1512 VINUM DCH Dreiland-Repo JoelGernet · 2017. 1. 12. · Text und Fotos: Joël Gernet Elsass...

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    Dreiländereck

    Drei Länder, eine RegionVom himmlischen Riesling bis zum puren Pinot – die Weine aus dem Dreiländereck bereiten grenzenlosen Genuss. Grund genug für eine Rundreise durch die sonnenverwöhnte Oberrheinische Tiefebene zwischen den französischen Vogesen, dem deutschen Schwarzwald und dem Schweizer Jura.Text und Fotos: Joël Gernet

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    Mulhouse

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    W ie eine Haifi schfl osse ragt das Hochhaus hinter dem Meer aus Rebstöcken, Äckern und Wäldern in den Himmel. Der Roche-Turm ist nicht nur ein optischer Fixpunkt im Dreiländereck, er erinnert auch dar-an, dass die Reben im Riehener Schlipf auf Stadtboden stehen. Basel ist nicht unbedingt für seine Weinproduktion be-kannt. Wo früher Wein kultiviert wur-de, thronen heute herrschaftliche Villen. Der Schlipf am äussersten Zipfel der Nordwestschweiz ist die grosse Ausnah-me. Hier stehen die meisten der 4,8 Hek-tar Stadt-Reben. Im Vergleich zu den angren zenden Weinregionen wirkt das Basler Bijou winzig: Im deutschen Baden wird auf 15 492 Hektar Wein angebaut, im französischen Elsass sind es 16 000 Hek-tar. Damit verfügen die Nachbarn im Dreiländereck über mehr Rebfl äche als die gesamte Schweiz mit 14 900 Hektar. Dass man den Schlipf künftig dennoch nicht übersieht, dafür möchte Thomas Jost sorgen. Der 27-jährige Winzer hat sich hohe Ziele gesetzt: Seine Weine sol-len mit den besten nationalen Crus mit-halten können, vor allem die Flaggschif-fe aus den Burgunder-Sorten Pinot Noir und Chardonnay. Es ist Mitte September.

    Jost und seine Helfer ernten die letz -ten Pinots vor dem einsetzenden Regen. Je de Traube wird minutiös gemustert. Das Lesegut ist gesund, kleinbeerig, lo-cker und scheint mehr Haut als Saft zu haben. «Mehr Farbe, mehr Konzentration, mehr Spass», sagt Jost lachend. Den Ertrag begrenzt er auf knapp 500 Gramm pro Quadratmeter.

    Dass der Schlipf-Wein neu in der Mos-terei mitten im Dorf gekeltert wird, ist mit ein Grund, dass die Gemeinde Riehen ihren 3,2 Hektar grossen Rebberg Anfang 2014 an den jungen Fricktaler verpachtet hat. Vor allem aber dürfte die grenzüber-schreitende Zusammenarbeit mit dem bekannten badischen Winzer Hanspeter Ziereisen überzeugt haben. Der Schlipf-Wein wird unter dem Label Jost & Zier-eisen produziert. Ziereisen liefert einen Teil der Infrastruktur, jahrzehntelange Erfahrung und ein grosses Netzwerk, Jost schmeisst den Laden über weite Strecken im Einmannbetrieb und sorgt für eine Vinifi kation auf Spitzenniveau. Der 27-Jährige war vier Jahre lang Keller-meister bei Ziereisen im wenige Fahrmi-nuten entfernten Efringen-Kirchen. Zu -vor verbrachte er Lehrjahre im Aar gau, in Graubünden und in Zürich, ebenso in

    DAS DREILÄNDER ECKIN DREI ZAHLEN

    31!641HEKTAR REBLAND

    INSGESAMT

    5421PRODUZENTEN

    UND WINZER IN BADEN UND IM ELSASS

    38KELLEREIBETRIEBE

    IN DER REGION BASEL

    Stationen der Dreiländer-Tour1 #Thomas Jost Riehen2 #Winzerhof S. Kerber Staufen im Breisgau3 #Domaine Sipp Mack Hunawihr4 #Domaine Schoffi t Thann5 #Quergut Arlesheim6 #Weingut Ziereisen Efringen-Kirchen

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    Jost mit glänzenden Augen. Nach rund sechs Wochen werden die Trauben für den Flaggschiff -Wein Le Grand in der Korbpresse von Hand gepresst. Bis zu acht Stunden lang. «Das Einzige, was ich da-nach mache, ist: Fass auff üllen und pro-bieren», sagt Jost. Nach 18 Monaten in der Barrique wird der auf 500 Flaschen li-mitierte Pinot Noir abgefüllt, ungeschönt und unfi ltriert. 69 Franken kostet die rote Spielart des Le Grand – sonst wird man in Josts Augen im Spitzensegment nicht ernst genommen. Den dortigen Platzhirschen möchte er Konkurrenz ma-chen. «Wir sind näher am Burgund als die Bündner Herrschaft, nicht nur geogra-fi sch», sagt der Winzermeister mit Blick auf die helvetische Pinot-Hochburg. Jost und Ziereisen wirken im Epizentrum des Dreiländerecks, direkt bei der Burgundi-schen Pforte. Durch die Lücke zwischen Jura und Vogesen strömt mediterrane Luft in die Rheinebene. Ihr verdankt die Region ihr mildes und sonniges Klima.

    Wir folgen dem warmen Luftstrom rund 50 Kilometer nach Norden in das badische Winzerdorf Staufen. Auf dem Schlossberg am Fuss der Burgruine hat sich Sigi Kerber vom Winzerhof S. Kerber dem Gutedel verschrieben, der wichtigs-

    Spitzenbetrieben an der Mosel (Weingut Vollenweider) und in Österreich (Wein-gut Gerhard Markowitsch). Und nun al-so Riehen. Hanspeter Ziereisen erinnert sich an den Coup, mit dem das Winzer-duo 35 Mitbewerber überfl ügelt hat: «Wir haben uns am Tag vor Ablauf der Bewer-bungsfrist zusammengesetzt und reali-siert: Thomas dürfte den Zuschlag nicht erhalten, weil er zu jung ist, und ich nicht, weil ich aus Deutschland bin. Also haben wir zusammengespannt.»

    Pinot in PerfektionNun keltert Jost in Riehen bereits sei-

    nen zweiten Jahrgang. Den Pinot Noir hat er noch rechtzeitig ins Trockene ge-bracht. In der Kellerei hebelt er die Wanne mit den entstielten Trauben sorgfältig in den 2000-Liter-Holzgärständer. Auf eine Pumpe wird verzichtet: Die Beeren sollen ganz bleiben bei der Spontangärung, da-mit es im Inneren zu einer Mini-Fermen-tation kommt. Das gibt dem Wein zusätz-liche Aromen sowie mehr Frische und Frucht. Zudem bringt der Cru damit die Süsswasserkalk- und Lehmböden besser zum Ausdruck. «Wenn der Pinot während der Maischestandzeit nach Pfeff erminz-Teebeutel duftet, kommt es gut», erklärt

    ten Traube im Markgräfl erland neben Spätburgunder und Müller-Thurgau. Der Legende nach soll die weisse Varietät 1780 aus Vevey am Genfersee einge-schleppt worden sein. «Gutedel ist eher der stille und unaufdringliche Typ, das passt zu den Menschen hier», fi ndet der Winzer. Ein lokaler Alltagswein, leicht und trinkig. Als Kerbers Grossmutter vom Arzt nahegelegt wurde, mehr Flüssigkeit zu sich zu nehmen, entgegnete sie, sie kön-ne doch nicht jeden Tag drei Liter Wein trinken. Ausser vielleicht vom spontan vergorenen trockenen Gutedel ihres En-kels. Das Leichtgewicht hat 10,5  Vo lu-menprozent Alkohol. «Den könnte man direkt in der Flasche servieren, mit einem Strohhalm», fi ndet Kerber. Ein idealer Tropfen für die «Grill & Chill»-Sommer-events, die der 40-Jährige seit bald zehn Jahren in seiner «Straussi», der Hofwirt-schaft, veranstaltet. Mit grossem Erfolg: An einem guten Abend tanzen bis zu 500 Gäste unter freiem Himmel zur Mu-sik. Kein Wunder, verkauft Kerber seine Jahresproduktion von 10 000 Flaschen fast ausschliesslich über seinen Hof. Der schmetterlingsleichte Gutedel und die idyllisch gelegene Straussenbeiz sind da-für Argument genug.

    «Wenn der Pinot Noir während der Maischestandzeit nach Pfeff erminz-Teebeutel duftet, kommt es gut.»Thomas Jost Weingut Jost&&&Ziereisen, Riehen (CH)

    «Ich will ehrliche und be-kömmliche Weine, bei denen es den Leuten auch nach zwei Flaschen am nächsten Morgen gut geht.»Sigi Kerber Winzer aus Staufen im Breisgau (D)

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    Nun ziehen auch im Markgräfl erland die Regenwolken auf. Zwischen den Fach-werkhäusern der Winzerdörfer brummt es wie in einem Bienenkorb  – überall Winzer auf Traktoren, die die Früchte des sonnigen Sommers ins Trockene brin-gen. Im Westen, auf der anderen Seite des Rheins, ist der Himmel hingegen hell. Nicht umsonst hat das Elsass im Schutz der Vogesen den Ruf als regenärmste Region Frankreichs. Auch hier sind die Fachwerkbauten augenfällig. Der verbrei-tete alemannische Dialekt verrät, dass man mit Baden mehr gemein hat als ei-ne Nachbarschaft: Im Lauf der Geschich-te gehörte das Elsass immer wieder zu Deutschland.

    Das ewige Elsässer Dilemma«Wisst ihr, was ein Elsässer ist? Ein

    Schweizer, der nicht in Belgien ange-kommen ist!» Der Witz von Jacques Sipp, Leiter der Domaine Sipp Mack, hat ei-nen wahren Kern: Seine Vorfahren sind während des Schweizer Bauernkriegs im 17. Jahrhundert aus der Region Solothurn ins Elsass gefl üchtet. Das Familienwap-pen hängt noch immer im Basler Rat-haus. Gelandet sind die Sipps schliess-lich in Hunawihr bei Colmar, wo sie auf

    inzwischen 24 Hektar die sieben Elsässer Rebsorten kultivieren – allen voran Ries-ling, Pinot Gris und Gewürztraminer. Mit Carolyn Sipp kommt nun die zehnte Generation zum Zug. An Vater und Toch-ter manifestiert sich der Elsässer Sprach-wandel. Während Jacques in der Schule Deutsch lernte, wird heute Englisch un-terrichtet. Gut für Carolyn, die im Bur-gund und in Oregon Önologie studierte und in Dänemark, Kalifornien und Aus-tralien gearbeitet hat.

    Seit 2009 ist die 26-Jährige zurück auf dem elterlichen Betrieb. Natürlich hat sie den Gewächsen bereits subtil ihren eige-nen Stempel verpasst. «Grossvaters Wei-ne waren sehr süss», erinnert sich Caro-lyn Sipp. «Mein Vater mochte es bereits trockener, und bei mir haben die Crus noch weniger Restsüsse.» Ganz missen möchte die junge Winzerin die fruchtige Süsse allerdings nicht, schliesslich sorgt diese für Struktur und Körper. «Sonst verlieren unsere Weine ihren Charakter.» Trotz der Tendenz zu trockeneren Wei-nen: Die Restzuckerdiskussion im Elsass ist immer noch aktuell. Jacques erklärt die süss-saure Schizophrenie so: «Die Franzosen und Belgier mochten früher süsse Weine, während die Restaurants in

    aller Welt, vor allem im angelsächsischen Teil, trockene Tropfen bevorzugten – so sind wir im ewigen Elsässer Dilemma.» Etwas Klarheit schaff en könnte im El-sass die vom französischen AOC-Institut (INAO) und von der EU angedachte An-passung des Klassifi kationssystems an das Burgunder-Modell. Dabei würden die bestehenden Appellationen etwa um die Stufe Premier Cru ergänzt. Für Jacques Sipp eine Chance, dank der neue Weinge-schichten geschrieben werden könnten. «Vielleicht entwickeln sich so einige Wei-ne zu Grands Crus.»

    Kritischer sieht es Bernard Schoffi t von der Domaine Schoffi t. «Man sollte lieber vom ganzen Elsass reden als von eini-gen wenigen, die die Besten sein wol-len.» Man habe bereits jetzt mehr Grands Crus (51) als das Burgund (33). Durch die Premiers Crus könnte deren Status ver-wässert werden. Auch preislich sei der Spielraum zwischen Basis- und Topwein begrenzt. Das kümmert Bernard Schoffi t allerdings noch wenig an diesem brü-tend heissen Erntetag Ende September. In halsbrecherischem Tempo manövriert er seinen Lieferwagen auf der kurvigen Schotterstrasse den Rangen de Thann hi nauf, vorbei an Touristengruppen. Der

    «So eine Ernte wie 2015 wünsche ich mir jedes Jahr: keine Fäule, keine Krankheiten und auch keine Kirschessigfl iege.»Jacques Sipp Domaine Sipp Mack , Hunawihr (F)

    Weinbau mit Weitsicht: Jacques und Carolyn Sipp überblicken die 220 Hektar Rebberge um das 600-Seelen-Dorf Hunawihr.

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    Knochenarbeit: Bernard Schoffi t (M.) und Sohn Alexandre (r.) bei der Ernte am Rangen de Thann.

    erloschene Vulkan bei Mulhouse behei-matet die südlichste Grand-Cru-Lage des Elsass – und mit seiner Steigung von bis zu 68 Prozent auch die spektakulärste: Der Ritt auf dem Vulkan fühlt sich an wie fl iegen. Ein Tanz im Himmel bei höllisch heissen Temperaturen. Bei klarem Wetter sieht man bis in die Schweizer Alpen.

    «Guck, die schönen Trauben – klein, aber gut», schwärmt Schoffi t und stoppt den Wagen. Zwischen den Reben witzelt Bernards Sohn Alexandre mit den Ernte-helfern. «Ihr dürft ausrutschen, wie ihr wollt, solange die Trauben nicht zu Scha-den kommen.» Zu seinen Füssen rieseln Steine den trockenen Steilhang hinunter.

    Die Familie Schoffi t bewirtschaftet in Thann 5,5 ihrer insgesamt 17 Hektar Re-ben. 60 Prozent der Zeit werden hier in-vestiert – aus Überzeugung. Als Bernard Schoffi t die Lage übernehmen konnte, war sie vernachlässigt. Heute gehören seine Rangen-Rieslinge zu den besten ihrer Art. «Unser Riesling soll weniger nach Petrol, sondern mehr nach frischen Früchten riechen. Wir suchen die Raffi nesse», er-klärt Bernard Schoffi t. Sohn Alexandre ergänzt: «Wir mögen sie trocken und mi-neralisch.» Der 29-Jährige ist Quereinstei-ger. Vor seiner Rückkehr vor vier Jahren

    hat er im Ausland Mathematik, Physik und internationale Finanzen studiert. Nun ist Hand- statt Kopfarbeit angesagt. «Das Wichtigste ist die Arbeit mit der Traube – learning by doing.»

    Ein Trio aus QuereinsteigernMit Steillagen kennt sich auch Thomas

    Löliger aus. Der Schweizer bewirtschaf-tet am anderen Ende der Burgundischen Pforte den Steinbruch über Arlesheim, den «Rangen d’Arlesheim» sozusagen. Wie Thomas Jost in Riehen hat auch er seine Lage Anfang 2014 von der Ge-meinde übernommen. Löligers Reben stehen jedoch auf Baselbieter Boden. Mit Nachbarkanton Solothurn bilden die beiden Basel einen Weinproduzenten-verband, der auf rund 150 Hektar Wein-bau betreibt – weniger als ein Hunderts-tel der Badener Rebfl äche. Dazu trägt Löliger 1,25 Hektar bei. Die biologisch bewirtschafteten Reben wachsen auf der Schutthalde des ehemaligen Steinbruchs auf Kalkstein- und Lehmboden, der mit einer 10 bis 40 Zentimeter dünnen Hu-musschicht bedeckt wurde. «Dafür lud man hier früher mit Rosskarren Kompost ab», schildert Löliger. Neben Pinot Noir, Chardonnay und Johanniter kultiviert

    der 39-jährige Teilzeitwinzer vor allem Cabernet Jura. Die pilzwiderstandsfähige Sorte wurde von Valentin Blattner nur wenige Kilometer talaufwärts gezüchtet. «Steillagen wie meine eignen sich gut für so robuste Sorten», erklärt Löliger mit Blick auf den beachtlichen Arbeits-aufwand. Der Hang ist stellenweise noch überwuchert und durch Erosion gefähr-det. Da kam es gerade recht, dass die Gemeinde dem Winzer acht Asylsuchen-de aus Eritrea zur Seite stellte. Singend haben diese den Steinbruch von Lianen befreit. «Eine schöne Erfahrung», schil-dert Löliger. «Wie Gewisse am Glas ge-nippt haben, wussten sie nicht, was Wein ist.» Besonders am Herzen liegt ihm die Biodiversität. Der Steinbruch soll mehr sein als ein Ort der Traubenproduktion.

    Bei seiner Übernahme hat sich Löli-ger mit dem Winzerpaar Michael Huber und Cécile Bühlmann zusammengetan. Gemeinsam vermarkten sie ihren Wein unter dem Namen Quergut: drei Quer-einsteiger, zwei Lagen, ein Name. Der Zeitpunkt für die Kollaboration war per-fekt: Huber und Bühlmann hatten kurz zuvor auf dem Arlesheimer Schlossberg die familieneigenen Reben übernommen. Davor wurde das Bijou mit Blick auf den

    «Die Winzer müssen den Wein so herstellen, wie sie ihn wollen – nicht, wie es der Markt verlangt! Bei uns wird es nie einen trockenen Gewürztraminer geben, weil ich das nicht mag.»Bernard Schoffi t Winzer aus Colmar (F)

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    «Unser Traditionskeller aus dem Jahr 1734 bleibt auch nach dem Neubau in Betrieb. In diesem Gewölbe begann 1991 alles mit 3000 Litern.»Hanspeter Ziereisen Winzer aus Efringen-Kirchen (D)

    Dom und den Anthroposophen-Tempel Goetheanum drei Dekaden lang extern verpachtet. Dennoch kann sich Huber noch gut erinnern, wie sein Vater im an-grenzenden Elternhaus für Schwieger-vater Leuthardt nächtelang Trauben im Keller presste. Zum Auftakt haben die Schlossberg-Winzer 2013 gut die Hälfte der ein Hektar grossen Fläche mit Syrah, Sauvignon Blanc, Pinot Gris und Caber-net Blanc bepfl anzt. Daneben gibt Pinot Noir den Ton an. «Ich vergleiche den oft unterschätzten Pinot gerne mit guter Mu-sik – man entdeckt bei jedem Durchgang mehr Finessen», erklärt Huber, der nicht nur Winzer, sondern auch Jazz-Musiker und Lehrer ist. Während der Ernte aber spielt die Musik im Rebberg. Dort waren 2015 kaum Misstöne zu vernehmen: op-timale Reife, gute Öchslewerte bei den-noch präsenter Säure, Regen zum richti-gen Zeitpunkt, kaum Pilzdruck und fast keine Kirschessigfl iegen. Da klingt es bei allen Winzern ähnlich.

    Für die fi nale Station des Dreiländer-Trips geht es ein letztes Mal über die Grenze: zurück zu Hanspeter Ziereisen. Auf dessen Familienbetrieb in Efringen-Kirchen bei Basel hat Thomas Jost vor dem gemeinsamen Coup in Riehen als

    Kellermeister gewirkt. In dieser Funktion hätte er heuer alle Hände voll zu tun: Ziereisen hat im Sommer einen riesigen neuen Fasskeller bauen lassen. Ein un-terirdisches Gewölbe aus Ziegelsteinen, durch die Feuchtigkeit eindringen und entweichen kann. 700 Fässer fi nden hier Platz. Die alte «neue» Kellerei ist acht Jahre nach der Fertigstellung bereits zu klein. «Von diesem Bau träume ich seit 25 Jahren, als mit einem Schlauch und ein paar Plastikbehältern alles begann», sagt der 48-Jährige, während er die Baustelle am Fuss des Efringer Ölbergs überblickt. Kaum zu glauben, dass hier bald der Jahr-gang 2015 eingelagert werden soll.

    Das Privileg des DreilandsDass Holzfass-Fanatiker Ziereisen Platz

    für seine Fässer braucht, verwundert nicht: Hier sieht jeder Cru zwischen 8 und 30 Monate Holz. Sogar der Gutedel. «Wir können es uns leisten, den Wein im Fass zu lassen, bis er sich unserer Mei-nung nach fertig entwickelt hat», erklärt Ziereisens Frau Edeltraud. «Wir haben uns das lange erarbeitet, und es gab auch Durststrecken.» Es sei früher durchaus vorgekommen, dass nach der Spargelsai-son alle Weissweine weggetrunken wa-

    ren und man ein halbes Jahr keinen Weissen anbieten konnte. Da die Fässer den Wein nicht prägen, sondern subtil bei seiner Entwicklung unterstützen sol-len, kommt – ausser beim Chardonnay – ausschliesslich Altholz zum Einsatz. Vom 4000-Liter-Fass bis zur Barrique hat Zier -eisen alles im Programm. Vergoren wird seit zehn Jahren ausschliesslich spon-tan, die Abfüllung erfolgt unfi ltriert. Zier-eisens Weine sollen möglichst unver-fälscht, geradlinig und individuell sein.

    Bei der Fahrt auf den Ölberg erinnert sich Ziereisen an den Hitzesommer 2003. «Da, wo wir die Reben am wenigsten zu-rückgeschnitten haben, gab es damals den besten Wein.» Also wurde die Laub-wand auch im heissen Jahr 2015 nur de-zent getrimmt. Mit Erfolg: Die Säurewerte sind überraschend erfreulich.

    Angekommen auf dem Ölberg breitet Ziereisen die Arme aus, als wolle er sich an das grosse Gipfelkreuz hängen. «Hier oben ist mein Lieblingsplatz.» Bei klarer Witterung sieht man über Basel hinweg bis in die Alpen. Eiger, Mönch und Jung-frau inklusive. Die Schweiz und das El-sass sind zum Greifen nah. «Drei Länder, eine Region – das ist ein Luxus. Ich fühle mich wohl hier.»

    Quereinsteiger: Cécile Bühlmann (o. ), Michael Huber (u.l.) und Thomas Löliger (u.r.) vom Arlesheimer Quergut.

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    Weingut Jost!&!Ziereisen,Riehen, Basel-StadtLe Grand Pinot Noir 201318 Punkte | 2016 bis 2025Bouquet von intensiver Kirschfrucht, reifer Johannisbeere und Brombeergelee, dazu dezent Pfeff er, Tabak und Vanille. Im Gaumen vielschich-tig, mit konzentrierter Frucht und einer frischen Würze. Trotz ausgeprägten Tanninen im langen Abgang wirkt dieser saftige Pinot Noir sehr sanft und elegant.www.jost-ziereisen.ch

    Weingut Jost!&!Ziereisen,Riehen, Basel-StadtLe Petit Sauvignon Blanc 201317 Punkte | 2016 bis 2020Frisch und mit exotischer Fruchtigkeit präsen-tiert «Der Kleine» intensive Aromen von Quitte, weissem Kernobst und Akazienhonig, daneben aber auch Agrumen, Rhabarber und Kräuter-würze. Die prägnante Säure und ein mineralischer Abgang sorgen für Trinkfl uss – und Spass.www.jost-ziereisen.ch

    Winzerhof S. Kerber,Staufen im Breisgau, BadenGutedel trocken spontan 201416 Punkte | 2015 bis 2017Sigi Kerbers spontan vergorener Gutedel ist ein ganz zartes Pfl änzchen mit nur 10,5 Volumen-prozent Alkohol – und das ist gut so. Süffi g, gut und unkompliziert off enbart der «Sponti» Noten von grünem Apfel, Limette und eine feine Kräu-terwürze. Mineralische Frische im Gaumen.www.aufderbreite.de

    Winzerhof S. Kerber,Staufen im Breisgau, BadenRoter Gutedel 201416.5 Punkte | 2015 bis 2018Im Glas blasses Zitronengelb, in der Nase frische Erd- und Johannisbeeren zum Auftakt, dann Apfel, Stachelbeere und fl orale Noten. Prickelnd und frisch im Gaumen, weisses Kernobst, Grapefruit, Zitronenminze und eine herrliche Mineralität.www.aufderbreite.de

    Sipp Mack, Hunawihr, ElsassRosacker Grand Cru Riesling 201217.5 Punkte | 2015 bis 2028Intensiv mit exotischen Anklängen, die sich zu Zitrusaromen, Apfel, aber auch Quitte und Pfi rsich entwickeln; dahinter Brennnessel und Minze. Sanft und geschmeidig mit lebendiger Mineralität, prägnanter Säure und einer Prise Salz im langen Finish. Sehr eleganter Riesling.www.sippmack.com

    Sipp Mack, Hunawihr, ElsassRosacker Grand Cru Pinot Gris 201217 Punkte | 2016 bis 2030Rosenblüten im Rosacker klingt kitschig – ist aber so. Daneben dezent Birne, Pfi rsich und Rhabarber; vollmundig mit subtiler Restsüsse, deren Kern von mineralischer Säure umschlossen wird. Langanhaltend mit reifem Kernobst und ausgeprägter Kräuterwürze.www.sippmack.com

    Domaine Schoffi t, Colmar, ElsassRangen Grand Cru Clos Saint-Théobald Riesling «Schistes» 201317.5 Punkte | 2016 bis 2030Intensiv und vielschichtig mit reifem Kernobst, Honig und subtilen Petrolnoten, daneben etwas Zimt. Entwickelt dann rasch viel Frische. Im Gaumen sehr mineralisch und prickelnd mit einer eleganten Würze und salzigem Ende.Tel. +33 (0)389 24 41 14

    Domaine Schoffi t, Colmar, ElsassRangen Grand Cru Clos Saint-Théobald Pinot Gris 2010 18 Punkte | 2016 bis 2028Opulentes Bouquet. Quittengelee, reife Birne, daneben Muskat, weisser Pfeff er und ein anima-lischer Hauch von Moschus; spannendes Spiel zwischen Restsüsse und einer Säure, die dem Gaumengold mächtig Trinkfl uss gibt. Lang und mineralisch im Abgang. Dieser Wein ist in Würde gereift und hat noch Potenzial für mehr.Tel. +33 (0)389 24 41 14

    Quergut, Arlesheim, BasellandSchlossberg Pinot Noir 201316.5 Punkte | 2015 bis 2019Strahlendes Rubinrot. Nase von roten Beeren, Brennnessel, später Leder und reifere Frucht.

    Nach einem Tag im Kühlschrank kommen Holun-der- und Cassisnoten dazu. Trinkig mit schlankem Körper, animierender Säure und Kräuterwürze im Abgang.www.quergut.ch

    Quergut, Arlesheim, BasellandSteinbruch Cabernet Jura 201416 Punkte | 2016 bis 2020Ein dunkler Tropfen mit intensiven Aromen von Brombeere und Veilchen, mit der Zeit auch Lak-ritz und etwas Leder sowie Pfeff er; im Gaumen eine saftige ausgeprägte Säure, schwarze Beeren und ein leicht herber Nachhall.www.quergut.ch

    Weingut Ziereisen,Efringen-Kirchen, BadenJaspis Pinot Noir unfi ltriert 201218 Punkte | 2016 bis 2025Elegant und komplex in der Nase mit Aromen von Kirsche, Erdbeere, Brombeere und Schwar-zen Johannisbeeren sowie einer feinen Wür ze. Intensiv und tiefgründig im Gaumen. Cassis, Lakritz, Nelke und dunkle Schokolade. Tolle Balance zwischen konzentrierter Frucht und anhaltend mineralischem Abgang.www.weingut-ziereisen.de

    Weingut Ziereisen,Efringen-Kirchen, BadenSteingrüble Gutedel unfi ltriert 201317 Punkte | 2016 bis 2022Die 22 Monate im gebrauchten Fass bekommen diesem Gutedel sehr gut. Ein Bouquet von reifem Kernobst, etwas exotischen Früchten, dahinter Nuancen von Brioche, Hefe und hellem Pfeff er. Im Mund von cremiger Textur mit feiner Minera-lität und saftiger Zitruswürze im Finish.www.weingut-ziereisen.de

    Unsere Weintipps aus dem Dreiländereck