Zeitpunkt der Studienerstellung überarbeitet und zusammen mit dem Energieeinsparungsgesetz (EnEG) und dem Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG)in das neue Gebäudeenergiegesetz (GEG) überführt. Die Verpflichtungen und Befreiungen, auf die diese Studie sich bezieht, werden voraussichtlich unverändert in das GEG übernommen, so dass die hier getroffenenAussagen weiterhin gültig bleiben.

Page 17: 13 Maßnahmen gegen Energieverschwendung im Heizungskeller · Paket I Paket II Paket III Paket IV *Die Energieeinsparverordnung ... feger zählt im Jahr 2015 mehr als 5,6 Millionen

Kapitel 5

13 Massnahmen gegen Energieverschwendung im Heizungskeller · Seite 17

Energieeinsparverordnung (EnEV) und Erste Bundes-Immissionsschutzverordnung (1. BlmSchV)

Aus der obigen Analyse wird geschlossen, dass ein Paket an Änderun-gen im Ordnungsrecht erforderlich ist, um die Marktdynamik im Be-reich Heizungsoptimierung anzukurbeln. Dabei ist es besonderswichtig, Pfadabhängigkeiten zu vermeiden, wenn ein auszutau-schender Kessel „mal eben“ gegen einen fossilen modernen Kesselausgetauscht wird. Durch solche Lock-In-Effekte wird eine Chance füreine klimaneutrale Wärmeversorgung verpasst.

Um diese beiden Anforderungen zu verknüpfen, werden folgende Vorschläge gemacht:

Vorschlag 1:§ 10 EnEV ist dahingehend zu ändern, dass alle 30 Jahre alten Heizkessel, die mit flüssigen oder gasförmigen Brenn-stoffen beschickt werden, außer Betrieb genommen werdenmüssen. Ab einem gewissen Zeitpunkt dürfen zudem alleKessel mit schlechter Effizienzklasse nicht mehr betriebenwerden. Anstelle der unverzüglichen Außerbetriebnahmewird eine Frist von 2 Jahren gewährt, wenn ein Sanierungs-fahrplan vorgelegt wird.

Begründung:Die bisherigen Ausnahmevorschriften in der EnEV zumBetriebsverbot alter Kessel lassen die Verpflichtung de facto leer lau-fen. Wie aufgezeigt, wird nur ein sehr kleiner Anteil des 30 Jahre altenHeizkesselbestandes von der Nachrüstverpflichtung erfasst. Dies wi-derspricht dem Gesetzeszweck in § 1 EnEV, bis zum Jahr 2050 einennahezu klimaneutralen Gebäudebestand zu erreichen.

Um einen klimaneutralen Gebäudebestand und die energiepoliti-schen Ziele zu erreichen, müssen deutlich mehr alte Heizkessel aus-getauscht werden als bisher. Die zuvor aufgezeigte Austauschratesollte auf 7 Prozent verdoppelt werden. Insbesondere durch dieAusnahmevorschrift für Ein- und Zweifamilienhäuser nach § 10 Abs.4 EnEV werden viele 30 Jahre alte Heizkessel nicht erfasst. Der Kessel-tausch ist aber insbesondere auch bei Ein- und Zweifamilienhäuserngrundsätzlich wirtschaftlich.

Die Wirtschaftlichkeit des Austausches alter Heizkessel wird im Folgen-den für verschiedene Rahmenbedingungen untersucht (vgl. Tabelle 2).Es wird unterstellt, dass ein vorhandener Konstant- oder Niedertempe-ratur-Heizkessel gegen ein neues Brennwertgerät ausgetauscht wird.Aus ökologischer Sicht amortisiert sich dieser Austausch in der Regelnach wenigen Jahren, auch wenn der Mehraufwand bei der Herstellungdes modernen Kessels berücksichtigt wird. Die Frage ist, inwieweit derAustausch auch wirtschaftlich ist, selbst wenn das alte Gerät noch nichtabgeschrieben ist, sondern erst zwei Drittel seiner technischen Nut-zungsdauer verstrichen sind. Durch den vorzeitigen Austausch entste-hen Kosten, die über den ohnehin erforderlichen Instandhaltungsauf-wand hinausgehen, in Höhe von einem Drittel (in diesem Beispiel) derInstallationskosten des neuen Kessels. Diese Aufwendungen werdenden Brennstoffeinsparungen durch den Kesseltausch und die Optimie-rung gegenübergestellt. Als Maß für die Wirtschaftlichkeit dient diestatische Amortisationsdauer. Eine dynamische Betrachtung ist wegender meist kurzen Amortisationsdauern nicht erforderlich. Die Berech-nung wurde für vier reale Gebäude durchgeführt: ein Einfamilienhaus(1989), ein großes Zweifamilienhaus (1970) und zwei Mehrfamilien-häuser (1950 und 1880). Als vorhandener Wärmeerzeuger wurde je einNiedertemperatur- oder ein Konstanttemperaturkessel angesetzt, sodass insgesamt acht Beispiele gerechnet wurden.

Im ersten und zweiten der acht Beispiele liegt die Amortisationszeitunannehmbar hoch (21,3 und 10 Jahre). Hier ergänzen sich mehrereungünstige Faktoren: niedriger Heizwärmeverbrauch, schlechtereBrennwertnutzung in Ölheizungen und geringer Heizölpreis. Die an-deren Berechnungen zeigen, dass der Austausch von Gas-Konstant-temperaturkesseln in allen Fällen in weniger als vier Jahren amortisiertist. In größeren Gebäuden liegt sie sogar unter zwei Jahren. Dabei sindFördermittel für den Einbau von Brennwertkesseln in der Berechnungnicht berücksichtigt. Die Kosten der eingesparten Energie reichen vonknapp 1 ct/kWh bis zu 20 ct/kWh. Sensitivitätsrechnungen mit einemminimal anzunehmenden Energiepreis von 4 ct/kWh bzw. einem ma-ximalen Energiepreis von 12 ct/kWh zeigen, wie groß die Bandbreiteder statischen Amortisationszeit bzw. der Kosten je eingesparter Ener-gie ist.

Paket I

Page 18: 13 Maßnahmen gegen Energieverschwendung im Heizungskeller · Paket I Paket II Paket III Paket IV *Die Energieeinsparverordnung ... feger zählt im Jahr 2015 mehr als 5,6 Millionen

13 Massnahmen gegen Energieverschwendung im Heizungskeller · Seite 18

Kapitel 5

Tabelle 2: Amortisationszeiten und Kosten der eingesparten kWh eines vorzeitigen Kesseltauschs (Energiepreis: 6 bzw. 7,5 Ct/kWh Hifür Heizöl bzw. Erdgas) (Berechnungen ifeu in IZES, ifeu, FÖS 2016, Methodik in Anlehnung an Mailach und Oschatz 2012)

Ausgangszustand

Energiesparmaßnahme

Nutzfläche AN (m2)

spez. Heizwärmebedarf (kWh/m2a)

spez. Wärmebedarf TWE (kWh/m2a)

Kesselleistung (kW)

Endenergiebedarf alter Kessel (kWh/m2a)

Endenergiebedarf neuer Kessel (kWh/m2a)

Einsparung (kWh/m2a)

Einsparung Energiekosten (€)

Ersatzinvestition (€)

Investition Energiesparmaßnahme (€)

Investitionsmehrkosten(Restwert: 1/3) (€)

Kosten je eingesparter Energie €/kWh

statische Amortisationszeit (a)

statische Amortisationszeit bei 4 ct/kWh (a)

statische Amortisationszeit bei 12 ct/kWh (a)

Brennwertkessel Heizöl

184,2

109,3

12,5

ca. 11

freistehendes EFH

NT-KesselHeizöl

KT-KesselHeizöl

Brennwertkessel Erdgas

471,9

114,5

12,5

ca. 37

NT-KesselHeizöl

KT-KesselHeizöl

NT-KesselHeizöl

KT-KesselHeizöl

Brennwertkessel Erdgas

1.336,6

157,6

12,5

ca. 97

NT-KesselHeizöl

KT-KesselHeizöl

freistehendes ZFH gross

MFH zweiseitig angebaut 1950

MFH zweiseitig angebaut 1880

Brennwertkessel Erdgas

1.081

128,4

12,5

ca. 73

92.236

59.196

33.040

2.478

14.700

17.600

5.867

0,02

2,4

4,4

1,5

239.508

191.815

47.693

3.577

21.900

26.200

8.733

0,02

2,4

4,6

1,5

309.752

191.815

117.937

8.845

21.900

26.200

8.733

0,009

1,0

1,9

0,6

306.27

233.654

72.617

5.446

24.200

29.000

8.067

0,02

1,5

2,8

0,9

334.938

233.654

101.284

7.596

24.200

29.000

8.067

0,01

1,1

2,0

0,7

27.354

23.825

3.529

212

11.250

13.500

4.500

0,16

21,3

31,9

10,6

31.345

23.825

7.520

451

11.250

13.500

4.500

0,07

10,0

15,0

5,0

82.592

59.196

23.396

1.755

14.700

17.600

5.867

0,03

3,3

6,3

2,1

Page 19: 13 Maßnahmen gegen Energieverschwendung im Heizungskeller · Paket I Paket II Paket III Paket IV *Die Energieeinsparverordnung ... feger zählt im Jahr 2015 mehr als 5,6 Millionen

Kapitel 5

13 Massnahmen gegen Energieverschwendung im Heizungskeller · Seite 19

Die Wirtschaftlichkeitsberechnungen zeigen, dass das aktuelle Preis-gefüge der Energieträger durchaus Fehlanreize geben kann. Es sollteso umgestaltet werden, dass durch wirtschaftliche Vorteile deutlicheImpulse für die Nutzung erneuerbarer Energien gegeben werden.Dies kann durch verschiedene Arten von Preisaufschlägen realisiertwerden, wie zum Beispiel durch eine neu ausgerichtete Energie-steuer oder andere Zuschläge.

Neben den 30 Jahre alten Heizkesseln sollten zeitlich gestreckt auchKessel mit schlechter Energieeffizienzklasse nicht mehr betriebenwerden dürfen. Denkbar wäre hier der Austausch von z.B. Kesselnmit Effizienzklasse D und schlechter. Hierdurch könnten Standard-kessel adressiert werden. Um darüber hinaus auch Niedertempera-turkessel zu erreichen, sollte sich die Austauschpflicht zu einem spä-teren Zeitpunkt auch auf Kessel der Klasse C erstrecken. Bis zum Jahr2030 sollten damit alle Kessel mit schlechter Energieeffizienzklasseausgetauscht sein.

Im Rahmen einer Härtefallregelung kann im Einzelfall vorgesehenwerden, dass eine Kessel-Außerbetriebnahme keine angemesseneEinsparung erbringt und die Möglichkeit besteht, dass Betroffenevon der Verpflichtung befreit werden.

Eine 2-Jahres-Frist für den Kesseltausch zu gewähren, wenn ein Sa-nierungsfahrplan vorgelegt wird, verfolgt das Ziel, den Eigentümer*-innen die Erarbeitung einer ganzheitlichen Strategie nahezulegen.Die Außerbetriebnahmepflicht überfordert in der Praxis viele: Besit-zer*innen werden allein gelassen mit der Information, dass sie denKessel nicht weiter betreiben dürfen. Eine qualifizierte unabhängigeBeratung muss schon zeitlich vor der konkreten Anschaffung einesneuen Heizkessels ansetzen. Denkbar wäre es beispielsweise, denHeizkesseltausch mit weiteren Sanierungsmaßnahmen zu verbin-den und dadurch den Kessel kleiner oder effizienter ausgestalten zukönnen. Ein Sanierungsfahrplan würde gewährleisten, dass der neueHeizkessel zum künftigen Gebäudekonzept passt und dass alterna-tive Wärmeerzeugung ins Kalkül gezogen werden. Der befürchteteLock-In-Effekt durch einen planlosen Kesseltausch wäre somit zuver-lässig vermieden. Als Nebeneffekt können damit die Fachhandwer-ker*innen, die für die verpflichteten Betreiber*innen in der Regel alsvertrauensvoll empfunden werden, vor Ort an der Beratung effekti-

ver beteiligt werden. Damit kann auch die Akzeptanz der beteiligtenGewerke für die Maßnahmen gesteigert werden.

Vorschlag 2: Optimierung des Gesamtheizungssystems – Ausweitung der Nachrüstpflichten um wirtschaftlich geringinvestive Maßnahmen.

Begründung:Der Austausch von Umwälzpumpen und das Verschlie-ßen von Lüftungsöffnungen stellen wirtschaftlich geringinvestiveMaßnahmen dar, die die Effizienz insgesamt jedoch erheblich stei-gern können. Insbesondere beim Einbau von Brennwertkesseln istbeispielsweise darauf zu achten, dass alle Komponenten richtig ein-gestellt sind. Nur so kann das Einsparpotenzial optimal genutzt wer-den. Eine Ausweitung der Nachrüstverpflichtungen ist vor diesemHintergrund gerechtfertigt.

Das Betriebsverbot für alte Heizkessel, als primäre Nachrüstpflicht,sollte zum Anlass genommen werden, das Heizungssystem insge-samt zu optimieren. An diesen Anlass anknüpfend sollten geringin-vestive Maßnahmen als weitere Nachrüstpflichten in die EnEV auf-genommen werden.

Pumpen für flüssige Medien in Heizungs- und Warmwassersystemensind auszutauschen, sofern sie über eine oder mehrere feste Leis-tungsstufen verfügen. Sie sind durch geeignete Pumpen zu ersetzen.Diese Maßnahme amortisiert sich wirtschaftlich in der Regel bereitsnach wenigen Jahren. Der Einspareffekt tritt nicht nur durch den ge-ringeren Stromverbrauch ein, sondern auch durch die Anpassung derFördermenge an den Bedarf.

Be- und Entlüftungsöffnungen in Aufstellräumen von Wärmeerzeu-gern sind zu verschließen, soweit nicht Anforderungen an die Ver-brennungsluftversorgung dem entgegenstehen. Viele moderne Wär-meerzeuger benötigen keine Be- oder Entlüftungsöffnungen mehr.Werden sie nicht verschlossen, können große Mengen Wärme durchsie verloren gehen. Die Anforderung betrifft alle ins Freie führendenÖffnungen durch Wände, Decken oder über Schächte.

Page 20: 13 Maßnahmen gegen Energieverschwendung im Heizungskeller · Paket I Paket II Paket III Paket IV *Die Energieeinsparverordnung ... feger zählt im Jahr 2015 mehr als 5,6 Millionen

13 Massnahmen gegen Energieverschwendung im Heizungskeller · Seite 20

Kapitel 5

Vorschlag 3: Dimensionierung als Anforderung in der EnEV und Stärkungdes Vollzugs der EnEV durch Einführung eines verpflichten-den Nachweises über die funktionsgerechte Dimensionie-rung von Wärmeerzeugern und Heizkörpern.

Begründung:Wärmeerzeuger und Wärmeübergabe müssen an dieAnforderungen des Gebäudes angepasst sein, um bestimmungsge-mäß funktionieren zu können. In der Praxis sind Wärmeerzeuger sehrhäufig überdimensioniert, was zu hohen Teillastanteilen oder tak-tendem Betrieb führt. Beides verringert die Effizienz. Auch die Kom-ponenten für die Wärmeübergabe – zumeist Heizkörper und Ther-mostatventile – müssen entsprechend der Heizlast der jeweiligenRäume ausgelegt werden. Die Vorlauftemperatur wird jedoch meistso eingestellt, dass auch der kleinstdimensionierte Heizkörper imHeizkreis noch warm wird. Für die anderen Heizkörper ist sie dannentsprechend zu hoch. Sie sind dadurch schlechter regelbar. Mit derVorlauftemperatur steigen auch die Verteilungsverluste.

Gemäß §14 Abs. 2 EnEV müssen heizungstechnische Anlagen beimEinbau in Gebäude mit selbsttätig wirkenden Einrichtungen zur raum-weisen Regelung der Raumtemperatur ausgestattet werden. Sind sol-che Einrichtungen bei bestehenden Gebäuden nicht vorhanden, müs-sen die Eigentümer*innen sie nachrüsten. Diese Anforderung kann einfalsch dimensioniertes System allenfalls zufällig erfüllen. Thermostat-ventile können nur in einem begrenzten Druck- und Temperaturspek-trum selbsttätig funktionieren, da Regelbereich und -genauigkeit be-grenzt sind. Falsch dimensionierte Heizsysteme erfüllen damit nichtdie EnEV-Anforderung. Die vertragsrechtliche Regelung in der Vergabe-und Vertragsordnung für Bauteile, Teil C (VOB/C) DIN 18 380 formuliert:„Der Auftragnehmer (also der Heizungsbauer) hat die Anlagenteile soeinzustellen, dass die geplanten Funktionen und Leistungen erbrachtund die gesetzlichen Bestimmungen erfüllt werden.“ Beides ist infalsch dimensionierten Anlagen nicht gegeben. Die geplante Funktionbesteht nicht nur darin, dass es warm wird, sondern schließt eine effi-ziente Betriebsweise mit ein. Es wird vorgeschlagen, dies ausdrücklichin der EnEV festzuschreiben: „Anlagen der Heizungs-, Kühl- und Raum-lufttechnik sowie der Warmwasserversorgung sind grundsätzlich sozu dimensionieren, einzustellen und zu betreiben, dass sie ihre Funk-tion mit einem möglichst geringen Energieeinsatz erbringen können“.

Die Überprüfung durch die Bezirksschornsteinfeger*innen, ob dieAnforderungen eingehalten werden, ist bereits in der EnEV geregelt.Diese weisen auf etwaige Verstöße hin und können die Anlagen still-legen, wenn sie nicht innerhalb einer Frist nachgebessert wurden.Zusätzlich kann eine Geldbuße verhängt werden. Die funktionsge-rechte Dimensionierung von Wärmeerzeugern und Wärmeübergabesollen die Eigentümer*innen künftig durch Vorlage der entsprechen-den Berechnungsunterlagen nachweisen. Diese müssen mindes-tens eine Berechnung der Heizlast der einzelnen Räume umfassensowie einen Nachweis über die Nennleistung des installierten Wär-meerzeugers und der installierten Heizkörper.

Vorschlag 4:Bei Neuinstallation eines Kessels muss die Zukunfts- offenheit der Hausplanung mit einer Checkliste geprüft werden.

Begründung: Bei einer isolierten Betrachtung nur der Wärmever-sorgung eines Gebäudes besteht die Gefahr, die zeitliche Entwick-lung des Gebäudes außer Acht zu lassen, auch wenn sie bereits absehbar ist. Mit einer Checkliste können die Risiken einer zu kurz-sichtigen Investitionsentscheidung vermindert werden. Häufig auf -tretende Situationen können somit für alle Gebäude übertragen wer-den, wie zum Beispiel:

• Sind innerhalb der technischen Nutzungsdauer des neuen Wär-meerzeugers bereits Maßnahmen an dem Gebäude geplant, die zueiner verminderten Heizlast führen (z. B. Dämmen, Abdichten, An-bau, Aufstockung)? Wie kann der neue Wärmeerzeuger an die ver-änderte Heizlast angepasst werden?

• Ist bereits eine Änderung des Verhaltens der Nutzer*innen inner-halb der technischen Nutzungsdauer des neuen Wärmeerzeugersabsehbar (z.B. geänderte Personenzahl durch Einzug oder Auszug,andere Komforterwartungen von alten Menschen oder Kindern)?Gibt es Anlagenkomponenten, die schon entsprechend ausgelegtwerden müssen (z. B. kleinerer Brauchwasserspeicher)?

Page 21: 13 Maßnahmen gegen Energieverschwendung im Heizungskeller · Paket I Paket II Paket III Paket IV *Die Energieeinsparverordnung ... feger zählt im Jahr 2015 mehr als 5,6 Millionen

Kapitel 5

13 Massnahmen gegen Energieverschwendung im Heizungskeller · Seite 21

• Kann bereits eine spätere Nutzung von erneuerbaren Energien vor-bereitet werden (z. B. Solarspeicher, Pufferspeicher, Verlegen vonLeerrohren für spätere Installation einer Solarthermieanlage)

Eine Checkliste mit diesen und weiteren Fragen öffnet den zeitlichenHorizont der Beteiligten und hilft, die Investitionsentscheidung auchlangfristig abzusichern. Der Zentralverband Sanitär Heizung Klima(ZVSHK) bietet bereits eine große Auswahl von Checklisten an undsollte auch die Erstellung und Verbreitung dieser neuen Checklistefederführend übernehmen.

Vorschlag 5: Hinweispflicht auf erneuerbare Energien und Förderpro-gramme bereits bei Angebotserstellung.

Begründung: Ist ein Kessel außer Betrieb zu nehmen oder wird un-abhängig von der gesetzlichen Verpflichtung ein Kesselaustauschvorgenommen, sollten installierende Handwerker*innen und mit derPlanung Beauftragte oder Energieberater*innen bereits möglichstfrühzeitig – mindestens also bei der Angebotserstellung – auf dieNutzung erneuerbarer Energien bei der Wärmeerzeugung sowiediesbezüglich auf Fördermöglichkeiten hinweisen. Nur so kann dieoben beschriebene Pfadabhägigkeit vermieden werden.

In Anlehnung an allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) könnteauf einem schriftlichen Angebot zum Beispiel verpflichtend unddeutlich sichtbar aufzunehmen sein, dass über erneuerbare Energienbei der Wärmeerzeugung sowie entsprechende Fördermöglichkeiteninformiert wurde. Es könnten anzukreuzende Kontrollkästchen mitverschiedenen diesbezüglichen Optionen vorgesehen werden, dieAnbieter*innen auszufüllen haben.

Vorschlag 6: Vollzugsrechtliche Flankierung der EnEV-Anforderungen.

Begründung: Die Anforderungen der EnEV müssen entsprechendvollzugsrechtlich flankiert werden, um tatsächlich Wirkung zu ent-falten. Die Nichterfüllung der hier vorgeschlagenen zusätzlichen Ver-pflichtungen sollten mit in die Ordnungswidrigkeiten nach §27 EnEVaufgenommen werden. Zu weiteren Vollzugsverbesserungen wer-den derzeit in einem laufenden Projekt des ifeu Überlegungen ange-stellt.

Vorschlag 7: Für Heizungen oberhalb einer gewissen Leistungsgrenze wird eine verpflichtende Inbetriebnahmemessung über einen gewissen Zeitraum (bspw. 30 Tage) gefordert. Für klei-nere Gebäude könnte eine vereinfachte Messung, etwa einBrennwertcheck, gefordert werden.

Begründung:Messungen zeigen, dass viele Heizungsanlagen nichtfunktionsgerecht laufen (Wolter, 2016). Der „Brennwert-Check“ derVerbraucherzentralen zeigte beispielsweise auf, dass zwei Drittel derBrennwertkessel ihr Potenzial nicht ausschöpfen, da sie nicht richtigeingestellt sind (Verbraucherzentrale, 2011). Zudem gibt es derzeitwenige Zeitreihen, die Aufschlüsse über Ursachen zu hoher Verbräu-che erlauben.

Bislang gibt es im Rahmen der Inbetriebnahme von Kesseln keineAnforderung an eine systematische Inbetriebnahme,wie sie etwavom Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen (BNB) des Bundesum-weltministeriums verlangt wird. Dies umfasst die Abstimmung derhaustechnischen Komponenten und eine anschließende Betriebs-optimierung. Hier kann ein standardisiertes Übergabeprotokoll alsVollzugskontrolle und Qualitätssicherung eingesetzt werden, aufdem u. a. die Anforderungen der Nutzer*innen als Vorgabewerte fürdie Regeleinstellungen dokumentiert werden. Auch eine Mess- oderInspektionspflicht, die die ordnungsgemäße Funktionsweise der Hei-zungsanlage überprüft, existiert nicht.

Page 22: 13 Maßnahmen gegen Energieverschwendung im Heizungskeller · Paket I Paket II Paket III Paket IV *Die Energieeinsparverordnung ... feger zählt im Jahr 2015 mehr als 5,6 Millionen

13 Massnahmen gegen Energieverschwendung im Heizungskeller · Seite 22

Kapitel 5

In Anlehnung an die Inspektionspflicht nach § 12 EnEV für Klimaan-lagen könnte auch eine entsprechende Inspektionspflicht für Heiz-kessel in der EnEV verankert werden, die eine 30-Tage-Messung inregelmäßigen Abständen und einen Inspektionsbericht zur Zusam-menfassung von Ergebnissen der Überprüfung sowie fachliche Hin-weise und Maßnahmen vorschreibt.

Auch für kleine Gebäude könnten vereinfachte Messvorschriften ver-pflichtend gemacht werden (beispielsweise ein verpflichtenderBrennwertcheck, ein Solarertragscheck bei Sonnenschein bzw. eineÜberprüfung der Jahresarbeitszahl nach einem Jahr, so wie sie imMarktanreizprogramm derzeit vorgesehen ist).

Vorschlag 8: Schrittweise Absenkung der Grenzwerte für Abgasverluste in der 1. BImSchV auf 8 Prozent.

Begründung: Die derzeit geltenden Grenzwerte für Abgasverluste(z.B. 11 Prozent bei einer Nennleistung von 4 bis 25 kW) werden mitt-lerweile von fast allen Kesseln eingehalten. Selbst Kessel mit 9 ProzentAbgasverlusten sind jedoch bereits als austauschwürdig zu bezeich-nen. Deshalb sollten die Grenzwerte für Abgasverluste je Anlagen-klasse um mindestens 2 Prozentpunkte abgesenkt werden. In derKlasse zwischen 4 und 25 kW sollte der Grenzwert auf 9 Prozent gesenkt werden.

60

Sporadischer Leistungs-verlust der Ladepumpe

80 % Ausfall der Ladepumpe25 C° WW

Mangelmeldung durch Beta Zentrale erkannt + Beauftragung Monteur

Nach 14 Std. gegen 7 Uhr bei Eintreffen des Monteurs WW wieder auf 55 C°

Monteur hätte keine Mängel erkannt und wärewieder gegangen!

Außentemperatur WW RL WW sek VL

Abbildung 4: Beispiel: Diagnostische Fehlererkennung durch kontinuierliche Messtechnik (Wolter 2016, eigene Darstellung)

Zu Beginn der Messung stark schwankende WW Temperatur 43 –56°C

messtechnische Feststellung in Beta Visio

22. Jan. 23. Jan. 24. Jan. 25. Jan. 26. Jan. 27. Jan. 28. Jan. 29. Jan. 30. Jan.

Temperatur (°C)

50

4030

2010

0-10

-20

Page 23: 13 Maßnahmen gegen Energieverschwendung im Heizungskeller · Paket I Paket II Paket III Paket IV *Die Energieeinsparverordnung ... feger zählt im Jahr 2015 mehr als 5,6 Millionen

Kapitel 5

13 Massnahmen gegen Energieverschwendung im Heizungskeller · Seite 23

Vorschlag 9: Einführung eines verpflichtenden Wärmemengenzählers füralle Heizungen mit einem einfach verständlichen Interface.Bei Wärmepumpen muss zudem die Jahresarbeitszahl undder Heizstabeinsatz ausgewiesen werden. Außerdem mussbei allen Kesseln die Taktzahl aufgenommen werden.

Begründung: Wärmeerzeuger funktionieren traditionell als Black-box. Verbraucher*innen erhalten keinerlei Rückmeldung über derenEffizienz, über schleichende Fehler, falsche Einstellungen oder Ver-besserungsmöglichkeiten. Ein systematisches Rollout von digitalenWärmemengenzählern mit Feedback-Möglichkeiten würde Funkti-onskontrollen ermöglichen.

Dazu sollte die maßgebende Kenngröße in der obersten Menüebeneder Heizungsregelung angezeigt werden. Der tatsächliche Ertrag so-larthermischer Anlagen könnte mit Wärmemengenzählern über-prüft werden. Hier besteht die Gefahr, dass Fehlfunktionen oder so-gar ein Ausfall der Anlage nicht überprüft werden können.

Bei Brennwertgeräten könnte die tatsächliche Brennwertnutzunggemessen und angezeigt werden. Sie ist ein wichtiges Kriterium fürdie Effizienz und stark von den individuellen Gegegenheiten undvom Verhalten der Nutzer*innen abhängig. Brennwertgeräte sindteurer als Niedertemperaturkessel. Die Verbraucher*innen erwartendafür eine höhere Effizienz und sollten sie auch kontrollieren können.

Wärmepumpen sollten mit Wärmemengenzählern ausgestattetwerden und intern die momentanen Jahresarbeitszahlen berechnenund anzeigen. Dabei sollte der gleiche Bilanzrahmen gezogen wer-den, der auch für die Förderung im Marktanreizprogramm vorgese-hen ist. Somit können Verbraucher*innen die Einhaltung der Effizienz -anforderungen selbst überprüfen. Gerade beim Heizen mit Stromkann eine nicht erkannte ineffiziente Betriebsweise zu hohen Kostenund Umweltbelastungen führen. Zusätzlich sollten Wärmepumpen

automatisch und deutlich sichtbar anzeigen (und die Kund*innenentsprechend informieren), wenn der Heizstab einen signifikantenenergetischen Anteil übernimmt.

Die Anzahl der Anfahrvorgänge (Taktzahl) von Wärmeerzeugern istebenfalls ein wichtiges Kriterium für die richtige Regelung von Hei-zungsanlagen und sollte daher bei allen Wärmeerzeugern leicht ab-gelesen werden können. Feedback-Systeme ermöglichen zum einen,technische Optimierungmöglichkeiten zu identifizieren, aber zumanderen auch eine Steigerung des Bewusstseins der Verbraucher*in-nen für den Energieverbrauch. So wie beim Auto der Verbrauch je100 Kilometer eine selbstverständliche und interessante Informationist, sollte die Effizienz von Wärmeerzeugern den Verbraucher*innenvor Augen geführt werden. Immerhin kann hier oft mehr Geld ge-spart werden als durch eine sparsame Fahrweise.

Digitale Messtechnik erlaubt auch gebäudediagnostische Verfahren,etwa die Energieanalyse aus dem Verbrauch, die auf Basis mindes-tens monatlich erfasster Verbräuche Aussagen über die Qualität derGebäudehülle treffen kann. Diese Informationen können bei Ent-scheidungen z.B. über weitere Dämm-Maßnahmen am Gebäudesehr hilfreich sein.

Die Integration dieser Messtechnik in Produkte ist in der Regel äu-ßerst kostengünstig zu bewerkstelligen und amortisiert sich in kurzer Zeit.

Ökodesign-RichtliniePaket II

Page 24: 13 Maßnahmen gegen Energieverschwendung im Heizungskeller · Paket I Paket II Paket III Paket IV *Die Energieeinsparverordnung ... feger zählt im Jahr 2015 mehr als 5,6 Millionen

13 Massnahmen gegen Energieverschwendung im Heizungskeller · Seite 24

Kapitel 5

Vorschlag 10: Heizkostenverordnung und Energierechnung transparentergestalten.

Begründung: Für viele Mieter*innen und Eigentümer*innen im An-wendungsbereich der Heizkostenverordnung sind die Heizkostenkaum nachvollziehbar oder überprüfbar, weil die Vorgaben zur Kos-tenverteilung komplex und die Darstellungen unübersichtlich sind.Damit einher geht in der Regel auch, dass Einsparbemühungen unddas jeweilige Nutzungsverhalten nicht erkennbar sind. Durch eineWeiterentwicklung der Heizkostenverordnung kann es Bewohner*-innen erleichtert werden, ihren Heizverbauch einzuordnen und so inder Folge zu Einsparungen motiviert zu werden.

Zum Beispiel die Einführung von Kennzahlen oder eine stufenweiseKlassifizierung erhöhen die Transparenz. Auch das zeitliche Zusam-menlegen von Verbrauch und Verbrauchskosten kann zusätzliche

Einsparungen anreizen: Eine verkürzte Abrechnungsfrist, zum Bei-spiel viertel- oder halbjährliche Abrechnungen, kann Verbraucher*in-nen deutlicher machen, wie sich ihr Heizverbrauch auf die Kostenauswirkt. In dieselbe Richtung zielt der Vorschlag, bei leitungsge-bundenen Energieträgern, die Rechnungstellung an bestimmte An-lässe zu knüpfen. Dies könnte eine bestimmte Verbrauchsmengeoder ein Geldbetrag sein. Die Kund*innen könnten zum Beispiel im-mer dann eine Rechnung erhalten, sobald sie Energie für 200 Euroverbraucht haben. Darüber hinaus sollten Abrechnungen verständ-licher graphisch aufbereitet werden (zum Beispiel durch Einordnungdes Verbrauchs in Farbklassen) und Nachzahlungen sowie Kostener-stattungen interpretiert werden. Das heißt entsprechende Kosten-verschiebungen sollten auf der Abrechnung in Verbindung zu Ener-giekostensteigerungen oder -senkungen, Witterungseinflüssen, An-gebotswechsel etc. gesetzt werden (vgl. auch Öko-Institut undco2online, 2016).

Vorschlag 11: Optimierung der Ausbildung.

Begründung: Vielfach wird kritisiert, dass die Fachkenntnisse desHandwerks nicht dem Stand der Technik entsprechen. Des Weiterenist beim Handwerk eine starke Tendenz zur Festlegung auf einzelneTechniken und Methoden zu beobachten.

Ein modulartig aufgebauter Ausbildungsweg, in dem individuellAusbildungsschwerpunkte gewählt werden können und für die spe-zielle Möglichkeiten zur Zertifizierungn bestehen, kann hier Fort-

schritte bringen. Verpflichtende Weiterbildungen, die in zeitlich re-gelmäßigen Abständen und mit Fokussierung auf technische Neue-rungen und Effizienzsteigerung angeboten werden, könnten einerzu starken Festlegung auf einzelne Techniken und Methoden entge-gen wirken.

QualitätsoffensivePaket IV

HeizkostenverordnungPaket III

Page 25: 13 Maßnahmen gegen Energieverschwendung im Heizungskeller · Paket I Paket II Paket III Paket IV *Die Energieeinsparverordnung ... feger zählt im Jahr 2015 mehr als 5,6 Millionen

Kapitel 5

13 Massnahmen gegen Energieverschwendung im Heizungskeller · Seite 25

Vorschlag 12: Unabhängiges Controlling.

Begründung: Indem unabhängige Dritte eingebunden werden, kannsichergestellt werden, dass die Heizanlage in der Weise funktioniert,für die sie ausgelegt ist. Ein Großteil der Brennwertkessel ist beispiels-weise falsch eingestellt und bleibt in der Folge hinter den Effizienz-möglichkeiten zurück (Verbraucherzentrale, 2011).

Diese Aufgabe kann in Anlehnung an die TÜV-Sachverständigen vonden Schornsteinfeger*innen wahrgenommen werden. Der Nachweiskann durch Vorlage eines Einstellungsprotokolls der Heizungs bau -er*innen erfolgen, in dem diese bestätigen, dass die Regelung nachden Vorgaben der Eigentümer*innen (Zeitprogramme, zum BeispielAbsenkzeiträume, Warmwasserzeiträume u. ä.) und den Anforderun-gen der EnEV eingestellt wurde. Das Protokoll darf nicht älter als 3Jahre sein. Mittelfristig sollten, soweit möglich, Standardparameterin Abhängigkeit von bestimmten Gebäudetypen ermittelt und in derEnEV verankert werden. Wo solche Parameter nicht allgemeingültigformuliert werden können, sollte auf den Stand der Technik verwie-sen werden.

Vorschlag 13: Aufklärungsmaterialien zum richtigen Heizen.

Begründung: Zwar gibt es schon eine ganze Reihe von Aufklärungs-materialien zum richtigen Heizen – insbesondere Tipps wie Stoßlüf-ten im Winter, Raumtemperatursenkungen oder das Entlüften derHeizung dürften vielen bekannt sein. Damit Aufklärungsmaterialienihre Wirkung entfalten können, bedarf es allerdings einer zielgerich-teten spezifischen Informationsaufbereitung. Je nach der Situation,in der sich die Endverbraucher*innen befinden, sollten Informations-angebote ansetzen.

Bei Verbraucher*innen, die sich noch überhaupt nicht mit demThema befasst haben, sollte anhand von Informationen zunächstein Problembewusstsein geschaffen werden. Dieses kann beispiels-

weise durch entsprechend vermarktete Online-Angebote wie der„Heizspiegel“, aber auch Vor-Ort-Informationen geschaffen werden.Angebote, die eine Vergleichbarkeit mit Heizanlagen anderer Ver-braucher*innen herstellen und damit unter Umständen Defizite er-kennbar machen, erscheinen hier besonders wirksam.

Verbraucher*innen, die sich bereits mit dem Austausch eines Heiz-kessels oder mit Sanierungsmaßnahmen beschäftigt haben, solltenmithilfe von Aufklärungsmaterialien zum Umsetzen der Maßnah-men animiert und in der Ausführung mit weiterführenden Informa-tionsangeboten begleitet werden (Informationen zu Fördermöglich-keiten, Ansprechpartner*innen vor Ort etc.).

Besonders hohe Akzeptanz können entsprechend aufbereitete Infor-mations- und Aufklärungsmaterialen von Bundes- und Landesbe-hörden bei Verbraucher*innen hervorrufen.

Vielfach wird das bereits vorhandene Informationsangebot auch alsunübersichtlich und verwirrend empfunden. Ist für die Verbrau -cher*innen nicht ersichtlich, worauf zum Beispiel bestimmte Checksberuhen und warum etwa unterschiedliche Tools zu anderen Ergeb-nissen führen, wird wertvolles Vertrauen verspielt und entspre-chende Angebote verlieren ihren Effekt. Sogenannte Heizungschecksund ähnliche Angebote sollten von staatlichen Stellen, wie Bundes-wie Bundes- und Landesbehörden, besser vergleichbar gemachtwerden, indem überblicksartig aufgezeigt wird, was diese leistenund worauf sie beruhen.

Page 26: 13 Maßnahmen gegen Energieverschwendung im Heizungskeller · Paket I Paket II Paket III Paket IV *Die Energieeinsparverordnung ... feger zählt im Jahr 2015 mehr als 5,6 Millionen

13 Massnahmen gegen Energieverschwendung im Heizungskeller · Seite 26

Kapitel 6/7

Nicht nur die Politik muss handeln. Auch der Markt ist gefragt. Vier Innovationen seien hier stellvertretend für verschiedene Ansätzegenannt:

• Bereits heute bilden sich weitere Vertriebskanäle für Heizungenaus, die mit einem offensiven, oft online-gestützten Marketingwettbewerblich wirken. Durch Cross-Selling und Direktvertriebwerden neue Märkte erschlossen.• Zugleich kommen neue Produkte auf den Markt, die klimafreundli-ches Verbrauchsverhalten vereinfachen oder neue Heizstrategienermöglichen. Beispielsweise Thermostatköpfe, die sich von der al-ten „I, II, III“-Logik verabschieden und den Nutzer*innen die ener-giesparende Einstellung durch eine Eco/Plus/Minus-Beschriftungerleichtern.

• Hybridheizungen, beispielsweise Kopplungen von Gasbrennwert-geräten und Wärmepumpen, erlauben flexiblere Betriebsweisen,die jeweils optimal auf die Jahreszeit, den Betriebspunkt und dieäußeren Rahmenbedingungen abgestimmt sind.• Energiedienstleistende könnten zukünftig, basierend auf digitalerMesstechnik, flächendeckend die Erfassung des Energieverbrauchsund die Optimierung des Betriebs von Heizungen anbieten. Fach-kräfte können zukünftig, unterstützt durch diese Diagnostik, Hei-zungen zielgerichteter optimieren.Solche Dienstleistungen können sich insbesondere auch an dieWohnungswirtschaft wenden, die von einem geringeren Energie-verbrauch indirekt profitiert. Schlüssel sind hier Stichworte wie dieLebensdauer der Heizanlagen zu verlängern, Verschleiß und War-tungskosten zu reduzieren sowie die Zufriedenheit der Bewoh -ner*innen zu steigern und Konfliktpotenzial zu senken.

6 Ideen des Marktes

Klar ist: Maßnahmen, welche die Effizienz der Heizung verbessern undden Anteil erneuerbarer Energien erhöhen, reichen allein nicht aus,um eine Wärmewende herbeizuführen. Hierzu sind vielmehr viele wei-tere Maßnahmen erforderlich:• Sanierungsfahrpläne zur systematischen Erarbeitung von kunden-nahen Sanierungsstrategien;• eine Reform der Abgaben und Steuern; eine Anpassung von Wohn-geld, Mietrecht und Sozialrecht zur fairen Verteilung von Kostenund Nutzen der Sanierung;• regionale Sanierungsnetzwerke als „One-Stop-Shop“ vor Ort mitgleichzeitiger Qualitätssicherung der Ausführung;• aber auch ein Blick, der auf die Quartiersversorgung, Wärmenetzeund zukünftige dezentrale Versorgungsstrukturen gerichtet ist.

Vorschläge hierzu sind von den Autor*innen gemacht worden (vgl.Prognos, ifeu, IWU, 2015; Pehnt und Nast, 2016). Der BUND hat ver-schiedene grundlegende Weiterentwicklungsideen in einer Positiondargelegt (BUND, 2015).

Das vorliegende Kurzgutachten sollte vielmehr am Beispiel der Heiz-kessel zeigen, wie eine konsequente Ausgestaltung der verschiede-nen Instrumente auch im Kleinen erforderlich und möglich ist. Wäh-rend die großen Weichen des Klimaschutzes im Gebäudebestandnach und nach gestellt werden, können so auch kurzfristig, mit ein-fachen Instrumenten und motivierten Beteiligten wichtige Impulsefür eine Wärmewende gegeben werden.

7 Vom Heizkessel zur Wärmewende: Weitere Massnahmen sind notwendig

Page 27: 13 Maßnahmen gegen Energieverschwendung im Heizungskeller · Paket I Paket II Paket III Paket IV *Die Energieeinsparverordnung ... feger zählt im Jahr 2015 mehr als 5,6 Millionen

Kapitel 8

• BBSR (2015). Erneutes Gutachten zur Umsetzung von Artikel 14 der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (Heizungs -inspektion). Bonn.

• BUND (2015). Energieeffizienz im Wärme und Strombereich. Berlin.https://www.bund.net/fileadmin/user_upload_bund/publikationen/bund/position/energieeffizienz_position.pdf

• Deutsche Bundesregierung (2014). Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Energieverbrauchskennzeichnungsgesetzes.

• DIBt (2011). Auslegungsfragen zur Energieeinsparverordnung – Teil 11. Berlin.

• DIBt (2011). Auslegungsfragen zur Energieeinsparverordnung – Teil 15. Berlin.

• Econcept (2016). Maßnahmenkatalog Klimapolitik 2030 für eine klimaverträgliche Schweiz. Zürich.

• Kahneman, D., Knetsch, J. L., & Thaler, R. H. (1991). Anomalies: The Endowment Effect, Loss Aversion, and Status Quo Bias. Journal of Economic Perspectives, 5(1), 193–206. http://doi.org/10.1257/jep.5.1.193

• Maas, A. (2010). Bestandsersatz als Variante der energetischen Sanie-rung. Berlin. Retrieved from Michael Basten 2010 – Bestandsersatz als Variante der energetischen.pdf

• Mailach, B., B. Oschatz (2012).Untersuchung zur weiteren Verschärfungder energetischen Anforderungen an Gebäude mit der EnEV 2012 – Anforderungen an die Anlagentechnik in Bestandsgebäuden. iTG Dres-den. Herausgeber: Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtent -wicklung (BMVBS)

• Öko-Institut und co2online (2016).https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/378/pu-blikationen/climate_change_01_2016_informative_und_transparente_heizkostenabrechnung_als_beitrag_fuer_den_klimaschutz.pdf

• Pehnt, M., Nast, M. (2016).Wärmewende 2017. Impulse für eine klima-freundliche Wärmeversorgung. böll brief.https://www.boell.de/sites/default/files/boellbrief_e-paper_waerme-wende.pdf. Zugriff 21.11.2016

• Prognos, ifeu, IWU (2015).Hintergrundpapier zur Energieeffizienz-Strategie Gebäude. Berlin, Heidelberg, Darmstadt.

• Reuscher, G., Ploetz, C., Yemets, Y., & Zweck, A. (2011).Mehr Wohl-stand – weniger Ressourcen. Instrumente für mehr Ressourceneffizienz in Wirtschaft und Gesellschaft.

• RKW Rationalisierungs-Kuratorium der Deutschen Wirtschaft (1994).K-Werte alter Bauteile. Eschborn.

• Samuelson, W., & Zeckhauser, R. (1988). Status quo bias in decision making. Journal of Risk and Uncertainty, 1(1), 7–59.http://doi.org/10.1007/BF00055564

• Statistisches Bundesamt (2010). Bestand und Struktur der Wohneinhei-ten – Fachserie 5 Heft 1 – Mikrozensus-Zusatzerhebung. Wiesbaden.

• Statistisches Bundesamt (2016). Fortschreibung des Gebäude- und Wohnungsbestandes – Lange Reihen – 1969 bis 2015. Wiesbaden.

• Verbraucherzentrale (2011). https://www.verbraucherzentrale-energie-beratung.de/downloads/Aktion_Brennwertcheck_Langfassung_Juli_2011.pdf

• Wolter, G. (2016): Initiative für die Wärmewende, ALFA – Anlageneffizienzgestern, heute- und morgen. Vortrag BBU, 11.10.2016

• ZIV (2016). http://www.schornsteinfeger.de/bilder_ziv/files/erhebun-gen2015.pdf

• ZUB Zentrum für umweltbewusstes Bauen (2009). Katalog regionalty-pischer Materialien im Gebäudebestand mit Bezug auf die Baualters-klasse und Ableitung typischer Bauteilaufbauten. Kassel.

8 Literaturverzeichnis

13 Massnahmen gegen Energieverschwendung im Heizungskeller d · Seite 27

Page 28: 13 Maßnahmen gegen Energieverschwendung im Heizungskeller · Paket I Paket II Paket III Paket IV *Die Energieeinsparverordnung ... feger zählt im Jahr 2015 mehr als 5,6 Millionen

Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e. V.Am Köllnischen Park 110179 Berlinwww.bund.net

Auftraggeber: