1786 William Jones: Sanskrit
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1786 William Jones: Sanskrit
- linguistische Arbeiten der Sanskrit-Grammatiker (Paninis Astadhyayi)
- Genetische Verwandtschaft mit Griechisch, Latein: Impuls für vergleichende, historische Sprachwissenschaft

VorläuferHistorische Sprachwissenschaft
• P. Sajnovics’ (1770)
- Erste Darlegung historischer Sprachwissenschaft in der finno-ugrischen
Sprachfamilie aufgrund eines systematischen Vergleichs von Wortformen

Vorläufer Historische Sprachwissenschaft
• Gyarmathi (1779)- Deutliche Unterscheidung zwischen
Elementen einer Sprache, die aus gemeinsamer Herkunft ererbt sind, und solchen Elementen, die durch Sprachkontakt erworben wurden.

Mögliche Ursachen für Form-Bedeutung Entsprechungen in 2
Sprachen
1. Genetische Verwandtschaft:
[t]ooth - [ts]ahn
[t]wo - [ts]wei
[t]ongue - [ts]unge
Englisch Deutsch
2. Entlehnung
[t]icket - [t]icket
[t]ake-off - [t]ake-off
[t]alk-show - [t]alk-show
Englisch Deutsch

Mögliche Ursachen für Form-Bedeutung Entsprechungen in 2
Sprachen
1. Genetische Verwandtschaft:
[t]anthuz
/ \
/ \
[t]ooth - [ts]ahn
Englisch Deutsch

Mögliche Ursachen für Form-Bedeutung Entsprechungen in 2
Sprachen
1. Genetische Verwandtschaft:
[t]anthuz
/ \
/ \
[t]ooth - [ts]ahn
Englisch Deutsch
2. Entlehnung
[t]icket > [t]icket
[t]ake-off > [t]ake-off
[t]alk-show >[t]alk-show
Englisch Deutsch

Historische Sprachwissenschaft
• -
• 19. Jhdt. Deutschland
• -
=> Rasmus Rask (Dänemark), Jacob Grimm, Franz Bopp, August Friedrich Pott, August Schleicher

Historische Sprachwissenschaft
19. Jhdt. Deutschland
Romantik: gefühlsmäßiges Interesse an der
eigenen Geschichte/ früherer Volkskultur

Historische Sprachwissenschaft
19. Jhdt. Deutschland
Romantik: gefühlsmäßiges Interesse an der
eigenen Geschichte/ früherer Volkskultur
Begeisterung für alles “Ursprüngliche”,
“primitive” (Rousseau),
Mundarten,Volksdichtung (Märchen)

Historische Sprachwissenschaft
19. Jhdt. Deutschland
Romantik: gefühlsmäßiges Interesse an der
eigenen Geschichte/ früherer Volkskultur
Begeisterung für Nationalismus:
1. Lautverschiebung: “frühe Unabhängigkeits-erklärung germanischer Völker” J. Grimm

1. Lautverschiebung
Nicht-Germanisch
[p]F. [p]ère
F. [p]ied, S. [p]ada
F [p]oisson, L. [p]iscis
Germanisch
[f][f]ather, [f]ater
[f]oot, [f]uß
[f]ish, [f]isch

Ideengeschichtlicher Hintergrund:
Einfluss der Romantik auf die Stellung zur
Auseinandersetzung (18. Jhdt.):
Empirismus - Rationalismus

Ideengeschichtlicher Hintergrund:
• Auseinandersetzung:
Empirismus - Rationalismus
Rationalismus: Universalienforschung,
Allgemeine Grammatik
(Begründung: Universalität menschlichen Denkens)

Ideengeschichtlicher Hintergrund:
• Auseinandersetzung:
Empirismus - Rationalismus
Empiristen: Erfassung sprachlicher Daten
Grammatiken, Wörterbücher

19. Jhdt.
• => Empirismus
Basis: möglichst umfassende Sammlung
und sorgfältige Aufzeichnung belegter
Formen

19. Jhdt. J. Grimm
“Allgemeinlogischen Begriffen bin ich in der
Grammatik feind; sie führen scheinbare
Strenge und Geschlossenheit der
Bestimmungen mit sich, hemmen aber die
Beobachtung, welche ich als die Seele der
Sprachforschung betrachte.” J. Grimm (1822)

19. Jhdt. J. Grimm
“Jeder Deutsche… darf sich … eine
selbsteigene, lebendige Grammatik nennen
und kühnlich alle Sprachmeisterregeln fahren
lassen.” J. Grimm (1822)

19. Jhdt.
Absoluter Vorrang geschichtlichen Wissens:
Historisches Wissen als Voraussetzung
für das Verständnis eines Gegenstands

19. Jhdt.
“Wenn wir nicht wissen, wie etwas geworden ist, so kennen wir es nicht”
August Schleicher (1863)

19. Jhdt.
GEISTES- NATUR-
WISSEN- WISSEN-
SCHAFTEN SCHAFTEN
-------------------------->
SPRACH
WISSEN-
SCHAFTEN

19. Jhdt.
Sprachgeschichte
Im Gegensatz zur Geschichte:
“nicht dem menschlichen Willen unterworfen”
“walten unabänderlicher Gesetze”
=> sicherere Ergebnisse
A. Schleicher

19. Jhdt.
1. Biologie
Sprache führt ihr selbständiges Eigenleben,
unabhängig vom Willen des Sprechers,
analog dem Leben der Pflanzen und Tiere.

19. Jhdt.
1. Biologie
Sprache führt ihr selbständiges Eigenleben,
unabhängig vom Willen des Sprechers,
analog dem Leben der Pflanzen und Tiere.
Infolge von Sprachkontakt: “Kampf ums
Dasein” (Indoeuropäisch vs.Indianersprachen)

Historische Sprachwissenschaft
Schleicher (ca. 1861)
Stammbaummodell indoeuropäischer Sprachen
(20. Jhdt.: Hethitisch)

Historische Sprachwissenschaft
Anziehungspunkt: Sanskrit-Grammatik
Böthlingk 1839/40:
Übersetzung und Kommentierung von
Paninis Grammatik Astadhyayi

Historische Sprachwissenschaft
Anziehungspunkt: Sanskrit-Grammatik
Vorrang: Bewertung grammatischer Formen,
(besonders Flexion)
“Vergleichende Grammatik”
‘Studium genetischer Verwandtschaft’

Historische Sprachwissenschaft
Bopp 1816
Sanskrit: bhar+a:+mas ‘tragen, 1. Ps. Plural’
Griech. (Dor.) phér+o+mes
Latein: fer+i+mus
Gotisch: ber+a+m

Historische Sprachwissenschaft
Bopp 1816
Sanskrit: bhar+a:+mas
Wurzel
Bedeutungs-
element

Historische Sprachwissenschaft
Bopp 1816
Sanskrit: bhar + a: + mas
Wurzel Wurzel Wurzel
Bedeutungs- Beziehungs-
element element

Historische Sprachwissenschaft
Anziehungspunkt: Sanskrit-Grammatik
Vorstellung “lingua adamica”
Unter den Sprachen der Welt gibt es
“ursprüngliche”, “alte” Sprachen

Historische Sprachwissenschaft
I. Annahme: Sanskrit : Indoeuropäisch
Beispiel: Vokalismus

Historische Sprachwissenschaft
I. Annahme: Sanskrit : Indoeuropäisch
II. Einsicht: Sanskrit hebt sich von
anderen indoeuroäischen Sprachen durch
einige Neuerungen ab

Historische Sprachwissenschaft
Unterscheidung:
genetische versus typologische Sprachverwandtschaft

Historische Sprachwissenschaft
Genetische Verwandtschaft: Klassifizierung
in Hinblick auf einen gemeinsamen Ursprung.
(gemeinsamer Ahne)

Typologische Verwandtschaft
Typologische Verwandtschaft: Klassifizierung
in Hinblick auf strukturelle Übereinstimmung
z.B. Flexion
Deutsch Englisch
ich gehe I go
du gehst you go

Typologie
A.W. von Schlegel (1818): 3 Typen:
1. Sprachen ohne Struktur (Chinesisch)
2. Sprachen mit Affigierung (Türkisch)
3. Flektierende Sprachen (Latein, Sanskrit)

Typologie
A.W. von Schlegel (1818): 3 Typen:
1. Sprachen ohne Struktur (Chinesisch)
Strenge Trennung von Bedeutungs
und Beziehungselementen

Typologie
ta chi le fan‘er ess- prät. Mahlzeit’
ta chi fan le‘er ess- Mahlzeit prät. ‘

Typologie
A.W. von Schlegel (1818): 3 Typen:
• 2. Sprachen mit Affigierung (Türkisch)
• sev-in-isch-e-me-mek• ‘freuen’ Refl Rez können Neg. Inf.
• ‘sich gegenseitig einer über den anderen nicht
• freuen können’

Typologie
A.W. von Schlegel (1818): 3 Typen:
• 3. Flektierende Sprachen (Griechisch, Latein)
• du singst - du sangst

Typologie
Wilhelm von Humboldts Bewertung (1827):
1. Sprachen ohne Struktur (Chinesisch)
=> primitiv
2. Sprachen mit Affigierung (Türkisch)
3. Flektierende Sprachen (Latein, Sanskrit)
=> am vollständigsten entwickelt

Typologie
August von Schleichers Analyse:
1. Sprachen ohne Struktur (Chinesisch)
=> Ursprünglich (1. Stufe der Entwicklung)
2. Sprachen mit Affigierung (Türkisch)
3. Flektierende Sprachen (Latein, Sanskrit)
=> (3. Stufe der Entwicklung)

Typologie
J. Grimm
1. lachen - lach-te => schwache Verben
sagen - sag-te
2. singen - sang => starke Verben
helfen - half

Typologie
I. 1. Periode (vorhistorisch)
Aufbau, Wachstum
II. Gipfel der stukturellen Entfaltung:
Sanskrit, Griechisch, Latein
Abbau, Zerfall

Typologie
“Diese Klassifikation ist uns allmählich
unter den Händen zerronnen”
Delbrück (1901)

Typologie, Sprachgeschichte
Heutige Sicht:
Affixe, Funktionswörter oft (?immer) aus
ehemals unabhängigen ‘Vollwörtern’
entstanden

Typologie, Sprachgeschichte
Heutige Sicht:
Affixe, Funktionswörter oft (?immer) aus
ehemals unabhängigen ‘Vollwörtern’
entstanden.
Je ne vais pas < passus ‘Schritt’

Typologie, Sprachgeschichte
Heutige Sicht:
Affixe, Funktionswörter oft (?immer) aus
ehemals unabhängigen ‘Vollwörtern’
entstanden.
Je ne vais pas < passus ‘Schritt’
careful < full ‘voll’

Typologie
Heutige Sicht: genetische versus typologische
Verwandtschaft logisch voneinander unabhängig
Beispiel:
Englisch-Deutsch (enge genetische Verw.)
Englisch-Chinesisch (typologische Verw.)
‘I will go to school’

Genetische Verwandtschaft

Genetische Verw.: Zahlen 1-5
Sanskrit Griech. Latein Gotisch Ungar.
ékas heis u:nus ains egy
dváu dúo: duo twai kettö
tráyas treis tre:s †reis három
catvá:ras téttares quattuor fidwor négy
pánca pénte quinque fimf öt

Rekonstruktion ursprünglicher Formen
[wø:t\] [vas\r]Englisch Deutsch

Rekonstruktion ursprünglicher Formen
[wø:t\][wø:t\] [vas\r]Englisch Deutsch

Rekonstruktion ursprünglicher Formen
[vas\r][wø:t\] [vas\r]Englisch Deutsch

Rekonstruktion ursprünglicher Formen
Eduard Sievers (1876)
Grundzüge der Lautphysiologie

Rekonstruktion ursprünglicher Formen
Eduard Sievers (1876)
Grundzüge der Lautphysiologie
Silbe
/ | \
t u: t
Ansatz Nucleus Koda

Rekonstruktion ursprünglicher Formen
Eduard Sievers (1876)
Grundzüge der Lautphysiologie
Silbe
/ | \
th u: t’
Ansatz Nucleus Koda

Rekonstruktion ursprünglicher Formen
Silbe
/ | \
th u: t’
Ansatz Nucleus Koda
Stärkung Schwächung

Rekonstruktion ursprünglicher Formen
Silbe Silbe
/ | \ / \
th u: @ \ Ans. Nukl Ambi Nukl
Stärkung Schwächung

Rekonstruktion ursprünglicher Formen
Eduard Sievers (1876)
Grundzüge der Lautphysiologie
Sonorität
p,t > f,s > l > r >w,j, > i,u > e,o > a
Plos. Frik. Liqu. Halbvok. Vokale

Rekonstruktion ursprünglicher Formen
Sonorität
p,t > f,s > l > r >w,j, > i,u > e,o > a
Plos. Frik. Liqu. Halbvok. Vokale
Stärke ----> Schwäche

Rekonstruktion ursprünglicher Formen
[w ]
[wø:t\] [vas\r]Englisch Deutsch

Rekonstruktion ursprünglicher Formen
[w t ]
[wø:t\] [vas\r]Englisch Deutsch

Rekonstruktion ursprünglicher Formen
[w t r]
[wø:t\] [vas\r]Englisch Deutsch

Rekonstruktion ursprünglicher Formen
[w a t \ r][wø:t\] [vas\r]Englisch Deutsch

Rekonstruktion ursprünglicher Formen
Hethitisch:
[w a t a r]

Rekonstruktion ursprünglicher Formen
Gotisch:
[w a t o]

Möglicher Lautwandel
Vennemann (1988)
Preference laws for
syllable structure

Lautgesetze
Neues Modell: Physik
Analog: Gesetz von der
Ausnahmslosigkeit der Lautgesetze

Lautgesetze, Junggrammatiker
Lautwandel:
Völlig unabhängig vom Willen oder
Bewußtsein der Sprecher

Lautgesetze, Junggrammatiker
Ablehnung von Begriffen wie “Verfall’
Stattdessen: unaufhörlicher,
unausweislicher Wandel ,
weder gut noch schlecht

Lautgesetze, Junggrammatiker
Kontinuität:
Mechanistische/behaviouristische
Erklärung aller Aspekte des
menschlichen Lebens bei Bloomfield
1933 Language.

Junggrammatiker
1. Leipziger: August Leskien, Hermann Osthoff, Karl Brugmann, Berthold Delbrück
2. Eduard Sievers, Wilhelm Braune, Hermann Paul

Junggrammatiker
• Vorgänger (Grimm): Anomalie
• Junggrammatiker: Analogie und Lautgesetze

Junggrammatiker
Junggrammatiker: Analogie und Lautgesetze
Entwicklung dieser Dichotomie
=> Vorlesung 7.12.