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FESTSPIELE LUDWIGSHAFEN 14.10. — 04.12.16 THEATER IM PFALZBAU

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FESTSPIELE LUDWIGSHAFEN 14.10. —04.12.16

THEATER IM PFALZBAU

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VERZEICHNIS

Liebes Publikum,

woher wir kommen, wohin wir gehen – für alle Menschen ist das eine wichtige Frage. Sie stellen zu können, ist das, was uns zu Menschen macht. Und keine hinreichende Antwort zu finden vielleicht der Grund für die Verunsicherung, die unsere Gegen-wart kennzeichnet. Ein ganzer Teil der Stücke, Tanzabende, Per-formanceprojekte, die Sie in den reichen zwei Monaten der Festspiele Ludwigshafen 2016 erleben können, begeben sich auf die Spur der Vergangenheit oder versuchen einen Blick in die Zukunft, um aus der kleinen, ganz persönlichen Perspektive Erklärungen oder Antworten zu entwickeln, die womöglich auch fürs große Ganze taugen.

Wir eröffnen die Festspiele mit einem Schwerpunktwochenende OFFENE WELT. Seit wir dieses Festival im März 2015 ins Leben riefen, hat sich manches verändert. Die Lage ist diffiziler geworden, die Utopie eines friedlichen, von Akzeptanz getragenen Zusam-menlebens der Kulturen wird stärker befragt und hat manche Blessuren erlitten. Dem möchten wir mit guter Kunst und bür-gerschaftlichem Engagement begegnen. Im Juli bereits haben wir das Projekt Friedensstraße mit Ludwigshafener Jugendlichen und jungen unbegleiteten Flüchtlingen aufgeführt. Die zahlreichen Zuschauer konnten bewegende Studien der Begegnung und der Wahrnehmung erleben. Das sind kostbare Momente, für die ich das Theater auch weiterhin zur Verfügung stellen möchte. An der Erschaffung einer Offenen Welt im Herbst 2016 sind deshalb zu meiner großen Freude viele, insbesondere junge, Bewohner und Bewohnerinnen unserer Stadt und der Region beteiligt.

Dass die Festspiele Ihnen dann bis in den Dezember herausra-gende Schauspiel- und Tanzproduktionen bieten, hat Tradition, und ist doch jedesmal aufs Neue aufregend und wunderbar. In diesem Jahr sind wir eine Allianz mit dem Thalia Theater Hamburg eingegangen, das in sechs Produktionen die große Bandbreite

VERZEICHNIS 02

GRUSSWORT TILMAN GERSCH 03

PROGRAMMÜBERSICHT 04

KURZ UND WICHTIG 06

Moeder / Mutter 07

DANCE ON 08

1. Sinfoniekonzert 10

2. Sinfoniekonzert 11

3. Sinfoniekonzert 11

OFFENE WELT 12

Schnee 13

SALAM! Matinée international 16

Friedensstraße 16

Willkommen (s) kultur 17

Mark Ernestus’ Ndagga Rhythm Force 18

WELTFest 19

Hemsbach Protocol 20

The Blind Poet 21

Faustrecht 22

MatchAtria 23Interview – Tanz, der über den Tellerandhinausblickt 24

OCD Love 26

Späte Nachbarn 28

Aterballetto Reggio Emilia 31

Werkschau Thalia Theater Hamburg 32

Die Tragödie von Romeo und Julia 34

Die Dreigroschenoper 36

Konzert – Tortoise 38

Fla.co.men 39

Faust I 40

John Gabriel Borkman 42

Stolpersteine Staatstheater 44

We Love Arabs 45

Vertigo 20 46

Danza Contemporánea de Cuba 50

HOM & FAM 52

KK (I`m a communist kid) 53

Dancing Grandmothers 54

The Palm of Your Hand 56

BEYTNA (our home) 57

Badke 58

Warten auf Godot 60

PROGRAMMVORSCHAU 62

IMPRESSUM 64

künstlerischer Ansätze und schauspielerischer Höchstleistungen zeigt, für die es schon lange steht. Die Künstler dieses Hauses gehen oft und gern neue Wege, scheuen das Risiko nicht und tragen so zum außergewöhnlichen Profil des Theaters bei. Gewagt und gewonnen haben aber auch die gastierenden Produktionen des Burgtheaters Wien und des Staatstheaters Karlsruhe, die beide mit einer Einladung zum diesjährigen Berliner Theater-treffen geehrt wurden.„Mighty Moves“ ist das Motto, unter das der diesjährige Kurator der Tanzfestspiele, Honne Dohrmann, sein höchst internationales Programm gestellt hat. Es zeigt in vielen Facetten, was die Tanz-szene derzeit bewegt; im wörtlichen wie im übertragenen Sinn. Die Vielfalt der Stile und Themen, die Spannung zwischen Tradi-tion und Moderne erzeugt Bewegung, die uns alle elektrisiert, starke Bewegung eben, wie sie nur ein so unmittelbares Medium wie das Theater hevorrufen kann. Tanzende koreanische Groß-mütter, pulsierende Herzen in der Hand der Zuschauer, Essen als Mittel der Grenzüberschreitung, alles das sind Ergebnisse eines Einfallsreichtums, der seinesgleichen sucht.

Und so wünsche ich mir, dass Sie die Pfalzbau Bühnen Ludwigs-hafen so oft wie möglich sehr bewegt verlassen. Nur das würde meinem Anspruch gerecht, dieses Haus als Ort der großen Kunst, der Auseinandersetzung, der Gefühle und des leiden-schaftlichen Miteinanders zu bewahren.

Ihr

Tilman Gersch Intendant Pfalzbau Bühnen

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DO, 29.09. 19:30 UHRFR, 30.09. 19:30 UHR

Tanztheater von Gabriela Carrizo und Franck ChartierPeeping Tom in Koproduktion mit Theater im Pfalzbau/Pfalzbau Bühnen Ludwigshafen

FR, 07.10. 19:30 UHRSA, 08.10. 19:30 UHR

7 Dialogues / Untitled Duo (AT) Koproduktion Theater im Pfalzbau / Pfalzbau Bühnen Ludwigshafen u.a. Choreographie für Tänzer ab 40 von William Forsythe (UA) u.a.

MI, 12.10. 20:00 UHRDO, 13.10. 20:00 UHR

Werke von Smetana, Dun und Britten (12.10.)Werke von Prokofjew und Dun (13.10.) Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz

FR, 14.10. 19:30 UHR

Von Orhan Pamuk Werkschau Thalia Theater Hamburg Inszenierung Ersan Mondtag

SA, 15.10. 11:00 UHR

Respekt: Menschen! in Kooperation mit Pfalzbau Bühnen Ludwigshafen

SA, 15.10. 16:00 UHR

Willkommen(s)kultur Projekt mit Jugendlichen aus LudwigshafenLeitung Barbara Kantel, Jürgen Salzmann

SA, 15.10. 18:00 UHRSO, 16.10. 15:30 UHR

MAHALA INTERNATIONALLeitung Luise Rist Musik Hans Kaul

SA, 15.10. 20:00 UHR

Konzert

SA, 16.10. 17:00 UHR

Mammalian Diving Reflex/Darren O'DonnellEine Projektpräsentation des wan-dernden Kunst- und Kulturprojekts Matchbox der Metropolregion Rhein-Neckar

SO, 16.10. 19:00 UHR

Tanztheater von Jan Lauwers Needcompany

MI, 19.10. 19:30 UHR

Nach Romanen von Gert Ledig Koproduktion Pfalzbau Bühnen Ludwigshafen mit dem Badischen Staatstheater Karlsruhe Inszenierung Tilman Gersch

FR, 21.10. 19:30 UHRSA, 22.10. 19:30 UHR

L-E-V Dance CompanyChoreographie Sharon Eyal / Gai Behar

SA, 22.10. 18:00 UHRSA, 22.10. 21:00 UHR

Tanztheater von Yui Kawaguchi und Yoshimasa Ishibashi in Koproduktion mit Sophiensæle Berlin u.a.

SA, 26.10. 19:30 UHRSO, 27.10. 14:30 UHR

Nach Isaac B. Singer Werkschau Thalia Theater Hamburg Inszenierung Alvis Hermanis

SA, 29.10. 19:30 UHR

Upper Eastside / #Hybrid / Lego Choreographien Michele di Stefano, Philippe Kratz und Giuseppe Spota

DI, 01.11. 19:30 UHRMI, 02.11. 19:30 UHR

Von William Shakespeare Werkschau Thalia Theater Hamburg Inszenierung Jette Steckel

MI, 02.11. 20:00 UHRDO, 03.11. 20:00 UHR

Werke von Tschaikowsky und Brahms Brüsseler Philharmoniker

SA, 05.11. 19:30 UHRSO, 06.11. 19:30 UHR

Von Bertolt BrechtWerkschau Thalia Theater Hamburg Musik Kurt WeillInszenierung Antú Romero Nunes

DI, 08.11. 19:30 UHR

Israel Galván in concertA Negro Producciones in Koproduktion mit Théâtre de la Ville de Paris und Théâtre de NimesChoreographie Israel Galván, Pedro G. Romero

MI, 09.11. 20:00 UHR

Konzert

DO, 10.11. 19:30 UHR Von Johann Wolfgang von Goethe Werkschau Thalia Theater Hamburg Inszenierung Nicolas Stemann

SA, 12.11. 19:30 UHRSO, 13.11. 19:30 UHR

Von Henrik Ibsen Burgtheater Wien in Koproduktion mit Wiener Festwochen und Theater BaselInszenierung Simon Stone

MO, 14.11. 19:30 UHR

Dokumentartheater von Hans-Werner Kroe-singer Badisches Staatstheater Karlsruhe

MI, 16.11. 19:30 UHRDO, 17.11. 19:30 UHR

Vertigo Dance CompanyChoreographie Noa Wertheim

MI, 16.11. 21:00 UHRDO, 17.11. 21:00 UHR

Tanzperformance aus Israel Choreographie Hillel Kogan

SO, 19.11. 19:30 UHR

El Cristal / Cénit / Matria Etnocentra Choreographien Julio Cesar Iglesias, Laura Domingo und George Cespedes

DI, 22.11. 19:00 UHR

Ein Minifestival tanzmainz Choreographien Lander Patrick, Csaba Molnàr, Taneli Törmä, Cecilia Moisio, Eléonore Valère Lachky, Adrienn Hód

DO, 24.11. 19:30 UHR

MARCHE TEATRO in Koproduktion mit Fabbrica EuropaChoreographie Glen Çaçi

SA, 26.11. 19:30 UHR

Doosan Art Center (DAC) in Ko-produktion mit Eun-Me Ahn Company und Festival Paris Quartier D’EtéChoreographie Eun-Me Ahn

SA, 26.11. 18:00 UHRSA, 26.11. 21:00 UHR

Tanzstück von Vera Tussing Ein Vera–T Projekt, London Koproduziert von STUK Leuven, Life Long Burning/workspace Brüssel mit Unterstützung des Kulturprogramms der EU, Brüssel

MO, 28.11. 19:30 UHRDI, 29.11. 19:30 UHR

Tanztheater von Omar Rajeh/Maqamat, in Zusammenarbeit mit Le Trio Joubran Koproduktion Pfalzbau Bühnen Ludwigshafen u.a.

MI, 30.11. 19:30 UHR

Koproduktion KVS Brüssel, Les ballets C de la B Gent & A.M. Foundation (Ramallah), Theater Spektakel Zürich und Les Théâtres de Ville de LuxemburgChoreographie Koen Augustijnen, Rosalba Torres Guerrero, Hildegard de Vuyst

MI, 30.11. 20:00 UHRD0, 01.12. 20:00 UHR

Werke von Ravel, Ginastera und de Falla Deutsche Staatsphilharmonie Rhein-land-Pfalz

SO, 04.12. 19:30 UHR

Von Samuel BeckettWerkschau Thalia Theater HamburgInszenierung Stefan Pucher

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KURZ UND WICHTIGTour der KulturWie im letzten Jahr beteiligen sich die Pfalzbau Bühnen auch in dieser Spielzeit wieder am städtischen Kulturtag Tour der Kultur am Samstag, 17.9.2016. Neben Wilhelm-Hack-Museum, Musik-schule, Kunstverein, Stadtmuseum und anderen Kultureinrich-tungen öffnen wir unsere Pforten für interessierte Zuschauer ab 13.30 Uhr. Nach einer Vorstellung des Theaterspielplanes und einer Lesung aus dem Roman Sophia, der Tod und ich, den Inten-dant Tilman Gersch in der zweiten Hälfte der Spielzeit als Theater stück inszeniert, gibt es auch eine Führung hinter die Kulissen der Pfalzbau Bühnen. Bei einer öffentlichen Probe mit anschließendem Gespräch können sich Interessierte einen ers-ten Eindruck vom Tanztheaterstück Moeder / Mutter der Gruppe Peeping Tom verschaffen, das nach 14-tägigen Proben am 29.9. im Theater im Pfalzbau uraufgeführt wird.

Das Programm im Überblick14:00 Uhr Vorstellung des Spielplanes bei Kaffee und Kuchen (Gläsernes Foyer)

14:30 Uhr Lesung aus Sophia, der Tod und ich (Gläsernes Foyer)

15:00 Uhr Führung hinter die Kulissen (Treffpunkt Kassenhalle)

16:00 Uhr Öffentliche Probe Peeping Tom, Moeder und Nachgespräch mit dem Ensemble (Große Bühne)

Die Theaterkasse hat an diesem Tag von 13:30 Uhr bis 17 Uhr geöffnet. Wir beraten die Besucher gerne auch zu unseren Abonnements.

Der Junge Pfalzbau auf der BühneKurz vor und kurz nach den Sommerferien zeigte der Junge Pfalzbau, wie viel Schönes in den Kursen der vergangenen Spielzeit passiert ist. Bei Hodscha und Till unter der Leitung von Gülhan Akin standen Grundschulkinder auf der Bühne und erzählten in vielen Sprachen von einer märchenhaften Begegnung wischen Orient und Ok-zident. Im Inklusionskurs von Jan Werbelow beschäftigten sich Jugendliche mit und ohne Beeinträchtigung mit der Erzählung Das kalte Herz. Friederike Hartung erarbeitete mit zahlreichen Jugendlichen eine eigene Version des Erfolgsstücks Frau Müller muss weg. In vier Vorstellungen zeigten Jugendliche und junge Erwachsene aus Ludwigshafen das Musical Der kleine Horrorladen – quasi unplugged nur mit Klavierbegleitung, aber darum nicht weniger wirkungsvoll. Die Regisseurin und Choreographin Iris Limbarth setzte damit ihre professionelle Arbeit mit begeisterten Amateuren fort. Das Projekt Friedensstraße, das Luise Rist mit geflüchteten und mit hier beheimateten Jugendlichen entwickelt hat, wird im Rahmen der OFFENEN WELT im Oktober 2016 nochmals aufgeführt.

Einführungen und NachgesprächeZu vielen verschiedenen Veranstaltungen bieten wir Einführungen und Nachgespräche an. Bitte beachten Sie hierzu die Hinweise bei den jeweiligen Aufführungen in diesem Heft.

Theater - live und in Farbe!Unter dem Titel Theater - live und in Farbe! bietet das Theater im Pfalzbau in Kooperation mit der VHS Ludwigshafen ein Seminar an, das gemeinsame Vorstellungsbesuche mit Vor- und Nachbe-reitung sowie eine exklusive Führung durch das Theater ein-schließt. Besucht werden folgende Vorstellungen: die Kopro-duktion Faustrecht nach Gert Ledig und drei Vorstellungen des Thalia Theaters Hamburg: Die Tragöde von Romeo und Julia, Faust I sowie Warten auf Godot. Eine ausführliche Beschreibung findet sich im Programm der VHS (das auch an der Theaterkasse ausliegt). Anmeldungen bitte über die VHS Ludwigshafen.

Mitspieler gesuchtFür das Bürgerprojekt Woyzeck/WUT unter der Regie von Inten-dant Tilman Gersch werden noch Mitspieler*innen gesucht. Die Proben beginnen am MI, 28. September 2016 um 17 Uhr, auch ein späterer Einstieg ist möglich. Informationen gibt Ihnen gerne Barbara Wendland unter 0621/504-2554 oder [email protected].

MOEDER / MUTTERPremiere der Uraufführung Tanztheater von Gabriela Carrizo und Franck ChartierGROSSE BÜHNEDO, 29.09.16, 19:30 Uhr, TT, PAS, WA FR, 30.09.16, 19:30 Uhr, AL 1, JA

Peeping Tom, BelgienKoproduktion mit Theater im Pfalzbau / Pfalzbau Bühnen Ludwigshafen u.a. Choreographie Gabriela Carrizo Choreographie-Assistenz und Dramaturgie Franck Chartier Kostüme Diane Fourdrignier, Peeping Tom (TBA) Bühnenbild Peeping Tom, Amber Vandenhoeck, Filip Timmerman Preise 35 € / 30 € / 25 € / 20 €

Das Stück Moeder ist der zweite Teil einer Trilogie, die 2014 mit Vader begann und 2018 mit dem dritten Teil Kinderen enden wird. Das Gesamtwerk spielt mit Erinnerungen und geht von der Vorstellung aus, dass sich unser Leben aus vielen

verschiedenen Partikeln wie ein Mosaik zusammensetzt. Dabei wirft unsere Erinnerung ein Netz aus, in dem sich ein ganzes Kollektiv an Bildern und Eindrücken verfangen hat. Moeder dringt in den Speicher unserer Erinnerung ein, in dem eine stetig anwachsende Kombination von Ereignissen eingelagert ist. Das Gedächtnis dient dabei nicht als Museum, sondern vielmehr als Labor, in dem Techniker wie Archäologen in der Vergangenheit graben. Oder sie werden wie Zeugen in einem offenen Verhör zu Details befragt, die ihnen un-bekannt sind. Oder sie agieren wie Darsteller in einem Schauspiel.

Das belgische Ensemble Peeping Tom nimmt sich dieses Themas und der zentralen Figur, der Erinnerung und der Mutter, aus demselben zärtlich-bissigen Blickwinkel an, von dem all seine Produktionen bestimmt werden. Moeder ist schaurig-schön, verwir-rend und doch auch wieder seltsam vertraut. Die Aufführung erreicht uns mit der gleichen Faszination, mit der wir uns mit der Welt konfrontiert sehen: Alles ist ein bisschen zu viel für uns und so bleibt uns nur ein amüsierter Blick in Anbetracht unserer zögernden Versuche, unsere Wahrnehmungen zu begreifen. Es beginnt schon mit der Frage, welche der Figuren auf der Bühne wohl die Mutter ist. Womöglich ist sie gar nicht da, jedenfalls beschwören die Spieler dieses Gefühl durch entsprechende Bewegungen, Geräusche und sonstige Artikulationsformen herauf. Somit ist die Mutter nicht unbedingt die Hauptperson und verweilt an der Grenze des Unfassbaren. Unklar ist auch, wo wir uns überhaupt befinden: Wohnen wir einer Beerdigung bei oder blicken wir auf die Szenerie, wie sie möglicherweise in einem Aufnahmestudio nachgestellt wird? Oder sind wir an einem ganz anderen Ort, zusammengepfercht in der Zelle irgendeiner Polizeistation? All diese Möglichkeiten existieren gleichzeitig in der befremdlichen Welt von Moeder.

Wie in den vorangegangenen Kreationen von Peeping Tom stellen Gabriela Carrizo und Franck Chartier auch in Moeder ein von Unsicherheiten geprägtes Universum her, das sich der Logik von Zeit und Raum widersetzt. Das Gefühl der Einsamkeit ruft eine Welt des Unbewussten hervor, die für Alpträume, Ängste und Sehnsüchte prädestiniert ist. Die Inszenierung macht sich diese Atmosphäre geschickt zunutze, um die dunkle Seite eines Charakters oder einer Gemeinschaft zu beleuchten. Der geschlossene Mikrokos-mos der Familie und der damit verwobenen Situationen und Konstellationen stellt für Peeping Tom eine unerschöpfliche Quelle der Inspiration und Kreativität dar.

Eine Öffentliche Probe mit anschließendem Pub-likumsgespräch findet im Rahmen von Tour der Kultur am 19.09.16 auf der Großen Bühne statt.

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DANCE ON – Neues Tanzrepertoire für Tänzer 40+ ist das erste großangelegte Pro-jekt in Deutschland, das sich dem blinden Fleck Tanz und Alter mit einem künstlerischen Zugang nähert: Namhafte Choreographen entwickeln Stücke,

die das Potential von herausragenden Tänzern über 40 voll ausschöpfen. Mit ihrer Aus-strahlung und Darstellungskraft bereichern diese erfahrenen Tänzer das Erleben der Zuschauer um eine wesentliche Dimension. Den Auftakt bildete im Januar 2016 die Premiere der Choreographie 7 Dialogues im Rah-men des Holland Dance Festival. Es folgten die Stücke Water between three hands von Rabih Mroué und Those specks of dust von Kat Válastur. Die neueste Produktion Untitled Duo (AT) von William Forsythe erlebt nun in Ludwigshafen ihre Uraufführung. Kooperationspartner sind neben dem Theater im Pfalzbau renommierte nationale und internationale Partner wie das tanzhaus nrw, Kampnagel Hamburg, Tanz im August, das Londoner Sadler’s Wells Theatre und das Holland Dance Festival.

Untitled Duo (AT)Zusammen mit seinen zwei langjährigen Partnern und ehemaligen Tänzern des Ballets Frankfurt und der Forsythe Company, Christopher Roman und Jill Johnson, entwickelt der bekannte Choreograph William Forsythe für das DANCE ON ENSEMBLE eine neues Duett. Mit Jill Johnson wird zum ersten Mal eine Gast-Tänzerin in einer DANCE ON Produktion mitwirken. Wie kaum ein anderer Choreograph hat William Forsythe die Sprache des Tanzes erweitert und ihr neue Kontexte verschafft. Sein Name steht für ex-perimentelle Tanzstücke, digitale Tanzpartituren sowie raumbezogene Installationen – die Choreographic Objects.

„1984 hatte er das Ballett Frankfurt übernommen und es zwanzig Jahre lang zum Mittelpunkt des zeitgenössischen Tanzgeschehens gemacht. Er enthierarchisierte das Geschehen auf der Bühne, bildete seine Tänzer zu Co-Autoren aus und entwickelte eine vollkommen neue Semantik.“Deutschlandradio Kultur

DANCE ON ENSEMBLE7 Dialogues von Matteo FargionUntitled Duo (AT) von William Forsythe Uraufführung der PremiereGROSSE BÜHNEFR, 07.10.16, 19:30 UHR, WA SA, 08.10.16, 19:30 UHR

DANCE ON ENSEMBLEKoproduktion Theater im Pfalzbau / Pfalzbau Bühnen Ludwigshafen u.a. Künstlerische Leitung DANCE ON ENSEMBLE Christopher Roman

Untitled Duo (AT) Choreographie William Forsythe In künstlerischer Zusammenarbeit mit Jill Johnson, Brit Rodemund und Christopher Roman Koproduktion Theater im Pfalzbau / Pfalzbau Bühnen Ludwigshafen, tanzhaus nrw Uraufführung am 7. Oktober 2016, Pfalzbau BühnenMit Unterstützung der BASF SEIn Zusammenarbeit mit der USC Glorya Kaufman School of Dance, Los Angeles

7 Dialogues Künstlerische Leitung/ Komposition Matteo Fargion In künstlerischer Zusammenarbeit mit und von Ty Boomershine und Beth Gill Amancio Gonzalez und Hetain Patel Brit Rodemund und Lucy Suggate Christopher Roman und Ivo Dimchev Jone San Martin und Tim Etchells Ami Shulman und Étienne GuilloteauKoproduktion Holland Dance Festival, Theater im Pfalzbau / Pfalzbau Bühnen, tanzhaus nrw Uraufführung am 28. Januar 2016, Holland Dance FestivalMit Unterstützung der BASF SEDANCE ON ist ein Projekt der DIEHL+RITTER gUG, gefördert durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien.Einheitspreis 26 €, ermäßigt 17 €

Kofinanziert durch das Programm Kreatives Europa der Europäischen Union im Rahmen von DANCE ON, PASS ON, DREAM ON

7 Dialogues7 Dialogues ist als erste Produktion der DANCE ON 1. EDITION den exzellenten Tänzern gewidmet. In Zusammenarbeit mit künstlerischen Dialogpartnern entstanden individuelle Porträts der Tänzer, die von Komponist Matteo Fargion zu einer Gesamt-komposition ineinander verflochten werden. Christopher Roman traf auf den bulgari-schen Performance-Künstler Ivo Dimchev, Amancio Gonzalez arbeitete mit dem Lon-doner Shooting Star und Visual Artist Hetain Patel und Jone San Martin mit dem bri-tischen Regisseur, Autor und Performer Tim Etchells, Leiter der berühmten Performance-Gruppe Forced Entertainment. Ty Boomershine entwickelte sein Solo mit der New Yorker Choreographin Beth Gill. Brit Rodemunds Dialogpartnerin war die Londoner Choreographin und Tänzerin Lucy Suggate, während Ami Shulman den fran-zösischen Choreographen Étienne Guilloteau an ihrer Seite hatte. Im Sinne eines sieb-ten Dialogs konzipierte Fargion auf der Grundlage von Schuberts Erlkönig gemeinsam mit den Tänzern aus diesen höchst unterschiedlichen Soli einen Abend, der das gesam-te DANCE ON ENSEMBLE kongenial präsentiert.

Im Mittelpunkt des Stückes stehen natürlich die fulminanten Tänzerpersönlichkeiten, deren Kurzchoreographien ganz individuell auf ihre persönlichen Charakteristika zu-geschnitten sind: Die frühere Forsythe-Tänzerin Jone San Martin wendet sich in ver-schiedenen winzigen Episoden und mit Hilfe kleiner Spickzettel zurück in die Vergan-genheit, Amancio Gonzalez, ebenfalls ehemaliger Tänzer bei Forsythe und verschiedenen anderen Compagnien, ist bemüht, sich dem Publikum im wahrsten Sinne des Wortes mit Händen und Füßen verständlich zu machen. Ami Shulman, früher Tänzerin bei der Compagnie Marie Chouinard, zitiert in ihrem wunderschönen eleganten Solo in Kör-perhaltung und aufgefächerten Fingern immer wieder den indischen Tanz Bharatana-tyam. Der Amerikaner Christopher Roman, künstlerischer Leiter des DANCE ON ENSEMBLES, zeigt in blonder Perücke und Unterhose eine Art queere Lebensbeichte, während die Tänzerin Brit Rodemund, in Ludwigshafen von ihrem eindrucksvollen und preisgekrönten Solo revolver besorgen bekannt, eine leise und dezente Episode beisteuert. Schließlich folgt der abschließende Höhepunkt mit dem edel ausstaffierten Amerikaner Ty Boomershine und seinem stilisierten Solo als Hommage an Merce Cunningham.

So erwarten die Zuschauer faszinierende und beeindruckende Choreographien mit he-rausragenden Tänzern, die an diesem Abend beweisen, dass tänzerische Ausdruckskraft und Virtuosität jenseits der Vierzig noch genauso präsent sind wie in früheren Jahren.

Nachgespräch SA, 08.10.16 im Anschluss an die Vorstellung Gläsernes Foyer

Gefördert durch

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Das erste Sinfoniekonzert der deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz bietet den Zuhörern zwei unterschiedliche Programme. Dirigiert werden sie von Tan Dun, einem in New York lebenden chinesischen Komponisten, der an

den beiden Abenden auch zwei seiner eigenen Werke vorstellen wird.Am ersten Abend werden neben Musik von Benjamin Britten auch Werke von Bedřich Smetana erklingen. In Vlatva (Moldau), einer von sechs symphonischen Dichtungen aus seinem Zyklus Mein Vaterland, schildert der ertaubte Komponist den Verlauf der Moldau auf fast märchenhafte Weise. Bilder von Wiesen und Hainen, Nymphen im silbernen Mondlicht und verträumte Burgen, Schlösser und Ruinen ziehen vor dem imaginären Auge vorbei. Das Hauptthema erhält durch Holzbläser und hohe Streicher einen zarten Glanz, die tiefen Streicher symbolisieren die Wellenbewegungen. Nach der Polka der Bauernhochzeit und den von zarten Nuancen lebenden Nymphenreigen endet das Rondo in einem wahren Klangorkan.Benjamin Britten schrieb seine vier Sea Interludes als Orchesterzwischenspiele für die Oper Peter Grimes, diese können dennoch auch als ein eigenständiges Konzertwerk angesehen werden. Sie schildern „Seelenlandschaften“ und Bilder aus Brittens Heimat Suffolk.Am zweiten Abend werden neben der Deutschen Erstaufführung Farewell my Concubine von Tan Dun auch zwei Werke von Sergej Prokofjew erklingen. Romeo und Julia ist ein Ballett in vier Akten nach William Shakespeare. Heute ist es kaum zu glauben, dass die-ses am Leningrader Kirow-Theater zunächst als untanzbar abgelehnt wurde, sodass die Uraufführung erst 1938 in Brünn stattfinden konnte und nach einigen Änderungen 1940 in Leningrad inszeniert wurde. Die Oper in vier Akten Die Liebe zu den drei Orangen versetzt die Zuschauer in eine Märchenwelt und ist dementsprechend zugleich witzig und unterhaltsam. Premiere feierte diese 1921 in Chicago.

1. SinfoniekonzertDeutsche Staatsphilharmonie Rheinland-PfalzBASF-FEIERABENDHAUSMI, 12.10.16, 20:00 Uhr, SINF A DO, 13.10.16, 20:00 Uhr, SINF B

12.10.Bedřich Smetana Die Moldau Tan Dun Intercourse of Fire & Water; Passacaglia: Secret of Wind and Birds – Deutsche Erstaufführung Benjamin Britten Four Sea Interludes op. 33 a

13.10. Sergej Prokofjew Die Liebe zu den drei Orangen op. 33 a Tan Dun Farewell my Concubine – Deutsche Erstauf-führung; Out of Peking Opera Sergej Prokofjew Romeo & Julia op. 64 a (Auszüge)

Tan Dun Dirigent Siqing Luv Violine Liwei Qin Violincello Yingdi Sun KlavierPreise 47 € / 41 € / 33 € / 26 € zzgl. 3 € an der Abendkasse

2. SinfoniekonzertBrüsseler PhilharmonikerBASF-FEIERABENDHAUSMI, 02.11.16, 20:00 Uhr, SINF A DO, 03.11.16, 20:00 Uhr, SINF B19:00 Uhr Einführung

3. SinfoniekonzertDeutsche Staatsphilharmonie Rheinland-PfalzBASF-FEIERABENDHAUSMI, 30.11.16, 20:00 Uhr, SINF A DO, 01.12.16, 20:00 Uhr, SINF B19:00 Uhr Einführung

Gemeinsam mit den Brüsseler Phil-harmonikern bringt die in Moskau geborene Pianistin Lilya Zilberstein

Peter Tschaikowskys Klavierkonzert Nr. 1 in b-Moll zu Gehör, das drei Jahre nach der Erstaufführung durch die Pariser Weltaus-stellung 1878 zu einem großen Erfolg wurde. Dieses Werk wollte Tschaikowsky zuerst für seinen Freund, den Pianisten Nikolaj Rubinstein, schreiben. Nachdem dieser Tschaikowskys Arbeit aber hart kriti-sierte und sich weigerte, das Konzert zu spielen, widmete er es Hans von Bülow, einem ebenfalls von ihm sehr geschätzten Klaviervirtuosen. Dieser geriet bereits 1876 mit Johannes Brahms aneinander, als er

dessen 1. Sinfonie als eine Kopie von der „Zehnten Beethovens“ bezeichnete. Verständ-licherweise war der Komponist verärgert, fand bei anderen Zeitgenossen dafür aber umso mehr Zuspruch. Clara Schumann schrieb, der erste Satz sei „voller wunderbarer Schönheiten“. Dirigiert wird der Abend von dem Schweizer Komponisten und Dirigen-ten Michel Tabachnik, der in Genf Klavier, Dirigieren und Komposition studierte und bereits mit zahlreichen großen Orchestern arbeitete. Seit 2008 ist er Chefdirigent und Künstlerischer Leiter der Brüsseler Philharmoniker.

Peter Tschaikowsky Klavierkonzert Nr. 1 b-Moll op. 23 Johannes Brahms Sinfonie Nr. 1 c-Moll op. 68 Dirigent Michel Tabachnik Solistin Lilya Zilberstein, KlavierPreise 47 € / 41 € / 33 € / 26 € zzgl. 3 € an der Abendkasse

Sämtliche Komponisten dieses Konzer-tes haben auf ihre jeweils eigene Weise ihre Leidenschaft für südländische

Klänge entdeckt. Maurice Ravels Boléro war ursprünglich als Ballett gedacht und zählt heute zu der meistgespielten Orchesterlitera-tur. 1928 widmete Ravel das Werk der Tänzerin Ida Rubinstein. Das Interesse des Komponisten für das Ballett zeigt sich auch in seinem be-rühmten Werk La Valse, das er 1919 als Auf-tragsarbeit für die Ballets Russes komponierte. Darin verbindet er Elemente des Wiener Walzers mit impressionistischer Harmonik und Rhythmik. Solist des Violoncellokonzertes Nr. 2 op. 50 des argentinischen Komponisten Alberto Ginastera ist der in Deutschland geborene Cellist Claudio Bohórquez perua-nisch-uruguayischer Herkunft. In seinem Werk kombiniert Ginastera die Rhythmen seiner Heimat mit Klassik aus der Moderne. Manuel da Falla schuf sein Ballett El sombrero de tros picos, zu Deutsch Der Dreispitz, in seiner zweiten großen Schaffensperiode. Sein Werk weist große Einflüsse der spanischen Folklore auf, dazu gehört auch der Flamenco, dem er sozusagen ein zweites Dasein gibt. Die Uraufführung fand 1919 im Londoner Alhambra- Theater mit den Ballets Russes unter Sergej Diaghilew statt.

Maurice Ravel La Valse Alberto Ginastera Violoncellokonzert Nr. 2 op. 50 Manuel da Falla El sombrero de tros picos Maurice Ravel Boléro Dirigent Karl-Heinz Steffens Solist Claudio Bohórquez, VioloncelloPreise 47 € / 41 € / 33 € / 26 € zzgl. 3 € an der Abendkasse

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Als der Regisseur Ersan Mondtag das Konzept für seine Inszenierung von Orhan Pamuks preisgekröntem Roman Schnee erdachte, war schnell klar, dass es nicht darum gehen konnte, die vielschichtige und personenreiche Handlung

eins zu eins auf die Bühne zu bringen. Der Ich-Erzähler, ein Schriftsteller, reist nach vielen Jahren des Exils in die Grenzstadt Kars, um seine Studentenliebe wiederzusehen, aber auch, um als Journalist eine Reihe religiös motivierter Selbstmorde junger Frauen in der Region zu recherchieren. Statt die vielen verschiedenen Szenen konkret nachzustellen, hat sich der Regisseur für eine abstrahierende und zugleich sinnlich faszinierende Inszenierungsform entschieden, in der durch Musik und monologisierendes bzw. chorisches Sprechen eine hohe Inten-sität entsteht, die die Zuschauer verzaubert. „Eigentlich ist es eine kollektive Erzählung. Es ergibt sich wie bei einer Wellenbewegung, bei der Zufälliges aus dem Nichts ent-steht. Wir haben zentrale Motive, Themenblöcke aus dem Roman gefiltert.“ äußert Mondtag dazu.Die sieben Darsteller stehen mit hoch aufgetürmten, zerzausten weißen Perücken und in schwarze, lange Gewänder gehüllt, eng aneinander geschmiegt in der Bühnenmitte. Wie ein lebender Organismus, ein perfekt aufeinander abgestimmtes System bewegen sie sich in einer Art Ritual über die Bühne, bilden immer wieder neue Formationen, summen, stehen stumm und lauschen auf die sphärische Musik. In seiner Choreographie, die sich klug einzelne Szenen des Romanes herausgreift, verweist Mondtag auf Macht-strukturen, kollektive Zwänge, Massenphänomene. Stets sind die Mitwirkenden Teil eines nicht näher definierten Ganzen, konkrete Personen lösen sich in einem assoziativen Geschehen auf, das einen ganz eigenen Bilderzauber entfaltet. Gespielt wird in einem türkisfarbenen Oktagon mit gemusterten Fliesen, das, ähnlich wie die Kostüme, Asso-ziationsräume öffnet, ohne sich konkret eindeutig festzulegen. So denkt man an Ver-schleierung und Moscheen, ohne dass diese Räume sich tatsächlich verorten lassen. Viele Bilder lassen sich nicht sofort entschlüsseln, und dennoch entsteht aus akustischen und visuellen Signalen, komödiantischen Szenen, Bewegungen von abrupten Stopps und Beschleunigung eine dynamische und zugleich distanzierende Darstellungsform, eine Art „Lehrstück des Gefühls“, das Gedankenräume öffnet und noch lange nachhallt.

”Der Abend endet folgerichtig in Ratlosigkeit. Aber die Realität abbilden soll er nicht. Die Zuschauer sollen eine fremde Welt betreten, um sich über die eigene Welt Gedanken machen zu können.“, sagt Ersan Mondtag, der soeben in der Kritikerumfrage von Theater heute als Nachwuchsregisseur des Jahres ausgezeichnet wurde.

SchneeVon Orhan PamukGROSSE BÜHNEFR, 14.10.16, 19:30 UHR, S 1

Werkschau Thalia Theater Hamburg Eröffnung der Festspiele Ludwigshafen 2016 und des Schwerpunktes OFFENE WELT 19:00 Uhr, Gläsernes FoyerInszenierung Ersan Mondtag Bühne Paula Wellmann Kostüme Josa David Marx Musik Max AndrzejewskiMit Marie Löcker, Cathérine Seifert, Pascal Houdus, Thomas Niehaus, Steffen Siegmund, Tilo Werner, Sebastian ZimmerPreise 40 € / 34 € / 28 € / 22 € Dauer ca. 1 Stunde 45 MinutenDie Pfalzbau Freunde laden im Anschluss an die Vorstellung alle Zuschauer zum feierlichen Empfang ins Gläserne Foyer.

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Viele Menschen sind im letzten Jahr in unserer Stadt gelandet. Sind sie auch angekommen? Der Verein RESPEKT: MENSCHEN! begrüßt Geflüchtete, Unterstützer*innen und alle Interessierten bei einem Vormittag des Austauschs.

Wir starten mit der Musik von Juan Miranda und filmischen Eindrücken aus dem The-aterstück Friedensstraße. Im vierzig Minuten langen Film Morgenland begegnen wir einer Gruppe unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge an ungewöhnlichen Orten in Situationen zwischen Traum und Wirklichkeit. Die Theater- und Filmemacher*innen Luise Rist, Sonja Elena Schroeder und Hans Kaul sprechen gemeinsam mit den jugendlichen Ak-teur*innen und den Zuschauern über Wege des Ankommens, hier in dieser Stadt; Wege, die über die Kunst führen. Zum Schluss liest Luise Rist aus ihrem Buch Rosenwinkel, das von der Abschiebung eines Roma-Mädchens aus Deutschland erzählt.

SALAM! Matinée internationalLudwigshafen als Ort des AnkommensGLÄSERNES FOYERSA, 15.10.16, 11:00 Uhr

RESPEKT: MENSCHEN! in Kooperation mit Pfalzbau Bühnen LudwigshafenEintritt frei

In der Ludwigshafener Friedensstraße hat das Pro-jekt begonnen. An der gleichnamigen Haltestelle stieg Luise Rist vor einem Jahr aus, um die nahe

gelegene Unterkunft für Geflüchtete zu besuchen. Sie lernte dort viele Menschen kennen und lud sie in ihre „Mahala“ in den Pfalzbau Bühnen ein. Dreizehn Jugendliche aus Syrien, Afghanistan, Eritrea und Deutschland erarbeiteten schließlich mit ihr ein The-aterstück, das berührend vermittelt, wie Menschen mit sehr unterschiedlichen Sprachen, Biographien und Traditionen zu einer homogenen Gruppe zusam-menwachsen können.

Die Jugendlichen, die aus ihren Heimatländern fliehen mussten, kamen alleine, ohne ihre Eltern, nach Deutschland. Auf der Flucht mussten sie erleben, wie viel Krieg die Menschen von Land zu Land mitschleppen. Bei der Arbeit an Friedensstraße aber war zu erleben, wie sich Jugendliche in jeder Minute um Frieden bemühen, wie solidarisch junge Männer aus Afghanistan, Syrien und Eritrea miteinander umgehen und sich ge-genseitig unterstützen. Dass seit längerer Zeit Ludwigshafener Jugendliche zur Gruppe gehören, ist von größter Bedeutung. Diejenigen, die hier aufgewachsen sind, haben Türen geöffnet, für die anderen, und auch in sich. Alle haben etwas von sich geschenkt.

„Anrührend, bewegend, fesselnd hebt sich das Theaterstück von dem an deutschen Bühnen ausgebrochenen Flüchtlingsaktivismus wohltuend ab. Politische und soziale Zusammenhänge macht es mit zeitgemäßen Theater-mitteln sichtbar.“ Rheinpfalz

FRIEDENSSTRASSE von Luise RistPROBEBÜHNE 2SA, 15.10.16, 18:00 Uhr SO, 16.10.16, 15:30 Uhr

Junger Pfalzbau/Mahala InternationalInszenierung Luise Rist, Martin Jurk, Sonja Elena Schroeder Musikalische Leitung Hans Kaul Bühne und Video Sonja Elena Schroeder (BILDWERFER) Mitarbeit Bühne Jan WerbelowFür und mit Mohammed Alkamel, Omar Al Falousi, Kaseem Altawba, Rose Abbas, Kashmir Ammarhel, Katrin Fissl, Betül Kaplan, Shaukat Kamaluddin, Khaled Tintawi, Milena Lutz, Antonia Potraffke, Sami Jowhans, Marc van DijkEinheitspreis 5 €, ermäßigt 3 €, Familienpaket 10 € Dauer ca. 50 Minuten

FRIEDENSSTRASSE

OKTOBER 2016

Herzlich Willkommen! - Welcome! - ! راحلا بيحرتلا - Hoş geldiniz! - - !Xêrhatineke germ! - Benvenuto! - Bienvenido - مرگ لابقتسا !Bienvenue!

Es ist erst ein Jahr her, dass eine Bevölkerungsmehrheit die ‚Flüchtlingsfrage‘ ganz und gar angstfrei betrachtete und – obwohl Politik und Medien beständig ein Kippen der Stimmung befürchteten – unverdrossen zu Protokoll gab, dass sie für

die Aufnahme von Geflüchteten sei. Auch heute noch engagieren sich Unzählige, um Geflüchtete zu unterstützen. Doch der Referenzrahmen für die Wahrnehmung und Deutung der Situation hat sich rasant und radikal geändert. Die atemberaubende Demo kratiefähigkeit der Bürger*innen wurde in der Ökonomie der Aufmerksamkeit in gleichem Maße abgewertet, wie ‚Krise‘, ‚Probleme‘ und ‚Rechtsradikale‘ aufgewertet wurden. Von Menschenfeindlichkeit und Abschottung geprägte Maßnahmen gelten nun als moralisch integer. „Gutmensch“ wurde zum Unwort des Jahres 2015, die hoch-gelobte „Willkommenskultur“ steht mittlerweile unter Generalverdacht.

Globale Migrationsbewegungen sind längst eine Tatsache, und mit den Migrant*innen gelangten und gelangen auch deren Traditionen an neue Orte, wo sie bereits vorhandenen lokalen Traditionen begegnen. Ist das der viel beschworene Clash der Kulturen? Oder ist es „jetzt einfach ’ne neue Phase und nichts Schlimmes!“ – wie eine 17jährige Schülerin unlängst auf einer Diskussionsveranstaltung im Deutschen Theater in Berlin der „Panik der Älteren wegen der Flüchtlinge“ entgegen hielt? Und bietet die Vielfalt der Erzäh-lungen, ihre Widersprüche, Konfrontationen und Kompromisse möglicherweise sogar das Gestaltungspotential für die Gesellschaften von morgen?

In der Jungen Offenen Welt kommen diejenigen zusammen, die die Zukunft unserer Gesellschaft bilden. Ein Wochenende und eine (Herbstferien-)Woche lang besetzen insgesamt 20 – 25 junge Ludwigshafener*innen aus unterschiedlichen Lebensbereichen das Theater. Sie erforschen das Phänomen Willkommenskultur und gehen der Frage nach, wie wir gemeinsam leben wollen. In welcher künstlerischen Form die Ergebnisse der Recherche am Ende des Projekts präsentiert werden – ob als Parcours, Koch-Event, Lecture-Performance, Reenactment oder … – ist noch offen. Denn das ent-scheiden die Jugendlichen erst in ihrer jungen OFFENEN WELT.

Willkommen (s) KulturTheater-Recherche zur Eröffnung einer Jungen OFFENEN WELT 2016TREFFPUNKT KASSENFOYERSA, 15.10.16, 16:00 UhrProjekt von und mit 25 Jugendlichen aus Ludwigshafen

Einheitspreis 5 €, ermäßigt 3 €, Familienpaket 10 €

Barbara Kantel ist Dramaturgin, Regisseurin und Projektleiterin. Ihr Arbeitsschwerpunkt liegt auf partizipatorischen, interkulturellen und intergene-rativen Theaterprojekten, u.a. leitet sie das „Mon-tagscafé“ am Staatsschauspiel Dresden, einen in-terkulturellen Begegnungs- und Diskursort für Geflüchtete und Einheimische. Sie war außerdem stellvertretende Leiterin der Jugendtheatersparte am Schauspiel Hannover, Co-Leiterin des jungen dt am Deutschen Theater Berlin und Künstleri-sche Leiterin des Jungen Schauspielhauses Düs-seldorf. Ab der Spielzeit 2016/17 übernimmt sie die Leitung des Jungen Schauspiels Hannover.

Jürgen Salzmann ist Videokünstler, Schauspieler /Performer und Regisseur. Der Schwerpunkt seiner Arbeit liegt auf der Überprüfung, Bearbeitung und Weiterentwicklung zeitgenössischer Bildmedien in theatralen Kontexten. In Zusammenarbeit mit verschiedenen Theatern, Performancegruppen und Einzelkünstlern u.a. in Berlin, Lissabon, Athen, Hamburg und Bremen entwickelt er Installationen und Videokonzepte. Außerdem hat er Lehraufträge an diversen Bildungsinstitutionen.

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Mark Ernestus‘ Ndagga Rhythm ForceKonzertGLÄSERNES FOYERSA, 15.10.16, 20:00 Uhr, JA

Wohlfühlmusik für den Popmarkt spielt diese Truppe gewiss nicht. Die Musiker aus dem Senegal, handverlesen durch den Deutschen Mark Ernes-tus, spielt die einzig wahre Musik, konzentriert auf das Wesentliche – hier

treffen starke Grooves auf rhythmische Komplexität. Ernestus, Gründer des legendären Plattenladens Hard Wax, aus dem 1989 Berlins Clubszene für elektronische Musik hervorging, reiste auf den Spuren traditioneller Rhythmen wie Sabar und Mbalax nach Gambia und in den Senegal. Mbalax ist eine in Westafrika populäre Musikrichtung, die viele verschiedene regionale Einflüsse mit schnellem Rhythm and Blues und z.B. Soca vermischt. Nach einer spontanen Aufnahme-Session in Dakar bildete sich eine kleinere Gruppe von professionellen Musikern, die unter dem Namen Mark Ernestus' Ndagga Rhythm Force seither durch Europa tourte und auch einige große Festivals wie das Melt!, Roskilde oder die Ile de France in Paris bespielte. Veröffentlicht wird die Musik der Gruppe auf dem eigens dafür gegründeten Label Ndagga. Ernestus' Sets bestehen vor allem aus Dub und Reggae, meist in instrumentalen Versionen von Deep-Roots bis zu militanten Stepper-Rhythmen. Raue Electronic-Sounds treffen auf digitalen Mini-malismus, düsteren Doom Metal und rasanten Hardcore.

Die hinreißende Sängerin Mbene Diatta Seck, Percussionist Modou Mbaye und Tän-zerin Fatou Wore Mboup mit ihrer atemberaubenden Bühnenpräsenz und Energie treffen auf legendäre Veteranen der senegalesischen Musikszene wie den Sabar-Schlag-zeuger Bada Seck (der auf der langen einfelligen Trommel der Wolof spielt) und den Gitarristen Assane "Ndoye" Cisse – die beide 30 Jahre lang in der Band des senegale-sichen Sängers Baaba Maal mitwirkten. Hinzu kommen junge Hotshots aus der Szene in Dakar.

Ein neues Album der Gruppe erscheint im Sommer 2016. Im Oktober präsentiert die charismatische Band ihre Version des Mbalax im Gläsernen Foyer der Pfalzbau Bühnen.

Das WELTFest 2016 setzt auf Traditionen, aber nicht als bloße Rückschau oder als hübsche Folklore. Wir begreifen kulturelle Bräuche, Künste, Speisen als verlässlichen Teil einer sich im ständigen Wandel befindenden Identität. Wer

hier zu Hause ist, aber seine Wurzeln in einem anderen Land hat, braucht diese Über-lieferungen, um sich seiner selbst sicher zu sein. In einer von Migranten geprägten Stadt wie Ludwigshafen hat die Traditionspflege einen besonders hohen Stellenwert, und so versammeln sich an einem Sonntag im Oktober Musiker, Tänzer, Sänger und Köche zu einem großen Fest, um das Eigene zu zeigen und das Andere zu erleben.

Den Auftakt machen der Musiker Volker Staub und die Mitglieder seines One-Earth- Orchestra mit einem großen, verbindenden Akt: dem One-Earth-Konzert Unser Meer. Aus ihren Begegnungen mit Musikern verschiedenster Kulturen, darunter Ludwigs-hafener Bürger, die einst aus fernen Ländern ihre Lieder und Instrumente importierten, sind neue Kompositionen entstanden.

Um 11 Uhr versammeln sich alle auf dem Berliner Platz, es wird getrommelt, geklatscht und gepfiffen, und auch die Zuschauer sind eingeladen, sich an dem Spektakel zu betei-ligen. Alle begeben sich dann ins Gläserne Foyer, wo sich syrische, afghanische, bulga-rische, senegalische, israelische und deutsche Klänge mit Texten aus Michael Serres‘ Musik und der Orpheus-Sage verbinden. Und auch hier darf und soll das Publikum ein-stimmen. Musikalisch bereichert wird das One Earth Orchestra durch Ustad Ghulam Hussain aus Afghanistan und Modou Seck aus dem Senegal. Ustad ist von Afghanistan bis Nordindien der Ehrentitel für große Meister. Ghulam Hussain ist ein solcher, ein Virtuose auf der Rubab, einem faszinierenden Saiteninstrument. Von den musikfeind-lichen Taliban massiv bedroht, floh er 2016 nach Deutschland. Der senegalesische Meistertrommler und -tänzer Modou Seck lebt hier schon seit einigen Jahren.

Im Anschluss heißt es Bühne frei und Deckel hoch für alle, die ihre Spezialität mitge-bracht haben. Menschen aus Ludwigshafen und der Region präsentieren Kunst und Essen u.a. aus Griechenland, der Mongolei, Syrien, Afghanistan, Italien, Thailand und Deutschland. Gekrönt wird das Fest durch die Verleihung eines Preises. Mit dem ‚Goldenen Anker‘ werden vier Personen gewürdigt, die durch bürgerschaftliches En-gagement wertvolle Dienste in der Integration und Flüchtlingshilfe geleistet haben.Einheitspreis 20€, ermäßigt 12€

WELTFestOne-Earth-Konzert UNSER MEER Preisverleihung DER GOLDENE ANKERGLÄSERNES FOYERSO, 16.10.16, 11:00 Uhr bis 15:00 Uhr

Freier Eintritt, freie Speisen

Der international bekannte zeitgenössische Kompo-nist Volker Staub ist Gründer des One-Earth- Orchestra, ein multikulturell besetztes Ensemble, das seit 2012 große interkulturelle Musikprojekte in verschiedenen Kontinenten initiierte und realisierte, um die musikalische Vielfalt in einer von der Globali-sierung zunehmend geprägten Welt zu stärken und zu erhalten. Mit Ludwigshafen Sound Surround hat er beim Festival OFFENE WELT 2015 ein Klangevent der besonderen Art geschaffen, bei dem sich ein Liveauftritt von Musiker*innen aus Afrika, der Tür-kei und Korea mit einer Soundinstallation aus All-tagsgeräuschen der Stadt verband.

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In den 1980iger Jahren entwickelten flämische Künstler eine überraschende, neue Theaterästhetik. Tanz, Schauspiel, Musik und Performance flossen zusammen zu einem genreübergreifenden Stil, der sich von den eng gesteckten Grenzen des Theaters

löste und andere, flexible Räume eröffnete. Tänzer und Schauspieler brachten ihre viel-schichtigen Persönlichkeiten und die stets präsente eigene Biographie mit auf die Bühne. So entstanden offene, fragmentarische Projekte jenseits eines Primates von Text oder Cho-reographie. Der bildende Künstler Jan Lauwers und die Tänzerin Grace Ellen Barkey grün-deten zu dieser Zeit die noch heute existierende und weltweit erfolgreiche Needcompany.

Das Ensemble verstand sich von Anfang an als international und multikulturell, und so lag es nahe, sich auf die Spur der Ahnen zu machen und die globalen Einflüsse nachzuverfolgen, die charakteristisch für die Kunst der Needcompany stehen. Bis ins 11. Jahrhundert gehen die Darsteller ihren Stammbäumen nach. Zu dieser Zeit war Cordoba die Hauptstadt der Welt, Frauen hatten dort mächtige Positionen inne, es gab unzählige Bibliotheken und Atheismus war gesellschaftlicher Konsens. Ein blinder syrischer Dichter überlieferte das Gedankengut einer Welt, die in vielem moderner scheint als unsere Gegenwart. Heute weiß man wenig über diese Zeit, denn Geschichte wird von Siegern geschrieben, von Männern, und so verschweigt sie manche unbequeme Details.

Mit den Legenden ihrer Vorfahren schaffen die Mitglieder der Needcompany eine neue, sehr persönliche Erzählung unserer Historie. Sie zeigt, wie sehr die Menschen schon immer in Bewegung waren und wie stark ihr Leben von globalen Entwicklungen bestimmt ist. The Blind Poet ist ein zauberhaftes Tanz-Theater-Spektakel, das viele kulturelle und künstlerische Einflüsse vereint. Sprache, Lieder, Tänze, Artistik und phantasievolle Kostüme zeichnen das Bild einer anderen, bunteren, optimistischeren und durchaus möglichen Weltgeschichte.

The Blind PoetVon Jan LauwersGROSSE BÜHNESO, 16.10.16, 19:00 Uhr, WA

Needcompany, BelgienIn Koproduktion mit Künstlerhaus Mousonturm, den KunstFestSpielen Herrenhausen, Kunsten-festivaldesarts, Brüssel, FIBA – Festival Internacional de Buenos Aires Mit Unterstützung der Flämischen Regierung.Text, Inszenierung, Bühne, Licht Jan Lauwers Choreographie Grace Ellen Barkey Musik Maarten Seghers Kostüme Lot Lemm Assistenz der künstlerischen Leitung und Drama-turgie Elke JanssensMit Grace Ellen Barkey, Jules Beckman, Anna So-phie Bonnema, Hans Petter Melø Dahl, Benoît Gob, Maarten Seghers, Mohamed ToukabriMehrsprachig mit deutschen ÜbertitelnEinheitspreis 26 €, ermäßigt 17 € Dauer 2 Stunden 30 Minuten, eine Pause

Für das zweijährige Projekt Hemsbach Protocol zog Darren O’Donnell, Gründer und künstlerischer Leiter des kanadischen Künstlerkollektivs Mammalian Diving Reflex, zunächst mehrere Wochen in ein Flüchtlingswohnheim in Hemsbach, um

schließlich seinen Lebensmittelpunkt von Toronto in den kleinen Ort an der Bergstraße zu verlegen. Dort entwickelten Darren O’Donnell und sein Team über mehrere Monate gemeinsam mit Geflüchteten und Einheimischen innovative Ansätze von Integration, um auszutesten, was (nicht) funktioniert und Einsichten zu gewinnen, die auch andern-orts von Nutzen sein können. Dabei reicht das Spektrum dieser „Tests“ vom internatio-nalen Kochwettbewerb Hausgemachtes Hemsbach und gemeinsamen Performances über das Knüpfen neuer sozialer und professioneller Netzwerke bis zur unkonventionellen Umsetzung einzelner Pilotprojekte, etwa eines Autoexports von Hemsbach nach Gambia.

Mit den Mitteln der Kunst schafft Mammalian Diving Reflex ein kreatives Labor, in dem das interkulturelle Zusammenleben und die Zukunft nicht nur theoretisch befragt, sondern en miniature ausprobiert werden. Was bedeuten Weinfeste für die regionale Identität, und warum überrascht die Perspektive Geflüchteter auf diese Tradition? Welche kulturellen Codes gilt es beim Dating in Deutschland zu beachten? Hemsbach Protocol konzentriert sich dabei auf das Hier und Jetzt und – mit dem bewährten Optimismus von Mammalian Diving Reflex – darauf, was aus der Selbstermächtigung der Neu-Hemsbacher entstehen kann. Die Etappen dieser Recherche im Mikrokosmos präsentieren die Geflüchteten in einer Performance, die mit entwaffnender Leichtigkeit und Energie von ihrer aktuellen Lebenswirklichkeit berichtet.

Hemsbach Protocol ist ein Projekt des wandernden Kunst- und Kulturprojekts Matchbox der Metropolregion Rhein-Neckar GmbH und Mammalian Diving Reflex in Zusam-menarbeit mit der Stadt Hemsbach, dem Rhein-Neckar-Kreis sowie dem Bürger-schaftlichenIntergrationsProjekt BIP.

Hemsbach ProtocolMammalian Diving Reflex / Darren O'Donnell STUDIOSO, 16.10.16, 17:00 Uhr

Eine Projektpräsentation des wandernden Kunst- und Kulturprojekts Matchbox Team Igor Avramovski, Konstantin Bock, Nuha Bojang, Ebrima Colley, Jana Eiting, Alice Fleming, Lea Gerschwitz, Marie-Luise Hohenadel, Darren O’Donnell, Fitim Pajazitaj, Nwachukwu Samuel, Arman Sharifi, Ibrahim Sulaiman, Onwe Sunday, Jenna Winter, Papa Yankis u.a.Einheitspreis 5 €, ermäßigt 3 €, Familienpaket 10 €

Darren O’Donnell ist Gründer und künstlerischer Leiter von Mammalian Diving Reflex, Dramatiker, Theater- und Filmregisseur, Stadtplaner sowie Autor u. a. des Buches Social Acupuncture, das sich für eine Ästhetik von bürgerschaftlichem Engagement ausspricht. Die Arbeiten von Mammalian Diving Reflex wurden mehrfach ausgezeichnet und weltweit gezeigt, u. a. bei Kunstenfestivaldesart (Brüssel), PuSh Festival (Vancouver), Performa (New York), TBA Festival (Portland) sowie zuletzt am Sydney Opera House, LIFT (London) und bei der Ruhrtriennale.

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In seiner Romantrilogie Stalinorgel, Vergeltung und Faustrecht hat der Autor Gert Ledig seine eigenen Erlebnisse im Krieg und Nachkrieg verarbeitet und das berührende Porträt einer, wie er selbst sagt, „vergessenen Generation“ gezeichnet: junge Männer

und Frauen, die das Grauen der Schlachtfelder und der Bombennächte erlebt hatten und dann den Zusammenbruch all dessen, woran sie glaubten. Für sie gab es kein Gehör und keinen Anwalt, und viele von ihnen fanden erst im hohen Alter Worte für den Schrecken, der sich fest in die Seele eingeschrieben hatte und in Kindern und Enkeln weiterlebte.

Die Bühnenadaption von Tilman Gersch und Barbara Wendland stellt die Geschichte von Faustrecht in den Mittelpunkt. Sie erzählt von vier Menschen um die zwanzig, die sich im anarchischen München der Nachkriegszeit Orientierung und eine Lebensperspektive schaffen möchten. Das ist nicht leicht, denn ein brutaler Überlebenskampf fordert Härte gegen sich selbst und andere. Edel ist ein begabter Maler, aber leider ist seine rechte Hand zerschossen. Rob liebt Olga, aber sie verkauft ihren Körper an die amerikanischen Besat-zer. Hai hat viel Energie, aber er gebraucht sie für die falschen Dinge. Der gemeinsam geplante Überfall auf einen amerikanischen Lastwagen beginnt als großes Abenteuer und endet im Fiasko.

Ein wenig erinnern Ledigs Szenen aus einer Großstadt in Trümmern und im Aufbruch an die Filme der Nouvelle Vague. Dazu montiert die Theaterfassung die überwältigenden Schilderungen aus den anderen beiden Romanen, Bilder eines Bombenangriffs in Deutschland und eines Gefechtes an der russischen Front. So wird fassbar, warum die Figuren aus Faustrecht so sehr mit ihrem Dasein ringen; dass die seelischen Verletzungen, die sie mit sich tragen, noch weit mehr schmerzen als ihre physische Versehrtheit.

„Die vier exzellenten Schauspieler vom Badischen Staatstheater zeigen diese Menschen in bedrohlicher Instabilität. Es sind unschuldige Schuldige, bleischwere Träumer, voller waghalsiger Zuversicht und doch eingekerkert in der Vergangenheit.“ Süddeutsche Zeitung

„...wie lebendig dieser Erzählstoff ist, zeigt die klug arrangierte, atmosphä-risch dichte und intensiv gespielte Bühnenadaption...“ Theater heute

FaustrechtNach Romanen von Gert Ledig Für die Bühne bearbeitet von Barbara WendlandHINTERBÜHNEMI, 19.10.16, 19:30 Uhr

Badisches Staatstheater Karlsruhe/Pfalzbau Bühnen LudwigshafenInszenierung Tilman Gersch Bühne und Kostüme Henrike Engel Musik Alex Gunia Dramaturgie Barbara Wendland/Marlies KinkEinheitspreis 23 €, ermäßigt 13 € Dauer 1 Stunde 40 Minuten

MatchAtriaVon Yui Kawaguchi und Yoshimasa IshibashiHINTERBÜHNESA, 22.10.16, 18:00 und 21:00 Uhr

Yui Kawaguchi und Yoshimasa Ishibashi in Ko-produktion mit Sophiensæle Berlin, Blueproject Barcelona, FFT Düsseldorf und MA scène nationale Pays de Montbéliard JapanKonzept, Tanz, Tongestaltung, Text Yui Kawaguchi Konzept, Visuelle Gestaltung, Musik Yoshimasa Ishibashi Stereoscopic 3D/CG Masahiro Teraoka Videotechnik Ichiro Awazu, Henne Fritze Kostüme Saša KovacevicEinheitspreis 20 €, ermäßigt 12 € Dauer ca. 40 Minuten

Zu Beginn der Vorstellung setzen die Zuschauer 3D-Brillen und Kopfhörer auf, über die der Herzschlag der Tänzerin übertragen wird. Yui Kawaguchi überreicht jedem Besucher ein kleines Herz aus Silikon, das im Puls-Rhythmus aufleuchtet

und vibriert. Man erschaudert, wenn das Herz in der Hand zu flimmern beginnt, das der Forscher Junji Watanabe entworfen hat, der sein Leben dem Taktilen widmete, dem einzigen Sinn, dem der Tanz nie wirklich nachkommen kann. Über das pulsierende Herz ist das Publikum direkt mit der Tänzerin verbunden und es entsteht ein intimer Kontakt zum Geschehen auf der Bühne. Der disziplinierte Körper der Tänzerin taucht in einen einzigartigen surrealen Kosmos aus 3D-Projektionen, Soundeffekten, Stimm- und Klanglandschaften ein. In faszinierenden Bildern sich bewegender Elemente, aufblit-zender Sterne und sprühender Flüssigkeiten in leuchtenden Farben erleben die Zu-schauer eine vibrierende Innenwelt. Rote Blutkörperchen fließen durch das Bild, manchmal abstrakt, manchmal zerklüftet wie der Mond. Mal scheint die Tänzerin über dem Meer zu schweben, mal befindet sie sich im Dickicht eines Waldes, und immer spie-geln sich ihre Bewegungen in den überwältigenden Bildern der Projektionen, die den Betrachter in andere Dimensionen zu entführen scheinen.

Das Tanzstück kombiniert im Titel das Wort „Matcha“ für den Tee der japanischen Tee-zeremonien und die anatomische Bezeichnung des Herzvorhofs „Atria“. Und so lädt die multimediale Tanzinstallation MatchAtria zu einer einzigartigen Berührung der Herzen ein. In Zusammenarbeit mit dem international renommierten bildenden Künstler und Filmregisseur Yoshimasa Ishibashi gestaltet die japanische Tänzerin Yui Kawaguchi eine Herz-Zeremonie, die ihre Besucher im wahrsten Sinne des Wortes „herzlich“ emp-fängt. Dabei sind allerdings weder Tee noch Kimono auf der Bühne zu sehen – vielmehr wird das Prinzip der Teezeremonie als Sinnbild der „Gastfreundschaft“ interpretiert und künstlerisch umgesetzt. Die japanische Teezeremonie steht in der ihr zugrundelie-genden Philosophie dem Zen nahe. So sucht die experimentelle Inszenierung nach einer Verschmelzung von alter und moderner japanischer Kultur, um den Gästen die Möglichkeit einer inneren Einkehr in der heutigen Zeit anzubieten. MatchAtria ver-spricht ein Tanzerlebnis mit allen Sinnen, ein einzigartiges physisches Empfinden, eine fremdartige Reise in unser Innerstes.

Nachgespräch im Anschluss an die Vorstellung Foyer Hinterbühne

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Bitte beachten Sie Am selben Abend ist OCD Love zu sehen. 19:30 Uhr, Große Bühne

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TANZ, DER ÜBER DEN TELLERRAND HINAUSBLICKT

In der Spielzeit 2016/17 kuratiert der Kulturmanager, Drama-turg und Tanzspezialist Honne Dohrmann das Tanzprogramm der Festspiele Ludwigshafen. Wir stellten ihm ein paar Fragen

zum Tanzprogramm "Mighty Moves".

Erstmals haben Sie für die Festspiele Ludwigshafen das Tanz-programm zusammengestellt. Nach welchen Kriterien sind Sie vorgegangen?

Mein Ziel ist es, im Rahmen der Festspiele aktuelle Ent-wicklungen des zeitgenössischen Tanzes vorzustellen. Der Titel „Mighty Moves“ war dabei für mich so etwas wie eine Leitlinie. Viele der eingeladenen Künstler haben mit ihren Produktionen einen großen sozialen und/oder ästhetischen Sprung gewagt. In sozialer bzw. politischer Hinsicht gilt das zum Beispiel für die mittlerweile weltweit gefeierte Produktion Badke, die als eine der ganz wenigen zeitgenössischen Choreographien ein ganz anderes Bild von palästinensischen Traditionen vermittelt als gemeinhin bekannt. Spannend sind aber auch kleinere Arbeiten wie z.B. die des in Italien lebenden Performancekünstlers Glen Çaçi, der sich gemeinsam mit seinem Bruder, einem Zirkusartisten, auf eine berührende Spurensuche nach ihren gemeinsamen albanischen Wurzeln begibt. Den Tanz der „großen Bewegung oder Verän-derungen“ – nichts anderes heißt ja „Mighty Moves“ – verkörpert in ästhetischer Hinsicht auch Israel Galván, der gefeierte Erneuerer des Flamencos. Aber auch Sharon Eyal und Gai Behar haben mit ihrer Compagnie L-E-V ein neues Kapitel des Tanzes aufgeschlagen, in dem sie, ausgehend von Balletttechniken und Technorhythmen, eine hypnotisierende neue Form des Tanzes entwickelt haben.

Knüpfen Sie bei der Konzeption des Programmes an Traditionen des Theaters im Pfalzbau an?

Ja und nein. In den vergangenen Jahrzehnten ist hier Großartiges geleistet worden und das Theater im Pfalzbau hat sich auch international als eines der wichtigsten Gastspielhäuser

in Deutschland etabliert. Spitzencompagnien aus aller Welt, in-novative Formensprachen, ein aufgeschlossenes Publikum; all das verbindet man mit dem Theater im Pfalzbau und besonders mit den Festspielen. Ich fühle mich sehr geehrt, dass ich diese Tradition fortsetzen darf. Gleichzeitig möchte ich natürlich neue Akzente setzen und mich in Zukunft verstärkt auf tanzästhetische und im weitesten Sinne auch soziale Aspekte konzentrieren. Ich mag Tanz, der über den Tellerrand hinausblickt und sich auch aus der Bezie-hung zu seinen Zuschauern speist. Mit seiner Internationalität und Vielgestaltigkeit ist er ein ebenso sinnliches wie kluges Medium, das Austausch und neue Perspektiven schafft.

Neben Compagnien wie dem Aterballetto Reggio Emilia und Danza Contemporánea de Cuba gibt es auch einige Neuentde-ckungen im Programm, zum Teil recht originell und ungewöhn-lich. Ich denke zum Beispiel an die Dancing Grandmothers aus Südkorea. Worauf dürfen sich die Zuschauer da freuen?

Der Choreographin Eun-Me Ahn ist ein faszinierendes Kunststück gelungen, das Menschen jeden Alters in den Bann zieht. Als Leiterin einer Compagnie aus Seoul zog sie zunächst mit einigen ihrer jungen Tänzer übers Land und forderte Senioren auf, für ihre Kamera so zu tanzen, wie sie in ihrer Jugend getanzt haben. Eigentlich sollte dies das Ausgangsmaterial für ein eigen-ständiges Stück werden. Und das wurde es auch. Aber Eun-Me Ahn teilt mit dem Publikum auch die Videos, die einen fast pri-vaten Einblick in die Kultur und Geschichte ihrer Heimat geben. Der große Coup des Abends sind aber die tanzenden Großmütter selbst. Im letzten Teil des Stückes entern sie live und in Farbe die Bühne, tanzen mit den jungen Profitänzern und verbreiten eine überschäumende Lebensfreude. So holt die Realität die Kunst am Ende wieder ein. Die Frage nach dem, was nun eigentlich „jung“ heißt, darf sich dann jeder Zuschauer selbst beantworten. Die Dancing Grandmothers jedenfalls sind auf anrührende Weise

Interview mit Honne Dohrmann, dem neuen Tanzkurator der Festspiele Ludwigshafen

spektakulär, passen in unsere immer älter werdende Gesellschaft und sind nicht nur deshalb in Frankreich schon ein Riesenhit. Im Rahmen der Festspiele sind sie nun erstmals in Deutschland zu erleben.

An einigen Abenden haben Sie zwei Programmpunkte hinterei-nander gestellt. Gibt es inhaltliche Bezugspunkte zwischen den jeweiligen Veranstaltungen? Und an welches Zielpublikum richten sich die ausgewählten Stücke?

Ich bin bei der Recherche zum Festspielprogramm auf einige äußerst bemerkenswerte, manchmal nur 45 Minuten lange Programme gestoßen, die einen intimeren Rahmen erfordern. Man kann kaum anders, als Vera Tussings wunderbare kleine Ar-beit The Palm of Your Hand mit einem Lächeln auf den Lippen zu verlassen. In Yui Kawaguchis MatchAtria schenkt die Künstlerin den Besuchern im wahrsten Sinne des Wortes ihr Herz. Diese kleinen Kostbarkeiten kann man sich auf der Hinterbühne direkt vor oder nach den am selben Abend stattfindenden Vorstellungen im Großen Haus ansehen. Einen engeren Zusammenhang gibt es im weitesten Sinne zwi-schen den Vorstellungen der Vertigo Dance Company und dem ebenso knappen wie hoch subversiven Duett We Love Arabs von Hillel Kogan. Wer beide Vorstellungen sieht, erlebt an einem Abend das große Spannungsfeld, in dem sich Künstler aus Israel heute bewegen.

Sie stellen dem Ludwigshafener Publikum auch die Choreogra-phien HOM & FAM vor, ein Minifestival der Compagnie tanz-mainz, deren Direktor Sie seit der Spielzeit 2014/15 sind. Choreographiert haben aber nicht Sie selbst?

Nein, ich bin ein kuratierender Direktor. D.h. dass wir in Mainz verschiedene Choreographen einladen, um mit unserem festen Ensemble von 20 Tänzern zu arbeiten. Damit suchen wir einen Weg, der unseren Besuchern vielgestaltige Handschriften von hoher Qualität bietet. Beim Publikum kommt das gut an, wir freuen uns über einen schnell wachsenden Zuspruch und zahlreiche Gastspielanfragen. Innovativ geht es auch bei HOM & FAM zu. tanzmainz hat sechs außergewöhnliche junge Choreographen und Choreographinnen eingeladen, die sich international schon erste Meriten erworben haben. Sie haben jeweils mit zwei Männern bzw. zwei Frauen gear-beitet. Dabei waren die Teams klaren Regeln unterworfen: 20 Probentage, 20 Minuten Dauer, 10 Scheinwerfer, alles muss in einen Koffer passen. Wir wollen damit das Staatstheater für neue Handschriften öffnen und für frischen Wind sorgen. Was man in diesen sechs Duetten zu sehen bekommt, ist abwechselnd virtuos, radikal, saukomisch, verrückt und noch viel mehr. Selten geht man als Zuschauer in so kurzer Zeit durch so viele Stimmungsbäder.

Vor Ihrem Engagement in Mainz haben Sie einige Stationen an verschiedenen renommierten Theatern und Festivals durchlau-fen. Würden Sie uns etwas über Ihren künstlerischen Werde-gang verraten?

Ich bin ein Quereinsteiger, der erst vergleichsweise spät seine Liebe zum Tanz entdeckt hat. Nach Anfängen als Sport-journalist habe ich das Veranstalterhandwerk als Programm- Koordinator in der Kulturetage Oldenburg gelernt. Wir haben dort in den 1990er Jahren mit wenig Geld und einfachen Mitteln internationale Gastspiele gezeigt und ich habe mich für eine Weile sehr auf Theater aus Ost- und Mitteleuropa spezialisiert. Dann gründete ich ein Büro für Kulturmanagement und machte für viele Jahre alles, was so anfiel und mir Spaß machte, Straßen-theaterfestivals, Kulturprogramm für die Landesgartenschau, Kabaretttage. Mit zwei Freunden veranstaltete ich die ersten Sandskulpturenfestivals in Deutschland, vor gut 10 Jahren eine große Sache mit über hunderttausend Besuchern pro Jahr. Pa-rallel hatte etwa im Jahr 2000 mein Tanzleben begonnen, als ich über Umwege einer der künstlerischen Leiter des TANZ Bremen Festivals wurde. Ab dann hat mich Tanz wegen seiner ästheti-schen Offenheit und Internationalität zunehmend fasziniert und ich begann meine anderen Tätigkeiten sukzessive zurückzufahren. Nach einigen Tanz- und Theaterfestivals, die ich für die Interna-tionale Kulturfabrik Kampnagel Hamburg kuratiert habe, kam ich 2006 mit dem designierten Generalintendanten des Olden-burgischen Staatstheaters, Markus Müller, ins Gespräch. Es war 2007 dann ein bis dahin für ein Staatstheater sehr unüblicher und wohl auch mutiger Schritt, einen Tanzautodidakten einzuladen, Tanzdirektor zu werden. Wir begannen von da an kontinuierlich das aufzubauen, was wir seit 2014 in größerer Form am Staats-theater Mainz fortsetzen: Eine lebendige Tanzsparte mit einem starken Ensemble, den Handschriften aufregender Choreogra-phen und einem Festival, das Türen und Sinne öffnen soll. Und Letzteres freue ich mich jetzt auch für dieses große Haus in Ludwigshafen konzipieren zu dürfen...

Und nun noch eine persönliche Frage: Welches der eingelade-nen Stücke ist Ihr Favorit?

Das lässt sich leicht beantworten: Alle :)

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Der Titel OCD bezieht sich auf das gleichnamige Gedicht von Neil Hilborn. Als Sharon Eyal darauf stieß, kam es ihr so vor, als habe sie einen Seelenfreund ge-troffen. In dem Gedicht, das in einem Stil abgefasst ist, als sei es für einen Poetry

Slam geschrieben worden, nimmt Hilborn die Perspektive eines Menschen ein, der an einer obsessiven Zwangsstörung leidet, und führt vor Augen, wie sich eine solche Persön-lichkeit auf eine Liebesbeziehung auswirkt. Er schildert das permanente Händewaschen, das An- und Ausschalten von Licht und das gnadenlose Bedürfnis nach Vollkommenheit, das zunächst einen Reiz ausübt, die Partnerin aber schließlich abstößt. „Nachts liegt sie im Bett und beobachtet mich dabei, wie ich die Lichter ausschalte. Und an und aus und an und aus und an und aus...“, schreibt Hilborn. "Wenn mich Dinge nicht mehr loslassen, stelle ich mir zum Beispiel vor, wie mir Keime unter die Haut kriechen, oder wie ich von einer endlosen Autoschlange zerquetscht werde... Sie war das Erste, das schön war.“Sharon Eyal fand Hilborns Text so stark, dass sie ihn gar nicht mehr weglegen konnte. Sie sah darin eine bereits angelegte Choreographie. Sie betrachtete den Text als Gussform, in den sie ihre Inspiration und sich selbst gießen konnte. Sharon Eyal zählt zu den herausragenden Kreativen der israelischen Tanzszene. Über zwei Dekaden galt sie geradezu als Aushängeschild der Batsheva Dance Company, zunächst als Tänzerin, später als Hauschoreographin. Zusammen mit Gai Behar führte sie eine voll-kommen neue Ästhetik ein, die von Nachtleben, Dunkelheit und Sinnlichkeit zehrte. Verstärkt wurde diese Ästhetik durch die Musik Ori Lichtiks. Im Jahre 2013 beschlossen Eyal und Behar, die Komfortzone bei Batsheva zu verlassen und ihre eigene Company zu gründen. Ohne an einen bestimmten Ort oder auch an ein Land gebunden zu sein, stellt L-E-V im Bereich des Tanzes ein neues Modell dar. Mit seinen sechs internationalen Tänzern bereist L-E-V den Globus und probt in Studios von Schweden bis Tel Aviv für Auftritte weltweit. Zu früheren Werken für L-E-V gehören House für die Batsheva Dance Company, Killer Pig für Carte Blanche in Norwegen und L-E-V Night Show. Letztere lädt das Publikum dazu ein, Tanz in ungewohnter Umgebung zu erleben: in einem Nachtclub. Mit OCD Love setzen Eyal und Behar ihre dunkle Reise fort, gesäumt von Leidenschaft, Verzweiflung und Techno-Beats. Indem sie Hilborns Text als Grundlage benutzten, war

OCD LoveChoreographie von Sharon Eyal und Gai BeharGROSSE BÜHNEFR, 21.10.16, 19:30 Uhr, BR 1 SA, 22.10.16, 19:30 Uhr, TT

L-E-V Dance Company, Israel Klangkünstler Ori Lichtik Licht Thierry Dreyfus Kostüme Odelia Arnold Von Rebecca Hytting, Gon Biran, Sharon Eyal, Gai BeharPreise 46 € / 39 € / 32 € / 25 € Dauer 55 Minuten

Bitte beachten Sie: Am Sa, 22.10., ist vor und nach dieser Vorstellung MatchAtria von Yui Kawaguchi und Yoshimasa Ishibashi zu sehen.18:00 und 21:00 Uhr, Hinterbühne

der Schaffensprozess stark davon beeinflusst. Für gewöhnlich beginnt Eyal mit der Be-wegung und überlässt es dem Fließen des Körpers, die Richtung für die Choreographie vorzugeben. Im Falle von OCD Love ging sie von einem Bild oder einer Struktur aus, die bereits in ihrem Kopf war. „Zum ersten Mal waren die Umrisse des Kerns, aus dem später das Stück erwachsen würde, schon in meiner Vorstellung vorgeformt, bevor wir überhaupt angefangen hatten zu arbeiten. Ich wusste schon, wie es roch und wie es sich anfühlte. Wie das Ende der Welt, ohne Gnade. Der Duft von Blumen, aber sehr stark. Als ob man in ein Loch fallen und nie mehr zurückkommen würde. Sehr viel Krach, aber zur Ruhe entschlossen. Es ist nicht so, dass ich etwas Trauriges machen will. Ich muss einfach etwas aus mir hervorholen, so als hätte ich einen dunklen Stein in der Brust.“, erläutert Eyal.

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Späte Nachbarn

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„Die meisten meiner Arbeiten spielen in privaten Räumen – Wohnungen, Zimmern, Häusern, mit all den kleinen Details und Gegenständen, Gerüchen und Atmosphä-ren, die für gewöhnlich zu intim sind, um sie Fremden zu zeigen. Und nur im Schutz dieser begrenzten Räume trauen wir uns, wir selbst zu sein. Von dem Moment an, wo wir unsere Wohnungen verlassen, sind wir nicht mehr ehrlich. Unsere ‚geheimen Engel‘ gehen nicht nach draußen. Unsere ‚geheimen Dämonen‘ auch nicht. Sie sind lebens-länglich in unserem Zuhause gefangen.“ Alvis Hermanis

Ein Appartement in einer seltsam trostlosen Wohnanlage in Florida und eine mit indischen Devotionalien überladene New Yorker Hippie-Wohnung, entworfen von Bühnenbildnerin Monika Pormale, bilden im zitierten Sinne des lettischen Theater-

machers Alvis Hermanis den jeweils intimen Rahmen zweier Episoden, in denen sich Barbara Nüsse und André Jung als schräge Paare begegnen. Die Figuren, die sie verkör-pern, sind den Geschichten des jüdischen Nobelpreisträgers Isaac B. Singer entstiegen. Wie Singer, der 1935 von Warschau nach New York emigrierte, sind die Juden, denen sein Augenmerk gilt, aus Ost-Europa in die Vereinigten Staaten geflohen, ohne jedoch in Amerika jemals ganz und gar anzukommen. Sie mussten ihre Wurzeln ausreißen, sich zwangsweise verpflanzen und blieben so Fremde in einem unbekannten Land.

Der in den 30er Jahren von der Alten in die Neue Welt immigrierte Harry ist mit Immo-bilien zu Geld gekommen, doch glücklich hat es ihn nicht gemacht. Einsam ringt er in seinem Appartement in Miami Beach mit Schlaflosigkeit und anderen körperlichen Bedürfnissen, bis eines Tages seine neue, schrill herausgeputzte Nachbarin vor der Tür steht und in dem innerlich Erstarrten schlummernde Leidenschaften wieder erweckt.

Alte Nachbarn dagegen sind Dr. Kalischer und Mrs. Kopitzki, zwei in die Jahre gekommene jüdische Einwanderer in New York. Mrs. Kopitzki, die als Nebenverdienst telepathische Séancen abhält, bietet ihrem in der Vergangenheit lebenden Nachbarn Trost: Gast-freundlich und selbstlos serviert sie ihm nicht nur ein Abendbrot, sondern schenkt ihm außerdem die Illusion einer telepathischen Wiederbegegnung mit seiner im alten Europa, in Krieg und Holocaust zurückgebliebenen Geliebten.

Barbara Nüsse und André Jung verleihen den beiden unterschiedlichen Paaren tragische Größe und Würde und lassen die Aufführung, die von den Münchner Kammerspielen ans Thalia Theater übernommen wurde, zu einer Sternstunde des Theaters werden.

Späte NachbarnZwei Séancen von Alvis Hermanis nach Geschichten von Isaac B. SingerGROSSE BÜHNEMI, 26.10.16, 19:30 Uhr, S 2, TG 5, TG 6 DO, 27.10.16, 14:30 Uhr, SEN 1

Werkschau Thalia Theater Hamburg Inszenierung Alvis Hermanis Dramaturgie Julia Lochte Darsteller André Jung, Barbara NüssePreise 40 € / 34 € / 28 € / 22 € SEN 1 Einheitspreis 23 €, ermäßigt 13 € Dauer 3 Stunden 15 Minuten

Upper Eastside (DE) Choreographie Michele di Stefano Musik Lorenzo Bianchi Hoesch

#Hybrid (DE) Choreographie Philippe Kratz Musik Romare

Lego Choreographie, Bühne und Kostüme Giuseppe Spota Musik Ezio Bosso, A Filetta, Jóhann Jóhannsson, Ólafur Arnalds/Nils Frahm

Preis 46 € / 39 € / 32 € / 25 € Dauer 1 Stunde 35 Minuten

Aterballetto Reggio EmiliaGROSSE BÜHNESA, 29.10.16, 19:30 Uhr, BR 2, PAS, WA

Es ist vollendet, es ist perfekt, es ist atemberaubend“, hieß es angesichts eines Auftritts von Aterballetto in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung. 1979 ge-gründet, entwickelte sich Aterballetto rasch zu einem Tanzensemble von Welt-

klasse, wie es in Italien kein zweites gibt. Zunächst eher klassisch orientiert, steht Aterballetto heute für moderne Choreographien von bewegender Intensität, Leichtig-keit, Sinnlichkeit und Witz. Bei ihrem einmaligen Gastspiel im Rahmen der Herbstfest-spiele präsentiert Aterballetto die Werke dreier Choreographen, die der Compagnie seit langem eng verbunden sind.

Ausgangspunkt von Michele di Stefanos Stück Upper Eastside ist der Vergleich der cho-reographischen Struktur mit einem mathematischen System, das es den Tänzern erst möglich macht, die vermeintlich willkürlichen Bewegungsabläufe wieder abzurufen und zu reproduzieren. Wie in einer Art Grammatik beginnt die physische Information zu zirkulieren und im Raum eine Linguistik zu entfalten. Einzelne Sequenzen kristallisieren sich heraus, denen die Tänzer Leben einhauchen. Durch die Dynamik der Körper ent-steht eine Architektur des Tanzes, ganze Landschaften werden sichtbar.

In seinem kurzen Stück #Hybrid kombiniert Philippe Kratz zwei unterschiedliche (Tanz-)Stile miteinander: Spitzentanz trifft auf Street Dance, melodische Akkordfolgen werden in einem Mix afro-amerikanischer Musik von Romare in Variationen wieder aufgegriffen. In der Verknüpfung durchbrechen zwei als gegensätzlich empfundene Stilrichtungen ihre Grenzen und erschaffen ein reizvolles neues Mosaik.

Giuseppe Spota hat sich in seiner Choreographie Lego vom Leben in der Großstadt ins-pirieren lassen. Indem wir Straßen und Brücken überqueren, führt uns der Weg zu Freunden, Familie, der Liebe. Um zum Ziel zu gelangen, ist es unvermeidbar zu laufen, doch manchmal verirren wir uns auch, denn eine Stadt ist nicht perfekt. Straßen können gesperrt sein und verhindern, dass wir unsere Verabredungen einhalten. Die Menschen reagieren dabei sehr verschieden auf solche Hindernisse: manche kehren um und gehen zu ihrem Ausgangspunkt zurück, manche geben auf und andere lassen sich auf das Abenteuer ein, unbekannte Wege zu gehen und am Ende doch noch anzukommen.

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Nachgespräch MI, 26.10.16 im Anschluss an die Vorstellung Gläsernes Foyer

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DAS THALIA THEATER HAMBURG

In einer Werkschau stellt sich bei den Festspielen Ludwigshafen 2016 das traditionsreiche Thalia Theater Hamburg vor. Insgesamt sechs Produk-tionen zeigen einen Querschnitt der vielfältigen Regiehandschriften des Hauses und bringen eine Reihe hervorragender Schauspielerinnen und Schauspieler nach Ludwigshafen.

Das Hamburger Thalia Theater, eine der ältesten Schauspielbühnen Deutsch-lands, liegt inmitten von Wohn- und Geschäftshäusern im Herzen der Stadt an der Alster. Gegründet wurde es 1843 von Cheri Maurice, 1912 erhielt es seinen

heutigen Standort. Nach der weitgehenden Zerstörung im Jahr 1943 wurde es restau-riert und im Dezember 1960 wiedereröffnet. Schon immer stand das Haus für großes Schauspiel und virtuose Darsteller. Unter der Intendanz von Boy Gobert ab 1969 wird es auch zu einem Markenzeichen für zeitgenössisches Regietheater mit Namen wie Peter Zadek, Hans Neuenfels und Jürgen Flimm. 1972 eröffnet Gobert als Experimen-tierstätte eine Studiobühne in der Kunsthalle. 1980 bis 1985 leitet der vom Ensemble gewählte Peter Striebeck das Theater, abgelöst wird er dann von Jürgen Flimm.

Hatte das Thalia bis dahin das Image des eher bürgerlichen Theaters, begibt sich Flimm mit Regisseuren wie Jürgen Gosch, Alexander Lang, Ruth Berghaus, Thomas Langhoff, George Tabori in eine modernere Richtung. Die Musicals von Robert Wilson (zusammen mit Tom Waits und Lou Reed) sind Legende und gehen weltweit auf Tournee – auch in Ludwigshafen werden sie gezeigt. Das Theater wird mehrmals zum Berliner Theater-treffen eingeladen und zum Theater des Jahres gewählt. „Nebenbei“ wird das Thalia Theater das wirtschaftlich erfolgreichste Sprechtheater Deutschlands. Nach Jürgen Flimm übernimmt Ulrich Khuon das Haus und eröffnet in seiner ersten Spielzeit das „Thalia in der Gaußstraße“. Er setzt ebenfalls auf starke Regiehandschriften (Andreas Kriegenburg, Stephan Kimmig, Michael Thalheimer, Armin Petras) und verstärkt auf Uraufführungen. Tilman Gersch inszeniert in der Auftaktspielzeit Wedekinds Frühlings Erwachen, die erfolgreiche Arbeit läuft vier Jahre lang meist vor ausverkauftem Haus. Mit den Autorentheatertagen wird der schreibende Nachwuchs gefördert, und in Zu-sammenarbeit mit der Körber-Stiftung entsteht mit dem Körber Studio Junge Regie eine Bühne für junge Regisseure. Das Theater wird regelmäßig zum Theatertreffen eingeladen und zum Theater des Jahres gekürt.

Seit Sommer 2009 ist Joachim Lux Intendant des Thalia Theaters. Bereits in seiner ersten Spielzeit konnte er starke Regisseure an das Haus binden: Luk Perceval als leitenden Regisseur, Nicolas Stemann, Jan Bosse, Dimiter Gotscheff sind nur einige Namen. Lux setzt sich verstärkt für die Verständigung zwischen den Kul-turen, gesellschaftlichen Schichten und Religionen ein. Dafür steht auch das interkulturelle Festival „Um alles in der Welt – Lessingtage“, das seit 2010 zwischen Ende Januar und Anfang Februar, ausgehend von Lessings aufklärerischen Gedanken, am Thalia Theater mit renommierten internationalen Gastspielen stattfindet. Ein Schwerpunkt des Spielplans ist die Pflege von Ge-genwartsautoren wie Elfriede Jelinek, deren Stücke unter anderem von Nicolas Stemann uraufgeführt werden. Viele internationale Gastspieleinladungen – u.a. nach Russland, China, Bogotá und in die europäischen Länder – sowie zahlreiche Auszeichnungen für Schauspieler, Inszenierungen, Regisseure und Bühnenbildner bestätigen die kontinuierliche Arbeit des Thalia Theaters und seiner Mitarbeiter. Joachim Lux publiziert regelmäßig. Für dieses Magazin beantwortete er uns einige Fragen.

Sie eröffnen die Spielzeit 2016/17 u.a. mit einem neuen Stück von Elfriede Jelinek. WUT ist der Versuch, einem Gefühl auf die Spur zu kommen, das mehr und mehr unsere Öffentlichkeit beherrscht und sich in verbaler oder auch physischer Gewalt Platz schafft. Was macht die Menschen wütend? Worüber könnten Sie sich zur Zeit besonders ärgern?

Wut und Angst sind zwei komplementäre Zustände. Wut entsteht aus Angst. Wenn es nicht so traurig und gefährlich wäre, wäre es ein Witz: erstmals überhaupt gibt es eine tief in den Be-völkerungen verankerte europäische Bewegung: sie ist nur leider anti-europäisch. Eine Internationale des Nationalismus! Eine europäische Allianz der Europagegner! Europa hat sich für viele zur abstrakten Negativ-Projektionsfläche für alle Todsünden und Plagen entwickelt. Das Phänomen hat uns alle überrascht, erstaunen allerdings tut es mich nicht. Erstaunlich – und deutli-cher – ärgerlich ist, mit welcher Naturreflexivität die Menschen die nationale Karte ziehen und Politikern vertrauen, die auf äußerst durchsichtige Weise verantwortungslose Hasardeure sind. Das ärgert mich gewaltig.

Im Herbst 2015 haben Sie und Ihre Mitarbeiter in der Flücht-lingsdebatte eindeutig Stellung bezogen und Flüchtlingen auf verschiedenste Weise Hilfe angeboten. Was war das Motiv für dieses Engagement? Was kann das Theater von den Geflüchteten lernen?

Es ist eine humanitäre Selbstverständlichkeit, Notleidenden und Flüchtlingen zu helfen. Wir unterstützen die Flüchtlinge in unserem internationalen Café „Embassy of hope“ imme noch,

bieten Versammlungsmöglichkeiten, Hilfestellung bei Ämter-gängen, Sprachunterricht etc. Abgesehen davon lebt das Theater davon, sich in den Anderen hinein zu versetzen und immer neugierig auf den Anderen, auch auf den ganz Anderen zu sein. Er ist nicht Bedrohung, sondern Bereicherung.

Das Thalia Theater Hamburg ist viel in der Welt unterwegs – Gastspiele führten sogar bis nach Russland und nach China. Was treibt Sie immer wieder in die Ferne?

Die Gastspiele in Beijing, Shanghai oder Tianjin, in Sydney, St. Petersburg, Moskau oder Bogotá, von den vielen europäischen Gastspielen in Avignon, Edinburgh oder anderswo ganz zu schweigen, sind eine unendliche Bereicherung. Wir sind stolz und glücklich, dass wir all diese Erfahrungen machen dürfen. Sie verändern auch den Blick auf zu Hause und relativieren die eigene Engstirnigkeit.

Seit sieben Jahren sind Sie Intendant am Thalia Theater. Bei einer Ehe spricht man vom verflixten siebten Jahr, das es zu über-stehen gilt. Wie geht es Ihnen in Ihrer Ehe mit dem Hamburger Publikum?

Naja, also verheiratet bin ich mit meiner Frau. Das Pub-likum ist unser stetiger Begleiter, mal kritischer, mal freudvoller, offenbar eher selten gelangweilt. Im Durchschnitt haben wir 270–280.000 Zuschauer – mit Abstand mehr als jede andere Schauspielbühne in Deutschland, in Spitzenzeiten sogar deutlich über 300.000 Zuschauer. Aber genauso wichtig wie Quantitäten ist die Qualität der Beziehung. Ich habe den Eindruck, dass wir uns aneinander entwickeln. Und solange das fern von Routine so ist, ist alles gut.

In einem Vortrag, nachzulesen auf der Homepage Ihres Hauses, bezeichnen Sie das Theater als Sinnstiftungsorgan. Wo finden Sie Ihren ganz persönlichen Sinn in dieser Kunst?

Ich hoffe, dass die Kunst, dass das Theater mir hilft, meine Poren zu öffnen. Für geglückte Augenblicke jenseits des Alltags. Gegenwelten mit Möglichkeitssinn.

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Die Tragödie von Romeo und JuliaVon William ShakespeareGROSSE BÜHNEDI, 01.11.16, 19:30 Uhr, S 1 MI, 02.11.16, 19:30 Uhr, AL 1, JA

Shakespeares Tragödie von Romeo und Julia ist zeitlos. Nicht nur, weil darin die Liebe in ihrer größten Absolutheit beschworen wird; die fatale und tödliche Feindschaft zweier Familien in einer Stadt bleibt ein immer aktuelles Sujet und ist oft politisch

gedeutet worden. Die Regisseurin Jette Steckel konzentriert sich auf das Liebesthema, und für sie ist es das Drama zweier Pubertierender an der Grenze zwischen Kindheit und Erwachsenwerden. Birte Schnöink und Mirco Kreibich spielen zwei Jugendliche, die wie berauscht sind voneinander und überwältigt von den Gefühlen, die sie zum ersten Mal erleben und in ihrer ganzen, letztlich tödlichen Konsequenz auskosten.Erste Liebe ist ohne den passenden Sound kaum denkbar, darum gibt Jette Steckel der Musik einen wichtigen Part. Mit Anja Plaschg, in der Gothic-Szene berühmt als Soap & Skin, und Anton Spielmann von der Band 1000 Robota stehen zwei Ikonen der heutigen Popkultur auf der Bühne und kommen besonders da zum Zuge, wo die Sprache ihre Grenzen hat. Sie doppeln das Liebespaar, begleiten ihr Pendant durch die Höhen und Tiefen des Gefühlslebens und erzählen parallel ihre ganz eigene Geschichte. Und dann sind da noch die vierzig Jugendlichen aus Hamburg, die ebenfalls als Verstärker und Echo des Paars die Geschichte im Hier und Jetzt verorten. Es ist immer eine Gratwanderung, von großen Gefühlen zu erzählen. Jette Steckel schreckt davor nicht zurück, und glück-licherweise ist es ihr auch nicht peinlich, die Insignien und Codes der Jugendkultur zu nutzen. So gelingt ihr eine glaubhafte und ausgesprochen unterhaltende Inszenierung, die Menschen jeden Alters ins Herz trifft, sofern ihre Erinnerung an die Entgrenztheit und das Chaos jugendlicher Gefühlswelten noch nicht ganz erloschen ist. Für ihre über-zeugende Regiearbeit wurde sie mit dem Preis DER FAUST 2015 ausgezeichnet.

Jette Steckel ist ein Theaterkind. Als Tochter einer Bühnenbildnerin und eines renommierten Regisseurs und Shakespeare-Übersetzers ist ihr das Talent in die Wiege gelegt. Direkt nach der Schule begann sie mit Hospitanzen und Assistenzen an der Schaubühne Berlin, am Burgtheater Wien und am Hamburger Thalia Theater. Noch vor Beginn ihres Regiestudiums in Hamburg insze-nierte sie erstmals am Schauspielhaus Bochum, und schon vor ihrem Abschluss wurde sie mit einer Arbeit zum Mülheimer Stückemarkt einge-laden. Seither inszeniert sie regelmäßig in Hamburg, Berlin, Köln und Wien. In einem Porträt des Goethe-Instituts bescheinigt ihr der Kritiker Till Briegleb ein „Verständnis von Realismus als Kunst, das mehr psychologisch als emotional agiert, mehr an Begründungen interessiert ist denn an Assoziationen“.

Werkschau Thalia Theater HamburgInszenierung Jette Steckel Musik Anja Plaschg (Soap&Skin), Anton Spielmann (1000 Robota) Bühne Florian Lösche Kostüme Pauline Hüners Choreographie Dorothea Ratzel Dramaturgie Carl Hegemann Mit Birte Schnöink, Anja Plaschg, Mirco Kreibich, Anton Spielmann, Karin Neuhäuser, Stephan Bissmeier, Julian Greis, Pascal Houdus, Matthias Leja, Oda Thormeyer, Rafael Stachowiak, Sven Schelker sowie ca. 40 Jugendlichen aus Hamburg Preise 40 € / 34 € / 28 € /22 € Dauer 3 Stunden 30 Minuten

„Wenn zehn Romeos an der Rampe stehen und brachial laut auf E-Gitarren spielen, bringt einem das mehr über Shakespeare bei als zehn andere Aufführungen.“ FAZ

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Die DreigroschenoperVon Bertolt Brecht Musik von Kurt WeillGROSSE BÜHNESA, 05.11.16, 19:30 Uhr, AL 2 SO, 06.11.16, 19:30 Uhr, TG 1, TG 4, WA

Der Clou kommt gleich am Anfang: wer bei Antú Romero Nunes‘ umwerfend anderer Inszenierung der Dreigroschenoper mit üppigen Kulissen und Kostümen gerechnet hat, sieht sich erst einmal enttäuscht. Wenn sich der Vorhang hebt,

meint man, dem Autor leibhaftig zu begegnen. Alle Darsteller ähneln dem großen Brecht in seiner typischen Montur mit Blaumann, Schiebermütze, Meckie-Schnitt, Nickelbrille und natürlich der unvermeidlichen Zigarre. „Es muss etwas Neues gesche-hen!“ lautet der erste Satz des Werkes, und wahrhaftig sehen die Zuschauer das altbe-kannte Werk auf ganz neue Art und dennoch irgendwie vertraut.

Der Kampf zwischen dem Bettlerkönig Peachum und dem Verbrecherkönig Mackie Messer um die Macht und um die Zuneigung der Frauen, in dem Brecht die Grundzüge des Raubtierkapitalismus unterhaltsam darlegt, wird hier zum ironisch unterlegten Kampf um die richtige Brecht-Auslegung erweitert. Das fulminante Ensemble des Thalia Theaters Hamburg schlüpft mit Verve und einer großen Portion Komödiantik in die verschiedenen Rollen und gibt dabei ganz nebenbei einen unterhaltsamen Einfüh-rungskurs in den Brecht’schen Verfremdungseffekt: da werden Kulissen gespielt, Re-gieanweisungen zitiert, immer wieder wird gezeigt, mit welchen Mitteln man Effekte erzielt, und dabei wiederholen die Darsteller auch mal gekonnt eine Szene. Angerei-chert ist das Ganze mit Slapstick, grellen Kabarettnummern und mitreißenden Juxszenen, dargeboten mit überbordender Spielfreude. „Langsam begreifen wir, dass der V-Effekt kein Energiegetränk ist“ – das ungezwungene Spiel mit der Verfremdung verhilft dem Stück zu neuer Blüte, ohne den pädagogischen Zeigefinger zu erheben. Ob Victoria Trauttmansdorff als zänkische Mrs. Peachum, Jörg Pohl als herrlich zynischer Peachum

Werkschau Thalia Theater HamburgInszenierung Antú Romero Nunes Musikalische Leitung Johannes Hofmann Bühne Florian Lösche Kostüme Viktoria BehrMit Sven Schelker, Jörg Pohl, Victoria Trauttmans-dorff, Katharina Maria Schubert, Thomas Niehaus, Lisa Schmalz, Franziska Hartmann, Paul Schröder Musiker Carolina Bigge, Anna Katharina Bauer, Eva Barta, Natascha Protze, Jonathan Krause, Chris Lüers, Anita Wälti, Kerstin SundPreise 40 € / 34 € / 28 € / 22 € Dauer 3 Stunden 10 Minuten

oder der larmoyante Macho Mackie Messer – die Schauspieler werfen sich mit Begeis-terung in das doppelbödige Spiel und bieten eine hinreißend alberne, witzige Neuinter-pretation des Brecht-Klassikers.

Dabei kommt auch die Musik ausgiebig zu ihrem Recht: Unterstützt von der herausra-genden Band unter der Leitung von Schlagzeugerin Carolina Bigge werden die Songs bravourös dargeboten. Zeitlos frisch kommen die berühmten Lieder über die Rampe, balladesk oder kämpferisch, und dazu tanzt das Ensemble Tango oder Charleston. Dass am Schluss der rettende reitende Bote im historischen Kostüm auch noch auf einem echten Gaul dahergeritten kommt, ist dann nur noch das I-Tüpfelchen einer gelungenen Inszenierung voller Doppelbödigkeit.

Nachgespräch SA, 05.11.16 im Anschluss an die Vorstellung Gläsernes Foyer

Gefördert durch

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Sie haben in den Neunzigern den Postrock miterfunden und danach nie aufgehört, aufregende, gensprengende Musik zu machen“, schreibt der „Spiegel“ zum Wirken der Instrumentalband Tortoise aus Chicago. Tortoise besteht aus den Multi-

instrumentalisten Dan Bitney, John Herndon, Doug McCombs, John McEntire und Jeff Parker, die seit 25 Jahren zusammen als eine der ersten amerikanischen Indie-Rock-Bands Krautrock, Dub, Minimalismus, elektronische Musik und Jazzelemente in ihre Musik einbringen. Typisch für den Klang der Gruppe ist der oft collagenartige Umgang mit verschiedenen stilistischen Elementen und deren Verfremdung im Studio. Die fast vollständig instrumentale Musik von Tortoise entzieht sich daher aufgrund ihrer vielfältigen Einflüsse einer einfachen Kategorisierung.

The Catastrophist, das aktuelle Studioalbum, ist ein Album, das von launischen Synthie- Jams geprägt wird und dabei alles zu bieten hat, was das Tortoise-Universum so hergibt. Die Songs entstanden, als die Band von der Stadt Chicago, eine der Jazz-Hauptstädte weltweit, beauftragt wurde, über die lokale Jazz- und Impro-Musikszene zu schreiben. Mit The Catastrophist zeigt sich die Band auf der Höhe ihres Schaffens. Angefangen bei dem namensgebenden Track über hypnotische, von Bass und Beat gesteuerten Songs wie Shake Hands With Danger bis hin zu einem Cover von David Essex‘ Radiohit Rock on.

In der taz schrieb Jens Uthoff über den schon Wochen im Voraus ausverkauften sensa-tionellen Auftritt von Tortoise im Berliner Berghain: „Die Besucher, die gegen Ende laut ‚We love you, Tortoise‘ brüllen, kann man gut verstehen.“ Und selbst nach zahlreichen in-ternationalen Auftritten ist die Schildkröte auf ihrem Weg noch lange nicht am Ende…

TortoiseKonzertGLÄSERNES FOYERMI, 09.11.16, 20:00 Uhr

Einheitspreis 24 €

Fla.co.menIsrael Galván im Konzert mit Davis Lagos, Tomas de Perrate, Eloisa Canton, Caracafe und Proyecto LorcaGROSSE BÜHNEDI, 08.11.16, 19:30 Uhr, TG 2, TG 3, WA

A Negro Producciones in Koproduktion mit Théâtre de la Ville de Paris und Théâtre de Nîmes, Spanien

Sevillanas Inszenierung, Choreographie, Tanz Israel Galván

Alegrias Künstlerische Leitung, Choreographie Pedro G. Romero Inszenierung, Choreographie Patricia Caballero Kostüme Concha Rodriguez Licht Ruben CamachoPreise 35 € / 30 € / 25 € / 20 € Dauer 1 Stunde 30 Minuten

Es kann fast ein wenig einschüchternd sein, sich mit der künstlerischen Persön-lichkeit von Israel Galván zu beschäftigen. Kaum jemand würde es wagen, ihm Genialität abzusprechen, auch wenn einige seiner Werke insbesondere für einge-

fleischte Flamenco-Anhänger kantig erscheinen. In der Art und Weise, wie er Dinge zum Ausdruck bringt, ist er absolut bedingungslos und ihm ist jedes Mittel recht, nichts ist ihm heilig. Manche seiner Werke sind obskur und verlangsamt, weisen kaum noch Bezugspunkte zum Flamenco auf und sind intellektuell sehr anspruchsvoll. Anders bei Fla.co.men. Hierfür hat der Avantgarde-Tänzer jeglichen düsteren Konzeptualismus über Bord geworfen, der gelegentlich frühere Werke überschattet hat, ohne dabei in Trivia-lität oder reine Unterhaltung abzurutschen. Fla.co.men ist eine herrlich vergnügliche Auf-führung, die ihren Erfolg gerade auch den eingestreuten witzigen Details verdankt. Israel Galván fordert uns darin auf, nicht alles so ernst zu nehmen.

Vor einigen Jahren warf Paco de Lucía folgende Frage auf: „Warum sollten wir nur zehn Worte verwenden, wenn uns doch tausende zur Verfügung stehen?“ Israel Galváns Philosophie könnte nicht besser auf den Punkt gebracht werden als durch diese Aussage. Die Erweiterung eines Vokabulars sollte aber auch die Verantwortung für einen res-pektvollen Umgang mit sich bringen. Im Falle von Fla.co.men respektiert der Tänzer den Rahmen, den die Formen des Flamenco ihm vorgeben.

Die Pseudo-Sevillanas und -Seguidillas entfalten einen exklusiv maskulinen Charme auf der Bühne, ebenso wie die Anspielung auf das Corps de Ballet aus Schwanensee das Publikum erheitert, wenn die Tänzer auf wippenden Zehen die Szenerie wieder verlassen. Zugunsten dieser neuen galvanischen Momente trennt er sich gerne von früheren cha-rakteristischen Bewegungen wie von alten Gewohnheiten, die seine Kreativität nur hemmen würden.

Als Leitmotiv fungiert eine der schönsten und geheimnisvollsten Liedzeilen im Flamenco: „Fui piedra y perdé mi centro“ / „Ich war ein Stein und verlor mein Zentrum“, die an diesem Abend auf immer wieder neue Weise wiederholt wird.

Israel Galván in concert

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Faust IVon Johann Wolfgang von GoetheGROSSE BÜHNEDO, 10.11.16, 19:30 Uhr, S2, JAExklusive Einführung für die Pfalzbau Freunde 19:00 Uhr, Gläsernes Foyer

Werkschau Thalia Theater HamburgInszenierung Nicolas Stemann Bühne Thomas Dreißigacker, Nicolas Stemann Kostüme Marysol del Castillo Musik Thomas Kürstner und Sebastian Vogel Video Claudia Lehmann, Eike Zuleeg Musiker Burkhard Niggemeier, Sebastian Vogel, Sven Kaiser, Thomas Kürstner Dramaturgie Benjamin von BlombergMit Philipp Hochmair, Sebastian Rudolph, Patrycia Ziolkowska, Friederike Harmsen (Gesang), Andy Zondag (Tanz) Preise 40 € / 34 € / 28 € / 22 € Dauer 3 Stunden

Den ganzen Faust in einem Stück zu inszenieren, ist eine Mammutaufgabe. Nicolas Stemann, der sich in den letzten Jahren als Uraufführungsregisseur der Textflächen von Elfriede Jelinek einen Namen gemacht hat, nahm die

Herausforderung an, Faust I+II auf die Bühne zu bringen – in viereinhalb Monaten Probenarbeit und mit einer erstaunlich kleinen Besetzung.

Das sprachmächtige, ausufernde Drama, an dem der Dichter sein ganzes Leben arbeitete, liest Stemann als inneren Monolog, als Bewusstseinsstrom eines einzigen Individuums, das, an der Schwelle zur Moderne stehend, mit seinem Drang nach Fortschritt und Selbstbestimmung ringt. Er betont die Ambivalenz dieser Figur, die große Schuld auf sich lädt und die Konsequenzen ihres Handelns nur zu gern verdrängt. Die Wider-sprüchlichkeit der Standpunkte, der Streit zwischen dem Menschlichen und dem Dia-bolischen, die reine Liebe und der jede Verantwortung von sich weisende Egoismus – all das sind in dieser Inszenierung Facetten eines Menschen, der versucht, mit sich selbst ins Reine zu kommen.

Den komplexen Texten und Szenen Goethes begegnet Nicolas Stemann mit Purismus. Für Faust I braucht er nur zwei Darsteller und eine Darstellerin. Jeder trägt einen Teil des Stücks allein, in allen Rollen, erst nach zwei Stunden findet ein erster Dialog statt. Eine treffendere Umsetzung für das Drama eines Menschen, der nicht nur in seiner engen Studierstube, der vor allem in sich selbst gefangen ist, ist kaum denkbar. Im Rahmen der Werkschau reist Faust I nach Ludwigshafen – großes Schauspielertheater, das sich voll und ganz auf Goethes Dichtung konzentriert. Für Sebastian Rudolph, Philipp Hochmair und Patrycia Ziolkowska war es denn auch die größte Aufgabe, den Text von aller Routine zu befreien und jenseits des bloßen Zitats neu hörbar zu machen. Faust I + II wurde mit einer Einladung zum Berliner Theatertreffen 2012 geehrt.

„Und so wird Faust I zu einem inhaltlich wie atmosphärisch sehr dichten, zunehmend berührenden Texttheater, in dem drei (auch sprachlich) gran-diose Schauspieler zu bestaunen sind.“ Süddeutsche Zeitung

Philipp Hochmair lebt seinen Beruf mit absoluter Hingabe. Das feste Engagement am Thalia Theater in Hamburg hat er irgendwann aufgegeben, zuguns-ten größtmöglicher Flexibilität. Jetzt ist er vor allem unterwegs, mit einer One-Man-Show von Goethes Werther, als zwielichtiger Minister Schnitzler in der Erfolgsserie Die Vorstadtweiber und vielen weiteren Rollen im Film und auf der Bühne

Sebastian Rudolph kommt aus einer bekannten Theaterfamilie. Längst ist er in die Fußstapfen der Eltern getreten, gehört nach Engagements u.a. an der Schaubühne Berlin, an der Volksbühne Berlin, am Berliner Ensemble und Schauspielhaus Zürich zum festen Ensemble des Thalia Theaters Hamburg. Für seine Darstellung in Faust I+II wurde er 2012 von der Zeitschrift Theater heute zum Schauspieler des Jahres gewählt.

Patrycia Zyolkowska besuchte bereits mit 17 Jahren die Westfälische Schauspielschule in Bochum. Engagements führten sie ans Schauspiel Bonn, ans Deutsche Schauspielhaus Hamburg und an die Volksbühne Berlin. Seit 2009 ist sie festes Ensemble mitglied am Thalia Theater und wurde für ihre herausragende darstellerische Leistung bei Faust I+II mit dem Rolf-Mares-Preis ausgezeichnet.

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John Gabriel BorkmanVon Henrik IbsenGROSSE BÜHNESA, 12.11.16, 19:30 Uhr, S 1 SO, 13.11.16, 19:30 Uhr, TG 5, TG 6

Mit Martin Wuttke in der Titelrolle inszeniert Simon Stone John Gabriel Borkman als hochaktuellen und sehr modernen Kommentar zu unserer Gegenwart, als schonungslosen Blick auf eine Familie der bürgerlichen Elite, die jegliche

Moral und Haltung über Bord wirft. Seine scharfe, heutige und außergewöhnliche Sicht auf das 120 Jahre alte Stück wurde mit einer Einladung zum Berliner Theatertreffen 2016 belohnt. Zu Stones Ensemble gehört auch ein Kind dieser Stadt. Nicola Kirsch ist in Ludwigshafen geboren und aufgewachsen. Sie ist Schauspielerin geworden und, nach ihrer Ausbildung in Hannover und Engagements u.a. am Burgtheater Wien und am Schauspielhaus Wien, seit einem Jahr am Theater Basel engagiert. Von dort aus gab sie uns bereitwillig Auskunft.

Sie haben einen guten Teil Ihres Lebens in Ludwigshafen verbracht. Wo sind die Stätten Ihrer Kindheit? Und wie ist Ihr Verhältnis zu dieser Stadt heute?

Ich bin in Ludwigshafen geboren, hier zur Schule gegangen, mein bester Freund wohnte in Maudach, meine Freundinnen in der Gartenstadt, nach Oppau bin ich zum Turnen, in der Nähe vom Hack-Museum habe ich Gitarre gelernt, im Pfalzbau hatte ich Tanz-stundenabschlussball und war im Jugendtheaterclub... Mein Verhältnis zu Ludwigshafen ist ein zutiefst sentimentales, weil es die Stadt meiner Kindheit und Jugend ist. Vieles verbinde ich mit Erlebnissen von früher.

Gab es ein Initiationserlebnis, eine bestimmte Aufführung, die Ihr Interesse für das Theater geweckt hat?

Am Nationaltheater Mannheim habe ich Schillers Jungfrau von Orleans siebenmal gesehen. Die Kraft der Hauptdarstellerin hat mich so angefasst, dass ich auf dem Nachhauseweg ins Rennen gekommen bin und völlig euphorisiert war.

Burgtheater Wien in Koproduktion mit Wiener Festwochen und Theater BaselInszenierung Simon Stone Bühne Katrin Brack Kostüme Tabea Braun Musik Bernhard Moshammer Licht Friedrich Rom Dramaturgie Klaus Missbach Mit Martin Wuttke, Birgit Minichmayr, Max Rothbart, Caroline Peters, Nicola Kirsch, Roland Koch, Liliane Amuat Preise 40 € / 34 € / 28 € /22 € Dauer ca. 2 Stunden

Der 32-jährige Simon Stone gilt als außergewöhn-liches Regietalent und ist für konsequente Klassiker- Überschreibungen bekannt. Durch seinen unkonventionellen Umgang mit überlieferten Texten schafft er es, klassische Dramen mit großer Plausibilität in einen heutigen Kontext zu setzen. Seine Inszenierung Thyestes sorgte 2014 beim Festival Theater der Welt in Mannheim für Furore. Simon Stone ist seit der Spielzeit 2015/16 Haus-regisseur am Theater Basel. In der Kritikerumfrage der Zeitschrift Theater heute wurde er zum Re-gisseur des Jahres ernannt.

John Gabriel Borkman wurde in Theater heute soeben zur Inszenierung des Jahres gekürt, Caroline Peters für ihre Darstellung der Ella Rentheim in diesem Stück als Schauspielerin des Jahres ausgezeichnet. Martin Wuttke schaffte es mit seiner Interpreta-tion der Hauptrolle auf den zweiten Platz als Schau-spieler des Jahres.

Aus der Pfalz sind Sie an die Schauspielschule nach Hannover gegangen – in den Norden, wo die Menschen bekanntlich anders ticken. Brauchten Sie inter-kulturelle Kompetenz, um dort leben zu können?

Während der Schauspielschulzeit ist man bis zum Verrücktwerden mit sich und den an-deren Studenten beschäftigt, und die kamen von überallher. Der Pfälzer trägt das Herz auf der Zunge, der Hannoveraner ist zurückhaltender, das ist mir schon aufgefallen.

In einem Gespräch anlässlich der Einladung zum Berliner Theatertreffen be-richten Sie, dass außergewöhnlich lange an der Textfassung gearbeitet und ver-gleichsweise wenig geprobt wurde. Ist das eine charakteristische Arbeitsweise von Simon Stone? Wie haben Sie die Proben erlebt?

Die Textfassung entstand während der Probenzeit bis zum Premierentag. Wir Schau-spieler waren in den Prozess stark eingebunden, so dass man sich mit den Kollegen, dem Stück, der Rolle permanent auseinandersetzt. Deshalb kann man Proben und Arbeit an der Fassung gar nicht trennen. Wenn die Dinge im Kopf und im Herzen klar sind, muss man nicht viel proben.

Nachgespräch SA, 12.11.16 im Anschluss an die Vorstellung Gläsernes Foyer

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Der Vollzug beginnt schleichend. Höfliche, formal korrekte Briefe werden geschrieben. Altgediente Mitarbeiter, sogar Publikumslieblinge sehen sich „beurlaubt“. Oder sie erfahren aus der Presse, dass ihre Verträge aufgelöst

oder nicht verlängert sind. Und schon bald sind am Landestheater Karlsruhe all jene verschwunden, die jüdischer Herkunft sind. 2015 feierte die Stadt Karlsruhe ihren 300. Geburtstag. Das Badische Staatstheater machte es sich zur Aufgabe, inmitten aller Festlichkeiten auch an ein dunkles Kapitel in der Geschichte der Stadt zu erinnern.

Die sogenannten Stolpersteine des Künstlers Gunter Demnig gemahnen an vielen Orten Deutschlands an die Deportation unzähliger Opfer im Dritten Reich. Vor der letzten selbstgewählten Wohnung von Juden, Homosexuellen, politisch Verfolgten und anderen sind die kleinen eckigen Messingplatten in den Boden eingelassen. Die Steine für die Sängerin Lilly Jank und den Schauspieler Paul Gemmecke aber liegen vor dem Eingang zur Kassenhalle des Staatstheaters, ihrer letzten Wirkungsstätte. Ihre Verfolgung und Vertreibung im Zuge der ‚Gleichschaltung’ haben beide nicht überlebt. Hans-Werner Kroesinger, Regine Dura und Schauspieler*innen des Theaters recherchierten monatelang, sammelten Personalakten, alte Zeitungen, Flugblätter, Propagandatexte, Briefe und Postkarten. Entstanden ist ein dokumentarischer Theater-abend, der eindringlich an historische Prozesse erinnert, vor denen man sich auch heute nicht sicher fühlen sollte.

Das subtile Klima der Bedrohung, die fehlende Courage von Kolleginnen und Kollegen, die das Verschwinden von Konkurrenten auch als Chance betrachteten, das Schweigen der Öffentlichkeit, der Fortgang einer erschreckenden Normalität – all das wird präsent in dieser Inszenierung, die mit sparsamen Mitteln arbeitet und doch so wirkungsvoll ist. Auf der Bühne des bildenden Künstlers Rob Moonen sitzen alle, Zuschauer und Spieler, an einem Tisch. Von dort aus entwickelt sich das Geflecht der Zitate, kleinen Szenen, Sounds, Videoeinspielungen, die zum bedrückenden Zeugnis einer düsteren Zeit werden.

Anlässlich der Einladung des Dokumentarstücks zum Berliner Theatertreffen kommen-tierte der RBB: „Kroesinger ist seit fast einem Vierteljahrhundert mit seiner Methode des dokumentarischen Theaters auf unterschiedlichen Bühnen unterwegs. Seine Einla-dung zum Theatertreffen war überfällig – und die Beschäftigung des Karlsruher Theaters mit seiner Vergangenheit auch.“

Stolpersteine StaatstheaterDokumentartheater von Hans-Werner KroesingerTextfassung Regine DuraHINTERBÜHNE MO, 14.11.16, 19:30 Uhr

Badisches Staatstheater KarlsruheInszenierung Hans-Werner Kroesinger Bühne, Kostüme und Video Rob Moonen Musik Daniel Dorsch Künstlerische Mitarbeit Regine Dura Dramaturgie Annalena Schott Mit Veronika Bachfischer, Antonia Mohr, Jonathan Bruckmeier, Gunnar SchmidtEinheitspreis 23 €, ermäßigt 13 € Dauer 1 Stunde 45 Minuten

We Love ArabsVon Hillel KoganHINTERBÜHNEMI, 16.11.16, 21:00 Uhr, JA DO, 17.11.16, 21:00 Uhr

Tanzperformance, IsraelChoreographie Hillel Kogan Tanz Adi Boutrous und Hillel Kogan Licht und Produktion Amir Castro Musik Kazem Alsaher, W.A. Mozart Künstlerische Beratung Inbal Yaacobi und Rotem TashachEinheitspreis 20 €, ermäßigt 12 € Dauer ca. 45 Minuten

Bitte beachten Sie: Am selben Abend ist Vertigo 20 / Vertigo Dance Company zu sehen. 19:30 Uhr, Große Bühne

Befragt zu seiner preisgekrönten Tanzperformance We Love Arabs, bezeichnet der Choreograph und Tänzer Hillel Kogan sein Werk als „Studie darüber, wie der Rassismus unseren Alltag durchdringt“. In Israel, besonders auch in der

dortigen Kulturszene, gebe es eine gläserne Wand, die die arabische Kultur und ihre Folklore streng von der jüdischen abgrenze, Araber blieben von der Teilhabe an der Main stream-Gesellschaft ausgeschlossen. Und so will er sein Stück, das er selbst als „lecture performance“ bezeichnet, als durchaus humorvolle Auseinandersetzung mit dem Zusammenleben von Israelis und Arabern verstanden wissen, als Suche nach der Bedeutung seiner israelischen Identität.

Die Ausgangsposition ist klar: Ein jüdischer Choreograph, getanzt von Hillel Kogan, erarbeitet mit einem arabischen Tänzer eine Choreographie, deren Botschaft die friedliche Koexistenz zwischen Juden und Arabern proklamiert. Voller Ironie nimmt Kogan dabei die gängigen Klischees über die beiden Bevölkerungsgruppen ins Visier und hinterfragt sie kritisch. Bald merkt der Choreograph, dass der arabische Tänzer Adi Boutrous nicht seinen Vorstellungen vom typischen Araber entspricht. So ist er etwa Christ, was der Choreograph einfach leugnet, indem er ihm einen islamischen Halbmond auf die Stirn malt. Er selbst soll mit dem Davidstern ebenfalls eindeutig gekennzeichnet werden. Die Proteste seines Tänzers übergeht Kogan geflissentlich. Mit beißendem Humor und gesellschaftspolitischem Scharfsinn hinterfragt Kogan, der während der Vorstellung pausenlos redet (Englischkenntnisse sind empfehlens-wert), Machtkonstellationen nicht nur auf politisch-gesellschaftlicher Ebene, son-dern auch bei künstlerischen Schaffensprozessen. „Mit brillantem Timing gelingt es Kogan, Text und Subtext stets gleichzeitig zu transportieren und nebenbei auch ge-läufiges Gaga-Vokabular zu demaskieren“ formuliert Ora Brafman in der Zeitschrift tanz. Die intelligenten und subversiven Texte halten den Zuschauern einen Spiegel vor, und Kogans ebenso scharfen wie witzigen Seitenhieben entgeht niemand – auch er selbst nicht. Am Ende mündet die erkenntnisreiche Performance in eine ironisch persiflierte Zeremonie mit Pita und Hummus, wobei die beiden Tänzer das Fladen-brot und den Kichererbsenbrei mit dem Publikum teilen.

Hillel Kogan, geboren 1974, absolvierte seine Tanz-ausbildung am Merce Cunningham Studio, New York. Er tanzte bei der Westschweizer Compagnie Nomades und beim portugiesischen Gulbenkian Bal-let. Die israelische Tanzkritik zeichnete ihn für We Love Arabs als „herausragenden Choreographen“ des Jahres 2013 aus.

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Nachgespräch im Anschluss an die Vorstellung Foyer Hinterbühne

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1992 gründete die Tänzerin und Choreographin Noa Wertheim gemeinsam mit ihrem Lebenspartner Adi Sha’al in Jerusalem die Vertigo Dance Company. Aus dem Ensemble, das schon bald international erfolgreich war, ist inzwischen eine

Lebensform geworden. Noa Wertheim hat sich zur Aufgabe gemacht, den Tanz in einen Kontext nachhaltigen ökologischen Bewusstseins zu setzen und jedem, der sich dafür interessiert, nahezubringen. 2007 gründete sie in einem Tal bei Jerusalem das Eco Art Village. Ähnlich einer Kibbuz-Gemeinschaft leben und arbeiten ihre Tänzer dort zu-sammen, immer unter dem Aspekt der Verbindung von Kunst und Ökologie. Die Vertigo School of Dance in Jerusalem bietet neben professionellem Training auch Kurse für Laien mit und ohne Beeinträchtigung.

Zum 20jährigen Bestehen ihrer Company hat Noa Wertheim sich und ihren Tänzern die Choreographie Vertigo 20 geschenkt. Ausgehend von den Höhepunkten ihres bisherigen Schaffens und als eine Form produktiven Rückblicks hat sie Bewährtes neu zusammengefügt und weiterentwickelt. In einem zunächst karg anmutenden Raum entwickelt sich ein Feuerwerk tänzerischer Elemente, die kaum eine Atempause zu-lassen. Die Kostüme der Tänzerinnen machen Anleihen beim viktorianischen Zeitalter, das Ensemble selbst scheint den Martial Arts zu entstammen. Allesamt wirken sie wie fremdartige Wesen, deren getanzte Rituale den Zuschauer in ihren Bann ziehen. Mal lassen sie sich wie Marionetten an unsichtbaren Fäden ziehen, dann wieder feiern sie höchst lebendig ein rauschendes Fest.

Vertigo 20Von Noa WertheimGROSSE BÜHNEMI, 16.11.16, 19:30 Uhr, BR1 DO, 17.11.16, 19:30 Uhr, TTExklusive Einführung für die Pfalzbau Freunde MI, 16.11.16, 19:00 Uhr, Gläsernes FoyerBitte beachten Sie: Im Anschluss ist We love Arabs von Hillel Kogan zu sehen.21:00 Uhr, Hinterbühne

Vertigo Dance Company, IsraelChoreographie Noa Wertheim Musik Ran Bagno Kostüm & Bühne Rakefet Levy (School of Theatrical Design) Licht Dani Fishof (Magenta) Mit Yael Cibulski, Ron Cohen, Yuval Lev, Micah Amos, Nitzan Moshe, Tomer Navot, Sian Olles, Etai Peri, Marija Slavec, Eyal Visner, Emmy WielunskiPreise 46 € / 39 € / 32 € / 25 € Dauer 60 Minuten

Die Musik zu dieser schwindelerregenden Choreographie liefert Noa Wertheims lang-jähriger künstlerischer Partner Ran Bagno. Er unterstützt die Sprunghaftigkeit der Choreographie mit einem vielseitigen Soundtrack zwischen Leierkasten, harter Rhythmik und walzerhafter Melodik. Vertigo 20 ist wie eine Traumreise voller surrealistischer Bilder, großer Emotionen und absurder Gegensätze – ein Fest für Auge und Ohr, in dem un-möglich Scheinendes möglich wird.

„Wertheims ‚Vertigo’-Effekt ist ein wahrer Rausch. Und zwar ganz ohne Absturzgefahr. Ovationen im Stehen.“ Hannoversche Allgemeine Zeitung

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Danza Contemporánea de Cuba GROSSE BÜHNESA, 19.11.16 , 19:30 Uhr, AL 2

Die Danza Contemporánea de Cuba, kurz DCC genannt, kann auf eine Ge-schichte zurückblicken, die ein halbes Jahrhundert umfasst. Es ist Jahrzehnte her, dass sich die Company zu einer der drei führenden Ensembles in Kuba

entwickelte. Um sich international behaupten zu können, blieb es nicht aus, dass sich die Truppe nicht nur einmal, sondern mehrmals neu erfinden musste, insbesondere immer dann, wenn namhafte Tänzerpersönlichkeiten neue Wege gingen. Dem jetzigen künstlerischen Leiter Miguel Iglesias ist es gelungen, der Danza Contemporánea auf wundersame Weise ein neues junges Gesicht zu verleihen, wodurch auf der Bühne eine umwerfende Magie entfaltet wird.

Auch George Céspedes‘ Choreographie Matria Etnocentra gibt dieser Magie Ausdruck, so als würde jede Geste schwebend eingefroren und dem Publikum Emotionen wie in einem Ritual dargeboten. Impulse werden in Bewegung eingefangen, der Tanz schwingt sich zur Übersetzung unhörbarer Worte auf. Durch seine liebliche Poesie erreicht dieses Werk die erlesene Harmonie neoklassischer Schönheit, für die physi-sche Grenzen keine Gültigkeit mehr zu haben scheinen.

Cenit ist die erste Arbeit, die Laura Domingo Agüero für Danza Contemporánea de Cuba choreographiert hat. Dank ihrer enormen Virtuosität lassen sich die Tänzer und Tänzerinnen des Ensembles in einen Schwebezustand von erstaunlicher Leichtigkeit hineinfallen, als würde im Tanz einerseits ein Ritual dargeboten, andererseits aber auch Gefühlsaufwallungen und emotionale Impulse in Bewegung übersetzt. Drehungen, Hebefiguren und das erneute Nachgeben der Erdanziehungskraft bestimmen dabei die Dynamik der Bewegung. Cenit frönt der Schönheit der Neoklassik, verliert sich geradezu selbstvergessen in Harmonie und lässt sich von der Süße einer selbsterfun-denen Poesie leiten, ohne jedoch physische, emotionale und räumliche Beschrän-kungen zu ignorieren.Cenit folgt keinem Handlungsstrang, das Stück stützt sich auf kein Ereignis, und doch kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Bewegung auf existentielle Lebenserfahrungen verweist.

In dem vieldeutigen Stück El Cristal überträgt Julio César Iglesias die Strömung des Sturm und Drang auf karibische Gegebenheiten, eine vermeintliche Engstirnigkeit be-gegnet der Offenheit anderer geographischer Regionen und Menschen und setzt sich mit Fragen von Identität auseinander.

El Cristal (Europäische Erstaufführung) Choreographie Julio Cesar Iglesias

Cénit Choreographie Laura Domingo

Matria Etnocentra Choreographie George CespedesMusik Max Richter, Jack White, Tropic of Cancer, J-Lawton, Desierto de los leonesPreise 40 € / 34 € / 28 € / 22 €

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Das Tanzensemble des Staatstheaters Mainz unterscheidet sich von anderen Häusern dadurch, dass es ausschließlich mit Gastchoreographen arbeitet. Da tanzmainz nur Uraufführungen zeigt, an deren Entwicklung die Tänzer auch

selbst beteiligt waren, sind sie eng in den jeweiligen Entstehungsprozess eingebunden. Um sich diesen hohen Anforderungen stellen zu können, müssen sich die tanzmainz- Tänzer durch eine große tänzerische Vielseitigkeit und kreative Offenheit auszeichnen. Mit den HOM & FAM Duetten spiegelt tanzmainz seine Neugierde neuen choreogra-phischen Handschriften gegenüber wider und präsentiert dem Publikum ein überaus abwechslungsreiches und unterhaltsames Format, das sich in Mainz bereits großer Beliebtheit erfreut. Im Rahmen der Festspiele Ludwigshafen werden erstmals alle sechs Choreographien an einem Abend gezeigt.

Der Titel HOM & FAM verspricht Duette aufregender europäischer Choreographen. Die Inspiration kam vom europäischen Aerowaves Network. Es kürt jedes Jahr die Aerowaves Twenty und damit jene vielversprechenden Choreographen, die jährlich von einer Veranstalterjury aus 33 Ländern aus ca. 600 eingesandten Arbeitsproben her-vorgehoben werden. Drei der Aerowaves Twenty der letzten beiden Jahre hat tanz-mainz in der Spielzeit 2015/2016 dazu eingeladen, jeweils ein Männerduett zu kreieren. Entstanden ist der Abend HOM – Das Schweigen der Männer. Im Herbst 2016 folgten drei Choreografinnen und es entstand FAM - Frauen zu zweit. Alle sechs Arbeiten sind gelegentlich radikal, oft überraschend und immer sehr unterhaltsam.

Die sechs Künstler kamen und kommen jeweils mit einem ganzen Rucksack voller un-konventioneller Ideen nach Mainz. Alle sechs gelten auf europäischem Parkett als ebenso unangepasste wie vielversprechende Hoffnungsträger. Ein spannendes Experi-ment für ein Staatstheater. Aber nicht nur die Mainzer Tanzsparte wollte sich heraus-fordern lassen, auch den Choreographen wurde einiges abverlangt. Denn die Regeln für die sechs Kreationen waren streng: jeweils zwei Akteure, 20 Probentage, 20 Minu-ten Dauer, 8 × 8 Meter schwarzer Tanzboden, 10 Scheinwerfer, und die Ausstattung jedes Duetts muss in einen Koffer passen. Die Kreativen haben diese Aufforderung zur Konzentration auf das Wesentliche gerne angenommen. Herausgekommen sind trotz oder gerade wegen dieser Beschränkungen ebenso originäre wie grundverschiedene Arbeiten. tanzmainz begibt sich mit HOM & FAM auf eine Reise zum Tanz von morgen.

HOM & FAM - ein Minifestival HINTERBÜHNE DI, 22.11.16, 19:00 Uhr, WA

tanzmainz, DeutschlandChoreographie Lander Patrick, Csaba Molnàr, Ta-neli Törmä, Cecilia Moisio, Eléonore Valère Lach-ky, Adrienn Hód Ausstattung Lucia VonrheinEinheitspreis 26 €, ermäßigt 17 € Dauer 2 Stunden 50 Minuten

TANZMAINZ

Jener, der sich nach seinem süßen Vaterland sehnt, ist nur ein niedlicher Anfänger; derjenige, der jedes Land als sein eigenes ansieht, ist bereits ein starker Mann; aber erst derjenige hat die Perfektion erlangt, der die ganze Welt als ein fremdes Land betrachtet. Ugo da San Vittore

KK beginnt damit, dass der Choreograph Glen Çaçi seinen Bruder Olger interviewt: „Wie lange bist Du schon aus Albanien ausgewandert? Hast Du einen Personalausweis dabei? Kannst Du singen?“ Ist das Feld ihres

Diskurses erst einmal abgesteckt, schlägt Glen seinem Bruder eine Reihe von Übungen und imaginierten Szenen vor, damit sie sich gemeinsam in eine geisterhafte albanische Identität hineinversetzen können. Sie hinterfragen ihr Heimatgefühl, indem sie in ihren Erinnerungen nach Stereotypen, überliefertem Gedankengut und historischen Episoden fischen: Sie geben Karaoke und italienische Lieder zum Besten (von Toto Cutugno bis Adriano Celentano), zeigen traditionelle Tänze (die sie lernten, indem sie sich von Youtube- Videos inspirieren ließen) und Körperhaltungen, die einer stereotypen Vor-stellung von albanischer Männlichkeit folgen; aber sie beschäftigen sich auch mit dem Ende des Kommunismus und dem Sog des Kapitalismus, sie beschwören die weit zurück liegende Sufi-Abstammung ihres Vaters und die Sprache der Emigranten, die immer noch nach den 90er Jahren klingt.

In seiner berührenden Tanzperformance über territoriales Eigentum und kulturelle Identität stellt Glen Çaçi Fragen nach dem richtigen Ort, nach der Vereinbarkeit von Kunst und Leben, nach Vergangenheit und Modernität, nach Freiheit und Zugehörig-keit. Als neuer europäischer Bürger entdeckt er zusammen mit seinem Bruder seine reichen albanischen Wurzeln. Beide konfrontieren sich von ihren unterschiedlichen Standpunkten und Lebensumständen aus mit ihren Erinnerungen an Albanien, an ein Albanien vor der Globalisierung, in dem sie während ihrer Kindheit und Jugend gelebt haben. Ein Albanien, das sie deshalb notgedrungen auf der Grundlage ihrer Phantasien aus ihrer gegenwärtigen Perspektive neu definieren.

KK (I’m a communist kid)Choreographie Glen ÇaçiHINTERBÜHNEDO, 24.11.16, 19:30 Uhr

MARCHE TEATRO – Theatre of Rele-vant Cultural Interest in Koproduktion mit Fabbrica Europa, Italien, AlbanienMit Glen Çaçi und Olger Çaçi Video und Licht Andrea SaggiomoEinheitspreis 20 €, ermäßigt 12 € Dauer ca. 45 Minuten

GLEN ÇAÇIDer albanische Choreograph, Tänzer, Gitarrist, Über-setzer und Kriegsreporter von 1999, Glen Çaçi, lebt in Italien. Nach ersten Auftritten mit der albanischen A-Cappella-Gruppe R&B und Erfahrungen als Gitarrist und Rocksänger zwischen Albanien und Neapel widmete er sich der Choreographie und dem Theater. Als Tänzer arbeitet er zur Zeit in den Stücken Der Sturm und König Arthur mit Motus zusammen. Mit seiner Choreographie Hospice (Die Herberge), produziert von Inteatro, gewann er 2013 den Equilibrio-Preis.

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Dancing GrandmothersDeutsche ErstaufführungGROSSE BÜHNESA, 26.11.16, 19:30 Uhr, BR 2

Eine Produktion von Doosan Art Center (DAC) in Koproduktion mit Eun-Me Ahn Company und Festival Paris Quartier D’Ete, SüdkoreaChoreographie, künstlerische Leitung und Bühnenbild Eun-Me Ahn Komposition Young-Gyu Jang Lichtdesign Jin-Young Jang Video Tae-Seok LeePreise 40 € / 34 € / 28 € / 22 € Dauer 1 Stunde 30 Minuten

Bitte beachten Sie: Am selben Abend ist vor und nach dieser Vorstellung The Palm of Your Hands von Vera Tussing zu sehen. 18:00 und 21:00 Uhr, Hinterbühne

Eun-Me Ahn ist eine draufgängerische Performerin und ihre Arbeiten sind Aus-druck verschiedenster Piraterien. In Anbetracht dessen ist es schwer zu glauben, dass sie ein Kind koreanischer Disziplin ist und als solches eine strenge und an-

spruchsvolle Ausbildung durchlaufen hat. Offenbar wird sie von ansteckender Neugierde angetrieben und Worte wie „zu hoch“, „zu abwegig“ oder „zu gewagt“ scheinen für sie nicht zu existieren. Und so konnte man sie schon von einem Kran springen sehen oder erleben, wie sie ein Piano mit Axt und Schere attackierte. Über Kostüm und Ausstattung zaubert sie phantasievolle Bilder, wenn sie sich beispielsweise aus einem weißen Feen-kostüm wickelt und die Stoffteile an das Publikum verteilt, während sie sich selbst in einem Teddybär-Tanz verliert, wenn sie in einem Clownskostüm verkleidet unter einer Kaskade von Luftballons herumwirbelt, wenn sie ein Duett mit einem Huhn tanzt, ein-gepfercht zwischen Barren, oder wenn sie ausstaffiert wie ein Pilz auf der Szenerie erscheint... All diese Phantasiespiele sind nicht als Provokation gemeint, sondern einer kindlichen Freude an der Freiheit zuzuschreiben, die sie über unerwartete Grenzen hinwegführt.

Auch für das Tanztheater Dancing Grandmothers hat sie Grenzen überquert und hinter-fragt, indem sie auf einer landesweiten Tour durch Korea, begleitet von vier Tänzern und drei Kameras, offen war für die Menschen, die ihr in den Provinzen Cungcheong, Jeolla, Gyeongsang und Gangwan begegneten: einfache Landfrauen zwischen 60 und 90, die nicht nur darüber glücklich waren, dass sie noch tanzen konnten, sondern auch darüber, dass jemand kam und sie bat, das zu tun:„Sie sahen alle glücklich aus beim Tanzen. Ihr Tanz war so natürlich und reizend, dass die jungen professionellen Tänzer meiner Company nicht widerstehen konnten, mit ihnen zu tanzen. Jede ihrer Bewegungen spiegelte ihre eigene Welt wider, die nicht immer einfach war, wie ein Auszug eines Dokumentarfilms, der die Vergangenheit festhält. Die faltigen Körper dieser Großmütter waren wie ein Buch, in dem das Leben eingra-viert war, das zum Teil fast ein Jahrhundert umfasste. Jeder Tanz kam mir wie eine Novelle vor, die in einem wunderbaren Rhythmus in kurzer Zeit vorgetragen wurde. Jedes Mal, wenn wir wieder eine Großmutter trafen, konnten wir durch ihren Körper die moderne Geschichte Koreas erkennen, so als wäre der Körper ein Geschichtsbuch unserer Heimat, nur viel konkreter als jedes geschriebene Wort.“

Aus diesen Begegnungen, Filmsequenzen und den Reaktionen der Tänzer entwickelte sich eine zärtlich-faszinierende Aufführung, in der die Energien von Jung und Alt zu-sammenfließen und die die Zuschauer mitten hineinzieht in einen Strudel aus Bewegungs- und Lebensfreude.

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Wenn die Zuschauer den Bühnenraum betreten, werden sie von den sechs Tänzern bereits erwartet und freundlich begrüßt. Alle stellen sich in Form einer Ellipse auf, so dass jeder Anwesende in der ersten Reihe steht, in größter

Nähe zu den Mitwirkenden. Die Darsteller laden die Gäste ein, ihnen ihre Handflächen zu reichen. Nun beginnt ein intimes Spiel mit Berührungen und körperlicher Nähe: ein Tänzer ergreift zärtlich die Hand einer Besucherin und führt diese an seine Wange, um dann gleich zu ihrem Nachbarn weiterzugehen. Dort ein kurzes Festhalten und schon geht es weiter. Zur selben Zeit steht eine Tänzerin vor einer anderen, sichtlich amüsierten Zuschauerin, stellt sich Rücken an Rücken mit dieser, sie drehen sich umeinander und wagen sogar so etwas wie ein kleines Tänzchen. In Vera Tussings Tanz-Projekt The Palm of Your Hand sind die Zuschauer ins Geschehen aktiv eingebunden, sie teilen sich die Bühne mit den Darstellern. Manch ein Besucher geht locker und spielfreudig in die In-teraktion, andere verhalten sich eher zurückhaltend. Zwischendurch bewegen sich die Tänzer in Sprüngen und Drehungen im Bühnenraum, die Umstehenden rücken dann wieder in eine reine Zuschauerposition mit etwas mehr Distanz.

Die deutsche Choreographin Vera Tussing beschäftigte sich in den letzten Jahren mit verschiedenen Sinneserfahrungen des Menschen. In ihrer in Ludwigshafen gezeigten Arbeit geht es um Berührung und Tastsinn und deren Auswirkung auf die Beziehung zu anderen Menschen.

Sie, das Publikum, werden zu Mitwirkenden. Ihre Reaktionen und die Art Ihrer Verbundenheit bestimmen nicht nur die Wege der Choreographie, sondern werden selbst zum Tanz. Sie erlauben uns, in Ihnen zu lesen, aber Sie lernen auch uns aus großer Nähe kennen. Ihre Augen können nur se-hen, was Ihre Hände gefühlt haben. Die Berührung auf Ihrer Haut wird zu einem anderen Sehen. Wir agieren nur durch unsere Verbindung. Dennoch bleiben Sie das Publikum und wir die Akteure. Vera Tussing

The Palm of Your HandChoreographie von Vera Tussing HINTERBÜHNE SA, 26.11.16, 18:00 und 21:00 Uhr

Ein Vera-T Projekt, LondonKoproduziert von STUK Leuven, Life Long Burning/ workspace Brüssel mit Unterstützung des Kulturprogramms der EU, BrüsselKonzeption, Recherche und Tanz Typhaine Delaup, Ben McEwen, Zoltan Vakulya, Camille Prieux, Solene Weinachter, Vera TussingEinheitspreis 26 €, ermäßigt 17 € Dauer ca. 40 Minuten

Bitte beachten Sie: Am selben Abend ist Dancing Grandmothers zu sehen. 19:30 Uhr, Große Bühne

BEYTNA (our home)Deutsche Erstaufführung Von Omar RajehHINTERBÜHNEMO, 28.11.16, 19:30 Uhr DI, 29.11.16, 19:30 Uhr

Maqamat in Zusammenarbeit mit Le Trio Joubran, Libanon / Koproduktion Pfalzbau Bühnen Ludwigshafen u.a.Choreographie Koen Augustijnen, Omar Rajeh, Anani Sanouvi und Hiroaki Umeda Konzept und Leitung Omar Rajeh Musik und Komposition Le Trio Joubran Bühne und Kostüme Mia Habis Lichtdesign Jonathan SamuelsEinheitspreis 26 €, ermäßigt 17 €

„Ich ging früher an jedem Wochenende, immer sonntags, zum Haus meines Großvaters, wo die ganze Familie zusammenkam, um zusammen zu essen, zu trinken und zu tanzen. Mein Großvater war ein sehr geselliger, gast-freundlicher Mensch und lud gerne Freunde und Bekannte ein, die von unter-schiedlichen Orten kamen, um mit uns zu essen. Diese Momente der Be-gegnungen und des Teilens bedeuteten ihm viel. Bevor er starb, habe ich mir nie Gedanken darüber gemacht – erst dann, als ich diese Momente verloren hatte. Mein Großvater flüchtete sich in diese wenigen Stunden zwischen ein Uhr und fünf Uhr nachmittags. Sie waren wie ein heiliges Ritual mit seiner Familie, seinen Gästen und Freunden. Am Tisch saßen viele Leute und prosteten sich mit ihren Gläsern zu, stimmten ein Hoch an auf Gesundheit, Glück, Freude, die Liebe und die Freundschaft.“ Omar Rajeh

In dem Tanztheater BEYTNA (our home) kommen vier Choreographen zusammen, um gemeinsam zu essen. Sie stammen von unterschiedlichen Kontinenten, Ländern, aus verschiedenen Kulturen: dem Libanon, Togo, Japan, Belgien. Sie bringen unter-

schiedliche Erfahrungen mit, ihr Weg hat sie unterschiedliche künstlerische Pfade ein-schlagen lassen. Was sie eint, ist ihr Werk. Sie reden, trinken, lachen, tanzen und essen miteinander.

Vier Tänzer, ein Gast, drei Musiker – und eine Köchin stehen auf der ungewöhnlichen Besetzungsliste von BEYTNA (Unser Haus). Die Köchin ist die Mutter des Libanesen Omar Rajeh, die für das leibliche Wohl der internationalen Gäste ihres Sohnes sorgt. Diese versammeln sich zu einem echten Künstlersymposion und erweitern damit das-griechische Wort, das ursprünglich Gastmahl oder Trinkgelage bedeutet.

Der Titel Unser Haus steht einerseits für die Gastfreundschaft und das gemeinsame Essen, andererseits metaphorisch auch für das, was sich rund um den Tisch ergibt: Aus dem Austausch über die Vielfalt der Kulturen, Identitäten und Traditionen entsteht ein gemeinsames Werk, bei dem der kollektive Schaffensprozess mindestens ebenso wichtig ist wie das fertige Resultat. Omar Rajehs Compagnie Maqamat hat das Stück gemeinsam mit drei Choreographen und dem Trio Joubran produziert, das für die Tafelmusik sorgt.

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Mit ansteckender Fröhlichkeit und überbordendem Temperament feiern zehn palästinensische Tänzer und Akrobaten auf der Bühne ein wildes Fest, an dessen Beginn der levantinisch-arabische Volkstanz Dabke steht. "Was be-

deutet Euch Dabke?" Diese Frage stellten sich die Mitwirkenden, die diesen Tanz als Teil ihrer kulturellen Identität begreifen. Sie verwandelten den Reihentanz, der im Nahen Osten zu Hochzeiten und Festen getanzt wird, in ein zeitgenössisches Tanzspektakel, in dem das traditionelle Bewegungsvokabular mit neuen Elementen von Hip Hop bis Flick Flack, von Capoeira bis Disco angereichert wird. Und so wurde im Laufe des Entste-hungsprozesses aus Dabke das titelgebende Badke, eine Wortneuschöpfung, deren Zusammensetzung einiges über den im Laufe der Produktion vollzogenen Wandel des zugrundeliegenden Tanzes verrät.

Dabke heißt übersetzt „mit den Füßen auf den Boden stampfen“. Daher steht am Anfang der Aufführung das vertraute Bild des Line-Dances: die zehn palästinensi-schen Tänzer*innen fassen einander an den Schultern, zeigen die gewohnten Schritte und steigern ihren Tanz zu schwindelerregendem Tempo. Nach und nach entstehen Brüche, einzelne tanzen aus der Reihe und nun wird der Dabke auch choreographisch dekonstruiert.

Badke sprudelt vor Lebensfreude und Energie: In den gemeinsamen Tänzen wird die vitale Kraft und Solidarität des Kollektivs spürbar, das Ausbrechen einzelner Protagonis-ten zelebriert rasant den Triumph der Individualität. Ganz unterschiedliche Bewegungs-elemente bringen die Mitwirkenden ein – von Modern Dance über HipHop, Artistik bis zur Folklore. Aber auch nachdenkliche Momente sind Teil der Aufführung, die daran er-innern, dass diese Tänze inmitten des alltäglichen Grauens in Palästina stattfinden. Die Tänzerinnen und Tänzer aus Galiläa, Ramallah und Jerusalem reklamieren hier bei aller Unterschiedlichkeit die vereinende Kraft des Tanzes und einen ansteckenden Lebensmut, der sich vom widrigen Alltag nicht unterkriegen lässt. Und so lautet die unmittelbare Botschaft dieses Tanzereignisses: „Wir werden uns von niemandem in die Knie zwingen lassen. Wir werden tanzen bis zum Umfallen.“

Badke Choreographie von Koen Augustijnen, Rosalba Torres Guerrero, Hildegard De VuystGROSSE BÜHNEMI, 30.11.16, 19:30 Uhr, TT, JA

Koproduktion KVS Brüssel, Les ballets C de la B Gent & A.M. Foundation (Ramallah); Theater Spektakel Zürich und Les Théâtres de Ville de Luxemburg, Palästina, BelgienKostüme Britt Angé & Nicole Petit Soundtrack Naser Al-Fares, bearbeitet von Sam Serruys Lichtdesign Ralf NonnPreise 35 € / 30 € / 25 € / 20 € Dauer 60 Minuten

Badke entstand aus der Zusammenarbeit von les ballets C de la B (Gent), KVS (Brüssel) und der A.M Qattan Foundation (Ramallah). Verantwortlich für die Produktion zeichnen Koen Augustijnen, einst Tänzer bei Alain Platel, der seit 15 Jahren eigene Choreographien entwickelt, Rosalba Torres Guer-rero, die bei Anne Teresa De Keersmaekers Compa-gnie Rosas und Alain Platels les ballets C de la B tanzte und inzwischen ebenfalls selbst als Choreogra-phin tätig ist, sowie Hildegard de Vuyst, seit 1995 Dramaturgin von Alain Platel.

„Ein Feuerwerk von einem Tanzstück.“ Neue Zürcher Zeitung Gefördert durch

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Der Regisseur Stefan Pucher ist in mehr als zwanzig Jahren künstlerischer Arbeit zu einer unverwechselbaren Marke im etablierten Theaterbetrieb geworden. Nicht immer hat er sich dort aufgehalten; Mitte der 1990iger Jahre, zur Hoch-

zeit der Popkultur, experimentierte er in der freien Szene mit neuen digitalen Instru-menten wie Video und Technomusik. Seine Bühnen waren zum Teil der öffentliche Raum, zum Teil Laboratorien wie das TAT Frankfurt oder die Studiobühnen der Univer-sitäten in Frankfurt und Gießen. Dort schuf er wilde Mixturen aus Konzert, Performance und Installation – bis ihn große Theater auf der immerwährenden Suche nach Innovation entdeckten. Seit Ende der neunziger Jahre arbeitet Stefan Pucher an Häusern wie der Volksbühne und dem Deutschen Theater in Berlin, dem Burgtheater Wien, dem Schauspielhaus Zürich und dem Thalia Theater Hamburg. Seinem ursprünglichen Stil ist er treu geblieben, aber längst hat er sich den Klassikern der Theaterliteratur zugewandt. Besonders die Figuren Tschechows und Shakespeares untersucht er auf Gegenwartstaug-lichkeit und setzt sie den Mitteln des heutigen multimedialen Alltags aus. Mit seinen überzeugenden Inszenierungen ist er regelmäßiger Gast beim Berliner Theatertreffen.

Auch mit Warten auf Godot gelingt es ihm, einen vielfach erzählten und zuweilen über-strapazierten Theaterstoff neu zu sichten. Die literarische Forschung tendiert in den letzten Jahren dazu, das Stück über die zwei endlos wartenden Landstreicher aus dem existentialistischen Kontext zu lösen und als Vertreter der französischen Resistance zu werten, die an der Grenze auf den rettenden Schlepper warten – Becketts eigene Bio-graphie legt diesen Schluss nahe. Pucher spielt darauf besonders in seinen Videose-quenzen an. Diese Konkretisierung gibt den vier herausragenden Darstellern Spielfutter und nimmt ihnen nichts von ihrer Traurigkeit, von der absurden Komik, die ihre Gewor-fenheit in einen wüsten, lebensunwerten Raum erzeugt. Stephan Puchers Warten auf Godot schafft den schweren Beckett’schen Spagat zwischen beißendem Witz und unend-licher Traurigkeit. Eine berührende, sehenswerte Inszenierung.

„Becketts scheinbar nihilistischen Ansatz, der den Glauben an das Wahr-genommene, das Gute im Menschen, den Sinn, an Gott und die Erlösung, ja an die eigene Erinnerung immer wieder triumphierend zunichte macht, hat Pucher noch einmal durch den Fleischwolf unserer Gegenwart gedreht. Wie viel Kälte, wie viel Gewalt und Zerstörung in Becketts Dialogen lauern, um sich im Lachen zu entladen, daran lässt er keinen Zweifel.“ Frankfurter Rundschau

Warten auf Godot Von Samuel BeckettGROSSE BÜHNESO, 04.12.16, 19:30 Uhr, S 2, TG 3, TG 4, WA

Empfang zum Abschluss der Festspiele Ludwigshafen im Anschluss an die Vorstellung Gläsernes Foyer

Werkschau Thalia Theater HamburgInszenierung Stefan Pucher Bühne Stéphane Laimé Kostüme Tabea Braun Musik Christopher Uhe Video Meika Dresenkamp Licht Christiane Petschat Dramaturgie Susanne Meister Mit Jens Harzer (Wladimir), Mirco Kreibisch (Lu-cky), Oliver Mallison (Pozzo), Jörg Pohl (Estragon); David Goya Brunnert/Nikita Lysko/Paul Zeschky/David Hofner (Ein Junge)Preise 40 € / 34 € / 28 € / 22 € Dauer 2 Stunden 30 Minuten

Mit Jens Harzer, Mirco Kreibich, Oliver Mallison und Jörg Pohl versammeln sich vier große Schau -spieler persönlichkeiten auf der Bühne. Virtuos spielen sie mit den verrätselten Sätzen Samuel Becketts und lassen dabei nie vergessen, dass sie Menschen von heute sind. Lässig und souverän interpretieren sie die altbekannten Texte neu und versetzen sie mit Rap-Einlagen, eigenen Kommen taren und überraschenden szenischen Phantasien. Auf diese Weise gestalten sie das ewige Warten auf einen Godot, der niemals kommen wird, ausge sprochen kurzweilig.

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DEZEMBER ’16DI, 06.12.16 11:00 UHR

Schauspiel von Molière in französischer Sprache

American Drama Group Europe Große Bühne, Einheitspreis 23 €, ermäßigt 13 €

FR, 09.12.16 AL 1, TG 1, TG 2, WA 19:30 UHRSO, 11.12.16 SEN 1 14:30 UHR

Märchenspiel in drei Bildern von Engelbert Humperdinck

Pfalztheater Kaiserslautern Inszenierung Andreas Bronkalla Große Bühne, Preise 40 € / 34 € / 28 € / 22 €SEN1 Einheitspreis 23 €, ermäßigt 13 €, Familienpaket 52 €

SA, 10.12.16 19:30 UHRSA, 28.01.17 19:30 UHR

Moderation Tilman Gersch In Kooperation mit der Städtischen Musikschule Ludwigshafen

MO, 12.12.16 11:00 UND 19:00 UHR

Schauspiel nach Charles Dickens in englischer Sprache

American Drama Group Europe Große Bühne, Einheitspreis 23 €, ermäßigt 13 €

MI, 14.12.16 10:00 UND 16:00 UHR

Ein surreales Spiel mit Puppen und Objekten für Kinder ab 4 Jahren

Compagnie Sac à Dos, Brüssel Inszenierung Didier de Neck Hinterbühne, Einheitspreis Kinder 5 €, Erwachsene 9 €, Familienpaket 20 €

FR, 16.12.16 11:00 UND 17:00 UHR

Phantastische Geschichten von Franz Hohler für Kinder ab 6 JahrenTheaterhaus FrankfurtInszenierung Elisabeth Gabriel Hinterbühne, Einheitspreis Kinder 5 €, Erwachsene 9 €, Familienpaket 20 €

SO, 18.12.16 JA 17:00 UHR

Von Wilhelm HauffEin märchenhaftes Abenteuer für Kinder ab 8 Jahren, Jugendliche und Erwachsene

Theater an der Ruhr Mülheim in Koproduktion mit dem FFT Düsseldorf Inszenierung und Video Jo Fabian Große Bühne, Einheitspreis Kinder 9 €, Erwachsene 14 €, Familienpaket 28 €

MO, 19.12.16 COM 1 19:30 UHRD0, 20.12.16 TG 3, TG 5, TG 6, WA 19:30 UHR

Lustspiel von Karl Bunje Ohnsorg-Theater Hamburg Inszenierung Anatol Preissler Große Bühne, Preise 28 € / 24 € / 20 € / 16 €

MI, 28.12.16 COM 2 19:30 UHRDO, 29.12.16 AL 2, TG 2, TG 4 19:30 UHR

Tragikomödie mit Musik von Dirk Heidicke Hamburger Kammerspiele in Kooperation mit den Kammerspielen MagdeburgInszenierung Klaus Noack Musikalische Leitung Jens-Uwe Günther Mit Susanne Bard und Jörg Schüttauf Große Bühne, Preise 28 € / 24 € / 20 € / 16 €

JANUAR ’17DO, 05.01.17 S 1 19:30 UHRDI, 24.01.17 S 2, TG 3, TG 4, WA 19:30 UHR

Schauspiel von Franz GrillparzerTheater Pforzheim in Koproduktion mit Pfalzbau Bühnen Ludwigshafen Inszenierung Tilman Gersch Große Bühne, Preise 35 € / 30 € / 25 € / 20 €

SA, 07.01.17 19:30 UHRSO, 08.01.17 19:30 UHR

Eine musikalische Liebeserklärung Gesang Sandra Maria Schöner Klavier Alexander Hopf Gläsernes Foyer, Einheitspreis 23 €, ermäßigt 13 €

SO, 15.01.17 17:00 UHRMO, 16.01.17 11:00UHR

Kinderstück von Dietrich Taube nach einem „Märchen aus 1001er Nacht“ für Kinder ab 6 Jahren

Pfalztheater Kaiserslautern Inszenierung Andreas Kloos Große Bühne, Einheitspreis Kinder 9 €, Erwachsene 14 €,Familienpaket 28 €

MI, 18.01.17 20:00 UHRDO, 19.01.17 20:00 UHR

Werke von Milhaud, Prokofjew und Schostakowitsch Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz Dirigent Dmitrij Kitajenko Solist Sergej Malov, Violine BASF-Feierabendhaus, Preise 47 € / 41 € / 33 € / 26 € zzgl. 3 € an der Abendkasse

VORSCHAU AUF DAS THEATERPROGRAMM 06.12. – 29.03.17 FR, 20.01.17 COM 1, TG 2 19:30 UHRSA, 21.01.17 COM 2, TG 6 19:30 UHRSO, 22.01.17 SEN 1 14:30 UHR

Operette von Carl Zeller Libretto von Moritz West und Ludwig Held

Landestheater Coburg Inszenierung Volker Vogel Musikalische Leitung Dominik Tremel Große Bühne, Preise 40 € / 34 € / 28 € / 22 € SEN1 Einheitspreis 23 €, ermäßigt 13 €

DO, 26.01.17 16:00 UHRFR, 27.01.17 10:00 UHR

Ensemblestück für Kinder ab 2 Jahren Helios Theater Koproduktion mit dem Théâtre Jeune Public Strasbourg Inszenierung Barbara Kölling Studiobühne, Einheitspreis Kinder 5 €, Erwachsene 7 €, Familienpaket 15 €

FR, 27.01.17 19:30 UHRSO, 29.01.17 19:30 UHR

Oper von Giuseppe Verdi in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln Pfalztheater Kaiserslautern Musikalische Leitung Uwe Sandner Inszenierung und Bühne Bruno Klimek Große Bühne, Preise 46 € / 39 € / 32 € / 25 €

FEBRUAR ’17SO, 05.02.17 19:30 UHR

Songs der sechziger und siebziger Jahre The Little Blues Brothers Von und mit Hanns Jörg Krumpholz und Martin Theuer Hinterbühne, Einheitspreis 23 €, ermäßigt 13 €

FR,10.02.17 AL1, TG2, TG3, TG6, JA 19:30 UHRSO,12.02.17 SEN 2 14:30 UHRMO,13.02.17 SV 11:00 UHR

Schauspiel von Friedrich Dürrenmatt

Pfalztheater Kaiserslautern Inszenierung Katharina Ramser Große Bühne, Preise 35 € / 30 € / 25 € / 20 € SEN 2 Einheitspreis 23 €, ermäßigt 13 € SV Einheitspreis 11 €

SA, 18.02.17 BR 2, TG 1 19:30 UHR

Eine Koproduktion von Kulturhuset Stads-teatern Stockholm, K.Kvarnström & Co, Andersson Dance und zero visibitity corp. Idee, Choreographie und Bühnenbild Örjan Andersson, Ina Christel Johanessen, Kenneth KvarnströmMusik Franz Schubert Große Bühne, Preise 40 € / 34 € / 28 € / 22 €

FR, 24.02.17 COM 2, TG 5 19:30 UHRSO, 26.02.17 SEN 2 14:30 UHR

Operette in drei Akten von Emmerich Kálmán

Pfalztheater Kaiserslautern Musikalische Leitung Rodrigo Tomillo Inszenierung Stefan Tilch Große Bühne, Preise 40 € / 34 € / 28 € / 22 € SEN 2 Einheitspreis 23 €, ermäßigt 13 €

MÄRZ ’17SA, 04.03.17 TT, WA 19:30 UHR

Premiere der Uraufführung Tanzstück von Helena Waldmann Eine Produktion von Helena Waldmann und ecotopia dance productions in Koproduktion mit Pfalzbau Bühnen Ludwigshafen u.a.Große Bühne, Preise 35 € / 30 € / 25 € / 20 €

MI, 15.03.17 SINF A 20:00 UHRDO, 15.03.17 SINF B 20:00 UHR

Werke von Britten, Ravel und Elgar

Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz Dirigentin Sung Shi-yeon BASF-Feierabendhaus, Preise 47 € / 41 € / 33 € / 26 € zzgl. 3 € an der Abendkasse

SA, 18.03.17 COM 1, TG 2, JA 19:30 UHR

Geschwister Pfister Ursli und Toni Pfister mit dem Jo-Roloff-Trio Große Bühne, Preise 35 € / 30 € / 25 € / 20 €

DI, 21.03.17 11:00 UND 19:00 UHR

Stück nach einem Roman von Jeanette Walls in englischer Sprache American Drama Group Europe Große Bühne, Einheitspreis 23 €, ermäßigt 13 €

FR, 24.03.17 MT, TG 3, 4, 5, 6, WA 19:30 UHRSO, 26.03.17 AL 2 19:30 UHR

Oper von Georges Bizet in französischer Sprache mit deutschen Übertiteln Pfalztheater Kaiserslautern in Koproduktion mit dem Tiroler Landestheater Innsbruck Text von Michel Carré und Eugène Cormon Inszenierung Urs Häberli Große Bühne, Preise 46 € / 39 € / 32 € / 25 €

DI, 28.03.17 COM 2, TG 1 19:30 UHRMI, 29.03.17 SEN 2, TG 1 14:30 UHR

Schauspiel mit Musik von Kay Pollak

Landestheater Tübingen Inszenierung Christoph Roos Mit dem Beethovenchor Ludwigshafen Große Bühne, Preise 28 € / 24 € / 20 € / 16 €SEN 2 Einheitspreis 16 €

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IMPRESSUMHerausgeberTheater im Pfalzbau LudwigshafenIntendantTilman GerschRedaktionCarolin Grein, Dr. Roswita Schwarz, Barbara Wendland, Michelle NicklisKonzept und GestaltungDouble StandardsDruckFrotscher DruckFotosDance on Dorothea Tuch, 1. Sinfoniekonzert courtesy of parnassus-productions, 2. Sinfonie-konzert Diesner, 3. Sinfoniekonzert Neda Navaee, Schnee Armin Smailovic, Friedens-strasse Eva Wunder, Mark Ernestus‘ Ndgagga Rhythm Force Ndagga , Weltfest Richard Gersch, Hemsbach Protocol Mammalian Diving Reflex, The Blind Poet Maarten Van-den Abeele, Faustrecht Felix Grünschloß, MatchAtria Kunihiro Fukumori, OCD Love Regina Brocke, Späte Nachbarn Krafft Angerer, Aterballetto A. Anceschi, Die Tragödie von Romeo und Julia Armin Smailovic, Die Dreigroschenoper Armin Smailovic, Tortoise Andrew Paynter, Fla.co.men Hugo Gumiel, Faust l Krafft Angerer, John Gabriel Borkman Reinhard Werner, Stolpersteine Staatstheater Florian Merdes, We love Arabs Gadi Dagon, Vertigo 20 Gadi Dagon, Danza Contemporanea de Cuba Arbel Carmenante, HOM & FAM Andreas Etter, KK (I’m a communist kid) Alessandro Cecchi, Dancing Grandmothers Young Mo Cheo, The Palm of Your Hand Rozenn Quéré, BEYTNA Tony Elieh, Badke Danny Willems, Warten auf Godot Armin Smailovic

THEATER IM PFALZBAUBerliner Straße 30, 67059 Ludwigshafenwww.theater-im-pfalzbau.de [email protected]

THEATERKASSE /RESERVIERUNGENTelefon (0621) 504 25 58Fax (0621) 504 25 26Mail pfalzbau.theaterkasse@ludwigs hafen.deTelefonisch ist die Kasse 30 Minuten nach Öffnung erreichbar.

ÖFFNUNGSZEITEN Montags bis freitags von 10:00 – 13:00 Uhr und von 16:30 – 18:30 Uhr, samstags von 11:00 – 13:00 Uhr.Die Abendkasse öffnet eine Stunde vor Vorstellungs-beginn.

ONLINE-VERKAUF www.theater-im-pfalzbau.de unter „Tickets kaufen“

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