151019 OTZ Kultur Martha Premiere Gera

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Ostthüringer Zeitung Kultur OCKU Montag, . Oktober Haydn und die Nachwelt Konzert-Kritik Dietmar Ebert über das Konzert der Jenaer Philharmonie am Freitag Der junge italienische Dirigent Andrea Sanguineti, seit 2013 Chefdirigent am Gerhart- Hauptmann-Theater Görlitz- Zittau, leitete die Jenaer Phil- harmoniker gleichermaßen temperamentvoll und subtil. Unter seiner Stabführung er- klangen die acht Variationen und die finale Passacaglia über den Haydn zugeschriebenen Choral „St. Antoni“ von Johan- nes Brahms so durchsichtig und differenziert wie nie zuvor in Jena. Das Ensemble „Klang-Es- senz“ brachte mit Marius Sima (Violine), Alexander Wegelin (Violoncello), Jörg Schneider (Oboe) und Christoph Knitt (Fa- gott) Bohuslav Martinůs selten gespielte „Sinfonia concertante in B-Dur“ technisch perfekt, ausdrucksstark und mit großer Musizierfreude zu Gehör . Die Solo-Instrumente sind die glei- chen wie bei Haydn, doch bei Martinů stellt sich Harmonie nur zögernd ein. „Querschlä- ger“ im Streichorchester, das durch Klavier (Camelia Sima) und je zwei Klarinetten und Hörner verstärkt wird, führen die Hörer bisweilen in die Irre. Doch stets finden die Solo-Inst- rumente im spielerischen Dia- log unter einander und mit dem Orchester zu einer „Klanges- senz“ von schwer errungener, kostbarer Schönheit. Bravo! Unter Andrea Sanguinetis energischer und einfühlsamer Leitung gelang dem Jenaer Or- chester durch hochkonzentrier- tes Spiel aller Musiker eine spannungsvolle und sehr anrüh- rende Interpretation von Joseph Haydns letzter Sinfonie in D- Dur Hob.1: 104. Er arbeitete die strenge Struktur der „Salo- mon“-Sinfonie klar heraus und ließ einen „Haydn-Klang“ hö- ren, der vom warmen Ton der Streicher, Holzbläser und Hör- ner lebte, markant abgerundet durch Trompeten und Pauken. Das Konzert zeigte eindrucks- voll, wie lebendig Haydns Mu- sik ist und wie sehr sie spätere Komponisten inspiriert hat. a Redaktion dieser Seite: Ulrike Merkel und Theresa Schödensack Jubiläumsgala mit einem Versprechen Von Theresa Schödensack Gera. „Unsere Stadt braucht das Theater, aber viel wichtiger ist, das Theater braucht die Bürge- rinnen und Bürger dieser Stadt.“ Mit diesen emotionalen Worten eröffnete Helga Klinger, die Vor- sitzende der Gesellschaft der Theater- und Konzertfreunde Gera e.V., am Samstag die Fest- veranstaltung zum 25-jährigen Bestehen des Vereins, im Kon- zertsaal der Bühnen der Stadt. Sie erinnerte neben der Histo- rie des Vereins vor allem daran, dass erneut Kürzungen ins Haus stehen, gegen die man etwas unternehmen müsse. „Struktur- änderungen dürften nicht im- mer nur Geldsparmaßnahmen nach sich ziehen, betont Helga Klinger. Ihren mit Bedacht gewählten Worten folgte unter der souverä- nen Leitung von Generalmusik- direktor Laurent Wagner eine Ouvertüre aus „Der Freischütz“, von Carl Maria Weber. Die 73 Musiker ergaben zusammen ein klanggewaltiges Ganzes und ließen keinen Zweifel daran, dass es undenkbar wäre, das Or- chester, wie geplant, um 16 Stel- len zu verkleinern. Zu Gast waren außerdem Vio- la Hahn, Oberbürgermeisterin der Stadt Gera und Babette Win- ter, Staatssekretärin für Europa und Kultur, welche stellvertre- tend für Kulturminister Benja- min-Immanuel Hoff erschienen war. „Es ging niemals um die Schließung von Sparten“, sagt die Staatssekretärin in ihrer Re- de und fügt ein Versprechen hin- zu: „Ich sichere Ihnen heute zu, das Theater Gera-Altenburg ist und bleibt ein Fünf-Sparten- Theater, von Seiten des Freistaa- tes Thüringen.“ Das war der Startschuss für ein abwechslungsreiches, aber vor allem spannendes Festpro- gramm, welches von Darstellern aller fünf Sparten gestaltet wurde. Publikumsliebling 2015, An- ne Preuß, tanzte mit Leichtigkeit und bekanntermaßen stimmge- waltig von Oktave zu Oktave mit „Wie nahte der Schlummer“ aus „Der Freischütz“. Paul Kroe- ger, welcher für Magnus Piontek einsprang, verzauberte mit Mo- zarts Arie „Ferrando“ aus „Cosi fan tutte“ seine Zuhörer. Nicht nur gesanglich gab es viel zu er- leben, auch visuell begeisterten die Darsteller das Publikum. Lutz Grossmann interpretierte mit seinem Puppen-Solo Karl Valentins „Theaterzwang“, und das Thüringer Staatsballett führ- te den Walzer aus Cinderella auf. Es fällt schwer, einen Höhe- punkt aus der Veranstaltung zu benennen und dennoch waren die Leistung von Manuel Struf- folino als Charlie-Chaplin-Dop- pelgänger und Philipp Rein- heimer als „Sweet Transvestite“ Highlights des Programms. Auch das Udo-Jürgens-Med- ley, gespielt von Intendant Kay Kuntze und gesanglich begleitet von allen Sängern der Gala, war ein gebührender Abschluss eines facettenreichen Abends und konnte nur noch durch das Finale übertroffen werden einer Umdichtung des Klassi- kers „New York, New York“ von Frank Sinatra in „Gera, Ge- ra“, in das auch das Publikum freudig mit einstimmte. Die ehemaligen Vorsitzenden Dagmar Kunze und Karl-Heinz Walther sowie die Vorsitzende Helga Klinger sind mehr als zu- frieden mit ihrer Festwoche. „Unsere Jubiläumsgala hat 431 Besucher zu Gast“, sagt Helga Klinger und fügt freudig hinzu: „Das sind mehr, als wir je zu hof- fen gewagt haben.“ Die ehemaligen Vorsitzenden Dagmar Kunze (links) und Karl-Heinz Walther feiern zusammen mit der Vorsitzenden Helga Klinger Jahre Gesellschaft der Theater- und Konzertfreunde Gera. Foto: Theresa Schödensack Die Gesellschaft der Theater- und Konzertfreunde Gera e.V. feierte am Samstag ihr -jähri- ges Bestehen mit einer gut ge- launten Festveranstaltung, mit einem abwechslungsreichen Programm. Echter Adel, wahre Liebe, alles prima! Von Roland H. Dippel Gera. Rapide zwischen Komik und Herzschmerz kippt Fried- rich von Flotows „Romantisch- komische Oper“ aus dem engli- schen Land- und Hofadel. In entscheidenden Momenten der Geraer Premiere erscheint die junge Queen Elizabeth II: Regis- seurin Anette Leistenschneider versetzte den Kurztrip der ange- ödeten Lady Harriet und ihrer Gesellschafterin Nancy in die handfeste Landwirt-Szene der 1960er Jahre. Dabei wollte sie auf Spieloper-Witzeleien für das 1847 in Wien uraufgeführte Stück nicht ganz verzichten, zeigte Etikettenzwänge, ironi- sierte Sehnsüchte sanft mit Amor-Puppe und Marionetten- Doubles. Nach der Pause fand sie zu besser angemessenen Boule- vardfinessen. Etwa, wenn die Chordamen in großer Beset- zung (sicher einstudiert von Holger Krause) als weibliche Robin Hoods aufmarschieren und sich der verliebte Lyonel beim Tenorhit „Ach so fromm…“ als Freizeitdichter ou- tet. Pächter Plumkett betet für seinen Ziehbruder Lyonel die Familiengeschichte am Telefon herunter. Beide stecken dabei in einer britisch-roten Kultbox. Mi- chael D. Zimmermann brezelte Harriet und Nancy für die Mäg- debörse Richmond auf wie zur Wies’n-Gaudi. Andreas Beckers Bildszenerien mit getürmten Haut-Couture-Vitrinen, einem nüchternen Junggesellen-Guts- haus und „Queen-Anniversa- ry“-Plakaten bieten weitflächige Spielanreize. Jugendliche Dynamik und Fähigkeit zur Modulation Von Vorteil ist die sehr junge Be- setzung der durch Größen von Enrico Caruso bis Anneliese Rothenberger verkörperten Par- tien in Gera. Larissa Neudert strebt zielorientiert ins Fach der lyrischen Koloratur. Harriet auf der Suche nach sich selbst! Ihre Blasiertheiten sind Korsett und ihre Gefühle für den zum Glück adligen Lyonel vor allem im fei- nen Filigran der Mittellage glaubhaft. Hier siegt Herzens- wärme – wie komponiert. Christel Loetzsch, beim Rol- lendebüt gepiesackt vom Grip- peteufel, ist als Nancy mehr Lei- densgenossin als Drahtzieherin. Mit dem früher oft unsensibel gestrichenen Duett Nancy/ Plumkett kurz vorm Happy-End nahm es die Regie ernst, zum Glück. Auch Dank des einzig von der vorgesehenen Besetzung übri- gen Baritons Kai Wefer beweg- ten sich zweites und erstes Paar auf Augenhöhe. Als Lady-Vetter und -Retter Tristan war Jacoub Eisa endlich nicht der traditio- nelle Grummelbass, sondern stilbewusst schlank bei Stimme und nur wegen allzu nobler Um- gangsformen mit wenig Glück bei den Frauen. Auf gut geschul- ter Belcanto-Linie, mit stark be- redten Blicken und Dezenz der Bewegung umschiffte Sebastia- no Lo Medico alle lauernden Versuchungen zum tenoralen Schmachtfetzen. Etwas weniger Adrenalin als am Premierenabend wird die- sem Ensemble guttun. Das wich- tigste dabei: Schon war zu hö- ren, dass Thomas Wicklein mit straffen Tempi weit kräftiger die Anklänge an Donizetti und Au- ber aus der Partitur herauskitzel- te als die dem Werk zugeschrie- bene Biedermeier-Fadesse. Manche verwaschene Streicher- linie war dabei ein leicht ent- schuldbarer Lampenfieber-Tri- but an die Ausnahmesituation. Es wurde deutlich: Opern Flo- tows, der immer wieder der Be- häbigkeit seines Mecklenburger Adelssitzes entfloh, brauchen in Aufführungen jugendliche Dy- namik und Fähigkeit zur Modu- lation. Beides hatte der Abend mit Überschuss. ! Wieder auf dem Spielplan: Samstag, . Oktober, . Uhr, sowie . November Szene aus der Oper „Martha oder Der Markt zu Rich- mond“. Foto: Stephan Walzl Die Theaterleitung schwitzte Blut bei vier Umbesetzungen kurz vor der „Martha“-Premie- re im Theater Gera. Das En- semble siegte auf ganzer Linie. DDR-Witze und der BND Buch-Tipp Annerose Kirchner zur DDR- Witze-Sammlung „Ausgelacht“ Die Stasi hörte mit, wenn in der DDR politische Witze erzählt wurden. Je näher das Ende des Arbeiter-und-Bauern-Staates rückte, umso direkter, lauter und pointierter äußerten sich die Bürger, denn die harte straf- rechtliche Verfolgung wie einst in den 1950er, 1960er Jahren griff längst nicht mehr. Aber auch der westliche Ge- heimdienst hörte mit und schickte Witz-Spione in die DDR. Das klingt wie ein Scherz, ist aber wahr. Die „Operation DDR-Witz“ zählte zu den Staatsgeheimnissen der BRD; erst im Jahr 2009 wurden durch den BND die diesbezüglichen Akten frei gegeben. Darüber berichten die He- rausgeber Hans-Hermann Her- tel und Hans-Wilhelm Saure in einem zeitgeschichtlichen Es- say. Dieser bemerkenswerte Text bildet den Auftakt der Sammlung „Ausgelacht. DDR- Witze aus den Geheimakten des BND“ (Ch. Links Verlag, Berlin, 144 Seiten, 10 Euro). Hertel und Saure, beide kompetente Ken- ner der DDR, zeigen auf, dass der BND mehr als 400 politi- sche Witze aus der DDR opera- tiv zusammentrug, direkt vor Ort, aber auch in Flüchtlingsla- gern und unter einreisenden DDR-Bürgern. Die Witze-Akten wurden sogar bis ins Bundes- kanzleramt geschickt. Ob in Ost oder West – diese oft umwerfend subversiven Wit- ze waren ein Stimmungsbaro- meter im „real existierenden So- zialismus“. Wie die Anspielung auf Versorgungsengpässe: „Wa- rum ist die Banane krumm? Weil sie um die DDR einen Bo- gen macht!“ (1987). Oder die Reaktion auf Tschernobyl: „In der DDR ist eine neue Zahnpas- ta auf den Markt gekommen: ‚Tschernomed‘, für strahlend weiße Zähne!“ (1986). Die Aus- wahl endet bei den Parolen des Umbruchs im Herbst 1989 wie „Demokratie in ihrem Lauf, hal- ten weder Ochs noch Esel auf“. Sie zeigt viele Facetten, vom ak- tuellen politischen Witz bis zur bissigen, bösen volkszornigen Satire. Bisher hat sich Zeitge- schichtsforschung dem Thema Witz verweigert, stellen die Au- toren fest und meinen, das ist eine Forschungslücke. Umfrage unter den Gala-Gästen zum möglichen Orchester-Abbau Laura Domarus, 24 Jahre, Stu- dentin aus Gera. Es wäre defini- tiv schade, wenn noch mehr Stellen gekürzt werden würden. Ein Orchester macht doch gera- de erst seine Größe aus. Je mehr Musiker mit ihren Instrumenten musizieren, desto größer ist mei- ner Meinung nach auch die Wir- kung. Der Gänsehautschauer, wenn alle Instrumente zusam- men spielen, ist das, was nie ver- loren gehen darf. Dieter Reinhold, 78 Jahre, Rentner aus Gera. Ich habe selbst 30 Jahre hier im Orches- ter gearbeitet. Seit der Fusion mit dem Theater Altenburg wurden schon 57 Stellen abge- baut. Aus rein künstlerischen Gründen sollte die Kopfstärke des Orchesters nicht weiter unterboten werden. Ich wün- sche mir wirklich sehr, dass die Zahl von 73 Musikern bestehen bleibt. Jutta Kloß, Vorsitzende der Or- chesterfreunde Gera. Da haben Sie genau die Richtige angespro- chen. Ich halte nichts von weite- ren Kürzungen. Es wurde doch schon genug abgebaut – von ehemals 149 auf 73 Stellen. Je weniger Musiker desto weniger kann gespielt werden. Es würde erneut ein wichtiges Stück Kul- tur verloren gehen. Und was hat Ostthüringen denn noch außer seine Kunst und Kultur? Von Ulrike Merkel Gera. Gestern ging die 7. Höhler Biennale mit Finissage und Ver- leihung des Deutschen Installa- tionskunstpreises in Gera zu Ende. Mit dem Publikumspreis wurde dieses Jahr die Geraer Textilkünstlerin Nora Grawitter ausgezeichnet. Ihr Werk „Traumraum – Raumtraum“ ge- wann die Besucherabstimmung „mit überwältigender Mehr- heit“, wie Projektleiterin Gitta Heil sagte. Grawitters Werk las- se mittels weiß-fluoreszieren- dem Faden eine zweidimensio- nale Traumwelt sowie eine drei- dimensionale Naturszene mit Tieren, Pflanzen und Baum- gruppen auf schwarzem Flies entstehen. Der Hauptpreis des Installa- tionskunstpreises 2015 ging an den Geraer Glaskünstler Win- fried Wunderlich. Insgesamt zählte die diesjähri- ge Höhler Biennale gut 5000 Gäste – ähnlich viele wie die Vorgänger-Ausgabe im Jahr 2013. „Damit sind wir sehr zu- frieden“, sagte Projektleiterin Heil. „Besonders gefreut haben wir uns über die vielen ausländi- schen Gäste.“ Sie kamen unter anderem aus den USA, Japan, Frankreich und Schweden. Die 7. Höhler Biennale zeigte seit Juni Installationskunst in den alten Bierkellern der Stadt. Publikumspreis geht an Geraer Künstlerin Textilkünstlerin Nora Grawit- ter gewinnt den Publikums- preis der Höhler Biennale in Gera. Insgesamt zählte die . Ausgabe Besucher. Gera. Carmen-Maja Antoni war die jüngste Studentin an der Filmhochschule „Konrad Wolf“ in Babelsberg und die jüngste „Grusche“ in Brechts „Der kau- kasische Kreidekreis“ am Hans- Otto-Theater in Potsdam. Ihre charakteristische Stim- me und Ausstrahlung brachte ihr seit ihrem Filmdebüt in „Die- be im Warenhaus“ unzählige Rollen in Kino- und Fernsehfil- men wie „Das Kaninchen bin ich“, „Denk bloß nicht, ich heu- le“, „Zeit der Störche“ und „Die dicke Tilla“ ein. Moderator Andreas Kurtz wird Antoni am Freitag beim So- fa-Talk mit kleinen filmischen Grüßen von Schauspieler-Kolle- gen wie Francis Fulton-Smith und Herbert Köfer überraschen. Carmen-Maja Antoni kommt nach Gera Am Freitag, dem . Oktober, . Uhr, ist die ostdeutsche Charakterdarstellerin Carmen- Maja Antoni Gast in der Talk- reihe „Kurtz auf dem Sofa“ im Puppentheater Gera. Carmen-Maja Antoni

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Die Theaterleitung schwitzteBlut bei vier Umbesetzungenkurz vor der „Martha“-Premiereim Theater Gera. Das Ensemblesiegte auf ganzer Linie.

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Ostthüringer Zeitung Kultur OCKU Montag, . Oktober

Haydn und dieNachwelt

Konzert-Kritik

Dietmar Ebert über das Konzertder Jenaer Philharmonie amFreitag

Der junge italienischeDirigentAndrea Sanguineti, seit 2013Chefdirigent amGerhart-Hauptmann-TheaterGörlitz-Zittau, leitete die Jenaer Phil-harmoniker gleichermaßentemperamentvoll und subtil.Unter seiner Stabführung er-klangen die acht Variationenund die finale Passacaglia überdenHaydn zugeschriebenenChoral „St. Antoni“ von Johan-nes Brahms so durchsichtig unddifferenziert wie nie zuvor inJena.Das Ensemble „Klang-Es-

senz“ brachtemitMarius Sima(Violine), AlexanderWegelin(Violoncello), Jörg Schneider(Oboe) undChristophKnitt (Fa-gott) BohuslavMartinůs seltengespielte „Sinfonia concertantein B-Dur“ technisch perfekt,ausdrucksstark undmit großerMusizierfreude zuGehör .DieSolo-Instrumente sind die glei-chenwie beiHaydn, doch beiMartinů stellt sichHarmonienur zögernd ein. „Querschlä-ger“ imStreichorchester, dasdurchKlavier (Camelia Sima)und je zwei Klarinetten undHörner verstärktwird, führendieHörer bisweilen in die Irre.Doch stets finden die Solo-Inst-rumente im spielerischenDia-log unter einander undmit demOrchester zu einer „Klanges-senz“ von schwer errungener,kostbarer Schönheit. Bravo!Unter Andrea Sanguinetis

energischer und einfühlsamerLeitung gelang dem JenaerOr-chester durch hochkonzentrier-tes Spiel allerMusiker einespannungsvolle und sehr anrüh-rende Interpretation von JosephHaydns letzter Sinfonie inD-DurHob.1: 104. Er arbeitete diestrenge Struktur der „Salo-mon“-Sinfonie klar heraus undließ einen „Haydn-Klang“ hö-ren, der vomwarmenTon derStreicher,Holzbläser undHör-ner lebte,markant abgerundetdurch Trompeten undPauken.DasKonzert zeigte eindrucks-

voll, wie lebendigHaydnsMu-sik ist undwie sehr sie spätereKomponisten inspiriert hat.

a Redaktion dieser Seite:UlrikeMerkel und TheresaSchödensack

Jubiläumsgala mit einem Versprechen

Von Theresa Schödensack

Gera. „Unsere Stadt braucht dasTheater, aber viel wichtiger ist,das Theater braucht die Bürge-rinnen undBürger dieser Stadt.“Mit diesen emotionalen WorteneröffneteHelgaKlinger, dieVor-sitzende der Gesellschaft derTheater- und KonzertfreundeGera e.V., am Samstag die Fest-veranstaltung zum 25-jährigenBestehen des Vereins, im Kon-zertsaal der Bühnen der Stadt.Sie erinnerte neben der Histo-

rie des Vereins vor allem daran,dass erneut Kürzungen insHausstehen, gegen die man etwasunternehmen müsse. „Struktur-änderungen dürften nicht im-mer nur Geldsparmaßnahmennach sich ziehen, betont HelgaKlinger.Ihren mit Bedacht gewählten

Worten folgte unter der souverä-nen Leitung von Generalmusik-direktor Laurent Wagner eineOuvertüre aus „Der Freischütz“,von Carl Maria Weber. Die73 Musiker ergaben zusammenein klanggewaltiges Ganzes undließen keinen Zweifel daran,dass es undenkbar wäre, das Or-

chester, wie geplant, um 16 Stel-len zu verkleinern.ZuGastwaren außerdemVio-

la Hahn, Oberbürgermeisterinder StadtGeraundBabetteWin-ter, Staatssekretärin für Europaund Kultur, welche stellvertre-tend für Kulturminister Benja-min-Immanuel Hoff erschienenwar. „Es ging niemals um dieSchließung von Sparten“, sagt

die Staatssekretärin in ihrer Re-de und fügt einVersprechenhin-zu: „Ich sichere Ihnen heute zu,das Theater Gera-Altenburg istund bleibt ein Fünf-Sparten-Theater, von Seiten des Freistaa-tes Thüringen.“Das war der Startschuss für

ein abwechslungsreiches, abervor allem spannendes Festpro-gramm,welches vonDarstellern

aller fünf Sparten gestaltetwurde.Publikumsliebling 2015, An-

nePreuß, tanztemitLeichtigkeitund bekanntermaßen stimmge-waltig von Oktave zu Oktavemit „Wie nahte der Schlummer“aus „Der Freischütz“. PaulKroe-ger, welcher fürMagnus Piontekeinsprang, verzauberte mit Mo-zarts Arie „Ferrando“ aus „Cosi

fan tutte“ seine Zuhörer. Nichtnur gesanglich gab es viel zu er-leben, auch visuell begeistertendie Darsteller das Publikum.Lutz Grossmann interpretiertemit seinem Puppen-Solo KarlValentins „Theaterzwang“, unddas Thüringer Staatsballett führ-te den Walzer aus Cinderellaauf.Es fällt schwer, einen Höhe-

punkt aus der Veranstaltung zubenennen und dennoch warendie Leistung von Manuel Struf-folino als Charlie-Chaplin-Dop-pelgänger und Philipp Rein-heimer als „Sweet Transvestite“Highlights des Programms.Auch das Udo-Jürgens-Med-

ley, gespielt von Intendant KayKuntze und gesanglich begleitetvon allen Sängern der Gala, warein gebührender Abschlusseines facettenreichen Abendsund konnte nur noch durch dasFinale übertroffen werden –einer Umdichtung des Klassi-kers „New York, New York“von Frank Sinatra in „Gera, Ge-ra“, in das auch das Publikumfreudigmit einstimmte.Die ehemaligen Vorsitzenden

Dagmar Kunze und Karl-HeinzWalther sowie die VorsitzendeHelga Klinger sind mehr als zu-frieden mit ihrer Festwoche.„Unsere Jubiläumsgala hat 431Besucher zu Gast“, sagt HelgaKlinger und fügt freudig hinzu:„Das sindmehr, als wir je zu hof-fen gewagt haben.“

Die ehemaligen Vorsitzenden Dagmar Kunze (links) und Karl-Heinz Walther feiern zusammen mit der Vorsitzenden Helga Klinger Jahre Gesellschaft derTheater- und KonzertfreundeGera. Foto: Theresa Schödensack

DieGesellschaft der Theater-undKonzertfreundeGera e.V.feierte amSamstag ihr -jähri-ges Bestehenmit einer gut ge-launten Festveranstaltung,miteinemabwechslungsreichenProgramm.

Echter Adel, wahre Liebe, alles prima!

VonRolandH. Dippel

Gera. Rapide zwischen Komikund Herzschmerz kippt Fried-rich von Flotows „Romantisch-komische Oper“ aus dem engli-schen Land- und Hofadel. Inentscheidenden Momenten derGeraer Premiere erscheint diejungeQueen Elizabeth II: Regis-seurin Anette Leistenschneiderversetzte den Kurztrip der ange-ödeten Lady Harriet und ihrerGesellschafterin Nancy in diehandfeste Landwirt-Szene der1960er Jahre. Dabei wollte sieauf Spieloper-Witzeleien für das1847 in Wien uraufgeführteStück nicht ganz verzichten,zeigte Etikettenzwänge, ironi-sierte Sehnsüchte sanft mitAmor-Puppe und Marionetten-Doubles.Nach der Pause fand sie zu

besser angemessenen Boule-vardfinessen. Etwa, wenn dieChordamen in großer Beset-zung (sicher einstudiert vonHolger Krause) als weiblicheRobin Hoods aufmarschierenund sich der verliebte Lyonelbeim Tenorhit „Ach sofromm…“ als Freizeitdichter ou-

tet. Pächter Plumkett betet fürseinen Ziehbruder Lyonel dieFamiliengeschichte am Telefonherunter. Beide stecken dabei ineiner britisch-rotenKultbox.Mi-chael D. Zimmermann brezelteHarriet und Nancy für die Mäg-debörse Richmond auf wie zurWies’n-Gaudi. Andreas BeckersBildszenerien mit getürmtenHaut-Couture-Vitrinen, einemnüchternen Junggesellen-Guts-haus und „Queen-Anniversa-ry“-Plakaten bieten weitflächigeSpielanreize.

JugendlicheDynamik undFähigkeit zurModulation

VonVorteil ist die sehr jungeBe-setzung der durch Größen vonEnrico Caruso bis AnnelieseRothenberger verkörperten Par-tien in Gera. Larissa Neudertstrebt zielorientiert ins Fach derlyrischen Koloratur. Harriet aufder Suche nach sich selbst! IhreBlasiertheiten sind Korsett undihre Gefühle für den zumGlückadligen Lyonel vor allem im fei-nen Filigran der Mittellageglaubhaft. Hier siegt Herzens-wärme –wie komponiert.Christel Loetzsch, beim Rol-

lendebüt gepiesackt vom Grip-peteufel, ist als Nancy mehr Lei-densgenossin als Drahtzieherin.

Mit dem früher oft unsensibelgestrichenen Duett Nancy/Plumkett kurz vormHappy-Endnahm es die Regie ernst, zumGlück.

AuchDank des einzig von dervorgesehenen Besetzung übri-gen Baritons Kai Wefer beweg-ten sich zweites und erstes Paarauf Augenhöhe. Als Lady-Vetter

und -Retter Tristan war JacoubEisa endlich nicht der traditio-nelle Grummelbass, sondernstilbewusst schlank bei Stimmeund nur wegen allzu nobler Um-gangsformen mit wenig Glückbei den Frauen. Auf gut geschul-ter Belcanto-Linie, mit stark be-redten Blicken und Dezenz derBewegung umschiffte Sebastia-no Lo Medico alle lauerndenVersuchungen zum tenoralenSchmachtfetzen.Etwas weniger Adrenalin als

am Premierenabend wird die-semEnsemble guttun.Daswich-tigste dabei: Schon war zu hö-ren, dass Thomas Wicklein mitstraffen Tempi weit kräftiger dieAnklänge an Donizetti und Au-ber ausderPartitur herauskitzel-te als die dem Werk zugeschrie-bene Biedermeier-Fadesse.Manche verwaschene Streicher-linie war dabei ein leicht ent-schuldbarer Lampenfieber-Tri-but an dieAusnahmesituation.Eswurde deutlich:Opern Flo-

tows, der immer wieder der Be-häbigkeit seines MecklenburgerAdelssitzes entfloh, brauchen inAufführungen jugendliche Dy-namik und Fähigkeit zur Modu-lation. Beides hatte der AbendmitÜberschuss.

!Wieder auf demSpielplan:Samstag, . Oktober, .Uhr, sowie . November

Szene aus der Oper „Martha oder Der Markt zu Rich-mond“. Foto: StephanWalzl

Die Theaterleitung schwitzteBlut bei vier Umbesetzungenkurz vor der „Martha“-Premie-re im Theater Gera. Das En-semble siegte auf ganzer Linie.

DDR-Witze undder BND

Buch-Tipp

Annerose Kirchner zur DDR-Witze-Sammlung „Ausgelacht“

Die Stasi hörtemit, wenn in derDDRpolitischeWitze erzähltwurden. Je näher das Ende desArbeiter-und-Bauern-Staatesrückte, umso direkter, lauterund pointierter äußerten sichdie Bürger, denn die harte straf-rechtlicheVerfolgungwie einstin den 1950er, 1960er Jahrengriff längst nichtmehr.Aber auch derwestlicheGe-

heimdienst hörtemit undschickteWitz-Spione in dieDDR.Das klingtwie ein Scherz,ist aberwahr.Die „OperationDDR-Witz“ zählte zu denStaatsgeheimnissen der BRD;erst im Jahr 2009wurden durchdenBNDdie diesbezüglichenAkten frei gegeben.Darüber berichten dieHe-

rausgeberHans-HermannHer-tel undHans-WilhelmSaure ineinem zeitgeschichtlichenEs-say.Dieser bemerkenswerteText bildet denAuftakt derSammlung „Ausgelacht. DDR-Witze aus denGeheimakten desBND“ (Ch. LinksVerlag, Berlin,144 Seiten, 10Euro).Hertel undSaure, beide kompetenteKen-ner derDDR, zeigen auf, dassder BNDmehr als 400 politi-scheWitze aus derDDRopera-tiv zusammentrug, direkt vorOrt, aber auch in Flüchtlingsla-gern und unter einreisendenDDR-Bürgern.DieWitze-Aktenwurden sogar bis ins Bundes-kanzleramt geschickt.Ob inOst oderWest – diese

oft umwerfend subversivenWit-zewaren ein Stimmungsbaro-meter im „real existierenden So-zialismus“.Wie dieAnspielungauf Versorgungsengpässe: „Wa-rum ist die Banane krumm?Weil sie umdieDDReinenBo-genmacht!“ (1987).Oder dieReaktion auf Tschernobyl: „InderDDR ist eine neueZahnpas-ta auf denMarkt gekommen:‚Tschernomed‘, für strahlendweißeZähne!“ (1986). DieAus-wahl endet bei den Parolen desUmbruchs imHerbst 1989wie„Demokratie in ihremLauf, hal-tenwederOchs nochEsel auf“.Sie zeigt viele Facetten, vomak-tuellen politischenWitz bis zurbissigen, bösen volkszornigenSatire. Bisher hat sichZeitge-schichtsforschung demThemaWitz verweigert, stellen dieAu-toren fest undmeinen, das isteine Forschungslücke.

Umfrage unter den Gala-Gästen zum möglichen Orchester-Abbau

LauraDomarus, 24 Jahre, Stu-dentin ausGera.Eswäre defini-tiv schade, wenn nochmehrStellen gekürzt werdenwürden.EinOrchestermacht doch gera-de erst seineGröße aus. JemehrMusikermit ihren Instrumentenmusizieren, desto größer istmei-nerMeinung nach auch dieWir-kung.DerGänsehautschauer,wenn alle Instrumente zusam-men spielen, ist das, was nie ver-loren gehen darf.

Dieter Reinhold, 78 Jahre,Rentner ausGera. Ich habeselbst 30 Jahre hier imOrches-ter gearbeitet. Seit der Fusionmit demTheater Altenburgwurden schon 57 Stellen abge-baut. Aus rein künstlerischenGründen sollte die KopfstärkedesOrchesters nichtweiterunterbotenwerden. Ichwün-schemirwirklich sehr, dass dieZahl von 73Musikern bestehenbleibt.

JuttaKloß, Vorsitzende derOr-chesterfreundeGera.DahabenSie genau die Richtige angespro-chen. Ich halte nichts vonweite-renKürzungen. Eswurde dochschon genug abgebaut – vonehemals 149 auf 73 Stellen. JewenigerMusiker destowenigerkann gespielt werden. Eswürdeerneut einwichtiges StückKul-tur verloren gehen.Undwas hatOstthüringen denn noch außerseineKunst undKultur?

VonUlrikeMerkel

Gera.Gestern ging die 7.HöhlerBiennale mit Finissage und Ver-leihung des Deutschen Installa-tionskunstpreises in Gera zuEnde. Mit dem Publikumspreiswurde dieses Jahr die GeraerTextilkünstlerin Nora Grawitterausgezeichnet. Ihr Werk„Traumraum – Raumtraum“ ge-wann die Besucherabstimmung„mit überwältigender Mehr-heit“, wie Projektleiterin GittaHeil sagte. Grawitters Werk las-se mittels weiß-fluoreszieren-dem Faden eine zweidimensio-nale Traumwelt sowie eine drei-dimensionale Naturszene mitTieren, Pflanzen und Baum-gruppen auf schwarzem Fliesentstehen.Der Hauptpreis des Installa-

tionskunstpreises 2015 ging anden Geraer Glaskünstler Win-friedWunderlich.Insgesamt zählte die diesjähri-

ge Höhler Biennale gut 5000Gäste – ähnlich viele wie dieVorgänger-Ausgabe im Jahr2013. „Damit sind wir sehr zu-frieden“, sagte ProjektleiterinHeil. „Besonders gefreut habenwir uns über die vielen ausländi-schen Gäste.“ Sie kamen unteranderem aus den USA, Japan,Frankreich und Schweden.Die 7. Höhler Biennale zeigte

seit Juni Installationskunst inden altenBierkellern der Stadt.

Publikumspreisgeht an GeraerKünstlerin

TextilkünstlerinNoraGrawit-ter gewinnt den Publikums-preis der Höhler Biennale inGera. Insgesamt zählte die. Ausgabe Besucher.

Gera. Carmen-Maja Antoni wardie jüngste Studentin an derFilmhochschule „Konrad Wolf“in Babelsberg und die jüngste„Grusche“ in Brechts „Der kau-kasische Kreidekreis“ am Hans-Otto-Theater in Potsdam.

Ihre charakteristische Stim-me und Ausstrahlung brachteihr seit ihrem Filmdebüt in „Die-be im Warenhaus“ unzähligeRollen in Kino- und Fernsehfil-men wie „Das Kaninchen binich“, „Denk bloß nicht, ich heu-le“, „Zeit der Störche“ und „Diedicke Tilla“ ein.Moderator Andreas Kurtz

wirdAntoni amFreitag beimSo-fa-Talk mit kleinen filmischenGrüßen von Schauspieler-Kolle-gen wie Francis Fulton-SmithundHerbert Köfer überraschen.

Carmen-MajaAntoni kommtnach Gera

AmFreitag, dem.Oktober,.Uhr, ist die ostdeutscheCharakterdarstellerin Carmen-Maja Antoni Gast in der Talk-reihe „Kurtz auf demSofa“ imPuppentheater Gera.

Carmen-Maja Antoni