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1 Brückenbau in den alten und neuen Bundesländern Univ.-Prof. Dr.-Ing. Jürgen Stritzke Institut für Massivbau, TU Dresden Magnifizenz, sehr geehrte Herr Prorektor, Spectabilis, sehr geehrter Herr MR Dipl.-Ing. Naumann, sehr verehrte Fachkolleginnen und Fachkollegen, liebe Studentinnen und Studenten, sehr geehrte Gäste, wir haben die Fachwelt des In- und Auslandes zum Dresdner Brückenbausymposium 2009 zum 19. Mal nach Dresden eingeladen. Ich begrüße Sie im Namen des Instituts für Massivbau der Fakultät Bauingenieurwesen, im Namen des Vereins der Freunde des Bauingenieurwesens e. V. und im Namen der TUDIAS GmbH an der Technischen Universität Dresden auf das Herzlichste. Ich grüße unsere Gäste aus der Tschechischen Republik, der Republik Bulgarien, Rumänien und Polen sowie unsere Gäste aus Österreich, der Schweiz, Slowenien, Griechenland, Dänemark, Großbritannien und Syrien. Mein Gruß und mein Dank gelten insbesondere unseren Herren Referenten und Koreferenten für das interessante Fachprogramm. Das Dresdner Brückenbausymposium selbst hat sich mit Abstand zur wichtigsten nationalen Veranstaltung des Fachgebietes Brückenbau entwickelt. Ich führe das u. a. auch darauf zurück, dass das Programm stets ein großes Interesse bei Ihnen geweckt hat. In der begleitenden Fachausstellung präsentieren wieder über 50 Aussteller ihre Produkte und Dienstleistungen aus den Bereichen Planung, Entwurf, Bauausführung, Baustoffe, Umwelttechnik, Software und Ingenieurtech- nik. Die Fachausstellung ist der Treffpunkt der Brückenbauer und bietet hervorragende Möglichkeiten für das Knüpfen und Vertiefen von Branchenkontakten. Die Informationsstände im Foyer und Seminarräumen des Hör- saalzentrums leisten gleichzeitig einen ganz wesentlichen Beitrag zur Weiterbildung. Nutzen Sie die Chance, so viele Experten vor Ort ansprechen zu können. Unser wichtigstes verkehrspolitisches Ziel ist die Sicherung der Mobilität von Personen und Gütern. Die Straße übernimmt dabei eine bedeutende Rolle. Die Dimensionen des Güterverkehrs haben mancherorts zur weitest- gehenden Erschöpfung der Kapazitätsreserven geführt. Alle bisherigen Versuche, diese Entwicklung durch Ver- kehrsverlagerungen oder Verteuerung in den Griff zu bekommen, konnten diese Entwicklung nicht bremsen. Das bisherige Verkehrswachstum ist vor allem ein Ausdruck der gestiegenen Wirtschaftskraft in unserem Land und in Europa und natürlich auch die Folge des gestiegenen Transitverkehrs. Es spricht viel dafür, dass dies auch so bleibt, denn andere Verkehrsträger bieten kaum Ausweichalternativen. Umso erfreulicher ist es, dass auch im vergangenen Jahr eine ganze Reihe von Verkehrsfreigaben erfolgten. Bei den Bundesautobahnen sind allein rd. 135 km mit 21 Einzelvorhaben und einer erheblichen Anzahl von Brücken unter Verkehr gegangen. Als eines der herausragenden Ereignisse soll die Fertigstellung der A 73 Suhl-Bamberg genannt werden. Mit der Verkehrsfreigabe des letzten, 11,70 km langen DEGES-Abschnittes zwischen Schleusingen und Eisfeld-Nord am 25.7.2008 wurde die Autobahn auf 33,50 km zwischen dem AD Suhl und der Landesgrenze Thüringen/Bayern durchgängig befahrbar und die Talbrücken Schleuse und Talbrücke Brünn kamen unter Verkehr. Gleichzeitig wurde damit das VDE Nr. 16 im Freistaat Thüringen auf der gesamten Länge von 129,8 km fertig gestellt. Der letzte Abschnitt der A 73 in Bayern von der AS Ebersdorf bei Coburg bis zur AS Lichtenfels wurde am 5.9.2008 für den Verkehr freigegeben. Da bereits 2007 die Ertüchtigung der vierstreifigen B 173 zwischen Lichtenfels und 15

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1 Brückenbau in den alten und neuen Bundesländern

Univ.-Prof. Dr.-Ing. Jürgen StritzkeInstitut für Massivbau, TU Dresden

Magnifizenz,sehr geehrte Herr Prorektor,Spectabilis,sehr geehrter Herr MR Dipl.-Ing. Naumann,sehr verehrte Fachkolleginnen und Fachkollegen,liebe Studentinnen und Studenten,sehr geehrte Gäste,

wir haben die Fachwelt des In- und Auslandes zum Dresdner Brückenbausymposium 2009 zum 19. Mal nachDresden eingeladen. Ich begrüße Sie im Namen des Instituts für Massivbau der Fakultät Bauingenieurwesen,im Namen des Vereins der Freunde des Bauingenieurwesens e. V. und im Namen der TUDIAS GmbH an derTechnischen Universität Dresden auf das Herzlichste.

Ich grüße unsere Gäste aus der Tschechischen Republik, der Republik Bulgarien, Rumänien und Polen sowieunsere Gäste aus Österreich, der Schweiz, Slowenien, Griechenland, Dänemark, Großbritannien und Syrien.

Mein Gruß und mein Dank gelten insbesondere unseren Herren Referenten und Koreferenten für das interessanteFachprogramm.

Das Dresdner Brückenbausymposium selbst hat sich mit Abstand zur wichtigsten nationalen Veranstaltung desFachgebietes Brückenbau entwickelt. Ich führe das u. a. auch darauf zurück, dass das Programm stets ein großesInteresse bei Ihnen geweckt hat.

In der begleitenden Fachausstellung präsentieren wieder über 50 Aussteller ihre Produkte und Dienstleistungenaus den Bereichen Planung, Entwurf, Bauausführung, Baustoffe, Umwelttechnik, Software und Ingenieurtech-nik. Die Fachausstellung ist der Treffpunkt der Brückenbauer und bietet hervorragende Möglichkeiten für dasKnüpfen und Vertiefen von Branchenkontakten. Die Informationsstände im Foyer und Seminarräumen des Hör-saalzentrums leisten gleichzeitig einen ganz wesentlichen Beitrag zur Weiterbildung. Nutzen Sie die Chance, soviele Experten vor Ort ansprechen zu können.

Unser wichtigstes verkehrspolitisches Ziel ist die Sicherung der Mobilität von Personen und Gütern. Die Straßeübernimmt dabei eine bedeutende Rolle. Die Dimensionen des Güterverkehrs haben mancherorts zur weitest-gehenden Erschöpfung der Kapazitätsreserven geführt. Alle bisherigen Versuche, diese Entwicklung durch Ver-kehrsverlagerungen oder Verteuerung in den Griff zu bekommen, konnten diese Entwicklung nicht bremsen. Dasbisherige Verkehrswachstum ist vor allem ein Ausdruck der gestiegenen Wirtschaftskraft in unserem Land undin Europa und natürlich auch die Folge des gestiegenen Transitverkehrs. Es spricht viel dafür, dass dies auch sobleibt, denn andere Verkehrsträger bieten kaum Ausweichalternativen.

Umso erfreulicher ist es, dass auch im vergangenen Jahr eine ganze Reihe von Verkehrsfreigaben erfolgten. Beiden Bundesautobahnen sind allein rd. 135 km mit 21 Einzelvorhaben und einer erheblichen Anzahl von Brückenunter Verkehr gegangen.

Als eines der herausragenden Ereignisse soll die Fertigstellung der A 73 Suhl-Bamberg genannt werden. Mit derVerkehrsfreigabe des letzten, 11,70 km langen DEGES-Abschnittes zwischen Schleusingen und Eisfeld-Nord am25.7.2008 wurde die Autobahn auf 33,50 km zwischen dem AD Suhl und der Landesgrenze Thüringen/Bayerndurchgängig befahrbar und die Talbrücken Schleuse und Talbrücke Brünn kamen unter Verkehr. Gleichzeitigwurde damit das VDE Nr. 16 im Freistaat Thüringen auf der gesamten Länge von 129,8 km fertig gestellt. Derletzte Abschnitt der A 73 in Bayern von der AS Ebersdorf bei Coburg bis zur AS Lichtenfels wurde am 5.9.2008für den Verkehr freigegeben. Da bereits 2007 die Ertüchtigung der vierstreifigen B 173 zwischen Lichtenfels und

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Bamberg abgeschlossen werden konnte und die 26 km lange Teilstrecke am 1.1.2008 zur Bundesautobahn A 73aufgestuft wurde, war damit die 100 km lange A 73 Suhl-Bamberg endgültig fertig gestellt.

Eine bedeutende Netzergänzung war am 6.10.2006 auf der BAB A 6 zwischen dem Kreuz Oberpfälzer Wald undder Bundesgrenze zu Tschechien unter Verkehr genommen und damit erstmals das tschechische Autobahnnetzmit dem deutschen verbunden worden. Zeitgleich wurde auf tschechischer Seite die Südumgehung von Pilsenfür den Verkehr freigegeben. So wuchs die grenzüberschreitende Infrastruktur zwischen Deutschland und seinenmittel- und osteuropäischen Nachbarländern nunmehr auch mit Tschechien zusammen. In beiden Staaten wirddie neue Autobahnverbindung A 6/D 5 aufgrund des historischen Handelsweges zwischen Nürnberg und Pragals „Via Carolina“ bezeichnet. Mit der Freigabe des 20,40 km langen Autobahnabschnittes von der AS Amberg-Ost bis AK Oberpfälzer Wald am 10.9.2008 durch die Bundeskanzlerin Dr. A. Merkel und den BayerischenMinisterpräsidenten G. Beckstein wurde die A 6 Nürnberg-Landesgrenze D/CZ durchgängig befahrbar.

So sind in ganz Deutschland auch im vergangenen Jahr wieder eine Vielzahl von Brücken errichtet worden, diesowohl während der Bauzeit als auch bei Verkehrsfreigaben in das Blickfeld der Öffentlichkeit gerückt sind. ImFolgenden werde ich Ihnen eine kleine Auswahl von Brückenbauwerken vorstellen, die sich im Bau befindenoder im vergangenen Jahr fertig gestellt worden sind.

Im Zuge des Neubaus der Hochrheinautobahn A 98 wird im Bauabschnitt Weil a. Rhein-Waldshut nördlich vonLaufenburg die Andelsbachtalbrücke erforderlich, der nach ca. 110 m in Richtung Westen ein Tunnelbauwerk(Rappenstein) folgt.

Im Brückenbereich ist die Autobahn weitestgehend mit einer Geraden trassiert, wobei von Westen her eine Klo-thoide mit A=500 vorgelegt ist und im Osten eine Klothoide mit A=400 über das dortige Bauwerksende weiter-führt. Für die Autobahn ist der Regelquerschnitt RQ 26 vorgesehen, wobei je Richtungsfahrbahn von 11,50 mBreite zwei Fahrstreifen und eine Standspur eingerichtet werden.

Entsprechend dem Bedarfsplan wird zunächst nur das Bauwerk mit der südlichen Fahrbahn hergestellt. Im spä-teren Endzustand wird mit einer Mittelkappenbreite von 2 m eine Gesamtbreite zwischen den Geländerholmenvon 28,50 m erreicht. In der ersten Ausführungsstufe (Bauwerk Süd) wird die Mittelkappe so aufgeteilt, dass dasdortige Geländer später problemlos demontiert werden kann.

Die Höhenlage der künftigen Autobahn über dem Andelsbach- und dem nach Nordwesten abzweigenden Enzen-bachtal sowie die in Sichtweite liegende Wohnbebauung der Höhensiedlungen von Laufenburg erfordern nichtnur ein Bauwerk mit ausgewogenen Stützweitenverhältnissen, sondern auch ein Tragwerk, das sich in die umge-bende Landschaft einfügt. Das Brückentragwerk führt am Nordosthang des Rappensteins vorbei und wird knappunter der Bergkuppe in den dort flach verlaufenden Hang abgesetzt. Gerade hier ist es aus der Sicht der Höhen-siedlungen erforderlich, die aus den größeren Mittelfeldern ankommenden Tragwerkshöhen zurückzunehmen.Konstruktionen, die sich über die hochliegende Autobahngradiente als dominante Bogen- oder Schrägseilbrückenhervorheben und die in Nachbarschaft liegenden Bergkuppen überragen, schieden deshalb im vorliegenden Falleals unpassend aus.

Gewählt wurde ein sechsfeldriges, 550 m langes Stahlverbundtragwerk mit den Stützweiten 75 m + 4 x 100m + 75 m. Der schmale, trapezförmige Kastenquerschnitt mit einer oberen Gurtbreite von 3,50 m und einerunteren Gurtbreite von 4,70 m beeinflusst die optische Wirkung günstig. Im Bereich der Innenfelder wird dieserStahlhohlkasten parallelgurtig mit einer Konstruktionshöhe von 3,65 m ausgeführt. Die Dicke der im Verbundliegenden Stahlbetonfahrbahntafel beträgt 350 mm.

Mit einer Gesamthöhe von hk=3,65+0,35=4,00 m ergibt sich bei 100 m Spannweite eine maximale Schlank-heit dk/l=1:25. Die Stahlbetonfahrbahnplatte ist 14,12 m breit. Bezogen auf die Obergurtaußenkanten des Stahl-hohlkastens ergeben sich seitliche Fahrbahnplattenüberstände (einschließlich Gesims) von bis zu ca. 6 m. ZurLastabtragung dieser großen Fahrbahnplattenauskragungen wurden beidseitig des Hohlkastens schräg abstützen-de Außendiagonalen mit einem durchlaufenden Randlängsträger unter der Kragplatte angeordnet. Diese sind alsgeschweißte Vollwandträger und die Außendiagonalen als luftdicht verschweißte Rohre angeordnet und gegenden Hohlkastenobergurt quer zum Tragwerk rückverankert.

Die Diagonalfachwerke geben ihre Lasten etwa im Schnittpunkt des Untergurtes mit den Kastenstegen an denHohlkasten ab. Der torsionssteife Hohlkasten, die Randlängsträger und die Strebenfachwerke werden komplettim Taktschiebeverfahren hergestellt. Nach erfolgtem Einschub wird unter Einsatz von Stahlbetonfertigteilplatten

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als verlorene Schalung die Verbundplatte aufbetoniert. Dabei bietet der oben geschlossene Kasten mit dessenvorteilhafter Begehbarkeit hinsichtlich der Bauausführung und dem Auslegen der Fertigteilplatten günstige Vor-aussetzungen. Der Trapezkasten wird auf ganzer Länge gerade gefertigt.

Der Stahlhohlkasten ist auf ganzer Länge im Grundriss geradlinig. Die Richtungsabweichung der westlichenKlothoide gegenüber der Geraden beträgt am Widerlager in Achse 10 max. 35,50 cm und konnte in diesenBereichen durch entsprechend variable Kragarmbreiten der Betonfahrbahn-Verbundplatte ausgeglichen werden.Die Richtungsabweichung der östlichen Klothoide gegenüber der Geraden beträgt am Widerlager in Achse 70max. 1,40 cm. Sie ist damit sehr gering und wurde im westlichen Endbereich ausgeglichen.

Mit der Anwendung des Taktschiebeverfahrens wurden keine Hilfspfeiler in den Brückenfeldern, Mobilkranein-sätze sowie zugehörende Baustraßen im schwer zugänglichen Hangbereich für die Montage des Stahltragwerkserforderlich. Lediglich im anfänglichen Montage- und Anschubszustand sowie für den Zeitraum der Herstellungder aufgehenden Bauteile am Widerlager in Achse 70 war im Endfeld Ost eine Hilfsstütze im dort günstig zu-gänglichen Gelände notwendig. Zudem macht sich aufgrund des großen Kragarmes im Bauzustand der Einsatzeines Hilfspylones auf dem Überbau erforderlich (Bild 1.1).

Der Stahlbau wurde in transportablen Bauteilgrößen im Werk vorgefertigt, schussweise auf dem Vormontageplatzhinter dem östlichen Widerlager zusammengesetzt, verschweißt und eingeschoben.

In den Lagerachsen erhielten die Tragwerksstege außen aufgesetzte, nach oben verjüngte kastenförmige Lager-steifen als Gestaltungselemente, die den weiterführenden Kraftfluss in Pfeiler und Widerlager markant hervorhe-ben.

Die Ansichtsfläche des südlichen Gesimsbandes ist gegen das Lot so geneigt, dass der untere Rand nach außenzeigt. Das Gesims wurde mit 1 m Höhe konstant über die ganze Bauwerkslänge durchgezogen. Damit hebt sichdieses - die seitliche Ausladung der Fahrbahnplatte abschließende - Bauteil in seiner Wirkung vom Tragwerkab und begünstigt die Licht- und Schattenwirkung vorteilhaft. Die darüber anzuordnende Lärmschutzwand er-hält einen 50 mm hohen (ALU-)Sockel, der die Neigung des Gesimsbandes aufnimmt und daher „knapp“ amoberen Gesimsrand ansetzt. Die über diesem Sockel aufgestellte Lärmschutzwand wird gemäß Planfeststellungtransparent ausgeführt.

Die Pfeiler haben einen sechseckigem Vollquerschnitt sowie einen konisch nach oben verjüngendem Schaftver-lauf. Im Kopfbereich sind sie auf den oberen 4,50 m für Lager- und Pressenstellplätze aufgeweitet. Die stirnseitigeForm des Pfeilerkopfes ist mit der seitlich am Steg des Tragwerks aufgesetzten Lagerkastenaussteifung wiederaufgenommen, so dass auch gestalterisch der Lastübergang vom Tragwerk zu den Stützen schlüssig sichtbarwird.

Bild 1.1: Andelsbachtalbrücke im Zuge der A 98 - Taktschieben unter Einsatz eines Hilfspylons, Foto: Hornecker, RP Frei-burg

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Das geplante Brückenbauwerk wirkt insgesamt schlank und ausgeglichen proportioniert und fügt sich mit derWahl der Baustoffe und Formen gestalterisch günstig in die umgebende Landschaft ein.

Für das im Januar 2007 begonnene Bauwerk ist eine Bauzeit von 30 Monaten vorgesehen.

Im Zuge des sechsstreifigen Ausbaus der A 8 München-Karlsruhe wurden 15 Brücken und eine 100 m langeStützwand unterschiedlichster Konstruktion und Bauweise realisiert. Auf einem ca. 10,50 km langen Teilstückder Bundesautobahn wurden sämtliche Über- und Unterführungen durch neue Bauwerke ersetzt sowie zwei großeTalbrücken hergestellt. Die Ausführung der Bauleistung erfolgte in vier Hauptbauphasen. In allen Bauphasen wa-ren grundsätzlich zwei Fahrstreifen je Fahrtrichtung aufrecht zu erhalten, um einen ungehinderten Verkehrsflussauf der A 8 zu gewährleisten. Die Brückenbauwerke wurden daher halbseitig bzw. überhöht hergestellt. ZweiBauwerke sind die Eisengrifftalbrücke und die Brücke K2/A8.

Zwischen AD Leonberg und AS Heimsheim überbrückt die Eisengrifftalbrücke (Bild 1.2) das Tal des Eisen-griffbaches bei Rutesheim. Sie ersetzt den Gewölbedurchlass eines Wirtschaftsweges. Dieser Durchlass wurdezurückgebaut und durch die 134 m lange Talbrücke mit den Stützweiten 67 m + 67 m ersetzt. Die Zweifeld-brücke mit einer lichten Höhe von max. 14 m sichert den Kaltluftabfluss aus dem Tal. Nachdem die alten Dämmeentfernt sind, kann der Eisengriffgraben jetzt wieder als Kaltluftschleuse für den Ort Rutesheim wirken.

Die Brücke liegt im Grundriss in einem Übergangsbereich von einer Klothoide mit A=900 m und einem Kreismit R=2.700 m. Die beiden Widerlager sowie der Pfeiler stehen rechtwinklig zur Autobahnachse. Das Bauwerkwurde als Spannbetonbrücke mit einem einzelligen Hohlkasten je Überbau mit interner Längs- und Quervor-spannung sowie externer Längsvorspannung für den Endzustand errichtet. Für das Auswechseln von externenSpannkabeln bzw. Verstärkung der Vorspannung wurden pro Steg zwei Spannkabel vorgesehen. Die Konstruk-tionshöhe des Hohlkastens ist veränderlich und beträgt am Pfeiler 4,20 m und ab Feldmitte zum Widerlager hin2,40 m. Die Unterkanten-Linienführung des geschwungenen Voutenträgers folgt einem Kreisbogen. Die Herstel-lung der beiden Überbauten erfolgte jeweils auf einem bodengestützten Traggerüst in zwei Betonierabschnitten(Trog und Fahrbahnplatte).

Das Bauwerk K2/A8 (Bild 1.3) ist ein Überführungsbauwerk über die A 8 kurz vor der neuen AS Leonberg füreinen Wirtschaftsweg sowie eine Betriebsumfahrt. Es handelt sich um eine Einfeld-Rahmenbrücke in Stahlbeton-bauweise. Den Rahmenriegel bildet ein vorgespannter Überbau, der monolithisch mit den massiven Widerlagern(Stielen) verbunden ist. Die abgewickelte Spannweite zwischen den vertikalen Tangenten der Widerlagerausrun-dungen beträgt 50,85 m, die lichte Weite in Projektion 49,56 m. Der Überbau besitzt eine Breite von 6,50 mzwischen den Außenkanten der Kappen. Das Überführungsbauwerk hat im Grundriss eine geschwungene Tras-sierung mit einem Krümmungsradius von 65,00 m. Die Gradiente bildet im Bauwerksbereich eine Kuppe miteinem Ausrundungsradius von 90 m. Das max. Längsgefälle am Widerlager beträgt 4,61 %. Die Fahrbahn hatein konstantes Quergefälle von 2,50 %. Die Geometrie der Widerlager ist komplex, die Abmessungen sind inallen Richtungen veränderlich. Der Überbau besteht aus einem in Längs- und Querrichtung (Bild 1.4) veränder-lichen Vollquerschnitt. Die Konstruktionshöhe beträgt 0,90 m in Brückenmitte und 2,10 m am Übergang zu denWiderlagern.

Gegenüber konventionellen Brückenbauwerken lag das Hauptaugenmerk in der starken Grundrisskrümmung so-wie der damit verbundenen anspruchsvollen Geometrie aller Bauteile. Bei der Bemessung war das dreidimen-sionale Tragverhalten zu berücksichtigen. Die Errichtung des Bauwerks stellte an den Schalungsbau für dieWiderlager und den Überbau sowie an die Bauausführung vor Ort höchste Ansprüche. Die Herstellung wurdein Abhängigkeit von den Verkehrsphasen in zwei Bauabschnitten realisiert. Das Absetzen des halben Überbauserfolgte über ein auf Bohrpfählen gegründetes Joch im Bereich des Mittelstreifens der Autobahn.

Die dreifeldrige Karolinger Brücke Völklingen überführt die L 136 (Karolinger Straße) über die Bundeswasser-straße Saar sowie über die Leinpfade auf beiden Ufern und die Zufahrt zum Bootshaus des Kanuclubs Völklingen.Die Karolinger Straße ist die Haupteinfahrtsstraße von der A 620 zur Innenstadt von Völklingen.

Die Karolinger Brücke besteht aus einem längs- und quervorgespannten, zweistegigen Plattenbalken (BW 42) fürdie Richtungsfahrbahn Völklingen - Fürstenhausen und einem aus den Jahren 1951/1953 stammenden stählernenTrägerrost mit aufgelegter Stahlbetonfahrbahnplatte (BW 4) für die Richtungsfahrbahn Fürstenau - Völklingen.Beide Überbauten liegen auf gemeinsamen Unterbauten auf.

Das alte Bauwerk 4 mit Stützweiten von 37,44 m + 62,40 m + 37,44 m bestand aus zwei gevouteten, stählernenHohlkästen, zwischen denen im Abstand von 2,08 m stählerne Querträger spannten. Auf diesen lag die 180 mm

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Bild 1.2: Eisengrifftalbrücke im Zuge der A 8 bei Rutesheim, Foto: EUROVIA Beton GmbH

Bild 1.3: Einfeldrahmenbrücke K2/A8 im Zuge eines Wirtschaftsweges über die A 8, Foto: EUROVIA Beton GmbH

Bild 1.4: Einfeldrahmenbrücke K2/A8 - Überbauquerschnitt und Details

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dicke Stahlbetonfahrbahnplatte auf, die stumpf gegen die Hauptträger stieß. Zwischen Fahrbahnplatte und denHauptträgern bestand kein kraftschlüssiger horizontaler Verbund. Die Konstruktionshöhe des Überbaus betrug1,64 m bis 4,59 m.

Im Rahmen der regelmäßig durchzuführenden Bauwerksprüfungen wurden Schäden festgestellt. Die daraufhindurchgeführte statische Begutachtung erbrachte, dass das alte Bauwerk 4 erhebliche Tragfähigkeitsdefizite auf-wies, die im Jahr 2005 eine Beschränkung der verkehrlichen Nutzung zur Folge hatte. Die Vielzahl von Schädenhätten aufwendige Instandsetzungsmaßnahmen erfordert, und so entschied sich der Landesbetrieb StraßenbauSaarland für einen Ersatzneubau.

Da an dem bestehenden Bauwerk viele Leitungen der unterschiedlichsten Versorgungsunternehmen befestigt wa-ren, machten sich im Vorfeld umfangreiche Maßnahmen zur Leitungsverlegung notwendig. Nach dem Abbruchder Fahrbahnplatte erfolgte der Rückbau der Stahlkonstruktion. Die Querträger wurden ausgebaut und die beidenHauptträger in 3 Teile getrennt. Zuerst wurden die mittleren Teile über der Saar mit einem 850 t-Kran ausgeho-ben. Danach erfolgte der Ausbau der Teile in den Endfeldern mit konventionellen Kränen. Der an der Brückevorhandene Schutzanstrich bestand aus Schwermetallen, die nach heutigen Standards nicht mehr in Farben ver-wendet werden dürfen. An den Trennstellen musste deshalb der Anstrich aufwendig entfernt werden. Hierzuwurde eine mehrstufige Schleusenanlage aufgebaut, um sämtliche anfallenden Stäube restlos aufnehmen undanschließend gefahrlos entsorgen zu können.

Die Geometrie und Form des Ersatzneubaus war durch die Geometrie des zu ersetzenden Bauwerks und desunmittelbar benachbarten Bauwerks 42 weitgehend vorgegeben. Dies ist insbesondere deshalb der Fall, weil dieÜberbauten von BW 4 und BW 42 bislang auf gemeinsamen Unterbauten stehen und weil sich die Brücken inder Ansicht soweit ähneln, dass die beiden Brücken häufig als gemeinsames Bauwerk vom Betrachter wahrge-nommen werden.

Die unterführte Bundeswasserstraße Saar hat im Bereich der Bauwerke 4 und 42 eine Engstelle, die historischdurch die Brückengeometrie bedingt ist. Sie liegt in einer Linksbiegung der Saar. Die Überbauten liegen ineiner Geraden, die Gradiente befindet sich in einer Kuppe mit einem Halbmesser von ca. 2.300 m. Die neueBrücke ist für einen Regelquerschnitt RQ 10,5 ausgelegt. Sie hat eine Breite von 12,55 m (bislang 12,90 m). DieFahrbahnbreite ist von 7,50 m auf 8 m vergrößert und die Breite des äußeren Gehweges von bislang 4,20 m auf 3m verringert. Die Mittelkappe wurde auf 1,30 m verbreitert, um die Sicherheitsabstände der Distanzschutzplankezu beiden Fahrbahnen einzuhalten.

Die vorhandenen Fundamente sind ohne aufwendige Nachgründungsarbeiten nicht zur Aufnahme der aus demneuen Überbau resultierenden Lasten geeignet. Daher erfolgte die Auflagerung auf neu hergestellten Auflager-balken, die jeweils hinter den bestehenden Widerlagerwänden bzw. in/über den bestehenden oberstromseitigenFlügelwänden hergestellt wurden. Die neuen Auflagerbalken sind auf Ortbetonpfählen gegründet. Die Pfeilersind analog zum Bestand als massive Pfeilerscheiben neu errichtet. Zwischen den bestehenden Pfeilern der Bau-werke 4 und 42 wurden Trennschnitte hergestellt. Aufgrund der neuen Gründung der Widerlager vergrößertensich beim Neubau von BW 4 die Stützweiten geringfügig, was in der Ansicht des Bauwerks kaum wahrnehm-bar ist. Der 3-3-3-feldrige Überbau mit den Stützweiten 40,61 m + 62,40 m + 40,61 m wurde als zweistegiger,vorgespannter Plattenbalken mit nachträglichem Verbund hergestellt (Bild 1.5). Die 800 mm breiten Stege habeneine variable Höhe, die zwischen 1 m und 3,95 m variiert und in Anlehnung an den benachbarten Überbau desBW 42 zur Erhaltung der Ansicht gewählt wurde.

Die Herstellung des Überbaus erfolgte auf einem Lehrgerüst. Im Mai 2008 wurden mit dem gleichen 850 t-Kran, der beim Rückbau der alten Stahlkonstruktion bereits zum Einsatz kam, die 2 m hohen und 46 m langenRüstträger vom Völklinger Ufer her eingeschwenkt. Im Juli wurde der Überbau auf der gesamten Länge betoniertund 1.200 m3 Beton eingebracht. Zur Sicherstellung eines ausreichenden Lichtraumprofils für die Schifffahrt wares notwendig, den Überbau in überhöhter Lage herzustellen und nach Ausschalen der Kappen in die endgültigePosition ca. 1 m abzusenken.

Als gestalterische Elemente werden auf Wunsch der Stadt Völklingen zur Beleuchtung der Gehwege ansprechendgestaltete Straßenlampen des Herstellers BEGA verwendet, deren Aufteilung die Stützweiten unterstreicht. DieLampen werden auf trapezförmigen Konsolen der äußeren Kappe montiert. Die gleichen Straßenlaternen sindauch auf dem benachbarten BW 42 und auf der Werdener Brücke im Einsatz.

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Gegenwärtig erfolgt ca. 2,30 km südöstlich des Hauptbahnhofes Frankfurt/Main die Erneuerung der 1925 inBetrieb genommenen, zweigleisigen Eisenbahnüberführung Galluspark (Bild 1.6) der Strecke Frankfurt Hbf.- Frankfurt - Rödelheim, die mehrere Streckengleise in einem Kreuzungswinkel von 40,7 gon überquert.

Die bestehende Eisenbahnüberführung wurde abgebrochen und an gleicher Stelle durch einen Neubau ersetzt.Aus betriebswirtschaftlichen Gründen sind die Widerlager rückversetzt und die bestehenden Mittelpfeiler ent-fallen. Dadurch erhöht sich die lichte Weite von bisher 58 m auf 85 m, um die unten verlaufenden Gleise imHinblick auf eine leistungsfähigere und stabile Betriebsführung im Vorfeld des Hauptbahnhofes sinnvoller zuverlegen. Als Überbau wählte man einen einteiligen, stählernen und im Grundriss geraden Stabbogen mit einerStützweite von 86,10 m und einem Bogenstich von 16 m. Die 600 mm dicke Fahrbahn besteht aus einem Fahr-bahnblech und in Abständen von 700 mm angeordneten Querträgern. Das Deckblech ist mit einem Dachprofilvon 1 % Gefälle ausgeführt.

Während der gesamten Bauzeit war der Eisenbahnverkehr auf den drei unterführten Strecken und der bestehen-den Überführung aufrechtzuerhalten. Daraus resultierten einige planerische und baubetriebliche Besonderheiten.So mussten die Widerlager neben den bestehenden hergestellt und anschließend durch Querverschub in die end-gültige Position gebracht werden (Bild 1.7). Der Überbau wurde neben dem Bahndamm errichtet, eingeschobenund in seine endgültige Position gedreht.

Bild 1.5: Ersatzneubau (BW 4) der Karolinger Brücke Völklingen über die Saar, Foto: LfS Saarland

Bild 1.6: Eisenbahnüberführung Galluspark, Foto: Max Bögl

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Bild 1.7: Eisenbahnüberführung Galluspark - Querverschub eines Widerlagers, Foto: Max Bögl

Zur Aufrechterhaltung des Bahnbetriebes bei gleichzeitiger Herstellung der neuen Widerlager sicherte man zu-erst die bestehenden Bahndämme jeweils durch eine Fangedammkonstruktion. Dem Einbringen der Verbauträ-ger schloss sich der Aushub mit gleichzeitigem Einbringen des Holzverbaus und der Ankerlagen zwischen denVerbauträgern an. Die Herstellung der Widerlager erfolgte in einer quer zur Endposition versetzten Lage undsomit direkt im Bereich des Fangedamms in einer sehr begrenzten Baugrube. Sie musste entsprechend frühzei-tig beendet werden, damit der Stahlüberbau montiert werden konnte. Zuvor stellte man im Bereich der späterenStützmauern Bohrpfähle her, die als Gründung der Stütz- und Flügelwände dienen. Die Schalung der Fundamen-te für die Widerlager bildete man als Gleitebene zum späteren Querverschub der Widerlager aus. Im Endzustandwurden die Fundamente durch Untergießen kraftschlüssig mit dem Baugrund verbunden.

Der stählerne Überbau wurde aufgeteilt in sechs Bogensegmente, sechs Bogenquerträger, sechs Versteifungs-träger und 24 Hänger in der Werkstatt gefertigt. Dazu kamen verschiedene Segmente für die Laufstege und dieFahrbahnkonstruktion. Diese Einzelsegmente transportierte man zur Baustelle und montierte sie vor Ort auf einerspeziell errichteten Montageplattform. Letztere befand sich teilweise im Bahndammbereich, über zu erhaltenenBauwerken und Versorgungseinrichtungen der Deutschen Bahn und über einem bereits erstellten Widerlager.Zuerst wurden die Versteifungsträger aufgelegt und mit den Fahrbahnblechen verschweißt, danach die Bogen-hilfsstützen an der Montageplattform angebracht und die Bogensegmente auf diesen Hilfsstützen aufgelegt. DieBogenquerträger wurden in die Bogensegmente eingehängt, die Hänger mit Hilfe eines Walzprofils eingebaut undgesichert. Das Walzprofil diente einerseits zur Stabilisierung der Hänger während des Einhebens, andererseits zurAussteifung des Bogens und der Hänger in der Verschubphase.

Beim Längsverschub des Überbaus wurden über die aussteifenden Walzprofile Kräfte in den Bogen eingeleitet,die zu einer Biegung des Bogens führten. Diese Biegung musste statisch berücksichtigt werden. Zuletzt brachteman die Laufstege seitlich an den Bögen an.

Nach der Montage des Überbaus wurden in einer 29-tägigen Sperrpause die Hilfskonstruktionen im Bereich derzu überführenden Gleise erstellt (Achse 12 und 18) und die bestehenden Brückenpfeiler für die Horizontallas-ten aus dem Verschub verstärkt (Achse 14 und 16), während die bestehende Brücke inkl. der Widerlager undder anschließenden Bahndämme abgebrochen wurde. Direkt im Anschluss daran erfolgte der Querverschub derWiderlager in ihre endgültige Position.

Nachdem der Unterguss der Widerlager abgeschlossen war, schloss sich der Längsverschub des Überbaus in fünfTakten über insgesamt vier Hilfsachsen in Längsrichtung an (Bild 1.8). Da die Längsachse des montierten Über-baus nicht identisch sein konnte mit der Achslage im Endzustand, musste der eingeschobene Überbau noch aufgegenläufigen Verschubbahnen in den Achsen der Hilfsstützen 12 und 18 in seine horizontale Endlage gedrehtwerden. Dabei saß er auf zwei Drehschemeln, die in den Turmköpfen Achse 12 und 18 auf PTFE-Gleitplattengelagert waren. Vor dem Eindrehen des Überbaus wurde ein Zug- und Druckstab an den Drehschemeln (Ach-se 18) und dem Überbau eingebaut. Damit konnte gewährleistet werden, dass die Position des Überbaus beim

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Eindrehen erhalten blieb. Über die Schiebelager aus dem Längsverschub war ein Längenausgleich des Überbausmöglich. Das Brückenbauwerk wurde wechselseitig in den Achsen 12 bzw. 18 jeweils soweit gedreht, dass sichder Drehpunkt im Bereich Achse 14 (bestehender Brückenpfeiler) befand. Nach dem Eindrehen lag die Brückeca. 2 m über der Endlage. Um die endgültige Höhe zu erreichen, stapelte man die Brücke in ca. 150 mm-Schrittenab. Der gesamte Verschiebevorgang und das Abstapeln wurden von Mitarbeitern an jeder Verschubachse und aneiner optischen Messeinrichtung überwacht.

Im letzten Schritt schlossen sich die Herstellung der Stütz- und Flügelwände an den Widerlagern und der An-schluss ans bestehende Gleis an. Die Brücke konnte im August 2008 für den Verkehr freigegeben werden.

Bild 1.8: Längsverschub der Eisenbahnüberführung Galluspark über Hilfsstützen, Foto: Max Bögl

Die einfeldrige rechtsschiefe Brücke über die DB bei Darmstadt-Eberstadt im Zuge der A 5 zwischenPfungstadt und Darmstadt überführt die Autobahn mit einem Kreuzungswinkel von 28 gon über die DB-StreckeFrankfurt-Darmstadt-Heidelberg. Das längs und quer vorgespannte Bauwerk ist einteilig und wurde seinerzeit indrei Abschnitten hergestellt.

Das rechteckige Mittelteil besteht aus einem Trägerrost mit vorgespannten Längsträgern im Abstand von 4,07m. Die Steghöhe beträgt 1,04 m bei einer Breite von 40 cm. Die Träger sind rechtwinklig zu den Widerlage-rachsen mit einer Stützweite von 17,80 m angeordnet. Ein in Feldmitte verlaufender Querträger verbessert dieQuerverteilung. Die 210 mm dicke Fahrbahnplatte ist mit einem Spannstahl Sigma Oval St 145/160 vorgespannt.

In den beiden dreieckförmigen Randbereichen sind die vorgespannten Längsträger parallel zu denen des Mittel-teils ausgerichtet. Wegen der geringer werdenden Stützweite der Längsträger fehlt der Mittelquerträger. Entlangder freien Ränder dienen Spannbetonhohlkästen als Auflager. Die Spannglieder der Fahrbahnplatte sind parabel-förmig geführt mit einem Abstand von 160 mm im Anschlussbereich zum Mittelteil und einer fächerförmigenVerziehung der Spannglieder zum freien Rand der Brücke hin.

Infolge des kritischen Zustandes der Fahrbahnplatte war sowohl die Verkehrssicherheit als auch die Standsicher-heit des Bauwerks beeinträchtigt. Die Art und der Umfang der am Überbau vorgefundenen Schäden ließen erken-nen, dass eine grundhafte Instandsetzung des Bauwerks keinen wirtschaftlichen Vorteil gegenüber einem Neubauergeben würde. Insbesondere im Hinblick auf die nachhaltige Sicherung der Tragfähigkeit und Dauerhaftigkeitder Konstruktion war ein Neubau zuverlässiger einzuschätzen als ein instandgesetztes Bauwerk. Folgerichtigwurde deshalb auch die Notwendigkeit eines Ersatzneubaus des Überbaus als dringend erforderlich angesehen.

Aufgrund der geometrischen Besonderheit des Überbaus ließ sich der Abbruch einer Brückenhälfte ohne dieBeeinträchtigung der anderen Hälfte nicht durchführen. Insbesondere das Durchtrennen von direkt befahrenen

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Querträgern war aufgrund des nicht bekannten Verpressgrades der Spannglieder sowie der streuenden Betonqua-lität kritisch zu bewerten. Beim Abbruch wurde der Überbau parallel der Längsträger in einzelne Plattenbalken-segmente zertrennt (Bild 1.9). Die Reihenfolge des Ausbaus der vorgespannten Fahrbahnplatte wurde so gewählt,dass ein Baugerät nie in einem Bereich stand, neben dem bereits geschnitten oder anderweitig getrennt wurde.Es mussten wegen Schwächung der Plattenbalken beidseits der Stege breitere Flächen der Fahrbahn belassenwerden, was die Ausbaumasse erhöhte.

Die 23 separierten Längsträger hob man in Bahnsperrpausen mittels Mobilkränen aus. Die Hohlkastenrandträgerwurden von entbehrlichen Massen befreit, in die Mitte des Bauwerks verschoben, in je zwei Trägerhälften durch-sägt und innerhalb von Bahnsperrzeiten aus dem Gleisbereich geschwenkt. Nach dem Abbruch des Überbauswurden auch die vorhandenen Widerlager bis unterhalb des Besichtigungsganges abgebrochen.

Aufgrund der örtlichen Gegebenheiten gab man als wirtschaftliche Lösung zur Erneuerung des Überbaus einemeinfeldrigen Stahlverbundbauwerk mit getrennten Überbauten den Vorrang. Die Stützweite ist über die Bau-werksbreite variabel. Sie beträgt am Nordportal ca. 39,90 m und am Südportal ca. 44,80 m bei einer Bauwerks-breite von 37 m. Die Konstruktionshöhe beträgt ca. 1,90 m, was eine Schlankheit l/h von 21 bis 23,6 ergibt.

Pro Überbau sind sechs geschweißte Blechträger mit konstanter Bauhöhe angeordnet (Bild 1.10). Die Herstel-lung der Blechträger erfolgte mit werkseitig anbetoniertem Betongurt (Verbund-Fertigteil-Träger-Bauweise). DieOrtbetonergänzung wurde vor Ort auf einem Teilverbundquerschnitt hergestellt. Die Längsträger binden in einenmonolithisch hergestellten Stahlbetonquerträger ein. Von hier werden die Lasten über je vier Elastomerlager indas umgebaute Widerlager eingeleitet. In Längsrichtung ist das Bauwerk „elastisch“ gelagert. In Brückenquer-richtung werden die Querfesthaltungen unter die spitzen Ecken des Überbaus verlegt, um eine annähernde zwän-gungsfreie Lagerung zu erreichen. Dies hat zur Folge, dass Längenänderungen und Verdrehungen im Überbau zueinem bestmöglichen parallelen Fugenspalt im Übergangsbereich führen, so dass die vorgesehene Fahrbahnüber-gangskonstruktion mit 100 mm an beiden Überbauenden eingebaut werden konnte. Die Lagerkräfte wurden unterder Voraussetzung ermittelt, dass im Bauzustand bei der Herstellung von Querträger und Ortbetonergänzung einekontinuierliche Lagerung der Querträgerschalung auf der Auflagerbank gegeben ist. Erst nach der Erhärtung desBetons erfolgte das Absetzen auf das endgültige Lagerungssystem. Um die Nachweise der klaffenden Fuge zu er-füllen, erhielten die ungünstigsten Lager eine negative Vorverformung mittels Keilplatten auf den Lagersockelneinschließlich zusätzlicher Lagerplatte oben. Die Keilplatten wurden nach dem Aufbringen der Ausbaulastendurch Futterplatten ersetzt.

Die Fertigstellung der einzelnen Verbund-Fertigteil-Träger einschließlich des kompletten Korrosionsschutzes er-folgte in der Werkstatt. Nach Auflegen auf die Widerlager erfolgten die Lagesicherung und das Abdichten derLängsfugen zwischen den Verbundplatten. Im nächsten Schritt wurden die Endquerträger bewehrt und betoniert.Abschließend erfolgte die Herstellung der kompletten Ortbetonplatte. Die Bauzeit betrug insgesamt 26 Monate.

Die Bundesautobahn A 7 ist mit derzeit 945,60 km die längste deutsche Autobahn und eine der wichtigsteneuropäischen Fernstraßenverbindungen. Sie reicht von der dänischen Grenze bei Flensburg bis zum jetzigenprovisorischen Autobahnende bei Nesselwang.

Seit Juli 1999 ist der südlichste Abschnitt der A 7 von der Anschlussstelle Füssen durch den Grenztunnel mitAnschluss an das österreichische Fernstraßennetz unter Verkehr. Zwischen Nesselwang und Füssen fehlen jedochdie letzten rd. 15 km der A 7 in Deutschland.

Der Autobahnverkehr wird hier auf den sog. Ableitungsstrecken für Pkw und Lkw über das untergeordnete Stra-ßennetz geführt, welches in seinem Ausbauzustand hierfür weder bestimmt noch geeignet ist. Gerade die hohenSpitzenbelastungen im Urlaubs- und Ausflugsverkehr mit bis zu 35.000 Kfz/24 h sind für die Anwohner undGäste der Fremdenverkehrsorte unzumutbar. Eine befriedigende Lösung zur Verbesserung der Verkehrssituationim südlichen Ostallgäu ist nur durch den Lückenschluss der A 7 zu erreichen.

Erst mit dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes vom 3.12.2001 wurde der Trassenverlauf des gesamtenLückenschlusses nach 16 Jahren endgültig rechtskräftig. Allerdings bestand die Auflage, in einem ergänzendenPlanfeststellungsverfahren die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sowie den Lärmschutz an die aktuellen Ge-setzesgrundlagen anzupassen sowie den bestmöglichen Schutz des Enzenstettener Brunnenmooses zu prüfen.Bereits 5 Monate nach dem Planfeststellungsbeschluss wurde mit dem Bau begonnen. Die anschließende Klagedes Bund Naturschutz verlief glücklicherweise erfolglos.

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Bild 1.9: Abbruch der alten Spannbetonträgerrostbrücke im Zuge der A 5 über die DB bei Darmstadt-Eberstadt, Foto: ASVDarmstadt

Bild 1.10: Neue Brücke über die DB im Zuge der A 5 bei Darmstadt-Eberstadt, Foto: ASV Darmstadt

Südlich von Enzenstetten durchquert die A 7 den Biotopbereich des Enzenstettener Brunnenmooses. Zum Schutzdieses wertvollen Moorgebietes und seines seltenen Artenvorkommens erfolgt an dieser Stelle der Bau der 557,50m langen Talbrücke Enzenstetten. Dabei wird das Kerngebiet des Brunnenmooses mit 120 m Stützweite über-brückt unter der Auflage, dass es während des Baus nicht betreten werden darf. Die Stützweiten des sechsfeld-rigen Bauwerks betragen 95 m + 120 m + 107,50 m + 95 m + 85 m + 55 m. Für die Gestaltung der Brückewurden von mehreren Ingenieurbüros unter Mitwirkung von Architekten Vorschläge eingeholt, aus denen derjetzige Entwurf ausgewählt wurde. Das technische und gestalterische Problem liegt hier in der großen Stützwei-te, die in relativ geringer Höhe von rd. 15 m überbrückt werden muss. Die V-förmig ausgestellten Stützenpaareverkürzen die Spannweiten der Brückenfelder und ermöglichen eine schlanke Überbaukonstruktion. Damit wirdeine einzigartige gestalterische Wirkung erzielt, wenngleich Geometrie, Statik und Konstruktion außerordentlichkomplex wurden.

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Ende Juli 2005 erfolgte die Vergabe des Brückentragwerks als Stahlverbundhohlkasten mit Herstellung im Takt-schiebeverfahren. Wegen des nicht ausreichend tragfähigen Baugrundes wurden als erstes bis zu 40 m langeBohrpfähle mit einem Durchmesser von 1,20 m zur Gründung der Brückenpfeiler und eines Widerlagers herge-stellt. Im August 2006 mussten die Arbeiten auf der Baustelle unvorhergesehen eingestellt werden. Die Bieter-gemeinschaft musste ihrem mit dem Gewerk Stahlbau beauftragten Subunternehmer kündigen, da das Stahlbau-unternehmen in eine wirtschaftliche Schieflage geraten und von Insolvenz bedroht war.

In dieser Situation griff man nach eingehender Prüfung auf ein Nebenangebot der ARGE zurück, das Bauwerkfür die gleiche Auftragssumme und ohne die Außenabmessungen zu verändern in Spannbeton statt in Stahlver-bund auszuführen. Der Überbau besteht aus zwei einzelligen Hohlkästen mit einer Konstruktionshöhe von 3,50m. Aufgrund der höheren Eigenlasten gegenüber der geplanten Stahlbetonverbundkonstruktion machten sichumfangreiche Verstärkungsmaßnahmen an den Brückengründungen erforderlich. So waren z. B. 60 zusätzlicheBohrpfähle herzustellen. Die stählernen V-Stützen wurden beibehalten, aber aufgrund der höheren Lasten ausdem Überbau ausbetoniert. Die beiden Spannbetonhohlkästen werden nicht im Taktschiebverfahren hergestellt,sondern es wird an drei Stellen gleichzeitig mit einem konventionellen Lehrgerüst, einer Vorschubrüstung und imFreivorbau gearbeitet (Bild 1.11). Mit der Fertigstellung der RF Füssen im Sommer 2009 erfolgt der lang ersehn-te Lückenschluss zwischen Nesselwang und Füssen mit der Einschränkung einer einstreifigen Verkehrsführungauf der Talbrücke Enzenstetten.

Im Zuge des Ausbaus der B 19 Immenstadt-Kempten wurde die Illerbrücke bei Thanners im ankerlosen Takt-schiebeverfahren hergestellt (Bild 1.12). Die 22,40 m breite Brücke überführt die Bundesstraße B 19 über dieIller und den benachbarten Heubach. Unterhalb des neuen Bauwerks befindet sich ein neu geschaffener Hoch-wasserstauraum für beide Gewässer. Das Brückenbauwerk besitzt eine Gesamtlänge von 254 m. Die beidenfünffeldrigen Überbauten mit den Stützweiten 39 m + 50 m + 76 m + 50 m + 39 m und mit je einem einzelligenKastenquerschnitt sind in Mischbauweise vorgespannt. Die Vorspannung umfasst intern in Fahrbahn- und Bo-denplatte geführte Primärspannglieder und im Hohlkasten geführte externe Sekundärspannglieder. Für die Her-stellung im Taktschiebeverfahren wurde die Brücke in neun Takte unterteilt und in dem 76-m-Feld Hilfsstützengestellt.

Als große Besonderheit dabei gilt die ankerlose Herstellung, bei der die Innenschalung komplett von der Außen-schalung entkoppelt ist. Die Illerbrücke weist insgesamt acht unterschiedlich hohe, paarweise versetzt angeord-nete Pfeiler auf. Die von unten nach oben konisch aufgeweiteten Pfeiler besitzen einen elliptischen Querschnitt.Die Unterbauten sind bis auf die Achse 50 flach gegründet, lediglich in Achse 50 mussten Bohrpfähle eingesetztwerden. Auf den Pfeilern in Achse 30 sind Verformungslager mit Längsfesthaltung angeordnet, an allen anderenLagerachsen Gleitlager.

Die A 3 ist als Europastraße auch Bestandteil des Transeuropäischen Verkehrsnetzes und hat eine wichtige Ver-bindungsfunktion zwischen den Niederlanden und Südeuropa. Innerhalb Deutschlands verbindet sie Bayern mitden Zentren am Rhein. Sie zählt zu den bedeutendsten Strecken im Netz der Bundesautobahnen.

Der rund 230 km lange Abschnitt Frankfurt-Nürnberg stellt auch regional eine der wichtigsten VerkehrsadernNordbayerns dar. Die Verkehrsbelastungen liegen bei bis zu 100.000 Fahrzeugen am Tag. Zurzeit ist die A 3regelmäßig überlastet. Vermehrte Unfälle, Behinderungen und zahlreiche Staus sind die Folge. Mit dem sechs-streifigen Ausbau wird eine leistungsfähige und den gestiegenen Anforderungen gerechte Verkehrsverbindunggeschaffen. Im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen ist der Ausbau von der Anschlussstelle Aschaffenburg-West bis zum Autobahnkreuz Biebelried als vordringlicher Bedarf ausgewiesen.

Im Abschnitt Aschaffenburg-Würzburg überspannt die Haseltalbrücke (Bild 1.13) zwischen den Anschluss-stellen Rohrbrunn und Marktheidenfeld das 70 m tief eingeschnittene Tal des Haselbaches. Das Bauwerk liegtim Hochspessart in der Nähe der Ortschaft Bischbrunn. Erhebliche Schäden an der aus dem Jahr 1961 stam-menden Stahlbrücke machen einen Neubau unaufschiebbar. Trotz aufwendiger Verstärkungen der Brücke in den80er Jahren sind zwischenzeitlich infolge des hohen Verkehrsaufkommens erneut zahlreiche Ermüdungsschädenaufgetreten. Mehrfach mussten Schweißnahtsanierungen durchgeführt werden. Für Schwertransporte mit einerMasse über 44 t ist die Brücke bereits seit Oktober 2002 gesperrt. Die Bauarbeiten an der Haseltalbrücke habendeshalb im Vorgriff auf den sechsstreifigen Ausbau der A 3 im April 2008 bereits begonnen.

Bei der neuen Lage des Bauwerks waren vor allem Belange des Naturschutzes beiderseits der Bestandstrasse undder Baudurchführung abzuwägen. An die A 3 grenzen ein größeres FFH- und Vogelschutzgebiet sowie eine jungeLaubwaldaufforstung an. Wegen notwendiger Schutz- und Minimierungsmaßnahmen für diese Flächen wird dieneue Haseltalbrücke um eine halbe Bauwerksbreite nach Süden versetzt errichtet.26

Bild 1.11: Talbrücke Enzenstetten im Zuge der A 7 - Freivorbau und Einsatz einer Vorschubrüstung, Foto: ABD Südbayern

Bild 1.12: Illerbrücke im Zuge der B 19 bei Thanners

Bild 1.13: Haseltalbrücke im Zuge der A 3 bei Bischbrunn - Neubau des südlichen Überbaus, Foto: Adam Hörnig

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Die beiden getrennten, 678 m langen Überbauten werden als einzellige Spannbetonhohlkästen, ausgelegt für jedrei Fahrstreifen, mit den Stützweiten 49 m + 10 x 58 m + 49 m vom östlichen Widerlager aus im Taktschiebe-verfahren (Mischbauweise) hergestellt. Während der Verkehr zunächst noch über das bestehende Bauwerk rollt,wird als erstes der südliche Überbau mit der Richtungsfahrbahn Frankfurt/Main-Nürnberg errichtet. Ab Septem-ber 2009 wird der gesamte Verkehr beider Fahrtrichtungen auf die neue südliche Brückenhälfte umgelegt. Diezweite Bauphase ab Oktober 2009 umfasst den Abbruch der bestehenden Brücke und die Herstellung des nörd-lichen Überbaus mit der Richtungsfahrbahn Nürnberg-Frankfurt/Main an ihrer Stelle. Die Verkehrsfreigabe derneuen Haseltalbrücke ist für November 2011 geplant. Bis zum endgültigen sechsstreifigen Ausbau der A 3 in die-sem Abschnitt wird der Verkehr zunächst nur mit zwei Fahrstreifen je Richtungsfahrbahn über die neue Brückegeführt. Der Ersatzneubau der Haseltalbrücke ist ein wichtiger Meilenstein für den sechsstreifigen Ausbau der A3 zwischen Aschaffenburg und Würzburg.

Die Talbrücke Weißenbrunn am Forst (Bild 1.14) überführt die geplante NBS Ebensfeld-Erfurt über das Taldes Weißenbrunner Baches östlich der bayerischen Gemeinde Untersiemau in der Ortslage Weißenbrunn amForst im Landkreis Coburg. Zwischen den im Süden und Norden ansteigenden Talflanken ist die Talform geprägtvon einem ebenen Talboden, in dessen nördlichem Bereich der Weißenbrunner Bach eingesenkt ist.

Das gewählte Tragsystem besteht aus einer Kette von acht Einfeldträgern, einer dreifeldrigen Rahmenbrücke undzwei weiteren Einfeldträgern. Die Stützweiten der 614 m langen Talbrücke betragen 43 m + 7 x 44 m + (50 m +76 m + 50 m = 176 m) + 44 m + 43 m. Mit der 76 m großen Mittelöffnung des Rahmentragwerks, dessen Stielewie bei der Maintalbrücke Gemünden V-förmig ausgebildet werden, wird der Weißenbrunner Bach überspannt.Der Überbau wird mit den Stielen monolithisch verbunden, um die effektive Stützweite des Überbaus in diesemBereich auf 50 m zu reduzieren. Die Rahmenstiele mit Hohlquerschnitt ruhen auf unterhalb des Geländes an-geordneten Betongelenken. Die zehn Stahlbetonpfeiler weisen am Pfeilerkopf eine Querschnittsbreite von 6 mauf. In Brückenlängsrichtung haben sie ein Maß von 3,50 m, um die für die Einfeldträgerkette auf jedem Pfeiler-kopf erforderlichen vier Lager unterzubringen. Schienenauszüge sind nicht vorgesehen. Der Überbauquerschnittbesteht aus einem einzelligen, 4 m hohen Spannbetonhohlkasten mit geneigten Stegen und einer 14,30 m brei-ten, quer vorgespannten Fahrbahnplatte. Im Bereich der V-Stützen wird der Kasten gevoutet ausgeführt. Es istvorgesehen, den gesamten Überbau mit einer Vorschubrüstung herzustellen.

Das im Grundriss gekrümmte Bauwerk wird später mit dem Streckenausbau auf der westlichen Seite eine 4 mhohe Lärmschutzwand sowie eine Feste Fahrbahn mit 4,50 m Gleisabstand erhalten. Die das Tal des Weißen-brunner Baches in ca. 55 m Höhe querende Eisenbahnüberführung ist das architektonisch ansprechende Ergebniseiner umfassenden Entwurfsplanung im Hinblick auf die ortsnahe Lage in einer landschaftlich reizvollen Umge-bung. Der Brückenentwurf widerspiegelt die vorgenommene Abwägung zwischen technischen Anforderungen,Umweltverträglichkeit, architektonischem und landschaftsplanerischen Erscheinungsbild sowie der Wirtschaft-lichkeit. Die gewählte Lösung mit dem 176 m langen dreifeldrigen Rahmenbauwerk mit V-Stützen betont dieLage des Bachlaufs sowie die Einbindung des Bauwerks in die vorhandene Topografie.

Während die NBS im weiteren Verlauf in Richtung Norden durch den Tunnel Höhnberg die Füllbachtalbrücke er-reicht, erfolgt südwestlich dieser Talbrücke mit der Verbindungskurve Niederfüllbach die Anbindung der Schnell-fahrstrecke an die Stadt Coburg. Die Verbindungskurve führt durch den Tunnel Füllbach unter dem Tunnel Höhn-berg der NBS hindurch ins Füllbachtal mit der Eisenbahnüberführung Füllbach (Bild 1.15) und mit der 106,50m langen Eisenbahnüberführung B 303 über die Bundesstraße B 303.

Die 90 m lange EÜ Füllbach mit den Stützweiten 15 m + 3 x 20 m + 15 m überspannt südlich der B 303 denFüllbach sowie die Wirtschaftswege Röstenwiesenweg und Säugraben. Der eingleisige, 7,17 m breite Überbaudes Spannbetondurchlaufträgers mit einer Konstruktionshöhe von 1,05 m wurde für das Lastmodell 71 nachDIN FB 101 und einer Entwurfsgeschwindigkeit von 130 km/h konzipiert. Das Bauwerk liegt in einer Krümmemit R=756 m. Die Unterbauten sind auf Großbohrpfählen D=0,90 m gegründet. Die vier Mittelstützen sind alsRundstützen vom Durchmesser 1,50 m und mit einem Hammerkopf zur Unterbringung von zwei Lagern ausge-bildet. Am Widerlager West ist der Festpunkt angeordnet. Die Gleise werden ohne Schienenauszug hergestellt.Nach Herstellung der Widerlager und Stützen wurde der Überbau in ca. 7 m Höhe auf einem bodengestütztenLehrgerüst betoniert.

Im Zusammenhang mit dem Bau der EÜ Füllbach wird im Zuge der landschaftspflegerischen Begleitmaßnahmender im Bestand geradlinig von Ost nach West verlaufende Füllbach verlegt. Die Umgestaltung des Füllbaches er-folgt nach ökologischen Kriterien. So wird beispielsweise mittels Anpassung des Füllbaches an seine ursprüng-

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Bild 1.14: EÜ Talbrücke Weißenbrunn am Forst der NBS Ebensfeld-Erfurt, Foto: DB ProjektBau

Bild 1.15: EÜ Füllbach im Zuge der Verbindungskurve Niederfüllbach Richtung Coburg, Foto: DB ProjektBau

liche Fließform sowie das Anlegen von Tümpeln und Altarmen erreicht, dass die somit entstehenden Feucht-und Nassbereiche sehr gute Lebensräume für die örtliche Flora und Fauna bieten. Auf dem Bauwerk werden vorInbetriebnahme der Neubaustrecke Schallschutzwände als Maßnahmen des aktiven Schallschutzes angeordnet.

Unmittelbar vor der Talbrücke Froschgrundsee liegt in südlicher Richtung die Talbrücke Pöpelholz (Bild 1.16),die den westlichen Rand des Pöpelholzes bei der bayerischen Gemeinde Schönstädt tangiert und die NBSEbensfeld-Erfurt in ca. 28 m Höhe über das Tal des Pöpelbaches überführt. Die Streckentrasse ist bei einerEntwurfsgeschwindigkeit von 300 km/h im Bauwerksbereich nahezu gerade, die Gradiente steigt in RichtungOsten mit max. 8 ‰ an.

Der Brückenüberbau wird von einer Kette aus sieben Einzelfeldträgern gebildet, um einen späteren Austauscheinzelner Brückenfelder zu ermöglichen und auf Schienenauszüge zu verzichten. Die Stützweiten des 306 mlangen Bauwerks betragen 43 m + 5 x 44 m + 43 m. Der Überbau besteht aus einem einzelligen 4 m hohenSpannbetonhohlkasten mit geneigten Stegen und einer 13,30 m breiten, quer vorgespannten Fahrbahnplatte. Die

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Brücke wird mit dem Streckenausbau auf der nördlichen Seite eine Lärmschutzwand von 2 m Höhe sowie eineFeste Fahrbahn mit 4,50 m Gleisabstand erhalten.

Im Zuge der NBS Ebensfeld-Erfurt überquert die geplante zweigleisige Trasse in Südthüringen östlich der Ge-meinde Altenfeld zwischen dem Tunnel Fleckberg und dem Silberbergtunnel das Oelzetal in ca. 71 m Höhe.Die Talform ist geprägt von einem tief eingeschnittenen, unbebauten Kerbtal mit steilen Talhängen und annä-hernd symmetrischem Talquerschnitt. Im Talgrund des bewaldeten Oelzetales verlaufen die Oelze und am Fußdes südlichen Talhangs die Straße von Katzhütte nach Altenfeld (Harztalstraße).

Die Oelzetalbrücke (Bild 1.17) überspannt das Tal mit einem 165 m weit gespannten Betonbogen mit einer auf-geständerten Fahrbahn. Der Brückenentwurf zeigt die vorgenommene Abwägung zwischen technischen Anfor-derungen, Umweltverträglichkeit, architektonischem und landschaftsplanerischem Erscheinungsbild sowie derWirtschaftlichkeit und ist das gestalterisch ansprechende Ergebnis einer umfassenden Entwurfsplanung im Hin-blick auf die Lage in einer landschaftlich reizvollen Umgebung. Die Streckentrasse ist bei einer Entwurfsge-schwindigkeit von 300 km/h im Bauwerksbereich gerade. Die Brücke erhält eine Feste Fahrbahn mit 4,50 mGleisabstand.

Der 370 m lange Überbau mit Stützweiten von 30 m + 35 m + 40 m + 7 x 23,57 m (=165 m) + 40 m + 2 x 30 mwird als Spannbetondurchlaufträger mit einem einzelligen Kastenquerschnitt und geneigten Stegen ausgeführt.Die Überbaubreite beträgt 14,10 m und die Fahrbahnplatte wird in Querrichtung vorgespannt. Die Konstruktions-höhe des Kastens liegt bei 3,60 m. Die Pfeiler der Brücke haben einen rechteckigen Stahlbetonhohlquerschnittmit gebrochenen Ecken und verjüngen sich mit einem Anzug von 70:1 nach oben. Die sechs Fahrbahnständerauf dem Bogen weisen keinen Anzug auf, deren Abmessungen sind konstant. Auch der Stahlbetonbogen mit165 m Stützweite hat einen Hohlquerschnitt und ist begehbar. Der Bogen wird im Freivorbau mit Hilfsstützenerrichtet. Nach der Herstellung des Bogens, der Widerlager und der Brückenpfeiler wird der Brückenüberbau hin-ter dem nördlichen Widerlager hergestellt und mittels Taktschiebeanlage ohne Beeinträchtigung des Talgrundeseingeschoben.

Im Zuge der NBS Ebensfeld-Erfurt überquert die geplante zweigleisige Eisenbahntrasse östlich der thüringischenStadt Langewiesen und rd. einen Kilometer südlich des geplanten Bahnhofes Ilmenau mit der Ilmtalbrücke dasIlmtal mit Fischteichen, die B 88 und B 88n, eine 110-kV-Freileitung sowie die stillgelegte Bahnstrecke zwischenIlmenau und Großbreitenbach. Die B 88 soll dabei im Bereich der Brücke abschnittsweise neu trassiert und dieFreileitung als Erdkabel geführt werden. Die Streckentrasse ist bei einer Entwurfsgeschwindigkeit von 300 km/him Bauwerksbereich in einem Radius von 7.000 m gekrümmt und die Gradiente fällt in Richtung Norden mit12,5 ‰ab. Die Brücke wird später mit dem Streckenausbau auf der westlichen Seite eine Lärmschutzwand von 2m bis 4 m Höhe sowie eine Feste Fahrbahn mit 4,50 m Gleisabstand erhalten. Die Talform ist geprägt von einembreiten ebenen Talraum mit nach Süden flach und nach Norden sanft ansteigender Talflanke. Der Talraum wirdauf der Südseite von der Bundesstraße B 88 und auf der Nordseite von den Langenwiesener Teichen begrenzt.

Der Überbau der 1.681 m langen Ilmtalbrücke wird als Spannbeton-Durchlaufträgerkette mit einem einzelligenHohlkastenquerschnitt ausgebildet und gliedert sich in vier einzelne Durchlaufträger mit Längen von 336 m,415 m, 459 m und 471 m, die durch Trennpfeiler getrennt sowie bereichsweise auf drei Stahlbetonbögen mitSpannweiten von 125 m, 155 m und 175 m aufgeständert sind. Die Stützweiten betragen 46 m + 8 x 58 m + (5 x25 m = 125 m) + 5 x 58 m + (2 x 23 m + 3 x 21 m + 2 x 23 m = 155 m) + 68 m + 62 m + 2 x 61 m + (7 x 25 m =175 m) + 3 x 58 m.

Im Querschnitt besteht der Überbau aus einem einzelligen vorgespannten 5 m hohen, in Längsrichtung vorge-spannten Betonhohlkasten mit geneigten Stegen. Die quervorgespannte Fahrbahnplatte ist 13,30 m, die Boden-platte 4,80 m breit. Der Brückenzug hat seine Festpunkte auf den drei Bögen. Diese leiteten insbesondere dieLängskraft infolge Bremsen in den Baugrund ab. Dementsprechend sind auf den Trennpfeilern und Widerlagerndie Dehnfugen mit Schienenauszügen vorgesehen.

Das gewählte Tragsystem resultierte aus der Abwägung zwischen technischen Anforderungen, Umweltverträg-lichkeit, architektonischem und landschaftsplanerischem Erscheinungsbild sowie der Wirtschaftlichkeit. Die 125m, 155 m bzw. 175 m weit gespannten Bögen sind das architektonisch ansprechende Ergebnis einer umfassendenEntwurfsplanung im Hinblick auf die ortsnahe Lage in einer landschaftlich reizvollen Umgebung. Die gewählteLösung mit drei Bögen zeigt die zentrale Lage des mittleren Bogens im Bereich der Ilm sowie die Anpassungder Bogenspannweiten an die vorhandene Topographie.

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Bild 1.16: Talbrücke Pöpelholz im Zuge der NBS Ebensfeld-Erfurt, Foto: DB ProjektBau

Bild 1.17: Oelzetalbrücke im Zuge der NBS Ebensfeld-Erfurt, Foto: DB ProjektBau

Die Fertigung der 31 m (Süd), 40 m und 37 m (Nord) hohen Betonbögen erfolgt auf bodengestützten Lehrgerüs-ten. Nach Herstellung der Widerlager, Pfeiler und Bögen wird der Überbau zuerst vom Norden und dann vomSüden ohne Beeinträchtigung des Talgrundes eingeschoben (Bild 1.18). Im mittleren Bereich werden 90 m Über-baulänge auf einem bodengestützten Lehrgerüst als Lückenschluss hergestellt. Die Ilmtalbrücke wird nach ihrerFertigstellung im Jahr 2011 die längste Eisenbahn-Betonbogenbrücke in Thüringen sein.

Im Zuge der Neubaustrecke Erfurt-Halle/Leipzig quert die Trasse das Scherkondetal nördlich der GemeindeKrautheim im Landkreis Weimarer Land. Das Tal ist durch den abfallenden Hang auf der Ostseite und die flachgeneigte Talflanke auf der Westseite geprägt. Im Bereich der Scherkondetalbrücke kreuzen zwei Wirtschafts-wege und ein Wanderweg die zukünftige NBS-Trasse.

Der Grund des Scherkondetals wird durch das Fließgewässer Scherkonde sowie den Speicher Großbrembacheingenommen. Der Speicher weist aufgrund seiner Nutzung als landwirtschaftlicher Wasserspeicher einen starkwechselnden Wasserstand auf. Im Stauwurzelbereich befinden sich große Feuchtflächen, die bei Vollstau vonder Wasserfläche eingenommen werden. Das Scherkondetal ist in die flachwellige Ebene des Thüringer Beckenseingeschnitten, welches durch einen vielfältigen Wechsel an Nutzungsarten gekennzeichnet ist. Neben Obstwie-

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sen, Waldflächen, Halbtrockenrasen und Feuchtflächen sind im Hangbereich Äcker vorhanden, die westlich undöstlich an große Ackerflächen anschließen.

Der 576,50 m lange, zweigleisige Überbau mit Stützweiten von 27 m + 2 x 36,50 m + 10 x 44 m + 36,50 mwird als 13,91 m breiter, vorgespannter Mittelträgerquerschnitt ausgeführt. Die Konstruktionshöhe beträgt imFeldbereich 2 m, über den Pfeilern 3,50 m. Die Voutung und die dadurch mögliche geringe Bauhöhe in denFeldbereichen bieten dabei einen angenehmen gestalterischen Kontrast zum gewohnten Erscheinungsbild vonTalbrücken der Eisenbahn.

Zur Erhöhung der Robustheit und zur Verringerung der Instandhaltungsaufwendungen, aber auch zur Verbesse-rung der ästhetischen Belange wird die Scherkondetalbrücke als semi-integrales Bauwerk ausgeführt. Eine beiausgeführten Straßenbrücken in den letzten Jahren oft angewandte Variante der semi-integralen Bauweise ver-bindet den Überbau lediglich mit den Pfeilern, während an den massiven Widerlagern und an den kurzen unddaher steiferen Pfeilern in den Randfeldern die Anordnung von verschieblichen Lagerungen erfolgte. Für denAbtrag der Längskräfte bei Eisenbahnbetrieb ist ein solches System nicht tauglich: Eine Überbeanspruchung desRahmensystems und viel zu große Verschiebungen an den Brückenenden wären die Folge. Beim Entwurf derScherkondetalbrücke wurde diesem Problem durch die integrale Verbindung des Überbaus mit dem Widerlagerin Achse 00 Rechnung getragen. Zusätzlich zur effizienten Ableitung der Längskräfte wird dadurch das Gesamt-system von einem verschieblichen Rahmen in einen unverschieblichen Rahmen überführt, was zu einer Verbes-serung der Randbedingungen für die Bemessung der Pfeiler führt. Bedingt durch die schlanke Pfeilerausführungund die günstige Talgeometrie war es möglich, einen Großteil der Pfeiler integral mit dem Überbau zu verbin-den. Lediglich in den letzten beiden von insgesamt 13 Pfeilerachsen sowie für das zweite Widerlager musstedie Anordnung von Gleitlagern vorgesehen werden. Durch eine Optimierung des Bauprozesses und modifizierteUnterbauabmessungen konnten die Zwängungen im integralen System weiter reduziert werden. So erfolgt dieGründung der Pfeiler an Stelle von Pfahlböcken auf Pfahlreihen, wodurch der Verdrehwiderstand der Gründungdeutlich reduziert wird. Die Breiten der ersten niedrigen vier Pfeiler sind gegenüber den anderen Pfeilerbreitenvon 1,50 m auf bis zu 1 m reduziert.

Bei der Wahl der Betonrezeptur wurde unter Beachtung einer durchgeführten Eignungsprüfung besonderer Wertdarauf gelegt, dass der Pfeilerbeton einen möglichst niedrigen E-Modul und der Überbaubeton einen möglichsthohen E-Modul aufweisen. Ein Teil der Rahmenpfeiler wird zur Minimierung der geometrischen Schiefstellungder Pfeiler im Endzustand um bis zu 100 mm planmäßig schief in Richtung Widerlager 13 hergestellt und zu-sätzlich mithilfe der Vorschubrüstung vor dem Betonieren des jeweiligen Überbauabschnittes elastisch um bis zu100 mm vorausgelenkt. Des Weiteren wurde der Bauablauf so gewählt, dass der Überbau von einem temporärenFestpunkt am Widerlager 13 in Richtung Widerlager 00 (dem im Endzustand längsfesten Widerlager) abschnitts-weise auf Vorschubrüstung hergestellt wird (Bild 1.19). Der Festpunktwechsel auf den endgültigen Festpunktam Widerlager 00 erfolgt erst kurzfristig nach Fertigstellung des Überbaus. Die Wahl dieser Herstellungsrich-tung hat den Vorteil, dass Riegelstauchungen aus der elastischen Verkürzung des Überbaus infolge Vorspannungund die auftretenden Kriech- und Schwindverkürzungen die Rahmenpfeiler zunächst in Richtung Widerlager 13verformen und nach Festpunktwechsel eine Rückverformung wirksam wird. Durch diesen Bauablauf wird dieZwangsbeanspruchung der Pfeiler aus Kriechen und Schwinden weiter merklich reduziert.

Als Ergebnis dieser Maßnahmen wird erreicht, dass die Rahmenpfeiler unter Annahme eines auf den vorge-sehenen Bauablauf angepassten Temperaturverlaufes bei der Herstellung der einzelnen Überbauabschnitte imEndzustand trotz der einseitig orientierten Überbauverkürzung aus Kriechen und Schwinden bei einer angenom-menen Überbautemperatur von 10 °C nahezu senkrecht stehen. Als Temperaturprognose wird dabei die mittleredurchschnittliche Monatstemperatur für die jeweilige Überbaubauabschnittsherstellung zu Grunde gelegt. Wegender Besonderheit des vorliegenden Bauwerks wird die gesamte Überbauherstellung umfangreich messtechnischüberwacht. Neben den bei allen Brückenbauwerken üblichen Messungen der vertikalen Bauwerksverformungenerfolgen eine Erfassung der horizontalen Auslenkungen der Pfeilerköpfe sowie eine kontinuierliche Aufzeich-nung der Bauwerkstemperatur. Zusätzlich wird bauzeitlich die horizontale Festhaltekraft am temporären Fest-punkt in Achse 13 überwacht. Durch einen regelmäßigen Soll-Ist-Vergleich der Messungen zu den theoretischenWerten kann eine sichere Herstellung des Bauwerks im Rahmen der in den Berechnungen getroffenen Annahmengewährleistet werden.

Brücken in dieser Größenordnung wurden bislang nicht als integrale Bauwerke ausgebildet. Das gewählte stati-sche System stellt aufgrund seiner semi-integralen Tragwerksdurchbildung eine Neuerung mit großem Innovati-

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Bild 1.18: Ilmtalbrücke im Zuge der NBS Ebensfeld-Erfurt - Blick in Richtung Süd auf den fertigen Nordbogen mit Takt-schieben des Überbaus vom nördlichen Widerlager her, Foto: DB ProjektBau

Bild 1.19: Scherkondetalbrücke im Zuge der NBS Erfurt-Halle/Leipzig - Herstellung des Überbaus mittels Vorschubrüstung,Foto: DB ProjektBau

onspotential hinsichtlich der Anwendung der integralen Bauweise bei der Ausbildung von Talbrücken bei der DBAG dar. Durch die Einsparung von Lagern, Fugen und aufwendigen Besichtigungseinrichtungen wie bei üblichenSpannbetonhohlkästen werden deutlich geringere Kosten im Unterhalt für diesen Bauwerkstyp erwartet.

Die Bundesautobahn A 4 ist eine der wichtigsten West-Ost-Verbindungen Deutschlands mit einer derzeitigenGesamtlänge von 583,50 km. Sie beginnt in Vettschau bei Aachen an der Bundesgrenze in Verbindung mit derniederländischen A 76 und endet an der Bundesgrenze in Görlitz/Neiße und geht dort in die polnische Auto-bahn, welche ebenfalls A 4 heißt, über. Sie ist damit eine von nur fünf Autobahnen, welche an zwei Stellen dieBundesgrenze berühren.

Der Saaletalübergang beim Jenaer Stadtteil Göschwitz überspannt das Saaletal mit Saale und dem NebenflussRoda, der B 88, die Gleise der Saalebahn und der Holzlandbahn und ist eine der schönsten Brücken Deutsch-lands. Nach dem Entwurf des Architekten Friedrich Tamms leiteten die Ingenieure Karl Schaechterle und OskarJüngling die Konstruktion einer der längsten Gewölbereihenbrücken Deutschlands. Der Bau begann im Jahre1937 als Teil der Reichsautobahn Berlin-Frankfurt. 1939 konnten die Arbeiten im Wesentlichen abgeschlossen

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werden. Die Schlussabnahme erfolgte kriegsbedingt erst 1941. Den Zweiten Weltkrieg überstand die markanteBrücke nicht unbeschadet. Zwei Bögen wurden zerstört und erst Jahre nach dem Krieg wieder originalgetreuaufgebaut.

Neben dieser Brücke wurde in den Jahren 2003 bis 2005 auf der südlichen Seite im lichten Abstand von 5 m eineneue, 726 m lange Spannbetonbrücke für die RF Eisenach-Dresden gebaut. Im Zuge des sechsstreifigen Ausbausder A 4 erfolgt die Instandsetzung der alten Saalebrücke (Nord) (Bild 1.20) als RF Dresden-Eisenach.

Das Bauwerk ist eine 17-feldrige Natursteinbogenbrücke zzgl. einem Natursteinbogen über der B 88 und einemFußwegbogen an der Ostseite. Die Pfeiler sind begehbar mit Spargewölben aus Beton und Klinkermauerwerk.Die Brücke hat eine Gesamtlänge von 752,39 m mit Stützweiten zwischen 26,04 und 30,60 m. Die Breite zwi-schen den Geländern beträgt 19,70 m (19,50 m nach Umbau) und die Breite zwischen den Schrammborden 16,00m. Die Fahrbahn liegt auf einer Höhe von etwa 21 m über dem Saaletal. Im Bauwerksbereich ist die Achse der A4 in einer Geraden trassiert. Die Pfeilerachsen sind rechtwinklig zur Bauwerksachse angeordnet. Der Bogen überder B 88 wird mit einem Kreuzungswinkel von 86,216 gon neu errichtet. Die Gradiente liegt in einem Längsge-fälle von 0,5 % in Richtung Osten. Auf der Ostseite befindet sich am Bauwerksbeginn eine Wannenausrundungmit einem Halbmesser von H=23.000 m, die sich bis etwa in den Scheitel des Bogens 2 (Saalebogen) fortsetzt.Die Querneigung im Bauwerksbereich beträgt konstant 2,5 %. Zwangspunkte sind die unter dem Bauwerk be-findlichen Bahnlinien Nürnberg-Berlin (Saaletalbahn) und Jena-Gera (Holzlandbahn), die beiden Gewässer Saaleund Roda sowie die B 88.

Die bestehende Brücke wurde für die Aufnahme neuer Fahrstreifen umgebaut. Im Bereich der B 88 wurde dervorhandene Bogen komplett zurückgebaut und durch einen neuen ersetzt. Ebenfalls abzubrechen waren Teile vonFlügeln, die kompletten Kappen, Geländer, Postamente, Fahrbahnbelag und Schutzbeton. Auf den vorhandenenGewölbebögen wurde Füllbeton, eine lastverteilende Stahlbetonplatte sowie die Abdichtung, der Fahrbahnbelagund Kappen neu hergestellt. Die Fertigung der Fahrbahnplatte erfolgte in Abschnitten gleich der Feldlänge.Zunächst wurde jedes zweite Feld betoniert. Die Zwischenfelder waren im Tagestakt zu betonieren. Der gewählteBauablauf sollte sicherstellen, dass nur eine sehr geringe Relativverschiebung zwischen bewehrter Platte undUnterbeton auftreten kann.

Des Weiteren erfolgten Instandsetzungsarbeiten wie Beräumung der Pfeilerinnenräume, Natursteinsanie-rung/Verfugen der Stirnwände und Bogenunterseiten und Betoninstandsetzung in den Innenräumen. Besonderszu beachten waren bei der Bauausführung die zeitlichen Beschränkungen aufgrund des Brutverhaltens von Doh-len und Turmfalken. Für die Abbruch-, Neubau- und Sanierungsarbeiten waren Arbeits- und Schutzgerüste ver-schiedenster Art notwendig. Weiterhin gehörten zum Leistungsumfang Ausstattungsarbeiten (Schutzplanken,vertikale Absturzsicherung, transparente Lärmschutzwände, Verkehrszeichenbrücken), Ausstattung der begeh-baren Pfeiler wie Leitern, Türen etc. sowie Böschungstreppen und Böschungspflaster.

Der 11,90 km lange, vierstreifige Neubau von der AS Bleicherode bis AS Breitenworbis ist der letzte, nochnicht übergebene Autobahnabschnitt der A 38 Göttingen-Halle mit dem Höllbergtunnel (885 m), der Friedetal-brücke (500 m) und der Rhintalbrücke (310 m). Aufgrund der geologischen Verhältnisse gilt dieser Abschnittals das schwierigste Teilstück der A 38 und stellt hier gewaltige Anforderungen an die Beschäftigten, die an denverschiedensten Bauwerken tätig sind.

Die Friedetalbrücke (Bild 1.21) quert mit dem Schachtfeld Sollstedt ein ehemaliges Kalibergwerk. Der Ka-lisalzabbau in Tiefen zwischen 600 und 800 m wurde 1990 eingestellt. Folgeerscheinungen des neunzigjäh-rigen Bergbaus sind anhaltende Einsenkungen der Geländeoberfläche sowie seismische Ereignisse. Neben demSchachtfeld werden der Friedebach, ein Gewerbegebiet und der Friedeweg überbrückt. Die erforderliche Gesamt-länge von 485 m resultiert aus der Topographie des Friedetals sowie der Höhenlage der Autobahn. Ausgehendvon den vorhandenen Randbedingungen und Tabuzonen ergab sich als optimale Lösung ein Sechsfeldbauwerkmit Stützweiten von 45 m + 65 m + 90 m + 165 m + 95 m + 35 m. Die Überbauten werden von je einem 3,50m bis 8,50 m hohen Spannbetonhohlkasten in Mischbauweise mit einer Gesamtnutzbreite von 29,50 m gebildet.Die max. Höhe über dem Talgrund beträgt 29 m.

Bei der Wahl des Tragsystems waren neben den durch die vorhandene Bebauung gegebenen Zwangspunkteninsbesondere die Einflüsse infolge Bergsenkung zu beachten. Die außerordentlich schwierigen Baugrundver-hältnisse machten die Gründung des Bauwerks zu einer ingenieurtechnischen Herausforderung. Die Lage imBergsenkungsgebiet und Auslaugungsprozesse in den oberen, gipshaltigen Schichten des Röt erforderten eine

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Tiefgründung im mittleren Buntsandstein mit Pfahllängen von bis zu 56 m. Die Pfeiler der 485 m langen Frie-detalbrücke ruhen auf Großbohrpfählen, die in 26 m Tiefe Gipshorizonte durchörtern, die im Laufe der Zeit aus-gelaugt werden können. Als Folge sind in diesem Bergsenkungsgebiet Erdfallphänomene in den oberen Boden-schichten nicht auszuschließen. Die Auswirkung wäre eine zusätzliche Belastung des Fundaments durch negativeMantelreibung. Deshalb wurde für die wirtschaftliche Bemessung der Pfähle und die Bauausführung bereits inder Planungsphase ein in den tragfähigen, tiefen Schichten abgesetzter Großbohrpfahl, der im oberen Bereich miteinem beschichteten Mantelrohr zur Reduktion der Mantelreibung ausgestattet war, mit dem Osterberg-Verfahrenvon Loadtest probebelastet, um die Auslegungskennwerte für das auf 120 Jahre Nutzungsdauer ausgelegte Bau-werk zu ermitteln.

Die Herstellung der Überbauten erfolgt im Freivorbau (Achsen 30 bis 60) und auf Lehrgerüsten (Achsen 10 bis30 und Achsen 60 bis 70).

Bild 1.20: Saalebrücke Jena-Göschwitz (Nord) - Instandsetzung und Neubau des Bogens über der B 88, Foto: EUROVIABeton GmbH

Bild 1.21: Friedetalbrücke im Zuge der A 38 bei Sollstedt, Foto: Gerdum u. Breuer

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Eine der ersten Stahlverbundbrücken in semi-integraler Bauweise wurde im Zuge der K 9130 von Erla nachBermsgrün im Landkreis Aue-Schwarzenberg (Sachsen) über das Schwarzwasser und eine DB-Strecke errichtet.Die fünffeldrige, 160 m lange und durchschnittlich 10 m breite Brücke „Am Schwarzwasser“ mit Stützweitenzwischen 28 m und 32 m wurde als zweistegiger Plattenbalken mit offenen Stahlträgern ausgebildet. Im Bauzu-stand wurden die durchlaufenden Stahlträger auf den Stahlbetonpfeilern zunächst gelenkig aufgelagert. Mit derHerstellung der Fahrbahnplatte wurden die Ortbetonquerträger betoniert und damit die biegesteife Verbindungzwischen den Stützen und dem Überbau realisiert. Konstruktiv aufwendig war allerdings die Durchführung derStützenbewehrung durch die Untergurte der Stahlprofile.

Die Fahrbahnplatte ist zwischen den Stegen nicht gevoutet und hat damit im Regelquerschnitt im Anschnittnur eine Bauhöhe von 320 mm. Dadurch wird das Tragwerk deutlich leichter und weist insgesamt nur einensehr geringen Baustahlverbrauch von 110 kg/m2 BF auf. Allerdings ergeben sich dadurch konstruktive Proble-me mit der Führung der Entwässerungseinläufe. Es ist erwähnenswert, dass aufgrund der Rahmenausbildungin Längsrichtung des Bauwerks eine gleichmäßige Temperaturbeanspruchung im Endzustand Zwängungen unddamit Verformungen verursacht, die aber nur geringfügig sind und damit auf die Gradiente kaum Einfluss haben.Insgesamt kann man deshalb die gewählte semi-integrale Bauweise positiv bewerten.

Straßen-, Fluss- und Bahnquerungen, Aufweitungsbereiche an beiden Widerlagern, ein veränderliches Achsmaßdes Stahlbaus an einem Widerlager sowie die Anforderung, die Pfeilerköpfe zusammen mit dem entsprechendenAbschnitt des Überbaus in einem Guss zu betonieren, machten das Projekt nicht gerade zu einem Standard-fall. Insbesondere der letzte Punkt war ein Novum für Planer und Baustellenmannschaft. Ein oben fahrenderVerbundschalwagen sowie die Unterteilung der Gesamtbrücke in „Regelbereiche“ zwischen den Pfeilern, „Pfei-lerbereiche“ und in eine „stationäre Schalungslösung“ im Bereich des veränderlichen Achsmaßes waren derSchlüssel zur Lösung der herausfordernden Aufgabenstellung.

In den Regelbereichen erfolgte das Betonieren im Pilgerschrittverfahren mithilfe eines 20 m langen Schalwagens(Bild 1.22). Im Bereich der veränderlichen Brückenbreite ist ein Träger der Stahlkonstruktion aus seiner Mittel-achse nach außen in einen Kurvenradius verzogen. Damit war eine konstante Spurbreite für den oben fahrendenSchalwagen nicht mehr gegeben. Die Schalungslösung berücksichtigte alle Anforderungen für diesen sogenann-ten stationären Bereich. Wie in den anderen Pfeilerbereichen trennte man den Schalwagen in zwei jeweils 10 mlange Hälften. Während die eine Hälfte im vorherigen Betonierabschnitt verblieb, wurde die zweite Wagenhälftein den Pfeilerbereich verfahren und analog zu den Pfeilern mit der Pfeilerkopfschalung des stationären Abschnittsverbunden. Um ein bodengestütztes Lehrgerüst zu vermeiden, wurde die tragende Konstruktion der Schalung andie Unterflansche der Brücke angehängt, ohne diese verändern zu müssen.

Gegenwärtig wird mit dem Bau der B 178 von Weißenberg (A 4) über Löbau, Zittau zu den Landesgrenzen D/PLund D/CZ im Dreiländereck eine durchgängige, leistungsfähige Nord-Süd-Verbindung in der Oberlausitz unddamit im mitteleuropäischen Raum gebaut. Am 23.10.2008 wurde der Abschnitt 1/Teil 2 übergeben, der an derQuerung mit der S 112 westlich von Nostitz beginnt. Bis in Höhe der Ortslage Kittlitz verläuft die Trasse etwaparallel westlich zur S 112. Eine weitere Verknüpfung mit der S 112 erfolgt über die Anschlussstelle Kittlitznahe dem Ortsteil Krappe. Der sich anschließende Verlauf der Trasse nach Süden ist charakterisiert durch dieTalbrücke bei Carlsbrunn-Wohla mit einer Länge von 290 m, der unterführten Kreisstraße Carlsbrunn-Wohlaund der darauffolgenden 393 m langen Talbrücke bei Laucha mit Überquerung der zweigleisigen EisenbahnlinieDresden-Görlitz. Die Trasse endet an der OU Löbau, wo die Verknüpfung mit der B 6 erfolgt.

Die 291,20 m lange Talbrücke Carlsbrunn (Bild 1.23) ist als elffeldriger Durchlaufträger mit Stützweiten von20,60 m + 2 x 25 m + 5 x 30 m + 2 x 25 m + 20,60 m ausgeführt worden. Die zwei getrennten Überbauten habenje einen 1,12 m hohen Mittelträgerquerschnitt und liegen 4,50 m bis 18 m über dem Gelände. Die Nutzbreite zwi-schen den Geländern der zwei Bauwerke beträgt 20,50 m. Die Widerlager und Endstützenreihen in den Achsen200 und 110 sind flach, die übrigen Pfeiler in den Achsen 30-100 auf Ortbetonpfählen System Franki gegründet.

Die Herstellung der Überbauten erfolgte auf einem bodengestützten Lehrgerüst, das zusammen mit der Überbau-schalung so konzipiert war, dass Teile der Überbauschalung (Stegschalung) verschoben werden konnten.

Als nach der Wiedervereinigung Deutschlands neue Pläne für Leipzigs Nahverkehr entstanden, knüpfte mansofort an die Idee eines Tunnels von 1911 und 1953 an. Erstmals in der Geschichte dieser Idee gab es einerealistische Chance der Umsetzung. Eine unterirdische Verbindung zwischen Hauptbahnhof und BayerischemBahnhof sollte das Herzstück eines neuen, schnellen S-Bahn-Netzes für Leipzig und Umgebung werden. So sollte

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eine effiziente Verbindung zwischen City und Umland entstehen. Dies wurde als zentrales Infrastrukturvorhabenbegriffen, um die Lebensqualität in Stadt und Region aufzuwerten und den Standort nachhaltig zu entwickeln.Seit 1992 war der City-Tunnel Leipzig fester Bestandteil der offiziellen Verkehrsplanung der Stadt. Im gleichenJahr wurde eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben. Im Unterschied zu den ersten Plänen erreicht der City-Tunnel nicht mehr unterhalb der Ost-, sondern unterhalb der Westhalle den Hauptbahnhof. Dieser neue Verlaufbietet einen bedeutenden Vorteil: Dank neuer unterirdischer Stationen kann nun die City unmittelbar dort erreichtwerden, wo sie am lebendigsten ist.

1995 fasste der Stadtrat einen Grundsatzbeschluss zur Realisierung des City-Tunnels. Noch im selben Jahr grün-deten der Freistaat Sachsen, die Deutsche Bahn AG und die Stadt Leipzig eine Gesellschaft zu dessen Bau. DerPlanfeststellungsbeschluss erfolgte 2000, im März 2002 unterzeichneten die Vertragspartner die Finanzierungs-vereinbarung. Im Juli 2003 begannen die ersten Baumaßnahmen. Seit Mitte 2006 sind die meisten Bauarbeitenüber Tage abgeschlossen. Seit Januar 2007 gräbt sich die Tunnelbohrmaschine Leonie in bis zu 22 m Tiefe durchden Leipziger Untergrund. Leonie schafft die beiden Röhren, die den Hauptbahnhof über die Stationen Marktund Wilhelm-Leuschner-Platz mit dem Bayerischen Bahnhof verbinden.

Bild 1.22: Talbrücke „Am Schwarzwasser“ - Betonieren der Fahrbahnplatte im Pilgerschrittverfahren, Foto: VSTR GmbHRodewisch

Bild 1.23: Talbrücke Carlsbrunn im Zuge der B 178 - Ansicht von Osten, Foto: SMWA

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Die zwei eingleisigen Röhren haben eine Länge von je 1.438 m, die mittels Schildvortrieb hergestellt werden.Der Durchmesser des Ausbruchquerschnitts beträgt 9 m, der der Innenröhre 7,90 m. Die Tunneloberkante verläuftzwischen 8 m und 16 m unter der Erde. Der Ausbruchquerschnitt wird während des Schildvortriebs mit Tübbingsvon 400 mm Wanddicke ausgebaut. Ein Tübbingring besteht aus sieben Steinen und einem Schlussstein und wiegtetwa 47 t. Mehr als 13.000 Tübbings wurden verbaut.

Die Tunnelbohrmaschine (TBM) wurde speziell für die technischen Randbedingungen des City-Tunnels und dieLeipziger Bodenverhältnisse konzipiert und entwickelt. Die TBM hat eine Masse von insgesamt 1.100 t undist einschließlich der Nachläufer 65 m lang. Die TBM wird durch 14 Pressenpaare vorgetrieben, deren max.Druckkraft beträgt 65 MN. Der integrierte Steinbrecher kann Steine bis 80 cm Kantenlänge zerkleinern. ZurVorauserkundung des Baugrundes wurde die TBM mit einem speziellen seismischen System ausgerüstet. Bis zu40 m im Voraus können Schichtgrenzen und Anomalien erkannt werden.

Das Schneidrad wurde als weitgehend geschlossenes Hydroschild konstruiert und hat eine Masse von etwa 100 t.Es wird durch acht Elektromotoren mit einer Leistung von insgesamt 880 kW angetrieben. Das Drehmoment desRades beträgt 4.837 kNm. Zum Abbau des anstehenden Bodens wurde das Schneidrad mit 176 Schälmessern,42 Rollenmeiseln und 16 Räumern ausgestattet. Im Schildbereich herrscht zur Stabilisierung des Baugrundes einÜberdruck von bis zu 4 bar.

Der Tunnelvortrieb für beide Röhren begann jeweils im Startschacht am Bayerischen Bahnhof und erfolgte inRichtung Hauptbahnhof. Nach dem Ende der ersten Schildfahrt wurde am Hauptbahnhof der Bohrkopf demon-tiert, zum Bayerischen Bahnhof zurück transportiert und die Nachläufer durch die fertige Röhre zurückgezogen.Nach dem erneuten Aufbau konnte die zweite Schildfahrt starten. Der Tunnelvortrieb verlief in zwei wesentli-chen Phasen. Zunächst baute die TBM Boden auf einer Strecke von etwa 1,80 m Länge ab. Daran schloss sichunmittelbar der Einbau eines Tübbingringes, bestehend aus acht einzelnen Tübbings, im Schutze des Schild-mantels an. Der Tübbingring diente nicht nur als Gebirgssicherung sondern fungiert gleichzeitig als endgültigeInnenschale des Tunnels und gewährleistet die Dichtigkeit gegen Grundwasser.

Am Reformationstag 2008 - und damit anderthalb Monate früher als ursprünglich erwartet - hat die TBM ihreArbeiten an der zweiten Röhre des künftigen City-Tunnels Leipzig beendet.

Das Ende dieses bedeutsamen Abschnittes des Bauvorhabens wurde an diesem Feiertag mit einem Rahmen-programm im Leipziger Hauptbahnhof gewürdigt. Zu „Leonies letztem Arbeitstag“ waren alle interessiertenLeipzigerinnen und Leipziger herzlich willkommen, den Durchbruch live via Video-Übertragung in der West-halle des Hauptbahnhofes mit zu verfolgen (Bild 1.24) und Leonie auf ihren letzten Metern zu begleiten. Zudeminformierte eine Informationsausstellung über den City-Tunnel Leipzig.

Der City-Tunnel - eines der wichtigsten innerstädtischen Infrastrukturprojekte in Deutschland - verbindet künftigin Leipzig die beiden Kopfbahnhöfe Leipzig Hauptbahnhof und den Bayerischen Bahnhof. Die neu geschaffeneSchieneninfrastruktur ermöglicht, dass Züge unterirdisch direkt durch Leipzigs Innenstadt fahren und deutlicheFahrzeitverkürzungen erreichen. Der City-Tunnel wird dazu beitragen, dass Leipzig neben seiner Rolle als her-ausragendes Straßen- und Luftdrehkreuz auch im Bereich Schiene zum bedeutendsten Knoten der Region wird.

Die zweigleisige Eisenbahnstrecke Stendal-Wittenberge wird zwischen dem Bahnhof Osterburg und der Ab-zweigstelle Geestgottberg über den nicht schiffbaren Aland und das Flutgelände mittels einer vierfeldrigen Blech-trägerbrücke überführt. Nach Auswertung von Prüfbefunden und einer örtlichen Begutachtung zeigten sich er-hebliche Mängel an der gesamten Konstruktion, die die Betriebssicherheit zwar nicht beeinflussen, aber durch dieabgelaufene Nutzungsdauer sich als nicht instandsetzbare Minderungen und Schwächungen darstellten. Sowohldie Überbauten als auch die Unterbauten waren nicht mehr erhaltungswürdig. Die alten Überbauten wurden de-montiert und verschrottet. Die neuen Widerlager konnten durch den Wegfall der drei Mittelpfeiler vor den altenWiderlagern errichtet werden. Der Ersatzneubau der Brücke dient der weiteren Verfügbarkeit des Brückenbau-werks und der Erhöhung der Streckengeschwindigkeit von 120 km/h auf 160 km/h, nachdem der Streckenneubauerfolgte.

Der nunmehr einfeldrige Überbau der Eisenbahnbrücke über den Aland mit einer Stützweite von 42 m wurdeals parallelgurtige, pfostenlose Stahlfachwerkbrücke mit stählerner Fahrbahnplatte errichtet (Bild 1.25). Die-se Lösung wurde der DB Netz AG als die günstigste Variante in Bezug auf die Kosten, Bauzeit, betrieblicheBeeinflussung, Beeinträchtigung der Umwelt und bessere Einordnung in die vorhandene Landschaft mit der be-nachbarten Fachwerkbrücke über die Elbe bestätigt. Aufgrund der geringen Konstruktionshöhe wurde analog

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Richtzeichnung S-FB 20/Variante 7 eine Fahrbahnausbildung mit eng liegenden Querträgern (a=0,70 m) ohneLängsträger gewählt (Bild 1.26). Die Endquerträger sind wegen der höheren Steifigkeit und zur Aufnahme derPressenkräfte als geschlossene Kastenquerschnitte ausgebildet. Die Konstruktionshöhe der Querträger beträgtunter Beachtung der Zwangspunkte SOK und freizuhaltendes Abflussprofil inkl. Freibord konstant 0,65 m, dieBauhöhe beträgt 1,35 m. Die beidseitig angeordneten Fachwerkträger haben eine Systemhöhe von 4,20 m (=l/10)und sind nicht durch einen oberen Windverband miteinander verbunden. Die Abtragung der Windlasten auf dieFachwerkebenen sowie die Stabilisierung der Obergurte wird durch die biegesteife Einspannung der Diagonalenin die Fahrbahn sichergestellt.

Unter Berücksichtigung des mit 4,20 m vorgegebenen Gleisabstandes und der Randabstände zu den Fachwerkträ-gern von 2,55 m (2,50 m + 0,05 m für horizontale Bewegung der Konstruktion) ergibt sich eine lichte Fahrbreitevon 9,30 m. Beidseitig am Überbau werden Dienstgehwege geführt, die über die Fachwerköffnungen erreichtwerden können. Der Konsolabstand der Gehwege beträgt 2,10 m, die Ausbildung erfolgte analog Richtzeich-nung S-KON 15. Unter dem westlichen Gehweg war ein Kabeltrog analog S-KAB 20 einzubauen.

Bild 1.24: City-Tunnel Leipzig - letzter Durchbruch der Tunnelbohrmaschine am 31.10.2008, 17:46 Uhr, Foto: SMWA

Bild 1.25: Ersatzneubau der EÜ über den Aland der zweigleisigen Eisenbahnstrecke Stendal-Wittenberge, Foto: GrasslGmbH

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Bild 1.26: Ersatzneubau der EÜ über den Aland - Querträger mit stählerner Fahrbahntafel unter Verzicht auf Längsträger,Foto: Grassl GmbH

Aufgrund von Erfahrungen mit vergleichbaren Bauwerken ist davon auszugehen, dass das geplante Tragwerkmit ve=160 km/h nicht resonanzgefährdet ist. Die Überbaulagerung erfolgt zwängungsfrei mittels vier Topf-bzw. Topfgleitlagern. Dieses Lagerungssystem ist am besten geeignet, die relativ hohen Horizontalkräfte aus demzweigleisigen Eisenbahnverkehr aufzunehmen. Das Festlager ist auf der Südwestseite angeordnet. Die Pressenan-satzpunkte liegen nach innen versetzt unter den Endquerträgern. An den Überbauenden sind Fahrbahnübergängeanalog Richtzeichnung S-FGK 30 (Achse 10) bzw. S-FGK 34 (Achse 20) eingebaut.

Die Anlieferung der Brücke auf die Baustelle erfolgte in vier Fachwerkteilen (Obergurt inkl. Diagonalen undUntergurt) sowie 13 Fahrbahndeckteilen.

Der Überbau wurde neben den unter Betrieb befindlichen Gleisen auf einer Montagehilfskonstruktion zusam-mengebaut und endbeschichtet. In einer Sperrpause von 110 h hat man danach die alten Überbauten mit einemEisenbahndrehkran demontiert, die Widerlager und Pfeiler teilweise abgebrochen und die neue Fachwerkbrückequer eingeschoben. Dazu wurde eine vollflächige Montageplattform mit einem Mitteljoch über dem Aland her-gestellt.

Die 1900 errichtete Brücke im Zuge der Kynaststraße im Berliner Stadtbezirk Friedrichshain-Kreuzberg mit denanschließenden Straßenrampen befindet sich in östlicher Lage zum Bahnhof Ostkreuz und quert als verkehrs-technisch bedeutendes Überführungsbauwerk die Gleisanlagen der Fern- und S-Bahn. Im Zuge der Neu- undUmgestaltung des Bahnhofs Ostkreuz wird das Kreuzungsbauwerk der Ringbahn in östlicher Richtung durchdie Deutsche Bahn AG erweitert. Infolge dessen wird die vorhandene obere Kynaststraße und die vorhandeneBrücke aufgrund der schlechten Bausubstanz durch einen Neubau ersetzt.

Die vorhandene 73 m lange Brückenüberführung, welche die Kynaststraße über die Stadtbahngleise überführt,wird zurückgebaut und durch eine neue rd. 172 m lange Brückenkonstruktion ersetzt. Bedingt durch die Er-weiterung des Kreuzungsbauwerks Ostkreuz wird die Lage der neuen Brücke um ca. 20 m in Richtung Ostenverschoben. Die Nord- und Südrampe der Kynaststraße schließen an die neue Brücke an und werden mit derneuen Trassenführung wieder an den vorhandenen Straßenbestand angebunden.

Die Verlängerung der neuen Brückenkonstruktion um ca. 100 m erfolgt auf Grundlage eines späteren vierstreifi-gen Ausbaus der Hauptstraße im Süden und einer optionalen Berücksichtigung der Straßenbahn zur Anbindungan den neuen Bahnhof auf der Nordseite. Die Fußgänger erreichen die Brücke im Bereich des südlichen Wider-lagers von der Hauptstraße aus über eine neu errichtete Treppenanlage. Die im Norden geplante Treppenanlagedient dazu, dass die Fußgänger von der Brücke zur geplanten Straßenbahnanbindung gelangen können. SämtlicheArbeiten werden in enger Abstimmung im Zuge mit den Umbauarbeiten am Bahnhof Ostkreuz mit der DeutschenBahn AG ausgeführt. Die rd. 73 m lange und 10 m breite Brücke bestand aus vier einfeldrigen, stählernen Trä-

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gerrosten. Mit der Demontage der Brücke wurde im Juni 2008 begonnen und ist unterdessen abgeschlossen. Dadie Gleisbereiche für die Demontage der Brücke gesperrt werden mussten, wurden die Abbrucharbeiten wegendes Zugverkehrs in den Nachtstunden ausgeführt.

Der Ersatzneubau der Straßenüberführung Kynaststraße in Berlin Friedrichshain-Kreuzberg (Bild 1.27)erfolgt mit einem einzelligen Stahlhohlkasten mit orthotroper Fahrbahnplatte über vier Felder bei Stützweitenvon 47,57 m + 42,24 m + 39,03 m + 42,79 m parallel zur Ostseite des Ringbahnbrückenzuges (Bild 1.28). Fürdie Kastenform des Querschnittes spricht die aus der Überbaugeometrie resultierende relativ große Torsions-beanspruchung des Überbaus. Weitere Vorteile dieser Konstruktion liegen in der einfacheren Unterhaltung desÜberbaus im Bereich der Bahngleise durch seine Begehbarkeit, eine geringe Bauhöhe und eine relativ einfacheMontage. Die Konstruktionshöhe des Kastens beträgt 1,92 m, die Breite zwischen den Geländern 12 m. Letzte-re setzt sich aus 6 m für den Straßenquerschnitt, 5 m aus dem östlichen und 1 m aus dem westlichen Gehwegzusammen.

Der Grundriss des Überbaus folgt der Linienführung der Straßenachse. Diese besitzt am nördlichen Widerlagereinen Radius von R=∞ m, wechselt dann am in einen Radius von R=550 m und wechselt nochmals vor demsüdlichen Widerlager in eine Gerade mit R=∞ . Unter dem westlichen Kragarm wird ein Kabelpaket über dieBrücke geführt, welches an Gewindestangen abgehangen wird, die an zwischen den Querträgern spannendenStahlprofilen befestigt werden. Der Hohlkasten des Überbaus erhält aus gestalterischen Gründen eine beidseitigeNeigung der Hohlkastenaußenwände.

Bild 1.27: Ersatzneubau der Straßenüberführung Kynaststraße in Berlin Friedrichshain-Kreuzberg - Ansicht von Osten

Bild 1.28: Ersatzneubau der Straßenüberführung Kynaststraße in Berlin Friedrichshain-Kreuzberg - Querschnitt

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Die Pfeiler werden aus Stahlbeton hergestellt. Sie sind mit lichten Abständen von 3,0 bis 5,0 m zum benachbartenGleis anprallgefährdet. Die Bauteile werden gemäß DIN 1055-9 als Stahlbetonscheiben aus Sichtbeton (L≥6 m,B≥1,20 m) mit einer Zerschellschicht bis 4 m Höhe über SO ausgebildet. Außerdem werden alle Weichenstraßenim Brückenbereich technisch gesichert. Die Pfeiler werden infolge der beengten Platzverhältnisse zwischen denGleisanlagen und des hohen Grundwasserstandes auf 25 m langen Stahlbetonbohrpfählen vom Durchmesser 1 mgegründet. Die Widerlager liegen außerhalb der Bahnanlagen und können flach gegründet werden.

Für das Einheben der neuen Brückenkonstruktion ist eine Vollsperrung der Hauptstraße im Bereich der Bahn-brücken Ostkreuz im April 2009 notwendig. Die Fertigstellung der Gesamtbaumaßnahme ist für das erste Quartal2010 vorgesehen.

In Berlin Charlottenburg überspannt die 116 m lange und ca. 40 m breite Spandauer-Damm-Brücke im Zuge desSpandauer Damms unmittelbar hintereinander die Bundesautobahn A 100 und die Gleisanlagen der Fern- undS-Bahn. Es handelt sich hierbei um eine dreifeldrige Spannbetonbrücke mit Längs- und Quervorspannung. AlsAnschlussstelle der Autobahn gehören vier Rampenbauwerke dazu, worin zwei Spannbetonbrücken integriertsind. Die Inbetriebnahme der Bauwerke fand im Jahr 1963 im Zusammenhang mit der Verkehrsfreigabe einesStreckenabschnittes der A 100 statt.

Im Zeitraum der Errichtung der Spannbetonbrücken war es Stand der Technik, die vorgespannte Fahrbahnplattenicht unmittelbar mit einer Abdichtung zu schützen. Tausalze waren durch Risse im Asphaltbelag in die obere Be-tonschicht eingedrungen. Die Brückenplatte wurde daher im Jahr 1976 instand gesetzt und mit Epoxalriffelbandnachträglich abgedichtet. Untersuchungen im Jahr 2004 haben ergeben, dass die Schädigungen durch Tausal-ze, insbesondere der Querspannglieder, fortgeschritten sind und ein Ersatzneubau aus Gründen eingeschränkterTragfähigkeit (30 t bzw. 18 t) notwendig ist.

Im Rahmen des Ersatzneubaus der Spandauer-Damm-Brücke in Berlin-Charlottenburg werden zwei baulichgetrennte Brückenbauwerke über der Bundesautobahn (Einfeldbauwerk) und den Bahnanlagen (Zweifeldbau-werk) in Stahlverbundbauweise errichtet. Beide Brücken bestehen fast analog dem bisherigen Querschnitt ausgeschweißten Hohlkastenträgern und Betonfertigteilen mit Aufbeton. Die Baumaßnahme umfasst weiterhin denNeubau bzw. die Anpassung der Zu- und Abfahrtsrampen der Bundesautobahn in der Form kompakter Stützbau-werke und die Errichtung von drei Verkehrszeichenbrücken. Sämtliche bisherigen Versorgungsleitungen unter-halb der Brückenplatte werden ebenfalls durch den jeweiligen Leitungsträger erneuert.

Der Abbruch und Neubau der Brücke/Brücken geschieht in zwei Hälften.

Bild 1.29 zeigt das Herausheben der Spannbetonlängsträger über den Bahngleisen. Das Bauende ist für März2011 vorgesehen.

Bild 1.29: Spandauer-Damm-Brücke in Berlin-Charlottenburg, Demontage der nördlichen Hälfte über den Bahngleisen, Foto:SEN Berlin

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Die Vorgabe für die Verkehrsführung während der Bauzeit sieht im Wesentlichen die Beibehaltung des 3+3 Ver-kehrs auf der A 100 vor. Auf der Spandauer-Damm-Brücke wird der Verkehr aufrecht erhalten und ist auf 1+1reduziert. Gegenwärtig ist die südliche Hälfte der alten Spandauer-Damm-Brücke noch unter Verkehr. Die nörd-liche Seite wird im Juli 2009 fertig gestellt sein. Der Betrieb der S-Bahn mit dem weiterhin behindertengerechtenS-Bahnhof Westend und der Fernbahnbetrieb werden durchgängig gewährleistet.

Die gesamte BAB-Anschlussstelle Spandauer Damm steht nicht zur Verfügung. Für Abbruch- und Montagear-beiten finden 54-stündige Vollsperrungen an insgesamt sechs Wochenenden während der gesamten Baudurchfüh-rung statt. Davon sind die A 100, die Fern- und S-Bahn und der Spandauer Damm je nach Baufeld betroffen.

Die A 113 verbindet den Berliner Stadtring A

Bild 1.30: A 113 zwischen AD Waltersdorf und AS Schönefeld-Nord

100 mit dem Berliner Ring A 10 im SüdostenBerlins und bindet auch den Flughafen Berlin-Brandenburg International (BBI) an die Innen-stadt an.

Die Autobahn beginnt am Dreieck Neukölln inNeukölln und verläuft südöstlich parallel zumTeltowkanal. Bei Adlershof überquert sie die-sen und schwenkt südlich in Richtung Schö-nefeld zum Schönefelder Kreuz ab. Auf die-sem Abschnitt mit naher Wohnbebauung liegenzwei Tunnel - die lange Unterquerung der Ru-dower Höhe sowie eine kurze Unterquerung -und die Überquerung des Berliner Eisenbahn-außenrings zwischen Rudow und Schönefeld.Schließlich kreuzt sie im Süden den BerlinerRing und setzt sich als A 13 fort.

Der letzte Abschnitt von der AS Adlershof biszum Waltersdorfer Dreieck wurde am 23. Mai2008 freigegeben. Damit sind rd. 6,7 km Auto-bahn im Brandenburger Bereich unter Verkehr(Bild 1.30).

In diesem Abschnitt wurden zehn Brücken, ca.900 m Stützbauwerke, 5.000 m Lärmschutz-wände mit Wandhöhen von 2 bis 7 m und35 Verkehrszeichenbrücken, sechs Versicker-becken gebaut sowie umfangreicher Land-schaftsbau und technische Ausstattung errich-tet. Im Rahmen eines Gestaltungskonzepteswurden für die Ingenieurbauwerke der A 113Gestaltungsmerkmale entwickelt, welche dieBrückenbauwerke, Lärmschutz- und Stützwän-de untereinander in Beziehung setzen und in derCharakteristik auf die Nähe der Strecke zum zu-künftigen Flughafen Berlin-Brandenburg Inter-national hinweisen (siehe z. B. die an den Über-bauenden im Bereich der Geländer bzw. Lärm-schutzwände angeordneten weißen „Flugzeug-Seitenruder“ und in Schalungsnut eingelassenen Streifen in Widerlager und Pfeiler).

Am Autobahndreieck Waltersdorf (Bild 1.31) wurde im Zuge der Überführungs-Verbindungs-Rampe der A 117zur A 113 der „Überflieger“ BW 1Ü1 als vierfeldriger, zweistegiger Spannbetonplattenbalken mit den Stützwei-ten 18 m/27 m + 31 m/30 m + 27 m/26 m + 18 m/15 m errichtet (Bild 1.32).

Mit dem BW 2+2.1 (Bild 1.33) wird die A 113 mit einem zweifeldrigen Rahmen bei Stützweiten von 36 m +14 m über die Gleise der DB AG und Gemeindestraßen überführt. Zur Ausführung kamen ein zweistegiger und

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ein dreistegiger Plattenbalkenquerschnitt. Das BW 3 (Bild 1.34) überführt die A 113 über die B 96a mit einemeinfeldrigen, 2 x vierstegigen Spannbetonplattenbalken. Die Stützweite beträgt 61 m, die Konstruktionshöhe2,77 m.

Beispielgebend für die anspruchsvollen Planungs- und

Bild 1.31: AD Waltersdorf A 113/A 117, im Vordergrunddas BW 1Ü1, Foto: LS Brandenburg

Bauleistungen ist das BW 5 (Bild 1.35). Mit vier ge-trennten Überbauten und ca. 55 m Gesamtbreite über-führt das Bauwerk die beiden dreistreifigen Richtungs-fahrbahnen der A 113 sowie die linke (BW 5.1) undrechte (BW 5.2) jeweils zweistreifige Verteilerbahnüber die Gleisanlagen des Bahnhofs Schönefeld undGeh- und Radwege. Ganz links im Bild 1.35 siehtman die Überführung der B 179. Die Stützenstellungendes Zweifeldbauwerks mit 33,30 m + 30,19 m wurdendurch die vorhandenen und geplanten Gleisanlagen be-stimmt. Umfangreiche Umbauten bzw. Umverlegungender Fahrleitungsanlagen, der Tiefenentwässerung sowieder Strom-, Signal- und Fernmeldekabelanlagen warenhierfür erforderlich. Durch die Ausführung der Über-bauten in Montagebauweise von 2 x vierstegigen und2 x sechsstegigen Stahlverbundfertigteilkonstruktionenkonnte der Bahnverkehr, bis auf kurze Sperrpausen zumEinheben der Träger in der Nacht, aufrecht erhaltenwerden.

Die A 113 wird mit dem dreifeldrigen BW 6 beiStützweiten von 34 m + 52 m + 34 m als 2 x zwei-stegiger Spannbetonplattenbalken über die L 751 über-führt (Bild 1.36). Ausgeführt wurde ein 2 x zweistegi-ger Spannbetonplattenbalken mit einer Querschnittsver-breiterung (inkl. Steg) für eine Verteilerbahn. Das Trag-werk ist mit 73 gon rechts schief, liegt in einer Krüm-me von R=400 m und hat eine Konstruktionshöhe von2,20 m.

Bild 1.32: Überflieger BW 1Ü1 - Detail, Foto: LS Brandenburg

Im Umfeld der A 113 befinden sich eine Reihe von Gebieten, die aufgrund ihrer Nutzung und des Trassenab-standes erheblichen Schutzbedarf aufweisen. Für die Ortslagen Waltersdorf und Schönefeld ergaben sich daher

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Bild 1.33: BW 2+2.1 Überführung der A 113 über DB AG und Gemeindestraßen, Foto: LS Brandenburg

Bild 1.34: BW 3 Überführung der A 113 über die B 96a an der AS Schönefeld-Süd - Ansicht

Bild 1.35: BW 5 zur Überführung der A 113 und der AS-Verteilerbahn über die Gleise des Bfs Schönefeld, Foto: LS Bran-denburg

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unter Beachtung der nach der 16. Bundesimmissionsschutzverordnung (16. BImSchV) gesetzlich vorgeschrie-benen Immissionsgrenzwerte Ansprüche auf Lärmschutzmaßnahmen im Rahmen der Lärmvorsorge. Um diesenAnsprüchen gerecht zu werden, wurden bei Waltersdorf ein Lärmschutzwall mit aufgesetzter Wand sowie aufbeiden Seiten der Autobahn abschnittsweise Lärmschutzwände errichtet, deren max. Höhe 7 m beträgt. DieLärmschutzwände bestehen größtenteils aus Betonelementen mit hochabsorbierender Porenbetonschale und imBereich der Brückenbauwerke aus transparenten Acryl-Glas-Elementen. Aufgrund der großen Trassenbreite sindLärmschutzwände nicht nur außen, sondern teilweise auch im Mittelstreifen erforderlich.

Eine besondere Herausforderung stellte dabei auch die Gewährleistung des Lärmschutzes im Bereich der An-schlussstellen Schönefeld-Nord (BW 6) und Schönefeld-Süd (BW 3) dar. Die parallel zur A 113 verlaufendenAuf- und Abfahrtsrampen erfordern eine Verlängerung der Bauwerksflügel. Diese wurde in Form von bis zu 7,60m hohen Stützwandkonstruktionen realisiert, teilweise mit einer hochabsorbierenden Porenbetonschale verklei-det. Auf diesen Stützwänden wurden partiell 5,50 m hohe Lärmschutzwände aufgesetzt. Die Bauarbeiten sindjedoch nach der Verkehrsfreigabe der A 113 im Mai 2008 nicht vollständig abgeschlossen. Die AnschlussstelleFlughafen (mit dem BW 1Ü3) befindet sich noch im Bau und wird mit der Inbetriebnahme des neuen Flughafens2011 für den Verkehr freigegeben werden.

Neben dem Oranienburger Schloss kreuzt die B 273 in der Ortsdurchfahrt der Stadt Oranienburg die Havel undwird mit der Schlossbrücke Oranienburg überführt. In den letzten Jahrzehnten wurden mehrmals Instandset-zungen an dem Bauwerk mit einem aus dem Jahr 1934 stammenden Überbau durchgeführt. Trotzdem war dieDauerhaftigkeit der Brücke nicht mehr gegeben und die Tragfähigkeit sowie Betriebs- und Verkehrssicherheit fürdie Zukunft nicht mehr gewährleistet. Für einen Ersatzneubau an gleicher Stelle bzw. eine grundlegende Instand-setzung wäre ein Brückenprovisorium erforderlich gewesen. Als Ergebnis umfangreicher Untersuchungen stelltesich ein Ersatzneubau ca. 40 m unterhalb, d. h. südlich der bestehenden Schlossbrücke, als die wirtschaftlichsteVariante dar. Begünstigt durch den geraden Flussverlauf an dieser Stelle und der Trassierung der anschließendenStraßenabschnitte erfolgt die Kreuzung unter annähernd 100 gon.

Die Oranienburger Havel ist eine Nebenstrecke der Bundeswasserstraße Havel-Oder-Wasserstraße. Für diesenBrückenneubau wird seitens des zuständigen Wasser- und Schifffahrtsamtes Eberswalde eine Mindestdurch-fahrtshöhe von 4,20 m über Bemessungswasserstand und eine Durchfahrtsbreite von 25 m gefordert. Seitensder Stadt Oranienburg wurde beidseitig der Havel ein befestigter Uferweg von 3,50 m auf der westlichen und2,75 m auf der östlichen Seite gefordert. Weiterhin bestand das Landesumweltamt Brandenburg auf einem amöstlichen Ufer 1,50 m breiten und naturnah ausgebildeten Otterweg. Somit ergab sich rechtwinklig zur Flussachseeine erforderliche lichte Weite von 32,75 m.

Der Straßenanschluss an das neue Brückenbauwerk erfolgt durch Umverlegung der B 273 in südlicher Rich-tung. Auf der Westseite wird die B 273 (aus Richtung der Breitestraße) direkt hinter der Randbebauung amSchlossplatz in Richtung Brückenbauwerk verschwenkt. Die B 273 wird auf der Brücke gerade überführt. DerKreuzungswinkel zur Havel beträgt 101,75 gon. Auf der Ostseite verläuft die B 273 auf einer Rampe, die in diebestehende Achse der Bernauer Straße einschwenkt. Diese Rampe verläuft auf einer Freifläche und mündet vorder Bebauung in die Bernauer Straße ein.

Als Tragsystem wurde ein Stahlverbundüberbau mit beidseitiger Einspannung in die Widerlager gewählt (Bild1.37). Der 14,70 m breite Verbundüberbau besteht aus fünf annähernd baugleichen gasdicht verschweißten Hohl-kastenträgern (h=1 m) aus Stahl mit einer aufliegenden Ortbetonplatte (d=300 mm). Der Verbund wird mittelsKopfbolzendübeln hergestellt. Die Konstruktionshöhe beträgt 1,30 m. Die Fahrbahnplatte ist nicht vorgespannt.Die Hohlkastenträger mit aufgeschweißten Kopfbolzendübeln für den Schubverbund verlaufen bis etwa Mittel-achse der Widerlagerwände. Die untere Gurtbreite beträgt 900 mm, die obere 600 mm. Die Blechdicken liegenzwischen 20 und 30 mm. Die unteren Gurte kragen seitlich neben den Stegblechen 60 mm aus, um ein Auflagerfür die Schalgerüste zu schaffen. Aus demselben Grund waren unterhalb des Gehweges außenseitig ebenfallsStahlkragarme vorgesehen, um ein Auflager für den Betonierzustand unabhängig von einer Abstützung in derHavel herzustellen.

Die Stahlverbundträger wurden im Werk vorgefertigt und bei der Montage zunächst frei auf den Widerlagernaufgelegt. Die Technologie des Betonierens der Verbundplatte war so ausgelegt, dass eine Überschreitung dermax. zulässigen Durchbiegung verhindert und eine Hilfsstütze in der Havel nicht benötigt wurde. Das Betonierenerfolgte abschnittsweise. Erst zum Schluss wurden die Einspannbereiche an den Widerlagerköpfen betoniert.

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Bild 1.36: BW 6 zur Überführung der A 113 über die L 751 - Blick auf die Betonstruktur des Widerlagers und Fahrbahnver-breiterung, Foto: LS Brandenburg

Bild 1.37: Schlossbrücke Oranienburg im Zuge der B 273 über die Havel - Ansicht vom Schloss aus, Foto: LS Brandenburg

Dadurch wirkt die Einspannung in die Widerlager nur unter den Einwirkungen aus den nachträglichen ständigenAusbaulasten und den veränderlichen Lasten.

Die größte Querschnittsausnutzung befindet sich in den Rahmenecken im Übergang vom Verbundträger zu denmassiven Widerlagerwänden. Dort werden die Eckmomente durch die obere Zugverankerung in der Betonplat-te und die Druckflächenausbildung am unteren Hohlkastengurt in die Widerlagerwand eingeleitet. Aufgrundder notwendigen großen Bewehrungsdurchmesser und der damit verbundenen großen Verankerungslängen sindin den äußeren Rahmenecken Schraubmuffenstöße notwendig. Die Widerlagerwände sind für die Einspannmo-mente mit einer Dicke von 1,80 m bemessen und auf einer Bohrpfahlseite gegründet. Die Gründungen wurden„weich“ ausgebildet, um Verformungen zuzulassen, damit die Zwangschnittgrößen reduziert werden. Zum Aus-gleich von Setzungen sind hinter den Widerlagerwänden Schleppplatten angeordnet.

Im Hinblick auf die Nähe zum klassizistischen Oranienburger Schloss wurde die Schlossbrücke optisch zurück-haltend gestaltet. Der Neubau ist wichtige Voraussetzung für die Neugestaltung des Schlossplatzes und damit für

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die Landesgartenschau 2009. Durch die Verlegung der Brücke an den südlichen Rand des Schlossplatzes wirdder barocke Charakter des Schlossensembles hervorgehoben und der Verkehr entflochten.

Die Lange Brücke in Potsdam verbindet das historische Zentrum auf der Nordseite der Havel mit der TeltowerVorstadt auf der Südseite. Die Havel teilt sich im Innenstadtbereich in zwei Arme, die nördlich gelegene „AlteFahrt“ und die südlich gelegene „Neue Fahrt“ . Zwischen den Flussarmen liegt die Freundschaftsinsel, die alsParkanlage gestaltet ist. Der Brückenzug „Lange Brücke“ besteht in seinen Grundzügen bereits seit dem 14.Jahrhundert. Die derzeit vorhandenen Brücken sind Spannbetonrahmenbauwerke in Bogenform aus den Jahren1958/1961. Die nördliche Rampe war so ausgerichtet, dass die Fortführung der neuen Friedrich-Ebert-Straße ge-nau durch die Ruine des Stadtschlosses hindurchführte. Im Zuge dieses Neubaus ist auch der Kreuzungspunkt vordem damaligen Interhotel und heutigen „Mercure“ sowie bis 1964 der weitere Straßenausbau bis zur LeipzigerStraße mit der neuen Brücke über die Eisenbahn entstanden.

Für den Neubau des Brandenburger Landtages in der Kubatur des alten Stadtschlosses erfolgt die Umverlegungdes gesamten Kreuzungsbereiches Friedrich-Ebert-Straße/Breite Straße, wodurch auch das gesamte Areal aufdie alte Höhe abgesenkt werden muss. Zur Entlastung der Langen Brücke und zur Verlegung der Straßenbahn inSeitenlage wird nun unmittelbar parallel daneben ein neuer Brückenzug für den ÖPNV (Straßenbahn und Bus)und Fußgänger/Radfahrer errichtet. Der neue Brückenzug besteht aus zwei Brückenbauwerken (Bild 1.38). DieBrücke über die Neue Fahrt ist eine einfeldrige Rahmenbrücke, deren Rahmenecken als Sprengwerk mit den Ein-zelstützweiten 5,80 m + 46 m + 4,40 m aufgelöst ist, so dass das Erscheinungsbild einer Bogenbrücke entsteht.Die Gesamtlänge beträgt 58,80 m. Der Überbau wird als stählerner Trägerrost mit sieben Längsträgern und einerStahlbetonverbundplatte ausgebildet (Bild 1.39). Die gleiche Überbaukonstruktion erhält auch die in der Verlän-gerung liegende Brücke über die Alte Fahrt. Die Dreifeld-Rahmenbrücke mit einer einseitigen Einspannung imWiderlager hat Einzelstützweiten von 4,90 m + 30,30 m + 19,40 m + 13 m + 0,95 m.

Bild 1.38: Neue Lange Brücke Potsdam - Brücke über die Neue Fahrt (links) und Alte Fahrt (rechts)

Bild 1.39: Lange Brücke Potsdam - Trägerrostlage des neuen Brückenzuges über die Neue Fahrt, Foto: Schäfer-Bauten

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Beide Brücken werden 15,50 m breit. Markant werden die stählernen Rahmenbauwerke sein, das große über derNeuen Fahrt und drei immer kleiner werdende über der Alten Fahrt (Bild 1.38). Sie vermitteln auf diese Weisezwischen dem großmaßstäblichen Vorstadtbereich zu dem wieder im Entstehen begriffenen kleinteiligeren Maß-stab der Altstadt. Parallel zu den eigentlichen Brückenbaumaßnahmen wird unterhalb der neuen Brücke auf derSeite des Alten Marktes eine Regenwasser-Reinigungsanlage gebaut, in der nach Fertigstellung das Regenwasserder Brücke und eines Teiles der umgebenden Straßen gereinigt wird.

Im Rahmen der OU Wusterwitz südwestlich von Brandenburg a. d. Havel machte sich der Neubau einer Brückeim Zuge der L 96n über den Elbe-Havel-Kanal erforderlich. Der Straßenquerschnitt der neuen L 96 ist ein RQ10,5 mit einer planmäßigen Fahrbahnbreite von 3,50 m je Richtungsfahrbahn. Die Fahrbahnbreite zwischen denSchrammborden beträgt 8 m und ergibt sich aus den planmäßigen Fahrbahnbreiten von je 3,50 m je Richtungs-fahrbahn und den erforderlichen Randstreifen. Zur Aufnahme eines Betriebs- und Notgehweges sind beidseitig 2m breite Kappen mit einfachen Distanzschutzplanken erforderlich. Geh- und Radwege waren nicht vorgesehen.Die Längsneigung auf der Brücke beträgt 0,533 %, die Querneigung 2,5 %. Als Tragkonstruktion wurde eine ein-feldrige Stabbogenbrücke mit einer Stützweite von 74,50 m und einer Gesamtbreite von 14 m ausgeführt (Bild1.40).

Die Gestaltung des Gesamtbauwerks richtete sich nach den Bebauungsmerkmalen vorhandener älterer Bauwerke,die sich in den „Gestaltungsgrundsätzen für Brücken der Landesstraße L 96n“ widerspiegeln. Im Wesentlichenbetrifft es die Gestaltung der Ansichtsflächen der Unterbauten. So sind die Flügel wie auch Teilbereiche dervorgezogenen Widerlagerpfeiler mit ortstypischen Natursteinen im Wechsel mit changierenden roten Klinker-streifen, die um die Ecken geführt sind, verblendet. Die Pflasterflächen der Böschungen wurden ebenfalls mitNatursteinen ausgeführt. Die Stirnseiten der Widerlager sind in Sichtbeton mit horizontaler sägerauer Schalungausgebildet.

Die Gesamthöhe des Überbaus in Bogenmitte beläuft sich auf 13,35 m bei einem Bogenstich bezogen auf dieSchwerlinie von 12,15 m (≈ l/6). Die Konstruktionshöhe der Versteifungsträger beträgt 1,70 m, die der Bögen700 mm. Damit ergibt sich ein optisch ansprechendes Verhältnis Bogenhöhe zur Versteifungsträgerhöhe von ca.1:2,4. Die stählernen Querträger sind an ihren Enden mit den längsverlaufenden Versteifungsträgern verschweißt,die ihre Lasten über entsprechende Hänger in die Bogenkonstruktion weiterleiten. Der Querträgerabstand beträgt3,333 m und erlaubt eine symmetrische Anordnung zwischen den Hängern, deren Regelabstand mit 10 m ge-wählt wurde. Die Endquerträger sind aus statisch-konstruktiven und unterhaltungstechnischen Gründen in Ver-bundbauweise hergestellt und mit einer Betonummantelung versehen. Die hierdurch vergrößerte Biegesteifigkeitwirkt sich positiv auf die Vertikalverformungen an den Übergangskonstruktionen aus. Der mit Beton umman-telte Endquerträger bietet weiterhin den Vorteil eines dauerhaften, wartungsfreien Korrosionsschutzes sowie dieVerhinderung von Nistmöglichkeiten im Endquerträgerbereich.

Die 300 mm dicke Stahlbetonfahrbahnplatte ist mittels Kopfbolzendübeln mit den Versteifungsträgern und Quer-trägern verbunden und in den Krafteinleitungsbereichen an den Brückenenden auf eine Dicke von 500 mm ver-größert. Der Fahrbahnbelag besteht aus einer 40 mm dicken Splittmastix-Asphalt-Deckschicht, einer 35 mmdicken Gussasphaltschutzschicht, einer einlagigen Bitumen-Schweißbahn und einer Versiegelung.

Der kontinuierliche Übergang zwischen Straßendamm und Brückenbauwerk ist durch die Anordnung kastenför-miger, tiefgegründeter Widerlager mit je zwei vorgezogenen Widerlagerpfeilern pro Auflagerachse gewährleis-tet. Diese stark strukturierten Pfeiler betonen die Schlankheit des Gesamtbauwerks bei gleichzeitig ansprechen-der Optik und höchstmöglicher Transparenz aus Sicht aller Verkehrsteilnehmer (sowohl auf wie auch unterhalbder Stabbogenbrücke). Im oberen Abschnitt der Widerlagerwand ist luftseitig eine Verjüngung des Wandquer-schnittes vorgesehen, um die Zugänglichkeit der Fahrbahnübergangskonstruktion von unten zu gewährleisten.Die Knickpunkte für die Verjüngung sind auf die Höhen der Gesimse der Pfeiler abgestimmt, wodurch sich eineharmonische Einpassung der Querschnittsänderung in das Gesamterscheinungsbild der Unterbauten ergibt. EineKammerwand im traditionellen Sinne ist nicht vorhanden (Bild 1.41).

Der Stahlüberbau wurde in Teilen im Werk vorgefertigt und auf die Baustelle transportiert. Als Vormontageplatzdiente der aufzuschüttende Trassenbereich L 96 hinter dem Widerlager Nord. Erforderliche Kranstellflächenwurden neben dem Montagedamm angeordnet. Die Vormontage erfolgte mittels eines Montagegerüstes auf derArbeitsebene. Nach dem Einhängen der letzten Bogensegmente erfolgte die Montage der Hänger. Diese wurdengleichzeitig temporär mit HEB-Trägern verstärkt. Diese zusätzliche Verstärkung ist dem Umstand geschuldet,dass während des Einschiebevorganges der Stahlüberbau mehreren Lastzuständen ausgesetzt wird, in denen die

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sonst auf Zug beanspruchten Hänger nun Druckkräfte erfahren. Die Versteifungsträger verhindern das Knickender Hängerkonstruktion.

Das eigentliche Verbringen der Brücke aus dem Montagezustand in endgültige Lage der Brücke erfolgte in zweiArbeitsschritten. Zu Beginn wurde die Stahlkonstruktion landseitig über eine Verschubbahn von der Montage-ebene über das Widerlager Nord verschoben. Im zweiten Schritt erfolgte der Verschub der Konstruktion überSchwimmpontons. Bei der Planung wurde in Bezug auf die zu bewegende Gesamtmasse der Stahlkonstruktiondarauf geachtet, dass zu der rechnerischen Tonnage der Konstruktion auch die Schalung für die Fahrbahnplat-te mit eingeschoben werden konnte. Dies hatte den Vorteil, dass die Schalarbeiten der Fahrbahntafel auf demmit Hebezeugen eingerichteten Vormontageplatz erfolgten. Dies ersparte aufwendige Gerüstarbeiten an der Kon-struktion über Wasser. Weiterhin konnte somit den Wünschen des Bauherren entsprochen werden, den Schiffs-verkehr uneingeschränkt weiterführen zu lassen.

Nach Beendigung der Montage- und Korrosionsschutzarbeiten konnte der Verschubvorgang beginnen (Bild 1.42).

Für den Brückeneinschub standen 48 Stunden zur Verfügung. Am ersten Tag erfolgte der landseitige Verschubder Konstruktion. Zunächst wurde die Brücke angehoben und mittels Litzenhebern auf Gleitschuhen über dasWiderlager gezogen. Hinter dem Widerlager erfolgte die Übernahme der Last auf Stütztürme. Der Verschub derStütztürme erfolgte ebenfalls über Gleitschuhe und Lizenheber. Mit den in den Türmen integrierten Hydraulik-pressen wurde das Heben und Absenken realisiert.

Bei ausreichender Auskragung der Brücke erfolgte die Übernahme der Stahlkonstruktion auf die Schwimmplatt-form. Hierfür stand ein maschinenbetriebener Schubleichter zur Verfügung. Das Anheben und Absenken erfolgtenun über Fluten und Lenzen der Schwimmplattform.

Die A 14 führt vom ABD Nossen an der A 4 über Leipzig, Halle (Saale) bis zur A 2 am Kreuz Magdeburg. Inder Planung befindet sich der Lückenschluss von Magdeburg über Wittenberge zum ABD Schwerin (A 24). DieAbschnitte der A 14 (alt A 241) von der Anschlussstelle Schwerin-Ost (B 321) bis Schwerin-Nord (B 104) sindseit 20.12.2000 und von der AS Jesendorf (L 101) bis Kreuz Wismar seit 24.8.2006 dem Verkehr übergeben.Seit Jahren verzögert sich die Fertigstellung des Teilstücks zwischen den AS Schwerin-Nord und Jesendorf undsomit die Anbindung der A 14 an die A 20 aufgrund finanzieller und vor allem umweltrechtlicher Probleme.Der symbolisch erste Spatenstich auf diesem Abschnitt erfolgte am 30.10.2007 an der Baustelle der Brücke beiLiessow. Die Länge der Baustrecke beträgt 14,32 km. Insgesamt 13 Brückenbauwerke (sechs A BW und sieben ÜBW) sind herzustellen. Hierunter befinden sich zwei Wildbrücken und drei Brücken im Zuge der A 14 über einenWildwechsel, eine Bahnbrücke und als herausragende Bauwerke zwei Talbrücken mit 340 und 501 m Länge. Mitder Verkehrsfreigabe ist voraussichtlich Ende 2009 zu rechnen.

Der Neubau der A 14 in den Ländern Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen-Anhalt wird einegroße Lücke im Autobahnnetz schließen und die Verbindung mit der A 2, der A 24 und der A 20 herstellen.Die wesentlichen Vorteile der neuen Straßenverbindung bestehen in der Verbesserung der Erreichbarkeit derWirtschaftsstandorte, der Erhöhung der Entwicklungschancen der Region durch das Anbinden an das Transeu-ropäische Straßennetz und der Entlastung der Ortsdurchfahrten vom Durchgangsverkehr. Die A 14 wird nachihrer durchgehenden Fertigstellung die wichtigste Straßenanbindung in Nord-Süd-Richtung im westlichen TeilMecklenburg-Vorpommerns sein und mit der geplanten Weiterführung Mecklenburg-Vorpommern mit den mit-teldeutschen Zentren verbinden.

In der Nähe der Ortslage Liessow bei Schwerin kreuzt die Trasse der geplanten A 14 eine grabendurchzogene,ca. 275 m breite und 25 m tiefe Talsenke. Die Gradiente der A 14 verläuft in diesem Bereich ca. 17 bis 19 müber der vorhandenen relativ ebenen Sohle der Niederung. Insbesondere aus ökologischen Aspekten, aber auchaufgrund der außerordentlich schwierigen Baugrundsituation wird die gesamte Niederung mit der 339 m langenTalbrücke Liessow (Bild 1.43) überspannt.

Die Trassierung des zehnfeldrigen Bauwerks mit den Stützweiten 29,50 m + 8 x 35 m + 29,50 m befindet sich imBereich einer Wendeklothoide, die Gradiente geht von einer konstanten Längsneigung von 1 % in eine Kuppen-ausrundung über. Die beiden voneinander getrennten Überbauten bestehen aus einem zweistegigen Plattenbalkenin Spannbetonbauweise. Mit der konstanten Konstruktionshöhe von 1,65 m beträgt die Schlankheit in den Rand-feldern h/l=1/17,9 und in den Regelfeldern 1/21,2. Die Stegbreiten betragen am Plattenanschnitt 2,20 m und ander Stegunterkante 2,00 m. Bei einem Stegabstand von 7,30 m beträgt die Fahrbahnplattendicke in der Mitte0,40 m. Die kelchförmigen Pfeilerscheiben der einzelnen Überbauten haben einen über die Höhe veränderlichen

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Bild 1.40: Brücke im Zuge der L 96n OU Wusterwitz über den auszubauenden Elbe-Havel-Kanal, Foto: Grassl GmbH

Bild 1.41: Brücke im Zuge der L 96n OU Wusterwitz - Widerlager mit vorgezogenen Widerlagerpfeilern, Foto: Grassl GmbH

Querschnitt und sind getrennt für die jeweiligen Bauwerkshälften auf Ortbetonrammpfählen mit Längen von 12m bis 21 m gegründet. Die Herstellung der Überbauten erfolgt mittels Vorschubrüstung.

Zwischen der AS Schwerin-Nord und der AS Jesendorf wird die A 14 mit einem 15-feldrigen Bauwerk überden Dämelower Bach und den Mühlenbach überführt. Zudem wird die Landstraße L 031 und im nördlichenRandfeld ein Wirtschaftsweg unterführt. Die Talbrücke Mühlenbach (Bild 1.44) liegt in einem Kreisbogenmit anschließender Klothoide. Im Aufriss weist das Bauwerk eine konstante Längsneigung von 1,25 % nachNorden fallend auf. Die zwei getrennten, 501 m langen Überbauten haben Stützweiten von 29,50 m + 13 x 34,00m + 29,50 m. Die Überbauten mit einem zweistegigen Plattenbalkenquerschnitt weisen bei einer konstantenKonstruktionshöhe von 1,60 m Schlankheiten in den Randfeldern von h/l=1/18,44 und in den Regelfeldern von1/21,25 auf. Die Stegbreiten betragen am Plattenanschnitt 2,20 m und an der Unterkante 2 m. Bei einem Abstandder Stegachsen von 7,30 m beträgt die Fahrbahnplattendicke in der Mitte 0,40 m. Die Herstellung der Überbautenmit lichten Höhen von 6 m bis 16 m erfolgt mittels Vorschubgerüst.

Je Überbau sind getrennte Pfeilerscheiben mit über der Höhe veränderlichem Querschnitt errichtet worden. Ih-re Grundform besteht aus einem nach oben kelchförmig aufgeweiteten Rechteckquerschnitt, der durch Sicken

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Bild 1.42: Brücke im Zuge der L 96n OU Wusterwitz - Längsverschub mittels Stütztürmen und Ponton, Foto: Grassl GmbH

Bild 1.43: Talbrücke Liessow im Zuge der A 14 zwischen der AS Schwerin-Nord und Jesendorf, Foto: SBA Schwerin

gegliedert ist. Im oberen Bereich ist zwischen den Lagern eine größere Aussparung ausgeführt. Die Widerlagerwurden als aufgelöste Widerlager hergestellt. Aufgrund der in der Niederung anstehenden organischen Böden mitteilweise großen Mächtigkeiten kamen als Gründung Ortbetonrammpfähle mit definierter Fußausrammung zurAnwendung. Die Absetztiefen der Pfähle liegen im Bereich der Achsen 10 bis 60 innerhalb eines Mergelkom-plexes. Im Bereich der Achsen 70 bis 160 wurden die Pfahlspitzen in Sandschichten abgesetzt. Die Pfahllängenbetragen 9 m bis 27,50 m.

Die vorhandene Ziegelgrabenbrücke Stralsund überführt die eingleisige, elektrifizierte Strecke Stralsund-Saßnitz über den Ziegelgraben und verbindet damit das Festland mit der Insel Rügen. Die erste Straßenklapp-brücke ist 1936 als voll geschweißte Konstruktion errichtet worden und wurde in Folge konstruktiver Mängelund Kriegsschäden 1992 komplett durch eine neue Konstruktion ersetzt. Auch die 1992 errichtete Konstruktionerlitt wegen konstruktiver und statischer Mängel Deformationen und Schäden, sodass entschieden wurde, eineneue Konstruktion zu errichten.

Wegen der geometrischen Randbedingungen wird der Neubau der beweglichen Teile der Eisenbahnbrücke, diemit der gleichnamigen Straßenbrücke auf gemeinsamen Unterbauten liegen, im Wesentlichen in Form und Kon-

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Bild 1.44: Talbrücke Mühlenbach im Zuge der A 14 zwischen der AS Schwerin-Nord und Jesendorf, Foto: SBA Schwerin

struktion wie das Bauwerk von 1992 errichtet. Das Bauwerk wird jedoch entsprechend dem Stand der Technikund unter Berücksichtigung konstruktiver Veränderungen an Bauteilen, die bisher zu Schäden geführt haben,hergestellt.

Es handelt sich um eine Waagebalkenklappbrücke. Die Klappe wird als Trogbrücke mit offener Fahrbahn undeiner Spannweite von 29 m bei 3,45 m hohen Hauptträgern ausgeführt. Der Waagebalken hat eine Länge von27,50 m, wobei das Gegengewicht in geteilter Form ausgeführt wird, um die Oberleitung durchführen zu können.Die Waagebalken sind über Drehlager auf dem Stahlpylon aufgelagert und über Zugstangen mit den Federbalken,welche seitlich an der Klappe angeordnet sind, verbunden. Die Federbalken bewirken eine Entkopplung derdynamischen Beanspruchung bei Zugüberfahrt zwischen Klappe und Waagebalken.

Die Oberleitungsrahmen sind auf den Federbalken angeordnet und tragen die Fahrleitung. Die Brücke wird überFeintariergewichte auf eine Mindestspitzenlast eingestellt und erhält eine Spitzenverriegelung sowie Spitzenzen-trierung. Das Klappen der Brücke erfolgt über zwei Hohlzylinder, die am Pylonfuß gelagert sind und an denKlappenteilen angreifen. Das Klappen erfolgt bis in nahezu senkrechte Lage.

Die Bedeutung der Ziegelgrabenbrücke für den Eisenbahnverkehr ergibt sich nicht zuletzt daraus, dass sie dieeinzige Verbindung vom Festland zum größten deutschen Eisenbahn-Fährhafen in Saßnitz-Mukran darstellt unddamit eine wichtige Trajektverbindung nach Skandinavien und Osteuropa sichert (Bild 1.45).

Die am 17. Mai 1991 nach zweijähriger Bauzeit in Dienst genommene Jann-Berghaus-Brücke über die Emsbei Leer in Ostfriesland zwischen den Stadtteilen Leerort und Bingum im Verlauf der B 436 ist neben derErasmusbrücke eine der größten Klappbrücken Westeuropas. Sie ist 464 m lang, von der Westseite aus sind es 206und von der Ostseite 204 m bis zum Klappteil. Die Vorlandbrücke besteht aus 24 Feldern. Die Breite zwischen denGeländern beträgt 12 m und die Breite der Fahrbahn 7 m. Das Klappteil ist insgesamt 63 m lang (Bild 1.46). Imgeöffneten Zustand sind davon 45 m aufgeklappt und 15 m ragen in den Brückenkeller. Der Brückenquerschnittist ein zweistegiger, stählerner Plattenbalken mit orthotroper Fahrbahnplatte. Die in den Jahren 1948 bis 1950erbaute Vorgängerbrücke wurde 1991 abgerissen. Sie trug ebenfalls den Namen Jann-Berghaus-Brücke und wareine Drehbrücke. Die Namensgebung erfolgte nach Jann Berghaus (1870-1954), u. a. Präsident der OstfriesischenLandschaft.

Die Ems dient der Meyer Werft in Papenburg zum Ausschiffen der dort gebauten Kreuzfahrtschiffe. Die Jann-Berghaus-Brücke stellt dabei ein Schifffahrtshindernis auf dem Weg zur Nordsee dar. Daher treibt die MeyerWerft eine Verbreiterung der Durchfahrtsöffnung voran. Derzeit sind die Bauarbeiten im Gange. Auf der West-seite der bestehenden Brückenklappe wurde ein Strompfeiler abgebrochen und näher am Ufer neu errichtet.Darauf wird dann eine zusätzliche, aber kleinere Brückenklappe installiert. Die Durchfahrtsbreite ist auf 56,68 mvergrößert worden.

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Bild 1.45: Ziegelgrabenbrücke Stralsund, Foto: Klähne

Inmitten des Weserberglandes liegt die Gemeinde Emmenthal. Der Ortsteil Hagenohsen ist mit Kirchohsen durchdie Weserbrücke Kirchohsen (Valentinibrücke) verbunden und überführt die L 431 über die Weser. Das Bau-werk besteht aus zwei Vorlandbrücken aus dem Jahr 1977 und dem erneuerten Stromüberbau. Die einfeldri-gen, 11,40 m breiten Tragwerke sind stählerne Fachwerkkonstruktionen mit veränderlicher Bauhöhe. Die Strom-brücke wurde in Stahlverbundbauweise erneuert. Die ca. 400 t schwere Stahlkonstruktion wurde seit Mitte März2007 auf dem nordöstlichen Weservorland gefertigt und am 15. Juni 2007 auf einer speziell hierfür erstelltenVorschubbahn parallel zur vorhandenen Brücke über die Weser geschoben (Bild 1.47). In der sogenannten Sei-tenlage wurde die Stahlbetonverbundplatte hergestellt, die künftig die Fahrbahnen sowie die Rad- und Gehwegeaufnimmt.

Der Abbruch der alten Strombrücke über der Weser erfolgte mithilfe von Spezialgründungen, Schnitttechnikund Großkranen vom Wasser und vom Lande aus. Nachdem die Pfeilerköpfe im oberen Bereich erneuert waren,konnte die Strombrücke in die endgültige Lage verschoben werden. Dort wurden die Fahrbahnübergänge ein-gebaut und Arbeiten an der Abdichtung sowie der Beleuchtungsanlage, der Beschilderung und der Markierungausgeführt. Für den Längs- und Querverschub machten sich aufwendige Hilfsgründungen erforderlich. Darüberhinaus erfolgte eine Grundinstandsetzung der beiden Vorlandbrücken einschließlich der Erneuerung des Korro-sionsschutzes. 180 m Leitwerk gegen Schiffsanprall gehörte gleichfalls zum Leistungsumfang.

Auf der Freifläche zwischen dem Alten Hafen und der Weser in Bremerhaven ist mit dem Bau eines „Klima-hauses“ eine besondere touristische Attraktion entstanden. Als zentrale Verbindung zwischen der Innenstadt unddem „Klimahaus“ ist eine Fußgängerbrücke über den Alten Hafen errichtet worden (Bild 1.48). Sie ist imBereich des Hafenbeckens als Drehbrücke ausgebildet, um die Zugänglichkeit des Alten Hafens auch für größereSchiffe zu gewährleisten.

Die gesamte Brücke mit einer Länge von ca. 105 m ist eine Stahlkonstruktion mit einer Glaseinhausung des5 m breiten Brückensteges. Sie ruht im Hafenbecken auf eingespundeten Betonpfeilern und ist auf Pfählen imtragfähigen Baugrund tief gegründet.

Das Tragwerk des Brückenüberbaus mit einer Konstruktionsbreite von 6,25 m besteht aus einem volltragenden,geschweißten Röhrensystem aus horizontalen Druck- und diagonalen Zugstäben zwischen elliptischen Vollrah-men im Abstand von 3,50 m. Die ebene VSG-Verglasung ist über Punkthalter an der Stahlkonstruktion befestigt.

Im Verlauf der über einen hydraulischen Antrieb verfahrbaren Drehbrücke wird die Konstruktion zum Pfeiler hinbis zu einer Breite von 7,80 m aufgeweitet.

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Bild 1.46: Jann-Berghaus-Brücke über die Ems bei Leer, Foto: Schäfer-Bauten

Die Karl-Carstens-Brücke in Bremen (Bild 1.49), allgemein „Werderbrücke“ oder „Erdbeerbrücke“ genannt,ist eines von fünf Brückenbauwerken, die dem motorisierten Individualverkehr zur Querung der Weser im BremerStadtgebiet zur Verfügung stehen. Die Brücke hat eine Gesamtlänge von 615 m und gliedert sich in Strom-und Flutbrücke sowie zwei Treppenanlagen und eine Spindelrampe. Im Rahmen der regelmäßig durchgeführtenBrückenhauptprüfung wurden größere Schäden festgestellt und vor diesem Hintergrund eine objektbezogeneSchadensanalyse für das Bauwerk durchgeführt. Dabei wurden starke Schädigungen der Bausubstanz festgestellt,welche die Dauerhaftigkeit und mittelfristig auch die Standsicherheit der Bauwerke beeinträchtigen werden.Ausgelöst durch diese Erkenntnis musste ein Instandsetzungskonzept für die Bauwerke erstellt werden.

Die Strombrücke ist ein Mehrfeldträger über vier Felder mit einer Gesamtlänge von 240 m und einer Breitevon 13,95 m. Sie hat einen durchgängigen, einzelligen Hohlkastenquerschnitt mit einer variablen Steghöhe. DasBauwerk ist in Längs- und Querrichtung vorgespannt. Der größte Schadensschwerpunkt lag im geschädigtenBeton. Grund war das eindringende Wasser, welches jahreszeitlich bedingt mit Tausalzen belastet ist. Durch-feuchtungen im Bereich der Tropftüllen an der Decke des Hohlkastens waren deutlich sichtbar und zeigten dieUndichtigkeit der Abdichtung unter der Fahrbahn. Im Hohlkasten waren innen und außen Risse, Durchfeuchtun-gen mit Rostfahnen, Kiesnester, Rostbildung an den Verankerungsstellen der Spannglieder sowie Abplatzungenmit freiliegender Bewehrung zu erkennen. Ein weiterer Schadensschwerpunkt lag im Bereich der Kappen.

Die Flutbrücke ist ein Mehrfeldträger über elf Felder. Im Bereich des Werdersees sowie in den jeweils angren-zenden Feldern liegt ein Hohlkastenquerschnitt vor. Die weiteren Brückenfelder sind als Plattenbalkenquerschnittausgebildet. Die Länge des Bauwerks beträgt 375 m. Die Breite von 13,95 m ist identisch mit der Strombrücke,ebenso die Vorspannung in Längs- und Querrichtung. Die Schadensbilder entsprachen in den Bereichen des Über-baus denen der Strombrücke. Zusätzlich war im Bereich des großen Feldes über dem Werdersee im Hohlkastenein Dauerfestigkeitsproblem festgestellt worden. Die rechnerisch ermittelte einwirkende Ermüdungsbeanspru-chung konnte durch die vorhandene Kombination aus Spann- und Schlaffstahl nicht aufgenommen werden.

Die Grundinstandsetzung der gesamten Überbauoberseiten erfolgte in zwei Bauabschnitten. Im Bauabschnitt1 wurde die oberstromseitige große Kappe abgebrochen, eine neue Kappe betoniert und ein neues Geländermontiert (Bild 1.50). Der Verkehr wurde einstreifig (3,20 m, 30 km/h) je Fahrtrichtung im Fahrbahnbereichgeführt. Aus Sicherheitsgründen erfolgte die Aufstellung einer Betonleitwand, um den Arbeitsbereich „Kappe

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Bild 1.47: Weserbrücke Kirchohsen (Valentinibrücke) im Zuge der L 431 - Einschub der Strombrücke, Foto: Schäfer-Bauten

Bild 1.48: Fußgängerbrücke über den Alten Hafen Bremerhaven, Foto: WTM ENGINEERS GmbH

Oberstrom“ vom Fahrbahnbereich zu trennen. Die Fahrradfahrer benutzten die Fahrbahn mit, für Fußgänger wardie Brücke gesperrt.

Im 2. Bauabschnitt wurde die unterstromseitige kleine Kappe abgebrochen und neu betoniert, der Fahrbahnbelagund die Abdichtung komplett entfernt. Nach einer umfangreichen, entsprechend dem vorgefundenen Schädi-gungsgrad durchgeführten Instandsetzung der Betonoberfläche erhielt die Fahrbahnplatte eine neue Abdichtungsowie eine Schutz- und Deckschicht aus Gussasphalt. Hierzu wurde der Fahrbahnbereich voll gesperrt und diegroße Kappe für Busse in jeweils nur eine Richtung (Signalanlage mit Schranken gekoppelt), für Fahrradfahrerund Fußgänger für beide Richtungen freigegeben (Bild 1.51). Der Individualverkehr war nicht zugelassen.

Am 30.8.2008 wurde die Karl-Carstens-Brücke wieder für den Verkehr freigegeben. Als besondere Maßnahmeist der gegenwärtige Einbau externer Spannglieder in dem 63,98 m weit gespannten Feld der Flutbrücke überdem Werdersee herauszuheben. Die Spannglieder werden geradlinig über der Bodenplatte geführt.

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Bild 1.49: Karl-Carstens-Brücke Bremen - Ansicht, Foto: Amt für Straßen und Verkehr Bremen

Bild 1.50: Karl-Carstens-Brücke Bremen - Bauabschnitt 1

Bild 1.51: Karl-Carstens-Brücke Bremen - Bauabschnitt 2

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Im Zuge der Verlegung und des Neubaus der Bundesstraße B 207n Lübeck-Pogeez ist eine Grünbrücke alsEidechsenquerung errichtet worden, die im Bereich der Trasse B 207n südlich von Lübeck in der Höhe desFlughafens Blankensee neben der DB-Strecke Lübeck-Büchen liegt (Bild 1.52). Als Tragkonstruktion wurde einStahlbetonzweigelenkbogen mit einer Stützweite von 24,50 m über der B 207n gewählt. Im Bereich des Bogenspasst sich die Überschüttungshöhe der mittleren Geländelinie an. Die Überschüttung beträgt mindestens 0,80 m.Der Bogen ist in einer Betongüte C 30/37 ausgeführt.

Aufgrund der anstehenden Bodenschichten kam eine Flachgründung auf einem Bodenersatz zur Ausführung.Die Fundamentgeometrie ist aufgrund der Gleitsicherheit und der Angriffsrichtung der Lastresultierenden ent-sprechend geneigt ausgeführt. Oberhalb der Fundamente ist ein Betongelenk ausgebildet. Hergestellt wurde dieGrünbrücke auf einem konventionellen Lehrgerüst, das als Kammgerüst ausgebildet war. Aufgrund der Bogen-neigung wurde im unteren Drittel des Tragwerks eine Konterschalung eingesetzt. Die Überschüttung wurde ei-dechsengerecht modelliert und Gabionen als Blendwälle angeordnet. Mit Sand- und Steininseln erfolgte eineartgerechte Oberflächengestaltung.

Bild 1.52: Grünbrücke als Eidechsenquerung über die B 207n Lübeck-Poogez, Foto: Schäfer-Bauten

Auf der Grundlage des Bürgerentscheides vom 27.2.2005 und der Aufhebung des vom Verwaltungsgericht Dres-den im August 2007 verhängten Baustopps durch das Oberverwaltungsgericht wird die WaldschlößchenbrückeDresden (Bild 1.53) seit November 2007 gebaut. Im Wesentlichen sind die Fundamente für die Elbebrücke inder modifizierten Form mit verschlankten Bogenfüßen, die Stützenfundamente für die rechts- und linkselbischenVorlandbrücken und beide Brückenwiderlager fertig gestellt. Die mehrfeldrige, 636 m lange Stahlverbundkon-struktion hat verschiedene Besonderheiten hinsichtlich der Geometrie auch bei den Unterbauten. Ausgehend vonden Erkenntnissen aus dem Augusthochwasser 2002 wurden die Unterbauten, die im Hochwasserbereich liegen,strömungsgünstig geplant und Eisabweiser vorgesehen. Besonders markant ist die Form der Innenstützen, die in„V-Form“ ausgeführt werden [2].

Die beiden Bogenfundamente mit den aufgesetzten Sockeln haben außergewöhnliche Abmessungen. So warenfür die Formstabilität der ca. 4 m hohen Fundamente Zusatzberechnungen und der Einbau von aussteifenderBewehrung erforderlich. Die Sockelform besteht aus spezifisch geformten prismatischen Körpern und erforderteeine besondere Bewehrungsplanung.

Bild 1.53: Waldschlößchenbrücke Dresden - Längsschnitt nach [2]

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Bild 1.54: Waldschlößchenbrücke - Neustädter Widerlager, Foto: Kummert, Planungsgruppe Bit

Das Neustädter Widerlager hat eine sehr ungewöhnliche Form (Bild 1.54). Die Bauteile sind geprägt von Ab-schrägungen, Richtungsänderungen der Wände, Querschnittssprüngen u. a. Hieraus ergab sich eine komplizierteBewehrungsführung, die entsprechend zu planen war. Es wurden für die verschiedenen Bereiche Zusatzdarstel-lungen gefertigt. Das Widerlager hat ca. 300 unterschiedliche Bewehrungspositionen und musste auf acht Plänendargestellt werden. Während des Planungsprozesses zeigte sich, dass eine übliche zweidimensionale Darstellungdieser Teile nicht ausreichend war. Daher wurden zum besseren Verständnis für alle Beteiligten wichtige Bau-teile und Bewehrungsführungen dreidimensional dargestellt. Auch die nachfolgende Bauvorbereitung profitiertehiervon durch Erleichterungen bei der Planung und Herstellung der Widerlagerschalung.

Mit dem Stahlbau für das Brückentragwerk wurde begonnen. Die Montage der Stahlkonstruktion beginnt voraus-sichtlich im Mai d. J. Der Bogen des Stromfeldes soll im November/Dezember 2009 eingeschwommen werden.Für den Haupttunnel sind die ersten zwei Segmente im Bereich der Kreuzung Radeberger Straße/Waldschlöß-chenstraße hergestellt. Für den östlichen Tunnel sind bereits vier Segmente betoniert. Bisher wurden ca. 20.400m3 Beton und 1.410 t Stahl verbaut, 32.800 m2 mit Asphalt befestigt und 136.100 m3 Erdmassen bewegt. DieFertigstellung des gesamten Verkehrszuges Waldschlößchenbrücke ist für Juni 2011 vorgesehen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

auch auf dem 19. Dresdner Brückenbausymposium werden neue Erkenntnisse und Erfahrungen auf dem Ge-biet des Brückenbaus präsentiert und diskutiert. Das Symposium ist eine Plattform für den Meinungsaustauschzwischen den Ingenieurbüros, den Verwaltungen, der Wissenschaft und der Bauwirtschaft. Dank der Herren Re-ferenten und ihrer Koautoren/-innen ist das Programm mit weiteren zwölf Beiträgen wieder vielversprechend.Gedankt sei auch den Ausstellern im Foyer unseres Hörsaalzentrums, die ebenfalls ganz wesentlich zum Erfolgunserer zweitägigen Veranstaltung beitragen.

Zum Schluss meiner Ausführungen möchte ich mich insbesondere bedanken bei Frau Angela Heller, der gu-ten Seele unseres Brückenbauteams, für ihr herausragendes Engagement bei der Vorbereitung und Organisationdes Symposiums, bei Herrn Dr.-Ing. Dirk Proske für die hervorragende Organisation der Stände von Firmen,Ingenieurbüros, Verbänden und Verlagen, bei Herrn Dr.-Ing. Harald Michler für die exzellente Bearbeitung derFirmenanzeigen im Tagungsband, bei den Studierenden des Vereins der „Freunde des Bauingenieurwesens e. V.“für ihren unermüdlichen Einsatz, bei den Damen des Tagungsbüros und der TUDIAS GmbH. Ganz besondersdanke ich Herrn Dipl.-Ing. Ammar Al-Jamous für die mühevolle und auch in diesem Jahr wieder hervorragendeGestaltung des umfangreichen Tagungsbandes.

Im Hörsaalzentrum der Technischen Universität Dresden finden wir nach wie vor ein hervorragendes Umfeldzur Durchführung des Dresdner Brückenbausymposiums. Ich danke allen, die sich für das Funktionieren derTechnik hier im Hörsaalzentrum eingesetzt haben, insbesondere Herrn Norbert Wahl vom Medienzentrum derTU Dresden, Fachbereich Audiovisuelle Medien.

Auch diesmal sind wiederum zusätzliche Beiträge im Tagungsband abgedruckt, die aus Zeitgründen nicht vorge-tragen werden können.

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Ich wünsche dem 19. Dresdner Brückenbausymposium viel Erfolg und wir alle erhoffen uns aus den Fachvor-trägen und Gesprächen wertvolle Impulse und Anregungen. Ihnen allen danke ich für Ihre Aufmerksamkeit undlade Sie schon heute zur

Verleihung des Deutschen Brückenbaupreises 2010am Montag, den 15. März 2010

und zum

20. Dresdner Brückenbausymposiumam Dienstag, den 16. März 2010

ein.

Herzlichen Dank für Ihr Kommen!

1.1 Literaturverzeichnis

[1] MARTIN, R. UND M. BECKER: Neubau der Saalebrücke bei Jena im Zuge der BAB A 14 - Umsetzung dergestalterischen Vorgaben. In: Tagungsband zum 15. Dresdner Brückenbausymposium vom 14. März 2005.TU Dresden, Dresden: Eigenverlag, 2005, S. 115-136

[2] VERKEHRS- UND INGENIEURBAU CONSULT GMBH: Verkehrszug Waldschlößchenbrücke Dresden. In:VIC Information 2008, S. 22-23

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