1515 Craft Bier Magazin #02 – Winter 2015/2016

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FREAKSHOW Biere mit seltsamen Zutaten. Was sich kreative Brauer alles einfallen lassen. — SEITE 30 DER BIERSCHMIED Eine neue kleine Brauerei hämmert den Geschmack ins Bier. — SEITE 16 HOMEBREWING Die Weiterentwicklung von Craft. Bier einfach selbst brauen. — SEITE 10 AUSGABE WINTER 2015 / 2016 — WWW.CRAFTBIERFEST.AT — WWW.FACEBOOK.COM/CRAFTBIERFEST € 4,– CRAFT BIER MAGAZIN

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freakshowBiere mit seltsamen Zutaten. Was sich kreative Brauer alles einfallen lassen.— seITe 30

der bIerschmIedEine neue kleine Brauerei hämmert den Geschmack ins Bier.— seITe 16

homebrewIng Die Weiterentwicklung von Craft. Bier einfach selbst brauen.— seITe 10

AusGABE WINTER 2015 / 2016 — WWW.CRAfTBIERfEsT.AT — WWW.fACEBOOK.COM/CRAfTBIERfEsT€ 4,–

C R A F T B I E R M A G A Z I N

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auch in den vergangenen Monaten wurde wie-der eifrig in den einschlägigen Bierforen disku-tiert. In den Weiten des Internets wurde Häme über Bremens Großbrauerei Beck’s ausgeschüt-tet, die mit riesigem Marketingaufwand Krea-tivbiere in die Supermarktregale der Deutschen stellte. Es wurde anlässlich des bevorstehenden 500-Jahr-Jubiläums über die Sinnhaftigkeit des Vielfaltverbots von 1516 diskutiert. Und natürlich wurde über die Auswirkungen des Zusammenschlusses der beiden größten Brau-konzerne des Planeten gefachsimpelt. Weltweit kommt nun jedes dritte getrunkene Bier aus dem industriellen Schoß von SABInBevMiller

… oder so. Dabei sollte uns Österreicher so etwas nicht überraschen, sind hierzulande doch schon seit Längerem sogar zwei von drei konsumier-ten Bieren aus der weiten Range des Heineken- Konzerns.

Und alle paar Tage stellt schließlich wieder irgendjemand die Frage in die Timeline: „Ja, was ist denn eigentlich Craft Bier?“ Bevor dann Argumente bezüglich der Größe einer Brauerei, der handwerklichen Fähigkeiten der Produzie-renden, der Tradition oder der Gärmethoden in den Ring geworfen werden, poste ich noch ein schnelles „gähn“ in die Gruppe und ziehe mich mit einem Verkostungsglas in den Bierkeller zurück. Dort widme ich mich der eigentlichen Frage: Schmeckt mir ein Bier oder nicht? Gut oder schlecht? Eine Antwort, die ich für meinen Geschmack nur selber finden kann.

Tolle Biermomente wünscht euchMicky Klemsch

LIEBE BIERFREUNDE,

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EditorialInhalt / ImpressumKurz und gutNeues aus der kreativen BierszeneBild der AusgabeHomebrewing Über den Trend des DIY-BrauensProtagonisten im Word-RapDer BierschmiedVom Marketingfuzzi zum BrauereibesitzerWaldbierBeertrucksBrewaholicDie Bierkolumne mit GeschmackOedipus Brewery

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SeitenblickeBiermomente in BildernFreakshowBiere mit seltsamen ZutatenWiener Lager und Pilsner BierConrad Seidl über die Leistungen von Dreher und GrollLabel LoveBieretiketten, die begeisternKwasJürgen Schmücking über Bierähnliches aus RusslandVideoblogsBiertermineWas Bierreisende nicht versäumen solltenBuchtipps

10 homebrewIng In ÖsTerreIchDer Markt wächst, die Kreativität steigt – Zubehöranbieter, Branchenkenner und Hobbybrauer über das Brauen in den eigenen vier Wänden.

ImPressUm Produktion und Medieninhaberin: Biorama GmbH, Wohllebengasse 16/6, 1040 Wien. Chefredakteur: Micky Klemsch. Autoren: Manuel fronhofer, Judith Mehofer, Martin Mühl, Jürgen schmücking, Conrad seidl, Elena seitaridis, Martin Voigt. Druck: Grasl fairPrint, 2540 Bad Vöslau. Kontakt: [email protected]

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Im September durften wir der Hopfenernte in zwei wichtigen Anbaugebieten beiwohnen. Ein-drucksvolle Momente im tschechischen Saaz

– und im Waldviertel. Aus dieser nahe an der Grenze zu Tschechien gelegenen Gegend bezieht die Zwettler Brauerei den Hopfen von regionalen Vertragsbauern. Doch 2015 war kein gutes Jahr für die Hopfenbauern. Während sich die Brauereien wegen seiner positiven Wirkung auf den Bier-absatz über einen heißen Sommer freuten, hat diese Witterung zu Einschränkungen im Hopfen-wachstum und teilweisen Ernteausfällen geführt. In Österreich rechnet man beim Hopfen, der hier auf etwa 250 Hektar angebaut wird, mit einem Minus von 25 %. Noch größer wird der Verlust des geschmacksgebenden Lupulin eingeschätzt, das aus den Dolden gewonnen wird.

Um unser Bier brauchen wir uns dennoch keine Sorgen zu machen. Zwar erhöht sich der weltwei-te Hopfenbedarf durch die zunehmend stärker gehopften Kreativbiere stetig, die heimischen Brauer sind aber durch große Lagermengen und langfristige Abnahmeverträge für heuer abgesi-chert. Was letztlich auch bedeutet, dass dadurch keine direkten Bierpreiserhöhungen drohen – und damit ist den Österreichern wohl eine ihrer Hauptängste genommen. ×

HopFENERNTE 2015

1130 Wien, Am Platz 5

1070 Wien, Mariahilfer Straße 42-48

Tel.: 879 59 70 | [email protected]

Tel.: 522 22 25 | [email protected]

Tel.: 367 68 69 | [email protected]

1190 Wien, Heiligenstädter Straße 31

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BIER IN BAyERNDie Aldersbacher Brauerei in der niederbayri-schen BierWeltRegion schafft den Spagat zwi-schen Tradition und Innovation. Man präsentiert einerseits auf dem jährlichen Bierwood Festival Kreativbiere unter dem Motto „Kloster meets Craftbier“, andererseits wird das Klostergelände 2016 die Bayrische Landesausstellung beherber-gen. Zum 500-Jahr-Jubiläum des deutschen Rein-heitsgebotes lautet das Motto „Bier in Bayern“. Bei der Ausstellung wird die Verbundenheit Bayerns mit dem Lebensmittel Bier in den Mittelpunkt ge-rückt und die Vergangenheit gepriesen; indes ar-beitet Braumeister Peter Wagner an der Zukunft des Bieres: In der neuen Schaubrauerei werden mit Gästen kreative Craft Biere hergestellt. ×

www.bierweltregion.deBild

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Für beides gilt: Wichtig ist, was reinkommt! Bier und Wurst – das ist seit jeher eine tolle Kombina-tion. Aber genauso wie beim Gerstensaft sehnen sich die Konsumenten auch beim fleischigen Ge-nuss nach kreativem Handwerk ohne künstliche Zusatzstoffe. Ein Workshop in der Biermetropole Pilsen hat uns auf die Bierwurst aus Prestik ge-bracht. Dominique Schilk, Diplom-Biersomme-lière aus dem Wiener Hawidere hatte dort schon die Möglichkeit, selbst eine Wurst herzustellen: Schweineschulter und -magen, Zwiebel, Knob-lauch, Paprika, getrockneten Ingwer, Salz und ei-nen Schuss Bier – mehr braucht es für eine gute Wurst zum Bier nicht.

Das alles wollen wir euch natürlich nicht vor-enthalten: Im Rahmen der Vienna Beer Week gibt es die Pilsner Urquell Werkstatt, in der jeder die

Geheimnisse des Wurstens kennenlernen kann. Unter Anleitung von Fleischsommelier Markus Mair von der Wurstakademie werden an zwei Abenden die Grundzüge der handwerklichen Wurstherstellung vermittelt. Mehr dazu auch in weiteren Workshops und auf der ersten Messe Wurst & Durst im April 2016 in Hall in Tirol. ×

www.wurstakademie.com

BIER UND WURST

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SENAToR-KLASSEFrisch gezapftes Hamburger Bier aus dem Holz-fass, dazu frisch geschnittener Schinken und hintennach ein Schinkenhäger-Schnaps. So wur-de man vor Jahrzehnten in der Senator-Klasse der deutschen Lufthansa verwöhnt. Dieser Tage schenken die Deutschen über den Wolken War-steiner aus, in der Holzklasse bekommt man es in einer Dose, die auch alle Jahre kleiner wird. Dass es quasi bei allen großen europäischen Fluglinien Industriebier zu trinken gibt, hat natürlich auch mit langjährigen Lieferverträgen, Kapazitäten und Verfügbarkeiten zu tun. Im Vergleich dazu ist Amerika, wo man mittlerweile auch auf vie-len Flügen eine feine Auswahl an Kreativbieren bekommt, halt doch das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. ×

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Neben und mit dem Craft-Bier-Boom hat in den letzten Jahren auch das Thema Homebrewing einen ordentlichen Schub erfahren.

Ein Blick in die heimische Szene, in der Kreativität und Professionalität immer mehr zunehmen.

10HOMEBREWING

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Vom 20-Liter-Kochtopf am Küchenherd zum gewerblichen Brauen – eine Entwicklung, die immer mehr Hobbybrauer durchmachen, so auch Alexander Grübling und stefan Grech mit ihrer Biermarke Zeux.

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text manuel fronhofer

Eigentlich sollte am Brautag der Bier IG, einer gemeinnützigen Interessensvertretung der Bier-konsumenten, nur das alljährliche Vereinsbier eingebraut werden. Dass man sich im Lichtentha-ler Bräu gemeinsam mit Braumeister Malte Feld-mann neben dem Wiener Lager schließlich noch an einem zweiten Bier versucht hat, war einer spontanen Idee geschuldet: „Es waren alle mög-lichen Kräuter im Haus und wir haben gesagt, lassen wir einfach mal den Hopfen weg“, erzählt Johannes Grohs vom Beer Store Vienna im zwölf-ten Bezirk, wo das Ergebnis dieses Experiments wenige Wochen später in kleiner Runde verkos-tet wird. „Es ist definitiv trinkbar geworden, also nicht zu übertrieben von der Kräuteraromatik und auch nicht zu süß. Die Süße vom Malz wird normalerweise von der Bittere des Hopfens balan-ciert. Das ist ohne Hopfen halt etwas schwieriger.“

Es ist diese Unberechenbarkeit, die das Auspro-bieren von ungewöhnlichen Zutaten für die an-wesenden Hobbybrauer so spannend macht. „Wir sind extrem experimentierfreudig“, meint etwa Matthias, der mit seiner Freundin Lisa – bei-de studieren an der Boku – regelmäßig zu Hau-se braut. „Der letzte Sud war zum Beispiel mit Kamillenblüten im Whirlpool (ein Gefäß, das zur Klärung der Bierwürze dient; Anm. d. Red.) und mit Schwarztee bei der Gärung. Wir experimentieren aber auch mit Früchten – etwa Melone oder Ribi-sel.“ Wobei: „Das Melonenbier war etwas daneben. Das hat so geschmeckt, wie wenn man eine Melo-ne zu lange stehen lässt.“

Von Märzen bis FruchtbierDie ersten Sude hat Matthias noch im Kochtopf

eingebraut. Nach dem siebten Mal Brauen in we-niger als vier Wochen hat er sich dann eine 20-Li-ter-Anlage zugelegt. Seitdem, es ist etwas mehr als ein Jahr her, hat er vierzig Mal gebraut – von Märzen bis Fruchtbier und von IPA bis Stout, so ziemlich alle erdenklichen Bierstile. Er gehört da-mit zu jenem Typ Hobbybrauer, den Karin Vouk von der Bier IG als „kreativ und innovativ“ be-schreibt. Diesen jungen und urbanen Hobbybrau-ern stünden ältere und solche aus dem ländlichen Raum gegenüber – der eher konservative, boden-

ständige Typ. Damit hänge auch zusammen, so Vouk, wie sich die Hobbybrauer informieren und wo sie einkaufen: „Online ist die Rohstoffauswahl viel größer als im stationären Handel.“

Auch Matthias hat seine Zutaten anfangs übers Internet bestellt. Seit der Eröffnung des Beer Sto-re Vienna Ende letzten Jahres ist er aber hier Stammkunde. Dass er sich mit den Betreibern über spannende Craft Biere, die Vorzüge von Spe-zialgläsern und die schlechte Hopfenernte aus-

tauschen kann, macht ihm sichtlich Spaß. Johan-nes Grohs: „Wir sind das einzige lokale Geschäft in Wien, das Hobbybrauzeug anbietet – sowohl Equipment als auch Rohstoffe. Es gibt sonst nur den Holzeis in Altlengbach draußen, und das war es österreichweit eigentlich schon wieder.“

Der angesprochene Holzeis heißt mit Vorna-men Michael und hat 2004 den Traditionsbe-trieb Kellereibedarf Knopf übernommen. Die Bierbrau-Abteilung sei mittlerweile für einen großen Teil des Gesamtumsatzes verantwortlich, so der Unternehmer: „Sie ist nun auf gleicher Höhe wie Schnapsbrennen und Weinherstellung zu sehen.“ Wobei der Online-Versand bereits 70% des Umsatzes ausmache. Selbst ist Holzeis Ende der 80er-Jahre durch eine Reportage auf das The-ma Homebrewing gestoßen. Der ursprünglich anglo-amerikanische Trend sei nach dreißig Jah-ren nun auch hierzulande angekommen, der Be-darf zuletzt stark gestiegen.

Fahrt aufgenommenAuch Ralf Leukart, Vertriebsgruppenleiter

beim Unternehmen Speidel, dem Marktführer in Sachen vollautomatische Hobbybrauanlagen, be-

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„Wurde früher eher versucht, das Lieblingsbier nachzubrauen, so lassen sich die Hobbybrauer heute viel Neues einfallen. Sie sind den Trends dabei oft voraus.“

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stätigt diese Entwicklung: Während das im Aus-land schon länger der Fall sei, habe der Markt im deutschsprachigen Raum erst in den letzten drei Jahren richtig Fahrt aufgenommen.

Und noch einen Trend kann Leukart aus-machen: „Vor wenigen Jahren waren es haupt-sächlich Enthusiasten, die alles von Grund auf selbst machen wollten. Die haben auch ihr Equipment selbst gebaut.“ Es sei dabei nicht zwin-gend um die Bierqualität gegangen – „Hauptsa-che selbst gemacht“. Heutzutage stünde hingegen das reine Brauerlebnis mit hochwertigen Ergeb-nissen im Vordergrund, so Leukart, „mit professi-onellem Equipment, angelehnt an professionelle Brauereien“.

Mit dem Braumeister 20 hat das deutsche Unternehmen, das seit 2003 im Hobbybrauge-schäft tätig ist, für viele das beste Gerät im An-gebot. Speidels Vertriebspartner Holzeis kommt dabei richtig ins Schwärmen: „Die kleinste Brau-erei der Welt mit dem besten Preis-Leistungs-Ver-hältnis. Ab rund 1.500 Euro ist man dabei.“ Aber auch im Beer Store Vienna empfiehlt man den Braumeister 20. Johannes Grohs: „Du hast alles in einem, das braucht weniger Platz. Du hast eine automatische Temperatursteuerung – aufs Grad genau –, tippst wie in einer großen Brauerei das Maischprogramm ein und er macht das dann von alleine. Du hast also weniger Prozessschrit-te.“ Und auch die Größe erscheint Grohs für Hob-bybrauer ideal: „20 Liter ist nicht das Mindeste, was man machen kann, aber das Mindeste, was

halbwegs Sinn ergibt. Speidel bietet auch eine 10-Liter-Variante an, aber man braucht fürs Brau-en der jeweiligen Menge die gleiche Zeit – und 10 Liter Bier, das ist gerade einmal eine Kiste. Du arbeitest also eineinhalb Tage lang für eine Kiste Bier, und wenn du dann ein paar Freunde zum Verkosten einlädst, ist alles in kürzester Zeit aus-getrunken.“

Mehr oder weniger TechnikMit einfacher gehaltenen Brau-Sets aus mehre-

ren Komponenten lässt es sich auch schon um eini-ge Hundert Euro brauen – mit allen Teilschritten: vom Maischen über das eigentliche Brauen, das Läutern, das Hopfenkochen bis hin zum Vergären und Reifen. Noch weniger Technik benötigt, wer beispielsweise auf fertig gehopftes Malzextrakt zu-rückgreift und sich so einige Arbeitsschritte, aber auch Gestaltungsmöglichkeiten, abnehmen lässt. Oder man macht es wie Alexander Grübling und Stefan Grech, die seit 2006 als Hobbybrauer ak-tiv sind und zu Hause stets ohne Anlage gebraut haben: „So wie man es sich halt vorstellt“, erzählt Grech, „also nicht gerade in der Badewanne, aber im 20-Liter-Bottich. Sonst braucht man eigent-lich nur kleinere Tools wie Fässer, Kübel, Fla-schen, eine Küchenwaage und Geräte zum Mes-sen von Stammwürze und Restextrakten.“

Den beiden hat damals das, was am heimischen Markt an Bier erhältlich war, nicht zugesagt. Ers-te Versuche mit IPAs und Stouts, wie sie sie aus dem Ausland kannten, haben dann zu gewagte-

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ren Experimenten und neuen Geschmacksrich-tungen geführt – mit selbst importierten Zutaten wie etwa diversen Hopfensorten aus Kaliforni-en. Nach all den Jahren und mit einer Mappe vol-ler Rezepte haben sie jetzt unter dem Namen Zeux den Schritt zum Nebenerwerbsbrauer gewagt. Grübling: „Wir sind wie Musiker in einem Pro-beraum, die jahrelang proben, proben, proben und dann irgendwann das Gefühl haben, so jetzt könnten wir mal ein Konzert spielen.“

Das nächste LevelÄhnliches gilt für Johannes Grohs, der mit sei-

nem Partner Alex Beinhauer seit Kurzem wie auch das Zeux-Duo als Wanderbrauer, also zu Gast in wechselnden Brauereien, größere Sude einbraut. Während es für Grübling und Grech neben ihrem Brotjob vor allem um den Spaß an der Sache geht, versteht Grohs seine Marke Next Level Brewing als zweites Standbein für das Bierfachgeschäft. Die Entwicklung, dass sich Hob-bybrauer als haupt- oder nebenberufliche Klein-brauer versuchen, erkennt auch Karin Vouk. Bei den jährlichen Staatsmeisterschaften der Bier IG, der Austrian Beer Challenge, hat sie überdies ei-nen Anstieg von Qualität und Kreativität bei den Hobbybrauern beobachtet: „Wurde früher eher versucht, das Lieblingsbier nachzubrauen, so las-sen sich die Hobbybrauer heute viel Neues einfal-len. Sie sind den Trends dabei oft voraus.“

Bleibt noch die Frage nach der Größe der Heim-brauerszene. In Wien gäbe es vielleicht 300 Heim-

brauer, schätzt Johannes Grohs und nennt diesen Wert eher optimistisch. Die Bier IG setzt vage bei mehreren Hundert Heimbrauern österreichweit an, 65 davon haben an der Austrian Beer Chal-lenge teilgenommen. In einer anderen Dimensi-on denkt Michael Holzeis als mit Abstand größter heimischer Anbieter: 5000 bis 7000 Hobbybrau-er halte er für eine realistische Einschätzung. Mit dem Potenzial, in den Folgejahren sogar die 10.000er-Marke zu knacken. ×

Vom Rohstoff bis zur kompakten Brauanlage – im Beer store Vienna verkauft Johannes Grohs alles, was er als Hobbybrauer auch selbst benötigt. Dass Grohs gemeinsam mit Alex Beinhauer auch größere Mengen braut, und zwar als „gipsy brewer“ in unterschiedlichen Brauereien, zeigt das Bild in der Mitte. unter dem Namen Next Level Brewing werden beim Craft Bier fest in Wien die ersten Ergebnisse präsentiert.

Die Bier IG Österreich, eine gemeinnützige Interessensvertretung der heimischen Bierkon-sumenten mit österreichweit etwa 1000 Mit-gliedern, veranstaltet laufend Stammtische für Hobbybrauer. Eine Mitgliedschaft bei der Bier IG ist nicht Voraussetzung für die Teilnahme. Im Rahmen der Austrian Beer Challenge, der jährlich abgehaltenen Staatsmeisterschaften der Bier IG, werden neben gewerblichen Brauereien auch Hobbybrauer ausgezeichnet. Die Preise in den Hobbybrau-Kategorien für das Jahr 2015 werden am 21. November im Rahmen des Craft Bier Fest Wien verliehen.

www.bierig.org/events

STAMMTISCHEUND MEHR

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14PROTAGONISTEN

Das Rosenöl für mein Rosenbier, das bei 15 °C ge-friert, obwohl es in ein 9 °C kaltes Bier sollte. Und dessen reine ätherische Öle flüchtig sind und da-her flott abgefüllt werden müssen. Dem Bier gibt es aber eine Bittere, die an die von Hopfen mit Ro-senaroma erinnert.

Markus FührerGablitzer Privatbrauerei

Ich bin ein ziemlicher Traditionalist. Daher wür-de ich nicht sagen, dass ich eine weitere liebste Zutat habe. Wenn es sein muss, dann vielleicht die Pediokokken in einem Sour Red.

Meine Lieblingszutat ist Hefe. Hefe ist Gott, der Gebieter über alles, was mit Bier zu tun hat. Ohne Hefe wäre das Leben sinnlos. Dass die Bierwürze durch Hefe zu Alkohol wird, ist eine Sache von natürlicher Schönheit. Die Vielfalt von Stämmen ist riesengroß, alle sorgen für einen eigenen Cha-rakter und eine eigene Persönlichkeit. Sie prägen ein Bier mit einer Vielzahl von Geschmacksrich-tungen und Aromen.

Logan PlantBeavertown Brewery (GB)

BRAUER-WORD-RAP„WELCHE ZUTAT

AUSSER WASSER, HopFEN UND MALZ

vERWENDEST DU BEIM BRAUEN AM

LIEBSTEN?“

Rob LovattThornbridge Brewery (GB)

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Meine Lieblingszutat neben Wasser, Malz und Hopfen sind Jasminblüten. Sie verleihen unserem Jasmine IPA einen geschmeidigen, cremigen Ab-gang. Jasminblüten im Bier sind wie der Schla-gobers im Kaffee!

Eli GershkowitchSteamworks Brewery (CA)

Als traditioneller Bierbrauer sehe ich als wichtigs-te Zutat genügend Zeit. Schon ein Jahr vor dem Brauen: der Kauf von Getreide und das spezifische Mälzen. Wir brauen mit offener Kochung und ver-gären langsam in einem klassischen Gärverfah-ren. Anschließend reifen unsere Biere mehrere Wochen – bis zu drei Monaten bei stärkeren Bie-ren – in Lagertanks, werden gespundet und klären natürlich.

Karl TrojanBierbrauerei Schrems

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16BIERSCHMIED

text und bild micky klemsch

„Eigentlich wollte ich schon mein Leben lang eine eigene Brauerei haben“, sagt Mario Scheckenber-ger und relativiert seinen Satz zugleich: Mit 17 sei es in etwa gewesen, als ihn ein geschenktes Buch zum ersten selbstgebrauten Bier motivierte. Eine Leidenschaft, die ihn bis heute nicht losgelassen hat. Und nun, mit 47 Jahren, hat er sich seinen Traum endlich erfüllt. Aber der Weg bis hierhin war durchaus interessant, und Bier hat auf diesem Weg immer eine bedeutende Rolle gespielt.

Nach seinem abgeschlossenen Betriebswirt-schaftsstudium arbeitete Scheckenberger zu-nächst bei einem großen Marktforschungsinstitut und bemühte sich insbesondere um die brauende Klientel. Dieses Naheverhältnis und sein Wissen über und Interesse für Bier hat ihm auch immer wieder Angebote aus der Bierwirtschaft einge-bracht. Aber erst als man ihm die Markenverant-wortung für Österreichs größte Biermarke ange-boten hat, wechselte er zur Brau Union nach Linz.

13 Jahre lang steuerte Scheckenberger die Mar-ketinggeschicke von Gösser und erlebte da schon einen Teil seines Biertraums: der Kontakt zu den wichtigsten Menschen im heimischen Bier-business, die diversen großen Sponsoringevents wie das Kitzbüheler Hahnenkammrennen oder das Steirerdorf vor dem Wiener Rathaus, aber auch der stete rege und kreative Austausch mit dem Gösser Braumeister Andreas Werner in Le-oben. Denn zu Hause am Attersee hat der Marke-tingmann derweil auch selbst gebraut. In etwas anderen Maßstäben, also im bekannten Koch-topf-Badewannen-Heimbrauerstil, aber durchaus erfolgreich. Mit seinen Bieren hat er zahlreiche Auszeichnungen gewonnen, mit seinem Pils wur-de er 2013 und 2014 zum Staatsmeister der Heim- und Kleinbrauer gekürt. Zum 40. Geburtstag hat ihm seine Frau das Scheckibräu sogar marken-rechtlich schützen lassen.

So interessant so ein Job bei Gösser auch sein mag, nach 13 Jahren und einer wachsenden Fa-milie daheim am Attersee, von wo er wochentags nach Linz pendeln musste, war dann Zeit für ei-nen Schnitt im Lebensmodell. „Wenn ich das Pro-jekt einer eigenen Brauerei jetzt nicht realisiere,

Es ist der Bierschmied. Oder: Wie aus einem Bubentraum eine innovative Kleinbrauerei im Salzkammergut entstanden ist.

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dann schaffe ich es in diesem Leben nicht mehr“, so Scheckenbergers Schluss. Dabei war ihm klar, dass er eine Brauerei nur im heimatlichen Stein-bach am Attersee realisieren wollte: „Ich möchte authentisch brauen, dort, wo mich die Leute ken-nen, dort, wo ich die Leute kenne.“

Selten wurde ein privates Brauerei-Start-up so professionell umgesetzt: Im Ortsteil Seefeld wurde Scheckenberger die Kantine des Freizeit-zentrums angeboten. In intensiver Bauzeit ließ er diese zu einer Kleinbrauerei mit angeschlos-senem Lokal und Shop umbauen. Dort, wo heute Flaschen gefüllt werden und Lagertanks stehen, war vor einem Jahr noch eine kaum genutzte Ke-gelbahn zu finden. Die 10-Hektoliter-Brauanlage der Bierschmiede war zuvor in Wien im Einsatz, ehe deren damaliger Besitzer seinen Betrieb schließen musste und sie an den Attersee über-siedelt wurde. Vom Namen (der Großvater war einmal der Hufschmied im Ort) über das Logo, das Lokal und das angeschlossene „Gschäft’l“, wo man von von Donnerstag bis Samstag direkt Bier und Merchandise-Artikel kaufen kann, ist alles perfekt durchdacht.

Als Hobbybrauer hat Scheckenberger bereits über 50 verschiedene Bierstile eingebraut, die-se Erfahrungen kann er nun auch kommerzi-ell nutzen. Dabei setzt er auf Klassiker wie Pils (Meisterstück) und Märzen (Werkstück), aber auch kreativere Biersorten wie Rauchbier (Zun-der), Imperial Stout (Amboss), Baltic Porter (Hammer) oder Altbayrisch Dunkel (Rotglut). Dazu noch einige saisonale Spezialitäten, die im Fass, in der kleinen Flasche oder auch im 1-Liter-Gebinde angeboten werden.

Für die Region ist die kleine Brauerei eine Be-reicherung, für den Tourismusverband Attersee zählt die Bierschmiede schon zu den Top-Aus-flugszielen. Die Brauereiführungen mit Verkos-tung werden sowohl von Einheimischen als auch von Touristen gut angenommen. Ein Bier aus der Region, für die Region. Da kann der Bierschmied gerne weiterhämmern. ×

www.bierschmiede.at

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Das letzte Bier aus dem Nadelwald

18WALDBIER

text jürgen schmücking

Ich gebe zu, als vor fünf Jahren das erste Waldbier auf den Markt kam, war ich sowohl genervt, als auch skeptisch. Schon wieder was Neues, Krea-tives, Aufmerksamkeit Heischendes. Dann noch dazu irgendwas mit Tanne. Damals war es auch gerade frisch hip, Moosflechten und als Zweigerl gestaltete Brotstangerl zu servieren. Wie gesagt – ich war nicht wirklich überzeugt von der Idee.

Vor dem Hintergrund einer derartigen Vorein-genommenheit ist es natürlich auch nicht einfach, wertfrei und wertschätzend gleichermaßen zu ur-teilen. Also habe ich es bleiben lassen. Dann ging es allerdings weiter. Nach den Salzburger Tannen

vom Hochkönig folgte im Jahr darauf das Zirben-bier aus dem Tiroler Radurschltal. Jetzt war plötz-lich ein Bezug da. Das Radurchltal im Oberland kenne ich, weil ich dort eine Zeit lang einen Jäger begleitet habe, der für eine Kolonie Steinböcke verantwortlich war. Das Interesse war geweckt. Und überhaupt: Zirbe.

Im Jahr darauf dann Lärche. Interessant da-bei Baum und Herkunft. 35 Kilo Jungtriebe und Lärchenzapfen wurden im Ausseerland geerntet. Auch da wieder ein sehr persönlicher Bezug zum Ursprung und zwischenzeitlich die Einsicht, dass das Waldbier-Projekt doch kein Strohfeuer ist. 2014 kam dann das kräftigste der Waldbiere auf den Markt. Waldkiefer aus dem Wienerwald. Bi

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Dafür wurden ausschließlich Kiefernzapfen geerntet. Zweijährige. Das ganze ergab ein fast neunprozentiges, hocharomatisches Bier, das in-tensiv nach Zitrusfrüchten und Pinienhain riecht. Vor einigen Wochen wurde dann das letzte Bier aus der Serie der Nadelwaldbiere präsentiert. Fichte. Picea abies. Verwendet hat Brauer Axel Kisbye erstmals steinhartes Harz von Bäumen vom Traunstein in Oberösterreich. Präsentiert wurde das Waldbier 2015 mit Fichtenharz in der Holzwerkstatt in den Bildhauerateliers der Aka-demie der bildenden Künste in Wien. Zwar war geplant, das Menü (Meister Petz servierte eine Menübegleitung, die sich gewaschen hat) zwi-schen den Werkbänken und Werkzeugen der Studenten zu kredenzen, allerdings waren Wet-ter und Temperatur so großartig einladend, dass die Tafel kurzerhand im Garten aufgebaut wurde. Dann begann eine außergewöhnliche Verkostung, bei der erstmals die gesamte Waldbier-Palette ne-beneinander am Tisch stand. Die Überraschung des Abends war die Erkenntnis, dass Waldbier reifen kann. Keine Idee von MHD. Die Biere aus 2011 und 2012 erwiesen sich als frisch, malzig und lang anhaltend. Vor allem 2011, also die Tanne, hat überrascht und mein Bild vom Anfang des Projekts auf den Kopf gestellt. Das Bier ist zwar rustikal, aber von atemberaubender Komplexität. Es riecht nach Bienenwachs und Honigwein und oszilliert am Gaumen zwischen bitter und leicht süßlich. Das Zirbenbier wurde zur Suppe gereicht. Das wäre an sich schon etwas extravagant, wäre da nicht der kleine Schuss Zirbenschnaps, mit dem Petz die Suppe biertauglich gemacht hat. Letztlich eine überzeugende Kombination.

Zum neuen Waldbier, dem von der Fichte, dachte sich der Koch was Besonderes aus. Im Retsina (Das E ist lang, das I kurz. Alles ande-re outet Sie als Pauschaltouristen) geschmortes Pata Negra-Schwein mit Chorizo-Bohnen. Eine Bier-Speisen-Kombination, bei der nie ganz klar wird, wer eigentlich der Star auf der Bühne ist. Je-denfalls ist die Waldbier-Serie damit abgeschlos-sen und man darf gespannt sein, was Kiesbye und den Bundesforsten als Nächstes einfällt. ×

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BEER TRUCKS20BEST OF …

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… kann man mögen oder nicht. Manchmal muss man sie aber einfach nur ein bisschen besser kennenlernen.

Wild sind sie ja irgendwie alle, diese Craft Brewer: Quereinsteiger mit langen Haaren oder buschigen Bärten, die mit Sprüchen auf ihren Shirts oder barfuß das Land erobern und mit viel Leidenschaft ihr Hob-by zum Beruf machen. Die über Caramalz und Roh-frucht, Simcoe und Nelson Sauvin, Eiweißrasten und Bittereinheiten fachsimpeln. Die charaktervoll, außergewöhnlich, individuell und oft ein bisschen eigenwillig sind – ich mag das. An den Menschen. Und am Bier.

Erst kürzlich hatte ich wieder einmal das Ver-gnügen mit ein paar solch wilden Kerlen die entsprechenden Pendants zu verkosten. Alles andere als brav ging es dabei zu: Bodenständi-ge, erdige Typen waren dabei, die so richtig auf den Tisch schlugen. Manche waren sogar so sauer, dass es selbst mir die Miene verzog. Ei-ner hatte für meinen Geschmack schon etwas zu viel Alkohol erwischt und er wurde ganz schön aufdringlich. Im Gegensatz dazu stand mir plötzlich ein eher zurückhaltender, ele-gant gekleideter Charakter gegenüber. Er agierte viel taktvoller als sein Vorgänger und berichtete geduldig von seinen Erfah-rungen im alten Weinfass, die ihn in den vergangenen Monaten ziemlich reifen ließen. Die weite Reise von Italien nach Österreich hat er selbst in seinem Alter noch gerne auf sich genommen und ich bin mir sicher, dass er noch lange so schöne Geschichten erzählen wird.

Dänen waren übrigens auch dabei und ein paar Norweger. Ein Deutscher

mit besonders viel Pepp, entpuppte sich als wagemutiger Freigeist mit auffallen-der Zuneigung zu Pfefferkörnern. Ein anderer brachte ganz spontan ein paar

rote Rüben mit – das passe ja schließlich zur Jahreszeit und verleihe einen schönen

Teint. Wirklich verrückt! Ein besonders in-diskreter Typ dürfte wie ein Prinz auf dem

Pferd angeritten sein. Das ließ zumindest sein Geruch vermuten, denn der war zwar

vermutlich gewollt, aber nicht besonders betörend. Da schmeichelten mir schon eher die schokoladigen Mon-Chéri-Noten meines

nächsten Gegenübers. Und ich muss zugeben, der war nicht der einzige, der mir den Abend

versüßte.So eine Verkostung ist schon gewöhnungsbe-

dürftig und man kann natürlich auch lieber brav bleiben. Muss man aber nicht, denn die wilden

Kerle sind gar nicht so schwer zu finden: Man trifft sie z. B. in Salzburg beim Alchimiste Belge oder im Tribaun in Innsbruck, im Burgenland bei

Bierfracht.at oder in Wien an gleich mehreren Ad-ressen. Dort sind Robby, Dirk, Clemens und Co die

Menschen mit buschigen Bärten und langen Haaren, individuelle Persönlichkeiten, die ihr Hobby zum Be-ruf gemacht haben und uns jetzt damit Freude berei-ten. Sie alle sind jedenfalls irgendwie anders, haben

Ecken und Kanten und fordern uns. Zu meiner Freude – denn ich mag das. An den Menschen. Und am Bier. ×

Judith Mehofer bloggt auf www.brewaholic.at und berät Bierbegeisterte im Brickmakers.

DIE WILDENKERLE …

23KOLuMNE VON JuDITH MEHOFER

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24OEDIPuSSy

Die Oedipus Brauerei in Amsterdam erliegt außergewöhnlichen Bier-Ideen und setzt (Geschlechter-)Klischees frisches und fröhliches Design entgegen.

text martin mühlbild oedipus brewing

„Dann vielleicht einmal ein Salty Dick versu-chen?“, antwortet der Barkeeper im Amsterdamer Flamingo, einer Bar spezialisiert auf Craft Biere, auf die Frage nach einer außergewöhnlichen Empfehlung. Das Etikett des Salty Dick ziert ein gut gelaunter, leicht rundlicher und nicht mehr ganz so junger Herr im Superhelden-Kostüm. Das Bier selbst ist eine Gose mit starkem Zitrus-Ge-schmack und einer zusätzlich erfrischenden Prise Meersalz. Wenig später folgt dann noch die Emp-fehlung für Thai Thai, ebenfalls von der Oedipus Brauerei. Auch hier unterläuft das Design mit einem schwimmenden rosa Elefanten alle Kli-schees. Geschmacklich kommt der Chilipfeffer heftiger durch als die Orangenschale oder der Koriander.

Auch bei einem Besuch in den Food-Hallen am nächsten Tag gibt es Biere der Oedipus Braue-rei. Klassischere wie das Pale Ale Mama – aber auch Mannenliefde: Männerliebe. Sanfter Pfef-fer, starker Hopfen und ein bisschen abrunden-des Lemongrass überdecken hier keinesfalls den klassischen Biergeschmack. Geschmückt wird das von einem großartigen Etikettendesign: Ein illustrierter, behaarter Männerbauch, in den ein Herz rasiert wurde. Wie gut!

Trinkende TiereGegründet wurde Oedipus von vier Freunden,

unter anderem von Alex Paul Sander und Rick Nelson, die in Bierbars gearbeitet hatten und ihren Durst nach außergewöhnlichen Bieren auf aus-giebigen Reisen stillten. Zurück in Amsterdam wollten sie diese Vielfalt zugänglicher machen und die Bierlandschaft der Niederlande verän-

GUtE LaUNE GEGEN BIER-KLISCHEES

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dern. Zielgruppe waren dabei dezidiert Männer und Frauen gleichermaßen. Dass manches im Design schwul anmuten könnte, war zwar nicht die ursprüngliche Idee ihrer illustrierten Etiket-ten, stört aber gar nicht: „Wir finden es gut, wenn unser Design und unsere Bier frisch wirken und einladend-freundlich sind. Aber es war schon auch ein Ziel mit den Klischees von Bier trinken-den Männern und Männlichkeit aufzuräumen.“

Mannenliefde war ihr erstes Bier, es sollte be-wusst weich und verletzlich wirken.

Dazu sollte natürlich auch das Design passen. Statt stereotyper Pin-up-Zeichnungen gibt es nun Bier trinkende Tiere oder eben Männer ab-seits von Schönheitsidealen. Das hat funktioniert. Und auch wenn manchen Leuten außerhalb des aufgeschlossenen Amsterdam die Namen der Oe-dipus-Biere beim Bestellen an der Bar nicht ganz locker über die Lippen kommen – die Brauerei hat damit für Gesprächsstoff gesorgt und sich einen Namen gemacht.

Beim Geschmack der Biere mischen die Oedi-pus-Jungs gerne traditionelle Rezepte mit Zutaten aus verschiedensten Teilen der Erde: „Wir versu-chen nicht zu viel darüber nachzudenken – aber am Ende brechen wir damit wohl oft Stilgrenzen und Regeln.“ Ihr Ziel, Neues zu probieren, ohne dabei der Versuchung eines dominanten exoti-schen Geschmacks zu erliegen, erreichen sie da-bei nur fast immer. Froh sind Sander und Nelson über das Umfeld in Amsterdam, in dem Craft Biere nicht mehr Spezialität in bestimmten Loka-len, sondern allgemein in den Bars und Pubs an-gekommen sind: „Die Leute wissen heute besser Bescheid und die größere Auswahl zu schätzen. Das war unser Ziel.“ ×

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„Es war ein Ziel mit den Klischees von Bier trinkenden Männern und Männlichkeit

aufzuräumen.“

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RUNDUMS BIER

26BIERMOMENTE IN BILDERN

Links: Pressegespräch zur Vienna Beer Week in der Wiener Bier Brauerei mit Micky Klemsch, Brauereiverbandsobmann sigi Menz und Bier- und Essigbrauer Erwin Gegenbauer.Rechts: Wenn das neue foodpairing-Menü für Charlie P’s Dining Room entsteht, versammelt sich die Beer/food-Kompetenz: sepp Wejwar, „Gastronom des Jahres“ Brian Patton, shane Mulhall, Peter Zinter.

Links: Diplom-Biersommelier Hubert Hang-hofer als Juror der Austrian Beer Challenge. Mitte: Bier-IG-Vorstand Karin Vouk beim Bierstacheln bei den Tasting sessions im Wiener Metropol. Rechts: Clemens Kainradl, Conrad seidl und Rudi Anschober (v.l.n.r.) beim fachsimpeln am Craft Bier fest Linz.

Bilder: Marlene Mautner, Micky Klemsch, simon Rainsborough, Roman Zach Kiesling, Martin Voigt

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28BIERMOMENTE IN BILDERN

Oben: sandra von Brauwerk und Jürgen von Craft Country feiern eine erfolgreiche Euro-Hop. Mitte: Viele Tausend Besucher verkosten auf der EuroHop in Rom über 350 europäische Craft Biere. unten: Das Tribaun-Team organi-sierte die selezione Austria mit Bierol, Brew Age, Craft Country, Brauwerk und Loncium.

Alle Bilder: Nicolas Hafele

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Die andere Seite des Reinheitsgebots: Wenn man den werten Braumeistern zu viele Freiheiten lässt, kann das mitunter übel ausgehen. Eine Freakshow der ganz besonderen Bierzutaten.

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text elena seitaridis

Das Reinheitsgebot ist seit 1516 in aller Munde – vor allem in jenen, die gerne deutsches Bier trin-ken; haben sich die dortigen Braumeister doch zur Einhaltung der ursprünglichen Zutaten ver-pflichtet. Bier aus Hopfen, Malz, Hefe und Was-ser – nicht mehr und nicht weniger. Im Sinne der kreativen Vielfalt wird dieses Konzept eher kontrovers und als Einschränkung betrachtet. Doch bei aller Liebe zur Diversität und Freiheit beim Bierbrauen: Es gibt Dinge, die man seinen Geschmacks knospen eigentlich nicht so gerne zumuten möchte. Da lässt man statt Vielfalt dann doch lieber Einfalt walten. Ein paar Beispiele …

Stichwort Freiheit: Die hatte der Bart von Brau-meister John Maier geschlagene 34 Jahre lang – unbekümmert und ungeschnitten durfte er mit der Gravitation Richtung Erdboden wachsen. Dann änderte sich sein Schicksal schlagartig und die Hefe-Produktion wurde zur neuen Professi-

on. Bei Rogue Ales in Newport, Oregon, war man schon länger auf der Suche nach der perfekten, exklusiven Hefe und hat diese genau dort gefun-den: in der Gesichtsbehaarung des Braumeisters. Zu schmecken ist sie im Beards Beer, einem Ame-rican Wild Ale – und einer Ode an Hipster und andere Bartträger.

Die Weihnachtszeit naht, und die Nasen dürfen (oder müssen) sich wieder an Zimt, Lebkuchen und Weihrauch gewöhnen. Normalerweise ist Bier von dieser saisonalen Geruchsentwicklung ausgenommen – nicht so in der Brauerei The Lost Abbey. Dort hat man sich zur Feier des sinnlichs-ten Festes des Jahres etwas durchaus Biblisches einfallen lassen. Da schon die heiligen drei Könige wussten, was gut ist, wurden ihre drei Geschen-ke für das Jesuskind schlicht und einfach flüssig vereint: in Gift of the Magi. Ein Bier, golden in der Farbe, eine Note von Weihrauch und Myrrhe im Geschmack.

Bier ist ja nicht gerade bekannt dafür, die Hirn-leistung derer zu steigern, die es genießen. Viel-leicht eher dafür, es einmal von der geforderten Denkleistung loszulösen. Hirn und Bier werden also dementsprechend selten in einem Atemzug genannt (außer wenn ein Mangel an ersterem beim Oktoberfest allzu deutlich ins Auge sticht), geschweige denn in einer Flasche vereint. Aber, sag niemals nie: Walker, ein American Pale Stout aus Philadelphia, schmeckt – nach Hirn. Genau-

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Rogue Ales: mit exklusiver Hefe aus der Gesichtsbehaarung des Braumeisters.

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Das Reinheitsgebot wird im Sinne der kreativen Vielfalt

eher kontrovers und als Einschränkung betrachtet.

32FREAKSHOW

er, nach geräuchertem Ziegenhirn. Die Leute der Dock Street Brewery sind nämlich beson-ders große Fans der Zombieserie „The Walking Dead“, und haben anlässlich des Staffelfinales ei-gens ein Bier dafür kreiert. Dank Bio-Cranberrys blutähnlich blassrot in der Farbe wird Walker als Lieblingsbier aller eingefleischten „The Walking Dead“-Fans so schnell wohl nicht abgelöst werden. Übers Ziegenhirn lässt sich aber dennoch streiten.Nach allem, was wir über ungewöhnliche Bier-zutaten bereits wissen, dürfte es nicht weiter verwundern, dass selbst tierische Exkremente in der Braukunst kein No-go sind. Im Gegenteil. In Japan werden zum Beispiel Kaffeebohnen durch das Verdauungssystem von Elefanten geschleust, um unverdaut aus dem frischen Dung geklaubt und für die Herstellung von Bier verwendet zu werden. Von „unko“, dem japanischen Wort für Kot, zu Un, Kono Kuro, dem japanischen Elefan-tenbier, das in Japan binnen Minuten ausverkauft war. Verantwortlich für diesen Mist: die Brauerei Sankt Gallen.

Mist machen Schafe auch, und in Island weiß man etwas damit anzufangen; insbesondere die Leute vom Borg Brugghús. Hier wühlt man nicht nach verwertbaren Resten in den frischen Ex-krementen, man verwendet sie ganzheitlich als Brennstoff, um das Malz zu räuchern. Ob Fenrir Nr. 26 tatsächlich vom Schafsaroma lebt, sei da-hingestellt.

Auch in Dänemark verschmäht man tierischen Mist nicht, wenn’s um die Braukunst geht. Die Brauerei Mikkeller verwendet Kaffee zur Bier-herstellung, der aus den Ausscheidungen der Zibetkatze geborgen wird. Stubenrein ist das so entstandene Beer Geek Brunch Weasel also nicht.

Zum Abschluss die Spitze des Gruselkabinetts: das Original Pussy Beer. Was manch einer viel-leicht noch nicht wusste: 7000 vor Christus ha-ben Frauen in Mesopotamien das Bier erfunden

– Künstlerin Toi Sennhauser setzt dieser verges-senen Tatsache ein Denkmal. Wie? Sie verwendet Hefepilze aus ihrer Vagina und vermischt diese mit traditioneller Brauhefe. Im wahrsten Sinne des Wortes „The Mother of All Beers“. ×Bi

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K E N N T .

Haben Sie schon einmal von Schwarzer Nacktgerste, Alpiner Pfauengerste, Vögeles Gold oder Schwarzem Hafer gehört? Nein? Die meisten anderen Biere auch nicht. Doch wer ein ganz beson-deres Bier brauen will, der braucht eben auch ganz besondere Zutaten.Und genau deshalb kultiviert unserGutsverwalter am Stiegl-Gut Wilds-hut – dem ersten Biergut Österreichs –diese längst vergessenen Urgetreide-

sorten. Als einzige Brauerei des Landes vermälzen wir unsere wertvollen Rohstoffe direkt vor Ort, bevor unser Kreativbraumeister ans Werk geht und daraus die außergewöhnlichen Wildshuter Bierspezialitäten braut.

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Das Wiener Lagerbier, das im Jahr 2016 seinen 175. Geburtstag feiert, war lange Zeit ein Stiefkind der Biergeschichte.

Die Konkurrenz aus Pilsen war erfolgreicher – aber auch sie musste einen hohen Preis zahlen.

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unten: Befüllung historischer Holzfässer. Rechts: Brauerei schwechat

und Brauereitor Pilsen.

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text conrad seidlbild brauereien pilsen, schwechat

Wien und Pilsen – das waren im 19. Jahrhundert zwei Städte der Habsburgermonarchie, in denen sich die industrielle Revolution abgespielt hat. Und die beide der Welt einen jeweils typischen Bierstil geschenkt haben: Wiener Lager hier, Pils-ner Bier dort.

Pilsner, Pilsener, Pils. Das meint man zu ken-nen. Helles, untergäriges Bitterbier; so lautet die gängigste Definition. Und wer es genauer wissen will, kann sich an die Stildefinitionen des World Beer Cup halten: Unter 33a ist dort International Style Pilsner gelistet, unter 45a American Style Pilsner, unter 35 German Style Pilsner (das ist das,

was wir landläufig unter Pils verstehen) und unter 36 schließlich das Bohemian Style Pilsner. Man kann mit einiger Berechtigung sagen, dass jenes böhmische Pilsner das Bier zum Vorbild hat, das heute als Pilsner Urquell vermarktet wird – und dass dieses sich weitgehend an das hält, was ein gewisser Josef Groll, Braumeister aus Vilshofen, 1842 erstmals im Bürgerlichen Brauhaus zu Pilsen gebraut hat.

Und das Wiener Lager? Ist eh auch zu finden in der Liste der großen Bierstile der Welt; unter der Nummer 39. Vienna Style Lager nennt man es international. Denn Wien als Ursprungsort des Stils kennt man im englischen Sprachraum viel besser als daheim.

Warum das? Es gibt viele Faktoren, die man zur Erklärung heranziehen kann, warum Wie-ner Lager längst nicht so erfolgreich war wie das Pilsner Bier. Ein limitierender Faktor ist die Grö-

ße des Wiener Heimatmarktes: Die Schwechater Brauerei, ursprünglich Klein-Schwechater Brau-erei, hatte jahrzehntelang einen mit Riesentem-po wachsenden Markt vor der Haustür. Anton Drehers Brauerei konnte brauen soviel sie wollte: Das meiste Bier wurde ihr sofort aus den Hän-den gerissen – auch wenn es spektakuläre Erfol-ge für das Schwechater Bier bei internationalen Ausstellungen und auf internationalen Märkten gegeben hat. Dieses Erfolgsmuster teilt sie mit vielen Großstadtbrauereien: Keine der für sich genommen riesigen Brauereien von New York hat es geschafft, dem US-Biermarkt einen Stem-pel aufzudrücken. Bill Yenne hat in seinem Stan-dardwerk „The American Brewery from Colonial Evolution to Microbrew Revolution“ vermutet, dass Ballantine, Schaefer und Ruppert gar nicht über New York hinauswachsen wollten, weil sie die damals größte Stadt der Welt als ausreichen-den Absatzmarkt gesehen haben. Die New Yorker Rheingold Brewery konnte zwar mit dem „Miss

Rheingold“-Wettbewerb eine Marketing-Ikone (und dem ersten Dry-Bier in den 1940er-Jahren sogar einen eigenen Bierstil) schaffen – letztlich musste sie sich aber wie alle anderen New Yorker Brauereien den Großkonzernen geschlagen geben.

Ähnlich lief es in Berlin: Was ist schon Schulthe-iss oder Berliner Kindl im deutschen, geschweige denn im internationalen Biermarkt? Sie sind zwar lokale Riesen – die bedeutenden, national und in-ternational vertriebenen Marken kommen aber aus deutschen Kleinstädten wie Bad Köstritz, Bit-burg, Erding, Kreuztal-Krombach, Radeberg oder Warstein. Ähnlich die amerikanischen Megamar-ken: Budweiser ist aus St. Louis, Miller (ähnlich

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wie die einst national bedeutenden Marken Blatz, Pabst und Schlitz) aus Milwaukee, Coors aus dem Rocky-Mountains-Dörfchen Golden. Solche Brau-ereien mussten sich ihre Märkte erst suchen – und sie taten das mit großem Erfolg.

Was das mit Wien und Pilsen zu tun hat? Nun: Pilsen war zwar ein Industriezentrum Böhmens – aber für die Pilsener Brauer war es von Anfang an wichtig, entfernte Märkte zu erobern. Dabei half natürlich auch die Bierqualität. Denn so gut das Wiener Lager zu Beginn der Dreherschen Erfolgsgeschichte in den 1840er-Jahren gewesen sein mag: Das Pilsner Bier hatte ihm vor allem die hellere Farbe voraus. Und das war im 19. Jahrhun-dert ein entscheidender Marketing-Faktor: Zur gleichen Zeit, zu der die industriell gebrauten La-gerbiere ihren Siegeszug angetreten haben, kam die Produktion von preiswertem Pressglas auf. Bierfreunde, die bis dahin ihr Getränk aus Ton-krügen getrunken hatten, ohne das Bier wirklich sehen zu können, konnten nun vergleichen, ob das Bier dunkel (wie die bayerischen Lagerbiere jener Zeit), rötlich-bernsteinfarben (wie eben das von Dreher und seinen lokalen Mitbewerbern ge-braute Wiener Lager) oder golden war. Und das hellste Lagerbier seiner Zeit war eben das Pilsner, das seine ersten großen Erfolge etwa zur selben Zeit errungen hat wie die (im Vergleich zu den da-mals gängigen Porter-Bieren hellen) Pale Ales in England. Auch dort dürften die billig produzierten Biergläser den hellen Ales einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil verschafft haben.

Tatsächlich konnten sich auch die Wiener dem Trend der Zeit nicht lange entgegenstellen: Auch die großen Wiener Lagerbierbrauereien – die

„ostmärkische Weltmarke“ Schwechater war 1941 stolz darauf, größte Einzelbraustätte des Deut-schen Reichs zu sein – haben ihre Lagerbiere dem Publikumsgeschmack entsprechend immer hel-ler (und wohl nach und nach auch immer weniger malzaromatisch) gebraut. Der „Wiener Biertyp“ wurde zu einem historischen Bierstil, den man um 1990 eher in amerikanischen Craft-Breweries als in Wien finden konnte. Jetzt wird er glückli-cherweise wiederentdeckt und auch in Österreich wieder gebraut.

Die Geschichte wäre nicht vollständig, wenn man nicht auch die Schattenseiten des Pilsner Erfolgs einbeziehen würde: „Das Pilsner Bier hat seine Geburtsstätte in Pilsen im Bürgerlichen Brauhause; es ist ein Zufallsprodukt von ausge-zeichneter Güte, das in Pilsen und in der ganzen biererzeugenden Welt den Wunsch auslöste, ein Produkt von gleicher Qualität zu erzeugen und dasselbe auch als ‚Pilsner‘ zu bezeichnen“, refe-rierte Eduard Jalowetz in seiner 1930 erschiene-nen Studie „Pilsner Bier im Lichte von Praxis und Wissenschaft“. Die Brauereien, die das Pilsner Bier kopierten, waren damit tatsächlich höchst erfolgreich – und weil es damals noch keinen Mar-ken- oder Herkunftsschutz gegeben hat, konnten die Brauereien aus Pilsen auch später ihr Original nicht gegen die inzwischen überall aktive Konkur-renz verteidigen. Vier unterschiedliche Varianten des Pilsner Stils kennt man inzwischen, die meist-verkauften Biere der Welt verweisen irgendwie auf eine Abstammung von Pilsner Bieren. Bleibt den Pilsner Brauern (und den Freunden ihrer Bie-re) als Trost: Pilsner Urquell darf wirklich nur das Original aus Pilsen heißen. ×

36BIERGESCHICHTE

Drei legendäre Braumeister: Anton Dreher senior, Josef Groll und Vaclav Berka.

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Nach dem Qualitätsversprechenvon 1846.

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RED RICE aLE

Die Familie Kiuchi braut seit 190 Jahren und mittlerweile in der achten Generation Sake. In der Präfektur Ibaraki, 130 Kilometer nordöstlich der japanischen Hauptstadt Tokio gelegen, setzt die Brauerei seit 1996 unter der Marke Hitachino auch auf Bier – mit aktuell 70 Mitarbeitern und ei-ner jährlichen Produktion in der Größenordnung von 20.000 Hektolitern. Einer ihrer Bestseller ist das Red Rice Ale, ein leicht trübes Bier mit zarten rosa Farbtönen, bei dem roter Reis mit eingebraut wird. Das Etiketten-Design liegt, so Kumiko Hot-ta von der Kiuchi Brauerei, nahe am ästhetischen Konzept Kawaii – das Wort lässt sich mit „süß“ oder „niedlich“ übersetzen –, das Unschuld und Kindlichkeit betont und in allen Bereichen der japanischen Gesellschaft zu finden ist. ×

BIERETIKETTEN, DIE BEGEISTERN

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HITACHINo NEST BEER

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40LABEL LOVE

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aLIEN CLaw – BELGIaN IPa

„Wir lieben Rock ’n’ Roll und Totenköpfe!“, ant-wortet Sven Bosch von Naparbier auf die Frage nach dem Konzept hinter den Bieretiketten der in Pamplona im Norden Spaniens angesiedelten Brauerei. Seit 2009 wird dort mittlerweile Craft Bier gebraut, der jährliche Output liegt aktuell bei 3000 Hektolitern, wovon ca. 40 % ans Ausland ge-hen. Wie etwa auch das Alien Claw, ein mit belgi-scher Hefe und den Hopfensorten Saphir, Chinook and Simcoe gebrautes IPA. „Ein Bier, wie wir es selbst gerne trinken“, so Bosch. Für das Etikett hat sich Designer Antonio Bravo von den „Pre-dator“-Filmen inspirieren lassen. Was auch gleich eine andere Frage beantwortet: „Ja, wir sind Fans von Horrorfilmen!“ ×

BIERETIKETTEN, DIE BEGEISTERN

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NApARBIER

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42KWAS

Erster Kontakt: wilde JugendIch war zuerst Schwimmer, dann Wasser-

ball-Spieler. Der Unterschied ist signifikant. Als Schwimmer, meist jung, präpubertär und bei Wettbewerben größtenteils gesittet, stellt sich das beim Wasserball diametral entgegengesetzt dar. Hormone, Herdentrieb, Schützengrabenmentali-tät und die Präsenz von (viel) älteren Teamkolle-gen, die die Pubertät nie ganz hinter sich gelassen haben – da bekommen internationale Turniere eine ganz andere Dynamik. Wir haben damals ungezählt viele Turniere im Ostblock gespielt. In der UdSSR, der ČSSR, der DDR. Und in Polen. Einfach, weil sie besser waren und wir vom West-block viel von ihnen lernen konnten. Eines mei-ner ersten Turniere fand in Plauen statt, damals Deutsche Demokratische Republik. Im Freibad verteilt standen fünf oder sechs Anhänger mit einer großen Blechtonne darauf. Keine Werbung, kein Hinweis, was darin gelagert ist. Sie sahen ein-fach aus wie die Spritzanhänger, mit denen heimi-sche Bauern die Gülle ausbringen. Nur, dass jeder Plauener Spieler, der während des Spieles ausge-wechselt wurde, sofort zu einem dieser Tankwa-gen gelaufen ist, und sich einen Krug in Maßgröße herunterließ. Das machten auch die Spieler der ungarischen, polnischen und tschechoslowaki-schen Mannschaften. Nur wir nicht.

Nach unserem Spiel gegen die Tschechen (über das Ergebnis will ich mich nicht äußern) liefen die Spieler zu uns, zerrten uns zu den Tanks und zeig-ten uns, wie es geht. Das Getränk war hellbraun, trüb und hatte im Krug eine dünne Schaumde-cke. Der Geschmack war leicht säuerlich und – in meiner Erinnerung – nicht sonderlich gut. Aller-dings passierte Seltsames. Wie prosteten einander zu, tranken, merkten wohl, dass das Zeug eher wie leichter Radler ist. Ein Rausch war nicht zu erwarten. Leider. Die Tschechen wurden trotz-dem immer lustiger. Und wir ratloser. Bis wir den Doppler Barack entdeckten, der unter den Gegnern die Runde machte und mit dem sie ihr Kwas veredelten. Sie lachten sich krumm über uns. Kein Wasserballer würde sein Kwas je pur trinken. Das machen höchstens die Schwimmer. Dann teilten sie mit uns. An den Rest habe ich nur verschwommene Erinnerung.

text jürgen schmücking

Kwas, Kwass, Kvas, Quas. Wir finden es in jeder erdenklichen Schreibweise, und die Vielfalt ist so groß, wie die Weite der russischen Taiga. Kwas – ich verwende jetzt einfach diese Variante, Kwas aus Weißrussland, Polen, der Ukraine, Litauen und anderen slawischen Ländern ist mitgemeint – sensorisch zu beschreiben, hebe ich mir für später auf. Zweimal bin ich dem Gebräu begegnet. Beide Male ist es unauslöschlich mit sehr intensiven Er-innerungen verbunden.

KEIN RaUsCH? WAS SoLL KWAS?

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Zweiter Kontakt: kulinarische EntdeckungsreiseZwischenzeitlich ist einiges passiert. Ende der

80er wurde das Jahrhundert abgewählt, die Län-der haben sich radikal verändert, ein paar davon gibt es als Staat gar nicht mehr. Auch bei mir ist einiges anders. Ich bin Ex-Wasserballer, habe das Trinken irgendwie kultiviert und bin nicht mehr auf der Suche nach schnellem Rausch und Abenteuer. Meine Leidenschaft und meine Su-che gelten den Geschmäckern der Welt. Ich bin überzeugt davon, in den Getränken und Gerichten eines Landes oder einer Region mehr über Men-schen und ihre Kultur zu erfahren als in ihren Kirchen, Palästen und Museen.

Ein Freund, den ich in Moskau besucht habe, kennt diesen Spleen und hat für mich eine Kwas-Verkostung organisiert. Die subtilen Unter-schiede suchend, bin ich zwar kolossal geschei-tert, war letztlich aber von der Vielfalt der Stile tief beeindruckt. Estnischer Kwas (Kali) und georgischer Kwas (Burachi) haben oft weniger Kohlensäure, weniger Alkohol und sind selten aromatisiert. Lupenreines Roggenmehl (oder Roggenbrot), Malz, Hefe, Sauerteig und Wasser sorgen für ein fast alkoholfreies Brotgebräu, dem verdauungs- und generell gesundheitsförderliche Wirkung zugesprochen wird. In Russland ist die Produktionsmenge enorm. Hier wird allerdings nicht nur für den Inlandskonsum, sondern auch für den Export gebraut. Das bedeutet auch: Dosen-abfüllung, Aromatisierung mit Minze oder Cassis und – leider – den Rückgang des Straßenverkaufs. Die Tankwagen, die ich aus meiner Jugend kenne, sind fast von der Bildfläche verschwunden. Es gibt sie noch. Vor allem in Russland, auf Märkten und Nebenstraßen in Moskau, aber auch in kleineren Städten und Dörfern. Schade eigentlich. Die mar-kanten gelben Anhänger sind ohne Zweifel die direkten Vorfahren moderner Food-Trucks.

Wo immer du, werte Leserin, werter Leser, dem Kwas über den Weg läufst: Schlag zu! Es ist eine Bereicherung. ×

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Beiträge in Bierblogs gibt es inzwischen über fast jedes Bier aus jedem Winkel der Erde. Relativ neu dagegen sind Videoblogs, welche erst mit „Jeder-mann-Videoplattformen“ wie Youtube vor ziem-lich genau zehn Jahren möglich wurden. Tomasz Kopyra und Simon Martin machen vor, wie man damit Erfolg haben kann.

Kaum ein Thema, über das 2015 nicht auch ge-videobloggt wird. Craft Biere sind da natürlich keine Ausnahme. Überraschend mag aber sein, dass der weltweit größte Craft-Bier-Videoblog aus Polen kommt. Tomasz Kopyra – seit Jahren eine polnische Bier-Institution – begann vor fünf Jahren selbst zunächst mit einem geschriebenen Blog, stellte aber zwei Jahre später fest, dass er für ein Video nur 30 Minuten Zeitaufwand hat – seine Videos werden in einem Rutsch gedreht und so gut wie nie editiert –, während ihn ein ordentlich gestalteter Blogpost drei bis sechs Stunden kostet. Ein gewaltiger Effizienzunterschied. Seither hat es Tomasz auf unglaubliche 15 Millionen Zugriffe und 60.000 Abonnenten weltweit bringen können. Ein Grund dafür ist sicher, dass er in polnischer Sprache als Bier-Blogger ziemlich alleine ist.

Immerhin auch 720.000 Zugriffe von seinen fast 11.000 Abonnenten verzeichnet der auf Englisch videobloggende „Real Ale Guide“ Simon Martin, der wie Tomasz an manchen Tagen gleich mehre-re Beiträge online stellt, und so Craft-Bier-Freun-de aus der ganzen Welt in seine Küche einlädt, wo er den Großteil seiner Videos dreht. Die täglichen Bierverkostungen Simons – er war übrigens einer der ersten Videoblogger Großbritanniens – sind für viele seiner Zuseher schon unverzichtbar wie die Tageszeitung. Regelmäßigkeit ist auch beim Videobloggen extrem entscheidend.

Einen Nachteil haben Videoblogs mit ihren ge-schriebenen Pendants gemeinsam: Das tatsächli-che Geschmackserlebnis können auch sie nicht transportieren. Dafür nehmen diese Blogger ihre

Zuseher mit Videoreportagen auf Bier-Festivals auf der ganzen Welt mit. Interviews mit Brauern sind weiterer fixer Bestandteil der beiden Craft-Bier-Channels. Insbesondere für Simon sind sie auch Inspiration für seine eigenen Biere.

Bei aller Schnelllebigkeit und nach vielen hun-dert verkosteten Bieren gibt es Highlights, die in Erinnerung bleiben. So hat etwa ein Zuschauer Tomasz ein 30 Jahre altes Żywiec Baltic Porter zum Verkosten geschickt. Diese besonderen Vi-deos dreht er dann auch auf Englisch für ein in-ternationales Publikum.

Auch wenn Technik-Freak Simon inzwischen viele seiner Videos in 4K-Ultra-HD-Auflösung dreht, so sind sich beide Blogger einig: Full HD reicht als Auflösung völlig. Der Schlüssel zum Erfolg liegt neben dem Inhalt bei einem Video-blog auch in der Tonqualität. Das beste Video mit schlecht verständlichem Ton sieht sich niemand an und die Zuschauer wechseln den Kanal.

Während der technische Aufwand, selbst Video-blogger zu werden, vergleichsweise gering ist, sind die persönlichen Möglichkeiten fast grenzenlos. Tomasz kann inzwischen ganz gut vom Video-

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bloggen leben und Simon will in fünf Jahren so-weit sein, seinen Brotjob an den Nagel hängen zu können.

In einem Punkt sind sich die Bier-Videopioniere einig: Das Fernsehen, so wie wir es heute kennen, wird in zehn Jahren von Online-Video-Angeboten abgelöst worden sein, weshalb keiner von ihnen Ambitionen hat, mit einer eigenen Show zum klassischen Fernsehen zu gehen.

Das Leben neben dem Videobloggen ist für To-masz und Simon das des typischen Bier-Freaks. So haben beide das Bierbrauen für sich entdeckt. Inzwischen gibt es auch Kollaborationen mit gro-ßen Brauereien, die nicht unerheblich von der Be-kanntheit und Erfahrung der Blogger profitieren. Tomasz gewann im September beim Bier-Festival in Yokohama eine Goldmedaille und Simon hat zusammen mit Pinta, einer der größten polni-schen Craft-Bier-Schmieden, gerade ein zweites Bier unter dem Namen Call Me Simon herausge-bracht. ×

blog.kopyra.comwww.youtube.com/realaleguide

simon Martin und Tomasz Kopyra vor der Kamera – wie so oft.

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