2012-11_noemi-nadelmann

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20 SCHWEIZER ILLUSTRIERTE event. I opern-gala I Sie gehört zu den erfolg- reichsten Opernstars der Schweiz. Sie ist Zürcherin mit Herz und Blut. Noëmi Nadelmann im Gespräch. Zu Hause in Zürich: Noëmi Nadelmann wohnt in der Limmatstadt gleich an der Limmat. Viva Verdi 13.–15. Dezember Hallenstadion Zürich Die Zürcher Opernsängerin Noëmi Nadelmann «Eine Arie kann man nicht säuseln» Sie treten zu Verdis 200. Geburtstag mit der Gala «Viva Verdi» im Hallenstadion auf. Was ist reizvoll daran, Verdi zu singen? Für mich als Sängerin ist interessant, dass Verdi sehr viele verschiedene Stile bedient. Da gibt es den süssen, lieblichen Verdi mit den Koloraturen und den hohen Tönen wie im ersten Akt der Traviata. Daneben gibt es den dramatischen, schweren Verdi wie in der Aida. Das öffnet uns Künstlern viele Opti- onen, unterschiedliche Charaktere zu zeigen. Wann haben Sie in Ihrem Leben zum ers- ten Mal Verdi gesungen? An der Hochschule der Künste in Zürich. Während meinem Studium habe ich mich schon mit der Sterbeszene in der Traviata aus- einandergesetzt. Die ist sehr spannend, da sie eine Passage enthält, in der gesprochen wird. Kommt ein Werk zu Ihnen, oder nähern Sie sich dem Werk? In der Regel bekomme ich Angebote für Enga- gements über meine Agentur. Bei Arien- abenden kann ich meistens mit dem Dirigenten gemeinsam bestimmen, welche Arien ich singe. Jetzt treten Sie im Hallenstadion auf. Grosse Kulisse, viele Effekte. Kommt da das Singen nicht zu kurz? Nein. Denn die Inszenierung ist ja nur für die Musik gemacht. Sie hilft, die Musik zu erle- Wir wollen Menschen, die sich scheuen, eine ganze Aida zu schauen, die Oper näher bringen. ’’ ben. Wir wollen die Leute dazu bringen, sich für einen Moment zu vergessen und voll auf- zugehen in Geschichte und in Musik. Wie singt es sich für Sie mit Mikrofon? Eigentlich nicht anders als ohne. Eine Arie kann man nicht säuseln. Wir haben darum auch spezielle Mikrofone, die eine starke Stimme auspegeln können. Aber der Ge- samtklang ist natürlich abhängig von einem Tontechniker. Und ich weiss, dass da nur die besten am Werk sind. Oper im Hallenstadion. Ist das – mit Ver- laub – nicht «Perlen vor die Säue»? «Viva Verdi» ist ja keine eigentliche Oper, sondern eine Show mit Opern-Highlights. Man sollte das nicht mit der kompletten Auf- führung einer Oper vergleichen. Im Gegen- teil: Es ist ein eigenes Genre, das dazu dient, Menschen, die sich sonst vielleicht eher scheuen, sich eine ganze Aida anzuschauen, auf unterhaltende Weise und dennoch quali- tativ höchstem Niveau die Oper näher zu bringen. Das Hallenstadion kennen die Leute schon von anderen Konzerten, daher nimmt es ihnen vielleicht die Hemmschwelle. Und jeden Fan, den wir so dazugewinnen können, ist so wertvoll wie eine Perle. Darum würde ich lieber sagen: Perlen für Perlen. Was tun Sie lieber: die Hitparaden-Arien «Arien sind die schwierigsten Stücke der Oper.» «Schweizer Popstars unterschätzen das Singen.» «Eine Pop-Platte würde ich mir nicht zutrauen.» aus Aida, Nabucco, La Traviata, Rigoletto etc. singen oder eine ganze Oper? Es sind zwei verschiedene Welten. Bei einer Oper muss man den Spannungsbogen einen ganzen Abend lang halten, bei einer Gala habe ich ein Highlight nach dem anderen. Dazwi- schen brauchts immer wieder ein Orchester- stück, damit der Solist sich erholen kann. Arien sind mit die schwierigsten Stücke der Oper. Die kann man nicht ohne Pause aneinander singen. Es ist einmal etwas anderes, bei Viva Verdi mit vielen anderen Solisten aufzutreten. Klassik und Pop vermischen sich immer mehr. Würden Sie auch einmal eine Pop- Platte aufnehmen? Ich habe keine Erfahrung, wie man Pop singt und wie man mit einem Pop-Mikrofon um- geht. Ich würde mir das nicht zutrauen. Also funktioniert das Genreübergrei- fende, wie es zum Beispiel David Garrett macht, beim Singen weniger gut? David Garrett spielt sein Instrument technisch immer gleich, egal, ob er Pop oder Klassik spielt. Die Technik beim Gesang bleibt genau gleich, aber die Einfärbung der Stimme lässt den Stil erklingen. Ich unterrichte viele Sän- ger und hatte auch schon ein paar Popsänger in meinem Stall. Eine leise Kritik an der Schweizer Pop- Szene? Ja. Ich glaube, dass viele Schweizer Popkünst- ler das Singen unterschätzen. Die technische Seite des Singens ist und bleibt die Basis. Welcher Pop-Künstler fasziniert Sie? Robbie Williams. Der kann wirklich singen. Das hat man gehört, als er einen herrlichen Abend mit Frank-Sinatra-Songs gemacht hat. NOËMI NADELMANN MAL ZWEI VIVA VERDI Uraufführung einer Klassik- Show der Superlative in Zürich: Anläss- lich des 200. Geburtstages von Giuseppe Verdi im kommenden Jahr wird das Jubi- läumsjahr im Hallenstadion eingeläutet. Unter anderem mit Noëmi Nadelmann und der Amerikanerin Mardi Byers. AIDA Vom 9. bis 18. August 2013 findet zum ersten Mal das Opern-Spektakel «Festival La Perla» am Seequai in Pfäffi- kon ZH statt. Aufgeführt wird die Oper Aida von Giuseppe Verdi. Über 200 Mu- siker und Darsteller spielen in einer be- sonderen Naturkulisse. Noëmi Nadel- mann übernimmt dabei die Titelrolle der Königstochter Aida. Es ist einfach genial, wie er seinen warmen Bariton führen kann. Sie haben in den grössten Opernhäusern der Welt gastiert. Warum kehren Sie immer wieder in die Schweiz zurück? Weil Zürich meine Heimatstadt ist, die ich liebe und wo ich meine Familie und meine Freunde habe. Dazu kommt, dass ich in den letzten Jahren vor allem auch als Mutter engagiert war. Darum habe ich viele Einladungen abge- sagt. Jetzt ist meine Tochter erwachsen und studiert in London Modedesign. Das gibt mir mehr Freiheiten. Interview: Zeno van Essel SCHWEIZER ILLUSTRIERTE event. 21 Aida: Open-Air-Spektakel in Pfäffikon ZH. Viva Verdi: Inszenierung im Hallenstadion.

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20 SCHWEIZER ILLUSTRIERTE event.

I opern-gala I

Sie gehört zu den erfolg-reichsten Opernstars der Schweiz. Sie ist Zürcherin mit Herz und Blut. Noëmi Nadelmann im Gespräch.

Zu Hause in Zürich: Noëmi Nadelmann wohnt in der Limmatstadt gleich an der Limmat.

Viva Verdi

13.–15. Dezember

Hallenstadion

Zürich

Die Zürcher Opernsängerin Noëmi Nadelmann

«Eine Arie kann man

nicht säuseln» Sie treten zu Verdis 200. Geburtstag mit der Gala «Viva Verdi» im Hallenstadion auf. Was ist reizvoll daran, Verdi zu singen? Für mich als Sängerin ist interessant, dass Verdi sehr viele verschiedene Stile bedient. Da

gibt es den süssen, lieblichen Verdi mit den Koloraturen und den hohen Tönen wie im ersten Akt der Traviata. Daneben gibt es den dramatischen, schweren Verdi wie in der Aida. Das öffnet uns Künstlern viele Opti-onen, unterschiedliche Charaktere zu zeigen.Wann haben Sie in Ihrem Leben zum ers-ten Mal Verdi gesungen?An der Hochschule der Künste in Zürich. Während meinem Studium habe ich mich schon mit der Sterbeszene in der Traviata aus-einandergesetzt. Die ist sehr spannend, da sie eine Passage enthält, in der gesprochen wird.Kommt ein Werk zu Ihnen, oder nähern Sie sich dem Werk?In der Regel bekomme ich Angebote für Enga-gements über meine Agentur. Bei Arien-abenden kann ich meistens mit dem Dirigenten gemeinsam bestimmen, welche Arien ich singe. Jetzt treten Sie im Hallenstadion auf. Grosse Kulisse, viele Effekte. Kommt da das Singen nicht zu kurz?Nein. Denn die Inszenierung ist ja nur für die Musik gemacht. Sie hilft, die Musik zu erle-

“Wir wollen Menschen,

die sich scheuen, eine ganze

Aida zu schauen, die Oper

näher bringen.’’

ben. Wir wollen die Leute dazu bringen, sich für einen Moment zu vergessen und voll auf-zugehen in Geschichte und in Musik.Wie singt es sich für Sie mit Mikrofon?Eigentlich nicht anders als ohne. Eine Arie kann man nicht säuseln. Wir haben darum auch spezielle Mikrofone, die eine starke Stimme auspegeln können. Aber der Ge-samtklang ist natürlich abhängig von einem Tontechniker. Und ich weiss, dass da nur die besten am Werk sind.Oper im Hallenstadion. Ist das – mit Ver-laub – nicht «Perlen vor die Säue»?

«Viva Verdi» ist ja keine eigentliche Oper, sondern eine Show mit Opern-Highlights. Man sollte das nicht mit der kompletten Auf-führung einer Oper vergleichen. Im Gegen-teil: Es ist ein eigenes Genre, das dazu dient, Menschen, die sich sonst vielleicht eher scheuen, sich eine ganze Aida anzuschauen, auf unterhaltende Weise und dennoch quali-tativ höchstem Niveau die Oper näher zu bringen. Das Hallenstadion kennen die Leute schon von anderen Konzerten, daher nimmt es ihnen vielleicht die Hemmschwelle. Und jeden Fan, den wir so dazugewinnen können, ist so wertvoll wie eine Perle. Darum würde ich lieber sagen: Perlen für Perlen.Was tun Sie lieber: die Hitparaden-Arien

«Arien sind die schwierigsten Stücke der Oper.» «Schweizer Popstars unterschätzen das Singen.» «Eine Pop-Platte würde ich mir nicht zutrauen.»

aus Aida, Nabucco, La Traviata, Rigoletto etc. singen oder eine ganze Oper?Es sind zwei verschiedene Welten. Bei einer Oper muss man den Spannungsbogen einen ganzen Abend lang halten, bei einer Gala habe ich ein Highlight nach dem anderen. Dazwi-schen brauchts immer wieder ein Orchester-stück, damit der Solist sich erholen kann. Arien sind mit die schwierigsten Stücke der Oper. Die kann man nicht ohne Pause aneinander singen.Es ist einmal etwas anderes, bei Viva Verdi mit vielen anderen Solisten aufzutreten. Klassik und Pop vermischen sich immer

mehr. Würden Sie auch einmal eine Pop-Platte aufnehmen?Ich habe keine Erfahrung, wie man Pop singt und wie man mit einem Pop-Mikrofon um-geht. Ich würde mir das nicht zutrauen.Also funktioniert das Genreübergrei-fende, wie es zum Beispiel David Garrett macht, beim Singen weniger gut?David Garrett spielt sein Instrument technisch immer gleich, egal, ob er Pop oder Klassik spielt. Die Technik beim Gesang bleibt genau gleich, aber die Einfärbung der Stimme lässt den Stil erklingen. Ich unterrichte viele Sän-ger und hatte auch schon ein paar Popsänger in meinem Stall.Eine leise Kritik an der Schweizer Pop-Szene?Ja. Ich glaube, dass viele Schweizer Popkünst-ler das Singen unterschätzen. Die technische Seite des Singens ist und bleibt die Basis. Welcher Pop-Künstler fasziniert Sie?Robbie Williams. Der kann wirklich singen. Das hat man gehört, als er einen herrlichen Abend mit Frank-Sinatra-Songs gemacht hat.

NOËMI NADELMANN MAL ZWEI

VIVA VERDI Uraufführung einer Klassik-Show der Superlative in Zürich: Anläss-lich des 200. Geburtstages von Giuseppe Verdi im kommenden Jahr wird das Jubi-läumsjahr im Hallenstadion eingeläutet. Unter anderem mit Noëmi Nadelmann und der Amerikanerin Mardi Byers.

AIDA Vom 9. bis 18. August 2013 fi ndet zum ersten Mal das Opern-Spektakel «Festival La Perla» am Seequai in Pfäffi -kon ZH statt. Aufgeführt wird die Oper Aida von Giuseppe Verdi. Über 200 Mu-siker und Darsteller spielen in einer be-sonderen Naturkulisse. Noëmi Nadel-mann übernimmt dabei die Titelrolle der Königstochter Aida.

Es ist einfach genial, wie er seinen warmen Bariton führen kann.Sie haben in den grössten Opernhäusern der Welt gastiert. Warum kehren Sie immer wieder in die Schweiz zurück? Weil Zürich meine Heimatstadt ist, die ich liebe und wo ich meine Familie und meine Freunde habe. Dazu kommt, dass ich in den letzten Jahren vor allem auch als Mutter engagiert war. Darum habe ich viele Einladungen abge-sagt. Jetzt ist meine Tochter erwachsen und studiert in London Modedesign. Das gibt mir mehr Freiheiten. Interview: Zeno van Essel

SCHWEIZER ILLUSTRIERTE event. 21

Aida: Open-Air-Spektakel in Pfäffi kon ZH.

Viva Verdi: Inszenierung im Hallenstadion.