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115 20 Jahre Jazzclub Wittlich e.V. Hildegard Adams Mit dieser kleinen Anzeige am 1. September 1993 im Trierischer Volksfreund begann die Erfolgsgeschichte des Jazzclubs Wittlich e.V. Die zündende Idee zu diesem Vorhaben kam von dem in Wittlich geborenen Maler und Graphiker Tony Munzlinger und dem Jazzpianisten Christoph Adams. Es galt eine spürbare Lücke im kulturellen Leben der Stadt zu schließen, die Musik- sparte Jazz erstmals offiziell im Kulturangebot zu präsentieren und so das Musikan- gebot der Stadt um eine neue Variante zu bereichern. Die Stadt wollte das Kulturangebot privatisieren und regte an, entsprechende Ver- eine zu gründen. So wurde der Jazzclub ins Leben gerufen. In der gut besuchten Gründungsversammlung am 2. September 1993 im Hotel Deutsches Haus wurde Alwin Reitz zum ersten Vorsitzenden gewählt, der den Witt- licher Jazzfreunden als Veranstalter sonntäglicher Jazz-Frühschoppen im damali- gen Canapee seit längerem bekannt war. Bereits einen Monat später konnte der Jazzclub sein erstes Meeting mit internatio- nal bekannten Künstlern ausrichten, von denen zu unserem 20jährigen Jubiläum wieder herausragende Musiker - wie John Taylor, Palle Danielsson, der Sänger Jeff Cascare und die Band „Triode“ um den Franzosen Francois Barnoud - unsere Einladung gerne angenommen haben. Dr. Martin Möller schrieb nach dem ersten Jazzmeeting im TV am 26.10.1993: „ Will sich die Verwaltung nicht völlig aus der städtischen Musikkultur zurückziehen, dann muss För- derung des Jazz auch bedeuten: Suche nach einem Ver- anstaltungsort, der günstige Bedingungen und damit dauer- hafte Resonanz bietet. In dieser Hinsicht steht die Wittlicher Kulturpolitik vor einer wichtigen Aufgabe.“ Das war vor 20Jahren, und noch heute warten wir auf einen geeigneten Veranstaltungsort in der Innenstadt. Der engen Freundschaft mit Tony Munzlinger verdanken wir unser Logo. Die von ihm entworfene saxophonblasen- de Katze ist zu unserem Markenzeichen geworden und wird Foto der Anzeige Logo von Katze

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20 Jahre Jazzclub Wittlich e.V.Hildegard Adams

Mit dieser kleinen Anzeige am 1. September 1993 im Trierischer Volksfreund begann die Erfolgsgeschichte des Jazzclubs Wittlich e.V.

Die zündende Idee zu diesem Vorhaben kam von dem in Wittlich geborenen Maler und Graphiker Tony Munzlinger und dem Jazzpianisten Christoph Adams. Es galt eine spürbare Lücke im kulturellen Leben der Stadt zu schließen, die Musik-sparte Jazz erstmals offiziell im Kulturangebot zu präsentieren und so das Musikan-gebot der Stadt um eine neue Variante zu bereichern.

Die Stadt wollte das Kulturangebot privatisieren und regte an, entsprechende Ver-eine zu gründen. So wurde der Jazzclub ins Leben gerufen.

In der gut besuchten Gründungsversammlung am 2. September 1993 im Hotel Deutsches Haus wurde Alwin Reitz zum ersten Vorsitzenden gewählt, der den Witt-licher Jazzfreunden als Veranstalter sonntäglicher Jazz-Frühschoppen im damali-gen Canapee seit längerem bekannt war.Bereits einen Monat später konnte der Jazzclub sein erstes Meeting mit internatio-nal bekannten Künstlern ausrichten, von denen zu unserem 20jährigen Jubiläum wieder herausragende Musiker - wie John Taylor, Palle Danielsson, der Sänger Jeff Cascare und die Band „Triode“ um den Franzosen Francois Barnoud - unsere Einladung gerne angenommen haben.

Dr. Martin Möller schrieb nach dem ersten Jazzmeeting im TV am 26.10.1993: „ Will sich die Verwaltung nicht völlig aus der städtischen Musikkultur zurückziehen, dann muss För-derung des Jazz auch bedeuten: Suche nach einem Ver-anstaltungsort, der günstige Bedingungen und damit dauer-hafte Resonanz bietet. In dieser Hinsicht steht die Wittlicher Kulturpolitik vor einer wichtigen Aufgabe.“Das war vor 20Jahren, und noch heute warten wir auf einen geeigneten Veranstaltungsort in der Innenstadt.

Der engen Freundschaft mit Tony Munzlinger verdanken wir unser Logo. Die von ihm entworfene saxophonblasen-de Katze ist zu unserem Markenzeichen geworden und wird

Foto der Anzeige

Logo von Katze

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weit über Deutschlands Grenzen hinaus als Garant für gute Musik angesehen.2002 schrieb Gerhard Kluth im Trierischen Volksfreund: “Die Katze ist bekannt wie ein bunter Hund“.

In den 20 Jahren seines Bestehens konnte der Jazzclub Wittlich eine unglaubliche Vielfalt an musikalischen Persönlichkeiten und individuellen Stilen einem interes-sierten und begeisterten Publikum vorstellen.Einige begnadete Künstler sind schon von uns gegangen: der großartige Pianist Mal Waldron, letzter Begleiter von Billie Holiday - Meeting 1998 - (gest. am 4.12.2002), der Bassist Jimmy Woode, der dem Orchester von Duke Ellington angehörte – Meeting 1997 und 2002 – (gest. 23.4.2005), der charismatische Schlagzeuger Paul Motian, ehemals Drummer des legendären Bill-Evans-Trios - 1997 u. 1999 (gest. 22.11.1011). Wer das Glück hatte diese Ausnahmemusiker bei uns zu hören, wird sie nie vergessen. Wir sind dankbar und stolz, dass sie bei uns zu Gast waren.

Alle großen Musiker aufzuzählen, die bei uns gespielt haben, würde diesen Rahmen sprengen. Hier eine kleine Auswahl der legendären Pianisten: Achim Kaufmann, Jasper Van’t Hoff (1994), Joachim Kühn, Mal Waldron, Rita Mercotulli (1996), Dado Moroni, Paul Bley, Enrico Pieranunzi, Wolfgang Dauner, Hans Lüdemann, Richie Beirach,( der unter tosendem Ap-plaus im Saal Kaienburg verkündete:“ Isch bin ein Wittlicher“), Geri Allen, Bobo Stenson, Bob Degen, Cedar Walton, Makiko Hirabayashi, Paul Kuhn, Ha-rold Lopez-Nussa und viele andere.Auch an herausragende Schlagzeuger möchte ich erinnern: u.a. Paul Motian, Steve Arguelles, Al Fos-ter, Joey Baron, Adam Nussbaum, Alvin Queen und die Percussionistin Marilyn Mazur, Trilok Gurtu, Billy Hart, und der gerade bei uns aufgetretene Alfonso Garrido.

Paul Motian Jimmy Woode

Gästebucheintrag Mal Wadron

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Umjubelte Blasinstrumentalisten sollen nicht vergessen werden: u.a. Kenny Wheeler, Charlie Mariano, Albert Mangelsdorf, Klaus Doldinger, Dewey Redman, Chris Potter, Nicolas Simion, Abraham Burton, Nils Wogram, Paolo Fresu, Roy Har-grove, Dusko Goykovich, Gerd Dudek, Christoph Lauer, Rolf Kühn, Nils Wogram, Dave Liebman, Michel Godard, Rosario Giuliani; Jan v. Klewitz, Florian Menzel vom trio’68.

Bands, die Begeisterungstürme her-vorriefen: als Höhepunkt zum 5jährigen Jubiläum spielte die siebenköpfige All Star Band „Roots“, eine Besetzung, die sich wie ein Jazzlexikon liest: die Saxophonis-ten: Arthur Blythe, Nathan Davis, Ben-ny Golson, Chico Freeman, dazu Kirk Lightsey am Piano, Buster Williams am Bass und der Drummer Ed Thigpen – ein unvergesslicher Abend!

Nils Wogram

Joey Baron

Kölner Saxophon Mafia

Paolo Fresu

All Star Band „Roots“

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Ein weiterer Höhepunkt 1997 war das Konzert von Paul Motian’s Electric Bebop Band mit den Saxophonisten Chris Potter und Chris Cheek, den Gitarristen Kurt Rosenwinkel und Steve Cardenas und Steve Swallow am Bass, der in diesem Jahr mit Carla Bley zum 20jährigen Jubiläum in die Synagoge kommt.

Wer erinnert sich noch an die kubanischen Stimmenzauberer „Vocal Sampling“, sechs Männer, die den Gesang quasi als orches-trale Kunstform in die lateinamerikanische Musik einführten, und den Saal Kaienburg 1998 zum Kochen brachten? Die Presse schrieb damals: “Feuer aus Cuba brannte lichterloh“.

Im gleichen Jahr verzauberte die portu-giesische Vokalatistin Maria Joao ihr Pub-likum. Die Presse schrieb: „Betörend und sinnlich...die Portugiesin Maria Joao fesselt mit Stimme...Maria Joao ist pure Energie.“

Einen besonderen Leckerbissen bot 1999 das achtköpfige „Latin Jazz & Salsa Or-chetra“ des Pianisten Eddie Palmieri aus Puerto Rico, der das Publikum mit seinen karibischen Rhythmen zum Tanzen brachte bis der Saal Kaienburg an die Grenzen seiner Kapazität stieß. Auch zu unserem diesjährigen Jubiläum wird der Salsakö-nig uns mit seinem „Latin Jazz Septet“ einen feurigen Abend bescheren.

In Zusammenarbeit mit den Moselfestwochen und dem Kulturamt der Stadt Wittlich fand im September 2000 ein Gipfeltreffen deutscher Jazzgrößen in der Synagoge statt. Die „OLD FRIENDS“ sind sechs Musiker, die zu den berühmtesten Wegbe-reitern der deutschen Jazzszene zählen: der Posaunist Albert Mangesldorf, Saxo-phonist Klaus Doldinger, Eberhard Weber am Bass, der Pianist Wolfgang Dauner, Manfred Schoof, Trompete und Wolfgang Haffner am Schlagzeug.Im gleichen Jahr brillierte der zu den weltbesten Jazz-Gitarristen zählende John Abercrombie im Saal Kaienburg. Zusammen mit dem Violonisten Mark Feldman, Dan Wall an der Hammondorgel und dem Drummer Adam Nussbaum sorgten sie dafür, dass der Auftritt im ausverkauften Saal Kaienburg nachhaltig in Erinnerung bleiben dürfte.

Erwähnenswert ist natürlich auch der zweimalige Auftritt des European Jazzensem-bles 1998 im Saal Kaienburg und das grandiose Geburtstagskonzert zum 20jähri-gen Bestehen der Kölner Saxophonmafia 2001.

In Erinnerung rufen möchte ich auch das Renaud Garcia-Fons Quintet (2001) und Richard Galeano mit seinem Trio.

„Vocal Sampling“

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Auch das viel umjubelte Konzert des Senkrecht-starters am internationalen Trompetenhimmel Roy Hargrove 2002 im restlos ausverkauften Saal Kaienburg wird vielen in bleibender Erinnerung sein.

Das 10 jährige Wittlicher Jazzmeeting zeichnete sich durch hochkarätige Musiker (Geri Allen Trio, Roberta Gambarini Quartet mit Jimmy Woode)und eine Performance von Tony Munzlinger aus, der an den drei Abenden während der Konzerte das große Wandbild entstehen lässt , das jetzt im Hotel Lindenhof hängt, und das er dem früheren Vorsitzenden Christoph Adams gewidmet und ge-schenkt hat, was er auf dem Bild unten links köst-lich dokumentiert hat.

Es sollte das letzte Meeting in der liebgewonnenen Kaienburg sein. Jazz im Saal Kaienburg, das war Jazz zum Anfassen: knirschender Holzboden, dicke Rauch-schwaden und eine provisorische Bühne, auf der Jazzgrößen kaum einen halben Meter vom Publikum entfernt musizierten. Vielleicht hatte gerade diese drangvolle Enge den besonderen Reiz der Wittlicher Konzerte ausgemacht. Die erste Reihe saß fast auf der Bühne. Die Musiker stolperten über Beine und Jacken, wenn sie in die Pause wollten. Jeder war wortwörtlich hautnah dabei, erlebte wie Jazz aus dem Moment geboren wird. „Ein großartiges Publikum mit sehr viel Gefühl und ein Saal, in dem die Zeit ste-hen geblieben ist“ sagt Jimmy Woode 1997. Und der Saxophonist Chico Freeman schwärmte: “Eine Superakustik mit toller Clubatmosphäre“.Ein Hauch von Weltstadtflair umwehte damals die Stadt.

Roy Hargrove

Geri Allen und Jimmy Woode bei Kaienburgs Tony Munzlinger

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Nur noch vier Konzerte konnten wir vor der Schließung im liebgewonnenen Haus Kaienburg veranstalten. Danach mussten wir uns eine neue Bleibe suchen.

Das war nicht einfach. Wir sind dem Hotel Lindenhof sehr dankbar, dass wir hier eine neue Spielstätte gefunden haben. Die gute Zusammenarbeit mit der Hotel-leitung, die unterschiedlichen Räumlichkeiten - sei es Restaurant, Gaststätte oder Biergarten - waren für uns ein erfreulicher Neubeginn.

2003 fand das Jazzmeeting erstmals im Hotel Lindenhof statt. An drei Tagen spiel-ten Weltklasse-Bands: Die Jazzlegende Dusko Goykovich: 5 Horns and Rhythm, das Trio Ivoire mit Hans Lüdemann, Aly Keita von der Elfenbeinküste am Balaphon, und der Percussionist Steve Arguelles und am dritten Tag das Chris Potter Trio. Der musikalische Erfolg war vorprogrammiert, aber um die Akzeptanz der neuen Spielstätte mussten wir noch eine zeitlang kämpfen.

2004 tanzten die 14 Musiker des San Ra Arkestra mit ihren farbenprächtigen afri-kanischen Kostümen im vollbesetzten Saal des Hotels Lindenhof. Sie trieben ihre Instrumente zu ungeahnter Virtuosität. „Das ist so wunderbar anarchisch, so herr-lich unzivilisiert, dass imPublikum alle Reserven schmelzen und die Begeisterung überschäumt.“ (Martin Möller, Trierischer Volksfreund). Auch zum Meeting 2006 unter dem Motto - Köln Connection - „klatschten die Jazz-

Abschied Jazzclub aus Haus Kaienburg (Gästebuch 2003)

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freunde laut Beifall für die gelungenen Auftritte. Manche mögen gar nicht mehr nach Hause gehen, freuen sich, dass endlich wieder Jazzmusik in de Stadt zu hören gibt“ (TV. Kluth)Das ist verständlich, denn im Jahr 2005 konnten wir aus finanziellen Gründen kein Jazzmeeting durchführen. Leider ruhte danach das Meeting bis zu unserem diesjährigen Jubiläum, das an zwei Wochenenden im Oktober stattfindet (nähere Informationen: www.jazzclub-wittlich.de). Es soll aber wieder eine feste Größe im Konzertkalender werden.

Im letzten Jahr kam mit Paul Kuhn eine swingende Klavierlegende in die Säubren-nerstadt. Er ist einer der charismatischsten Musiker und Entertainer der deutschen Nachkriegszeit. „ Es war ein famoser Jazzabend, der stark von Humor und Charis-ma des 84jährigen lebte“. (TV, Anke Emmerling). Mit tosendem Beifall und Standing Ovations erklatschten sich die Zuhörer noch Zugaben.

Circa 300 Zuschauer ließen sich dieses Ereignis nicht entgehen, immer neue Stühle mussten he-rangeschleppt werden. (Das wünschen wir uns auch für unser 20jähriges Jubiläum).

Einige herausragende Veranstaltungen konnten wir in die Synagoge verlegen. Dabei müssen wir bei der Auswahl der Instrumentalisten sehr behut-sam vorgehen. Leise Töne sind hier angesagt.1999 wagten wir „Pantomime und Jazz“ mit dem weltbekannten Mimen Milan Sladek, dem Bassis-ten Ali Haurand und Jiri Stivin an Quer- und Picco-loflöte, Klarinette und Saxophon.Die Besucher erinnern sich sicher noch an diese Orgie aus Farben und Musik. Milan Sladek ließ auf dem Fußboden der Bühne mit großen Pinseln und seinen Füßen auf einer drei mal drei Meter großen Unterlage einen weiblichen und einen männlichen Akt entstehen. Danach war Body-Painting ange-sagt und Sladek mutierte vor den Augen des Pub-

Paul Kuhn

Originalunterschri f t aus Gästebuch

Milan Sladek während der Performance

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likums zu einem farbenprächtigen Wesen. Mit stehenden Ovationen bedankte sich das Publikum bei dem großen Mimen und den Musikern.

Einen musikalischen Hochgenuss bot 2001 auch das Modern String Quartett, ein-zigartig und faszinierend. Als Grenzgänger zwischen Klassik und Jazz hoben sie mit Leichtigkeit die Grenze auf, die zugemauert scheint: zwischen Klassik und Jazz!

2010 brachten die überragenden Virtuosen des belgischen Ensemble SOLEDAD den Tango Nuevo und Leidenschaft in Noten in die Synagoge.

Einen außergewöhnlichen Jazzabend be-scherte uns die brasilianischen Harfenis-tin Cristina Braga, die ihrem Instrument Klänge entlockte, die man so noch nie von einer Harfe gehört hatte. Die Zuhörer, des fast ausverkauften Konzertes bedankten sich mit stehenden Ovationen.

Für die Wittlicher Kulturtage haben wir in diesem Jahr das „Galeano Projekt“ prä-sentiert „Jazzmusik vom Allerfeinsten in Verbindung mit Literatur im stimmungsvol-len Ambiente der Synagoge. Das Ergebnis ist ein...Highlight für das Publikum“ (TV 15.04.13), das die Künstler mit stehenden Ovationen verabschiedet.

2008 versuchten wir eine neue Spielstätte: das Casino in der Friedrichstrasse. Ein-geladen hatten wir den amerikanischen Jazzpianisten Cedar Walton mit seinem Quartett. Die Presse titelte: „Weltklasse-Jazz unterm Kronleichter – ein in jeder Hinsicht gelungener Abend....Ein Volltreffer – zumal auf dem Podium mit dem Ce-dar Walton Quartet ein Spitzenensemble musizierte, dessen Namen allerorts die Säle füllt.....Wer nicht da war, hat was verpasst“. (TV, Eva-Maria Reuther). Auch in diesem Jahr wird unser erstes Konzert mit dem Soul-Sänger Jeff Cascaro, der sich mit seinem Debut-Album „Soul of a Singer“ an die Spitze katapultiert hat, im Casino stattfinden.

v.l.n.r. Ali Haurand, Mlian Sladek, Jiri Stivin

Modern String Quartett

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Für zwei Benefizkonzerte stellte uns das damalige Textilhaus Freckmann seinen schönen Innenhof zur Verfügung.Christoph Adams, der damalige Vorsitzende des Jazzclubs, brachte mit seinem Freund, dem Gitarristen und Sänger Eduardo Villegas 2001 eine der besten Latin-Dance-Bands der Berliner Szene „La Nota“ nach Wittlich.Der Erlös kam der „Initiative Künstler für Kinder-JETZT e.V. “ zugute, die Eduardo Villegas gegründet hat, eine menschliche, unbürokratische, schnelle Hilfe für Kinder, die in Not leben.Ganz speziell sollten die an diesem Abend gespendeten Beträge für den Bau einer Vor- und Musikschule für Straßenkinder in San José de Barlovento/ Venezuela ver-wendet werden. Die Organisation stellte sich als schwieri-ger heraus als wir angenommen hatten. Ohne große Vorkenntnisse für ein solches Unterfangen stürzten wir uns in dieses Pro-jekt. Unser Ehrgeiz war es, eine möglichst große Geldspende übergeben zu können.Wir organisierten eine Tombola, viele Un-ternehmen aus Wittlich und Umgebung, viele Geschäfts- und Privatleute öffneten ihre Herzen und vor allem ihr Portemonaie, so dass wir am Ende einer fröhlichen und lauen Sommernacht einen beträchtlichen Betrag an Eduardo Villegas übergeben konnten.

Die Musikschule wurde gegründet und mit tatkräftiger Hilfe u.a. von Eduardo Vil-legas und Christoph Adams, die beide beim Bau dieser Schule vor Ort mit Hand anlegten.

Scheckübergabe

Innenhof Textilhaus Freckmann

Junge Schüler der Musikschule beim Konzert in Wittlich

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Zwei Jahre später konnten acht Schüler mit ihren Musiklehrern und dem Leiter der Band, Eduardo Villegas, in Berlin auf dem Gendarmenmarkt vor vielen tausend Zu-hörern ihr Können zeigen und kamen dann nach Wittlich, um sich mit ihrem Spiel bei uns zu bedanken. Die wahren Stars an die-sem Abend waren die jungen Schüler der Musikschule. Sie konnten zeigen, was sie gelernt hatten, und dass ihnen die Musik im Blut steckt. Leider zeigte sich das Wet-ter nicht von seiner schönen Seite. Das tat aber weder der Stimmung noch dem Erfolg des Abends einen Abbruch. Der Regen wurde gar nicht wahrgenommen. Dicht gedrängt und nass bis auf die Haut tanzten die Leute bis in den frühen Morgen und freuten sich an den lateinamerikanischen Rhythmen. Der Abend wurde ein voller Erfolg. Die ausgelassene und großherzige Stimmung dieser beiden Benefizkonzerte ist bestimmt noch vielen Be-suchern in bester Erinnerung.

Ein weiterer Spielort, der von den Zuhörern sehr geschätzt wird, ist der Biergar-ten im Hotel Lindenhof, wo wir unsere Open-Air-Konzerte veranstalten und bei schlechtem Wetter in den Saal wechseln können. Mit diesen Open-Air-Konzerten, die sich großer Beliebtheit erfreuen, beschließt der Jazzclub seine jährliche Kon-zertsaison.Der erste Versuch machte 2007 die 7-köpfige Band „Bossa No Piano“ mit brasilia-nischer Musik aus ihrer Blütezeit. Die Presse schrieb: „ Christoph Adams setzt sich bezüglich seiner Vielfalt keine Grenzen. Der gebürtige Wittlicher Bandleader prä-sentiert sich als Sänger, Instrumentalist, Improvisator, Komponist, Arrangeur und Percussionist auf höchstem Niveau.“ Im darauffolgenden Jahr begeisterte die kolumbianische Sängerin Claudia Gomez mit ihrer traumhaften Altstimme ihre Zuhörer. „ein großes Erlebnis, bei dem der Wittlicher Club einer Sängerin eine Bühne bot, von der man hoffentlich noch viel hören wird“. (TV 1.07.08)

2011 konnten wir mit der Berlinerin Lisa Bassenge eine weitere Sängerin gewin-nen, die Jazz mit deutschen Texten lässig servierte. Trotz kurzen Regenschauern und sinkenden Temperaturen hat sie ihr Publikum begeistert, und das dankt ihr unter Regenschirmen mit viel Applaus.Im letzten Jahr ging das Zittern um die Wettersituation weiter. Das trio’68 des Pi-anisten Christoph Adams, erweitert durch zwei Bläser, war angekündigt. Anrufe zu den Wetterstationen, ein Bangen und Zittern - machen wir das Konzert draußen oder im Saal - ein hin und her, bis wir uns schließlich am Nachmittag bei Son-nenschein für den Biergarten entschieden. Eine fatale Fehlentscheidung, was sich schon nach dem dritten Musikstück zeigte. Plötzlich brauste ein Sturm mit Blitzen, Donner, Hagel und einem Platzregen herein. Die Zuschauer flüchteten, Musiker

Der junge Pianist Cesar

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und Techniker retteten ihr Equipment, und alle fanden sich mehr oder weniger tropf-nass im Saal des Hotels wieder, manche in Decken gehüllt, manche fuhren kurz nach Hause, um sich von den nassen Kleider zu befreien. Das alles aber tat dem Vergnügen der Zuhörer keinen Abbruch. Innerhalb von 30 Minuten gelang eine lo-gistische Meisterleistung und das Konzert konnte im Saal des Hotels fortgesetzt werden. Treibender Bebop, temperamentvoller Latin, etwas Blues, alles Eigenkompositio-nen des Pianisten, teils mit ironisch kritischen Texten über Zweierbeziehungen oder gesellschaftliche Missstände gesanglich vorgetragen, goutierte das Publikum mit viel Applaus. Auch in diesem Jahr wird unser Open-Air-Konzert wegen des ausbleibenden Som-mers ein Open-Saal-Konzert werden. Für eine erhöhte Temperatur im Saal werden Peter Fessler und seine Musiker schon sorgen.

Wittlicher BühneMusik

- made in Wittlich -

So kündigten wir 1996 die neue Konzertreihe an und baten die Presse den folgen-den Text zu veröffentlichen:

„Der Jazzclub Wittlich e.V. hat sich u.a. zum Ziel gesetzt, einheimischen, kreativen Musikern die Möglichkeit zu geben, sich und ihre Musik zu präsentieren. Deshalb soll im März ’96 ein erstes Konzert im Saal Kaienburg stattfinden. Beabsichtigt ist es, diese Konzerte gegebenenfalls regelmäßig in das Programm der Jazzclubs aufzuneh-men.“Beim ersten Konzert waren zwei Formatio-nen zu hören: das „Village-Acustic-Duo“ mit Rudi - „Face” – Becker (harm, voc, git) und Uwe Eichhorn (voc, git) und die Grup-pe „Groove Merchant“ u.a. mit den Sa-

xophonisten Matthias Ambrosius und Andreas Steffens. Im gleichen Jahr spielte die legendäre Band „Blues Abroad” mit Uli Pohl und Thomas Schöfer. Ein weiterer Höhepunkt war der Auftritt der Klarinettistin Anne Kaftan 2002 in der Kaienburg und 2010 im Café am Markt.

Daraus ist eine Erfolgsgeschichte geworden, die bis heute anhält. Seit 1997 prä-sentiert sich die Wittlicher Bühne immer am 2. Weihnachtstag, früher in der Kai-enburg, einige Male im Haus der Jugend, und seit einigen Jahren ist das Cafe am Markt zum festen Domizil geworden. Viele der aufgetretenen Künstler haben als Profi-Musiker eine erfolgreiche Karriere gemacht.

„Village-Acustic-Duo“

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In den 20 Jahren seines Bestehens ist es dem Club gelungen, die Jazzelite in die Säubrennerstadt zu bringen. Hochkarätige Solisten, deren Namen in jedes Jazzle-xikon gehören, ließen den Jazz lebendig werden. Zu verdanken ist dies vor allem dem vielseitigen, ehrenamtlichen Engagement des Jazzclubs, der durch seine weitreichenden Kontakte die Jazzelite zu erschwingli-chen Preisen in die Provinz locken kann. Die vielen Tage, Wochen, ja Monate, die der Vorstand in diese Arbeit einfließen lässt, kann nicht hoch genug eingeschätzt werden und verdient Wertschätzung.

Und es sind die privaten Beziehungen und persönlichen Freundschaften, die die herzliche Atmosphäre zwischen den Musikern und dem Jazzclub prägen. Die gute Betreuung der Künstler durch das Hotelpersonal und das kenntnisreiche, begeis-terte Publikum tragen sehr zum Gelingen der Veranstaltungen bei. Dafür danken wir von Herzen.

Man muss für sein Engagement brennen, denn nur mit Freude und Leidenschaft für dieses Ehrenamt lässt sich das Flair der Musik und deren Protagonisten einfangen.

Der Journalist Gerhard Kluth schrieb am 19.10.2002 in der Zeitung Trierischer Volksfreund, dass Wittlich mit dem Jazzclub „nicht irgendeinen Club von Musiklieb-habern hat, sondern einen Kulturträger erster Güte, der nicht nur hervorragende Musiker nach Wittlich holt, sondern ein ausgezeichneter Werbeträger für die Stadt darstellt.“ – Danke für dieses Lob!