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Stahlbau Sonderdruck Elsterbrücke Osendorf – eine feuerverzinkte Verbundbrücke mit externer Bewehrung Günter Seidl Andreas Danders Frank Gunkel Dennis Rademacher Thomas Pinger 2 86. Jahrgang Februar 2017, S. 175-182 ISSN 0038-9145 A 6449

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StahlbauSonderdruck

Elsterbrücke Osendorf – eine feuerverzinkte Verbundbrücke mit externer Bewehrung

Günter SeidlAndreas DandersFrank GunkelDennis RademacherThomas Pinger

286. JahrgangFebruar 2017, S. 175-182ISSN 0038-9145A 6449

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3© Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin · Stahlbau 86 (2017), Heft 2, S. 175-182

Fachthemen

DOI: 10.1002/stab.201710462Günter SeidlAndreas DandersFrank GunkelDennis RademacherThomas Pinger

Elsterbrücke Osendorf – eine feuerverzinkte Verbundbrücke mit externer Bewehrung

Die Elsterbrücke Osendorf ist die erste Brücke in Deutschland, die in Verbundfertigteil-Bauweise mit Walzträgern in Beton (VFT-WIB) mit feuerverzinkter Stahltragstruktur aus-geführt wurde. Auf Grundlage von Forschungsprojekten konnte die Ermüdungsfestigkeit von dynamisch beanspruchten Stahlbauteilen beurteilt werden. Die gewählte Bauweise bietet sich in ihrer Konstruktionsart für eine Feuerverzinkung an. Ihre externe Beweh-rung aus halbierten Walzträgern ist arm an Eigenspannungen und mit Längen bis 16 m leicht in der Verzinkung zu handhaben. Im Projekt Brücke Osendorf zeigte sich die Wirt-schaftlichkeit der Feuerverzinkung im Hinblick auf Qualität, Kosten und Unterhalt.

Elster bridge near by Osendorf – a hot-dip galvanized composite bridge with external reinforcement. The viaduct over the river Elster next to Osendorf is the first bridge pro-ject using the VFT-WIB construction method in Germany with a hot-dip galvanized steel structure. The fatigue resistance of the steel structure under dynamic loads was already clarified on the basis of several research projects. The construction method is suitable to protect the steel by hot-dip galvanizing. The external reinforcement made out of halved rolled sections contains only a small ratio of residual stresses. The steel girders are easy to handle with a length up to 16 m. The Osendorf bridge project figures out the economic feasibility of the hot-dip galvanizing due to quality, costs, maintenance.

1 Einführung1.1 Anwendung der externen

Bewehrung mit Verbunddübelleiste im Brückenbau

Die Verbunddübelleiste stellt eine Weiterentwicklung der Perfobond-Leiste [1] und des Betondübels [2] dar. Eine erste Anwendung fand die Ver-bunddübelleiste im Brückenbau bei der Verbundbrücke für die Gemeinde Pöcking [3].

Es handelt sich bei der Verbund-dübelleiste um ein speziell zugeschnit-tenes Stahlblech bzw. -profil, das in einen Betonkörper zur Schubübertra-gung eingelegt wird. Die Schnittgeo-metrie des Stahldübels, die konstruk-tive Durchbildung und das Tragverhal-ten dieser Verbindung wurde im RFCS-Vorhaben „PrecoBeam“ [4] er-arbeitet und auf der Grundlage von nationalen Forschungsprojekten der FOSTA [5] zur Zulassung durch das Deutsche Institut für Bautechnik ge-bracht [6]. Sehr wirtschaftlich wird die Bauweise, wenn halbierte Walzprofile

eingesetzt werden, wobei diese über die Verbunddübelleisten in einen Be-tonsteg variabler Höhe eingebunden werden. Ist das Profil im Vergleich zur Fertigteilträgerhöhe gedrungen, spricht man von einer (T-förmigen) ex-ternen Bewehrung (vgl. Bild 1). In der Folge wurden verschiedene Bauwerke für die Straße und die Eisenbahn in

Deutschland und benachbarten Län-dern mit diesem Konstruktionsprinzip entworfen und gebaut. Ein Überblick findet sich in [7].

Im Stahlwerk wird der Träger mit der Form der Verbunddübelleiste hal-biert und entsprechend den Vorgaben aus der Planung überhöht. In der Re-gel wird noch in der Stahlanarbeitung der vollständige Korrosionsschutz auf-gebracht und die Träger zum Fertig- teilwerk transportiert, wo sie mit dem Betonfertigteil ergänzt werden. Nach einer Liegedauer von rund einem Mo-nat werden die Fertigteilträger in die Brücke eingehoben und das Bauwerk fertiggestellt. Dabei kommt es immer wieder zu Schäden am Korrosions-schutz der Stahlträger, die auf der Bau-stelle nicht mehr in der gleichen Qua-lität behoben werden können, wie sie der bereits aufgebrachte Korrosions-schutz hat. In der Folge werden Aus-besserungen dieser nachträglich sa-nierten Stellen unausweichlich. Diese Arbeiten gestalten sich oft schwierig und teuer, da die Fertigteilbauweise meist über unzugänglichen Verkehrs-

Bild 1. Visualisierung der Bauweise VFT-WIB aus Fertigteilträgern mit  externer BewehrungFig. 1. Visualization of the VFT-WIB construction method implementing  prefabricated girders with external reinforcement

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Unbearbeitete Kanten von Walz-profilen sind ebenfalls um eine Ka-tegorie auf den Kerbfall 140 abzu-mindern (Tabelle 1). Es wurde ferner festgestellt, dass die tatsächliche Dau-erfestigkeit mit größer werdender Zinkschichtdicke abnimmt. Da die Bemessungs-Wöhlerlinie nach Euro-code 3 in der Regel weit unter dieser Dauerfestigkeit liegt (vgl. Bild 2), hat dieser Umstand kaum praktische Rele-vanz, insofern die Zinkschichtdicken die üblichen Maße nicht überschrei-ten. In den durchgeführten Ermü-dungsversuchen waren Schichtdicken von bis zu ca. 400 µm vorhanden und unproblematisch.

ten abgeleitet [9]. Diese wurden durch experimentelle Untersuchungen an Kleinteilproben im direkten Vergleich unverzinkt – verzinkt und an bauteil-ähnlichen Prüfkörpern mit statisti-scher Auswertung entsprechend dem Nachweiskonzept des Eurocodes 3 gewonnen. Zwei dieser Details waren mit Wasserstrahl geschnittene Blech-kanten mit seichten Schnittriefen und Brennschnittkanten mit oberfläch-licher Entfernung der Brennriefen. Als Resultat der Auswertung aller Ver-suche konnte ein Abfall der Ermü-dungsfestigkeit um eine Kategorie von Kerbfall 125 auf Kerbfall 112 festge-stellt werden (Bild 2).

räumen zur Anwendung kommt. Um diese Folgekosten im Unterhalt zu mi-nimieren, ist es das Ziel, feuerver- zinkte Stahlträger auch bei der VFT-WIB-Bauweise einzusetzen.

1.2 Feuerverzinkte Bauteile unter dynamischer Beanspruchung

Die Feuerverzinkung ist im Hochbau seit Jahrzehnten als leistungsfähiger und dauerhafter Korrosionsschutz be-kannt. Der entscheidende Unterschied zwischen dem Brückenbau und dem vorwiegend ruhend beanspruchten Hochbau liegt in der zyklischen Belas-tung von Brücken durch den Verkehr, die einen Nachweis gegen Werkstoff-ermüdung nach EC 3-1-9 (DIN EN 1993-1-9 [8]) erforderlich werden las-sen. Dieser Nachweis erfolgt durch eine Einstufung der Konstruktion in Kerbdetails, die in der Norm entspre-chenden Kerbfällen zugeordnet sind. Die Norm sieht zwar keine Unter-scheidung hinsichtlich der Oberflä-chenzustände (verzinkt oder unver-zinkt) der Konstruktionsdetails vor, allerdings wurden die der Norm zu-grundliegenden Ermüdungsversuche in der Regel mit unverzinkten Probe-körpern durchgeführt. Somit fehlte bisher eine wissenschaftlich abgesi-cherte Bemessungsgrundlage zur Aus-führung verzinkter Brückentragwerke. Um den Nachweis auch für feuerver-zinkte Bauteile zu ermöglichen, wur-den in den letzten Jahren Forschungs-projekte durchgeführt und Kerbfälle gängiger Konstruktionsdetails für Brü-cken kleiner und mittlerer Spannwei-

Bild 2. Auswertung über alle Schwingversuche der Proben des Kerbfalls 125 [10]Fig. 2.  Evaluation of all SN tests of samples of the detail category 125 [10]

Tabelle 1. Auszug aus der Kerbfalltabelle für feuerverzinkten Stahl [9]Table 1.  Extract from table of detail categories for hot-dip galvanized steel [9]

Kerbfall Konstruktionsdetail Beschreibung Anforderungen

140

ANMERKUNG: Der Kerbfall 140 ist der höchst mögliche; kein Kerbfall kann bei irgendeiner Anzahl an Spannungsschwingspielen eine höhere Ermüdungsfestigkeit erreichen

Bleche und Flachstähle mit gewalzten/gefrästen Kanten

Scharfe Kanten, Oberflächen- und Walz-fehler sind durch Schleifen zu beseitigen und ein nahtloser Übergang herzustellen.

112 maschinell brenn- oder wasser-strahlgeschnittener Werkstoff mit seichten und regelmäßigen Brennriefenmaschinell brenn- oder wasser-strahlgeschnittener Werkstoff der Schnittqualität entspre-chend EN 1090

Einspringende Ecken sind durch Schleifen (Neigung ≤ ¼) zu bearbeiten oder durch einen entsprechenden Spannungskonzen-trationsfaktor zu berücksichtigen. keine Ausbesserungen durch Verfüllen mit Schweißgut

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2.2 Fertigung und Baudurchführung

Die externe Bewehrung wurde aus zwei Profilen HD320 × 300 der Stahl-sorte S355ML mit einer Länge von je-weils 20,38 m hergestellt. Bei der Stahlauswahl wurde auf die Verzink-barkeit geachtet, die in der Regel durch die Einhaltung folgender Spezi-fikation für den Silizium- und Phos-phorgehalt gegeben ist: 0,14 ≤ Si ≤ 0,35 und P ≤ 0,035 Gewichtsprozent. Zu-sätzlich ist der Gehalt von Aluminium auf unter 0,03 % zu begrenzen.

Die Profile wurden zunächst mit einem Brennschnitt in Klothoiden-form (vgl. [6]) im ArcelorMittal Anar-beitungszentrum Eurostructures hal-biert (Bild 6). Die Träger wurden mit dem Stichmaß von 1,08 m überhöht und die Schnittflächen der Stahldübel beschliffen (Bild 7). Anschließend wurden Stirnplatten und Steifen sowie Abtropfbleche angeschweißt, wobei die für die Verzinkung notwendigen Öffnungen bzw. Freischnitte direkt

cke über die Weiße Elster wurde als einfeldriges Rahmenbauwerk mit ei- ner Stützweite von 21,00 m konzipiert und stellt den idealen Einsatzbereich für die VFT-WIB-Bauweise dar (Bild 4). Der Brückenquerschnitt be-steht aus zwei VFT-WIB-Trägern, die mit einer Ortbetonplatte ergänzt wur-den.

Um die Abflussparameter der Weißen Elster und die Zwangspunkte aus der Gradiente im Anschluss an den Bestand einzuhalten, erforderte die Gesamtsituation eine sehr schlanke Konstruktion. Die Konstruk-tionshöhe beträgt in Brückenmitte 0,70 m und am Widerlager 1,40 m. Bei einer Stützweite von 21,00 m ergeben sich Schlankheiten von l/30 bzw. l/15.

Die Gründung des Bauwerks er-folgt als Tiefgründung mit je fünf Bohr- pfählen ∅ 90 cm und Längen von 7,50 m. Die sich an die Gründungs-pfähle anschließenden Widerlager wurden mit schrägen bzw. senkrech-ten Flügeln ausgebildet (Bild 5).

2 Brücke Osendorf2.1 Entwurf und Ausschreibung

Das Brückenbauwerk BR 086 befindet sich in Sachsen-Anhalt südöstlich von Halle in dem Ortsteil Osendorf. Es überführt einen Wirtschaftsweg im Zuge der Wilhelm-Grothe-Straße über die Weiße Elster. Der Wirtschaftsweg bildet die Zufahrt zum Naturschutz-gebiet „Burgholz“ im Überschwem-mungsgebiet der Saale-Elster-Aue. Der Querschnitt auf dem Bauwerk wurde mit einer Fahrbahnbreite von 3,50 m und Gehwege von 0,75 m bei einer Gesamtbreite von 4,50 m zwischen den Geländern ausgebildet (Bild 3). Im Bauwerksbereich ist der Wirt-schaftsweg im Grundriss gerade tras-siert.

Der Neubau ersetzt einen drei-feldrigen Überbau aus dem Jahr 1950. Aufgrund der einzuhaltenden Hoch-wasserabflusswerte musste das neue Bauwerk ohne Mittelpfeiler entwor- fen werden. Die Wirtschaftswegbrü-

Bild 3.  Querschnitt mit zwei VFT-WIB-TrägernFig. 3.  Cross-section implementing two VFT-WIB girders

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bau durchzuführen. Ein Verzug bzw. eine Veränderung der Überhöhung wurden durch das Verzinken nicht festgestellt. Zudem wurde die Zink-schichtdicke an allen Trägern auf die Einhaltung des Minimums von 200 µm für eine theoretische Schutz-dauer von bis zu 100 Jahren kontrol-liert. Die minimal erreichten Schicht-dicken an den vier Walzprofilen wur-den jeweils an den Flanschunterseiten mit ca. 350 µm gemessen. An den Oberseiten wurden auch größere Schichtdicken mit bis zu 600 µm er-reicht. Die Schnittflächen der Dübel-geometrie hatten signifikant geringere

die Träger dann den üblichen Vorbe-handlungsprozess von der Entfettung über die Beize (Bild 8) bis zum Trock-nungsofen. Im Anschluss erfolgte das eigentliche Verzinken (Bild 9) gemäß DASt-Richtlinie 022 [12]. Die vorge-sehenen Stellen für die Baustellen-Stumpfstöße wurden zuvor mit einem speziellen Abdecklack vor der Zink-annahme geschützt.

Sowohl vor dem Verzinken als auch nach dem Abkühlen (Bild 10) wurden die Träger vermessen, um Ab-weichungen in der Überhöhung zu erkennen und, falls erforderlich, Maß-nahmen zur Korrektur vor dem Ein-

vorgesehen wurden. Aus Transport-gründen und wegen der begrenzten Länge des Zinkkessels wurden die Träger in der Länge geteilt, so dass insgesamt vier T-förmige Profile ent-standen. Diese Längen können am Stück verzinkt werden, da die in Deutschland flächendeckend verfüg-baren Maximallängen der Verzin-kungskessel von etwa 16 m eingehal-ten wurden. Jedes Profil erhielt zwei Löcher ∅ 25 mm in den Stahldübel als Aufhängemöglichkeit für den Verzin-kungsbetrieb.

Im Verzinkungsbetrieb Voigt & Schweitzer in Landsberg durchliefen

Bild 4. Ansicht und Längsschnitt Verbundrahmenbrücke mit 21 m Stützweite und hochgesetzten Widerlagern auf Bohr-pfählenFig. 4. View and longitudinal section of the composite frame bridge with 21 m span and abutments on bored piles

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Bild 5.  Grundriss der Brücke OsendorfFig. 5.  Ground view of Osendorf Bridge

Bild 6.  Schneiden des Walzprofils in zwei T-Profile mit KlothoidendübelFig. 6.  Cut of the rolled section into two T-profiles with clothoidal shaped steel dowels

Bild 7.  Detailaufnahme der Dübel am überhöhten WalzprofilträgerFig. 7.  Close up of the dowels and the pre-cambered rolled section

Bild 8.  Beizen der Träger: Die Stelle des Baustellenstoßes ist mit Abdeck-lack maskiertFig. 8.  Pickling of the girders: The welding joint is coated by a covering lacquer

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und ökologische Vorteile über eine Lebensdauer von 100 Jahren bietet und der erste Korrosionsschutz die rechnerische Nutzungsdauer einer Brücke überdauern kann. Positive Er-fahrungen mit der Verzinkung im Brü-ckenbau liegen bereits von Anwen- dungen im Ausland, z. B. in den USA, und von einem aktuellen Projekt einer konventionellen Stahlverbundbrücke für eine Wirtschaftswegüberführung über einen Erweiterungsabschnitt der BAB A 44 in Hessen vor. Hierbei han-delte es sich um ein integrales Bau-werk mit feuerverzinkten Schweiß-trägern und darüber liegender Beton-platte.

Die Elsterbrücke Osendorf ist nun die erste uneingeschränkt durch Straßenverkehr nutzbare Brücke, die in VFT-WIB-Bauweise mit feuerver-zinkter Stahltragstruktur ausgeführt wurde (Bild 13). In diesem Bauwerk werden die ökonomischen und ökolo-gischen Vorteile der VFT-WIB-Bau-weise mit denen der Feuerverzinkung kombiniert und führen daher zu ei- nem extrem wirtschaftlichen Bauwerk mit geringem Unterhaltsaufwand.

Die Nutzung von Walzprofilen mit klarer Geometrie und ohne auf-wändige Schweißverbindungen ist be-sonders vorteilhaft für den späteren Verzinkungsprozess. Während die Schnittflächen bei aus Blechen zusam- mengesetzten Trägern nach dem ther-mischen Schneiden aufwändig mecha-

Schweißnähte planeben geschliffen und die Flächen im Abstand von ca. 110 mm um den Stumpfstoß mit Ober-flächenvorbereitungsgrad Sa3 ge-strahlt. Anschließend wurde eine Spritzverzinkung aus dem Werkstoff ZnAl15 auf die gestrahlten Flächen und einige Millimeter überlappend bis auf die Feuerverzinkung aufgebracht. Die Überlappungsflächen der Feuer-verzinkung wurden zuvor gesweept. Als Abschluss wurde eine dünnflüssige Versiegelung zum Verschließen der Poren der Spritzverzinkung appli- ziert.

3 Erfahrungen und Bewertung

Umfassende Forschungen in den letz-ten Jahren zeigen, dass die Feuerver-zinkung von Stahlbauteilen in Brü-ckenkonstruktionen wirtschaftliche

Schichtdicken. Da die Schnittflächen am fertigen Träger komplett im Beton liegen, hat dies keine negativen Aus-wirkungen auf die Dauerhaftigkeit im Hinblick auf Korrosion.

Nach dem Transport zur Bau-stelle (Bild 11) wurden die vier halben Profile mit einem Einzelgewicht von ca. 1,7 t in die vorbereitete Schalung gehoben (Bild 12). Das Schweißen der Stumpfstöße erfolgte nach kompletter Ausrichtung der Profile in der Scha-lung. Vor dem Schweißen der Doppel-V-Naht wurden die Rückstände des Beschichtungsstoffes restlos entfernt und sichergestellt, dass kein Zink im Stoßbereich anhaftet.

Die Ausführung des Korrosions-schutzes im Bereich der Montage-schweißstöße orientierte sich an dem in [9], [11] entwickelten Verfah-ren. Nach dem Schweißen wurden

Bild 9. Verzinkung der TrägerFig. 9.  Galvanizing of the girders

Bild 10. Verzinkte Träger beim AbkühlenFig. 10.  Cooling of the galvanized girders

Bild 11. Verladene Träger zum Trans-port auf die BaustelleFig. 11.  Mounted girders on the way to the construction site

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tum, da die chemische Zusammenset-zung im Steg und in den Flanschen einheitlich ist. Bei Verwendung von unterschiedlichen Werkstoffen sollte auf möglichst ähnliche chemische Zu-sammensetzungen innerhalb der in [13] angegebenen Grenzen geachtet werden, da ansonsten signifikante Ab-weichungen in Erscheinungsbild und Zinkschichtdicke auftreten können.

Neben der durch den Zinküber-zug zu erwartenden sehr langen, war-tungsfreien Lebensdauer der Stahl-komponenten zeigen sich auch im Bauablauf die Vorteile der gewählten Bauweise. Die sehr hohe Robustheit der Feuerverzinkung widersteht den üblichen im Zuge des Transportes und der Montage auftretenden mechani-schen Belastungen, ohne dass Beschä-digungen auftreten. Dadurch muss der Bauablauf nicht, wie häufig bei organi-schen Beschichtungssystemen, infolge notwendiger Reparaturarbeiten am Korrosionsschutzsystem unterbro-chen oder verzögert werden. Somit unterstützt die Verwendung verzink- ter Stahlkomponenten einen der we-sentlichen Vorteile der Verbundbau-weise mit Fertigteilen im Hinblick auf kurze Bauzeiten.

Literatur

[1] Deutsches Institut für Bautechnik: Zulassungsbescheid Perfobond-Leiste, Zulassungsnummer Z-26.1-23, Berlin, 22.07.1991.

[2] Wurzer, O.: Zur Tragfähigkeit von Be-tondübeln. Dissertation, Institut für Konstruktiven Ingenieurbau, Universi-tät der Bundeswehr, München, 1997.

[3] Schmitt,  V.,  Seidl,  G.,  Hever  M., Zapfe, C.: Verbundbrücke Pöcking – In- novative VFT-Träger mit Betondübeln. Stahlbau 73 (2004), H. 6, S. 387–393.

[4] Seidl, G., Viefhues, E., Berthellemy, J., Lorenc, W. et al.: Prefabricated endur-ing composite beams based on innova-tive shear transmission (PrecoBeam). Final Report RFSR-CT-2006-00030, European Commission, Brussels 2011.

[5] Feldmann, M., Gündel, M., Kopp, M., Hegger, J., Gallwoszus, J., Heinemeyer, S., Seidl, G., Hoyer, O.: Neue Systeme für Stahlverbundbrücken – Verbundfer-tigteilträger aus hochfesten Werkstof-fen und innovativen Verbundmitteln. FOSTA – Forschungsvereinigung für Stahlanwendung, Endbericht For-schungsvorhaben P804, Düsseldorf, 2012.

[6] Deutsches Institut für Bautechnik: Allgemeine bauaufsichtliche Zulassung

Walzprofile erfahren keinen ein-seitigen Verzug durch Schweißeigen-spannungen von beispielsweise Hals-kehlnähten in Längsrichtung. Bei Schweißträgern ist besonderes Augen-merk auf die spannungsarme Ferti-gung zu richten, z. B. durch das Pilger-schrittverfahren als Festlegung im Schweißfolgeplan. Zudem haben Walzprofile nach dem Feuerverzinken eine optisch homogene Erscheinung durch gleichmäßiges Schichtwachs-

nisch nachgearbeitet werden müssen, damit eine ausreichende Zinkan-nahme möglich ist, ist dies bei der Ver-wendung von Walzprofilen nicht er-forderlich. Insbesondere bei der VFT-WIB-Bauweise sind somit keinerlei besondere Maßnahmen für die Feuer-verzinkung erforderlich, da die einzi-gen Schnittflächen später im Beton liegen, wo auch ganz ohne Feuerverzinkung keinerlei Gefahr von Korrosion besteht.

Bild 12.  Einheben der Stahlträger in die Schalung (Foto: OST Bau)Fig. 12.  Placing of the steel girders into the formwork (photo: OST Bau)

Bild 13.  Feuerverzinkte VerbundträgerFig. 13.  Galvanized composite girders

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Autoren dieses Beitrages:Dr. Günter Seidl,SSF Ingenieure AG,Schönhauser Alle 149,10435 Berlin,[email protected]

Dipl.-Ing. Andreas Danders,SSF Ingenieure AG,Schillerstraße 46,06114 Halle/Saale,[email protected]

Dipl.-Ing. Frank Gunkel,Stadt Halle,Abteilung Straßen- und Brückenbau,Am Stadion 5,06122 Halle/Saale,[email protected]

Dipl.-Ing., SFI/IWE Dennis Rademacher,ArcelorMittal Europe – Long Products,66, rue de Luxembourg,4221 Esch-sur-Alzette,Luxembourg,[email protected]

Dr.-Ing. Thomas Pinger,ZINQ Technologie GmbH,An den Schleusen 6,45881 Gelsenkirchen,[email protected]

verzinkten Baustahls bei zyklisch bean-spruchten Konstruktionen. Stahlbau 84 (2015), H. 1, S. 2–9. DOI: 10.1002/stab.201510225

[11] Ungermann, D., Rademacher, D., Oechsner, M., Simonsen, F., Friedrich, S., Lebelt, P.: Feuerverzinken im Brü-ckenbau – Teil 2: Zum Einsatz der Feuer verzinkung als lebenslangen Kor-rosionsschutz für den Brückenbau. Stahlbau 84 (2015), H. 2, S. 119–123. DOI: 10.1002/stab.201510227

[12] Deutscher Ausschuss für Stahlbau: DASt-Richtlinie 022, Feuerverzinken von tragenden Stahlbauteilen, Düssel-dorf: Stahlbau Verlags- und Service GmbH, 2016.

[13] Ungermann, D., Rademacher, D., Pinger, T., Hechler, O.: Entwurfshilfe zum Einsatz von feuerverzinkten Bau-teilen im Stahl- und Verbundbrücken-bau. bauforumstahl Nr. B 505, Januar 2016.

Z-26.4-56 „Verbunddübelleisten“, Ber-lin, 13.05.2013.

[7] Seidl, G., Stambuk, M., Lorenc, W., Kolakowski, T., Petzek, E.: Wirtschaft-liche Bauweisen im Brückenbau – Bau-weisen mit Verbunddübelleisten. Stahl-bau 82 (2013), H. 7, S. 510–521. DOI: 10.1002/stab.201310072

[8] DIN EN 1993-1-9: Bemessung und Konstruktion von Stahlbauten – Teil 1-9: Ermüdung, Berlin: DIN Deutsches Institut für Normung e.V., 2010.

[9] Ungermann, D., Rademacher, D., Oechsner, M., Landgrebe, R., Adel-mann, J., Simonsen, F., Friedrich, S., Lebelt, P.: Feuerverzinken im Stahl- und Verbundbrückenbau. IGF-No. 351/ZBG, Endbericht FOSTA P835, Düsseldorf, 2014.

[10] Ungermann, D., Rademacher, D., Oechsner, M., Simonsen, F., Friedrich, S., Lebelt, P.: Feuerverzinken im Brü-ckenbau – Teil 1: Zum Einsatz feuer-

ssf-ing.deVFT Bauweise VFT-WIB Bauweise

Entwicklung mit SSF

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