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13.07.2006 Natallia Boes 1 Meta-Indikation: Trainings- vs. entwicklungsorientierte Interventionsstile im Kontext von Veränderungsprozessen in der Psychotherapie Seminar: Theorie & Technik verschiedener psychotherapeutischer Ansätze Dozentin: Dr. C. Eichenberg

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Meta-Indikation: Trainings- vs. entwicklungsorientierte

Interventionsstile im Kontext von Veränderungsprozessen in der

Psychotherapie

Seminar: Theorie & Technik verschiedener

psychotherapeutischer AnsätzeDozentin: Dr. C. Eichenberg

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Inhalt

Praxeologie- Ebenen;- Manuale;- Indikation;- Planungsrelevante Parameter;- psychotherapeutische Ziele;- Ebenen der Wirklichkeit;- Biosemiotik.

TOIS vs. EOIS- TOIS;- EOIS;- Interventionsstile & -techniken; Regel N+1

„Rites de passage“

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Praxeologie

Praxislehre oder Praxeologie ist die Lehre von den konkreten Handlungsanweisungen in der Psychotherapie.

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Praxeologie: Ebenen

(1) Interventionstechniken (Mikroebene)

(2) Ablaufregeln der Therapieführung (Meso-Ebene)

(3) Therapiemanuale (Makro-Ebene)

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Praxeologie: Manuale

verfahrensspezifische Manuale- „Verwandtschaft“ mit Einheitstherapie

(„Universalmethologien“)- Gestattung der Adaptation für den Einzelfall

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Praxeologie: Manuale

störungsspezifische Manuale- Verhaltenstherapie;- Psychodynamische Traumatherapie:

- PITT (Psychodynamisch Imaginative Therapie, Reddemann)

- MPTT (Mehrdimensionale Psychodynamische

Traumatherapie, Fischer)

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Praxeologie: Manuale

ätiologieorientierte bzw. traumaspezifische Manuale „Kausale Psychotherapie“, Fischer

- Kriterien von Ätiologie, Pathogenese und nosologischer Ebene;

- Integration von technischen und verfahrens-typischen Verlaufsregeln

„psychodynamisch-dialektische“ Psychotherapie

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Praxeologie: Indikation

selektive Indikation- Patientenauswahl wird dem psychotherapeu-

tischen Verfahren angepasst;- günstigenfalls: Entsprechung von Therapie-

form und Menschenbild des Patienten;- ungünstigenfalls: „Hineinzwängung“ des

Patienten in eine ihm nicht passende „Philosophie“

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Praxeologie: Indikation

differentielle Indikation- Hervorhebung eines bevorzugten

Interventionsstils, z.B. TOIS vs. EOIS

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Praxeologie: Indikation

adaptive Indikation- Anpassung der psychotherapeutischen Intervention

in Stil und Inhalt dem einzelnen Patienten und seinen Bedürfnissen sowohl in der Phase der Therapieplanung wie auch im Therapieverlauf

- Erreichung der höchsten Stufe von Flexibilisierung;- Gefahr: Konzeptlosigkeit und „weißer Rausch“, statt

Struktur

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Praxeologie: Planungsrelevante Parameter

störungsspezifische Manuale adaptive Indikation

- Voraussetzung: die in den diagnostischen Manualen aufgeführten nosologischen Einheiten enthalten die für die Therapieplanung wesentlichen Parameter

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Praxeologie: Planungsrelevante Parameter

ätiologieorientierte Manuale:- Symptombezogene Planungsparameter werden dem

Kriterium der individuellen Lebensgeschichte und ätiologierelevanter Kontexte untergeordnet,

- Voraussetzung: der ätiopathogenetische Kontext eines Störungsbildes enthält planungsrelevante Informationen

- z.B. Psychotherapie von psychisch traumatisierten Patienten

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Praxeologie: psychotherapeutische Ziele

kurative Zielsetzung: - kausales, ätiologieorientiertes Vorgehen; palliative Zielsetzung: - Symptommilderung / -beseitigung; präventive Zielsetzung: - vor allem „sekundäre“ Prävention; - z.B. Trauma-Akutversion der MPTT (ambulant und stationär)

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Ebenen der Wirklichkeit

Psychologie kann definiert werden: - als Meta-Wissenschaft in Annäherung zu den

körperlich-organischen Vorgängen des Menschen und

- in hierarchischer Anordnung als das Supra-System der biologischen und physikochemischen Subsysteme, auf denen unsere biologische Existenz beruht.Auf jeder dieser Ebenen gelten unterschiedliche Gesetze oder Regeln.

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Ebenen der Wirklichkeit

physiko-chemische Ebene biologische Ebene psychosoziale Ebene

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Ebenen der Wirklichkeit: psysiko-chemische Ebene

„Naturgesetze“, Regelung durch: - statistische oder- außendetermenierte, funktionale

Abhängigkeiten

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Ebenen der Wirklichkeit: biologische Ebene

Selbstregulative, binnendeterminierte Vorgänge gleichen über einen komplexen Rückkoppelungsprozess die System-parameter an biologisch vorgegebene Sollwerte an.

Biologische Normen sind im genetischen Code in ihrer Spielraumbreite festgelegt.

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Ebenen der Wirklichkeit: psychosoziale Ebene

Soziale Regeln gelten als implizite oder explizite Norm.

(1) Funktionelle (strukturelle) Norm:

Es wird ein Ist-Zustand mit einem vorgegebenen Sollwert verglichen, z.B. viele Normwerte der körperlich-biologischen Selbstregulierung (Blutdruckregulierung).

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Ebenen der Wirklichkeit: psychosoziale Ebene

Funktionelle Norm einer Gesellschaft: - ethische Normen, die gleichsam zur

„hardware“ gesellschaftlicher Systeme gezählt werden;

- existieren in der Idee einer gerechten Gesellschaftsordnung als idealer Setzung und müssen auf dieser Ebene verwirklicht werden Vorschriften einer „idealen Norm“

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Ebenen der Wirklichkeit: psychosoziale Ebene

(2) Statistische Norm:

- ein Ist-Zustand wird am vorgegebenen Sollwert gemessen;

- „Boden“ für funktionelle Normen im subatomaren Bereich; die funktionelle Norm setzt aber der statistischen Schwankungsbreite Grenzen;

- Eine Abweichung von den Grenzwerten ist pathologisch.

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Ebenen der Wirklichkeit: psychosoziale Ebene

(3) Idealnorm: - Ist Zustand wird mit gewähltem Sollwert

verglichen;- psychosozialer Phänomenbereich: Vorurteile

vs. begründete Idealvorstellungen; - mehr oder weniger willkürliche Setzungen,

historisch und interkulturell variabel.

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Ebenen der Wirklichkeit

- Die Begriffe Gesundheit und Krankheit beruhen u.a. auf Regeltypen, die darüber entscheiden, was in einer bestimmten Gesellschaft unter normal vs. nicht normal verstanden wird.

- Funktionelle und statistische Normen gelten auf der physikochemischen und biologischen Wirklichkeitsebene,

- auf der psychosozialen Ebene zudem Idealnorm, die einer gesellschaftlichen Setzung entsprechen und rational begründete Regeln enthalten können oder auch Vorurteile.

- Die biologische und psychosoziale Ebene weisen binnenregulierte Eigenschaften auf,

- wobei die Freiheit zu Definition und Setzung von Zielen erst auf der psychosozialen Ebene auftritt.

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Ebenen der Wirklichkeit

Psychotherapie bezeichnet eine Intervention, die auf der psychosozialen Ebene angesiedelt ist und eine Heilung mit psychosozialen Mitteln, im wesentlichen mit Gespräch, therapeutischer Beziehungs-gestaltung und ggf. auch mit übenden Elementen anstrebt.

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Biosemiotik

Prozess der Zeichensteuerung (Semiose) nach

Peirce:

Natürliche Prozesse und Abläufe werden schon auf der biologischen Ebene durch Zeichen- bzw. Signalsysteme gesteuert, die zur Sprache und therapeutischer Beziehungsgestaltung in enger Verbindung stehen.

Der Zeichenprozess oder Bedeutung eines Zeichens ergibt sich aus der Beziehung zw. Zeichen, Bezeichnetem (Objekt) und Interpretant.

Sign

Objekt Interpretant

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Biosemiotik

Semiose = Prozess der Zeichenetstehung:- Interpretant ordnet das Zeichen dem Bezeichneten zu und stiftet damit

den Zeichenprozess als solchen. - Zw. Zeichen und Bezeichnetem ist ein Prozess eingeschaltet, der dem

Zeichen seine Bedeutung verleiht.- Auf diese „Bedeutungsverleihung“ folgen „Bedeutungs-

erprobung“ und „Bedeutungsverwertung“. - In diesem semiotischen Kreislauf schließt sich der Interpretant mit

sich selbst zusammen, indem er das Zeichen löscht oder negiert. - Entscheidend am tradischen Modell ist, das Zeichen im dialektischen

Sinne als einen Vorgang, einen Prozess zu begreifen. - Indem er ihm seine Bedeutung verleiht, erschafft der Interpretant

das Zeichen. Er verwandelt den physikochemischen „Reiz“ (die Umgebung) in einen biologisch relevanten Umweltaspekt.

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Biosemiotik

Biosemiotik = die Lehre vom Zeichengebrauch in lebenden Systemen:

- der Organismus ist der Interpretant, der dem Reiz seine Bedeutung verleiht. Der innere Zustand des Organismus, seine Binnenregulation und Motivation, entscheidet, welche Bedeutung Umgebungs-konstellationen für ihn gewinnen.

- Als System von Bedürfnissen fungiert der Organismus auf allen Ebenen der Anatomie und Physiologie als Interpretant seiner Umgebung,

- z.B. auf Subebenen von Organsystemen, Organen und durch die Filterfunktion der postsynaptischen Membran.

- Auf all diesen Ebenen werden Bedeutungen erzeugt, die den Menschen in seiner Umwelt situieren und die „Überlebenseinheit“ von Menschen und Umwelt im Gleichgewicht erhalten.

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Biosemiotik

Dank Biosemiotik können sowohl die Übergänge zw. den Wirklichkeitsebenen als auch deren innere Kontinuität und Verbundenheit verstanden werden. Im Übergang von der biologischen zur psychosozialen Ebene lassen sich folgende Kategorien von Zeichen oder Zeichensysteme unterscheiden:

(1) ikonisch;(2) indexikalisch;(3) symbolisch.

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Biosemiotik

Ikonische (bildhafte) Ebene:- entspricht dem Informationsaustausch der Pflanze

mit ihrer Umwelt, im menschlichen Körper der „Semiotik“ des vegetativen (= pflanzlichen) Nervensystems;

- das Zeichen ist unmittelbar der physikalischer Vorgang;

- im ikonischen Code sind Zeichen und Bezeichnetes auf natürliche Weise miteinander verwoben.

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Biosemiotik

Indexikalische Ebene (als Anzeichen);- entspricht dem Orientierungssystem der

Tiere, das auf Bewegung, auf Lokomotion (=Ortsveränderung) und einer lokomo-torischen Überprüfung indexikalischer Information beruht.

- Im menschlichen Körper entspricht es der „Grammatik“ des animalischen oder neuromuskulären Systems.

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Biosemiotik

Symbolische Ebene (als Zeichen ohne materielle Verbindung mit dem Bezeichneten):

- Zentral ist das Sprachsystem des Menschen mit seinen lexikalischen, syntaktischen und pragmatischen Bezügen;

- die natürliche Verbindung von Zeichen und Bezeichnetem nahezu völlig aufgelöst. Das Zeichen hat sich von seinem Objekt befreit und eröffnet darin die unendliche Freiheit des Denkens, aber auch die Gefährdung des Menschen, sich der ikonischen und indexikalischen Sphäre, die in seiner biosozialen Existenz wirksam bleiben, zu entfremden.

- In Metaphern (=Sprachbildern) und paraverbaler Kommunikation (Mimik, Gestik, Sprachmelodie) z.B. kehren ikonische und indexikalische Elemente wieder.

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Biosemiotik

Als ein Kriterium psychophysischer Gesundheit können die relative Durchlässigkeit und „vertikale Integration“ des ikonischen, indexikalischen und symbolischen Zeichensystems betrachtet werden. Störungen treten ein, wenn der intersemiotische „Übersetzungsprozess“ blockiert ist.

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Wirkprofil psychotherapeutischer Modelle nach epistemologischen und semiotischen Kriterien

ökologisch dialektisch ikonisch indexikalisch symbolisch

GT - - ++ - phän

VT ++ - - ++ -PD - + ++ + phän, her

PA - + ++ - phän-, her+

Syst. +++ + + + dia

Gestalt + + ++ her, dia

PdP +++ +++ ++ ++ phän, her, dia

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Wirkprofil psychotherapeutischer Modelle nach epistemologischen und semiotischen Kriterien

- Kausale Psychotherapie ist ein therapeutisches Vorgehen, das auslösende Bedingungen, determinierenden Kontext und aufrechterhaltende Faktoren psychischer Störungen berücksichtigt mit dem Ziel, nicht nur die Symptome zu beseitigen oder zu mildern, sondern auch den ätiopathogenetischen Prozess in salutogene Bahnen zurückzulenken.

- Therapieziel ist die Wiederaufnahme des blockierten psychobiologischen Entwicklungsprozesses, wobei der menschliche Lebenslauf als lebenslanger Entwicklungsprozess verstanden wird.

- Das Ziel kausaler Psychotherapie wird gefördert, indem alle Zeichensysteme, das ikonische, indexikalische und symbolische in den Therapieprozess einbezogen und untereinander vernetzt werden.

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TOIS vs. EOIS

Lebensbereiche, wo Veränderungsprozesse generell stattfinden können:

(1) Veränderung durch Erwerb von Wissen und Fertigkeiten (sekundäre Sozialisation);

(2) Veränderung durch Wachstumsprozesse bzw. Reifen angelegter Funktionen (primäre Sozialisation);

(3) Veränderung durch emotionale und kognitive Entwicklungsprozesse (Stufenübergänge und „Initiationsstrategien“; primäre Sozialisation);

(4) Veränderung durch „Bildungsprozesse“ (Persönlichkeitsentwicklung)

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TOIS vs. EOIS

Spielen die gesellschaftlich vorgegebenen und teilweise institutionalisierten Veränderungsprozesse auch in der Psychotherapie eine Rolle?

Der Erwerb von spezialisiertem Wissen ist bei Information der Patienten und „Psychoedukation“ von Bedeutung;

Die Entwicklung und Förderung „emotionaler Intelligenz“ steht im Zentrum psychotherapeutischer Zielsetzungen, da emotionale Störungen immer auch kognitive Anteile haben.

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TOIS (Trainingsorientierter Interventionsstil )

Schwerpunkt: das Erlernen von Verhaltenstechniken und Übungen; wird zum Aufbau von Fertigkeiten und Kompetenzen benötigt;

Nähe zum Veränderungstyp 1; Schnittstellen: Bereiche 3 und 4; Grenzen: Veränderungstyp 3

! Trainingsangebote können Entwicklungsprozesse

behindern und ihren inneren Rhythmus stören ! EOIS

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EOIS (Entwicklungsorientierter Interventionsstil)

Schwerpunkt: Komponente, die in den Mustern primärer Sozialisation angelegt sind

- Kernbereich von Emotionen und existentiell bedeutsamen Erkenntnissen;

Psychotherapieverfahren: - Psychoanalyse;

- Tiefenpsychologie;- Gesprächpsychotherapie nach Rogers

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EOIS

Einsichtsorientierte Techniken:- emphatische Äußerungen der Therapeutin;- Deutungen;- Klarifikationen;- konfrontierende Hinweise

Einsatz: Verhaltensänderung bzw. Entwicklungsschritt von einer expliziten Einsicht

- Voraussetzung: eine differenzierte Ich-Funktion des Patienten. Patient muss in der Lage sein, die Darstellungsfunktion der Sprache von ihrer

Appelfunktion zu trennen.

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EOIS

Handlungsorientierte bzw. aktionale Techniken:

- dialektische Interventionen (z.B. Stärkung

des TKS in der MPTT)

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Interventionsstile & - techniken

TOIS EOIS EOISSD verbal einsichts- &

klärungsorientierthandlungsorientiert verhaltensimmanente Negation

Symptomunterbrechung empatische Äußerungen

Counteracting

Training sozialer Kompetenz

Klarifikationen paradoxe Intervention

Verhaltensformung Konfrontationen

Interpretationen

Rollenspiel Rollenspiel

SE des Therapeuten SE des Therapeuten

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Interventionsstile & - techniken

- Deutungen werden deskriptiv verstanden;

- es dominiert die Darstellungsfunktion bzw. der propositionale Sprachgebrauch

EOIS

verbal einsichts- und klärungsorientiert

Empatische Äußerungen

Klarifikationen

Konfrontationen

Interpretationen

SE des Therapeuten

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Interventionsstile & - techniken

- Beim Sprachverständnis des Patienten stehen Handlungs-aspekte im Vordergrund;

- Deutungen werden als Kritik, Handlungsaufforderung, Überredung etc. verstanden;

- Verwendung des Mediums des Handelns („counteracting“ des Therapeuten);

- Prototyp der Bewußtwerdung ist die „verhaltensimmanente Negation“ (Spiel)

EOIS

handlungsorientiert

Verhaltensimmanente Negation

Counteracting

Paradoxe Intervention

Rollenspiel

SE des Therapeuten

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Interventionsstile & - techniken

Verhaltensimmanente Negation- leitet eine Semiose oder einen

kognitiven Stufenübergang ein; erste Form von Selbstreflexion

oder „Einsicht“;- Das erste Ziel aktionaler,

handlungsimmanenter Interventionen im Rahmen von EOIS ist die Unterbrechung aufgespaltener, automatisierter Muster von Erleben und Verhalten.

EOIS

handlungsorientiert

Verhaltensimmanente Negation

Counteracting

Paradoxe Intervention

Rollenspiel

SE des Therapeuten

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TOIS vs. EOIS

TOIS und EOIS besitzen in der Psychotherapie jeweils eine bestimmte Reichweite und Indikation. Jeder psychologische Psychotherapeut sollte mit beiden Interventionsstilen vertraut sein, was weitergehende Spezialisierungen und Schwerpunkte, die sich aus persönlichen Vorlieben bzw. Begabungen ergeben können, nicht ausschließt.

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Regel N+1

besagt, dass die Intervention vom gegenüber den pathologischen Phänomenen (Level N) nächsthöheren Strukturniveau (N+1) ausgehen muss.

Sinnvollerweise werden die dort vorhandenen Ressourcen in die Interventionslinie einbezogen.

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Regel N+1

Die Intervention zielt darauf ab, die Oszillation zwischen Level N und N+1 zu verstärken und den Übergang zur Meta-Ebene (=N+1) zu erleichtern.

Die veränderungsfördernde bzw. optimale Differenz von Schema und Objekt wird in dialektisch-struktureller Hinsicht gefördert, indem N und N+1 hinreichend zusammengeführt und zugleich für den Patienten punktuell genügend unterscheidbar werden.

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Regel N+1

- Ist die Differenz zwischen pathologischem Schema und therapeutischer Intervention zu weit (Level N+2 etc.), bleibt die Intervention wirkungslos.

- Ist sie zu gering (Level – N – Therapie), ergibt sich u.a. therapeutische Missallianz.

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„Rites de passage“

Übergangs- oder Initiationsriten Schamanismus

- die älteste Form des Naturheilers bzw. des Psychotherapeuten;- Selbstinitiation: „Stirb und Werde“ (≈ krisenhafte Entwicklungspassagen)- Selbsterschaffung oder Selbstkonstitution

Künstler, Philosophen, Psychotherapeuten:- Selbstinitiation: „mediale“ Ich-Entwicklung

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Fazit

ein dialektisch-ökologisches Verständnis psychotherapeutischer Veränderung

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13.07.2006 Natallia Boes50

Ende!

!!