1876-1918 Vaihinger Adler-Br�uA. Widmaier

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Blätter zur Vaihinger Geschichte 3 1876-1918 Vaihinger Adler-Bräu A. Widmaier Aus der Geschichte einer Brauereipionierfamilie Bearbeitet von Folkmar Schiek, Historisches Vaihingen a.d.F. e.V., Gerhard Widmaier 1 2017. Taschenbuch. 128 S. Paperback ISBN 978 3 7439 2000 2 Format (B x L): 14,8 x 21 cm Gewicht: 195 g Wirtschaft > Wirtschaftswissenschaften: Allgemeines > Unternehmensgeschichte, Einzelne Branchen und Unternehmer schnell und portofrei erhältlich bei Die Online-Fachbuchhandlung beck-shop.de ist spezialisiert auf Fachbücher, insbesondere Recht, Steuern und Wirtschaft. Im Sortiment finden Sie alle Medien (Bücher, Zeitschriften, CDs, eBooks, etc.) aller Verlage. Ergänzt wird das Programm durch Services wie Neuerscheinungsdienst oder Zusammenstellungen von Büchern zu Sonderpreisen. Der Shop führt mehr als 8 Millionen Produkte.

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Blätter zur Vaihinger Geschichte 3

1876-1918 Vaihinger Adler-Bräu A. Widmaier

Aus der Geschichte einer Brauereipionierfamilie

Bearbeitet vonFolkmar Schiek, Historisches Vaihingen a.d.F. e.V., Gerhard Widmaier

1 2017. Taschenbuch. 128 S. PaperbackISBN 978 3 7439 2000 2

Format (B x L): 14,8 x 21 cmGewicht: 195 g

Wirtschaft > Wirtschaftswissenschaften: Allgemeines > Unternehmensgeschichte,Einzelne Branchen und Unternehmer

schnell und portofrei erhältlich bei

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als 8 Millionen Produkte.

1

Historisches Vaihingen a.d.F. e.V. (Hg.)

Folkmar Schiek/Gerhard Widmaier

Vaihinger Adler-Bräu A. Widmaier

2

Adolf Ferdinand Widmaier

(1849 - 1913)

3

Historisches Vaihingen a.d.F. e.V. (Hg.)

Folkmar Schiek/Gerhard Widmaier

1876-1918

Vaihinger Adler-Bräu A. Widmaier

Aus der Geschichte

einer Brauereipionierfamilie

Blätter zur Vaihinger Geschichte (3)

www.tredition.de

4

Historisches Vaihingen a.d.F. e.V. (Hg.)

Folkmar Schiek/Gerhard Widmaier

1876 - 1918

Vaihinger Adler-Bräu A. Widmaier

Aus der Geschichte einer Brauereipionierfamilie

Blätter zur Vaihinger Geschichte (3)

© 2017 Folkmar Schiek/Gerhard Widmaier

Umschlag, Illustration: Folkmar Schiek

Titelbild: Bierbrauerei A. Widmaier um 1885

Verlag: tredition GmbH, Hamburg

ISBN Paperback: 978-3-7439-2000-2

Printed in Germany

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Ver-

lages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Über-

setzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichma-chung.

5

D'Polizeistond

Bei Bier ond Gaigel hocket heut

em Adler dussa a paar Leut;

se trenket grad uff Kaiser ond Reich

uff oimol werdet älle bloich,

denn onder d'r Tür stoht krottebroit

mit Helm ond Säbel d'Obrichkeit.

Se hennt vergesse vor Spiel an Trenke

am zwölfe an d'Polizeistond denke.

"Wißt ihr denn net wia spät's jetzt ischt?"

Frogt vorwurfsvoll d'r Polizischt.

Voll Oschuld langt dr Karl sein Zwiebel,

dreht g'schwend a bissle romm am Triebel

ond zeigt dui Uhr dem strenge Ma:

"S'ischt erst halb zwölfe, do guck no!"

Doch der schreit: "Wart' i sperr' die ei,

glaubscht i fall uff dein Schwendel rei!"

Er deutet zornig mit dr Hand

uff d'Uhr em Adler an dr. Wand.

"Do isch halb viere!" brüllt dr Büttel

ond ziagt sei Büchle aus em Kittel;

wie nr vom Karle schreibt de Ka,

kracht vom Bleistift d'Spitze a.

Zum Glück fällt do em Gustav ei,

daß er sein Foto hat dabei;

6

dromm sait er jetzt zor Polizei:

"Hör uff mit deiner Schreiberei,

guck her i hann mein Foto do,

mit dem stohscht so vor älle no

ond ziagst des Hebele do ruff,

no hoscht uff oim Bild älle druff!"

Dr Büttel tuat glei wia mr sait,

denn s'schreibe macht ehm gar koi Freud'.

Se hocket älle folgsam no

ond gucket brav anander a,

damit des Bild a nette Seit

em Verbrecheralbum geit.

Dr Büttel ziagt am Hebel sacht -

"So Schutzma, des hoscht prima g'macht",

moint do dr Gustav ond macht druff

am Apparat de Deckel uff.

A Gläsle, schwarz ond ohne Rand,

druckt er em Polizischt en d'Hand.

"Pass no guat uff ond mach's net hee,

denn s'Bildle wird bestimmt recht schö,

ond jetzt gang hoim ond tua guat schlofe,

wenn's Bild hoscht kascht ons älle strofe!"

Walter Mezger

7

Inhaltsverzeichnis

Vorwort 10

Grußwort 11

1. Biergeschichte 14

2. Stuttgart im 17. Jahrhundert 22

2.1 Exkurs: Wirtshausnamen 24

3. Vaihingen a.d.F. Ende des 19. Jahrhunderts 26

3.1 Feldbau - Weinanbau - Viehzucht - 27

Obstzucht - Steinbrüche

3.2 Vom Bauerndorf zur Industriegemeinde 31

4. Wirtschaften und Brauereien in Vaihingen a.d.F. 36

im 19. Jahrhundert

4.1 Exkurs: Schild- und andere Wirtschaften 37

4.2 Um 1600 drei Wirtschaften 37

4.3 1835 fünf Schildwirtschaften 38

4.4 Wein-, Branntwein- u. Obstmostschenken 42

4.5 Bierschenken 43

5. Familie Widmaier 45

5.1 Gasthaus zum Rössle Magstadt 47

5.2 1846-1912 Brauerei Widmaier Möhringen a.d.F. 48

8

5.3 1876-1918 Vaihinger Adler-Bräu A. Widmaier 51

Vaihingen a.d.F.

6. Betreiber der Wirtschaft und Bierbrauerei Zum Adler 54

6.1 Lage 54

6.2 Um 1700 Michael Lutz 55

6.3 1835-1855 Jakob Beutter 55

6.4 1855-1866 Gottlob Friedrich Sauer 56

6.5 1866-1873 Johann Friedrich Emhardt 56

6.6 1873-1875 Adolf Hörz 57

6.7 1875 Christian Schmidbleicher 58

6.8 1876-1918 Adolf Ferdinand Widmaier 58

7. 1876-1918 Entwicklung der Brauerei 60

7.1 1879 Neubau einer Mälzerei 70

7.2 1885 Anlage von Eisseen und Becherwerk 72

am unteren See

7.3 1892 Zusätzliche Wasserversorgung 79

7.4 1900 Erteilung eines Patentes 80

7.5 Um 1905 Pferdebierwagen weichen 82

motorisierten Biertransportwagen

7.6 1910 Umwandlung der Brauerei in eine OHG 86

9

7.7 1914 Erster Weltkrieg und seine Folgen 86

8. Weitere Unternehmensaktivitäten nach 1918 89

8.1 1919 O.H.G. A. Widmaier Strohseilfabrik 89

8.2 1921-1925 O.H.G. Gustav und Adolf Widmaier, 89

Süßmostkelterei

8.3 Fruchtsaftkelterei G. Widmaier 93

8.4 1930 Fruchtsaft-Gesellschaft m.b.H. 94

Anhang 95

Beschreibung des Sees auf Parzelle 950-995 96

des Adolf Widmaier, Brauereibesitzer hier,

aufgestellt Vaihingen a. F. 15. Oktober 1900

Patente und Gebrauchsmuster der Familie Widmaier 99

Entwicklung der Unternehmensmarke 108

Abbildungsverzeichnis 114

Quellen- und Literaturverzeichnis 122

10

Vorwort

Im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts erlebte Vaihingen

auf den Fildern einen enormen wirtschaftlichen Auf-

schwung und entwickelte sich zu einer der bedeutendsten

Gemeinden der Region.

Einen erheblichen Anteil daran hatten die großen Bier-

brauereien von Adolf Ferdinand Widmaier und Kommer-

zienrat Robert Leicht. Ebenso die Trikotagenfabrik von

Kommerzienrat Robert Vollmoeller, das Schamottewerk

Ruppmann und der Kohlehandel Johann Friedrich Scharr,

um nur einige zu nennen.

Dieses Buch nimmt die erste Großbrauerei Vaihinger Ad-

lerbrauerei A. Widmaier in den Blick, die von Adolf Ferdi-

nand Widmaier im Jahre 1876 mit der Übernahme der

Wirtschaft und Bierbrauerei Zum Adler gegründet und

1918 wieder stillgelegt wurde. Sie war über zwei Genera-

tionen in Familienhand und hatte eine knapp über

40jährige Geschichte. Trotz der Kürze war sie entschei-

dend für die Entwicklung und die Bedeutung Vaihingens.

Wir geben Einblicke, die sich uns aus den wenigen vor-

handenen Quellen erschließen. Mein persönlicher Dank

gilt Gerhard Widmaier, der diese Darstellung mit seinem

Wissen und umfangreichen Bild- und Dokumentenmate-

rial erst möglich gemacht hat.

Folkmar Schiek im Mai 2017

11

Grußwort

Als Nachfahre von Adolf Ferdinand Widmaier bin ich sehr

glücklich, dass unsere Familiengeschichte, die in Vaihin-

gen vor 141 Jahren begann, von Folkmar Schiek, unserem

Vorsitzenden im ortshistorischen Verein, umfassend ge-

schrieben wurde.

Adolf Ferdinand, mein Ur-Großvater, gründete 1876 die

erste Großbrauerei in Vaihingen und mein Großvater Gus-

tav Widmaier in der Folge die heute noch exklusive

Fruchtsaftmarke Vaihinger Fruchtsäfte. Beide Unterneh-

men hatten ihren Sitz an der Vaihinger Hauptstraße. Un-

sere Enkelkinder sind bereits die 6. Generation hier in

Vaihingen.

Mit diesen Unternehmen, die in kürzester Zeit von klei-

nen Betrieben zu den bedeutendsten Arbeitgebern und

Lieferanten für die Biermarke Adler-Bräu und Vaihinger

Fruchtsäfte wurden, hat sich die Familie Widmaier um

Vaihingen verdient gemacht. Zu dieser Zeit begann im

armen Bauerndorf Vaihingen a.d.F. die Industriealisie-

rung.

Alle ehemaligen Gebäude, inklusive der Gebäude der

Brauerei Robert Leicht, wurden im Jahre 2002 abgerissen.

Auf diesem Gelände stehen heute die SchwabenGalerie

mit dem angeschlossenen arcona MO.HOTEL, das Paritä-

tische Mehrgenerationenzentrum (PMGZ), das Schulungs-

12

zentrum Mercedes-Benz Global Training, sowie Ge-

schäfts- und Wohnhäuser.

Die vorliegende Veröffentlichung bietet Einblicke in eine

sehr bewegte Familien- und Firmengeschichte, die durch

die Weltkriege böse Folgen auf Familie und Unternehmen

hatte. Fast alle Dokumente, Gläser, Krüge, Schilder usw.

wie auch das Wohnhaus der Familie Gustav Widmaier

sind dem Bombenhagel zum Opfer gefallen.

Heute leben noch 3 Generationen Nachfahren von Adolf

Ferdinand Widmaier, die aber alle anderen Berufen nach-

gehen und nicht mehr in der Bierbrauerei und Frucht-

saftherstellung verwurzelt sind - wir genießen jedoch bei-

des nach wie vor sehr gerne.

Durch innerörtliche Umgestaltung konnte ich erwirken,

dass im Jahr 2011 auf unserem alten Gelände der Adolf-

Ferdinand-Widmaier-Weg entstand. Unser ehemaliger

Widmaier-Eissee, heute Feuersee, hat die Zeit ebenfalls

überlebt und der Erinnerungsort Schwaben Bräu im Bür-

gerforum erzählt die Brauereigeschichte Widmaier in

Wort und Bild. Selbst einige wenige Original-

Ausstellungsstücke werden dort gezeigt.

Die Familie Widmaier hat in Vaihingen Tradition - seit

1881 befindet sich das Widmaiersche Familiengrab auf

dem Alten Friedhof Vaihingen und wird auch weiterhin

die letzte Ruhestätte der Familie bleiben.

13

Ich danke meinen Vorfahren für ihre Schaffenskraft und

Werke und wünsche meiner wunderbaren Familie das Al-

lerbeste.

Gerhard Widmaier Im Mai 2017

14

1. Biergeschichte

Wo und wann Bier zum ersten Mal hergestellt wurde,

darüber gibt es in der wissenschaftlichen Forschung wi-

dersprüchliche Erkenntnisse.

"Unstrittig ist, daß sowohl die Sumerer und Ägypter,

als auch die Hochkulturen im Yangtze-Tal (im heutigen

China) Bier oder zumindest bierähnliche Getränke zu-

bereiteten. Unabdingbare Voraussetzung für die Bier-

herstellung waren Seßhaftigkeit und das Wissen um

die Technik des Getreideanbaus."1

Diese Voraussetzungen scheinen in einigen Regionen der

Erde um 7000 v. Chr. gegeben gewesen zu sein. Sumerer

und Babylonier stellten bis zu 20 Sorten Bier her.

Im Codex Hammurapi,2 einer babylonischen Sammlung

von Rechtssprüchen aus dem 18. Jahrhundert v. Chr., den

man König Hammurapi, dem sechsten König der 1. Dynas-

tie von Babylon zuschreibt, findet sich

"eine Verordnung zum Bierausschank und der Bierqua-

lität - wenn man so will, das älteste Reinheitsgebot der

Welt. Ägyptische Hyroglyphen beschreiben das damals

übliche Herstellungsverfahren unter Verwendung von

1 Matthias TRUM, Historische Darstellungen, Zunftzeichen und Symbole des Brauer- und Mälzerhandwerks, Diplomarbeit des Studienganges Brauwesen mit Abschluß Diplombraumeister, Technische Universität München, Lehrstuhl für Technologie der Brauerei I, Freising 21.12.2002, S. 3. 2 CODEX Hammurapi, § 108-111, s. deutsche Übersetzung, http://www.koeblergerhard.de/Fontes/CodexHammurapi_de.htm (abgerufen am 26.4.2017).

15

Bierbroten, die dann vermutlich über spontane Gärung

- die Hefe kam aus der Luft - zu Bier vergoren wur-

den." 3

3 Matthias TRUM, Historische Darstellungen (s. Anm. 1), S. 3.

Abb. 1: Stele mit dem Codex Hammurapi (Ausschnitt/Vorderseite) Louvre, Paris

16

Bei den Griechen und Römern finden sich Spuren des

Biergenusses durch die Gerichtsschreiber Plinius und He-

rodot und "Tacitus berichtet von einem bierartigen Ge-

tränk bei den Germanen in seiner 'De origine et situ Ger-

manorum', die am Ende des ersten nachchristlichen Jahr-

hunderts entstand."

Im Römischen Reich lange unbedeutend, wurde die Bier-

kultur im 6. Jahrhundert durch Nonnen und Mönche der

christlichen Klöster gepflegt, immer weiter verfeinert und

von Kaufleute ab dem 10. Jahrhundert in die ganze dama-

lige Welt hinausgetragen.4

Dieses bierähnliche Getränk damaliger Zeit ist jedoch

nicht mit dem zu vergleichen, was wir heute unter unse-

rem Kulturgetränk Bier verstehen.

"Das Mittelalter war brautechnisch schon näher an

unserem heutigen Gerstensaft. Im Nürnberger Sat-

zungsbuch des 14. Jahrhunderts wurde angeordnet,

daß Man schol auch kein ander chorn preuwen denne

gersten alein, weder haber noch chorn noch dinkel

noch waitze."5

Die wohl ältesten deutschen handwerklichen Darstellun-

gen stammen aus den Hausbüchern der Zwölfbrüderstif-

tungen von Konrad Mendel und Matthäus Landauer

(1451-1515), auch Mendelsche Hausbücher und Landau-

ersche Hausbücher genannt, zwei Sozialstiftungen des

späten Mittelalters.

4 Matthias TRUM, Historische Darstellungen (s. Anm. 1), S. 4 f. 5 Matthias TRUM, Historische Darstellungen (s. Anm. 1), S. 8.

17

"Der vermögende Handelsmann Konrad Mendel hatte

1388 ein Altenheim zur Wohnstätte und Verpflegung

für jeweils zwölf bedürftige, alte Nürnberger Hand-

werker erbauen [...] lassen. Seit etwa 1425/26 wurde

jeder 'Mendelbruder' mit einem ganzseitigen Bildnis

im Mendelschen Hausbuch porträtiert."6

Im frühen 16. Jahrhundert gründete Matthäus Landauer

ein zweites Nürnberger Zwölfbrüderhaus nach dem Vor-

bild von Mendel und begann 1511 mit seinem Hausbuch.

6 Die Hausbücher der Nürnberger Zwölfbrüderstiftungen http://nuernberger-hausbuecher.de/index.php?do=page&mo=2 (abgerufen am 27.4.2017).

Abb. 2: herttel (Hertel) pyrprew (Bierbrauer) Amb. 317.2° Folio 20 verso

(Mendel I), um 1425

18

Die lavierte Federzeichnung mit dem Motiv des Bierbrau-

ers Hertel, zeigt ihn in der Bierbrauerwerkstatt an der

Feuerstelle mit aufliegendem Sudkessel. Über ihm eine

Aushängestange mit Schankzeichen.7

Der Text unter der Stange mit dem daran hängenden He-

xagramm lautet: "Der xlvi Bruder der do starb hieß herttel

pyrprew."

"Der Bierbrauer rührt mit einem langen Stab in der auf

einer gemauerten Feuerstelle eingelassenen Brau-

pfanne. Am Boden stehen zwei Zuber mit den Brauzu-

taten. Über dem Braumeister hängt an einem Ausle-

gearm ein Hexagramm, der Brauerstern, der wohl als

Schutzzeichen zu verstehen ist."8

Dies ist eine der wohl ältesten Bierbrauerdarstellungen,

der in den beiden Mendelschen Hausbüchern weitere

Bier-Abbildungen folgen und "es fällt auf, daß alle Bier-

handwerker mit Kessel immer auch ein Symbol an einer

Stange über sich haben. Gleichzeitig sind alle Braukessel

mit Ringen versehen, vermutlich um transportabel zu

sein."9

Die meisten Schankzeichen sind verschwunden. Das He-

xagramm aber, der Bier- oder Braustern Süddeutschlands,

wird heute noch in Gastwirtschaftssymbolen gezeigt, so

z. B. im Gasthaus zum Sünfzen in Lindau am Bodensee.

7 Die Hausbücher (s. Anm. 6), Ikonographie zur Zeichnung. 8 Die Hausbücher (s. Anm. 6), Beschreibung der Zeichnung. 9 Matthias TRUM, Historische Darstellungen (s. Anm. 1), S. 23 f.

19

Die einzigen Nachweise des Brauersterns, die uns aus der

Vaihinger Adlerbrauerei A. Widmaier erhalten sind, se-

hen wir auf 10er und 100er Biermarken der Brauerei.

Die Entwicklungen des Hexagramm als Davidschild und

Brauerstern, also als jüdisches Zeichen (erstmalig ca.

Abb. 3: Aushänger Gasthaus zum Sünfzen, Lindau am Bodensee

20

1350) und Brauerstern (vermutlich erstmalig 1425 in

Nürnberg), sind unabhängig voneinander.10

Entgegen dieser Meinung ist es aus anderer Sicht fraglich,

ob der Brauerstern tatsächlich aus dem Hexagramm ent-

standen ist. "Einiges deutet darauf hin, daß es sich bei

dem Brauerstern möglicherweise um ein Schutzzeichen

handelte, das sich im Verlauf der Zeitgeschichte als gene-

relles Biersymbol in Süddeutschland etabliert hat."

Ein möglicher Zusammenhang könnte hinsichtlich seiner

Funktion als Schutzzeichen hergestellt werden. Bei den

Bierbrauern als "Abwehr von dämonischen Einflüssen und

Feuer" einerseits und für das "jüdische Volk der militäri-

sche Schild, der Davidschild [...]."11

10 Peter FREIMARK, Davidschild und Brauerstern, Zur Synonomie eines Symbols, in: Jahrbuch der Gesellschaft für die Geschichte und Bibliographie des Brauwesens 1990. 11 Matthias TRUM, Historische Darstellungen (s. Anm. 1), S. 47 f.