2012 09 05 Medikamentenallergie - inflammatio.de · Patient Tagebuch-Nr. Geburtsdatum Versicherung:...
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Medikamentenallergien-
Ein unterschätzter Trigger bei chronischen Entzündungen
5. September 2012, 15.00 Uhr
Dr. Volker von BaehrInstitut für Medizinische Diagnostik MVZ GbR, Berlin
Institut für Medizinische Diagnostik Berlin, Nicolaistraße 22, 12247 Berlin �+49 3077001-220, [email protected]
Herausforderung Arzneimittelallergie
- jedes Medikament kann allergische Reaktionen auslösen(auch die Nicht-verschreibungspflichtige Präparate)
- Allergien sind für ca. ¼ aller unerwünschten Arzneimittel-wirkungen verantwortlich (Merk, 2003)
- schwere, prolongierte und tödliche Verläufe möglich
- alle 4 Allergietypen nach Coombs und Gell können auftreten
- nicht immer „Allergie-typische“ Symptome„ drug induced diseases can mimic practically every naturally
occuring clinical disease“A. Goldberg, Textbook of adverse drug reactions, 1985
Anaphylaxie
Hepatitis (erhöhte Transaminasen) und Nephritis
Interstitielle Pneumonie
Unterschiedlichste Haut- und Schleimhautmanifestationen
Gastritis/Kolitis (auch leaky gut)
Vaskulitis mit Befall sämtlicher Organe einschließlich zentralem und peripherem Nervensystem
Goodpasture-Syndrom
Granulozytopenien, Lymphozytopenien, Anämie
Nur ca. 1/3 sind mit Hautmanifestationen assoziiert (Merk 2003)
Symptome der Arzneimittelallergie
Nicht jede Unverträglichkeit ist eine Allergie!
Nicht jede Allergie ist durch IgE vermittelt!
Es gibt 4 Typen der Allergie !
Typ I - Reaktion vom Sofort-Typ„Heuschnupfen-Typ“
Auslösung:
Medikament →→→→ IgE MastzellenBasophile
Histamin(u.a. Mediatoren)
Entzündung
Erkrankungen
Atemwegserkrankungen
Anaphylaktische Reaktionen
Atopische Dermatitis
Allergische Rhinitis „Heuschnupfen“Allergisches Asthma
Insektengifte, HausstaubmilbenantigeneMedikamente NahrungsmittelChemische Substanzen
Typ II – IgG-oder IgM-vermittelte Reaktion
Zytotoxischer Typ
Auslösung
IgG bindet an Medikamenten-modifizierte Zelloberfläche
Komplementaktivierung Zytolyse
Erkrankungen
Blutgruppen-Divergenz Transfusionszwischenfälle
Rhesusfaktor-Divergenz M. haemolyticus neonatorum
Medikamenten-bedingte autoimmune hämolytische Anämie
Medikamenten-bedingte Agranulozytose
Typ III – IgG-vermittelte ReaktionImmunkomplex-Typ
Auslösung:
IgG-MedikamentImmunkomplex-AblagerungKomplementaktivierung
Entzündung,Zell- und Gewebeschädigung
Erkrankungen
Vaskulitis (z.B. systemischer Lupus erythematodes, oft Medikamenten-bedingt)
Glomerulonephritis
Arthritis
Alveolitis (Vogelzüchterlunge, Farmerlunge)
Typ IV – T-Zell-vermittelter Typ„Spättyp“
Auslösung
MedikamentPräsentation durch MakrophagenAktivierung allergenspezifischerT-LymphozytenZytokinproduktion
EntzündungGewebeschädigung
Erkrankungen
Kontakt-Dermatitis auf Kontaktallergene
Medikamentenallergien
Metall- und Acrylatallergien
viele Berufsallergien
Medikamentenallergie?
Im Labor kann die Sensibilisierung alsGrundlage für die Diagnosestellung nachgewiesen
werden.
AllergenspezifischeT-Zelle
Klonale Aktivierung
Zytokinsekretion
Proliferation
Gewebeschaden
SystemischeEntzündung
Typ IV Spät-Typ-Allergie
Typ I Sofort-Typ Allergie
KomplexeAllergene(MG > 6 KDa)
AllergenspezifischeIgE-Antikörper
Ausschüttung vasoaktiver Mediatoren(z.B. Histamin) innerhalb von Sekunden bis Minuten
Haptene CD4
CD4 CD4
CD4
CD4
CD4CD4
Die Klinik entscheidet ......
Typ I-Sofort-Reaktion Typ IV-Spät-Reaktion
IgE-vermittelt oderPseudoallergie (Flush, Urtikaria, Quaddel,Anaphylaxie)
Beginn: < 10 Minuten – 2h
T-Zell-vermittelt (Ekzem oder systemische Manifestationen u.a. Hepatitis)
Beginn: nach Stunden/ Tagen
Spezifisches IgE oderBasophilen-Degranulationstest(BDT)
Lymphozytentransformationstest (LTT)
IgE / Pricktest oder LTT ?
Lymphozytentransfomationstestzum Nachweis einer
zellulären Sensibilisierung auf Medikamente (Typ IV-Spätreaktion)
1. Gewinnung der Lymphozyten und Monozyten aus Heparinblut durch Dichtegradientenzentrifugation
2. Überführung von 1,2 x 106/ml vitalen Zellen in eine Zellkulturplatte (3-fach)
Lympho-/Monozyten
Erythro- und Granulozyten
Serum
3. Zugabe von Testantigen (Medikamente)
Der Lymphozytentransformationstest (LTT)
Tag 0 „ruhende T-Zellen“
4. Inkubation für 6 Tage, 37°C, 5%CO2
6. Messung der DNA-Neusyntheseim Beta-Counter
5. Quantifizierung der antigeninduziertenDNA-Neusynthese durch Bestimmung des 3H-Thymidin-Einbaus
Ergebnis nach 6 Tagen
Keine Sensibilisierung
Sensibilisierungnachgewiesen
Klonal proliferierte antigen-spezifische T-Lymphozyten
In den 2008er Empfehlungen des Robert-Koch-Institutes wird derLTT auf Medikamente uneingeschränkt empfohlen (Kat. 1A)
Quelle: Bundesgesundheitsblatt 2008;51
Kasuistik: Medikamentenallergie
32 j. Patientin wegen eitriger fieberhafter Bronchitis Penicillin oral
nach 48 h Exanthem, Übelkeit und Pruritus
Patient Tagebuch-Nr. Geburtsdatum Versicherung: Kasse
2501221 Kennziffer OI/II/III: 0
Eingang 05.11.02 Ausgang 06.11.02 Vorbefunde 0
Untersuchung/Material: **Allergiediagnostik
Ärztlicher Befundbericht Vielen Dank für Ihre Überweisung.Wir haben folgenden Befund erhoben:
RAST (spezifisches IgE)
< 0,35 KU/L < 0,35
Normalwert
c10 Penicillin G
< 0,35 KU/L < 0,35c20 Penicillin V
< 0,35 KU/L < 0,35c61 Erythromycin
< 0,35 KU/L < 0,35c204 Amoxicillin
Der Nachweis von spezifischem IgE gegen Medikamente liefert nur selten brauchbare Ergebnisse.
Leitlinie DGAI 2006 – JDDG, Vol4.
Patient Tagebuch-Nr. Geburtsdatum Versicherung: Kasse
3028574 Kennziffer OI/II/III: 0
Eingang 07.02.02 Ausgang 16.02.02 Vorbefunde 0
Untersuchung/Material: **Lymphozytentransformationstest Profil - Medikamente (Heparinblut)
Patient Kontrollproband
Penicillin1:20 6,8 1:20 1,1
1:100 5,7 1:100 1,0
1:500 5,1 1:500 1,0
Penicillin V Stada1:20 5,7 1:20 1,0
1:100 5,3 1:100 0,9
1:500 4,5 1:500 1,0
Zocor forte1:20 1,1 1:20 0,9
1:100 1,2 1:100 0,9
Basalwert 1369 cpm PPD 18,6 SI PWM 19,2 SI
Die basale Zellproliferationsrate von < 3000 und Stimulationsindizes von > 10 bei den Positivkontrollen sichern die Auswertbarkeit der Untersuchung.
Ärztlicher Befundbericht
Die angegebenen Werte neben den Balken sind die Stimulationsindizes (SI) für das Medikament (Mittelwert von Mehrfachansätzen), das in 3 Verdünnungsstufen getestet wird. Die Ergebnisse sind als Balken zusätzlich dargestellt. Der Stimulationsindex ist der Quotient aus der medikamenteninduzierten- und der unstimulierten Thymidineinbaurate (Leerwert in cpm). Ein SI > 3 bedeutet eine mehr als dreifache Aktivierung im Vergleich zum Leerwert und beweist die Existenz von zirkulierenden spezifischen T-Zellen im Patientenblut (positives Ergebnis, zelluläre Sensibilisierung). Ein SI < 2 gilt als sicher negativ. Ergebisse zwischen 2 und 3 sind als grenzwertig anzusehen (schwache bzw. fragliche Sensibilisierung), die ggf. kontrolliert werden sollten.
Befund:
Im LTT Nachweis einer Sensibilisierung im Sinne einer Typ IV-Immunreaktion gegenüber Penicillin.
Vielen Dank für Ihre Überweisung.Wir haben folgenden Befund erhoben:
Fall 2Makulopapulöses Exanthem
Patient 45. Jahre, m
Amoxicillin (3 x 500 mg)bei Bronchitis
Exanthem ab Tag 6
Stop AmoxicillinTopische SteroideAntihistaminika 6 d
Patient Tagebuch-Nr. Geburtsdatum Versicherung: Kasse0
2564565 0
Eingang 03.05.06 Ausgang 11.05.06 0
Untersuchung/Material: Lymphozytentransformationstest Profil - Medikamente (Heparinblut)
Patient Kontrollproband
Amoxicillin SI SI
1:50 3,8 1:50 1,0
1:250 6,5 1:250 1,0
1:1000 6,5 1:1000 1,0
Cefuroxim1:50 1,0 1:50 1,0
1:250 1,0 1:250 1,0
1:1000 1,0 1:1000 1,0
Ärztlicher Befundbericht Vielen Dank für Ihre Überweisung.Wir haben folgenden Befund erhoben:
Stimulationsindizes < 3 beim einem parallel getesteten gesunden Kontrollprobanden schließen eine unspezifische Aktivierung durch das aufgearbeitete native Medikament weitestgehend aus.
Histologie: Makulopapulöses Exanthem bei Penicillinallergie, deutlicheLymphozytäre Infiltration in Epidermis und Dermis ......
Bei der Urtikaria gibt es keine zelluläre Infiltration
Basophilen-Degranulationstest (BDT)
Synonyme: Basophilen-Aktivierungstest (BAT) CAST-Test, Leukotrien-Release-Test
Test für die Typ I-Allergie (IgE)
Alternative zum spezifischen IgE wenn dieses nicht automatisiert im CAP-Test (RAST) verfügbar ist.
Gewinnung vonBasophilen aus Patientenblut durch Dichtegradienten-zentrifugation
Priming der Basophilenmit Interleukin-3 zurErhöhung der Test-empfindlichkeit
Nach ZentrifugationBestimmung der Leukotriene im Überstand,Wert > 200 pg/ml bedeutetSensibilisierung Typ I
10 Min 40 Min
Übertrag von1,2 x 106
Zellen
Ficoll
IL3
Zugabe der Testallergene(z.B. Medikamente)
Basophilen-Degranulationstest (CAST-Methodik)
Zu testende Medikamente müssen als geblisterte Tablette oder Ampulle zusammen mit dem Blut ins Labor geschickt werden.
Ausnahme: Standardallergene (Wirkstoffe) die im Labor verfügbar sind(Liste unter „Literatur zur Online-Fortbildung“)
Die positive Reaktion auf Metronidazol-Präparate verschiedener Hersteller spricht für eine Allergie auf den Wirkstoff
PricktestIgE-spez.
Basophilen-Degranulationstestes
Medikament ggf. mit einsenden (Tablette, Ampulle)(Wirkstoffe z.T.auch als Standardallergene vorhanden)
Medikamentenunverträglichkeit
WirkstoffbedingteNebenwirkung
Allergie auf den Wirkstoffoder (selten) galenische Füll-substanzen
Typ I Typ II Typ III Typ IV
BlutbildZytopenie
Keine spez. Allergiediagnostik
Vaskulitis(evtl. IgG´s)
Epikutantest
LTT
2 ml EDTA-Blutje Präparat
LTT-Abnahmesetsim Labor anfordern
Die Kosten für den LTT, BDT und die
spezifische IgE-Bestimmung werden für
die Fragestellung -Medikamentenallergie-
von den Gesetzlichen Krankenkassen
übernommen.
Abacavir-Hypersensitivitäts-Reaktion (HRS)
Abacavir: zur Behandlung bei HIV-InfektionenHandelsname: Ziagen (Nukleosid-Analoga RT-Hemmer - NRTI)
nach Einnahme von Abacavir:systemisches Geschehen, ausgeprägtes Krankheitsgefühl
Kopfschmerz
Hautbeteiligung (70 %)
Fieber (80 %)
gastrointenstinale Symptome (Übelkeit, Erbrechen, Diarrhoe)
respiratorische Symptome (Atemnot, Husten, Halsschmerzen)
Abgrenzung von grippalem Infekt oder Magen-Darm-Infektion oft sehr schwierig !
Eine HSR kann tödlich enden, wenn sie nicht rechtzeitig erkannt wird !
Die Abacavir-Hypersensitivität ist eng assoziiert mit HLA-B*57:01
In der kaukasischen Population haben Träger des HLA-Merkmals B*57:01 ein 170fach erhöhtes Risiko, eine HSR zu entwickeln.