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Hafenbau Verschiebungen horizontal belasteter, im Wasser stehender Pfähle 1 Hafenbau Verschiebungen horizontal belasteter, im Wasser stehender Pfähle Prof. Dr.-Ing. Martin Achmus Institut für Grundbau, Bodenmechanik und Ener- giewasserbau, Universität Hannover Zusammenfassung: Vor dem Hintergrund der Fallstudie einer kleinen Seebrücke an der Ostseeküste, an der große Ho- rizontalverschiebungen aufgetreten sind, wird die Anwendbarkeit des Bettungsmodulverfahrens für die Abschätzung horizontaler Pfahlkopfverschie- bungen untersucht. Durch Vergleich von Berech- nungsergebnissen mit Finite-Elemente-Lösungen sowie mit den Ergebnissen von horizontalen Pfahlprobebelastungen wird nachgewiesen, dass eine grobe Abschätzung von Pfahlkopfverschie- bungen hiermit möglich ist. 1 Einleitung Im Wasser stehende Pfähle werden im Hafenbau vielfach eingesetzt, z. B. als Dalben oder als Gründungselemente von Brücken. Solche Pfähle werden durch Trossenzugkräfte, Wellen- oder Eislasten horizontal belastet. Für schmale Brücken ist die Eislast oft die für die Bemessung maßgebende Horizontalbelastung der Gründungspfähle. Für solche Pfähle müssen – im Gegensatz zu Dalbenpfählen – die horizontalen Kopfverschiebungen begrenzt werden, um die Gebrauchstauglichkeit des Bauwerks zu ge- währleisten. Es ist daher notwendig, die Größe der Verschiebungen möglichst genau abzuschät- zen. Eine genaue Vorhersage ist im Grundsatz nur mittels Probebelastungen möglich, die aber relativ teuer und daher für kleine Bauwerke oft nicht zweckmäßig sind. Daraus resultiert die Frage, ob es eine geeignete Berechnungsmethode gibt, durch die bei ange- messenem Aufwand zumindest eine grobe Ab- schätzung der Horizontalverschiebungen möglich ist. Das Bettungsmodulverfahren bietet sich als relativ einfache und in der Praxis für die Biege- bemessung von Pfählen häufig eingesetzte und somit verfügbare Methode an. Nach deutscher Normung müssen, wenn es auf die Größe von horizontalen Verschiebungen an- kommt, entweder Pfahlprobebelastungen durch- geführt werden oder diesbezügliche Erfahrungen bei vergleichbaren Verhältnissen vorliegen. Nachfolgend wird auf der Grundlage der Fallstu- die einer Seebrücke an der Ostseeküste, an der nach einem strengen Winter große horizontale Verschiebungen auftraten, untersucht, ob und in- wieweit mit dem Bettungsmodulverfahren eine re- alistische Verschiebungsprognose möglich ist. 2 Fallstudie In den Jahren 1991 und 1992 wurde an der deut- schen Ostseeküste eine kleine Seebrücke errich- tet. Die Länge dieser Brücke beträgt etwa 350 m und die Breite rd. 2,5 m. Bild 1 Seebrücke im Längsschnitt (Ausschnitt) Die Brücke wurde auf Stahlrohrrammpfählen mit Außendurchmessern von rd. 71 bzw. rd. 76 cm gegründet, die in Längsrichtung in Abständen zwischen rd. 11 und rd. 15 m angeordnet wurden. Ein Längsschnitt der Brücke ist in Bild 1 darge- stellt. Der Baugrund im Bereich des Bauwerks besteht aus einer im Mittel rd. 1 m dicken Schicht aus Sand mit Muscheln, die von Geschiebemergel in 15 m 15 m 15 m 1 0 m Deutsche Beiträge zu PIANC-Schifffahrtskongressen seit 1949 2002-01

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HafenbauVerschiebungen horizontal belasteter, im Wasser stehender Pfähle

1

Hafenbau

Verschiebungen horizontal belasteter, imWasser stehender Pfähle

Prof. Dr.-Ing. Martin AchmusInstitut für Grundbau, Bodenmechanik und Ener-giewasserbau, Universität Hannover

Zusammenfassung:

Vor dem Hintergrund der Fallstudie einer kleinenSeebrücke an der Ostseeküste, an der große Ho-rizontalverschiebungen aufgetreten sind, wird dieAnwendbarkeit des Bettungsmodulverfahrens fürdie Abschätzung horizontaler Pfahlkopfverschie-bungen untersucht. Durch Vergleich von Berech-nungsergebnissen mit Finite-Elemente-Lösungensowie mit den Ergebnissen von horizontalenPfahlprobebelastungen wird nachgewiesen, dasseine grobe Abschätzung von Pfahlkopfverschie-bungen hiermit möglich ist.

1 Einleitung

Im Wasser stehende Pfähle werden im Hafenbauvielfach eingesetzt, z. B. als Dalben oder alsGründungselemente von Brücken. Solche Pfählewerden durch Trossenzugkräfte, Wellen- oderEislasten horizontal belastet.

Für schmale Brücken ist die Eislast oft die für dieBemessung maßgebende Horizontalbelastung derGründungspfähle. Für solche Pfähle müssen – imGegensatz zu Dalbenpfählen – die horizontalenKopfverschiebungen begrenzt werden, um dieGebrauchstauglichkeit des Bauwerks zu ge-währleisten. Es ist daher notwendig, die Größeder Verschiebungen möglichst genau abzuschät-zen. Eine genaue Vorhersage ist im Grundsatznur mittels Probebelastungen möglich, die aber

relativ teuer und daher für kleine Bauwerke oftnicht zweckmäßig sind.

Daraus resultiert die Frage, ob es eine geeigneteBerechnungsmethode gibt, durch die bei ange-messenem Aufwand zumindest eine grobe Ab-schätzung der Horizontalverschiebungen möglichist. Das Bettungsmodulverfahren bietet sich alsrelativ einfache und in der Praxis für die Biege-bemessung von Pfählen häufig eingesetzte undsomit verfügbare Methode an.

Nach deutscher Normung müssen, wenn es aufdie Größe von horizontalen Verschiebungen an-kommt, entweder Pfahlprobebelastungen durch-geführt werden oder diesbezügliche Erfahrungenbei vergleichbaren Verhältnissen vorliegen.Nachfolgend wird auf der Grundlage der Fallstu-die einer Seebrücke an der Ostseeküste, an dernach einem strengen Winter große horizontaleVerschiebungen auftraten, untersucht, ob und in-wieweit mit dem Bettungsmodulverfahren eine re-alistische Verschiebungsprognose möglich ist.

2 Fallstudie

In den Jahren 1991 und 1992 wurde an der deut-schen Ostseeküste eine kleine Seebrücke errich-tet. Die Länge dieser Brücke beträgt etwa 350 mund die Breite rd. 2,5 m.

Bild 1 Seebrücke im Längsschnitt (Ausschnitt)

Die Brücke wurde auf Stahlrohrrammpfählen mitAußendurchmessern von rd. 71 bzw. rd. 76 cmgegründet, die in Längsrichtung in Abständenzwischen rd. 11 und rd. 15 m angeordnet wurden.Ein Längsschnitt der Brücke ist in Bild 1 darge-stellt.

Der Baugrund im Bereich des Bauwerks bestehtaus einer im Mittel rd. 1 m dicken Schicht ausSand mit Muscheln, die von Geschiebemergel in

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steifer bis halbfester Konsistenz unterlagert wird.Die in einem geotechnischen Gutachten angege-benen Bodenkennwerte sind in Tabelle 1 zusam-mengestellt.

Tabelle 1 Rechenwerte der Bodenkennwerte

Die Einbindetiefe der Pfähle beträgt zwischen rd.6 und rd. 7 m. Mit einer Horizontalbelastung derPfähle war hauptsächlich aufgrund von Eisdruckzu rechnen. Gemäß den deutschen Empfehlun-gen des Arbeitsausschusses Ufereinfassungen(EAU 1996) wird die Eislast Hi auf Pfähle mitKreisquerschnitt nach der folgenden Gleichungberechnet:

1,15,0033,0 hDHi σ= (Hi in kN)

mit: σ0 = Eisdruckfestigkeit in MN/m2,D = Pfahlaußendurchmesser in cm,h = Eisdicke in cm.

Die mittlere Druckfestigkeit von Ostseeeis kanngemäß EAU zu σ0 = 1,8 MN/m2 angenommenwerden. Gemäß ebenfalls in der EAU angegebe-ner Erfahrungswerte wurde die maximale Eisdickefür den entsprechenden Bereich der Ostseeküstemit h = 40 cm angesetzt. Damit wurde eine Be-messungseislast von Hi = 300 kN rechnerisch er-mittelt.

Aufgrund von Erfahrungen mit ähnlichen Bauwer-ken wurde bei der Bemessung davon ausgegan-gen, dass die Steifigkeit der Pfahlgründung aus-reichend war, um die Einhaltung eines zulässigenWerts der Pfahlkopfverschiebung von 10 cm zugewährleisten. Eine diesbezügliche detaillierterechnerische Untersuchung oder eine Pfahlpro-bebelastung wurde nicht vorgenommen.

Nach einem sehr harten Winter 1995/96 wurdefestgestellt, dass die Brücke auf einer Länge vonrd. 100 m große Horizontalverschiebungen auf-wies. Die maximale Kopfverschiebung einesPfahls betrug rd. 40 cm. Die Ursache dieser Ver-schiebung war offensichtlich Belastung durch Eis-druck, die Größe dieser Last und die zugehörigeEisdicke konnten aber nachträglich nicht festge-stellt werden. Es war daher die Frage zu beant-worten, ob die Pfahlgründung für die Bemes-

sungseislast von 300 kN zu weich war oder ob dieaufgetretenen Verschiebungen auf das Auftretenwesentlich höherer Eislasten zurückzuführen wa-ren.

Der durchgeführten rechnerischen Analyse wurdedas in Bild 2 dargestellte System des Pfahls mitder größten Kopfverschiebung von rd. 40 cmzugrunde gelegt.

V ~ 300 kN~

H

Sand mit Muscheln

Geschiebemergel (1)

Geschiebemergel (2)

1,0

m1,

0 m

2,15

m3,

35 m

2,0

m

Bild 2 Querschnitt des Gründungspfahls mit dergrößten Kopfverschiebung

3 Berechnungsmethoden für horizontal be-lastete Pfähle

Während die Vorhersage horizontaler Pfahlver-formungen nur auf Basis von Berechnungen nachdeutschen Normen nicht zulässig ist, darf die Bie-gebemessung des Pfahls rein rechnerisch erfol-gen. Zu unterscheiden sind folgende Methoden:

Bodenart Schichtdicke Wichte Scherparameter Steifemodul in m γ’ in kN/m3 ϕ’ in ° c’ in kN/m2 ES in MN/m2

Sand mit MuschelnGeschiebemergel (1)Geschiebemergel (2)

1,02,0

> 6,0

9,012,312,3

28,030,032,0

09,010,0

7,520,025,0

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• Die “klassische” Methode mit vorgegebenerErdwiderstandsverteilung

• Methoden auf Basis der linearen Elastizitäts-theorie

• “p-y”-Kurven-Methode• Bettungsmodulverfahren• Finite-Elemente-Methode

Die klassische Methode wird in Deutschland nochimmer für die Bemessung von Dalbenpfählen be-nutzt. Es wird der auch bei der Berechnung ein-gespannter Spundwände eingesetzte Ansatz vonBLUM verwendet. Bei einer theoretischen Einbin-detiefe wird volle Einspannung des Pfahls ange-nommen. Der räumliche Erdwiderstand vor demPfahl wird wie die Horizontalkraft als äußere Be-lastung angesetzt. Die Einbindetiefe ergibt sichaus der Forderung des Momentengleichgewichtsan diesem System (Bild 3).

Bild 3 “Klassische” Berechnung von Dalben-pfählen

In einer Nachlaufberechnung können auch die ho-rizontalen Verschiebungen ermittelt werden.Diese Methode hat sich als für die Berechnungvon Dalben geeignet erwiesen. Wegen des last-und verschiebungsunabhängigen Ansatzes derErdwiderstandsverteilung ist sie aber für Ver-schiebungsprognosen nicht geeignet.

Methoden auf Grundlage der Elastizitätstheorienutzen im allgemeinen die Mindlin-Gleichung, dieden Zusammenhang der Verschiebungen im e-lastischen Halbraum aufgrund einer Einzellastformelmäßig angibt. Hiermit kann in Verbindung

mit einer Randelementemethode die Horizontal-verschiebung eines Pfahls mit gegebener Geo-metrie und Steifigkeit berechnet werden (s. z. B.Poulos & Davis 1980). Nichtlineares Materialver-halten oder geschichteter Baugrund kann durchNäherungslösungen berücksichtigt werden, dieMethode wird dann allerdings recht komplex.

Für die p-y-Kurven-Methode wird der Pfahl in ein-zelne Elemente unterteilt. Für jedes Element wirdein Zusammenhang von Bettungsdruck und Ver-schiebung, die p-y-Kurve, vorgegeben. Mit diesemVerfahren werden die Pfahlverschiebungen be-lastungs- und steifigkeitsabhängig ermittelt. ImGrundsatz handelt es sich bei dieser Methode umein spezielles Bettungsmodulverfahren mit vorge-gebenen, verschiebungsabhängigen Federsteifig-keiten (Bild 4).

Hinweise für die Ableitung von p-y-Kurven fürSande und Tone sind in Det Norske Veritas(1977) und in API (1982) enthalten. Diese Kurvenkönnen aber natürlich nicht auf beliebige Boden-und Randbedingungen übertragen werden.Beim Bettungsmodulverfahren wird die stützendeWirkung des Bodens durch horizontale Federnberücksichtigt. Das Problem dabei ist, dass dasVerhalten benachbarter Federn voneinander un-abhängig ist, d. h. die Kontinuität des Bodens wirdnicht erfasst. Trotzdem darf die Methode nachdeutschen Normen für die Pfahlbiegebemessungeingesetzt werden, wenn die Maximalverschie-bung kleiner als 2 cm bzw. maximal 3% des

H H

∆x

max M

Belastung IdealisiertesSystem

Biege-momente

HorizontaleVerschiebungen

h h

t

ep

t0

p h

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Pfahldurchmessers beträgt. Deshalb erscheint eslogisch, die Eignung dieses Verfahrens für dieAbschätzung von Pfahlverschiebungen zu unter-suchen. Die Methode wird daher in Abschnitt 4detailliert beschrieben.

Bild 4 p-y-Kurven-Methode

Aus theoretischer Sicht ist die Finite-Elemente-Methode die genaueste Methode zur Modellierungdes Interaktionsproblems Pfahl/Boden. Hier kannauch nichtlineares, elastoplastisches Materi-alverhalten des Bodens berücksichtigt werden.Die Methode ist allerdings sehr aufwendig, da eindreidimensionales Modell generiert werden muss.Auch ist die Genauigkeit der Ergebnisse in derPraxis dadurch begrenzt, dass die zahlreichenParameter eines komplexen Stoffgesetzes in allerRegel gar nicht ermittelt werden können.

Die Methode ist aber wertvoll für die Beurteilungder Ergebnisse des Bettungsmodulverfahrens,und hierfür wird sie nachfolgend eingesetzt. Eswird ein relativ einfaches Materialmodell ange-setzt, das linear elastisches Verhalten bis zumErfüllen des Bruchkriteriums nach MOHR-COU-LOMB und bei darüber hinaus gehender Bean-spruchung ideal plastisches Verhalten simuliert.

4 Bettungsmodulverfahren zur Berech-nung der horizontalen Pfahlverschie-bungen

4.1 Allgemeines

Nach der deutschen Norm DIN 4014 darf dasBettungsmodulverfahren für die Biegebemessung

horizontal belasteter Pfähle verwendet werden.Der Bettungsmodul darf für einzelne Boden-schichten näherungsweise zu

DEk s

s =

angesetzt werden (mit D = 1 m für Pfähle mitDurchmesser größer als 1 m). Bedingung ist au-ßerdem, dass die Bettungsspannungen in jederTiefe die Erdwiderstandsspannungen nicht über-schreiten. Zudem ist die Anwendung gemäß DIN4014 auf Pfähle mit Kopfverschiebungen kleiner2 cm bzw. kleiner als 3% des Durchmessers be-schränkt.

Hier wird untersucht, ob diese Methode zumindestfür die grobe Abschätzung auch größerer Pfahl-kopfverschiebungen eingesetzt werden kann.

4.2 Erdwiderstandsansatz

Für die Bestimmung der maximal möglichen Bet-tungsdrücke muss der räumliche Erdwiderstandvor dem Pfahl berechnet werden. In der deut-schen Norm DIN 4085 wird ein im wesentlichenauf Experimenten beruhender Ansatz angegeben.Die Abweichung des räumlichen vom ebenenErdwiderstand wird darin durch Formfaktoren µerfasst, welche von der auf den Durchmesser be-zogenen Tiefe z/D abhängen. Für die Erdwider-standsspannungen spa eph in der Tiefe z könnendaraus die folgenden Gleichungen abgeleitet wer-den:

pchpchpghpghiiph kckzespa µµγ '+∆= �

mit: ���

≥<+

=33,3//3688,133,3//45,01

DzfürDzDzfürDz

pghµ

���

≥<+

=33,3//2865,333,3//80,11

DzfürDzDzfürDz

pchµ

Hierin sind kpgh und kpch die Erdwiderstandsbei-werte für Eigengewicht und Kohäsion im ebenenFall. γi und ∆zi sind die Wichten und Mächtigkeitender Bodenschichten oberhalb des betrachtetenPunktes, d. h. Σγi ∆zi ist die effektive Vertikalspan-nung in diesem Punkt.

4.3 Berechnungsschema

Der Pfahl wird in finite Balkenelemente unterteilt.Die Berechnung nach dem Bettungsmodulverfah-ren erfolgt iterativ. Zunächst werden die Bet-tungsmoduln schichtweise konstant gemäß der

Hy

y

y

y

p

p

p

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Gleichung ks = Es /D festgelegt. Wenn sich ausder Berechnung Bereiche ergeben, in denen der(gemäß Abschnitt 4.2 berechnete) Erdwiderstandüberschritten wird, dann wird der Bettungsmodul-verlauf korrigiert und eine Neuberechnung vorge-nommen. Die Iteration wird fortgesetzt, bis durchentsprechende Anpassungen des Bettungsmo-dulverlaufs in jeder Tiefe der Bettungsdruck klei-ner als der oder gleich dem Erdwiderstand ist.Außerdem ist zu beachten, dass der Wandrei-bungswinkel so gewählt ist, dass das Gleichge-wicht der Vertikalkräfte am Pfahl erfüllt ist. Dieserfordert ebenfalls eine iterative Anpassung.

Die Vorgehensweise verdeutlicht die Darstellungin Bild 5. Wird die Berechnung für verschiedeneLasten ausgeführt, so lässt sich eine (nichtlineare)Kraft-Verschiebungskurve ermitteln.

Bild 5 Berechnung mit dem Bettungsmodulver-fahren

Für die Pfahlbemessung, d. h. die Bestimmungder erforderlichen Einbindetiefe und der Biege-momente, wird der Erdwiderstand üblicherweisedurch einen Sicherheitsfaktor abgemindert. Fürdie Berechnung von Verschiebungen ist dies abernicht sinnvoll, da hier die tatsächlich im Bodenwirkenden Spannungen zu betrachten sind.

4.4 Vergleich mit einer Finite-Elemente-Lö-sung

Für die Beurteilung des oben beschriebenen Bet-tungsmodulverfahrens (BMV) wurde ein Pfahl inhomogenem Sandboden einmal mit diesem Ver-fahren und einmal mit der Finite-Elemente-Me-thode (FEM) berechnet. Für die FEM war eindreidimensionales Modell zu generieren. Das Bo-denverhalten wurde mit einem linear elastisch – i-deal plastischen Stoffgesetz mit Bruchkriteriumnach MOHR-COULOMB und assoziierter Fließre-gel modelliert. Für dieses relativ einfache Stoffge-setz werden vier Parameter benötigt, nämlich derElastizitätsmodul E und die Querdehnzahl ν unddie Scherparameter ϕ’ (Winkel der inneren Rei-bung) und c’ (Kohäsion).

Für den Sand wurden die Parameter zu ν = 0.3,ES = 80 MN/m2 ( )1/()21( 2 ννν −−−= SEE ),ϕ’= 35° und c’= 0 angenommen.

Es wurden Berechnungen für einen 5 m und einen10 m langen Pfahl, jeweils mit einem Durchmes-ser von 1 m, ausgeführt. Das System und die be-rechneten Last-Verschiebungskurven sind in Bild6 dargestellt.

H Hw w

z z

k (z)s k (z)sw(z) w(z)ρ(z) ρ(z)

e (z)ph e (z)ph

ρ > eph

Beginn der Iteration Letzte Iteration

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Bild 6 System und Last-Verschiebungskurvenfür Pfähle D=1 m, L=5 m und L=10 m

Bild 7 Ergebnisse für einen Pfahl D=1 m,L=10 m für H=500 kN und H=1000 kN

Unterstellt man, dass die Finite-Elemente-Lösungexakt ist, so ergibt sich, dass die Verschiebungenbeim Bettungsmodulverfahren überschätzt wer-den. Dies gilt in besonderem Maße für den kurzenPfahl (L= 5 m, L/D = 5).

Für den langen Pfahl (L= 10 m) sind die Verschie-bungs-, Bettungsdruck- und Bettungsmodulver-läufe für zwei Laststufen in Bild 7 wiedergegeben.Die Kurven verdeutlichen, dass die Bettungsdrü-cke im oberen Pfahlbereich vom BMV etwas un-terschätzt und im mittleren Pfahlbereich über-schätzt werden.

Die Rückrechnung der Bettungsmoduln aus denFEM-Ergebnissen zeigt, dass die Moduln bis zumDrehpunkt des Pfahls nahezu linear zunehmenund dass sie unterhalb dieses Punktes deutlichhöher sind als für das BMV angesetzt.

Dennoch kann – auch wenn die Ergebnisse natür-lich nicht verallgemeinert werden können – fest-gehalten werden, dass zumindest für den länge-ren Pfahl mit L/D = 10 eine grobe Abschätzungder Pfahlkopfverschiebung mit dem beschriebe-nen Bettungsmodulverfahren möglich erscheint.Für das dargestellte Beispiel ergeben sich zu gro-

Sand

´ = 35°

ϕ

γ = 19 kN/mE = 80 MN/m

3

2s

H

L

D = 1 m

0 0100 100200 200300 300400 400500 5000 0

1 1

2 2

3 3

4 4

5

6

5

Horizontalkraft H in kN Horizontalkraft H in kN

Kopf

vers

chie

bung

in c

m

Kop

fver

schi

ebun

g in

cm

600 700 800 900 1000 1100 1200

BMVFEM

L = 5 mD = 1 m

BMVFEM

L = 10 mD = 1 m

6

Horizontalverschiebung in cm0 0,5 1,0 2,0 3,02,5 3,5

0

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

H =

500

kN

Tief

e z

in m

BMV

FEM

H = 1000 kN

Bettungsmodul MN/m3

0 20-20 40 60 80 100 120 140 160

H = 500 kN

BMV

FEM

H = 1000 kN

0 100-100 200-200 300 400 500 600 700

H = 500 kN

Bettungsdruck in kN/m2

BMV

FEM

H = 1000 kN

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ße Verschiebungen, d. h. die Methode führt hierzu „auf der sicheren Seite liegenden“ Ergebnis-sen.

4.5 Vergleich mit dem Ergebnis einer Pfahl-probebelastung

Zur ergänzenden Bewertung des verwendetenBettungsmodulverfahrens wurde eine von Wittkeet al. (1974) dokumentierte Pfahlprobebelastungnachgerechnet. Es handelte sich dabei um einenGroßbohrpfahl D = 1,2 m mit einer Länge von 8 min geschichtetem Boden (Kiessand über Grün-sandmergel).

Bild 8 Vergleich von gemessenen undberechneten Verschiebungen füreine von Wittke et al. (1974) do-kumentierte Pfahlprobebelastung

Wittke et al. geben die Horizontalver-schiebungen des Pfahls im oberen Be-reich unter einer Horizontallast von1000 kN an. Die Verschiebungen wurdenmit dem Bettungsmodulverfahren unterVerwendung der von Wittke et al. ange-gebenen Bodenkennwerte berechnet.

Das System sowie die gemessenen unddie berechneten Verschiebungen sind inBild 8 dargestellt. Für die Pfahlkopfver-schiebung ergibt sich eine gute Überein-stimmung von Messung und Berechnung.

5 Ergebnisse für die Seebrücke

Für den Gründungspfahl der Seebrücke an derOstseeküste (Bild 2) wurde die Last-Verschie-bungskurve für eine Belastung in Höhe des Was-serspiegels (z. B. Eisdruck) mit dem in Abschnitt 4beschriebenen Bettungsmodulverfahren berech-net.

Um eine Abweichung der Bodenkennwerte vonden in Tabelle 1 angegebenen Werten zu erfas-sen, wurden zusätzliche Berechnungen mit um10% erhöhten bzw. reduzierten Scherparameternund Steifemoduln ausgeführt. Die für den Pfahl-

kopf ermittelten Last-Verschiebungskurven sind inBild 9 dargestellt. Zum Ver-gleich sind außerdem die Er-gebnisse einer Finite-Elemente-Berechnung (für dieBodenkennwerte gemäß Ta-belle 1) angegeben.

Bild 9 Berechnungsergebnisse für den Grün-dungspfahl gemäß Bild 2

H = 1000 kN

1,2

m5,

65 m

2,35

m

z

Auffüllung (Kiessand):´= 37°, c´= 5 kN/m

E = 54 MN/m , = 19 kN/mϕ

γ

2

2 3,

s

Grünsandmergel:´= 22°, c´= 30 kN/m

E = 54 MN/m , = 19 kN/mϕ

γ

2

2 3,

s

Stahlbeton, 1,2 m

GemessenBerechnet(Bettungsmodul- verfahren)

-1 0 1

1

2

2

3

3

4

4

5

6

7

8

z in m

w in cmw

Horizontalkraft H in kN

Pfah

lkop

fver

schi

ebun

g in

cm

0 100 200 300 500 6004000

10

20

30

Finite-Elemente-MethodeBettungsmodulverfahren

Bandbreite +10% ´,c´,Eϕ s

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Die Finite-Elemente-Berechnung ergibt hier etwasgrößere Verschiebungen als das Bettungsmodul-verfahren. Aus beiden Methoden ergibt sich aber,dass für die Bemessungseislast von rd. 300 kNeine Pfahlkopfverschiebung zwischen rd. 6 und8 cm zu erwarten gewesen wäre, d. h. in jedemFall weniger als der zulässige Wert von 10 cm.Daraus kann gefolgert werden, dass die gemes-sene Maximalverschiebung von rd. 40 cm durcheine deutlich höhere Eislast verursacht wordensein muss. Nach den Berechnungsergebnissendürfte eine Kraft größer als 500 kN gewirkt haben.Im Herbst 2000 wurde die Seebrücke saniert. ImRahmen des Geraderichtens der Pfähle wurde aneinem Pfahl ein Belastungstest ausgeführt. DieSystemgeometrie dieses Pfahls und die Ergeb-nisse des Belastungstests sind in Bild 10 wiederge-geben.

Die über ein Zugseil aufgebrachte Horizontalkraftwirkte etwa 1,8 m über dem Wasserspiegel. ZumGeraderichten war eine Zugkraft von rd. 480 kNerforderlich.

Eine Rückrechnung dieses Belastungstests mitdem Bettungsmodulverfahren ergibt eine gute Ü-bereinstimmung mit der Messung (Bild 10). Hier-durch wird die Anwendbarkeit dieses Verfahrensfür die Abschätzung von Pfahlkopfverschiebungennochmals bestätigt.

Bild 10 System und Ergebnisse der Pfahlprobe-belastung

6 Zusammenfassungs und Schlußfolge-rungen

An einer kleinen, auf Stahlrohrpfählen gegründe-ten Seebrücke an der Ostseeküste wurden nacheinem strengen Winter horizontale Pfahlkopfver-schiebungen von bis zu 40 cm festgestellt. Es wardie Frage zu beantworten, ob dies durch un-erwartet hohe Eisdrucklasten oder aber durchnicht ausreichende Steifigkeit der Gründung fürdie nach Erfahrungswerten angesetzte horizontaleBemessungslast verursacht wurde.

Vor diesem Hintergrund wurde untersucht, ob dasrelativ einfach anzuwendende Bettungsmodul-verfahren geeignet ist, um zumindest eine grobeAbschätzung der Pfahlkopfverformungen zu lie-fern. Ein spezielles Verfahren wird vorgestellt, beidem durch ein Iterationsverfahren sichergestelltwird, dass die Bettungsspannungen an keinerStelle die Erdwiderstandsspannungen über-schreiten. Durch Vergleich mit Ergebnissen derFinite-Elemente-Methode sowie durch Nachrech-nung einer Pfahlprobebelastung wird gezeigt,dass eine solche grobe Abschätzung mit dem be-schriebenen Verfahren möglich ist.

Sand mit Muscheln

Geschiebemergel (1)

Geschiebemergel (2)

1,0

m2,

75 m

3,05

m2,

0 m

Horizontalkraft H in kN

Pfa

hlko

pfve

rsch

iebu

ng in

cm

0 100 200 300 5004000

10

20

30

GemessenBerechnet

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HafenbauVerschiebungen horizontal belasteter, im Wasser stehender Pfähle

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Die Berechnung des Gründungspfahls der See-brücke mit der Methode sowie zusätzlich mit derFinite-Elemente-Methode belegt, dass die festge-stellten Verschiebungen durch wesentlich höhereEislasten als erwartet verursacht worden seinmüssen. Schließlich wird auch gute Übereinstim-mung von Messung und Berechnung mit demBettungsmodulverfahren für einen im Rahmen derSanierung der Brücke ausgeführten Belastungs-test festgestellt.

Obwohl eine Verallgemeinerung dieser Ergebnis-se für beliebige Rand- und Baugrundbedingungennatürlich nicht zulässig ist, kann festgestellt wer-den, dass das hier beschriebene Bet-tungsmodulverfahren ein gutes Werkzeug für dieAbschätzung von Pfahlkopfverschiebungen hori-zontal belasteter Pfähle zu sein scheint.

7 Literatur

API 1982. Recommended practice for Planning,Designing and Constructing fixed offshore plat-forms. American Petroleum Institute, WashingtonD.C.

Det Norske Veritas 1977. Rules for the Design,Construction and Inspection of offshore Struc-tures, Appendix F: Foundations. Det Norske Ve-ritas, Oslo.

EAU 1996. Empfehlungen des Arbeitsausschus-ses Ufereinfassungen, Häfen und Wasserstraßen.Ernst & Sohn, Berlin.

Poulos., H.G., Davis, E.H. 1980. Pile FoundationAnalysis and Design. Wiley and Sons, New York.

Wittke, W., Spang, J., Rodatz, W., Semprich, S.1974. Bemessung von horizontal belastetenGroßbohrpfählen nach der Methode Finiter Ele-mente. Bauingenieur 49, p. 219-226.

Schlagworte:

Horizontal belastete PfähleBettungsmodulverfahrenSeebrücke

Verfasser:

Prof. Dr.-Ing. Martin Achmus,Institut für Grundbau, Bodenmechanik und Ener-giewasserbau, Universität HannoverAppelstr. 9A, 30167 HannoverTel.: 0511 762-4155e-mail: [email protected]

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