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Das Buch + Der Autor

Das Buch

Als das Karl Allmanns Raumschiff von feindlichen Abfang-jägern getroffen wird, bleibt ihm nur der Notausstieg und die Landung auf dem nahegelegenen Planeten. Als er nach sei-nem Sturz wieder aus der Bewusstlosigkeit erwacht, muss Karl feststellen, dass er auf einer kalten und kargen Welt ge-landet ist und er von Bauern gerettet wurde. Erst nach und nach begreift er – und die Daten, die ihm das Schiff auf sein internes Datensystem überspielt hat, helfen ihm dabei – dass die Kultur auf Isheimur der aus den alten isländischen Hel-densagas ähnelt. Und während Karl noch versucht, wieder zu Kräften zu kommen und seine Umgebung zu verstehen, ver-suchen die Einheimischen bereits, den »Mann von den Ster-nen« für ihre Zwecke zu benutzen. Karl muss fliehen und ein Raumschiff ausfindig machen, das ist ihm jetzt klar – doch die gewaltbereiten Siedler wollen ihn um keinen Preis gehen las-sen. Bis Karl eine Entdeckung macht, die alles verändert …

Der Autor

Colin Harvey hat bereits mehrere Romane, Kurzgeschichten und Rezensionen veröffentlicht und war als Juror für die Specula-tive Fiction Foundation tätig. Colin Harvey ist verheiratet und lebt in Bristol.

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Titel

COLIN HARVEY

GESTRANDETRoman

Deutsche Erstausgabe

WILHELM HEYNE VERLAGMÜNCHEN

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Impressum

Titel der englischen Originalausgabe

WINTER’S SONG

Deutsche Übersetzung von Winfried Czech

Verlagsgruppe Random House SFC-DEU-0100Das für dieses Buch verwendeteFSC®-zertifizierte Papier Holmen Book Creamliefert Holmen Paper, Hallstavik, Schweden.

Deutsche Erstausgabe 02/2012Redaktion: Werner BauerCopyright © 2009 by Colin HarveyCopyright © 2012 der deutschsprachigen Ausgabeby Wilhelm Heyne Verlag, München,in der Verlagsgruppe Random House GmbHPrinted in Germany 2012Umschlaggestaltung: Nele Schütz Design, MünchenSatz: C. Schaber Datentechnik, WelsDruck und Bindung: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN: 978-3-453-52914-4

www.heyne-magische-bestseller.de

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Widmung

Für Kate,dafür, dass sie mich zu Hause

gegen ein Übermaßan Realität abschirmt.

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Erster Teil

ERSTER TEIL

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1 Karl

1 KARL

Karl träumte gerade von seiner Klon-Frau auf dem fernen Avalon, als der Plasmastrahl die Maschinen des Schiffes traf.

Gerade noch badete er mit Karla in den jodisierten Quellen unterhalb von Jodi’s Falls und seifte ihre auf-wärts gerichteten Brüste unter dem warmen Licht der Sonne von Delta Pavonis ein, und schon im nächsten Moment schien ein Riese auf seiner Brust zu hocken, während die Alarmsirenen des Schiffes heulten und die Notbeleuchtung aufflackerte.

Schlagartig ließ der Druck nach, und Karl schwebte nackt unter seinem Schlafnetz auf der Brücke. »Karl, wir werden angegriffen!«, übertönte eine Stimme den gellen-den Alarm. Dass die etwas zu perfekt modulierte Altstimme des Schiffes von knisternden Störgeräuschen untermalt wurde, ließ ihn ahnen, wie fatal der Treffer vermutlich gewesen war. Sein Interface funktionierte nicht; keins der üblichen Displays scrollte sein Blickfeld hinab, und da kei-nerlei Daten auf direktem Weg in sein Gehirn eingespeist wurden, war er gezwungen, auf die archaische Form ver-baler Kommunikation zurückzugreifen. »Welche … Was für Schäden liegen vor?« Beißender Rauchgestank stieg ihm in die Nase; die Monitore – die normalerweise ohne-hin nur von Passagieren benutzt wurden – waren tot.

Er hustete, seine Augen brannten, und in einer glatten Wandung tat sich unvermittelt eine Öffnung auf, aus der

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eine Atemmaske, die das Schiff soeben erst hergestellt hatte, mit einem angekoppelten Sauerstoffbehälter her-aushüpfte.

»Ich werde das Ding nicht aufsetzen«, presste Karl zwi-schen einzelnen Hustern hervor. »Ich hasse es, mir ir-gendwelche Sachen über das Gesicht zu stülpen.«

»Du bist zwar körperlich optimiert worden, aber das heißt nicht, dass du unverwundbar bist!«, fauchte das Schiff. »Setz sie auf!«

Widerwillig gehorchte Karl.»Danke«, sagte das Schiff. »Wir verfügen in diesem

Drittel nur noch über Notenergie. Der Energiefluss im mittleren Drittel ist unregelmäßig. Der Rest des Schiffes weist keinerlei Schäden auf. Ich musste die Maschinen kurzfristig abschalten, um zu verhindern, dass du von Streuwellen aus dem Gravitationsgenerator zerquetscht wirst, und jetzt gelingt es mir nicht mehr, sie wieder an-zufahren. Zurzeit versuche ich, einem zweiten Plasma-strahl, der sich uns nähert, mithilfe der Manövriertrieb-werke auszuweichen, aber er hat bereits gestreut, und es ist unwahrscheinlich, dass ich ihm vollständig ent-gehen kann. Die Zeit bis zum Einschlag beträgt vier Mi-nuten.«

Karl bemühte sich, die ernüchternde Nachricht zu ver-dauen, dass er schon so gut wie tot war. »Die müssen praktisch im gleichen Moment gefeuert haben, als sie aus dem Falt-Raum gefallen sind.«

»Der zweite Strahl kam aus einer anderen Richtung, was auf ein zweites Schiff hindeutet«, wich das Schiff einer direkten Antwort aus, »auch wenn es schwierig ist, den Raum durch den Asteroidengürtel hindurch zu scan-nen.« Seine Stimme klang hilflos. »Sie müssen uns iden-tifiziert haben, bevor ich sie sehen konnte. Das Erste, was ich registriert habe, war der genau auf meine Breitseite

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gezielte Plasmastrahl. Mir blieben kaum drei Minuten Vor-warnzeit. Es tut mir leid, Karl.«

»Vergiss es.« Karl seufzte.Sie würden also keine Atempause bekommen, während

die anderen ihre Speicherbänke wieder aufluden. Selbst wenn es ihnen wie durch ein Wunder gelingen sollte, dem zweiten und danach auch noch dem nächsten Schuss eines dritten Schiffes zu entgehen, würde das erste Schiff bereits wieder über volle Energie verfügen und erneut feuern können.

Karl befreite sich aus dem hauchdünnen Schlafnetz, das ihn nach wie vor umgab. »Sind das die Aye-Schiffe, die wir schon früher entdeckt hatten?«, fragte er. Un-wahrscheinlich, wie er wusste. Die Schiffe, die jeweils eine individuelle Künstliche Intelligenz darstellten, in-teragierten nur selten mit organischen Wesen, die sich ihrerseits kaum für sie interessierten. Er schwebte zu einem der toten Bildschirme. »Kannst du den hier akti-vieren?«

Das Schiff schwieg so lange, dass Karl sich schon fragte, ob all seine Funktionen erloschen waren.

»Ja«, sagte es schließlich.Auf dem Bildschirm erschien eine Sternenkarte mit

der Position des Schiffes, keine drei Astronomische Stan-dardeinheiten von Mizar-B2 entfernt. Karl hatte geglaubt, dass sie von ihrer Position am inneren Rand des Asteroi-dengürtels aus – umgeben von den unzähligen Ortungs-punkten, zwischen denen er und das Schiff sich versteckt hatten – die Ayes gefahrlos würden ausspionieren kön-nen. Und da waren sie auch, die durch Symbole darge-stellten Schiffe der Ayes in einem engen Orbit um die Chromosphäre des nächsten der vier Sterne – das zwei-fache Doppelsternensystem, das die Astrophysiker seit seiner Entdeckung so sehr faszinierte –, wo sie irgend-

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welche rätselhaften Dinge taten, mit denen die Ayes sich nun einmal beschäftigten.

Verstreut zwischen den Splittern des äußeren Gürtels schwebten drei perfekt kugelförmige Schiffe, die in ih-rer Vollkommenheit ein trotziges Aufbegehren gegen die Unordnung des Universums darstellten. »Laut ihren Si-gnaturen handelt es sich um Traditionalisten. Es tut mir leid, Karl. Du bist von Vertretern deiner eigenen Spezies beschossen worden.«

Auch wenn man darüber streiten konnte, ob die An-greifer Karl überhaupt als menschlich betrachten wür-den, war das nicht überraschend: Die eckige Asymmetrie seines Schiffes deutete unverkennbar auf die Radikalen hin. Die Fraktion der Puristen unter den Traditionalisten, die mit größter Wahrscheinlichkeit als Schützen infrage kamen, gingen bestimmt davon aus, dass es sich bei Karl um ein Individuum mit Mensch-Maschine-Schnittstellen handelte, was ihn für sie folglich sogar noch verabscheu-ungswürdiger als die von den Traditionalisten gehassten Ayes machte.

Zwischen den schematischen Darstellungen seines Schif-fes und denen der Angreifer erschien das pulsierende Rund eines Plasmastrahls, Treibstoff, den der Aggressor von seinem Antrieb abgezapft hatte und durch ein Ge-schützrohr ausspie.

»Wie weit sind sie entfernt?«»Zwei AE sonnenauswärts.«»Vorschläge?«»Angesichts von fünf … vier … drei Minuten Zeit bis

zum Einschlag besteht die logischste Option für dich darin, von Bord zu gehen.«

»Geschenkt.« Karl starrte auf den Monitor. »Mal sehen, wie weit wir mit den Manövriertriebwerken kommen. Liegen wir genau im Zentrum des Strahls?«

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»Etwas steuerbords davon, weshalb ich auch bereits in diese Richtung beschleunige.«

»Braves Mädchen. Was können wir sonst noch tun?«»Ich kann keine weitere Energie in die Düsen transfe-

rieren.« Wie immer ignorierte das Schiff Karls vermensch-lichende Bezeichnung.

Er dachte fieberhaft nach. »Was, wenn wir Luft durch die Ladebucht ausblasen?«

Das Schiff schwieg so lange, dass Karl seine Frage schon wiederholen wollte. »Das würde unsere Geschwindig-keit lediglich um ein Prozent erhöhen, und das reicht nicht. Wir benötigen sieben Prozent Schub mehr.«

»Dann öffne auch noch die Luftschleusen. Senk den Luftdruck so weit wie irgendwie möglich und dann um ein weiteres Prozent.«

»Das kann ich nicht tun, Karl. Ich bin darauf program-miert, dich zu beschützen. Das Risiko für dich ist nicht akzeptabel.«

»In die Luft gejagt werden dagegen schon?«»Aus diesem Grund habe ich dir empfohlen, von Bord

zu gehen. Du hast zwei Minuten Zeit, dich zu entschei-den. Und du solltest zwei Minuten früher verschwinden, um nicht von Trümmern getroffen oder verstrahlt zu werden. Was übrigens heißt: jetzt sofort.«

»Hak das ab, ich lass dich nicht allein zurück!« Oder den Klumpen Neutronium, der sich, eingeschlossen in einem Stasisfeld, in einem Winkel der Ladebucht befand. Wenn das Feld zusammenbrach, würde die Fracht das Schiff schnel-ler auslöschen, als man benötigte, einen der faden Pro-tein-Burger hinunterzuwürgen, von denen sich Karl seit einem Monat ernährte.

»Karl, das ist sentimentaler Unfug«, sagte das Schiff. »Das größte Risiko für dich liegt darin, der Raumstrahlung ausgesetzt zu werden, aber ich habe bereits ein stark ge-

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bündeltes Notfunksignal Richtung Hanghzou Relay ab-gesetzt, dem meiner Meinung nach von hier aus gesehen nächstgelegenen uns freundlich gesonnenen Ort, der rund vier Lichtmonate entfernt ist. Sobald das Signal dort emp-fangen wird, brauchen die Leute nur wenige Tage, um zu diesen Koordinaten zu springen, und bis dahin wird dich das Lebenserhaltungsgel schützen – sogar im Vakuum.«

»Es freut mich, dass du mir nicht vorgeschlagen hast, mich von unseren Gegnern aufgabeln zu lassen«, be-merkte Karl trocken.

Das Schiff ignorierte den Anflug von Humor. »Du hast für mehrere Monate Energie in deinem integrierten Ge-fährten, die aktiviert werden wird, sobald ich außer Reich-weite bin. Noch bevor diese Energie völlig aufgebraucht ist, wird das Lebenserhaltungsgel bereits Nachschub be-nötigen und deshalb langsam damit anfangen, deinen Körper zu absorbieren. Allerdings werden schon vorher Nebenwirkungen auftreten – Gewichtverlust, Anämie, Ekzeme. Diese hautengen Schutzhüllen sind lediglich als kurzfristige Lebenserhaltungssysteme entworfen worden.«

Karl nickte, während er die Hände abwechselnd zu Fäusten ballte und wieder öffnete. »Ich wünschte, diese Bastarde wären in Reichweite meiner Hände.«

»Diese Reaktion wird durch das in dir freigesetzte Adrenalin erzeugt«, erklärte das Schiff und fügte hinzu: »Ich bin ein Objekt, du kannst mich ersetzen und ver-mutlich sogar in etwa meine Programmierung rekons-truieren. Aber ich bin ebenso wenig eine Persönlichkeit wie irgendein anderes Fahrzeug. Ich bin austauschbar; du bist es nicht. Du solltest mich jetzt durch Hangar acht verlassen.«

Karl schlug mit der flachen Hand gegen die Wand, wodurch er sich aber auch nicht besser fühlte. »Also Hangar acht. Sprich weiter, während ich unterwegs bin.«

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»Da gibt es noch etwas, das du wissen solltest, Karl«, sagte das Schiff.

»Raus damit.«»Ich habe einige Daten entdeckt, die bisher falsch ar-

chiviert waren. Dieses System wurde vor mehr als vier Jahrhunderten besiedelt.«

»Dann stammen diese Bastarde also von hier?«»Das glaube ich nicht. Es gibt keinerlei Hinweise auf

hiesigen Verkehr. Die letzten Aufzeichnungen sind über zwei Jahrhunderte alt und wurden unmittelbar vor dem Anbruch der Langen Nacht gemacht. Sollte die Kolonie überlebt haben, hat sie im Verlauf des Konflikts vermut-lich eine Rückentwicklung durchgemacht. Allerdings ist ein Überleben der Kolonisten eher unwahrscheinlich. Falls der Krieg sie nicht umgebracht hat, dürfte die ellip-tische Umlaufbahn ihres Planeten sie erledigt haben. Wäh-rend des Sommers ist er gerade noch bewohnbar, aber seine Winter sind viel zu kalt.«

»Welchen Stern umkreist er?«»Anscheinend kreist er um das Mizra-B-Paar in einer

Entfernung, die ihm ein Klima unter Marsniveau be-schert.«

»Könnte ich ihn von hier aus erreichen?«»Er ist ungefähr 18 000 000 Kilometer entfernt«, erwi-

derte das Schiff, »du würdest also etwa …«Es folgte eine deutlich wahrnehmbare Pause, die Karl

verriet, wie furchtbar schlecht die Dinge standen. Unter normalen Umständen hätte das Schiff das Ergebnis so-fort liefern und parallel dazu noch etliche andere Auf-gaben erledigen können.

»… drei Standardwochen benötigen«, beendete das Schiff den Satz. »Ich werde dich auf den Weg dorthin brin-gen«, fügte es hinzu. »Und ich werde dir alle vorhande-nen Informationen überspielen. Stöpsel dich ein.«

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Karl knirschte mit den Zähnen, wischte den Staub von dem Anschluss, der für derartige Notfälle neben dem Monitor angebracht war, und verband ihn mit der Schnitt-stelle hinter seinem rechten Ohr. »Aahh!«, stieß er hervor. »Das ist ja grauenhaft! Als würde irgendwer mit Krallen an den Fingern richtig laut über eine Steinwand kratzen!«

»Tut mir leid«, sagte das Schiff. »Wenn nicht so viele meiner Systeme ausgefallen wären …«

»Macht doch nichts«, log Karl blinzelnd. Die Symbole blitzten vor seinen Augen auf, zu schnell, um sie erfas-sen zu können. Später, wenn er durchs All trieb, würde er Zeit genug haben, die Daten abzurufen.

Er hangelte sich an einem Handlauf den Korridor ent-lang. »Das Verhalten der Ayes ist seltsam«, sagte das Schiff, als er die erste Biegung umrundete.

»Wie … meinst du das?« Er keuchte vor Anstrengung, als er sich an der Ladebucht mit dem Klumpen des su-perschweren Frachtguts vorbeizog, das die Flugkosten wieder hereingebracht hätte. Besonders wenn dabei In-formationen über die nächste Tour herausgesprungen wären.

»Wenn ich davon ausgehe, dass sie mit dem fortfahren, was sie gerade tun, könnten ihre Manipulationen der oberen Chromosphäre dazu führen, dass sich die Tempe-ratur der Sterne erhöht.«

»Warum sollten sie so etwas tun?«»Das weiß ich nicht. Soweit wir wissen, haben sie bis-

her noch nie versucht, einen Stern zu modifizieren.«Als er Hangar acht erreicht hatte, gönnte sich Karl eine

kurze Verschnaufpause.»Du musst jetzt gehen«, drängte das Schiff, bevor er

etwas sagen konnte.Karl riss sich die Atemmaske vom Gesicht und seufz-

te erleichtert. Er nickte, die Lippen zu einem schmalen

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Schlitz zusammengepresst, und tätschelte die Hangar-wand. »Danke … äh … du weißt …«

»Keine Zeit«, unterbrach ihn das Schiff. »Geh jetzt.«Die irisförmige Schleuse öffnete sich langsam. Dahin-

ter kam eine drei Meter hohe Wand aus zitterndem blauen, mit Nanos durchsetztem Gel zum Vorschein. Karl zö-gerte einen Moment lang, riss sich dann zusammen und schob sich in das Gel hinein, das sich sofort um ihn schloss. Er spürte, wie sich der geistlose und gleichzeitig intelligente Glibber mit seiner Haut verband und ihm schleimige Finger tief in die Nasenlöcher, die Ohren, den Anus und sogar in die Harnröhre schob. Der Intellekt der Masse überstieg kaum den einer Amöbe, aber sie war darauf programmiert, in ihn hineinzukriechen und ihn mit einer zweiten Haut zu umschließen, und das tat sie mit erbarmungsloser Zielstrebigkeit. Karl hatte diese Prozedur bereits unzählige Male durchgestanden und sich dabei immer äußerst unbehaglich gefühlt.

»Wozu sollten sich Terraformer einen Planeten mit der-art ungünstigen Voraussetzungen aussuchen?« Eigent-lich interessierte ihn das Thema im Moment nicht über-mäßig, aber es lenkte ihn immerhin davon ab, an das Gel oder – schlimmer noch – die brodelnde Masse superhei-ßen Plasmas zu denken, die mit einer Geschwindigkeit von einer Viertelmillion Kilometern pro Sekunde auf das Schiff zuraste. Er kämpfte gegen das zunehmende Panik-gefühl an, während sich das Gel tiefer in ihm ausbreitete. Es kostete ihn eine Menge Überwindung, den Mund zu öffnen und den Schleim in seine Lungen eindringen zu lassen. Das Gel bildete eine undurchdringliche Schicht über seinen Augäpfeln, und als der Film durchscheinend wurde, sodass er den Schalter zum Öffnen der Außen-schleuse sehen konnte, wusste er, dass der Prozess abge-schlossen war. Die glitschige Masse hatte ihn mit einer

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geschmacklosen und geruchlosen Hülle überzogen, die sein empfindliches Fleisch sicher vor dem Vakuum des Weltraums abschirmte.

»Mit hohem Aufwand hätte es ein lohnendes Projekt werden können«, beantwortete das Schiff seine Frage. »Was die Terraformer nicht vorhergesehen haben, war der kommende Krieg. Das tun sie nie. Und das hat alles verändert.«

Aus den Eingeweiden des Schiffes stieg ein dumpfes Grollen auf, das Karl mehr fühlte als hörte, als die Ein-dämmungsfelder, die das Neutronium umgaben, schwä-cher wurden und das Raumschiff zu zerreißen begannen.

»Ich muss dich jetzt verlassen!«, rief er dem Schiff zum Abschied zu.

»Ich habe das gesamte Lebenserhaltungsgel in Hangar acht gedrückt«, erwiderte das Schiff.

Bevor Karl es fragen konnte, wozu es das getan hatte – das zusätzliche Gel würde ihm keinerlei Vorteile brin-gen –, öffnete sich die kleiderschrankgroße Luftschleuse. Die explosionsartig entweichende Atmosphäre schleu-derte ihn ins All hinaus, und da verstand er. Das über-schüssige Gel verlieh ihm zusätzlichen Schub, und als er Hals über Kopf kreiselnd durch das Vakuum trieb, seg-nete er stumm sein kluges, fürsorgliches Schiff.

Karl zählte im Geist die Zeit ab und fand so heraus, dass er sich alle sechs Sekunden einmal überschlug. Das Le-benserhaltungsgel verdunkelte sich, um seine Augen zu schützen, und jedesmal, wenn das gleißende Mizar-Ster-nenquartett durch sein Blickfeld rotierte, sah er die Son-nen in türkisblaues Licht getaucht. Sobald er den Blick von den Sonnen abwandte, wurde das Gel wieder klarer.

Obwohl es ihn mit einem perfekten Film vor dem Va-kuum schützte, konnte Karl nicht verhindern, dass sich

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seine Brust unablässig hob und senkte; das von ihm aus-geatmete Kohlendioxid wurde von dem Schleim absorbiert und teilweise zu einem Sauerstoff-Stickstoff-Gemisch in Form einer nur wenige Mikrometer durchmessenden Pufferschicht zwischen seiner Lunge und der Gelmem-bran umgewandelt.

Er wusste nicht, wie lange er bereits beschleunigte, als die Stimme des Schiffes erneut in seinem Kopf aufklang. »Karl, es gibt da noch etwas, das ich dir sagen sollte. Die Ozonschicht des kolonisierten Planeten scheint …« Übergangslos verstummte die Stimme wieder.

Obwohl Karls Gesicht gerade von den Sonnen abge-wandt war, verdunkelte sich die Membran plötzlich wie-der. Dann spürte er einen Schlag im Rücken – trotz der Tatsache, dass das Gel eigentlich jegliche kinetische Ener-gie absorbieren sollte –, vermutlich hervorgerufen durch den Aufprall eines Fragments des explodierten Raum-schiffs.

Auch wenn es sich bei dem Schiff lediglich um eine semiorganische Maschine gehandelt hatte, war es ihm manchmal näher als eine Geliebte gewesen, und so weinte er um den Verlust.

Später, nachdem seine Tränen versiegt waren, schlief er ein. Es war ein unruhiger Schlaf, der nicht so sehr der Erschöpfung geschuldet war, ihm aber half, alles zu ver-arbeiten, was seit seinem abrupten Erwachen geschehen war.

Als er wieder zu sich kam, hielt er sich so lange wie nur irgendwie möglich zurück, bis er schließlich gezwun-gen war, sich in die ihn umgebende Membran zu entlee-ren und ihr zu gestatten, seine Körperausscheidungen zu absorbieren, ein zwar unangenehmer, aber unvermeidli-cher Vorgang. Abgesehen von diesen Begleitumständen hätte es durchaus Spaß machen können, so durchs All zu

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treiben. Er fragte sich sogar, warum niemand zu Hause jemals auf die Idee gekommen war, das Lebenserhal-tungsgel für eine Besichtigungstour der Nachbarwelten Avalons zu benutzen.

Ursprünglich hatten die Astronomen der historischen Erde Mizar für einen Einzelstern gehalten, ihn jedoch nach der Erfindung der ersten Teleskope zu einem Dop-pelstern-System erklärt. Noch später hatte sich heraus-gestellt, dass es sich bei beiden Sternen – Mizar-A und Mizar-B – wiederum um Zwillingspärchen handelte.

Karl durchforstete die Daten, die das Raumschiff ihm überspielt hatte, und rief sämtliche Informationen über die sieben Planeten ab, die Mizar-B, das kleinere Sonnen-pärchen, umkreisten, sowie die uralten Überreste des nahe -zu mythischen Mizar-B3, das nach seiner Entdeckung nur kurz aufgeflackert und dann gänzlich erloschen war.

Am weitesten von den Sternen entfernt, die die Siedler Alfasol, Betasol, Gamasol und Deltasol genannt hatten, war das winzige Asgard, eine aus Eis und Methan beste-hende Kugel mit einem Gesteinskern. Dann kam Wal-halla, ein blauer Gigant aus Wasserstoff, Helium und Methan wie der Neptun. Der nächste Planet war der grüne Midgard, die Mizar-B-Version des irdischen Ura-nus, gefolgt von Vanaheim, dem größten Planeten des Mizar-Systems. Nur unwesentlich kleiner war der von zahlreichen Monden umkreiste Asagarth direkt am Rand des Asteroidengürtels, der die Bezeichnung Bifrost trug. Ragnarök, der sonnennächste kleine Planet, war von Mi-zar-B steril gegrillt worden. Was dem System fehlte, wie Karl erkannte, waren Terra und Venus vergleichbare Pla-neten, die den Terraformern die Wahl erheblich erleich-tert hätten.

Vor ihm lag die letzte der sieben Welten, sein Ziel, das die Siedler Isheimur getauft hatten – Eiswelt.

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Vermutlich war die Kolonie mit dem Hereinbrechen der Langen Nacht, dem eskalierenden Konflikt zwischen den beiden menschlichen Spezies, allmählich verdäm-mert. Auf der einen Seite die Terraformer, deren Ziel es war, fremde Welten so umzugestalten, dass sie für Menschen bewohnbar wurden, auf der anderen Seite die Pantropisten, die stattdessen die Menschen modifizieren wollten, um sie den für sie feindlichen Lebensbedingun-gen fremder Planeten anzupassen. Aus dem Streit der Parteien um ursprünglich einige wenige Sternensysteme war ein jahrzehntelang wütender Krieg geworden, der sich wie ein Virus immer weiter ausgebreitet hatte.

Nun, zwei Jahrhunderte später, hatte Karl nicht die geringste Ahnung, ob er Überlebende der alten Kolonie oder aber eine tote Welt vorfinden würde. Der Gedanke daran, wie ein Komet in die Atmosphäre des Planeten einzutreten, ließ seinen Mund trocken werden, aber zu-mindest würde seine Reise damit ihr Ende finden – so-fern er Isheimur nicht verfehlte und das Gel ihn während seines Fluges ins Innere des Mizar-Systems bei lebendi-gem Leib auffraß.

Tage und Wochen, vielleicht sogar Monate, vergingen er-eignislos. Karl hatte keinerlei Möglichkeiten, die Tage zu zählen. Er hätte die Funktionen seines internen Gefähr-ten aktivieren können, aber die geistlosen Apparaturen in seinem Körper erinnerten ihn zu sehr an das Schiff, und er musste die Energie für wichtigere Dinge aufspa-ren, wie zum Beispiel für die Ernährung des Lebenserhal-tungsgels.

Isheimur kroch immer näher, bis es schließlich sein ge-samtes Blickfeld ausfüllte und er blaue und graue Flecken am Äquator entlang sehen konnte. Manchmal verdeck-te es Mizar-B  – oder vielmehr Gamasol und Deltasol,

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wie er den Doppelstern mittlerweile wohl besser nennen sollte.

Soweit er wusste, hatte niemand jemals versucht, aus eigener Kraft nur mithilfe einer Hülle aus Lebenserhal-tungsgel auf einem Planeten zu landen, andernfalls hätte das Schiff ihm davon berichtet. Nein, dies war der erste Versuch, etwas in die Praxis umzusetzen, das bis dato nur theoretisch als durchführbar galt.

Trotzdem konnte er es kaum erwarten, den Beweis zu erbringen, denn er hatte sich immer noch nicht daran gewöhnen können, dass das Gel seine Körperfunktio-nen ersetzte, seine Ausscheidungen absorbierte und ihn durch intravenöse Infusionen mit nährstoffhaltiger Salz-lösung versorgte. Manchmal hatte er sogar das Gefühl, als würde er allmählich den Verstand verlieren.

Hätte er seinen Gefährten aktiviert, hätte der sein Ge-hirn direkt mit grundlegenden Informationen füttern können, aber das wäre nicht annähernd mit dem ver-gleichbar gewesen, was das Schiff für ihn getan hatte; manchmal schreckte er aus verworrenen Träumen hoch, in denen er glaubte, das Schiff noch immer zu ihm flüs-tern hören zu können. Manchmal weinte er, wenn er auf-wachte. Es schien ihm nicht richtig zu sein, dass er ein künstliches Gebilde schmerzlicher als seine eigenen Part-ner vermisste, aber er hatte mehr Zeit mit dem Schiff als mit den anderen verbracht.

Er fragte sich, was Karla gerade tat, wo und bei wem sie war. Obwohl er und sie eigentlich gleich sein sollten, war sie impulsiver als er. Würden sie und die anderen auf seine Rückkehr warten? Oder einen Ersatz für ihn aus der Retorte zaubern?

Schließlich spürte er die ersten Ausläufer der Atmo-sphäre Isheimurs an dem Lebenserhaltungsgel zupfen. Er drehte sich mit den Füßen voraus, sodass er auf der hier

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draußen kaum vorhandenen Lufthülle zu stehen schien. Die dünnen Gasschwaden, durch die er raste, begannen zu glühen. Er breitete die Arme aus und versuchte, der Atmosphäre so viel Widerstand wie nur möglich entge-genzusetzen. Obwohl sich das Gel um seine Füße herum und unter seinen Armen sammelte, um eine isolierende Schicht zu bilden, konnte er spüren, wie die Hitze all-mählich in seinen Körper kroch.

Karl bezweifelte, dass jemals irgendwer vor ihm ver-sucht hatte, mit den Füßen voran in die Atmosphäre eines Planeten einzutauchen und auch noch lebendig auf der Oberfläche anzukommen. Trotz der nahezu undurch-dringlichen Hülle aus Lebenserhaltungsgel hatte er das Gefühl, als würde er von gigantischen Händen zusam-mengequetscht und ein Schweißbrenner seine Fußsohlen malträtieren.

Das Brüllen der vorbeirauschenden Atmosphäre wurde lauter, lauter und immer lauter, bis die gesamte Welt nur noch aus ohrenbetäubendem Lärm zu bestehen schien. Die unsichtbaren Hände drückten immer stärker zu und ließen jeden Atemzug zu einer schier übermenschlichen Anstrengung werden. Als er schließlich das Bewusstsein verlor, war es eine Erlösung.

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UNVERKÄUFLICHE LESEPROBE

Colin Harvey

GestrandetRoman

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Heyne

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Mit der sicheren Landung fängt der Alptraum erst an Als Wissenschaftler Karl Allman mit seinem Raumschiff auf einem unbekannten Planetenstrandet, ahnt er nicht, dass er direkt in der Hölle gelandet ist. Schon bald wird er vonblutrünstigen Wilden gejagt, die es nicht nur auf seine Ausrüstung abgesehen haben. Doch ausdiesem Alptraum gibt es kein Entrinnen ...