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ZAHNÄRZTE BLATT der Kassenzahnärztlichen Vereinigung und der Zahnärztekammer Schleswig-Holstein DIGITALE ZAHNMEDIZIN 10 2019

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ZAHNÄRZTEBLATTder Kassenzahnärztlichen Vereinigung und der Zahnärztekammer Schleswig-Holstein

DIGITALE Z AHNMEDIZIN

10 2019

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S C H L E S W I G - H O L S T E I NZAHNÄRZTEBLATT

Herausgeber: Kassenzahnärztliche Vereinigung und Zahnärztekammer Schleswig-Holstein

Redaktion:

Zahnärztekammer: Dr. Claudia Stange (verantw.) Michael Fischer www.zaek-sh.de Kassenzahnärztliche Vereinigung: Peter Oleownik (verantw.) Kirsten Behrendt www.kzv-sh.de

verantwortlich für diese Ausgabe:

Dr. Claudia Stange

Verlag:

Zahnärztekammer Schleswig-HolsteinWestring 496 · 24106 KielTel. 0431 260926-30 Fax 0431 260926-15E-Mail: [email protected] www.zaek-sh.de

Design / Layout:

Stamp Media GmbH · Kiel Agentur für Kommunikation & Design

Druck:

Schmidt & Klaunig · Kiel Druckerei & Verlag seit 1869

Bildnachweise:

S. 3: Jörg Wohlfromm S. 4: proDente e.V./Johann Peter Kierzkowski S. 7: proDente e.V. S. 8: Jörg Wohlfromm S. 10: Fotos und Gestaltung: Christoph Jochims S. 14: Fortbildung LAJ Jugendzahnpflege S. 16: marcel/stock.adobe.com S. 17: Francesco Scatena/stock.adobe.com S. 19: JFL Photography/stock.adobe.com S. 20/21: Nataly-Nete/stock.adobe.com (Flugzeug) S. 20: Studio_East/stock.adobe.com S. 21: Atlantis/stock.adobe.com

Namentlich gezeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Heraus- geber oder der Redaktion wieder. Das Zahnärzteblatt Schleswig-Holstein erscheint 11-mal jährlich; darunter eine Doppelausgabe; Auflage 3.750; Preis d. Einzelhefts: 4 EUR; der Bezugspreis ist in den Körperschafts- beiträgen enthalten.

Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier.

INHALT

EDITORIAL 3

ALIGNER ALS GESCHÄFTSMODELL 4

KURZNACHRICHTEN AUS DEM VORSTAND 6

69. JAHRESTAGUNG DER SHGZMK 6

Z A H N G E S U N D H E I T V O N J U G E N D L I C H E N 7VIDEOSPIELER OFT MIT MEHR KARIES

I N T E R V I E W D R . A N K E Z E I N E C K E R 8„ECHTE WERTSCHÄTZUNG IST WICHTIG!“

KREISARBEITSGEMEINSCHAFTEN SCHULTEN IHRE STIMMEN 9

Z A H N Ä R Z T L I C H E R K I N D E R P A S S 10 AKTUALISIERTE INHALTE UND OPTISCHER FACELIFT

B E R U F S M E S S E N 12ZFA – EIN ATTRAKTIVES BERUFSBILD

M I T T E I L U N G E N

ZAHNARZT VS. JAMEDA AUF KLAGEABWEISUNG FOLGT BERUFUNG 14

FORTBILDUNG IM HEINRICH-HAMMER-INSTITUT 14

N A T I O N A L E R A K T I O N S P L A N D E R B U N D E S R E G I E R U N G 16EINSATZ VON DENTALAMALGAM SOLL SCHRITTWEISE VERRINGERT WERDEN

D B B B Ü R G E R B E F R A G U N G 2 0 1 9 19FAST ZWEI DRITTEL DER DEUTSCHEN HALTEN STAAT FÜR ÜBERFORDERT

L A N D E S S O Z I A L G E R I C H T N I E D E R S A C H S E N - B R E M E N 20ZE-VERSORGUNG IM AUSLAND MUSS VORAB GENEHMIGT WERDEN

„ Z A H N A R Z T - T O U R I S M U S “ 21DEUTSCHE GEHEN FÜR VERSORGUNG MIT ZAHNERSATZ NUR SELTEN INS AUSLAND

O K T O B E R 1 9 9 4 21VOR 25 JAHREN IM ZAHNÄRZTEBLATT

O S T S E E - S Y M P O S I U M D E S F R E I E N V E R B A N D E S I N K I E L 22DIGITAL GEHT ALLES BESSER?

S O M M E R A K A D E M I E D E S U L D 24VERBRAUCHER IM INTERNET: „ERNST NEHMEN STATT AUSTRICKSEN“

VV-VORSITZENDENTREFFEN IN ROSTOCK/WARNEMÜNDE 27

ZÄPP: IHRE UNTERSTÜTZUNG IST GEFRAGT 27

2 0 . I N S T I T U T S T A G 28EROSION UND ABRASION: ÄTIOLOGIE UND THERAPIEMÖGLICHKEITEN

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S C H L E S W I G - H O L S T E I NZAHNÄRZTEBLATT

Liebe Leserinnen und Leser,

„Wege entstehen dadurch, dass man sie geht“ hat der große Schriftstel-ler Franz Kafka einmal geschrieben. Diese Einsicht ist ebenso tief, wie manchmal schwer umzusetzen. Für neue Wege braucht es Mut und die Aussicht darauf, ein Etappenziel er-reichen zu können. Das gilt im Priva-ten genauso wie im Beruflichen. Weil wir – und jetzt kommt die Überleitung zu unserem Berufsstand – überzeugt sind, dass wir neue Wege gehen müssen, um Fachpersonal für unsere Praxen zu bekommen, bieten wir am 30. November 2019 erstmals einen Kurs für WiedereinsteigerInnen in den Beruf der zahnmedizinischen Fachangestellten im Heinrich-Ham-mer-Institut an. Ab 9 Uhr geht es um Fragen wie: Welche Neuerungen gab es in den letzten Jahren? Wo kann der Röntgenschein aufgefrischt wer-den? Oder: Wo können Praktika in Zahnarztpraxen gemacht werden? Ehemalige Zahnarzthelferinnen oder Zahnmedizinische Fachangestellte erhalten im Kurs außerdem einen kompakten Überblick über neue Be-handlungstechniken und Abrech-nungspositionen, über Behandlungs-konzepte und Hygienevorgaben. Darüber hinaus soll der Kurs ein Kick-off für den Aufbau eines Netzwerks für WiedereinsteigerInnen sein, in dem sich die „Ehemaligen“ unter-einander austauschen können – und motiviert werden, um einen Wieder-einstieg zu wagen.

In den letzten Wochen haben wir für den Kurs und das geplante Netzwerk die Werbetrommel gerührt. Unse-re Erfahrungen dabei zeigen: Es ist alles andere als leicht, unsere Ziel-gruppe zu erreichen und zu motivie-ren. Das hat sicher mehrere Gründe. Einer davon ist, dass wir nicht die Einzigen sind, die sich um gute Leu-te bemühen. Dennoch: Sowohl der Kurs als auch das anvisierte Netzwerk sind zwei Maßnahmen, mit denen wir neue Wege gehen, um Fachpersonal für unsere Praxen zu akquirieren. Die-se Möglichkeit nicht zu nutzen, wäre fahrlässig. Daher mein Apell an Sie: Weisen Sie, wo immer Sie es für ziel-führend erachten, auf den Kurs hin. Sie finden ihn in unserem gedruckten Fortbildungsprogramm und online unter zahnaerzte-sh.de/fortbildung/heinrich-hammer-institut/. Dann er-höhen wir unsere Chancen, dass die-ser Weg zum Erfolg führt!

Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre unseres Zahnärzteblattes,

herzlich Ihr

// Dr. Gunnar Schoepke Vorstand Praxispersonal

der Zahnärztekammer Schleswig-Holstein

NEUE WEGE FÜR MEHR FACHPERSONAL IN UNSEREN PRAXEN

E D I T O R I A L

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ALIGNER ALS GESCHÄFTSMODELL

Zahnärzte in Schleswig-Holstein ha-ben sie ebenso ins Visier genommen wie Zahnarztpraxen im gesamten Bundesgebiet: gewerbliche Anbieter von Zahnschienen (Alignern). Insbe-sondere ein Anbieter hat sein Wer-ben im nördlichsten Bundesland zu-letzt offenbar verstärkt. Das spiegeln Hinweise aus der Zahnärzteschaft.

Was die gewerblichen Anbieter von Alignern suchen sind Zahnärzte, de-nen sie Patienten für eine Erstbera-tung und die Durchführung eines In-traoralscans zuweisen können. Dafür sollen sie eine Vergütung erhalten, sowie ein weiteres Honorar, wenn der Zahnarzt den vom Unternehmen er-stellten Behandlungsplan freigibt. Die nachfolgende Betreuung – also die Kon-trolle von Zwischenschritten sowie den anschließenden Verlauf der Be-handlung – erfolge entweder über die mit dem Unternehmen assoziierte Praxis oder, bei einem Anbieter, al-lein durch den Patienten mittels einer App. Die Basis des Geschäftsmodells aller dieser Start-ups ist ein zeitloses Schönheitsideal: gerade, gesunde Zähne. Viele Menschen wollen daher nachhelfen, wenn ihr eigenes Gebiss

nicht ihren ästhetischen Vorstellun-gen genügt. In den meisten Fällen ist die Lösung eine Zahnspange. Doch wem die Brackets zu auffällig sind oder wen es stört, die Zahnspange bei jedem Essen herausnehmen zu müs-sen, für den gibt es eine Alternative: die durchsichtige Zahnschiene (Alig-ner). Erstmals patentieren lassen hat sich einen Aligner das US-amerikani-schen Unternehmen Align Technolo-gy, das 1997 die erste durchsichtige Zahnschiene namens „Invisalign“ auf den Markt brachte. Die Firma produ-ziert neben diesen „Clear Alignern“ auch 3D-Scanner. Seit das Patent auf den Ursprungsaligner jedoch im Jah-re 2017 auslief, hat der Markt darauf reagiert: Start-ups wie DrSmile, Plus-Dental (vormals SunshineSmile) oder SmileMeUp verkaufen mittlerweile Clear Aligner auf ihren Online-Porta-len. Und da die gesetzlichen Kranken-kassen die Kosten im Regelfall nicht übernehmen, wiegt das Preisargu-ment bei vielen schwer. Allerdings ist die Leistungsstärke dieser Online-An-gebote begrenzt – schwerwiegendere Probleme wie zum Beispiel Fehlbisse können sie nicht beheben. Mit diesen Alignern sollen ausschließlich ästheti-sche Wünsche erfüllt werden.

Anders als bei dem Original Invisalign zahlen Kunden der deutschen Start-ups meist weniger als 3.000 Euro für den Aligner. PlusDental – an dem Investoren wie Lakestar und Holtzbrinck Ventures beteiligt sein sollen – bietet zurzeit Be-handlungen zum Preis von 1.690 Euro bis 2.690 Euro an, DrSmiles Angebo-te sollen in der Regel zwischen 1.790 Euro und 2.990 Euro liegen, bei Smile-MeUp gibt es einen Standard-Preis von 1.799 Euro zuzüglich des Abdrucksets in Höhe von 19,99 Euro. Verschickten die Start-ups anfangs lediglich ein Set per Post, mit dem der Patient den Zahn-abdruck selbst vornehmen konnte,

haben PlusDental und DrSmiles ihre Geschäftsmodelle vor Kurzem umge-stellt bzw. erweitert. Während bei Sun-shineSmile anfangs Beratungstermine nur in Berlin möglich waren, bietet die neue Marke der SunshineSmile GmbH, PlusDental, in 30 Städten die Möglich-keit zur Untersuchung in einer assozi-ierten Praxis an. Bei DrSmiles sind es derzeit 19 Städte mit Partnerpraxen. In Schleswig-Holstein bietet bisher keines der beiden Unternehmen Vor-Ort-Un-tersuchungen bzw. -Beratungen an. Auch das dritte Start-up, SmileMeUp, wirbt auf seiner Website noch um Zahnarztpraxen.

PlusDental erläutert sein Geschäfts-modell auf der eigenen Website: „Bei Preisen von 5.000 bis 8.000 Euro wa-ren der medizinische Nutzen und die ästhetischen Vorteile von Zahnschie-nenbehandlungen bis vor wenigen Jahren nur einer kleinen Zahl von Pa-tienten vorbehalten. Wir haben Plus-Dental gegründet, um den Zugang zu dieser Behandlung zu demokratisie-ren.“ Es gebe keine versteckten Kos-ten und eine kurze Behandlungsdauer von zwischen vier bis neun Monaten. Bei DrSmile heißt es: „Wir definieren die Zukunft der Zahnmedizin – für Dein schönstes Lächeln!“

Die Abläufe bei PlusDental und DrSmiles sind für den Patienten ähn-lich: Während eines Beratungstermins erstellen approbierte Zahnärzte oder Kieferorthopäden einen intraoralen 3D-Scan sowie Fotos der Zähne und beraten den Patienten. Auf Basis des Scans und der Dentalfotografie ent-wickelt dann das Unternehmen einen individuellen Behandlungsplan. Bei PlusDental werden die Zahnbewe-gungen sowie das Behandlungser-gebnis anhand einer 3D-Darstellung simuliert. Entscheidet sich der Patient für die Behandlung, erfolgt die Pro-

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duktion von Zahnschienen in einem eigenen Labor. Der Kunde erhält die Schienen dann per Post und eine App erinnert ihn an den rechtzeitigen Wechsel. Bei PlusDental sollen die as-soziierten Zahnärzte und Kieferortho-päden in regelmäßigen Abständen den Behandlungsfortschritt kontrol-lieren. Bei DrSmiles muss wöchentlich ein Bild in die DrSmiles-App hochge-laden werden und es gibt einen Ab-schlusstermin.

Die Bundeszahnärztekammer weist in einem Positionspapier auf die Gren-zen der Selbstbehandlung hin – ins-besondere in der Kieferorthopädie: https://www.bzaek.de/fi leadmin/PDFs/b/Grenzen__Selbstbehandlung_ KFO.pdf. Dr. Michael Brandt, Präsi-dent der Zahnärztekammer Schles-wig-Holstein, schließt sich den Aus- sagen an: „Bei der kieferorthopädi-schen Bewegung von Zähnen oder Zahngruppen wirken bisweilen starke

Kräfte dauerhaft auf die Zähne und den Zahnhalteapparat ein, die einer kontinuierlichen Kontrolle seitens des Zahnarztes bedürfen. Eine unkont-rollierte Therapie ohne ärztliche Be-gleitung von Zahnfehlstellungen mit Alignern ist vom Zahnheilkundege-setz nicht gedeckt und somit fehler-haft und risikobehaftet; dies gilt ins-besondere bei Erwachsenen wegen des mit zunehmendem Lebensalter steigenden Risikos von Erkrankun-gen des Zahnhalteapparates.“ Zahn-ärztin Dagmar Frank, in einer Kieler Gemeinschaftpraxis niedergelassen, verweist in diesem Zusammenhang auf den begrenzten Anwendungs-bereich: „Für kleinere Fehlstellun-gen sind Aligner eine insbesondere ästhetisch clevere Alternative. Wenn wir sie in solchen Fällen empfehlen, steht zu Beginn eine persönliche Beratung und das Anfertigen eines Modells. Während der Behandlung stehen wir unserem Patienten immer

zur Verfügung.“ Auch die Deutsche Gesellschaft für Aligner Orthodon-tie lehnt die Geschäftsmodelle ohne persönliche Betreuung durch den Zahnarzt strikt ab: „Die entscheiden-den Gründe hierfür sind: Beratung, Diagnosestellung und Therapiepla-nung sind Voraussetzung für eine kieferorthopädische Behandlung lege artis und Kernaufgabe des Be-handlers. Der Gesetzgeber hat die Verantwortung hierfür ausschließ-lich approbierten Zahnärzten über-tragen, die im Einzelfall entschei-den, ob Teilaufgaben eventuell von zahnärztlichem Fachpersonal unter Aufsicht übernommen werden. Alles davon Abweichende ist eine verbo-tene Ausübung der Zahnheilkunde zu gewerblichen Zwecken“, heißt es in einer offiziellen Stellungnahme der Gesellschaft.

// Michael Fischer

RECHTLICHE UND BERUFSPOLITISCHE WERTUNG

Nach Auffassung der Zahnärztekammer Schleswig-Hol-stein bewegen sich gewerbliche Anbieter von Alignern mit einer Anweisung zur Selbstbehandlung in einer recht-lichen Grauzone. Die Bundeszahnärztekammer fordert, derartige Geschäftsmodelle mit Selbstbehandlung (z. B. Alignern) nicht zu unterstützen: „Behandlungen in Berei-chen der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde liegen ge-mäß Zahnheilkundegesetz zum Schutz der Patienten und der Versorgungsqualität allein in der Verantwortung der Zahnärzte und Kieferorthopäden und dürfen nicht zum Spielfeld gewerblicher Anbieter werden.“ Zum Schutz der Patienten unterfallen die Diagnose, die patientenindivi-duelle Planung und Therapie dem zahnärztlichen Appro-bationsvorbehalt gemäß ZHG und gehören damit zwin-gend in die Hand des Zahnarztes. Gewerbliche Anbieter könnten die durch das ZHG gezogene Grenze überschrei-ten und sich gegebenenfalls strafbar machen. Weiterhin könnte die Werbung des Unternehmens eine Werbung für Fernbehandlungen darstellen. Eine solche wäre nach dem Heilmittelwerbegesetz unzulässig.

Aus zahnärztlicher Sicht könnten bei einer Kooperation mit einem solchen gewerblichen Anbieter folgende As-pekte eine Rolle spielen:

• Zahnärzte, die mit gewerblichen Anbietern kooperie-ren, verhalten sich möglicherweise berufswidrig, da hier der Tatbestand der Patientenzuweisung gegen Entgelt erfüllt sein könnte. Das Entgelt könnte in der Unterschreitung der an sich für die Leistung anfallen-den GOZ-Gebühren gesehen werden.

• Die GOZ bestimmt, dass sich die Vergütungen der beruflichen Leistungen der Zahnärzte grundsätzlich nach der GOZ zu richten haben. In der oben beschrie-benen Kooperation mit einem gewerblichen Anbie-ter würde sich der Zahnarzt seine Leistung jedoch pauschal und ohne Berücksichtigung der GOZ ver-güten lassen. Dies könnte einen Verstoß gegen die Vorschrift in der Berufsordnung darstellen, wonach der Zahnarzt verpflichtet ist, sich über die für die Be-rufsausübung geltenden Vorschriften zu informieren, wozu auch die Regelungen der GOZ gehören.

• Ferner könnte eine Verletzung der Regelung in der Be-rufsordnung vorliegen, wonach die Honorarforderung angemessen sein muss, was aufgrund der fehlenden Be-achtung der Vorschriften der GOZ nicht der Fall wäre.

• Weiterhin könnte auf berufsrechtlicher Seite eine Verletzung des Kollegialitätsgebots sowie der Pflicht zur gewissenhaften Berufsausübung zu prüfen sein.

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69. JAHRESTAGUNG DER SHGZMK

Das Titelbild vom Zahnärzteblatt weist darauf hin: Am 26. Oktober 2019 findet im Audimax der Kieler Christian-Albrechts-Universität die 69. Jahrestagung der Schleswig-Hol-

steinischen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde statt. Erneut in der erfolgreichen Kombi-nation mit dem ZFA-Samstag für die Zahnmedizinische Fachassistenz. Das

Motto: Digitale Zahnmedizin – Mög-lichkeiten und Grenzen. Weitere In-formationen unter www.shgzmk.de und unter www.zfa-samstag.de.

K U R Z N A C H R I C H T E N

KURZNACHRICHTENAUS DEM VORSTAND

Q U A L I TÄT S M A N A G E M E N T

Am 25. Mai 2020 tritt eine neue EU- Medizinprodukteverordnung (Medi- cal Device Regulation – MDR) in Kraft. Die MDR hat wichtige Auswirkungen auf die Hersteller von Medizinproduk-ten. Damit sind auch die Zahnarztla-boratorien als Hersteller sogenannter „Sonderanfertigungen“ betroffen. Der Ausschuss Hygiene und Praxisführung hat sich auf seiner Sitzung am 17./18. September 2019 mit diesem Thema beschäftigt. Leider ist noch keine ab-schließende Bewertung der Forderun-gen möglich, da die Antworten aus dem BMG zu diesem Thema teilweise widersprüchlich sind. Die Verpflich-tung zum Aufbau eines Qualitäts-managementsystems auch für Son-deranfertiger scheint sicher zu sein. Ungeklärt ist beispielsweise, wie die Umsetzung der Forderung nach der klinischen Bewertung der im Zahnarzt-labor hergestellten Medizinprodukte sowie die nachgeschaltete „Post-Mar-ket Surveillance“ aussehen soll.

Die Arbeitsgemeinschaft Röntgeno-logie in der DGZMK (ARö) beschäftig-te sich auf seiner Sitzung am 20./21. September 2019 in Erfurt auch mit der Weitergabe von Röntgenbildern unter Berücksichtigung des neuen Strahlenschutzgesetzes sowie der Datenschutzgrundverordnung, des Patientenrechtegesetzes und der Be-rufsordnung. Eine Handlungsanwei-sung zu diesem Thema wird in Kürze

über das ZQMS-Portal zur Verfügung stehen. Wichtigste Aussage: Da im Strahlenschutzgesetz eine Verpflich-tung zur Weitergabe von Röntgenbil-dern an einen weiter behandelnden Zahnarzt vorgeschrieben ist, bedarf es keiner Einwilligung des Patienten.

P R A X I S P E R S O N A L

Der Ausschuss Praxispersonal tag-te am 17.September 2019. Er beriet unter anderem über Erkenntnisse der schriftlichen und insbesondere der praktischen Prüfung. Die Evaluation der landesweit nun mit einheitlichen Vorgaben durchgeführten prakti-schen Prüfung zur ZFA brachte über-wiegend positive Bewertungen. Der Ausschuss schließt sich der Meinung der Arbeitsgruppe an, die Prüfungen weiter mit diesen Vorgaben durch-führen zu lassen. Auf der nächsten Sitzung des Berufsbildungsausschus-ses im November soll ein entspre-chender Beschluss gefasst werden.

Die Planung für den Fortbildungskurs „Wiedereinsteiger“ steht. Für einen kleinen Beitrag von Euro 25,- sollen ZFA und Zahnarzthelferinnen, die schon lange nicht mehr in einer Praxis tätig sind, über Neuerungen in ihrem Beruf informiert werden. Dies soll sie dazu ermutigen, einen Wiederein-stieg zu wagen. Der Kurs findet statt am 30. November 2019 im HHI. Er wird auch über die Kreisvereine de-zentral beworben.

P R Ä V E N T I O N

Die Neuauflage des schleswig-hol-steinischen zahnärztlichen Kinderpas-ses liegt druckfrisch vor (siehe hierzu auch der Artikel auf den Seiten 10/11). 30.000 Exemplare waren es zuletzt, für den aktualisierten und neu gestal-teten Pass wurden 50.000 Exemplare gedruckt. Die Gründe für die Mehr-auflage sind, dass wir den steigenden Geburten im Land Rechnung tragen, aber auch die zunehmende Nachfrage bei den Geburtsvorbereitungskursen in den Kliniken sowie die Betreuung der jungen Eltern nach der Geburt durch die Familienhebammen, in den Schutz-engelprojekten und Kinderschutzein- richtungen berücksichtigt haben. Die seit 2013 laufende Verteilung der Kinderpässe durch die Frauenärzte läuft weiterhin ungebrochen, so dass viele werdende Mütter gleich zu Beginn der Schwangerschaft alles Wichtige zu ihrer eigenen Zahngesundheit und zu der ihres Kindes erfahren. Ein Tipp: Nutzen Sie diese frühen Behandlungstermine, damit wir flächendeckend die Bekämp-fung der frühkindlichen Karies besser in den Griff bekommen können.

Eine gute Anleitung für den Umgang mit kleinen Patienten bietet der Rat-geber für die Praxis, den Sie von der Internetseite der Zahnärztekammer Schleswig-Holstein herunterladen kön-nen: https://zahnaerzte-sh.de/app/ uploads/2019/08/ECC_Begleitratgeber_ BZAEK_2Aufl_August2019.pdf.

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VIDEOSPIELER OFT MIT MEHR KARIES

Junge Menschen, die regelmäßig an Computern und Konsolen spielen, sind suchtgefährdet. Und sie haben mehr Karies als andere. Letzteres ist das Ergebnis einer Studie aus Polen unter rund 1.600 Jugendlichen.

Es ist ein Klischee: Computer-Spie-ler sind suchtgefährdet und ernähren sich vor allem von Cola, Chips und Fertig-Pizza. Doch dieses Klischee erhält nun durch zwei Studien neue Nahrung. Das deutsche Forsa-Insti-tut hat in einer repräsentativen Stu-die für die DAK-Gesundheit und das Deutsche Zentrum für Suchtfragen 1.000 Kinder und Jugendliche im Alter von 12 bis 17 Jahren befragt. Das Ergebnis: Etwa jeder sechste minderjährige Computerspieler ist in Deutschland suchtgefährdet. Das Spielerverhalten der Betroffenen sei riskant oder sogar krankhaft im Sinne einer Abhängigkeit. Die Welt-gesundheitsorganisation (WHO) hat die Sucht nach Videospielen bereits im Mai offiziell als mentale Krank-heit klassifiziert – trotz Protesten der Hersteller. Von Januar 2020 an sollen Ärzte Diagnosen stellen dürfen. Und in Kanada steht das Videospiel „Fort-nite“ im Zentrum einer Sammelklage. Mit rund 250 Millionen Spielern ist es eines der erfolgreichsten Video-spiele weltweit.

Wie es um die Zahngesundheit der Gamer steht, hat nun erstmals eine Studie der Universität Warschau un-tersucht. Die repräsentative Erhe-bung unter 18-Jährigen kommt zu dem Schluss, dass Gamer, die mehr als drei Stunden am Tag an Compu-tern oder Konsolen spielen, häufiger Karies und Zahnfleischbluten haben. Sie gingen auch seltener zum Zahn-arzt. Darüber hinaus essen und trin-ken die spielenden Jugendlichen auch weniger gesund. So nippen sie

während des Spielens gerne an En-ergy-Drinks, um ihre Konzentration aufrecht zu halten. Jugendliche, die länger online spielen, konsumieren mehr zuckerhaltige Nahrungsmittel und Getränke.

Daher ist Prävention gefragt – auch in Deutschland. Eltern sollten bei Kindern und Jugendlichen, die täg-lich viel am Computer oder der Konsole spielen, besonders auf die Zahnpflege achten. Bei auffälligen Befunden ist auch der Zahnarzt ge-fragt und sollte das Thema Gaming offensiv ansprechen. Doch selbst wenn das Klischee, dass die Ernäh-rung von Gamern nicht die beste ist, in zahlreichen Fällen stimmt: Vor Pau-schalisierungen oder dem Diffamie-ren einer bestimmten Gruppe sollte man sich hüten. Es gilt nicht für alle. Der Chefredakteur der deutschen Spiele-Plattform I Know Your Game“ (IKYG), Daniel Schäfer, sagt zu dem Thema etwas, was auch als Appell

verstanden werden kann: „Richtiges Essen und Zocken geht nicht zusam-men. Das ist wie LEGO und Playmo-bil. Das kann man nicht kombinieren. Aber: Snacken geht immer. (…) Dabei gilt natürlich die Faustregel: nix Kleb-riges, nix Salziges, nix Schmieriges.“

// Michael Fischer auf Basis Presseinfo proDente

KURZNACHRICHTENAUS DEM VORSTAND

Computerspiele wie Fortnite üben auf viele Jugendliche eine magische Anziehungskraft aus

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„ECHTE WERTSCHÄTZUNG IST WICHTIG!“

Die Zahnärztekammer Schleswig-Holstein überwacht als die nach dem Be-rufsbildungsgesetz zuständige Stelle die Durchführung der Berufsausbildung und fördert sie durch Beratung der Auszubildenden und der Ausbildenden. 14 Zahnärztinnen und Zahnärzte engagieren sich für die Zahnärztekammer zur-zeit ehrenamtlich als Ausbildungsberater. Eine davon ist Dr. Anke Zeinecker aus Norderstedt. Was die Auszubildenden in ihrem Kreis heute bewegt, welche Schwerpunkte ihre Tätigkeit als Ausbildungsberaterin hat und warum oft eine einfache Frage zum Ziel führt, verrät sie im Gespräch mit dem Zahnärzteblatt.

Frau Dr. Zeinecker, wie lange arbei-ten Sie schon als niedergelassene Zahnärztin? Anke Zeinecker: Seit mittlerweile 26 Jahren führe ich die Praxis in Norder-stedt gemeinsam mit meinem Mann und seit einigen Jahren auch mit der Zahnärztin Andrea Bräutigam.

Wie viele Auszubildende beschäfti-gen Sie? Anke Zeinecker: Zurzeit beschäftigen wir drei Auszubildende ZFA.

Sie sind Ausbildungsberaterin für den Kreis Segeberg. Seit wann engagieren Sie sich als Ausbildungsberaterin?Anke Zeinecker: Seit 2007 bin ich als Ausbildungsberaterin tätig und es bringt mir immer noch Freude!

Welche Aufgaben haben Sie als Aus-bildungsberaterin?Anke Zeinecker: Ich gehe meist An-fang November in die Berufsschule, berichte über die unterschiedlichen Aufgaben und Tätigkeiten in unse-rem Beruf und fordere die Auszu-bildenden auf, sich bei Fragen oder Problemen mit mir in Verbindung zu setzen. Meine Unterstützung läuft dann meist telefonisch.

Mit welchen Fragen und persön-lichen Herausforderungen melden sich die Auszubildenden bei Ihnen?Anke Zeinecker: Das ist ganz verschie-den. Häufig geht es um Fragen, die die gesetzlichen Vorgaben des Ju-gendarbeitsschutzgesetzes oder des

Berufsbildungsgesetzes betreffen, das heißt, es geht um Arbeits- und Ur-laubszeiten, Beschäftigungsbeschrän-kungen und Ausnahmeregelungen. Wenn Probleme geschildert werden, die den Erfolg der Ausbildung gefähr-den könnten, führe ich mit den Betei-ligten Gespräche, um den Sachver-halt zu klären. Allerdings spreche ich nur dann mit Erziehungsberechtigten oder anderen, wenn ich das Einver-ständnis des Ausbilders bzw. der Aus-zubildenden habe. Oft kann ich aller-dings bereits beim ersten Telefonat Unklarheiten beseitigen. Und manch-mal ist dem Auszubildenden auch da-mit geholfen, dass ihm jemand zuhört und er sein Anliegen einmal loswer-den kann.

Wie wird man auf diese Tätigkeit vorbereitet bzw. wie haben Sie sich seinerzeit vorbereitet?Anke Zeinecker: Einfühlungsvermögen zu besitzen ist sicher eine gute Voraus-setzung. Zum anderen ist es natürlich von Vorteil, wenn man als Beraterin die Branche sehr genau kennt. Und in unserer Praxis haben wir Auszubilden-de von Anfang an. Darüber hinaus gibt es Treffen der Ausbildungsberater und dort werden alle Themen mit juristi-schem Hintergrund geklärt.

Mit welchen Einrichtungen arbeiten Sie zusammen bzw. stimmen Sie sich ab und wie sieht diese Zusammen-arbeit aus?Anke Zeinecker: Neben der Berufs-schule in Bad Segeberg haben wir

in Norderstedt das Berufsbildungs-zentrum, das für Fragen rund um die Ausbildung zur Verfügung steht. Da-rüber hinaus werden wir im Bereich Praxispersonal auch von der Zahn-ärztekammer Schleswig-Holstein gut unterstützt.

Was beschäftigt die heutigen Aus-zubildenden besonders bzw. welche Probleme sehen sie insbesondere während der Ausbildung zur ZFA?Anke Zeinecker: Den Auszubilden-den wird heute schon viel abver-langt. Zum Teil müssen sie sogar die gleichen Tätigkeiten ausführen wie erfahrene ZFA. Doch eigentlich sind sie ja noch in der Ausbildung. Gera-de eben sind sie noch zur Schule ge-gangen und nur wenige Zeit später haben sie eng mit Angstpatienten zu tun und arbeiten auch körperlich sehr nah mit einer Chefin oder einem Chef zusammen. Dadurch entsteht ein Druck, mit dem nicht jeder sou-verän umgehen kann und der zu Pro-blemen führt. Außerdem haben wir heute zahlreiche Auszubildende mit Migrationshintergrund. Das heißt, interkulturell und sprachlich stehen diese jungen Menschen und auch ihre Ausbilder vor zum Teil erhebli-chen Herausforderungen.

Gibt es Phasen, die besonders for-dernd für die Auszubildenden sind?Anke Zeinecker: Die ersten Monate sind für viele schon eine große Umstel-

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I N T E R V I E W D R . A N K E Z E I N E C K E R

„ECHTE WERTSCHÄTZUNG IST WICHTIG!“

lung. Die Tage sind mit Arbeit gefüllt und die freie Zeit ist stärker als bisher begrenzt. Draußen ist es herbstlich und man hat eng mit Patienten zu tun, die verschnupft in die Praxis kommen. Und man hat bisher kaum Zeit gehabt, sich Fachwissen anzueignen. Mit die-ser Gemengelage klar zu kommen, fällt dann manchmal schwer.

Was tut den Auszubildenden in sol-chen Fällen gut? Anke Zeinecker: Oft zum Beispiel die einfache Frage: Wie geht es Dir? Auszubildende wollen wie jeder Mensch gesehen und wahrgenom-men werden. Das kommt im Praxisall-tag manchmal zu kurz. Wir Zahnärzte sollten uns öfter bei unseren Mit-arbeitern bedanken und ihnen echte Wertschätzung entgegenbringen. In

vielen Praxen arbeiten wir doch wie eine kleine Familie zusammen. Und für den guten Zusammenhalt sollte eben auch jeder seinen Beitrag leis-ten. Auf der anderen Seite erlebe ich immer wieder, dass unsere ZFA ein positives Feedback von den Patienten bekommen. Manche Patienten wün-schen sich sogar ausdrücklich für ihre Behandlung eine bestimmte ZFA. Und vor Weihnachten bringen Patienten selbstgebackene Kuchen oder Kekse in die Praxis und füllen die Kaffeekas-se auf. Eine solche Wertschätzung tut selbstverständlich gut und trägt auch ihren Teil zur Mitarbeiterbindung bei.

Ein solches Feedback gibt es in man-chen anderen Branchen nicht. Anke Zeinecker: Richtig. In diesem Zusammenhang fällt mir ein schönes

Beispiel ein: Wir haben bereits die vierte berufliche Wiedereinsteigerin in unserer Praxis. Sie hat zuvor über zwanzig Jahre in einer Versicherung gearbeitet und betont immer wieder, wie toll das unmittelbare und positi-ve Feedback in unserer Zahnarztpra-xis ist. Das hat ihr vorher gefehlt.

Frau Dr. Zeinecker – vielen Dank für das Gespräch!

// Michael Fischer

Alle Ausbildungsberater der Zahn-ärztekammer Schleswig-Holstein finden Sie auf der Kammer-Web-site unter https://zahnaerzte-sh. d e /a p p /u p l o a d s / 2 019/ 0 8 / Ausbildungsberater_08-2019.pdf

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KREISARBEITSGEMEINSCHAFTEN SCHULTEN IHRE STIMMEN

Vom 10. bis 12. September bot der Landesausschuss zur Förderung der Jugendzahnpflege in Schleswig-Hol-stein (LAJ-SH) den Mitarbeitern der Kreisarbeitsgemeinschaften in diesem Jahr einen Workshop zum Thema „Gut bei Stimme“. Den Workshop leitete die Schauspielerin, Stimm- und Sprechtrai-nerin Eva Weissmann aus Hamburg. Ihr Motto: Natürlich sprechen!

Die eigene Stimme ist neben den ver-balen Inhalten sowie der Körperspra-che ein wichtiges Ausdrucksmittel für das Gegenüber. Eva Weissmann demonstrierte während der drei Tage warum es so wichtig ist, die eigene Stimme zu befreien, um sie zu einer neuen Klangvielfalt zu führen. Die Stimme spiegelt die innere Haltung wider: Man hört sie und – ein aufmerk-samer Zuhörer - weiß, wie es einem geht. Eine ausdrucksstarke Stimme ist auch gut für die kreative Arbeit in Kin-dertagesstätten und Schulen. Unter-schiedliche Klangfarben und Lautstär-

ken machen beispielsweise das Spiel mit Puppen noch lebendiger.

Neben zwei Fortbildungstagen für die Prophylaxe-Mitarbeiterinnen gab es auch den wichtigen Teamtag – gemein-sam für Prophylaxe-Mitarbeiterinnen und Fachaufsicht, um auch die Leitun-gen der Kreisarbeitsgemeinschaften auf den aktuellen Stand der Prophy-laxearbeit zu bringen. „Der Workshop blieb den ganzen Tag über spannend.

Viel Information und eigene Erfahrung haben uns auf die Spur gebracht, an Stimme und Sprache zu arbeiten. Der Blick auf die eigene Wirkung – und wie man daran arbeiten kann – wurde von der Dozentin ausdrucksvoll vermit-telt“, so das Fazit von Dr. Anna Katha-rina Feddersen, Geschäftsführerin der Kreisarbeitsgemeinschaft Plön, über den Teamworkshop.

// LAJ-SH

Die Teilnehmerinnen des Teamworkshops hatten zusammen mit der Dozentin Eva Weissmann (vierte von rechts, stehend) viel Spaß!

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AKTUALISIERTE INHALTE UND OPTISCHER FACELIFT

Inhaltlich auf dem aktuellsten Stand, in frischem zeitgemäßen Design, mit neuen Infografiken und erstmals vierfarbig: das sind einige der Neuerungen des Zahnärztlichen Kinderpasses, der in diesen Tagen erschienen ist. Entstan-den ist er in enger Zusammenarbeit der Ressorts Prävention und Öffentlich-keitsarbeit der Zahnärztekammer. Den Kinderpass können alle Zahnärztin-nen und Zahnärzte wie gewohnt bei der Zahnhotline – Christina Kiencke: Tel. 0431 260926-26 oder E-Mail an [email protected] – zur Verteilung an die Patienten bestellen. Darüber hinaus besteht seit 2013 mit den Frauenärzten in Schleswig-Holstein eine Vereinbarung, die Pässe an werdende Mütter zusam-men mit dem Mutterpass auszuhändigen. Ebenso fordern den Zahnärztlichen Kinderpass inzwischen die Hebammen in den Entbindungskliniken sowie Will-kommens- und Familienberatungs- und Kinderschutzzentren regelmäßig ab.

Es sind kleine und etwas größere Veränderungen und Weiterentwick-lungen, mit denen der Zahnärztliche Kinderpass punkten kann. So wurde die Terminplanung der zahnärztli-chen Vorsorgeuntersuchungen für die Eltern ergänzt – mit den neuen zahnärztlichen Früherkennungsun-tersuchungen FU 1a bis 1c und FU Pr vom 6. bis zum 33. Lebensmonat so-wie die dreimalige FU 2 und halbjähr-liche FLA bis zum 6. Lebensjahr.

Zudem ist der Zahnärztliche Kinder-pass erstmals ansprechend vierfar-big gestaltet. Eine neue Typografie mit größeren Zeilenabständen und verbesserte Infografiken erhöhen spürbar die Lesbarkeit. Die Kernbot-schaft des Zahnärztlichen Kinderpas-ses – „Damit Ihr Kind mit gesunden Zähnen aufwächst!“ – wird mit zahl-reichen und wichtigen Inhalten für die Eltern eingelöst. Alle Informatio-nen sind praxisnah und für Laien ver-ständlich verfasst.

Der zahnärztliche Kinderpass ver-steht sich als Vorsorgefahrplan, um die Zähne der Kinder von Anfang an durch systematische Vorsorge gesund zu erhalten. Was nicht viele Eltern wis-sen: Die Zahnpflege für Babys beginnt schon in der Schwangerschaft. Denn die Mund- und Zahngesundheit der werdenden Mutter hat auch Auswir-kungen auf die des Kindes.

Z A H N Ä R Z T L I C H E R K I N D E R P A S S

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AKTUALISIERTE INHALTE UND OPTISCHER FACELIFT

Z A H N Ä R Z T L I C H E R K I N D E R P A S S

Der erste Besuch des Neugeborenen beim Zahnarzt sollte mit sechs Mona-ten erfolgen. Dabei führt der Zahnarzt ergänzend zu den wichtigen Unter-suchungen beim Kinderarzt (U-Unter-suchungen) notwendige zahnärztliche Untersuchungen (UZ-Untersuchungen) durch. Die Befunde der UZ-Untersu-chungen dokumentieren Sie als Zahn-arzt im Zahnärztlichen Kinderpass. Anhand des Passes können so die in-dividuellen Befunde direkt für die El-tern festgehalten bzw. diese mit ihnen besprochen werden – zum Beispiel die Entwicklung von Kiefer, Zähnen und Mundhöhle des Kindes und mögliche Erkrankungen sowie Fehlstellungen. Mit dem Dokumentationsteil – Mund-hygienestatus, Befund, Fluoridanam-nese, Kariesrisikostatus und Empfeh-lungen zur Senkung des Kariesrisikos – geben Sie den Eltern eine lückenlose Dokumentation über die einzelnen, halbjährlichen Untersuchungen, vom ersten Zahn an bis zum sechsten Le-bensjahr des Kindes.

Der Zahnärztliche Kinderpass soll dazu beitragen, dass bereits kleinste Kinder regelmäßig den Weg in die Zahnarztpraxis finden. Dadurch kön-nen sie sich spielerisch an das Um-

feld und das Praxisteam gewöhnen, was später notwendige Behandlun-gen erleichtert.

// Michael Fischer

NÜTZLICHE INFORMATIONEN UND TIPPS FÜR ELTERN

Der Zahnärztliche Kinderpass gibt wichtige Hinweise für die werdende Mutter zur Zahn- und Mundhygiene wäh-rend der Schwangerschaft und Eltern Informationen zu Fragen rund um die Zahn- und Mundgesundheit ihrer Kin-der. Themen, die im Zahnärztlichen Kinderpass behandelt werden, sind unter anderem:

• Zahnpflege während der Schwangerschaft

• Tipps für die Zahngesundheit in den ersten Monaten

• Fluoridprophylaxe

• Die Bedeutung der Früherkennungsuntersuchungen

• Schnullerentwöhnung und Daumenlutschen

• Zahnpflege und richtiges Zähneputzen

• Die positive Prägung von Zahnhygienegewohnheiten

• Bedeutung der Milchzähne

• Kariesentstehung und zahngesunde Ernährung

• Beginnender Zahnwechsel

• Untersuchung des frühen Wechselgebisses

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ZFA – EIN ATTRAKTIVES BERUFSBILD

Einmal im Jahr gehören sie mittlerweile in vielen Schulen zum festen Bestand-teil: die Berufsorientierungs- oder informationsmesse. An der Friedrich-Jun-ge-Schule in Kiel gab es die erste BOM bereits vor 13 Jahren. In Bad Bram-stedt fand die BIM in diesem Jahr zum 16. Mal statt. Dass Zahnarztpraxen sich auf solchen Messen präsentieren, um Nachwuchs zu akquirieren, ist allerdings nicht die Regel. Zwei Praxen haben sich im September in Kiel und Bad Bram-stedt präsentiert, für die Zahnärzteschaft und den Beruf der bzw. des ZFA ge-trommelt – und ziehen ein erfolgreiches Fazit.

B O M I N K I E L

Am 28. September 2019 stellten sich über 80 Aussteller mit eigenen Ständen auf der Berufsorientierungs-messe (BOM) in der Friedrich-Jun-ge-Schule vor. Darunter waren so bekannte Namen wie Thyssen Krupp, die Deutsche Post, BARMER Versi-cherungen oder der dm Drogerie-markt. Mit dabei: die Kieler Zahnarzt-praxis Dr. Bodo Wolf und ZA Dagmar Frank. Eingerahmt vom Universitäts-klinikum Schleswig-Holstein und dem Landeslabor, präsentierte sich das Team der Zahnarztpraxis mit einem kleinen, feinen Stand. Hier konnten interessierte Schüler mit Knete spie-lerisch Fissuren versiegeln üben oder

ihre Hände desinfizieren und in einer Box mit Schwarzlicht überprüfen, welche Stellen an der Handrücken- oder innenseite noch verschmutzt waren. Auf einem Laptop wurde ein Film gezeigt, der die Tätigkeiten in einer Zahnarztpraxis darstellte. In-formationen über das Berufsbild und ihre eigene Praxis gaben ZMV Sina Szodruch und ZFA Christina Heese, zeitweilig auch Zahnärztin Dagmar Frank. Besonders freute das Team, dass immer wieder auch interessierte junge Männer den Stand aufsuchten, um sich zu informieren. „Wir sind sehr zufrieden mit der Resonanz. Wir ha-ben zahlreiche gute Gespräche ge-führt und die Schülerinnen und Schü-ler über das Berufsbild der ZFA, die

Ausbildung und Praktikumsmöglich-keiten informiert“, resümmierte Sina Szodruch.

B I M I N B A D B R A M S T E D T

Gleich mit einem achtköpfigen Team präsentierte sich die Zahnpflegepra-xis ZA Erik Baldauf und Dr. Andreas Schult auf der vom Schulverband organisierten Berufsinformations-messe (BIM) in der Sporthalle der Ge-meinschaftsschule Auenland in Bad Bramstedt. Die BIM bot in diesem Jahr rund 1.000 Schülern die Gele-genheit, sich über knapp 60 verschie-dene Ausbildungsberufe und Stu-diengänge ein Bild zu machen. Mit interaktiven Karten und Roll-ups der Zahnärztekammer Schleswig-Hol-stein informierten die Zahnärzte und Mitarbeiter viele wissenshungrige Jugendliche – auch Männer – über die Aufgaben einer/s ZFA sowie die eigene zahnärztliche Gemein-schaftspraxis in Bad Bramstedt. „Wir als Zahnpflegepraxis haben uns ge-freut, über die Zahnmedizin und vor-rangig den Ausbildungsberuf der zahnmedizinischen Fachangestellten

B E R U F S M E S S E N

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Starker Auftritt auf der BIM in Bad Bramstedt: das Team der Zahnpflegepraxis Baldauf und Dr. Schult

Sina Szodruch von der Praxis Dr. Wolf und Frank im Gespräch mit einem inte-ressierten Schüler

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B E R U F S M E S S E N

ZFA – EIN ATTRAKTIVES BERUFSBILD

zu informieren, seine Vielfalt zu ver-mitteln und in dem Zusammenhang Ausbildungsplätze anzubieten. Der Beruf der zahnmedizinischen Fachan-gestellten hat sich ja ebenso wie die Zahnmedizin über die vielen Jahre geändert. Innovative Behandlungs-methoden lassen den Beruf für vie-le Jugendliche attraktiver werden. Unser Ziel auf der BIM war es, dies an die jungen Menschen weiterzuge-

ben und vor allem das Bewusstsein dafür zu wecken, wie wichtig es ist, als Team jeden Arbeitstag mit Spaß beginnen zu lassen. Und wir denken, dies ist uns auch in diesem Jahr wie-der gelungen!“, so ZA Sophie van Doren.

Der nächste Termin, auf dem eine Zahnarztpraxis um Auszubildende wirbt, ist am 25. Oktober 2019 auf

dem Ausbildungsforum für die Klassen 8, 9 und 10 in der Gemein-schaftsschule Altenholz, Danziger Straße 18c. Dort präsentiert sich das Team der Zahnarztpraxis Dres. Pohle und Prüfert.

// Michael Fischer

ROLL-UPS, POSTER UND INFOS FÜR DEN MESSE-AUFTRITT

Um sich auf Berufsorientierungs- oder Informationsmessen professionell zu präsentieren, stellt die Zahnärztekam-mer Schleswig-Holstein den Zahnarztpraxen im Land mehrere Kommunikationsmittel zur Verfügung. Zum einen gibt es Roll-ups und Poster, auf denen mit Fotos und Text um ZFA-Auszubildende geworben wird. Das Motto: „Komm ins Team!“ Zum anderen sind Broschüren erhältlich, in der die Ausbildungsinhalte und der vielfältige und spannen-de Arbeitsbereich der ZFA vorgestellt werden (siehe hierzu auch: https://zahnaerzte-sh.de/app/uploads/2016/05/ZFA-Broschuere.pdf). Viel Erfolg beim Werben um den ZFA-Nachwuchs!

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M I T T E I L U N G E N

F O R T B I L D U N G

ZAHNARZT VS. JAMEDAAUF KLAGEABWEISUNG FOLGT BERUFUNG

Die juristische Auseinandersetzung zwischen einem Zahnarzt aus Schles-wig-Holstein und dem Bewertungs-portal Jameda geht in die nächste Runde. Im Zahnärzteblatt 5/2019 hat-ten wir darüber informiert, dass die Klage des Zahnarztes vom Landge-richt München auf Wiederveröffent-lichung von zehn positiven Rezen-sionen über seine Praxis abgewiesen wurde. Die Begründung des Landge-richts: Der Zahnarzt habe nicht über-zeugend nachweisen können, dass

die Löschungen als Reaktion auf sei-ne Kündigung erfolgt seien. Gegen das Urteil hat der Zahnarzt Berufung eingelegt. Nun beschäftigt sich das Oberlandesgericht in München mit dem Fall. Die Verhandlung soll im Fe-bruar 2020 stattfinden.

// Michael Fischer

AKTUALISIERUNG DER FACHKUNDE IM STRAHLENSCHUTZ FÜR MITGLIEDER MIT FACHKUNDENACHWEIS / EXAMEN 2014

Nach dem Strahlenschutzrecht ist es für jede Zahnärztin und jeden Zahnarzt Pflicht, die Fachkunde im Strahlenschutz alle 5 Jahre zu aktualisieren. Bei Überschreiten der Aktualisierungsfrist kann die zustän-dige Stelle die Fachkunde entziehen oder deren Fortgeltung mit Auflagen versehen.

Ansprechpartner in der Zahnärztekammer sind: Frau Hagedorn, Tel. 04 31 260926-91 / Herr Jung, Tel. 0431 260926-93.

Die Aktualisierung der allgemeinen Fach-kunde im Strahlenschutz kann auch durch die Teilnahme an einem DVT-Fachkunde-kurs erreicht werden.

ZIELGRUPPEZahnärztinnen und Zahnärzte mit:• Fachkundeerwerb (i. d. R. Staatsexamen)

in 2014 oder

Kategorie: Röntgen

Dr. Kai Voss, Kirchbarkau Dipl.-Physiker Andreas Ernst-Elz, Kiel Dr. Dr. Hendrik Naujokat, Kiel

Mittwoch, 30.10.2019 14:00 Uhr - 20:45 Uhr

Heinrich-Hammer-Institut

45 € für Zahnärztinnen u. Zahnärzte

Kurs-Nr.: 19-02-042

9 FORTBILDUNGS- PUNKTE

• Letzter Aktualisierungskurs in 2014 oder• Ausnahmegenehmigung der zuständi-

gen Stelle bei Fristüberschreitung

REFERENTEN UND THEMEN• Dipl.-Physiker Andreas Ernst-Elz:

Internationale Strahlenschutznormen (ICRP) und aktueller Stand des Strahlen-schutzrechts.

• Dr. Hendrik Naujokat: Digitales Röntgen; Digitale dentale Volu-mentomographie (DVT); 3-dimensionale Implantatplanung.

• Dr. Kai Voss: Strahlenbelastung in der Zahnmedizin, praktische Auswirkung der Richtlinien, Qualitätssicherung; Konstanzprüfung; Aufgaben der Zahnärztlichen Stelle; Do-kumentation; Weitergabe von Röntgen-bildern (praktisches Vorgehen).

• Abschlusstest (Multiple Choice).

FORTBILDUNG IM HEINRICH-HAMMER-INSTITUT

Voraussetzung für die Kursteilnahme ist der Besitz einer gültigen Bescheinigung über den Erwerb der Röntgen-Fachkunde sowie die regelmäßige Aktualisierung der Fach-kunde alle 5 Jahre in anerkannten Kursen.

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F O R T B I L D U N G

FREUNDSCHAFT MIT DEM INNEREN SCHWEINEHUND

FRÜHERKENNUNG VON HAUTKREBS IM GESICHT DURCH DEN ZAHNARZT

INHALTE • Was ist der innere Schweinehund?• Wie sieht er aus? Wie erkenne ich ihn?• Was möchte unser innerer Schweinehund?

Ist er wirklich so schlecht, wie man denkt?• Die Strategien des inneren Schweinehun-

des.• Wann schlägt der innere Schweinehund zu?• Den inneren Schweinehund bändigen -

Hand in Hand mit dem inneren Schweine-hund arbeiten.

• Mit Schweinehunden anderer Menschen leben.

ZIELE UND METHODENEs gibt keinen anderen Tag im Jahr als den 31.12., an dem so viele gute Vorsätze gefällt

Die Inzidenz der malignen Hauttumore steigt auch in Deutschland deutlich und insbesondere die exponierte Gesichtsre-gion ist stark betroffen. Den Zahnärztinnen und Zahnärzten kommt eine besondere Bedeutung in der Früherkennung der Haut-tumore zu, da diese die Patienten in der Regel in häufigen Abständen sehen. Das Basalzellkarzinom ist der häufigste maligne Hauttumor gefolgt vom Plattenepithelkarzi-nom und dem malignen Melanom. Präkan-zerosen liegen beim Basalzellkarzinom im

Kategorie: Persönlichkeitsentwick-lung, Soft Skills

Christina Gutzeit, Strande

Samstag, 16.11.2019 09:00 Uhr - 17:00 Uhr

Heinrich-Hammer-Institut

170 € für ZFA, Mitarbeiter(in)

Kategorie: Auch wissenswert

Prof. Dr. Dr. Jörg Wiltfang, Kiel

Mittwoch, 20.11.2019 15:00 Uhr - 19:00 Uhr

Heinrich-Hammer-Institut

105 € für Zahnärztinnen u. Zahnärzte

Kurs-Nr.: 19-02-026

Kurs-Nr.: 19-02-050

4 FORTBILDUNGS- PUNKTE

werden - kein anderer Tag im Jahr, wo man sich so optimistisch Dinge vornimmt. Aber es muss nicht unbedingt Silvester sein, oft neh-men wir uns etwas vor, weil es wirklich sinn-voll und wichtig ist, doch leider bleibt es oft bei den guten Vorsätzen. Manchmal ist man jedoch schon einen Schritt weiter, die ersten Schritte der Umsetzung sind getan. Man fühlt sich gut. Doch dann schlägt unvermittelt un-ser innerer Schweinehund zu, und alle guten Bemühungen verlaufen im Sande. Das muss so nicht sein. Grundsätzlich ist unser innerer Schweinehund nämlich ganz in Ordnung - nur manchmal schießt er über das Ziel hin-aus. Dann gilt es, ihn zu bändigen und Hand in Hand mit ihm zu arbeiten. In diesem Semi-nar lernen Sie den konstruktiven, wertschät-

Gegensatz zum Plattenepithelkarzinom nicht vor. Der zweithäufigste bösartige Tumor der Haut, das Plattenepithelkarzinom der Haut, weist häufig eine aktinische Keratose als Prä-kanzerose auf.

Im Rahmen des Seminars werden die mali-gnen Hauttumore detailliert dargestellt und besonderen Wert auf die Früherkennung auch von Vorläuferläsionen gelegt. Es ori-entiert sich an den entsprechend vorliegen-den Leitlinien zu den jeweiligen Themen.

- was kann man dagegen tun? Sie erhalten Einblick in das Repertoire an Möglichkeiten, wie Sie neben der Stressvermeidung und Re-duktion Ihre Resilienz = Widerstandsfähigkeit gegen negative Stressoren erhöhen können und mit Maßnahmen wie Entspannungsme-thoden und gezielten Bewegungen dem Stress „aktiv begegnen“.

INHALTENeben einem Grundverständnis für Ursa-chen und Wirkung von Stressoren werden konkrete und sofort umsetzbare Tipps ge-geben und in Teamarbeit individuelle Lö-sungsansätze selbst entwickelt.• Definition von „Stress“, Burnout und De-

pression,• wie reagiert der Mensch körperlich und

psychisch auf Stress?• Modelle der Entstehung von Burnout,• Sammlung und Analyse der Stressursa-

chen (individuell),

DEM STRESS AKTIV BEGEGNEN - BURNOUT VERMEIDEN„SCHWIERIGE“ SITUATIONEN ERKENNEN, MEISTERN, VERKRAFTEN

INTENTION / ZIELSETZUNGArbeitsverdichtung, Bürokratie, „kritische“ Pa-tienten, steigender Kostendruck - und dann noch Ärger mit Kollegen, Personal und im Pri-vatleben - das ist für viele die heutige Situati-on, und das ist negativer Stress. Die Folgen: man wird „hartnäckig“ und „verbissen“, „reißt sich zusammen“ und frisst manches in sich hinein oder explodiert - und dies bedeutet Verspannungen, Schmerzen, Frust, Aggres-sion, ein Burnout ist oft das berühmte „Ende der Fahnenstange“. Aber: Stress gehört zum Leben und kann auch positiv wirken. Die Si-tuation, persönliche Wahrnehmung und das individuelle Verhalten entscheiden darüber, ob und wie Stressoren uns aus der Balance bringen. In dieser Veranstaltung erfahren Sie Zusammenhänge von „Psyche“ und „Soma“ und was sich hinter Stress verbirgt, wie er entsteht bzw. was er anrichtet. Wie reagiert der Mensch körperlich und psychisch auf Stress, wie entsteht Burnout und vor allem

Kategorie: Auch wissenswert!

Manfred Just, Forchheim

Freitag, 08.11.2019 09:00 Uhr - 16:30 Uhr

Heinrich-Hammer-Institut

210 € für Zahnärztinnen u. Zahnärzte 210 € für ZFA, Mitarbeiter(in)

Kurs-Nr.: 19-02-081

8 FORTBILDUNGS- PUNKTE

• Lösungssuche und Diskussion: Verhin-dern, verringern, aushalten - was ist mög-lich (individuell und als Team, Daheim und in der Arbeit),

• Bewegung als Maßnahme zur Stressbe-wältigung,

• Atmen und Entspannung als Maßnahme zur Stressbewältigung,

• Einblick in Selbsttherapiemethoden bei somatischen Beschwerden.

zenden, aber auch konsequenten Umgang mit Ihrem inneren Schweinehund.

Im Seminar wird mit folgenden Methoden gearbeitet: Erlebnisvortrag, Gruppenarbeit, praktische Übungen, Raum für Erfahrungs-austausch und lebhafte Diskussionen.

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EINSATZ VON DENTALAMALGAM SOLL SCHRITTWEISE VERRINGERT WERDEN

Am 10. Juli stellte die Bundesregie-rung den „Nationalen Aktionsplan zur schrittweisen Verringerung von Dentalamalgam“ vor. Damit erfüllt sie eine Vorgabe aus der Quecksil-berverordnung der Europäischen Union.

Hintergrund ist die Minamata-Kon-vention, die am 16. August 2017 nach der Ratifizierung durch 50 Staaten in Kraft trat. Sie sieht vor, die Quecksil-beremission weltweit einzudämmen, da es sich bei dem Schwermetall um „eine gifte Chemikalie mit bedeuten-den Auswirkungen im Hirn und Ner-vensystem“ handele. Für Dentalamal-gam legt die Minimata-Konvention eine stufenweise Reduzierung der Verwendung fest. Mittlerweile wurde die Vereinbarung von 128 Vertrags-partnern gezeichnet und von über 100 ratifiziert – von Deutschland am 15. September 2017. Auch die Euro-päische Union ratifizierte die Konven-tion (Mai 2017) und beschloss eine darauf basierende, für alle EU-Mit-gliedsstaaten verbindliche Verord-nung zur Reduktion des Quecksilbers in der Umwelt, die zum 1. Januar 2018 in Kraft trat.

U M S E T Z U N G S S TA N D D E R E U - Q U E C K S I L B E R V E R O R D -N U N G I N D E U T S C H L A N D

Seit dem 1. Juli 2018 darf Dental-amalgam laut EU-Quecksilberverord-nung nicht mehr für die Behandlung von Milchzähnen, Kindern unter 15 Jahren, Schwangeren und Stillenden verwendet werden – es sei denn, der Zahnarzt erachtet Amalgamfüllungen aufgrund spezifischer medizinischer Erfordernisse bei dem jeweiligen Pa-tienten für notwendig.

Seit dem 1. Januar 2019 ist Dental-amalgam überdies nur noch in vor-

dosierter, verkap-selter Form erlaubt. In Deutschland wurde nicht verkapseltes Amalgam nach Auskunft der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung auch zuvor nur noch selten eingesetzt: Bereits seit 1993 bestehe eine Norm für die Ver-wendung verkapselten Amalgams.

Ebenfalls seit dem 1. Januar 2019 müssen Betreiber zahnmedizinischer Einrichtungen in der EU mit Amal-gamabscheidern ausgestattet sein. Amalgamabscheider, die nach dem 1. Januar 2018 in Betrieb genommen wurden, müssen einen Abscheide-wirkungsgrad von mindestens 95 Prozent aufweisen. Amalgamabfälle müssen zudem von zugelassenen Abfallbewirtschaftungsanlagen oder -unternehmen behandelt und ge-sammelt werden. – Auch diese Vor-gaben wurden in Deutschland be-reits in den 1990er Jahren und damit lange vor Inkrafttreten der Minama-ta-Konvention umgesetzt.

Dentalamalgam sei in der Europäi-schen Union die häufigste Einsatz-form von Quecksilber – auch wenn bereits geltende nationale Vorschrif-ten den Eintrag in Abwasser- und Grundwassersysteme schon erheb-lich gesenkt hätten, stellt die Bun-desregierung in ihrem Nationalen Aktionsplan fest. Der relative Anteil

von Dentalamalgam als Füllungsma-terial sei in Deutschland allerdings seit Jahren rückläufig und unter-schreite mittlerweile zehn Prozent. Der Trend zeige weiter „abwärts“, da Zahnärzte und Patienten zuneh-mend amalgamfreie Materialien bevorzugten: „Damit liegt Deutsch-land bezüglich der Reduzierung des Amalgameinsatzes im europäischen Vergleich in der Spitzengruppe“, schreibt das federführende Bundes-ministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU). Nach vorliegenden Informationen sei der Marktanteil von Amalgam zwischen 1985 und 2017 von etwa 70 Prozent auf fünf Prozent gefallen: „Ein Phase- Down der Amalgam-Nutzung hat also bereits in den 1980er Jahren eingesetzt.“

Die Bundesregierung weist zudem darauf hin, dass sich auch die Anzahl der Zahnfüllungen insgesamt verrin-gert habe. Das hänge in erster Linie mit dem in Deutschland „in den ver-gangenen Jahrzehnten“ vorgenom-menen Paradigmenwechsel in der zahnmedizinischen Versorgung zu-sammen: „weg vom bloßen ‚Versor-gen‘ hin zum ‚Vorsorgen‘“. Der Aus-bau der Vorsorge habe wesentlich zur

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S C H L E S W I G - H O L S T E I N

EINSATZ VON DENTALAMALGAM SOLL SCHRITTWEISE VERRINGERT WERDEN

N A T I O N A L E R A K T I O N S P L A N D E R B U N D E S R E G I E R U N G

K A SSENZ AHNÄR Z TLICHE VEREINIGUNG

Abnahme der Karieserfahrung und zur Verbesserung der Zahngesund-heit in allen Bevölkerungsgruppen beigetragen, erläutert sie: „Präventi-ve Maßnahmen stellen eine zentrale und die wichtigste Grundlage zur Ver-besserung der Mundgesundheit und damit zur Vermeidung restaurativer Zahnbehandlungen dar.“

D I E S E M A S S N A H M E N S I E H T D E R A K T I O N S P L A N V O R :

Laut Nationalem Aktionsplan will die Bundesregierung den Einsatz von Amalgam in der Zahnbehand-lung weiter senken und auf „unver-zichtbare Spezialfälle“ beschränken. Gleichzeitig müsse auch bei weiter fortschreitendem oder weitgehend vollständigem Ersatz von Dental-amalgam durch quecksilberfreie Füll-stoffe eine „medizinisch vollwertige und effektive Versorgung aller Be-völkerungsschichten“ gewährleistet bleiben, heißt es im Aktionsplan.

Bewerkstelligen will die Bundesre-gierung das durch eine Kombination verschiedener Maßnahmen, die „in Zusammenarbeit mit relevanten Ak-teuren in der Gesundheitsversorgung durchgeführt werden“. Vor allem plant sie eine weitere Stärkung der Präventi-on. Besonderes Augenmerk soll in den nächsten Jahren auf die Vermeidung frühkindlicher Karies gelegt werden.

Auch die zahnmedizinische Grup-penprophylaxe für Kinder und Ju-gendliche in Kindertagesstätten und Schulen soll weiter ausgebaut wer-den. Diese habe sich als „besonders geeignet erwiesen, um auch solche Kinder und Jugendliche einzubezie-hen, die durch andere Präventions-angebote oft nur schwer zu erreichen sind.“ Außerdem will die Bundes-regierung die in den letzten Jahren aufgelegten „Programme“ zur Ver-besserung der Mundgesundheit von Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderungen weiterentwi-ckeln. Entsprechende Projekte sollen auch im Rahmen des Innovations-

fonds in der gesetzlichen Kranken-versicherung gefördert werden. Das Gleiche gilt für die Verbesserung der Mundgesundheit von Menschen mit Migrationshintergrund.

Überdies sollen die Lehrpläne der Universitäten und Fachschulen für die Ausbildung des zahnärztlichen Perso-nals die Anforderungen zur Reduzie-rung von Dentalamalgam „widerspie-geln“. Dazu sollen vor allem Kenntnisse über die Anwendung von alternativen Füllungsmaterialien vermittelt werden.

Patienten sollen nach den Vorstellun-gen der Bundesregierung über die „Möglichkeiten zur Behandlung von Kavitäten“ informiert sein: „Sie müs-sen über die Informationen verfügen, um eine informierte Entscheidung“ treffen zu können. In diesem Zusam-menhang verweist das BMU auf die Patientenberatungsstellen der Kas-senzahnärztlichen Vereinigungen und Zahnärztekammern sowie das Bera-tungsangebot der „Unabhängigen Pa-tientenberatung Deutschland“ (UPD).

Zusätzlich will die Bundesregierung auch die Einleitung von Queck- silber in die Fließgewässer weiter senken. Im Dialog mit den zuständi-gen Behörden auf Bundes- und Lan-desebene will sie eruieren, wie die wasserrechtlichen Vorschriften zur Vermeidung des Eintrags von Dental-amalgam in das Abwasser umgesetzt

werden und ob eine Senkung des Umwelteintrags möglich ist.

Prävention, die Verwendung queck-silberfreier Füllungsmaterialien, Aus-bildung und Schulung sowie die In-formation der Patienten sind also die Bestandteile des Nationalen Aktions-plans zur schrittweisen Verringerung von Dentalamalgam. Die Betonung bereits erreichter Präventionserfolge und der Verweis auf den Ausbau der Vorsorge sind zugleich eine Bestäti-gung der Ziele der Zahnärzteschaft, die in den letzten Jahren erfolgreich umgesetzt werden konnten: der Ausbau der Vorsorge für Kinder zwi-schen sechs Monaten und drei Jah-ren sowie für Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderungen.

K Z B V U N D B Z Ä K : A M A L G A M A L S F Ü L L U N G S M AT E R I A L E R H A LT E N

Vor der Erstellung ihres Nationalen Aktionsplans hatte sich die Bundesre-gierung unter anderem auch mit der Kassenzahnärztlichen Bundesvereini-gung und der Bundeszahnärztekam-mer sowie zahnärztlichen Fachgesell-schaften beraten. Die Ergebnisse sind in den Plan eingeflossen.

Die KZBV hatte anlässlich einer Anhö-rung im Bundesumweltministerium im April 2019 verdeutlicht, dass die bis-herige Reduktion der Fallzahlen und

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der Amalgamverwendung zwar ins-gesamt zu einem natürlichen „phase down“ führten. Die Anwendung sach-gerechter medizinisch notwendiger Materialien – wozu auch Amalgam zähle – müsse im Rahmen der zahn-ärztlichen Therapiefreiheit jedoch bleiben, da sich die Versorgungsnot-wendigkeit in einem „Kernbestand der Patienten“ aufgrund medizinischer und sozialer Gründe verdichte. Dazu sollten Präventionskonzepte weiter ausgebaut und die unabhängige Ma-terialforschung gefördert werden.

Die Bundeszahnärztekammer hatte in einem Positionspapier zur Europa-wahl im Mai unter anderem auch den Erhalt von Amalgam als notwendiges Füllungsmaterial gefordert. Amal-gam sei langlebig, kostengünstig und leicht zu verarbeiten, hieß es zur Be-gründung. „Ein generelles Amalgam-verbot hätte spürbare Auswirkungen auf die Gesundheitskosten in vielen EU-Mitgliedsstaaten, da die Verarbei-tung aller verfügbaren Alternativma-terialien erheblich teurer wäre.“ Kei-ne Studie habe zudem den Nachweis für die These erbringen können, dass „das Vorhandensein von Amalgamfül-

lungen in einem ursächlichen Zusam-menhang für Krankheiten“ stehe.

Die Reduzierung der Verwendung von Amalgam soll in regelmäßigen Abständen geprüft werden. Dazu strebt die Bundesregierung die Zu-sammenarbeit mit den Spitzenorga-nisationen der Zahnärzteschaft und den zahnmedizinischen Fachgesell-schaften an. Vorhandene Daten, die Auskunft über „den relevanten Anteil der mit Amalgam ausgeführten Fül-lungen“ erlauben, sollen zusammen-geführt und veröffentlicht werden. Erstmals wird das für das Jahr 2020 erfolgen. Die Ergebnisse der Erhe-bungen wie auch die Fortschritte, die durch die übrigen Maßnahmen erzielt wurden, will die Bundesregie-rung gemeinsam mit Behörden, den Spitzenorganisationen der Zahnärz-teschaft und Nichtregierungsorgani-sationen beraten.

Der Nationale Aktionsplan ist kein eigener Gesetzesakt, stellt aber die Umsetzung einer Verpflichtung der Bundesregierung – wie auch der üb-rigen EU-Mitgliedsstaaten – dar, die sich aus der EU-Quecksilberverord-

nung ergibt. Er wurde in diesem Jahr zum ersten Mal erstellt und soll in den Folgejahren „periodisch“ aktua-lisiert werden.

Auf der Basis der Nationalen Pläne al-ler EU-Mitgliedsstaaten und „anderer Informationen“ wird die EU-Kommissi-on bis zum 30. Juni 2020 einen Bericht zu der Frage vorlegen, ob „auf lange Sicht beziehungsweise bis 2030“ ein vollständiger Ausstieg aus der Nut-zung von Dentalamalgam möglich ist.

// Kirsten Behrendt

Der „Nationale Aktionsplan der Bundesregierung zur schrittwei- sen Verringerung von Dental-amalgam“ kann auf der Home-page des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit herunter-geladen werden (www.bmu.de Service Downloads).

INFOi

N A T I O N A L E R A K T I O N S P L A N D E R B U N D E S R E G I E R U N G

K A SSENZ AHNÄR Z TLICHE VEREINIGUNG

Mit dem Inkrafttreten der Anwendungseinschränkungen für Amalgam zum 1. Juli 2018 wurden die bisherigen Ausnahmeindikationen für die Versorgung mit Kompo-sitfüllungen im BEMA durch einen Beschluss des Bewer-tungsausschusses für zahnärztliche Leistungen erweitert. Seitdem stehen für die Behandlung von Milchzähnen, Kindern unter 15 Jahren, Schwangeren und Stillenden im Seitenzahnbereich auch Kompositfüllungen als GKV-Leistung zur Verfügung (BEMA-Nrn. 13 e – h). Bis dahin wa-ren diese Leistungen auf Patienten beschränkt, bei denen eine Amalgamallergie festgestellt wurde oder die an einer schweren Niereninsuffizienz litten. Darüber hinaus sind bei Milchzähnen aber auch alternative Materialien wie GIZ oder Kompomere abrechnungsfähig (BEMA-Nrn. 13 a – d).

Die Entscheidung über die Verwendung eines bestimm-ten Füllungsmaterials liegt beim Zahnarzt. Er sollte stets genau prüfen, welches Material im konkreten Fall indi-ziert ist. Zu berücksichtigen ist dabei beispielsweise die

Compliance des Patienten und – mit Blick auf den anste-henden Zahnwechsel – die prognostizierte „Verweildau-er“ der Versorgung. Zudem muss auch das Wirtschaft-lichkeitsgebot beachtet werden.

Trotz der Anwendungsbeschränkungen bei bestimmten Patientengruppen gehören Amalgamfüllungen im kau-drucktragenden Seitenzahnbereich grundsätzlich wei-terhin zum vertragszahnärztlichen Leistungsspektrum. Zu beachten ist, dass gesetzlich versicherten Patienten eine zuzahlungsfreie dauerhafte Füllung – aus Amalgam oder einem alternativen Füllungsmaterial –, die dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entspricht, angeboten werden muss. Die Möglichkeit einer Mehrkos- tenvereinbarung bleibt davon unberührt.

Wir verweisen zu diesem Thema auch auf unsere Ver-öffentlichung in den Gelben Seiten vom 15. September 2019.

BEMA-NUMMERN 13 E – H

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D B B B Ü R G E R B E F R A G U N G 2 0 1 9

K A SSENZ AHNÄR Z TLICHE VEREINIGUNG

FAST ZWEI DRITTEL DER DEUTSCHEN HALTEN STAAT FÜR ÜBERFORDERT

61 Prozent der Deutschen halten den Staat bei zentralen Aufgaben für überfordert. Das geht aus der aktu-ellen „Bürgerbefragung Öffentlicher Dienst“ des Deutschen Beamtenbun-des (dbb) hervor, die das Meinungs-forschungsinstitut Forsa durchführte.

Überforderung konstatieren die Be-fragten vor allem in den Bereichen Schule und Bildung (24 Prozent), Asyl- und Flüchtlingspolitik (19 Prozent), innere Sicherheit (17 Prozent), Klima- und Umweltschutz (13 Prozent) sowie Gesundheitsversorgung und soziale Sicherungssysteme (11 Prozent). „Alles Themen, die mit dem Zusammenhalt der Gesellschaft und dem gestörten Gerechtigkeitsempfinden der Leute zu tun haben“, zeigt der dbb-Bundesvor-sitzende Ulrich Silberbach auf.

„In den vergangenen Jahren hat un-sere Umfrage immer wieder ergeben, dass die Menschen sich vom Staat wirksamen Schutz vor negativen Auswirkungen von Globalisierung, Digitalisierung und Entgrenzung er-hoffen. Die 2019 wachsende Unzu-friedenheit mit dem Staat, der Politik, dem öffentlichen Dienst, etablierten Strukturen und Verfahren ist leider logische Konsequenz einer jahrzehn-telangen Spar- und Rückzugspolitik, die wir dringend stoppen müssen“, konstatiert er. Die negative „Per-formancebeurteilung 2019“ für den Staat sei „Ausdruck eines generel-len politisch-gesellschaftlichen Un- behagens“. Auch die „schwierige und ungewöhnlich lange Regierungsbil-

dung sowie die permanenten Kon-flikte innerhalb der Großen Koalition“ haben den „generellen Vertrauens-verlust des Staates in Deutschland“ nach Ansicht des dbb beschleunigt.

Der Vorsitzende des dbb-Landesbun-des Schleswig-Holstein Kai Tellkamp bestätigt die Umfrageergebnisse – wie viele seiner Kollegen in anderen Landesbünden: „Was die Situation in Schleswig-Holstein angeht, haben die Bürger Recht, wenn sie mehrheitlich eine schleichende Überforderung des Staates feststellen“, sagt er. Die Grün-de für diese Entwicklung seien „viel-fältig“. „Besorgniserregend ist jedoch, dass Probleme an keiner Stelle konse-quent und nachhaltig gelöst werden.“

Der Bundesverband Freier Berufe nahm die Umfrageergebnisse zum Anlass, um für die Selbstverwaltung zu werben. In einigen wichtigen Be-reichen biete die Selbstverwaltung der Freien Berufe eine die staatliche Verwaltung entlastende und bewähr-te Struktur, deren Funktionalität es im Interesse der Bürger zu stützen und zu erhalten gelte, kommentierte der Ver-band in seinem „Freiberufler-Ticker“.

Ä R Z T E I M R A N K I N G A U F P L AT Z 2

Seit der ersten „dbb Bürgerbefragung Öffentlicher Dienst“ im Jahr 2007 ermittelt das Meinungsforschungs-institut auch, welches Ansehen ver-schiedene Berufsgruppen in der Be-völkerung genießen. Angeführt wird

dieses „Beruferanking“ 2019 einmal mehr von den Feuerwehrleuten, die bei 94 Prozent der Befragten ein ho-hes Ansehen haben. Es folgen Ärzte (88 Prozent), Kranken- und Altenpfle-ger (87 bzw. 86 Prozent) sowie Poli-zisten (84 Prozent). Politiker dagegen landen – wie auch bereits in den Vor-jahren – auf einem der hinteren Plätze. Lediglich 16 Prozent bescheinigen ihnen ein hohes Ansehen – bei stark fallender Tendenz: 2017 waren es immerhin noch 25 Prozent gewesen. Lediglich Versicherungsvertreter, Mit- arbeiter einer Werbeagentur und Mitarbeiter einer Telefongesellschaft schnitten noch schlechter ab.

Allerdings werden auch Mitglieder beliebter Berufsgruppen häufig be-schimpft, behindert oder sogar an-gegriffen. Laut dbb-Umfrage be-obachtete mehr als jeder vierte Bundesbürger (26 Prozent) schon einmal Übergriffe auf Beschäftigte des öffentlichen Dienstes. Das ergab eine gesonderte Untersuchung im Rahmen der „dbb Bürgerbefragung Öffentlicher Dienst“. In 73 Prozent der Fälle waren Polizisten davon be-troffen, gefolgt von Rettungskräften und Notärzten, von denen 58 Pro-zent schon einmal angegriffen wur-den. Die überwiegende Mehrheit der Bundesbürger (83 Prozent) meint denn auch, dass die Gesellschaft zu-nehmend verrohe, also der Umgang der Menschen untereinander immer rücksichtsloser und brutaler werde.

// Kirsten Behrendt

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Sich im europäischen Ausland mit Zahnersatz versorgen zu lassen, mag manchem Patienten als preisgünsti-ge Alternative erscheinen. Aber auch hier gilt es, bestimmte Regeln einzu-halten. Unter welchen Voraussetzun-gen eine gesetzliche Krankenkasse die Kosten für Auslandszahnersatz erstatten muss, klärt ein Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen- Bremen.

Eine gesetzlich Krankenversicherte, die große Brücken im Ober- und Un-terkiefer benötigte, legte den Heil- und Kostenplan ihres Zahnarztes, der sich auf rund 5.000,- Euro belief, bei ihrer Krankenkasse vor. Diese be-willigte den doppelten Festzuschuss von 3.600,- Euro. Um keinen Eigen-anteil zahlen zu müssen, ließ die Frau die Behandlung in Polen durchfüh-ren. Die Rechnung über 3.300,- Euro reichte sie bei ihrer Krankenkasse ein.

Die Kasse beauftragte zunächst den Medizinischen Dienst der Kran-kenkassen (MDK), ein Gutachten zu erstellen. Der MDK kam zu dem Ergebnis, dass die am Unterkie-fer durchgeführten Arbeiten „nicht mängelfrei“ seien. Die eingesetzte festsitzende Brückenversorgung ent-

spreche nicht den in Deutschland geltenden „Qualitäts- und Konstruk-tionskriterien“. Daraufhin lehnte die Kasse eine Bezuschussung der Ver-sorgung im Unterkiefer ab.

Zu Recht, wie das Landessozialge-richt Niedersachsen-Bremen be-fand. Ob die Brücke mangelhaft war, spielte bei der Entscheidung allerdings keine Rolle. Das Gericht stellte vielmehr darauf ab, dass die Auslandsbehandlung von der Kasse zuvor nicht genehmigt worden war. Dafür hätte ein Heil- und Kostenplan der polnischen Praxis vorgelegt wer-den müssen; der Plan der deutschen Praxis reiche nicht aus. Zwar könne ein Patient sich auch im EU-Ausland behandeln lassen: „Der Anspruch auf Kostenerstattung für einen im EG-Ausland beschafften Zahnersatz setzt allerdings die Genehmigung der Versorgung nach Prüfung einer einem Heil- und Kostenplan ver-gleichbaren Unterlage durch die

Krankenkasse vor der Behandlung voraus“, urteilte das Gericht.

Nach Auffassung des Senats war in diesem Fall eine vorherige Prüfung und Genehmigung der Behandlung unmöglich – was zum Anspruchsaus-schluss führe. Auch bei der Inanspruch-nahme von „grenzüberschreitenden zahnprothetischen Behandlungen im EU-Ausland“ müsse der Krankenkas-se vor Durchführung der Behandlung die Möglichkeit gegeben werden, die vorgesehene Versorgung mit Zahn-ersatz auf ihre Notwendigkeit, Zweck-mäßigkeit und Wirtschaftlichkeit hin zu überprüfen und gegebenenfalls begutachten zu lassen. Nur so könne sie die Inanspruchnahme der „in aller Regel mit hohen Kosten verbundenen“ Zahnersatzleistungen steuern. Das Ver-fahren der Vorlage und Prüfung des Heil- und Kostenplans durch die Kran-kenkasse vor der zahnprothetischen Behandlung gelte unterschiedslos für den Fall der Versorgung mit Zahner-satz im Inland wie im Ausland.

Nach derzeitigem Stand ist das Ur-teil noch nicht rechtskräftig.

// Kirsten Behrendt

L A N D E S S O Z I A L G E R I C H T N I E D E R S A C H S E N - B R E M E N

K A SSENZ AHNÄR Z TLICHE VEREINIGUNG

ZE-VERSORGUNG IM AUSLAND MUSS VORAB GENEHMIGT WERDEN

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Nur wenige Deutsche lassen sich im Ausland mit Zahnersatz versorgen. Das ist das Ergebnis einer Umfrage des MDR-Magazins „Umschau“ bei der AOK, der Techniker Krankenkasse (TK) und der Barmer im April dieses Jahres. Bei der Barmer sind es demnach 0,1 Prozent der Versicherten, bei der TK 0,2 Pro-zent. Die AOK konnte keine konkreten Zahlen nennen, bestätigte aber, dass die ZE-Behandlung im Ausland auch bei ihr nur eine geringe Rolle spiele.

„Von den bis zu 900.000 Zahnbe-handlungen pro Jahr bei uns entfal-len etwa 1.600 bis 1.800 auf Kliniken im Ausland. Und diese Zahl ist seit Jahren konstant“, sagte Andreas Herforth, TK-Referent für zahnärzt-liche Versorgung, dem Magazin. Wenn Patienten ins Ausland gingen, dann laut Herforth meist für aufwen-dige Behandlungen im Umfang von 3.000 bis 4.000 Euro.

„Aus gutem Grund bevorzugen Pa-tienten in der Regel einen Zahnarzt ihres Vertrauens in der Nähe ihres Wohnorts“, schreibt die Kassenzahn-

ärztliche Bundesvereinigung (KZBV) auf ihrer Homepage. Nur so werde eine „kontinuierliche Beziehung über Jahre hinweg möglich“, die für eine erfolgreiche Behandlung sehr wich-tig sei. „Der langjährige Zahnarzt kennt die Vorerkrankungen, indivi-duellen Bedürfnisse und Wünsche seiner Patienten und kann deshalb optimale Vorschläge für seine Be-handlung unterbreiten.“ Und nicht zuletzt stehe er auch kurzfristig in Notsituationen zur Verfügung.

Darüber hinaus seien in Deutsch-land die Rechte der Patienten bei

Gewährleistungsansprüchen klar ge- regelt. Eine Zahnbehandlung im Ausland könne dagegen Probleme bereiten, wenn sich nachträglich Mängel herausstellten: „Kein Zahn-arzt in Deutschland ist verpflichtet, fremden Zahnersatz kostenfrei zu korrigieren oder nachzubessern“, gibt die KZBV zu bedenken.

// Kirsten Behrendt

„ Z A H N A R Z T - T O U R I S M U S “

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O K T O B E R 1 9 9 4

VOR 25 JAHREN IM ZAHNÄRZTEBLATT

DEUTSCHE GEHEN FÜR VERSORGUNG MIT ZAHNERSATZ NUR SELTEN INS AUSLAND

• Für ein „duales Gesundheitssystem“, in dem der „mündige“ Patient zwischen Regel-, Vertrags- und Wahlleistungen wählen kann, sprach sich Prof. Dr. Peter Ober-ender (Universitäten Bayreuth und Jena) aus.

• Über die Arbeit der Prüfungsausschüsse – damals noch „einheitliche Prüfungsaus-schüsse“ – berichtete das Zahnärzteblatt bereits vor 25 Jahren (s. auch Zahnärzte-blatt September 2019). Sie seien in einem System der Sozialversicherung, in dem die finanziellen Mittel begrenzt seien, ein „notwendiges Übel“, stellte der Autor fest.

• Als letztes Bundesland erhielt Schleswig-Holstein eine „Landesverordnung über die Genehmigung für das Einleiten von Abwasser mit gefährlichen Stoffen in Ab-wasseranlagen“. Grundlage war das „Wasserhaushaltsgesetz“ des Bundes. Dem-nach durfte amalgamhaltiges Abwasser aus Zahnarztpraxen seit dem 1. September 1994 nur noch für eine Übergangsfrist in öffentliche Abwasseranlagen eingeleitet werden. Danach (ab spätestens dem 31.9.1999) wurde auch für vorhandene Praxen ein Amalgamabscheider „mit Prüfzeichen“ Pflicht.

AUSGABE 10

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DIGITAL GEHT ALLES BESSER?

„Mit Digitalisierung kenn ich mich aus“, sagte ein Kollege am Rande der Veranstaltung und fügte augen-zwinkernd hinzu: „Ich behandle sogar bi-digital!“. Am zweiten Sep-tember-Wochenende trifft sich die Zahnärzteschaft im Norden tradi-tionell an der Kieler Förde zum Ta-geskongress des Freien Verbands. Geboten wurde auch in diesem Jahr praktische Fortbildung für das ganze Team und aktuelle Berufspolitik.

Im fachlichen Teil führte Hauptre-ferent Professor Dr. Edgar Schäfer aus Münster das Auditorium in die tiefsten Verästelungen des Wurzel-kanalsystems menschlicher Zähne. Garniert mit vielen Anekdoten aus Studentenkursen und westfälisch tro-ckenem Humor beleuchtete Schäfer die Endodontie von der Diagnostik bis zur Nachsorge – sprich -versor-gung. Das Fazit: Spülen kann man nie zuviel (die letzte Spülung mit Schall oder Ultraschall aktivieren!), Wurzel-kanäle gibt es meist mehr als man denkt, darum exzentrisch röntgen und: der Boden des Pulpencavums von Molaren sieht nicht nur so aus, als hätte man mit Schrot drauf ge-

schossen – er ist auch oft durchlässig. Also in Adhäsivtechnik versiegeln, bevor die Füllung drauf kommt.

Goldstandard der Spüllösungen sind immer noch Natriumhypochlo-rid und Chlorhexidin (ggf. auch als Einlage) sowie Calciumhydroxid, denn es tummeln sich nicht nur hunderte von Bakterienarten im Zahn, sondern auch Viren und Pilze (z.B. Candida). Cortikoide im Wurzelkanal sollten nach Schäfers Ansicht tunlichst ver-mieden werden. Moderne Gerät-schaften (weiterentwickelte Nickel- Titan-Feilen) erleichtern die Auf-bereitung, aber ein „Zuviel“ kann die Prognose des Zahnes auch ver-schlechtern: Es gebe Hinweise dar-auf, dass die großräumige maschinel-le Aufbereitung mit starker Konizität zu tollen Wurzelfüllungen, aber zu-gleich zu einer Schwächung des Zah-nes insgesamt führt. Priv.-Doz. Dr. Dr. Felix Blake gab anschließend einen Überblick über die Möglichkeiten, wenn die endodontischen Bemühun-gen nicht zum Erfolg geführt haben: Titan- oder Keramik-Implantat? Bei der Entscheidung für das Material sollte eine Titan-Unverträglichkeit

ausgeschlossen werden (eine echte Allergie gibt es nicht!). Keramik-Im-plantate seien inzwischen sehr sicher und ausgereift, aber immer noch deutlich teurer in der Herstellung.

D V G , E PA U N D D I E M A C H T D E R D AT E N

Die „Standespolitische Sprechstunde“ vor der Mittagspause verlief leb- haft. FVDZ-Bundesvorsitzender Ha-rald Schrader und der kommissa-rische Landesvorsitzende Jan-Phi-lipp Schmidt diskutierten mit den

Standespolitische Sprechstunde: Wem nützt die Digitalisierung im Gesundheitswesen?

Prof. Dr. Edgar Schäfer: Kanalarbeiter müssen spülen, spülen, spülen ...

O S T S E E - S Y M P O S I U M D E S F R E I E N V E R B A N D E S I N K I E L

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O S T S E E - S Y M P O S I U M D E S F R E I E N V E R B A N D E S I N K I E L

gesundheitspolitischen Sprechern der im Landtag vertretenen Parteien u.a. den Entwurf des „Digitale-Ver-sorgung-Gesetzes“ (DVG) von Bun-desgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Man müsse auch mal durch-greifen, verteidigte Hans-Hinrich Newe (CDU) die Pläne seines Partei-freundes, sonst gehe es nicht voran.

Dem hielt Bernd Heinemann (SPD) entgegen, das Tempo des Ministers mit Änderungen in letzter Minute und Nachtsitzungen wie beim Ter-minservicegesetz (TSVG) führten zu einem fragwürdigen Umgang mit den Rechten des Parlaments. Er halte nichts davon, die Selbstverwaltungs-gremien einfach auszuschalten, weil das Ministerium alles schneller und besser kann, und nannte als Beispiel die handstreichartige Übernahme der gematik-Mehrheit durch das BMG. Heinemann beklagte, in der ak-tuellen Debatte komme man an wich-tige Informationen nur, „wenn man jemanden kennt, der einen kennt, der mit jemandem Kaffee trinkt“. Er warn-te vor einem Weg in die „Staatsme-dizin“ und „dänischen Verhältnissen“ wo „um fünf der Hammer fällt“ und plädierte ausdrücklich für den Erhalt des deutschen Gesundheitssystems mit Niedergelassenen in der ambu-lanten Versorgung.

Dennys Bornhöft (FDP – im Hauptbe-ruf IT-Experte) betonte, Digitalisie-rung sei kein Selbstzweck, sondern müsse sinnvoll eingesetzt werden. Die Nutzung von Gesundheits-Apps könne hilfreich sein, müsse aber auf jeden Fall freiwillig bleiben. Als wei-teres Beispiel nannte er die Möglich-keit, zur Verbesserung der Kosten- transparenz Patientenquittungen aus- stellen zu können. Das provozierte den Zwischenruf aus dem Publikum: „Quittung ist Quatsch, Rechnung ist richtig!“. Echte Transparenz gebe es am einfachsten bei Direktabrech-nung mit Kostenerstattung.

KZV-Chef Dr. Michael Diercks wies zudem darauf hin, dass der Preis

der Leistung im Sachleistungssystem erst im Nachhinein feststehe. Der Vor-sitzende des Landesfachausschusses Gesundheit der AfD, Dr. Roland Ka-den, erklärte, Zahnärzte und deren Patienten seien schon lange daran ge-wöhnt, dass für bestimmte Leistungen Rechnungen ausgestellt würden. Bei der elektronischen Patientenakte (ePA) müsse es ermöglicht werden, zahnme-dizinische und allgemeinmedizinisch relevante Datensätze zu trennen.

Zur ePA kam die besorgte Frage aus dem Publikum: „Was bringt mir als Zahnarzt der Blick in eine hundertsei-tige Patientenakte? Muss ich von je-der Kinderkrankheit wissen und wer haftet, wenn etwas Wichtiges nicht drinsteht?“ Bundesvorsitzender Ha-rald Schrader betonte, die Zahnärzte-schaft sei alles andere als digitalisie-rungsfeindlich. Seit 30 Jahren werde elektronisch abgerechnet, digital geröntgt und seit geraumer Zeit di-gital Zahnersatz hergestellt. Wichtig sei der Fokus auf den tatsächlichen Nutzen. „Schwer tun wir uns mit dem Argument der Politik: Wir brauchen alle Daten von allen Patienten und al-len Ärzten, damit wir die Versorgung besser steuern können“. Mit Zentral-steuerung habe man schon immer schlechte Erfahrungen gemacht. Für überzogen hält Schrader das Durch-drücken von „Neuerungen“ mittels Sanktionsmaßnahmen und stellte

fest: „Wer den Nutzen davon hat, muss auch bezahlen“. Anreize und Bonussysteme würden die Akzeptanz verbessern, während Strafmaßnah-men eher Widerstand provozieren.

Einig war man sich darüber, dass das Deutsche Gesundheitssystem (noch) eines der besten der Welt ist, es gibt also etwas zu verteidigen!

Mit einem Ausblick auf den Jubiläums-kongress im nächsten Jahr (50 Jahre OSY – 12. September 2020 – Hotel At-lantic – Kiel) mit dem Hauptreferenten Professor Dr. Roland Frankenberger verabschiedete der zweite kommis-sarische Landesvorsitzende Dr. Björn Schultz die Teilnehmer zum Abschluss in einen sonnigen Spätsommerabend.

// Dr. Joachim Hüttmann

Endodontie von der Diagnostik bis zur Nachsorge

Priv.-Doz. Dr. Dr. Felix Blake: Titan oder Keramik? Das ist hier die Frage.

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VERBRAUCHER IM INTERNET: „ERNST NEHMEN STATT AUSTRICKSEN“

Der Kunde als König – oder doch eher als Datenlieferant? Verbraucher be-finden sich in der Online-Welt zunehmend „im Fadenkreuz“ von Firmen und Konzernen, die mit Hilfe von Tracking und Algorithmen das Nutzungsverhal-ten, Kaufgewohnheiten, aber auch Emotionen und sogar den Gesundheits-zustand analysieren, um gezielt passende Produkte und Dienstleistungen „vorzuschlagen“. Die unbemerkte Beeinflussung von Nutzern bietet Daten- und Verbraucherschützern ein weites Betätigungsfeld. Das belegte auch die diesjährige „Sommerakademie“ des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) am 9. September in Kiel. Die unter dem Motto „Verbraucher im Fokus – Verbraucher im Mittelpunkt“ stehende Veranstaltung beleuchtete das komplexe Thema aus unterschiedlichen Per-spektiven.

Dass es dabei nicht nur um zielge-naue Werbung geht, machte Ma-rit Hansen, Landesbeauftragte für Datenschutz Schleswig-Holstein und Leiterin des ULD, deutlich: Mit einer feinen Kategorisierung ließen sich beispielsweise auch individuell un-terschiedliche Preise und Vertrags-konditionen festsetzen, die Men-schen diskriminieren könnten, zeigte sie auf. Neu sei eine solche Kategori-sierung zwar nicht – sie werde jedoch immer detaillierter. „Transparenz“ für den Verbraucher existiere dabei nicht.

Technische Systeme arbeiteten oft mit dem abhängig machenden „Ad-dictive Design“ – „klassische“ Bei-spiele dafür sind Smartphones und

insbesondere Social Media: Positives Feedback rufe angenehme Emotio-nen hervor, auf die der Nutzer nicht verzichten wolle, beschrieb Hansen. „Dark Patterns“ seien dagegen da-rauf ausgelegt, durch eine gezielt nutzerunfreundliche Gestaltung zu eigentlich ungewollten Handlungen zu verleiten. So „motiviere“ Face-book seine Nutzer nach Recherchen des norwegischen Verbraucherrats beispielsweise dazu, einem biomet-rischen Gesichtsabgleich zuzustim-men, indem bei Abwahl der entspre-chenden Funktion suggeriert werde, dass so kein Schutz bei Identitäts-missbrauch erfolgen könne. Auch umständlich aufzufindende Abwahl-möglichkeiten fallen in diese Kate-gorie.

D E R V E R B R A U C H E R A L S „ F O L L O W E R “

Das „Influencer Marketing“ als einen weiteren Aspekt der möglichen Ma-nipulation von Verbrauchern unter-suchte die schleswig-holsteinische Justiz- und Verbraucherschutzmi-nisterin Dr. Sabine Sütterlin-Waack (CDU). Diese besondere Form des Marketings zeichne sich durch On-line-Werbung über die Einbindung von „Meinungsmachern“ – in der Re-gel Personen mit Ansehen, Einfluss und Reichweite in den sozialen Me-dien – aus, definierte die Referentin. „Influencer“ gälten als „vertrauens-würdige Vorbilder“ und besäßen zu-dem den Vorteil, in den sozialen Me-dien als Multiplikatoren zu fungieren, beschrieb sie.

Das Problem: Werbung und Informa-tion seien nicht immer klar zu unter-scheiden. Die Grenzen, wann ein „Influencer“ geschäftlich und wann er privat handele, seien fließend: Zu berücksichtigen seien hier insbeson-dere das Recht auf freie Meinungs-äußerung und das Recht auf freie Berufswahl. Entsprechend herrsche erhebliche Rechtsunsicherheit, wel-

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Marit Hansen: „Werbung je nach Gesundheit und Gemütslage“

Dr. Sabine Sütterlin-Waack: „Information und Werbung sind nicht immer leicht zu unterscheiden.“

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che Beiträge ein „Influencer“ in den Sozialen Medien als Werbung kenn-zeichnen muss, um seinen Pflichten nach dem „Gesetz gegen den unlau-teren Wettbewerb“ (UWG) gerecht zu werden; Stichwort: „Schleichwer-bung“. Eine Regelung, die als Krite-rium für eine Kennzeichnungspflicht den Erhalt einer wirtschaftlichen Gegenleistung durch Dritte ansetzt, ist aus Sicht der schleswig-holsteini-schen Ministerin nicht ausreichend. Sütterlin-Waack plädierte dafür, auch die Anzahl der Follower, den Jahres-umsatz, eine mögliche Verlinkung auf Produktseiten und die Nennung von Produktnamen als Richtschnur mit einzubeziehen.

D AT E N S C H U T Z : M E H R A L S E I N T R E N D T H E M A

Für die Verbraucherzentralen ist Da-tenschutz „mehr als ein Trendthema“. Das machte Jutta Gurkmann vom Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. klar. Die Verbindung zwischen Daten- und Verbraucherschutz wird besonders deutlich, wenn man Ver-stöße gegen den Datenschutz unter wettbewerbsrechtlichen Aspekten betrachtet. Gurkmann unterstrich, dass es beim Datenschutz nicht nur um Persönlichkeitsrechte, sondern auch um Marktmacht und Daten-schutz als Wettbewerbsvor- bzw. -nachteil gehe. „Im Augenblick profi-tieren die, die es falsch machen“, kri-tisierte sie.

Vielfach ist dem Verbraucher nicht bewusst, was für Daten über ihn ge-sammelt werden, in welche Katego-rie er gesteckt wird und welche Ent-scheidungen Unternehmen aufgrund dessen treffen. Zwar räumt Artikel 15 der DSGVO betroffenen Personen ein Auskunftsrecht über die verarbei-teten personenbezogenen Daten ein. In der Praxis stößt das jedoch häufig auf Schwierigkeiten. Katharina No-cun, Bürgerrechtlerin und Autorin, hat das am eigenen Leib erfahren. Für die Recherche zu ihrem Buch „Die Daten, die ich rief“ durchforstete No-cun ihre eigenen Datenspuren, gene-rierte sogar gezielt neue – und fragte dann bei den entsprechenden Unter-nehmen gemäß Artikel 15 DSGVO ab, was dort über sie gespeichert ist.

Lange Bearbeitungszeiten, die Not-wendigkeit, mehrfach nachzufassen, aber auch vage und unvollständige Angaben erschweren ihrer Erfahrung nach für „Otto-Normalnutzer“ die Datenabfrage – und schrecken viele davon ab. Auch sei nicht immer klar, welche Daten überhaupt verfügbar seien und wonach man daher fragen müsse. Zudem bemängelte Nocun fehlende Angaben über Speicherfris-ten. Die Erkenntnis, dass Art, Umfang und Detailreichtum der gespeicher-ten Daten nach Nocuns Beschrei-bung das Vorstellungsvermögen teilweise sprengen, war da nur ein „Nebeneffekt“ ihres Selbstversuchs. So entdeckte sie in einem „Clickstream“

beispielsweise nicht nur, wann sie welchen Film angesehen hatte. Auch die Betätigung der Stopptaste und das wiederholte Ansehen bestimm-ter Szenen waren genauestens proto-kolliert.

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Fazit: Die heutige Realität zeichnet sich durch „datenhungrige und ma-nipulative“ (Hansen) Online-Anwen-dungen aus. Der mündige Verbrau-cher ist dabei bisher offensichtlich nur eine Wunschvorstellung. Grup-pendruck – wer nicht bei WhatsApp ist, ist eben auch nicht informiert –, Zeitmangel, der es nicht erlaubt, alle Nutzungs- und Datenschutzbedin-gungen genau zu lesen sowie von Unternehmen gezielt einkalkulierte Hindernisse machen manipulierbar.

Notwendig wäre also in erster Linie Fairness beim Umgang mit Verbrau-chern wie auch bei der Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten. Wie sich das bewerkstelligen ließe, hatte ULD-Chefin Hansen bereits eingangs deutlich gemacht. Daten-schutz „by design“ („eingebauter“ Datenschutz) und Datenschutz „by default“ (datenschutzfreundliche Vor- einstellungen als Startpunkt) sollten bei der Technikgestaltung selbstver-ständlich werden, fordert Hansen. Nötig für Verbraucher-Souveränität

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Jutta Gurkmann: „Im Augenblick profitie-ren die, die es falsch machen.”

Katharina Nocun: Wahrnehmung des Rechts auf Auskunft stößt in der Praxis auf Schwierigkeiten.

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sei zudem Verständlichkeit bei Nut-zungs- und Datenschutzbestimmun-gen. Das sei im Übrigen auch in der Datenschutzgrundverordnung fest-geschrieben – die, so Hansen, konse-quent durchgesetzt werden müsse. Ein Schulterschluss mit dem Verbrau-cherschutz und der Kartellaufsicht, aber auch die Förderung von Nut-zerkompetenz listete sie als weitere Stellschrauben auf.

Dass eine faire Gestaltung der Pro-dukte und Dienste zugunsten der Verbraucher ebenso notwendig wie möglich wäre, zeigte auch Prof. Dr. Christian Thorun vom Institut für Ver-braucherpolitik ConPolicy GmbH auf. Um seine Forderungen zu un-termauern, zitierte er Erkenntnisse der Verhaltenswissenschaften: Zwar behaupteten knapp 60 Prozent der Internetnutzer in Umfragen, „immer“ oder „meistens“ die Datenschutz-bestimmungen einer Anwendung zu lesen; 76 Prozent gäben an, in der Vergangenheit konkrete Daten-schutzmaßnahmen ergriffen zu ha-ben; 92 Prozent erklärten, der Schutz ihre persönlichen Daten sei ihnen wichtig. Untersuchungen von Verhal-tenswissenschaftlern belegten nach Angaben von Thorun jedoch, dass die Realität oft anders aussieht: „In-tention-Behavior-Gap“ oder das „Pri-vacy Paradoxon“ lauten die wissen-schaftlichen Bezeichnungen dafür. Ebenso wie Hansen sieht Thorun da-her Unternehmen in der Pflicht umzu-denken, um die in der DSGVO ange-

legten Konzepte „privacy by design“ und „privacy by default“ mit Leben zu füllen. Voreinstellungen sollten das „intendierte Verhalten“ so einfach wie möglich machen, so Thorun.

Vielleicht ist im Bereich Social Media ja der Ansatz von Christian Buggedei die Lösung? Buggedei, Gründer von Darcy.is, arbeitet an der Entwicklung einer werbefrei-en Plattform für Social Media, die ohne „Dark Patterns“ auskommt, das Prinzip „privacy by design“ berück-sichtigt, die Portabilität der Daten gewährleistet und dem Nutzer seine Datenhoheit belässt.

Alle Social-Media-Angebote mit hoher Reichweite seien werbefinan-ziert, erläuterte Buggedei seinen Ausgangspunkt. Aus diesem Grund würden die Gestaltung der Software, Inhalte, die Datenerhebung und der Umgang mit den Nutzern der Werbewirksamkeit untergeordnet. Stattdessen plädiert Buggedei für ein „offenes Ökosystem“ mit unter-schiedlichen Anbietern nach dem Vorbild der E-Mail. Da Social Media auch in Form von „Open Source“ je-doch nicht unentgeltlich angeboten werden könnte – Softwareentwick-lung und Serverbetreibung verursa-chen Kosten –, schlug der Referent neue Geschäftsmodelle vor: Social Media als Teil von Vereinsmitglied-schaften, als „Extra“ eines E-Mailkon-tos, als Mittel zur Kundenbindung. Ob der Nutzer allerdings auf „be-

währte“ Apps verzichten würde, um zu datenschutzfreundlicheren Alter-nativen zu wechseln, ist zumindest fraglich und hängt unter anderem sicherlich auch von der Attraktivität der Angebote ab.

Auf „Transparenz über Verfahren und Daten“ baut auch der unter an-derem für Digitalisierung zuständi-ge schleswig-holsteinische Minister Jan Philipp Albrecht (Bündnis 90/Die Grünen). Aus der „Perspektive des Staates“ setze dies eine Kontrolle der eingesetzten Technologien und die Beachtung der verfassungsmäßigen Rechte der Nutzer voraus. Daran je-doch, das zeigten die Referate deut-lich, hapert es zurzeit noch. Achtsam-keit und Kompetenz des einzelnen Nutzers, der sich in der digitalen Welt bewegt, bleiben daher unabdingbar.

// Kirsten Behrendt

Prof. Dr. Christian Thorun: Intention-Behavior-Gap Christian Buggedei: Appell für soziale Medien ohne Werbedruck

Jan Philipp Albrecht: Digitale Souveränität im Mittelpunkt

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S C H L E S W I G - H O L S T E I NK A SSENZ AHNÄR Z TLICHE VEREINIGUNG

Das Zahnärzte-Praxis-Panel -Ihre Unterstützung ist gefragt!

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Sie haben Fragen zum ZäPP?Weitere Informationen im Internet unter www.kzv-sh.de/zaepp/www.kzbv.de/zaepp · www.zäpp.deOder einfach QR-Code mit dem Smartphone scannen.

Für Rückfragen bei Ihrer KZV: Ansprechpartner: Herr Andreas EggersTelefon: 0431 3897-160 · E-Mail: fi [email protected]

Ansonsten erreichen Sie bei Bedarf die Treuhandstelle des mit ZäPP beauftragten Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi)unter der Rufnummer 030 4005 2446 von Montag bis Freitag zwi-schen 8 und 16 Uhr. Oder E-Mail an [email protected]

Unterstützen Sie das ZäPP – In Ihrem eigenen Interesse!

V V-VORSITZENDENTREFFEN IN ROSTOCK/WARNEMÜNDE

Am Samstag, den 21.09.19, trafen sich in Rostock/Warnemünde die VV-Vor-sitzenden der KZVen zu ihrer zweiten gemeinsamen Sitzung in diesem Jahr. Bei der diesmal von der KZV Meck-lenburg-Vorpommern ausgerichteten Veranstaltung kam es zum intensi-ven Austausch der 13 teilnehmenden Vorsitzenden bzw. ihrer Stellvertreter über ihre Erfahrungen und mögliche Probleme aus den jeweiligen KZV- Bereichen.

Hauptthemen waren die Vertrags-verhandlungen und Abschlüsse mit den Krankenkassen, der Stand der Anbindung an die TI in den einzel-nen Bereichen (durchschnittlich bei fast 90 Prozent) sowie erste Erfahrun-gen bei der Nutzung der papierlosen Abrechnung und der elektronischen Genehmigung von HKPs.

Außerdem tauschten sich die Teil-nehmer über die geplante Durch-führung der Qualitätsprüfungen ab Ende dieses Jahres aus.

Die VV-Vorsitzenden sind sich darü-ber hinaus einig, dass – insbesonde-re auch im Interesse der Patienten – eine Unterstützung und Förderung der

Strukturen investorgeführter Z-MVZ den Grundsätzen der freiberufli-chen und selbstständigen Ausübung des zahnärztlichen Berufes entgegen steht und so mit ihren Ehrenämtern in den KZVen nicht vereinbar ist.

// KZV Mecklenburg-Vorpommern

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S C H L E S W I G - H O L S T E I NZ AHNÄR Z TEK AMMER´ S C H L E S W I G - H O L S T E I N

EROSION UND ABRASION: ÄTIOLOGIE UND THERAPIEMÖGLICHKEITEN

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Zahnerosionen und –abrasionen werden in zunehmendem Umfang bei unseren Patienten beobachtet. Oftmals ist es schwie-rig, die Hintergründe der Erkrankung im Einzelfall zu klären. Somit ist es für die Therapie und Prävention von Zahnerosionen wichtig, Kenntnisse über die Ätiologie und Hintergründe der Erkrankung zu besitzen. Darüber hinaus sind Zahnerosionen oftmals mit sehr ausgeprägten Zahnhartsubstanzdefekten verknüpft. Dies bedeutet, dass häufig umfangreiche Restauratio-nen erforderlich sind, mit denen gleichzeitig eine Bisshebung vorgenommen wird. Dieser Bisshebung kann im Einzelfall eine Vorbehandlung mit einer Aufbiss-Schiene vorangestellt sein. Die dann gefundene neue Okklusionsposition muss bei den neuen Rekonstruktionen berücksichtigt werden. Als ein Zwischenschritt ist es daher häufig sinnvoll, die neue Okklusions-position durch direkte Kompositrestaurationen zu stabilisieren, bevor evtl. weitere prothetische Maßnahmen folgen.

P R O G R A M M

09.30 Uhr Teil 1: Erosion und Abrasion: Ätiologie und Therapiemöglichkeiten Prof. Dr. Thomas Attin, Zürich

11.30 Uhr Brunch and Work

12.15 Uhr Teil 2: Erosion und Abrasion: Ätiologie und Therapiemöglichkeiten Prof. Dr. Thomas Attin, Zürich

13.45 Uhr Diskussion

14.00 Uhr Voraussichtliches Ende des 20. Institutstages

SAMSTAG, 7. DEZEMBER 2019, 09.30 UHR – 14.00 UHRHeinrich-Hammer-Institut, Westring 496

Zahnärztekammer Schleswig-HolsteinHeinrich-Hammer-InstitutWestring 49624106 KielTel: 0431 260926-82Fax: 0431 260926-15

95,00 € für Zahnärztinnen u. Zahnärzte

5 FORTBILDUNGS- PUNKTE

I N H A LT E

• Hintergründe zur Entstehung von Erosionen und Abrasionen• Beurteilung von Mundhygienemittel• Begünstigende Faktoren für Erosio-Abrasionen• Prävention von Erosionsschäden• Konzepte zur restaurativen Therapie von Erosisonschäden mit direkten Restaurationen in Adhäsivtechnik• Aufbau von Seiten- und Frontzähnen mit Komposit (step-by-step)• Hinweise zu geeigneten Komposit-Materialien für die direkte Versorgung von Erosionen • Hinweise zur Verwendung von Adhäsivsystemen im Erosionsgebiss