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Grundlagen der Mathematik für Informatiker 1
2 Mengen, Relationen, Funktionen
2.1 Mengen
Definition 2.1 [Georg Cantor 1895]
Eine Menge ist eine Zusammenfassung bestimmter,
wohlunterschiedener Dinge unserer Anschauung oder unseres
Denkens, welche Elemente der Menge genannt werden, zu einem
Ganzen.
Mengen werden definiert:
extensional: durch Angabe aller Elemente (nur für endliche Mengen)
Beispiele: {0, 1, 2, 3},{{a}, {a, b}
}
intensional: durch Angabe einer die Elemente charakterisierenden
Eigenschaft
Beispiele: {x | x ist natürliche Zahl und x < 4},{y | E(y)
}
Grundlagen der Mathematik für Informatiker 2
Beispiel 1 (Weitere Beispiele von Mengen)
N = {0, 1, 2, . . .} Menge der natürlichen Zahlen
Z = {. . . ,−2,−1, 0, 1, 2, . . .} Menge der ganzen Zahlen
∅ = {x | x 6= x} = { } die leere Menge
Elementbeziehung
Element-Relation: x ∈ M
x ist Element der Menge M, x ist Element von M
x ist aus M
Negation von x ∈ M: x /∈ M
es ist nicht x ∈ M, x ist nicht aus M
Grundlagen der Mathematik für Informatiker 3
Mengengleichheit und -inklusion
Gleichheit: A = B :⇔ ∀x(x ∈ A ↔ x ∈ B)
x ist genau dann Element der Menge A, wenn
x Element von B ist
Inklusion: A ⊆ B :⇔ ∀x(x ∈ A → x ∈ B)
wenn x Element der Menge A ist, so ist x auch aus B
echte Inklusion: A ⊂ B, A ( B :⇔ A ⊆ B ∧ ∃x(x ∈ B ∧ x 6∈ A)
A ⊆ B und es gibt ein x ∈ B, welches nicht aus A ist
Satz 2.1 Es seien A, B,C Mengen.
1. Es gilt stets A ⊆ A.
2. Aus A ⊆ B und B ⊆ C folgt A ⊆ C.
3. Es gilt genau dann A = B, wenn sowohl A ⊆ B als auch B ⊆ A
erfüllt sind.
Grundlagen der Mathematik für Informatiker 4
Operationen für Mengen
Vereinigung: A ∪ B = {x| x ∈ A ∨ x ∈ B}
x ist genau dann Element der Menge A ∪ B, wenn
x Element von A oder von B ist
Durchschnitt: A ∩ B = {x| x ∈ A ∧ x ∈ B}
x ist genau dann Element der Menge A ∩ B ist, wenn
x aus A und aus B ist
Eigenschaft 2.2 1. Es gelten A ∩ B ⊆ A ⊆ A ∪ B und
A ∩ B ⊆ B ⊆ A ∪ B.
2. Aus A ⊆ C und B ⊆ D folgen A ∩ B ⊆ C ∩ D und
A ∪ B ⊆ C ∪ D.
3. Aus A, B ⊆ C und A, B ⊆ D folgt A ∪ B ⊆ C ∩ D.
Grundlagen der Mathematik für Informatiker 5
Hilfssatz 2.3 Die folgenden Beziehungen sind paarweise äquivalent:
A ∩ B = A, A ⊆ B und A ∪ B = B.
Satz 2.4 (Eigenschaften der Operationen ∩ und ∪ )
Es seien A, B,C Mengen. Dann gelten die folgenden Gleichungen:
A ∩ B = B ∩ A , A ∪ B = B ∪ A (Kommutativität)
A ∩ (B ∩ C) = (A ∩ B) ∩ C , A ∪ (B ∪ C) = (A ∪ B) ∪ C (Assoziativität)
A ∩ A = A , A ∪ A = A (Idempotenz)
Lemma 2.5 (Verschmelzungsgesetze) Es seien A, B Mengen. Dann
gelten die folgenden Gleichungen:
A ∩ (A ∪ B) = A und A ∪ (A ∩ B) = A.
Grundlagen der Mathematik für Informatiker 6
Satz 2.6 (Die Distributivgesetze) Es seien A, B,C Mengen. Dann
gelten die folgenden Gleichungen:
A ∪ (B ∩ C) = (A ∪ B) ∩ (A ∪ C) und
A ∩ (B ∪ C) = (A ∩ B) ∪ (A ∩ C)
Die Potenzmenge
Definition 2.2 Es sei M eine Menge. Die Menge {A : A ⊆ M} aller
Teilmengen von M heißt die Potenzmenge von M.
Sie wird mit 2M oder P(M) bezeichnet.
Beispiel 2 2∅ ={
∅}
2{∅} ={
∅, {∅}}
2{a,b} ={
∅, {a}, {b}, {a, b}}
Grundlagen der Mathematik für Informatiker 7
Das Komplement
Definition 2.3 Es seien M eine Menge und A ∈ 2M. Dann heißt
A := {x | x ∈ M ∧ x /∈ A}
das Komplement von A (in M).
Eigenschaft 2.7 A ist dasjenige Element X der Potenzmenge 2M, für
welches gleichzeitig die Bedingungen A ∩ X = ∅ und A ∪ X = M
gelten.
Satz 2.8 (DEMORGANsche Regeln) Es seien A, B ∈ 2M. Dann
gelten
A ∪ B = A ∩ B und A ∩ B = A ∪ B
Grundlagen der Mathematik für Informatiker 8
Weitere Mengenoperationen
Mengendifferenz A \ B := {x | x ∈ A ∧ x /∈ B}
symmetrische Differenz A ∆ B := (A \ B) ∪ (B \ A)
= (A ∪ B) \ (A ∩ B)
Es seien Mi ⊆ M.
unendliche Vereinigung⋃
i∈I
Mi :={x : x ∈ M ∧ ∃i(i ∈ I ∧ x ∈ Mi)
}
unendlicher Durchschnitt⋂
i∈I
Mi :={x : x ∈ M ∧ ∀i(i ∈ I → x ∈ Mi)
}
Grundlagen der Mathematik für Informatiker 9
2.2 Relationen
Es seien X,Y Mengen.
geordnetes Paar (x, y)(
oder [x, y])
Kreuzprodukt A× B := {(x, y) | x ∈ A und y ∈ B}
Eigenschaft 2.9 Es seien A, B,C,D Mengen. Dann folgt aus A ⊆ B
und C ⊆ D auch A× C ⊆ B× D. Weiter gelten
A× ∅ = ∅ × A = ∅
(A ∩ B)× (C ∩ D) = (A× C) ∩ (B× D)
(A ∪ B)× C = (A× C) ∪ (B× C)
A× (B ∪ C) = (A× B) ∪ (A× C)
(A \ B)× C = (A× C) \ (B× C)
A× (B \ C) = (A× B) \ (A× C)
Grundlagen der Mathematik für Informatiker 10
Mehrfaches Kreuzprodukt
Frage der Reihenfolge!
Unser Standard (für n ≥ 3):
A1 × A2 × · · · × An := A1 ×(A2 × (A3 × (. . .× An))
)
speziell: A1 × A2 × A3 × A4 := A1 ×(A2 × (A3 × A4)
)
Definition 2.4 Eine Teilmenge R von A1 × A2 × · · · × An heißt
(n-stellige) Relation über A1, . . . , An.
Gilt A1 = . . . = An = A, so sprechen wir auch von einer n-stelligen
Relation über A.
Grundlagen der Mathematik für Informatiker 11
Beispiel 3 (Datumsrelation)
A1 = Tag := {1, . . . , 31}
A2 = Monat := {1, . . . , 12}
A3 = Jahr := {1900, . . . , 2100}
Datum ⊆ Tag × Monat × Jahr
Beispiele: (29, 2, 2000) ∈ Datum , (29, 2, 1900) /∈ Datum
(31, 7, 2007) ∈ Datum , (31, 6, 2007) /∈ Datum
Beispiel 4 (die natürliche Ordnung der ganzen Zahlen ≤ )
≤ ⊆ Z × Z
Grundlagen der Mathematik für Informatiker 12
Eigenschaften zweistelliger Relationen
Definition 2.5 Es seien M eine Menge und R eine zweistellige
Relation über M.
Wir nennen die Relation R
reflexiv , falls für alle x ∈ M stets (x, x) ∈ R gilt,
symmetrisch , falls aus (x, y) ∈ R stets (y, x) ∈ R folgt,
transitiv , falls aus (x, y) ∈ R und (y, z) ∈ R stets (x, z) ∈ R folgt,
antisymmetrisch , falls aus (x, y) ∈ R und (y, x) ∈ R stets x = y
folgt.
Grundlagen der Mathematik für Informatiker 13
Äquivalenzrelationen
Definition 2.6 Es seien M eine Menge und ≈ eine zweistellige
Relation über M.
Wir nennen ≈ eine Äquivalenzrelation über M, falls ≈ reflexiv,
transitiv und symmetrisch ist.
Beispiel 5 Es sei M die Menge der Schüler einer Schule. Für
a, b ∈ M definieren wir a ≈ b gdw. a, b sind Schüler derselben Klasse.
Definition 2.7 Es sei M 6= ∅ eine Menge. Eine Teilmenge Z der
Potenzmenge 2M heißt Zerlegung (Klasseneinteilung) von M, falls
1.⋃
A∈Z A = M
2. A 6= ∅ für alle A ∈ Z und
3. A ∩ B = ∅ für alle A, B ∈ Z , A 6= B gelten.
Grundlagen der Mathematik für Informatiker 14
Definition 2.8 Es seien ≈ eine Äquivalenzrelation über M und
a ∈ M. Wir nennen
[a]≈ := {b | b ∈ M und a ≈ b}
die von a erzeugte Äquivalenzklasse .
Satz 2.10 Für jede Äquivalenzrelation ≈ über M ist die Menge aller
Äquivalenzklassen
Z≈ := {[a]≈ : a ∈ M}
eine Zerlegung von M.
Umgekehrt definiert für jede Zerlegung Z von M die Beziehung
a ≈ b gdw. es gibt ein A ∈ Z mit a, b ∈ A
eine Äquivalenzrelation über M.
Grundlagen der Mathematik für Informatiker 15
Halbordnungsrelationen
Definition 2.9 Es seien M eine Menge und � eine zweistellige
Relation über M.
Wir nennen � eine Halbordnungsrelation über M, falls � reflexiv,
transitiv und antisymmetrisch ist.
Beispiel 6 1. Ist M eine Menge, so ist die Relation ⊆ eine
Halbordnungsrelation über M = 2M.
2. ≤ ist eine Halbordnungsrelation über Z.
3. Die Teilbarkeitsrelation | ist eine Halbordnungsrelation über N.
Lemma 2.11 Ist � eine Halbordnungsrelation über M und ist
T ⊆ M, so ist die Einschränkung �T := � ∩(T × T ) von � auf T
eine Halbordnungsrelation über T .
Grundlagen der Mathematik für Informatiker 16
Definition 2.10 Es sei M eine durch � halbgeordnete Menge, und
es sei T Teilmenge von M. Wir nennen a ∈ M
minimales Element von T , falls a ∈ T und b 6≺ a für alle b ∈ T gilt.
Minimum von T , falls a ∈ T und a � b für alle b ∈ T gilt.
untere Schranke von T , falls a � b für alle b ∈ T gilt.
Infimum von T , falls a das Maximum der Menge
{b | b ∈ M und b ist untere Schranke von T } ist.
Supremum von T , falls a das Minimum der Menge
{b | b ∈ M und b ist obere Schranke von T } ist.
Folgerung 2.12 1. Jedes Minimum von T ist sowohl minimales
Element, untere Schranke als auch Infimum von T .
2. Ist eine untere Schranke von T Element von T , so ist sie
Minimum von T .
Grundlagen der Mathematik für Informatiker 17
Spezielle Operationen für zweistellige Relationen
Definition 2.11 Es seien R ⊆ A× B, S ⊆ B× C zweistellige
Relationen.
Verbindung
R ◦ S :={(a, c) | es gibt ein b ∈ B mit (a, b) ∈ R und (b, c) ∈ S
}
Umkehrrelation R−1 :={(b, a) | (a, b) ∈ R
}
Folgerung 2.13 R1 ◦ (R2 ◦ R3) = (R1 ◦ R2) ◦ R3
Folgerung 2.14 Eine zweistellige Relation R ⊆ A× A ist genau dann
symmetrisch, wenn R = R−1, und R ist genau dann transitiv, wenn
R ◦ R ⊆ R.
Grundlagen der Mathematik für Informatiker 18
Folgerung 2.15 Es seien R,R1,R2,R3 zweistellige Relationen über
einer Menge M. Dann gelten die folgenden Beziehungen.
Aus R1 ⊆ R2 folgen R1 ◦ R3 ⊆ R2 ◦ R3 und R−11
⊆ R−12
.
Aus R2 ⊆ R3 folgt R1 ◦ R2 ⊆ R1 ◦ R3 .
Aus R ⊆ R−1 folgt R = R−1 .
R1 ◦ (R2 ∪ R3) = (R1 ◦ R2) ∪ (R1 ◦ R3)
(R1 ∪ R2) ◦ R3 = (R1 ◦ R3) ∪ (R2 ◦ R3)
(R1 ∪ R2)−1 = R−1
1∪ R−1
2und (R1 ∩ R2)
−1 = R−11
∩ R−12
(R1 ◦ R2)−1 = R−1
2 ◦ R−11
Grundlagen der Mathematik für Informatiker 19
Definition 2.12 Es seien M eine Menge und R ⊆ M× M eine
zweistellige Relation über M.
Wir nennen R∗ die reflexive und transitive Hülle von R, falls R∗ die
kleinste reflexive und transitive Relation ist, die R umfasst. Wir nennen
R+ die transitive Hülle von R, falls R+ die kleinste transitive Relation
ist, die R umfasst.
Ferner seien IM :={(a, a) | a ∈ M
}, R0 := IM und Rn := R ◦ Rn−1
für n ≥ 1.
Lemma 2.16 Es sei eine Relation R ⊆ M× M gegeben. Für alle
n ≥ 0 gilt (m,m′) ∈ Rn genau dann, wenn es eine Folge c0, c1, ..., cnvon Elementen aus M mit c0 = m, cn = m′ und (ci, ci+1) ∈ R für
i = 0, ..., n− 1 gibt.
Satz 2.17 Es sei R ⊆ M× M eine Relation auf einer Menge M.
Dann gilt R+ =⋃
∞
i=1 Ri und R∗ =
⋃∞
i=0 Ri.
Grundlagen der Mathematik für Informatiker 20
2.3 Funktionen
Leonhard Euler (1755) : Eine Funktion benennt eine Abhängigkeit, die
„alle Arten, wie eine Größe durch eine andere bestimmt werden kann,
unter sich begreift“.
Definition 2.13 [Funktion]
Eine Relation R ⊆ A× B heißt eindeutig , falls aus (a, b1), (a, b2) ∈ R
stets b1 = b2 folgt.
Eine Relation f ⊆ A× B heißt (partielle ) Funktion bzw. Funktion
aus A in B, falls f eindeutige Relation ist.
Grundlagen der Mathematik für Informatiker 21
Definition 2.14 Es sei f ⊆ A× B eindeutige Relation.
Wir nennen f eine Funktion von A in B, falls der Definitionsbereich
dom( f ) = {a | a ∈ A ∧ ∃b(b ∈ B ∧ f (a) = b)}
mit A übereinstimmt.
Wir nennen f eine Funktion aus A auf B, falls der Wertebereich
ran( f ) = {b | b ∈ B ∧ ∃a(a ∈ A ∧ f (a) = b)}
mit B übereinstimmt.
Wir nennen f eine Funktion von A auf B, falls dom( f ) = A und
ran( f ) = B gelten.
Notation: f (a) = b für (a, b) ∈ f ,
f :⊆ A → B für f ist (partielle) Funktion aus A in B und
f : A −→ B für f ist (vollständig definierte) Funktion von A in B
Grundlagen der Mathematik für Informatiker 22
Definition 2.15 Eine Relation R ⊆ A× B heißt eindeutigumkehrbar , falls R−1 eine Funktion ist.
Folgerung 2.18 Eine Relation R ⊆ A× B ist genau dann eindeutig
umkehrbar, wenn aus (a1, b), (a2, b) ∈ R stets a1 = a2 folgt.
Definition 2.16 Wir nennen eine (partielle) Funktion f ⊆ A× B
eineindeutig , falls f eindeutige und eindeutig umkehrbare Relation ist.
Notation:
Bild einer Menge M ⊆ A: f (M) = { f (a) | a ∈ M}
Urbild einer Menge M′ ⊆ B: f−1(M′) = {a | f (a) ∈ M′}
Grundlagen der Mathematik für Informatiker 23
Andere Bezeichnungen:
Eine Funktion f :⊆ A −→ B heißt
injektiv, falls |{x : f (x) = y}| ≤ 1 für alle y ∈ B gilt,
d.h. f ist eineindeutig,
surjektiv, falls |{x : f (x) = y}| ≥ 1 für alle y ∈ B gilt,
d.h. f ist Abbildung auf B, und
bijektiv, falls |{x : f (x) = y}| = 1 für alle y ∈ B gilt,
d.h. f ist injektiv und surjektiv.
Bemerkung: Die Bezeichnungen injektiv, surjektiv und bijektiv
werden meist für vollständig definierte Funktionen benutzt.
Grundlagen der Mathematik für Informatiker 24
Hintereinanderausführung von Funktionen
Folgerung 2.19 Es seien f :⊆ A → B und g :⊆ B → C Funktionen.
1. Dann ist die Relation f ◦ g eine Funktion aus A in C, und es gilt
f ◦ g(a) = g( f (a)) für a ∈ dom( f ) ∩ f−1(dom(g)).
2. Sind darüberhinaus f und g eineindeutige Funktionen, so ist auch
f ◦ g eineindeutig.
3. Gelten f : A → B und f (A) ⊆ dom(g), so ist auch f ◦ g : A → C.
Bezeichnung: Die Menge aller Funktionen von A in B wird mit
BA bezeichnet :
BA := { f | f : A → B}
Grundlagen der Mathematik für Informatiker 25
n-stellige Funktionen
f :⊆ An → B
n-faches Kreuzprodukt
äqivalente Darstellungen
An = A× · · · × A︸ ︷︷ ︸
n-mal
oder
An = {g | g : {1, . . . , n} → A}
Folgerung 2.20 (Spezialfall) A0 = A∅ = {∅}