2015 Das Jahr in Kleinwachau

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Das Jahr in Kleinwachau. erlebt. gesehen. erzählt. 2015 Einsatz für Aufklärung 10 Jahre Epilepsie- beratung in Dresden Magische Momente Vorhang auf für Theater- projekt der Förderschule Leben begleiten Vom Umgang mit Leben und Sterben Mein Foto des Jahres Besondere Augenblicke

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Der Jahresrückblick aus Kleinwachau.

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Das Jahr in Kleinwachau. erlebt.

gesehen.erzählt.

2015

Einsatz für Aufklärung 10 Jahre Epilepsie- beratung in Dresden

Magische Momente Vorhang auf für Theater-projekt der Förderschule

Leben begleiten Vom Umgang mit Leben und Sterben

Mein Foto des Jahres Besondere Augenblicke

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2 | Kleinwachau

INHALTMein Foto des JahresBesondere Augenblicke4, 10, 18, 28, 38

Olympisches Feuer Kleinwachauer Team bei den Winterspielen 6

Werkstatt der Schmetterlinge Theaterprojekt der Förderschule 12

Gegen das Vergessen Schüler gedenken der Opfer des Nationalsozialismus 15

Einsatz für Aufklärung 10 Jahre Epilepsieberatung in Dresden 20

Trotz Epilepsie glücklich Bundesweiter Patiententag 24

Mehr Platz Neubau am Fachkrankenhaus gestartet 26

Zuhause bis zum Schluss Der Umgang mit Leben und Sterben 30

Die Leah kommt! Schulprojekt erobert Radeberg 32

Metallbearbeitung im Zweischichtbetrieb 40

Einsatz für Flüchtlinge Arbeitsplatz im Erstaufnahmelager 44

Paso doble Trägerübergreifende Zusammenarbeit 46

Jahresspendenprojekt Talhausgarten wächst 48

Impressum 51

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Liebe Leserinnen, liebe Leser,

wenn Sie seit Februar wieder einmal in Kleinwachau waren und dabei das Brunnenhaus betreten haben, ist es Ihnen sicher aufgefallen: Gleich hinter der Tür werden Sie von Bildern mit freundlichen Gesichtern empfangen. Menschen unterschiedlichen Alters sind abgebildet. So verschieden sie sind, haben sie Eines gemeinsam: Sie alle haben einen Teil ihrer Lebenszeit in Kleinwachau verbracht - als Bewohnerin, Patien-tin, Schüler oder Beschäftigte. Sie repräsentieren Menschen, die Kleinwachau zu dem machen, was es ist. Und neben ihnen an der Wand steht der Satz: „Nehmt einander an, wie Christus euch angenom-men hat zu Gottes Lob.“

Einander annehmen – dazu haben wir in Kleinwachau genug Gelegenheiten. In allen Bereichen begegnen sich Menschen, die in ihrer Verschiedenheit immer wieder neu üben, einander ehrlichen Herzens anzu-nehmen. Und auch über Kleinwachau hinaus hatten wir viele Gelegenheiten dazu: Mit Grundschülern aus Liegau-Augustusbad, jungen Freiwilligen aus anderen Ländern, Offiziersschülern aus Dresden und vielen anderen. Auf den folgenden Seiten können Sie von diesen Begegnungen lesen.

Zu Gottes Lob – miteinander so umgehen, dass Men-schen spüren: Kleinwachau lebt von Gottes Güte.

„Nehmt einander an, wie Christus euch angenom-men hat zu Gottes Lob.“ Dieses Wort wird uns auch im nächsten Jahr begleiten. Es ist der Leitspruch Kleinwachaus, an dem sich Menschen hier seit vielen Jahren orientieren und der uns auch weiter leiten wird. Gott sei Dank!

Ihre Pfarrerin Elisabeth Roth

Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zu-künftige suchen wir.Hebräer 13,14

Nehmet einander an, wie Christus euch ange-nommen hat zum Lobe Gottes.Römer 15, Vers 7

Jahreslosung 2015

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„Soldaten in einer christlichen Einrich-tung? Für uns ein besonderer Segen.”

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Die Bundeswehr in Klein-wachau? Soldaten in einer christlichen Einrichtung?

Für uns ist das mittlerweile kein Widerspruch mehr, eher ein Se-gen. Es ist ein besonderer Segen, da die Soldaten helfen und anpa-cken. Das zeigt auch mein „Foto des Jahres“. Sie sehen unseren Bewohner Duc Thi Nguyen Hoang und den Soldaten Jonas Unkrig, beide Hand in Hand während des Sommerfestes. Auch im Winter helfen die angehenden Offiziere, wenn unsere Bewohner in gro-ßer Zahl den Weihnachtsmarkt im Dorfkern von Liegau-Augus-tusbad besuchen. Soldatinnen und Soldaten schieben Rollstühle, stützen unsere Bewohner beim Laufen. So können alle, die es wünschen, am Weihnachtsmarkt teilnehmen.

Unsere Bewohner genießen es, auch einmal von anderen Helfern umsorgt zu werden. Aber auch den Soldatinnen und Soldaten scheint es Freude zu bereiten.

Die jungen Leute verlassen nach diesen Hilfseinsätzen unsere Ein-richtung immer sehr froh und zufrieden.

Als wir vor mehr als fünf Jahren die Zusammenarbeit mit der Of-fizierschule des Heeres Dresden begannen, wurde diese Idee je-doch überwiegend von kritischen Fragen begleitet. Schließlich ist Kleinwachau für seine pazifisti-sche Tradition bekannt. Soldaten in Tarnuniform - was haben die in einer diakonischen Einrichtung zu suchen? Gelingen konnte diese fruchtbare Zusammenarbeit also nur, weil Klischees und Vorurteile über Bord geworfen wurden.

Auch heute leben wir in einer Zeit, die von Skepsis, Vorurteilen aber auch von Angst geprägt ist. Und gerade jetzt wollen wir wie-der mutig sein. Wir haben Ideen und Vorschläge zur Betreuung von Flüchtlingen an die zuständi-gen Behörden überreicht. Bisher wurden unsere Angebote nicht

angenommen. Ich wünsche mir, dass das große Engagement in Kleinwachau, aber auch in unserer Gesellschaft weiter Früchte trägt und so zum Segen für uns alle wird.

Martin WallmannGeschäftsführer

ÜBER BORD WERFENVORURTEILE

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Auf der Fahrt nach Inzell regnete es noch in Strömen. Doch am nächsten Morgen empfing der Winter-sportort die Kleinwachauer Delegation mit strahlendem Sonnenschein. Ideales Wetter, um in den Quali-fikations-Wettbewerben gute Ergebnisse zu erzielen. Dabei war die Konkurrenz groß. Nicht nur aus dem

schneereichen Süden Deutschlands waren zahlreiche Athleten angereist, sondern auch aus Österreich und der Schweiz. Sogar die Niederlande hatten gut trainierte Teams zu den Special Olympics Winterspielen entsandt. Am nächsten Tag starteten die Wettbewerbe jedoch bei heftigem Schneefall. Hochmotiviert stellten sich die Kleinwachauer Ski- und Schneeschuhläufer auf die neuen Bedingungen ein. Belohnt wurden sie mit Medaillen, guten Platzierungen und sogar mit einer Goldmedaille für den einzigen sächsischen Alpin-Sportler: Benjamin Pietzsch. Kampfgeist war auch am dritten Tag nötig. Der dichte Flockenwirbel nahm ständig zu und erschwerte die Sicht. Der nasse, schwere Schnee stellte hohe Anforderungen an die Kraft und Ausdauer der Sportler. Daher waren sie froh über die begleitenden Angebote zur Erwärmung, zur Verbesserung der persönlichen Fitness, zur Entspannung und zum Materialtest, die sie in den Wettkampfpausen nutzen konnten.

Olympisches Feuer: Kleinwachauer Team bei den Special Olympics Winterspielen 2015 in Inzell.O

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Besonders die Langstrecken-Lang- läufer mussten hart um ihre Platzierungen kämpfen. Jeder ver-suchte, Reserven zu mobilisieren. Dabei half ihnen die sportliche Stimmung, die im Team herrsch-te. Die Athleten motivierten und unterstützten sich gegenseitig. Nicht nur bei der Medaillenjagd, sondern auch beim Verkraften der starken Konkurrenz.

Neben den sportlichen Erfolgen gehörten diese Team-Erlebnisse zu den wichtigsten Erfahrungen aus Inzell. Das unkomplizierte Miteinander, die gegenseitige Akzeptanz der jeweiligen Stär-ken, Schwächen und Eigenheiten ließen Behinderung oder Nichtbe-hinderung unbedeutend werden. Die Aufmerksamkeit aber wurde so auf das Wichtige gelenkt: die gemeinsame Begeisterung für verschiedene Varianten des Win-tersports, die Freude am Schnee und am sportlichen Kampf mit diesem Element.

So hatten die Kleinwachauer Teil-nehmer auf der Rückreise nicht nur zahlreiche Medaillen im Ge-päck. In Erinnerung bleiben Stolz über das eigene Können, das gute Gefühl der Gemeinschaft, neue Bekanntschaften und jede Menge Lebensfreude!

Medaillenspiegel:

3 x Gold Benjamin Pietzsch – Alpin RiesenslalomTim Schlaubitz – Skilanglauf 3 kmRocco Seifert – Schneeschuhlauf 800 m

1 x SilberElvira Michael – Skilanglauf 100 m

2 x Bronze Tim Schlaubitz –Skilanglauf 5 kmElvira Michael – Skilanglauf 50 m

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Fachkrankenhaus»

Auf den ersten Blick sah es aus wie in einer Werk-statt: Mit speziellen Werkzeugen wurde Holz für den beliebten Feueranzünder „k-lumet" gespaltet und zusammengesetzt. Besucher konnten verfolgen, wie Schüler der Werkstufenklasse Werkstattarbeiten testeten. Der Einblick in verschiedene Unterrichts-formen war Schwerpunkt am Tag der offenen Tür. Daneben gab es etwas zu feiern: die Einweihung des sanierten Therapiebades.

So ähnlich könnte er bald sein, der Blick auf das Kleinwachauer Fachkrankenhaus mit der neuen Sta-tion 5. Zum Tag der offenen Tür am 27. März 2015 erfolgte der Spatenstich für die Klinikerweiterung. Daneben gab es Vorträge und Beratungsangebote zum Thema Epilepsie. Zum ersten Mal veranstalteten die verschiedenen Bereiche einen gemeinsamen Tag der offenen Tür. So war das Informationsangebot besonders vielfältig und das Besucherinteresse groß.

TAG DER OFFENEN TÜR

Werkstatt»Gerade noch hatte Martin Sander letzte Hand ange-legt, Regale aufgestellt und Produkte einsortiert. Am Tag der offenen Tür sollte alles fertig sein, denn der Werksverkauf am Standort Kleinwachau erwartete seine Gäste mit einem neu eingerichteten Verkaufs-raum. Als Beschäftigter der Keramikwerkstatt ging Herr Sander mit Engagement in die Vorbereitungen und konnte verdient auf das Geschaffene anstoßen.

» Wohnen

Förderschule»

Stolz zeigt Annett P. von ihr gemalte Aquarelle. Sie sind Teil einer Ausstellung, die im Wiesenhaus am Tag der offenen Tür eingeweiht wurde. Die Liegau-er Malerin Ursula Stoschek hatte zusammen mit Alexander Zeisig in Radeberg einen Aquarellkurs an-geboten, bei dem zahlreiche tolle Bilder entstanden. Die Gäste konnten außerdem Beratungsangebote zu verschiedenen Wohnformen wahrnehmen.

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TAG DER OFFENEN TÜR

Nicht nur die Sommersonne heizte den Klein-wachauern und ihren Gästen an diesem Fest-tag kräftig ein - acht verschiedene Musik- und

Tanzformationen sorgten für ein buntes Kulturerleb-nis und vielfältigen Klang. Wer trotz der hohen Tem-peraturen um die 38 °C das Tanzbein schwingen woll-te, fand auch dazu reichlich Gelegenheit.

Bedingt durch die Krankenhausbaustelle wurde vor-wiegend an der Werkstatt und der Schule gefeiert. Dass die beiden Festzentren durch einige Höhenme-ter getrennt waren, konnte die Besucher schon ins Schwitzen bringen. Daher war der große Rollstuhl-kremser als Pendelverkehr zwischen beiden Orten sehr beliebt. Aber auch für diejenigen, die zu Fuß unterwegs waren, hatte das Gelände ruhige und schattige Oasen mit verschiedenen Erfrischungen und Wasserspielen zu bieten. Wichtige Unterstüt-zung kam dabei wieder aus der Offizierschule des

Heeres Dresden. Zu den Aufgaben der Soldaten gehörten diesmal nicht nur Standbetreuung und Mobilitätshilfe für behinderte Festbesucher, sondern auch für die eine oder andere Abkühlung zu sorgen.

Die Betreiber der Imbiss-Stände ließen sich von der Hitze jedoch nicht abhalten, Leckeres für die Besucher zu brutzeln und zu kochen. Die höchsten Temperaturen wurden dabei wohl am Lehmbackofen der Förderschule erzielt, wo die begehrten Pizzabröt-chen angeboten wurden.

Mit sinkender Sonne stieg noch einmal die Stim-mung auf dem Festgelände: Die Jindrich Staidel Combo sorgte mit tschechischer Spaß-Jazz-Polka für einen heiteren Ausklang. Musikalisch kabarettistische Einlagen brachten zwischendrin das Publikum zum Lachen. Bei der anschließenden Aftershow-Party tanzten die Festgäste bis in die Nacht.

SOMMERFEST

Werkstatt

Förderschule

HEISSE RHYTHMEN UND ERFRISCHENDE IDEEN

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„Vorhang auf - Lebensfreude ist ansteckend.”

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Hinter uns liegt ein aufregendes und an Eindrücken reiches Jahr. Den Höhepunkt bildete unsere Theateraufführung Anfang Mai 2015 mit über 200 Zuschauern. Selten konnten wir als Förderschu-le solch eine breite Öffentlichkeit erreichen. Das Ergebnis macht uns bis heute stolz!

Aber auch sonst war wieder viel los. Alle Feste des Kirchenjahres finden in unserer Schule Beach-tung. Wir feiern pro Schuljahr mindestens fünf Gottesdienste, die von den Schülern und Pä-dagogen selbst vorbereitet und durchgeführt werden. Wir erprob-ten unsere Kraft zum Waldtag und zum Familiensportfest.

Die Unterrichtszeit wird durch Projekte, Methodenvielfalt und Differenzierung effektiv genutzt. In diesem Jahr nahmen wir die Methode der Körperorientier-ten Arbeit in unser Repertoire

auf. Das ist ein ergänzendes An-gebot zu schon trainierten und eingeführten Strategien der Verhaltensschulung und -regulie-rung. Schülerinnen und Schüler können so noch besser als bisher für das Lernen bereit gemacht und Störungen möglichst recht-zeitig behoben werden.

Viele Partner unterstützen uns im Prozess der Bildung und Erzie-hung. Hervorragend klappt die Zusammenarbeit mit unseren Ko-operationspartnern „Baumhaus“ in Radeberg, den Grundschulen Liegau-Augustusbad und Wachau, der Förderschule Radeberg und vielen Praktikumsbetrieben in der Nähe.

Zu den rührigsten Unterstützern der Förderschule Kleinwachau ge-hören die Eltern. Mit Rat und Tat stehen sie uns in den Klassen und der Schule zur Seite. Ohne ihren Beistand hätten wir das Theater-

projekt nicht stemmen können – wie so manches nicht!

Lebensfreude ist ansteckend. Das sehen Sie auch auf meinem Foto des Jahres!

Ilona LisowskiSchulleiterin

VORHANG AUF!DAS HAT SO VIEL SPASS GEMACHT

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„Werkstatt der Schmetterlinge” -

Theaterprojekt der Förderschule

begeisterte mit magischen Momenten.WRodolfo aus der Werkstatt der Insektenmacher hat einen Traum. Von einem Wesen so schön wie eine Blu-

me und leicht wie ein Vogel. Nun ist er zusammen mit seiner Freundin Fedora auf der Suche. Er schaut sich in der Natur um und sucht nach Ideen, wie er seinen Traum verwirklichen kann. Rodolfo-Darsteller

Tom Brietenhagen spielt seine Rolle mit Hingabe. Wie alle anderen jungen Schauspieler auch bewegt er sich ganz selbstverständlich auf der Bühne, auch der Text ist sicher. Rodolfo und Fedora (Caroline Schöne) müssen außer ihren eigenen Rollen ebenso den Gesamtablauf im Blick haben, denn ab und zu sind sie auch Starthelfer für die Auftritte anderer. Nacheinander tummeln sich auf der Bühne allerlei Pflanzen und Tiere, die fantasievolle Gestaltung all der farbenprächtigen Kostüme lässt das Publikum staunen. Aber auch Musik und Tanz gibt es in dem Stück. Ein wunderschöner Beitrag ist dann der Auftritt der Tanzgruppe der Grundschule Liegau-Au-gustusbad. Doch nicht nur vor - auch hinter der Bühne spielt sich so einiges ab: Schattentheater und Taschen-lampeninstallationen sorgen für magische Momente. Inspiriert von so viel Schönheit kommt Rodolfo endlich die Idee, wie er seinen Traum „von einem Wesen so schön wie die Blumen“ verwirklichen kann. So entstehen schließlich die Schmetterlinge. Es ist beindruckend zu erleben, wie geschmeidig sich die kleinen Tänzerinnen zunächst in ihren Raupen-Anzügen bewegen und später daraus als tanzende Schmetterlinge hervorschlüpfen.

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Alle der ca. 60 Kleinwachauer Schülerinnen und Schüler haben im Stück eine Rolle oder eine Funkti-on, ob auf oder hinter der Bühne, als Kostümbildner, Kulissenbauer oder Techniker. Bereits zum Schuljah-resstart gab es erste Vorbereitungstreffen und Ide-ensammlungen. Die Hauptarbeit jedoch wurde in der Theaterprojektwoche geleistet, die der Aufführung voraus ging. „Dabei hatten wir professionelle Hil-fe“, erzählt Schulleiterin Ilona Lisowski. „Das Projekt begleitete Frank Hohl vom Theaterpädagogischen Zentrum Dresden. Zusammen mit seiner Assistentin Kathrin Wiedemann beriet er und übte mit uns, ließ sich seinerseits stark von den Fähigkeiten der Schüler inspirieren. Die Zusammenarbeit mit den Theaterleu-ten macht große Freude.“ Auch der Theaterpädago-ge Frank Hohl klingt begeistert über die Teamarbeit mit den Förderschülern: „Alle waren sehr engagiert, haben sich vom Stück inspirieren lassen und hatten tolle Einfälle für Beiträge, Kostüme und Kulissen. Die Schüler haben sehr unbefangen auf der Bühne agiert und auch selbst gute Ideen für ihre Requisiten bei-gesteuert. Die Aufführungen sind prima gelungen!“

Neben den farbenfrohen Bildern und dem Applaus der Gäste bleiben für die Förderschüler wichtige Er-fahrungen. „Theaterspielen macht Spaß und strengt an“, fasst Ilona Lisowski das kreative Projekt zusam-men. „Wir schlüpfen in andere Rollen. Wir denken uns in eine andere Welt hinein. Die Probentage laufen anders ab als ein gewöhnlicher Schultag - das ist das Anstrengende. Und das Aufregende, Schöne ist: Wir verkleiden uns. Wir treten vor Publikum auf. Wir be-schäftigen uns mit Technik, Material, mit dem Inhalt des Stückes und mit der Entstehung einer Inszenie-rung und einer Aufführung. Durch die Arbeit in Grup-pen und die Zusammenführung ihrer Ergebnisse zu einem Ganzen können die Förderschüler etwas über die Komplexität unserer Welt erfahren. Das Wich-tigste für die Schüler allerdings ist die Außenwirkung einer Theateraufführung. Wir bekommen Gäste. Alle schauen zu, jeder gibt sich große Mühe.“ Mit diesen öffentlichen Aufführungen haben es die Förderschüler geschafft, auf sich aufmerksam zu ma-chen. Und dabei haben sie gezeigt, wie unterschied-lich ihre Begabungen sind. Froh waren die Klein-wachauer über die Beteiligung der Tanzgruppe der Grundschule Liegau-Augustusbad. Schließlich wurde so aus der Theateraufführung ein gemeinsames Er-lebnis für Förderschüler, Grundschüler und einem ap-plaudierenden Publikum.

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Im Herzen der Dresdner Altstadt, direkt im Zentrum der Touris-tenströme rund um die Frauen-

kirche, dort ist Daniel Börners Ar-beitsplatz. Seit einigen Monaten absolviert der junge Mann aus der Kleinwachauer Förderschule ein Praktikum im Hilton Hotel. In der Küche des Mitarbeiterrestaurants wird er von Jan Barth angeleitet. Der Koch lobt die Geschicklichkeit des Jugendlichen und freut sich über dessen Fortschritte: „Daniel hat sich prima entwickelt. Mittler-weile ist er wirklich eine echte Hil-fe im Arbeitsprozess. Er hat sogar schon selbst eine Suppe gekocht. Schritt für Schritt werden wir nun an weiteren Stationen seine Fä-higkeiten und Möglichkeiten tes-ten. Als nächstes beim Aufbau des Buffets.“

Daniel Börner ist der erste För-derschüler, der im Dresdner Hilton Hotel eine solche Möglichkeit er-hält. Schon seit einigen Jahren besteht zwischen dem Hotel und der Kleinwachauer Förderschu-

le eine Kooperation. Besonders profitiert davon das Schülerca-fé, das von den Hotelexperten regelmäßig Kochstunden und Servierlehrgänge erhält. Auch Daniel Börner nahm daran teil. So entstand bei ihm der Wunsch, sich in diesem Berufsfeld auszu-probieren. Inzwischen besucht er die Ausgangsklasse der Werkstufe seiner Schule. Neben den Prak-tikumstagen erhält er im Hotel zusätzlich eine intensive Förde-rung in Deutsch und Mathematik. Denn auch die theoretischen Vo-raussetzungen für eine spätere Tätigkeit müssen stimmen.

Seine Ausbildung könnte später aus zertifizierten Praxisbausteinen bestehen, die ihm einen Abschluss ermöglichen. Solche Bausteine zu erarbeiten und anzubieten, ist das Ziel einer Projektgruppe der Diakonie Sachsen. Diese be-schäftigt sich mit der Ausbildung von Förderschulabsolventen und Beschäftigten von Behinderten-werkstätten. Davon würden nicht

nur die Förderschüler, sondern auch viele Gewerke profitieren.

Für Daniel Börner stehen die Chancen nicht schlecht. Das En-gagement seiner Pädagogen und der Hilton-Mitarbeiter sind ihm jedenfalls sicher. Und eine gute Ausrüstung: Stolz zeigt er sein persönliches Messerset, das je-der Küchenmitarbeiter erhält. Für die Messer ist er nun also selbst verantwortlich, für seinen persön-lichen Einsatz auch. Den stellt er aber bereits Tag für Tag gut unter Beweis.

GESCHMACK GETROFFENPRAKTIKUM IN DRESDNER HOTELKÜCHE

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Auch in Kleinwachau wurden Menschen Opfer des Nationalsozialismus. Seit vielen Jahren halten wir zum bundesweiten Gedenktag am

27. Januar eine Andacht vor dem Mahnmal, welches an die 111 Kleinwachauer Opfer erinnert. Ihre Namen füllen in der Kleinwachauer Kirche ein weißes Plakat mit deutlicher Länge.

Die Schüler der Kleinwachauer Förderschule nahmen sich 2015 auf ganz besondere Art und Weise dieser Opfer an. In einem Projekttag erfuhren sie von den Menschen hinter den Namen, von Einzelschicksalen der Opfer, die damals in Kleinwachau lebten. Die Päd-agogen nutzten auch eine interaktive Chronik, deren Erlebnisberichte und Interviews das Thema Euthana-sie für die Schüler verständlicher machten. Die Lehrer erklärten den Schülern, was Euthanasie bedeutet. Sie machten dabei deutlich, dass Menschen mit Behinde-rung damals als „lebensunwertes Leben“ eingestuft wurden. Das war für die Förderschüler nicht leicht zu verstehen. „Greifbar wurde es dann über 111 weiße Luftballons“, sagte Pädagoge Stephan Röhricht. „Die Schüler haben auf jeden Ballon den Vornamen eines Opfers geschrieben. Jeder Luftballon stand also für einen Menschen, der sterben musste. Als die Schüler dann die Wiese mit den vielen Ballons sahen, haben sie verstanden, wie hoch die Zahl der Opfer in Klein-wachau war.“

Es bleibt auch in Zukunft unsere Verantwortung, der Opfer des Nationalsozialismus zu gedenken. Die Schüler der Kleinwachauer Förderschule werden die offenen Fragen weiter im Religions- und Ethikunter-richt aufarbeiten.

Mehr Informationen über die schwere Zeit Klein-wachaus während des Nationalsozialismus erhalten Sie im Internet auf unserer interaktiven Chronik.

www.kleinwachau.de/geschichte

GEGEN DAS

VERGESSEN

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DANKESCHÖN!

Die Sanierung des Therapiebades ist abge-schlossen und täglich ist zu sehen, mit welcher Freude das neue Becken genutzt wird. Und das

nicht nur beim Schwimmunterricht der Förderschü-ler. Hier erfolgen ganz unterschiedliche Therapien für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, für Bewohner und Patienten. Das Ziel dabei ist es, Beweglichkeit und motorische Fähigkeiten zu erhalten und weiter zu fördern.

Nachdem das alte Becken aus dem Jahr 2002 deutlichen Verschleiß zeigte, starteten wir einen Spendenaufruf. Wir wollten die Beckenhülle aus Hartkunststoff gegen ein robustes und langlebiges Edelstahlbecken austauschen. Insgesamt kostete der Umbau 71.000 EUR. Dank zahlreicher Unterstützer konnte der Umbau zu 100% durch Spenden finan-ziert werden. Dafür sind wir sehr dankbar.

Eingeweiht wurde das Becken am 27. März 2015 mit einer Beckentaufe. Um unserer Freude größeren Aus-druck zu verleihen möchten wir Ihnen in einem Film zeigen, wie dankbar wir für diese Spenden sind.

Sie finden das Video und zusätzliche Informationen auf unserer Internetseite unter www.kleinwachau.de/spenden

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Praktische Plasteverarbeitung: Grundschüler und Förderschüler stellen beim gemeinsamen Werkunterricht Masken her

Gemeinsames Kunstprojekt mit

der Liegauer Grundschule

Werkstufenschüler informieren sich im

Dienstleistungsbereich der Kleinwachauer

Werkstätten

Verleihung des Rosso-Majores- Kunstpreises für Radeberger

Schüler

UND SONST...

SCHNUPPERTAG

WERKUNTERRICHT

GEWONNEN!

STADTFESTLIEBLINGSFARBE: BUNT

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„Völlig unverkrampft hat er über Epilepsie gesprochen:

Eckhart von Hirschhausen.”

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Das Jahr 2015 war für mich von der 9. Dreiländerta-gung der Deutschen und

Österreichischen Gesellschaften für Epileptologie und der Schwei-zerischen Liga gegen Epilepsie geprägt. Diese fand Ende April in Dresden statt und ich durfte deren Tagungspräsident sein. Das allein war schon eine große Ehre. Aller Ehren wert war auch der Einsatz der zahlreichen Helfer, die zum Gelingen des Kongresses beige-tragen haben. Es war ein Kongress mit einem wirklich umfassend in-teressanten Programm, zusam-mengestellt von Tagungssekretär Dr. Martin Lutz. Zudem war es ein wirklich erfolgreicher Kongress mit 1.100 Gästen. So viele Besu-cher hatte die Dreiländertagung noch nie gezählt. Und das trotz des Streiks der Deutschen Bahn.

Eines der Glanzlichter während dieser sonnigen vier Tage war natürlich der Kabarettist Eckart von Hirschhausen. Er ist selbst Arzt und gelernter Neuropädi-ater und weiß somit, wovon er

redet. Völlig unverkrampft hat er zur Auftaktveranstaltung über Epilepsie gesprochen. Sein Vor-trag war charmant und witzig - zugleich emotional und mitfüh-lend. Er erzählte die Geschichte von einem Kind, das er selbst als Arzt früher in Berlin betreute. Eine Begegnung zwischen einem be-hinderten Mädchen mit Epilepsie und einem damals jungen Arzt, der heute auf großen Bühnen steht und mit Humor heilen hilft. Für uns alle im Saal war das ein motivierender Kongressauftakt.

Der Eindruck der Tagung war ge-setzt und so sprachen mich sehr viele Gäste an und versicherten mir, wie wohl sie sich fühlten. Sie fanden die Tagung sehr gelungen, einige meinten sogar, der Kon-gress könnte doch nun jedes Jahr in Dresden stattfinden. Und das auch aufgrund des sehr gut fre-quentierten Patiententages, dem zweiten bundesdeutschen Patien-tentag überhaupt. Dabei trat eine ganz besondere Frau auf: Milka Loff Fernandes. Die ehemalige

Moderatorin redete offen über ihre eigene Epilepsieerkrankung.

Auch wenn das Jahr noch vie-le Höhepunkte hatte, die Dreiländertagung und Eckart von Hirschhausen bleiben eben doch unübertrefflich.

Dr. Thomas MayerChefarzt

UNÜBERTREFFLICHDREILÄNDERTAGUNG UND HIRSCHHAUSEN

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Einsatz für Aufklärung:

10 Jahre Epilepsieberatung

in Dresden.EDie Sozialarbeiterinnen Elisabeth Reichel (li) und Maria Lippold (re) haben drei ganz entscheidende Din-

ge zu bieten: Zeit, offene Ohren und einen bedeutenden Erfahrungsschatz. Schließlich informieren die beiden bereits seit 10 Jahren in der Epilepsieberatungsstelle Dresden Betroffene, Angehörige, aber auch

Arbeitgeber zu allen Fragen rund um die Erkrankung. „Ungefähr eintausend Anfragen erreichen uns im Jahr“, sagt Maria Lippold und macht dabei deutlich, dass diese aus allen Teilen Deutschlands kommen. „Wir beraten ja nicht nur in der Stadt Dresden. Jeder, der sich bei uns persönlich, per Telefon oder E-Mail meldet, erfährt von uns Hilfe.“ Diese Hilfe tragen die beiden auch direkt nach außen. Pro Jahr führen sie etwa 20 Fortbildungen in Kindergärten, Schulen oder anderen sozialen Einrichtungen durch. „Wir leisten bei diesen Vor-Ort-Terminen vor allem Aufklärungsarbeit. Durch die Informationen gelingt es dem Personal Ängste abzubauen und mit den Besonderheiten der Epilepsie richtig umzugehen, insbesondere mit den Anfällen“, betont Maria Lippold den Sinn ihrer Arbeit. Familien, deren Kinder unter Epilepsie leiden, machen sich verstärkt Sorgen um ihre Kleinsten, wenn diese in den Kindergarten sollen. „Menschen benötigen Informationen. Und mitunter ist es hilfreich von Erfahrungen anderer Eltern zu hören. Wir zeigen den Eltern Perspektiven auf und können ganz praktische Tipps mit auf den Weg geben“, fügt Elisabeth Reichel an.

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Die Epilepsieberatungsstelle in der Wolfshügelstraße 20 in Dresden steht allen Altersgruppen offen. Die Beratung ist kostenfrei, ein Überweisungsschein wird nicht benötigt. Auf Wunsch kann das Gespräch auch anonym erfolgen. Das Beratungsangebot ist dabei fast unbegrenzt. Informationen erhält man hier zu Epilepsie mit deren Erscheinungsbildern, Therapie-möglichkeiten sowie Unterstützung bei der Bewälti-gung der Krankheit. Beraten wird man unter anderem zu Führerscheinrichtlinien, zur Berufswahl trotz Epi-lepsie, zur Gefährdungsbeurteilung am Arbeitsplatz und zum Kündigungsschutz. Dabei nehmen auch Arbeitgeber das Beratungsangebot an, wie Elisabeth Reichel berichtet. „Das sind vor allem kleine Firmen, die ihre Mitarbeiter nicht verlieren möchten. Die Chefs erhalten bei der Beratung so auch eine gewisse Sicherheit, den Mitarbeiter richtig einzusetzen, ohne dass der sich selbst gefährdet“, fügt sie an.

Für viele Ratsuchende sind die beiden Frauen eine wichtige Stütze im Umgang mit Behörden. „Die Be-troffenen stoßen bei Behörden oft auf festgefahrene Strukturen. Mit unserer Unterstützung lösen wir diese Konflikte und können vermitteln“, weiß Maria Lippold um ihre helfende Funktion. Sie ist es auch, die bei Unklarheiten zur Beurteilung des Behinderungsgra-des hilft. Denn Menschen mit Epilepsie haben je nach Ausprägung der Krankheit unterschiedliche Ansprü-che auf einen Grad der Behinderung. „Wir wollen die Betroffenen auch dafür sensibilisieren, dass sie mit einem Behindertenausweis nicht abgestempelt sind. Vielmehr schafft er einen Ausgleich für entstandene Nachteile“, sagt Maria Lippold.

Mittlerweile blicken die beiden Frauen vor allem stolz auf das Geschaffene zurück. So hat sich zum Beispiel ein Treff junger Menschen etablieren können, der einmal im Monat stattfindet. Beim Grillen oder auch im sommerlichen Biergarten tauschen sich die 20- bis 35-jährigen über ihre Erkrankung aus. Moderiert wird das von Elisabeth Reichel. „In dieser lockeren Runde gehen die Betroffenen wirklich sehr offen mit ihrer Erkrankung um. Hier entstehen auch Freundschaf-ten“, weiß die Sozialarbeiterin zu berichten und hofft weiterhin auf ein gutes Miteinander in der Gruppe.

Epilepsieberatungsstelle DresdenTelefon: (0351) 48 10 27 0E-Mail: [email protected]

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Er hatte Ende April 2015 eine Menge zu tun. Denn der Chefarzt des Sächsischen Epilepsiezentrums, Dr. Thomas Mayer, ist zugleich Geschäftsführer

der Deutschen Gesellschaft für Epileptologie. Als Ta-gungspräsident versammelte er knapp 1.100 Epilep-siespezialisten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz im Internationalen Congress Center Dresden zur 9. Dreiländertagung. Das sehr umfangreiche wis-senschaftliche Programm bot den Teilnehmern ei-nen umfassenden Überblick über den neuesten For-schungsstand und aktuelle Trends zu Diagnostik und Therapie von Epilepsien.

Die Dreiländertagung findet aller zwei Jahre an un-terschiedlichen Orten statt und zählt zu den wich-tigsten deutschsprachigen Kongressen im Bereich der Epileptologie. Im Interview erklärt Dr. Thomas Mayer, warum dieser Kongress so erfolgreich war.

Herr Mayer, es war für Sie eine einzigartige Ver-anstaltung zu der Sie rund 1.100 Gäste gewinnen konnten. Warum war dieser Kongress für Epilep-tologen so wichtig?Wissenschaftler und Ärzte leben nun einmal vom Aus-tausch, von Erfahrungen und von Innovationen. Und genau das konnte der Kongress bieten. In der Epilep-

tologie haben wir auch Austausch mit vielen anderen Berufsgruppen, was unsere Arbeit sehr belebt. Diese Berufsgruppen trafen alle in Dresden zusammen und erlebten dabei noch eine Menge mehr. Neben den Vorträgen gab es ein spannendes Rahmenprogramm aus Kultur, Fußball, Musik und einem Epilepsie-Quiz.

Was waren in Ihren Augen die Highlights?Wir haben hochrangige Preise für wissenschaftliche und kulturelle Leistungen vergeben. So zum Bei-spiel den Sybille-Ried-Preis. Der ging an Marion Witt und Hans König für ihr Theaterstück „Steile Welle”.Aber auch sonst gab es viel Neues: Die Gruppe der jungen Epileptologen formierte sich, das Weltärz-te-Orchester spielte für einen guten Zweck in der Kreuzkirche auf. Und schließlich outete sich Eckart von Hirschhausen als hochinteressierter neuropädi-atrischer Epileptologe. Sein lebendiger Vortrag beim Präsidentensymposium war ein gelungener Auftakt.

An was haben Sie sich an diesen vier Tagen ganz persönlich freuen können?Ich kenne einfach so viel tolle Menschen, die sich auf diesem Feld engagieren. All diese Menschen zu treffen, mit ihnen zu sprechen, zu lachen und zu dis-kutieren, das war wirklich etwas ganz Besonderes.

EPILEPSIE-SPEZIALISTENTREFFEN DER

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Wir haben mit der Moderatorin Milka Loff Fernandes beim Patiententag in Dresden gesprochen. Lesen Sie hier das Interview:

Frau Fernandes, Sie haben sich als Epilepsiebetrof-fene geoutet. Welche Veränderung hat die Krank-heit Epilepsie in ihrem Leben hervorgerufen?

Welche nicht??? Immerhin kann ich sagen, dass ich mittlerweile keine Angst mehr vor Anfällen habe. Diese Angst lähmt nämlich gewaltig. Andererseits lebe ich nun viel bewusster. Ich nehme die Signale meines Körpers und meines Geistes viel ernster, und ich spreche darüber, um eventuelle Knotenpunkte unmittelbar zu lösen.

Warum haben Sie 2014, obwohl Sie da bereits ei-nige Jahre anfallsfrei waren, ihre Epilepsie öffent-lich gemacht?

Zum einen fand ich das komisch, dass man als Epilep-tiker oft auf eine ganz eigenartige Weise stigmatisiert wird, während man jemanden, der z.B. einen Herzin-farkt überlebt schon fast als Märtyrer einer leistungs-orientierten Gesellschaft feiert. Ich wollte irgendwie auch zeigen, dass es jede/n treffen kann und dass das nicht bedeutet, dass man Brei im Kopf hat.

Sie selbst haben auf dem Patiententag in Dresden vor einem breiten Publikum über Ihre Erkrankung gesprochen. Warum ist es so wichtig, offen mit Epilepsie umzugehen und was kann dadurch be-wegt werden?

Ich weiß nicht, was dadurch bewegt werden kann. Hauptsache ich bewege mich. Es hat mich schon echt Überwindung gekostet, so offen über meine Epi-lepsie zu sprechen. Das tut es immer noch. Ich rede nicht so gerne über unangenehme Dinge. Doch ich möchte ermutigen. Ich möchte, dass wir als Epilepti-ker trotzdem mit Selbstbewusstsein in den Tag gehen können und jede Herausforderung meistern

können, ob diese nun von außen oder von innen kommt. Und ich möchte Aufmerksamkeit gene-rieren für diese Krankheit. Wer weiß, vielleicht fühlt sich ja jemand, der sonst nie mit Epilepsie zu tun hat, dadurch inspiriert, tatsächlich mehr über die Er-krankung herauszufinden und fängt so vielleicht mit einem Betroffenen ein Gespräch an, das sonst nie stattgefunden hätte.

NACHGEFRAGTMILKA LOFF FERNANDES

„Es hat mich schon echt Überwindung gekostet, so

offen über meine Epilepsie zu sprechen.”

Auf unserem YouTube-Kanal sehen Sie das komplette Interview mit Milka Loff Fernandes.

www.youtube.com/kleinwachau

Foto

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ch

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24 | Krankenhaus

Am Samstag, dem 25. April 2015, fand im In-ternationalen Congress Center Dresden der zweite bundesweite Patiententag statt. Mehr

als 300 Besucher überzeugten sich, dass Betroffene trotz Epilepsie glücklich sein können. In einer Vi-deobotschaft machte der Komiker und Arzt Eckart von Hirschhausen als Schirmherr den Betroffenen Mut. Er forderte die Besucher auf: „Macht den Mund auf und werdet sichtbar. Ich wünsche mir, dass ihr euch traut und auf die Straßen und Plätze rausgeht. Schließlich hat jeder Mensch Anfälle - auf die eine oder andere Art.”

Erfahrene Epilepsiespezialisten machten in Vorträgen aktuelle Themen der Epileptologie für die Betroffenen verständlich. In einer offenen Runde stellten sich die Experten den zahlreichen Fragen der Besucher. Auch die Selbsthilfegruppen präsentierten ihre aktuellen Arbeiten.

Schließlich wurden Erfahrungen Betroffener ganz praktisch greifbar, indem drei Personen über Glück und Unglück ihrer Epilepsieerkrankung berichteten. Darunter war auch die ehemalige VIVA-Moderatorin Milka Loff Fernandes. Sie ist mittlerweile anfallsfrei und machte den Betroffenen vor allem Mut: „Ich möchte, dass wir als Epileptiker trotzdem mit Selbstbewusst-sein in den Tag gehen können.” Abgerundet wurde der Patiententag durch die Preisverleihung des Fotowett-bewerbes „Außer Kontrolle”. 77 Einreichungen haben bei dem vom Sächsischen Epilepsiezentrum Radeberg ausgeschriebenen Wettbewerb teilgenommen. Der Chefarzt des Sächsischen Epilepsiezentrums Dr. Tho-mas Mayer war von der Resonanz der Einreichungen begeistert: „Da zeigt sich, dass Menschen im Blick auf die Krankheit Epilepsie durchaus Kreativität beweisen.”

TROTZ EPILEPSIE GLÜCKLICHBUNDESWEITER PATIENTENTAG IN DRESDEN

Auf unserem YouTube-Kanal sehen Sie das Grußwort von Eckart von Hirsch-hausen.

www.youtube.com/kleinwachau

Page 25: 2015 Das Jahr in Kleinwachau

Krankenhaus | 25

Dürfen wir vorstellen: die Gewinner des Fotowettbewerbes „Außer Kon-trolle - Fang die Krankheit Epilepsie ein.”

1. Preis, 500 EUR Preisgeld„Schreie vom Balkon“Frank Brandhoff aus Dresden

Über sein Bild erzählt Frank Brandhoff:

„Ich dachte erst: Epilepsie? Na toll, wie soll man denn das fotografieren? Später kam mir die Idee, dass für die Betroffenen selbst die Epilepsie nicht nur eine Krankheit der stetigen Anfälle, sondern noch viel häufiger eine Krankheit des stetigen Erwachens ist. Insbesondere, wenn der An-fallsbeginn nicht bewusst erlebt wird. Und mit Erwachen kennen wir uns alle aus. Da kann jeder mitreden. Ich wollte also dieses Erwachen als Bild haben. Erwachen als einen Übergang von Ahnungslosigkeit zu Gewiss-heit. Aber ich hatte keine Idee, wie ich das umsetzen könnte. Irgendwann ploppte das Bild plötzlich vor meinem Auge auf. An dieser Stelle habe ich entschieden, am Wettbewerb teilzunehmen. Ich musste nur noch zu diesem Haus hingehen und das Foto machen. Der schwierigste Teil war dann nur noch, meine Frau zu überzeugen, ihre Hand für das Foto bei-zusteuern.”

PREISGEKRÖNTDIE GEWINNER DES FOTOWETTBEWERBES

2. Preis, 300 EUR Preisgeld„versiv“Heike Eitel aus Esslingen

3. Preis, 200 EUR Preisgeld„firework“Thomas Schneider aus Innsbruck

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Beherzt griffen der Geschäftsführer des Sächsi-schen Epilepsiezentrums Martin Wallmann und Dr. Thomas Mayer, Chefarzt, zum Spaten und

markierten so symbolisch den Ausbau des Fachkran-kenhauses für Neurologie. Was am 27. März 2015 mit dem ersten Spatenstich begonnen hat, das soll Ende 2016 als eine der modernsten Kliniken zur Versor-gung schwerbehinderter Epilepsiepatienten eröffnet werden. Diese Spezialisierung macht die Erweiterung des Sächsischen Epilepsiezentrums zu einem einzig-artigen Bauprojekt im Freistaat Sachsen.

Das betonte auch Barbara Klepsch, die Ministerin für Soziales und Verbraucherschutz des Freistaates: „Nicht nur für das Sächsische Epilepsiezentrum ist es heute ein besonderer Tag, sondern auch für den Freistaat Sachsen. Es ist schließlich der richtige Zeit-punkt, um die Gesellschaft zu sensibilisieren. Wir sprechen viel von Inklusion, aber hier in Kleinwachau wird sie bereits gelebt.“ Auch Frau Klepsch griff be-herzt zum Spaten, schließlich fördert der Freistaat Sachsen den 4,95 Mio. EUR teuren Bau zu 80%. „Von der Antragsstellung bis zum Spatenstich hat es nur ein Jahr gedauert. Ich glaube, das ist beispielge-bend für die gute Zusammenarbeit des Freistaates Sachsen und des Sächsischen Epilepsiezentrums“,

betonte Ministerin Klepsch. Nach anderthalbjähriger Bauzeit werden drei Etagen eine nutzbare Fläche von 1.600 Quadratmeter bieten und somit genug Raum für Behandlung, Ergotherapie aber auch Seelsorge. Zusätzlich entsteht ein allgemeinärztlicher Bereich im Gebäude. Martin Wallmann, Geschäftsführer des Sächsischen Epilepsiezentrums, ist sichtlich stolz auf die Umsetzung des Baus: „Dem Wunsch nach Abbau von Barrieren kommen wir mit dieser neuen Klinik vielfältig nach. Wir werden nicht nur barrierefreie Räume haben. Nein, wir sind mit dieser Klinik schon einen Schritt weiter und sehen uns und unser neues Haus als einen akzentsetzenden Punkt in der bar-rierefreien Gesundheitsversorgung des Freistaates Sachsen.“

Kernpunkt des Baus ist die neu entstehende Station 5. Auf 12 Betten wird hier die Behandlung von Men-schen mit teils schweren, komplexen Behinderungen und Epilepsie erfolgen. Menschen, die in anderen Krankenhäusern nur schwer eine Aufnahme finden. Das bedeutet im Kern: mehr Platz und modernste Räume für Therapie und Diagnostik. Denn gerade bei der Behandlung behinderter Epilepsiepatienten nimmt die Beobachtung der Patienten einen wesentli-chen Stellenwert ein. Schließlich ist es eine Patienten-

DRASTISCHE BILDERNEUBAU GESTARTET

MEHR PLATZ

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Krankenhaus | 27

gruppe, die sich oft nur schwer verständlich machen kann. Dr. Thomas Mayer, Chefarzt des Sächsischen Epilepsiezentrums, sieht mit der baulichen Erweite-rung große Vorteile für seine Patienten: „Wir kön-nen auf der neuen Station 5 dann eine noch höhere Qualität in der Pflege, Beobachtung und Betreuung behinderter Menschen anbieten. Möglich wird das durch den Zugewinn an Räumlichkeiten. Wir bauen acht Einzelzimmer und zwei Doppelzimmer, alle mit eigenen Nasszellen.“ Ausgebaut wird dann auch das bestehende Rooming-in. Das bedeutet, dass Begleit-personen im Patientenzimmer oder in zusätzlichen Zimmern übernachten können. Dieses Angebot gibt es bereits seit mehreren Jahren auf der Kinder- und Jugendstation.

Auf drei Geschossen wird sich der neue Bau neben den bisherigen zwei Krankenhausgebäuden harmo-nisch einfügen. Und doch werden die moderne Ar-chitektur und die runden Formen durchaus auffallen. Das ist auch gewollt, wie Architekt Steffen Burucker erklärt: „Wir wollten nicht einfach eine Kiste platzie-ren, die sich dem Nachbarhaus anpasst. Wir sehen das neue Haus als Dreh- und Angelpunkt. Es kann die Bewegungen auf dem Klinikgelände aufnehmen, innen wie außen.“ Hinter der Form steckt also ein Nutzen. Vielmehr sogar Beobachtungen und Analy-sen. Schließlich sammelte das Architekten-Team von buruckerbarnikol+thoma Meinungen und Wünsche von Ärzten, Pflegern und Patienten des Hauses. Das Ergebnis ist eine runde Form, die einen klaren Vor-teil verspricht: Die Patienten können sich im Gebäude bewegen, ohne dabei auf Sackgassen zu treffen.

Am 5. Oktober 2015 wurde schließlich der Grund-stein gelegt, passend zum Tag der Epilepsie. Gefüllt war die Schatulle mit aktuellen Tageszeitungen, dem Kleinwachauer Jahresrückblick, dem Mitarbeiter- und Bewohnermagazin und mit neuen und alten Fotos des Krankenhausgebäudes. Die Fertigstellung des neuen Hauses ist Ende 2016 geplant.

Mit Hilfe einer Webcam können sich Interessierte über den aktuellen Baufortschritt auf der Homepage www.kleinwachau.de/baustelle informieren.

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„Herrn Zahn und mich ver-binden viele gemeinsame Erlebnisse und Erinnerungen.”

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Wohnen | 29

LEBEN BEGLEITEN

Seit April 2015 bin ich der Be-reichsleiter für das Wohnen in Kleinwachau. In besonde-

rer Weise bin ich also zuständig für das Leben, für das Zusammen-leben in unserer Einrichtung. In diese neue Aufgabe kann ich die Erfahrungen aus meiner eigenen langjährigen Arbeit im Wohnbe-reich und im Qualitätsmanage-ment einbringen.

1984 - in diesem Jahr begann ich in Kleinwachau zu arbeiten. Schon am ersten Tag meiner Tä-tigkeit begegnete ich Herrn Zahn, der seit 1954 im Talhaus lebte. Damals war er ein Kind, genauso fröhlich wie die Kinder, die heute hier leben, lernen und - wie Sie auf den nächsten Seiten lesen können - sogar am Zirkusspiel aktiv teilnehmen. Die Welt kam zu Herrn Zahn in Form vieler Postkarten, die er immer wieder sortierte. Er erweiterte bald sei-nen Aktionsradius durch einen eigenen Rollstuhl, durch die Ar-beit in der Förderstätte, durch Ausflüge und Urlaubsfahrten.

So verbinden ihn und mich viele gemeinsame Erlebnisse und Erin-nerungen.

In all den Jahren meiner Tätig-keit hier im Wohnbereich prägten die Begegnungen mit den un-terschiedlichsten Menschen die Arbeit. Froh bin ich darüber, dass dies auch heute noch so ist. Im-mer noch lernen junge Menschen durch die Arbeit hier das eige-ne Leben neu zu bewerten und bringen uns „frischen Wind“. So zum Beispiel ganz aktuell eine Radeberger Schülerin. Über ihr ehrgeiziges Begegnungs- und Freizeitprojekt können Sie auf den nächsten Seiten mehr erfahren.

Auch Herr Zahn lernte viele dieser jungen Menschen kennen und verdankt ihnen Begegnung und Unterstützung. In diesem Jahr verstarb er auf seiner Wohngrup-pe im Wiesenhaus. Für mich war es ein besonderer Abschied, da wir uns ja schon lange kannten - wir waren vertraut. Wie gut, dass die Mitarbeiterinnen und

Mitarbeiter dafür Sorge trugen, dass Herr Zahn die letzten Tage in seinem gewohnten Kleinwachau-er Zuhause erleben durfte und für viele ein Abschiednehmen möglich war. Leben bis zuletzt zu begleiten ist etwas, was unsere Arbeit besonders macht.

Rudolf MöllerLeiter Bereich Wohnen

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Zu Hause bis zum Schluss.

Der Umgang mit Leben und Sterben.ZIm Dachgeschoss des Wiesenhauses sitzen sie gemütlich bei Kaffee und Kuchen beisammen. Es sind drei Frau-

en, denen ihr Alter unverkennbar anzusehen ist. Die eine ist 75 Jahre alt, die andere zählt 85 Lenze und die Älteste aus der Runde feiert bald ihren 91. Geburtstag. Gemeinsam spielen sie Memory, Gedächtnistraining im

wahrsten Sinn des Wortes. Beim Umdrehen und Wiederfinden gleicher Bilder erzählen die betagten Damen, dass sie bereits mehr als 40 Jahre in Kleinwachau leben. 40 Jahre: Das ist eine lange Zeit! Jetzt genießen sie dankbar ihren Lebensabend. Auch wenn ihre Bewegungen langsamer geworden sind, so richtig müde scheint noch keine von ihnen zu sein. Kein Wunder also, dass der Ton am Spieltisch auch mal lauter wird, wenn das Hörgerät zu leise ist.

Die Wohngruppe besteht jedoch nicht ausschließlich aus Senioren. „Die Altersstruktur ist hier bewusst gemischt“, berichtet Rosemarie Reißmann. Sie ist Mitarbeiterin im Betreuungsdienst. In Früh- und Spätdiensten unterstützt das Betreuungsteam die 18 Bewohner in deren Alltag. Es mag einer regelmäßigen Abfolge gleichen: Wecken, Grundpflege und gemeinsames Frühstück. Gefolgt von Tagesangeboten in der Seniorenstätte oder der Förder- und Betreuungsstätte, bevor die Bewohner schließlich in die Wohngruppe zurückkehren. Am Ende sind es aber

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die Details, die das Nacheinander von Handlungsab-läufen und Pflegedokumentation durchbrechen. „Den Bewohnern geht es doch nicht jeden Tag gleich gut oder gleich schlecht. Es gibt Tage, da braucht es eine Umarmung oder ein längeres Gespräch“, erklärt Frau Reißmann. „Gerade unsere älteren Bewohner werden einfach langsamer, die Zeit wird es aber nicht. Da brauchen wir alle Geduld, schließlich sollen sich die Bewohner wohlfühlen.“

Ein Wohlgefühl von einem Zuhause - das ist es, was das Betreuungsteam auch denen bieten möchte, die es nicht mehr zum gemeinsamen Memoryspiel am Kaffeetisch schaffen. Bewohner, die aufgrund von schweren Erkrankungen zu schwach sind. „Uns ist vor allem der Kontakt mit den Angehörigen wichtig, auch und vor allem wenn es darum geht, einem Men-schen in seiner vertrauten Umgebung das Sterben zu ermöglichen“, sagt Rosemarie Reißmann. Gerade dann ist es für die Sterbenden besonders wichtig, sich beschützt, umsorgt und auch heimisch zu fühlen. Die wenigsten möchten in den letzten Stunden allein sein. Am Ende sind es vielleicht auch nur noch Blicke, die warme Hand, die einen nicht loslässt. „Wenn man Menschen lange begleitet hat und sie dementspre-chend gut kennt, dann ist eine solche Situation auch immer eine seelische Belastung für den Mitarbeiter. Das Loslassen fällt auch uns meist sehr schwer“, berichtet Frau Reißmann. Unterstützt wird das Betreu-ungspersonal in diesen schwierigen Situationen auch von einem erfahrenen Palliativdienst und von der Kleinwachauer Pfarrerin. „Gerade die älteren Bewoh-ner gehen mit dem Tod anders um. Der Glaube gibt ihnen einen starken Halt“, weiß Frau Reißmann.

Trauer und Sterben gehören in Kleinwachau also auch zum Leben dazu. Der Umgang mit der schmerzvollen Situation ist familiär. „Wenn ein Mensch in seinem Zimmer stirbt, dann zünden wir in dem Raum eine Kerze an. Danach können sich die Bewohner von ihm verabschieden. Bei der Aussegnung sitzen die Mit-arbeiter und Bewohner gemeinsam zusammen und erinnern sich des verstorbenen Menschen. Oft helfen besonders diese Gespräche beim Loslassen“, sagt Rosemarie Reißmann. Auch wenn man letztendlich von Menschen loslassen muss, gehen sie nicht in der Vergessenheit unter. Neben dem Spieltisch, an dem gerade noch froh Memory gespielt wird, stehen zwei Fotos erst kürzlich verstorbener Bewohner. Sie tragen einen schwarzen Trauerflor. Auch das ist eine Art Me-mory: In Erinnerung bleiben.

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Diese junge Frau ist anziehend. Das liegt nicht nur daran, dass es beim Ausflug in den Blindengarten ge-rade kalt geworden ist und René T. Hilfe mit seinem Handschuh braucht – nein, generell ist die herzliche Art von Leah Stange allgegenwärtig. Die 17-jährige packt an und kommt dabei auch noch an, zumindest

im Herzen der Bewohner der Radeberger Schloßstraße. Hier leben Menschen mit Behinderung mitten in der Stadt in eigenen Wohnungen. Für sie organisiert die Gymnasiastin seit Sommer 2015 jeden dritten Donners-tag ein Treffen, bei dem eines im Vordergrund steht: Die Stadt Radeberg kennenlernen und so mitten in der Öffentlichkeit erscheinen. Ganz bewusst passiert das auch beim Ausflug in den Radeberger Blindengarten. Die Gruppe nimmt den öffentlichen Bus und damit eine früher unüberwindbare Hürde. Einer in der Gruppe, René T., ist auf einen elektrischen Rollstuhl angewiesen. Diesen in den Bus zu bekommen, stellt sich als ganz unpro-blematisch dar. Der Busfahrer senkt den Bus ab, klappt routiniert eine Rollstuhlrampe aus und Herr T. findet seinen Platz im Bus. „Dabei habe ich den Rollstuhl extra vorher beim Nahverkehr angemeldet, das wäre für die Radeberger Stadtlinie also gar nicht nötig gewesen“, klingt Leah Stange beruhigt.

Auf der Fahrt erzählt sie vom Ursprung ihres Engagements: „Es hat mich einfach interessiert wie Menschen mit Behinderung in Radeberg leben. Da habe ich mir schließlich die Frage gestellt: Lebt es sich denn gut hier?“ So richtig beantworten konnte die Gymnasiastin die Frage damals noch nicht und machte sie so zu einer „Mini-Doktorarbeit“, wie sie es lächelnd beschreibt. Dahinter steckt ein Schulprojekt des Radeberger Humboldt-Gymnasiums. In „Besonderen Lernleistungen“ befassen sich Schüler wissenschaftlich mit Themen,

DIE LEAH KOMMT!SCHULPROJEKT EROBERT RADEBERG

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bei denen sie zugleich die praktische Umsetzung beweisen. Ziel ist es dabei, etwas Neues zu schaffen, Dinge zu etablieren. Angefangen hat das Projekt für Leah Stange mit einem Praktikum in der Schloßstra-ße. Sie lernte praktisch von Grund auf kennen, womit sie sich nun zielbewusst beschäftigt. „Am Anfang war ich schon aufgeregt. Ich hatte mich gründlich vorbe-reitet und musste schließlich lernen, dass ich mich einfach auf die behinderten Menschen einlassen muss, dass ich die Dinge auch auf mich zukommen lassen muss“, sagt sie rückblickend. Mittlerweile hat sich der Donnerstagtreff etabliert, zumindest bei den behinderten Menschen.

Nun möchte Leah Stange die Öffnung nach außen vorantreiben und appelliert dabei vor allem an den Mut der Radeberger, sich beim offenen Treff zusam-men mit behinderten Menschen auszutauschen, Dinge zusammen zu unternehmen. „Natürlich ist es schwierig, nicht-behinderte Menschen für solch einen regelmäßigen Treff zu finden. Die spürbare Distanz kann man einfach nicht leugnen. Aber ich glaube daran, dass es Menschen gibt, die die-se Distanz durchbrechen wollen“, sagt die junge Radebergerin euphorisch. Für den Aufbau neuer Mitstreiter will sie auch selbst kämpfen. Beim Tag der offenen Tür am Radeberger Humboldt-Gymnasium wird sie im Januar 2016 ihr Projekt vorstellen, die „Besondere Lernleistung“ vor den Lehrern auswerten und hoffentlich mit neuen Mitstreitern den Donners-tagtreff ausbauen.

Für ihren eigenen Weg nach dem Abitur hat Leah Stange auch schon einen Plan: „Meine Zukunft liegt in der Arbeit mit Menschen“, sagt sie mit Blick auf ihr geplantes Sozialpädagogikstudium. Den Treff will sie aber weiter begleiten, dazu unbedingt Unter-stützer finden die anpacken, helfen, inspirieren und dabei auch eigene Grenzen überwinden. Interes-sierte sind also immer willkommen. Der Plan für das nächste Treffen steht auch schon. Im Winter wollen sie gemeinsam den Film „Ziemlich beste Freunde“ anschauen. Diesen Titel hätte eigentlich auch Leah Stanges „Mini-Doktorarbeit" verdient.

Wollen auch Sie am Donnerstagtreff teilneh-men? Dann melden Sie sich bitte hier:

Telefon: (03528) 22 99 18E-Mail: [email protected]

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Mit ihren 23 Jahren wirkt Svetlana Tolstyakova schon ziemlich angekommen in ihrem jun-gen Leben. Ein klarer Blick, gefestigte Ent-

schlüsse und fabelhafte Deutschkenntnisse machen die junge Frau aus St. Petersburg so sympathisch. Sie ist bereits zum zweiten Mal in Kleinwachau und will hier auch jetzt einfach nur helfen. Diesen Gedanken teilt sie mit weiteren vier Teilnehmerinnen des Som-merlagers der Aktion Sühnezeichen. Seit 1958 trägt Aktion Sühnezeichen Friedensdienste im Rahmen von kurz- und langfristigen Freiwilligendiensten zu Frieden und Verständigung bei, setzt sich für Men-schenrechte ein und sensibilisiert die Gesellschaft für die Auswirkungen der nationalsozialistischen Geschichte. Jährlich absolvieren rund 180 Freiwilli-ge in 13 Ländern ihren langfristigen Friedensdienst. In zwei- bis dreiwöchigen internationalen Sommer-lagern helfen tausende junge und ältere Menschen in Ost- und Westeuropa, Israel und den USA beim Erhalt jüdischer Friedhöfe, bei Arbeitseinsätzen an den Anlagen von NS-Gedenkstätten und bei der Hil-fe direkt am Menschen. Diese Arbeit mit Menschen ist es auch, die Svetlana beim Sommerlager in Klein-wachau antreibt: „Hier bin ich wirklich nützlich und ich fühle mich auch sehr willkommen.“ Drei Wochen

ihrer Semesterferien opfert die junge Studentin der Medizintechnik, um zum Beispiel bei der Ausgabe von Mahlzeiten und der Gestaltung von Freizeiten zu helfen. Und dabei lernt sie vor allem Toleranz, sagt sie während sie gemeinsam mit Martin Greiling den Geschirrspüler einräumt. Außerdem knüpft sie an: „Es sind vor allem die Bewohner, die mir Toleranz entgegenbringen. Schließlich ist ihnen völlig egal, welche Sprache ich spreche oder woher ich komme. Ihnen ist es eben wichtig, dass man nett und hilfs-bereit ist.“ Herr Greiling schmunzelt im Hintergrund und verstaut die nächste Tasse im Spülautomat. Im Vordergrund des Sommerlagers stehen inhaltlich der Umgang mit Behinderungen und das „Euthana-sie“-Programm der Nationalsozialisten. So besucht die Freiwilligengruppe unter anderem auch die Ge-denkstätte Pirna-Sonnenstein. Toleranz schaffen und Vorurteile abbauen, das kann das Sommerlager der Aktion Sühnezeichen bewirken. „Ich habe jedenfalls gelernt, dass man keine Angst vor behinderten Men-schen haben muss“, sagt Svetlana Tolstyakova.

Weitere Informationen zur Aktion Sühnezeichen fin-den Sie im Internet: www.asf-ev.de

TOLERANZSOMMERLAGER DER AKTION SÜHNEZEICHEN SCHAFFT

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Auf den Plätzen der Abgeordneten im Plenarsaal des Sächsischen Landtags sitzen Besucher aus Kleinwachau. An ihrem „Politischen Tag“ wollen sie die Arbeit der Abgeordneten kennenlernen und verstehen, welche Ziele die verschiedenen politischen Parteien verfolgen. Unter den Gästen ist Matthias Giebe. Er wohnt auf der Radeberger Schloßstrasse und ist Vorsitzender des Bewohnerbeirates. Politik findet er oft schwer ver-ständlich, die Sprache schwierig. Doch an diesem Tag erlebt er, dass das auch ganz anders sein kann. In ein-fachen klaren Sätzen erklärt Volkmar Zschocke, was die Politiker im Sächsischen Landtag tun. Herr Zschocke ist sächsischer Fraktionsvorsitzender der Partei Bündnis 90/Die Grünen. Die Besucher haben viele Fragen an ihn. Sie wollen wissen, über welche Themen entschie-den wird, wie lange die Redner sprechen dürfen, wo Zuschauer sitzen und ob das Rednerpult höhenver-stellbar ist. Das sei es, erfahren sie, und das wird auch regelmäßig gebraucht. Denn einer der Abgeordneten spricht von seinem Rollstuhl aus. Überhaupt ist der Landtag weitgehend barrierefrei eingerichtet. So kann auch der Rollstuhlfahrer aus der Besuchergruppe pro-blemlos an der anschließenden Führung teilnehmen.

Später, im Sitzungsraum der Grünen-Fraktion, werden die Fragen der Besucher noch konkreter. Dabei wird deutlich, dass viele das aktuelle Zeitgeschehen genau verfolgen. Volkmar Zschocke erfährt hautnah, welche Probleme die Menschen beschäftigen. Mobilität und Barrieren im Alltag - diese Themen liegen bei den meis-ten obenauf. Matthias Giebe ist begeisterter Radfahrer, daher ist für ihn das Radwegekonzept der Partei beson-ders interessant. Viele Fragen haben die Gäste aber auch zum aktuellen Umgang mit Flüchtlingen. Energiepolitik, Tierhaltung und Ernährung kommen ebenso zur Sprache. Zum Schluss sprechen die Gäste noch das Thema Assistenz beim Wahlvorgang an. Die Stimmzettel überfordern viele. Dennoch möchten sie ihre Stimme direkt am Wahltag abgeben. Herr Giebe staunt, denn dazu haben die Abgeordneten der Partei bereits einen Gesetzentwurf formuliert. Sogar in einfacher Sprache. Nun sind alle gespannt, wie andere Parteien sich vorstel-len werden - beim nächsten „Politischen Tag“ in Dresden .

VERSTÄNDLICH ERKLÄRT

Wohnen | 35

LANDESPOLITIK

Page 36: 2015 Das Jahr in Kleinwachau

36 | Wohnen

Es war eine quirlige Atmosphäre, die der Som-merzirkus der Evangelischen Jugend Dresden mit seinem großen bunten Zirkuszelt ins Epilep-

siezentrum Kleinwachau gebracht hatte. Wie ein Ufo landete die gelb-rote Manege direkt auf der Wiese vor dem Brunnenhaus. Dazu eine große Schar junger Akrobaten. Die rund 50 Teilnehmer waren gerade mal zwischen zehn und 14 Jahren alt und zum Ende der Sommerferien in bester Stimmung. Zehn Tage lang waren sie zu Gast auf dem großen Areal in Liegau-Au-gustusbad, zelteten hier und erfuhren vor allem sich selbst in einer neuen Rolle, wie es Peter Otto vom Stadtjugendpfarramt Dresden erklärte: „Die Kinder sollen durch den Zirkus, durch die Rolle in die sie schlüpfen, ihre Persönlichkeit weiterentwickeln.“

Für die meisten von ihnen war es eine Begegnung mit einer anderen Welt. Menschen mit Epilepsie, darunter konnten sich die kleinen Kreativen anfangs kaum etwas vorstellen. Das änderte sich aber durch David und Elisa aus der Kleinwachauer Jugendwohn-gruppe. Die beiden waren Teil der bunten Akrobatik, ganz inklusiv also und unkompliziert, wie Peter Otto unterstrich. „Wir suchten nach einem neuen Ort für unseren Zirkus und wollten schon immer mal ein inklusives Zirkusstück durchführen. Und Kleinwachau ist dafür einfach ideal. Die Kinder wollten anfangs viel über die Krankheit Epilepsie wissen. Vor allem,

wie die Betroffenen im Alltag mit der Erkrankung umgehen“, sagte er. Antworten auf diese Fragen fanden sie schließlich überall im Epilepsiezentrum Kleinwachau. Und so freute sich der Bezirksjugend-wart auch darüber, dass seine Schützlinge mit einer hohen Sozialkompetenz an den kreativen Auftrag herangegangen sind. Luisa Schaefer aus Otten-dorf-Okrilla brachte das mit ihren eigenen Worten auf den Punkt: „David und Elisa sind doch total nett. Und ehrlich gesagt ziemlich normal.“ Die Worte der 12-jährigen klangen auch während der Zirkusvorstel-lung noch nach. Für eine gute Stunde verzauberten die Nachwuchsartisten das zahlreiche Publikum des Epilepsiezentrums und damit Bewohner, Patienten und Angehörige. Dann hatte auch Luisa Schaefer ihren Auftritt, bei dem sie schließlich ein Gespür für Gleichgewicht beweisen musste. Beim Seiltanz stand sie mit ihren Ballerinas auf einem schmalen Seil, ihre Arme glichen mit behutsamen Bewegungen die Macht der Schwerkraft aus. „Wenn ich auf dem Seil stehe, konzentriere ich mich nur noch auf das Atmen. Ich zähle dann immer die Sekunden. Das war anfangs ganz schön schwer“, sagte sie. In Workshops hatten die Kinder sich zuvor auf die Vorstellung vorbereitet, über Tage akribisch geübt und vor allem viele Freun-de gefunden, wie Luisa Schaefer es zusammenfasste. Ganz normale Freunde eben, bei denen Behinderun-gen niemanden zu behindern schienen.

MANEGE FREI!

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UND SONST...

AUGUST

FASCHINGBeim traditionellen Tanz in den

Mai gab es rockige Klänge von

den Cashbags. Das begeisterte

Publikum feierte bis in die Nacht.

TANZ IN DEN MAI

Osterfeuer

OSTERN

SOMMERFEST

Gottesdienst zum Anfassen. Beim Sommerfest lautete das Motto: Auf Gottes Baustelle.

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„Jeder, der einen Neuanfang macht, freut sich auf ein Lächeln.”

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AUSBLICK AUF NEUES

Ich erinnere mich noch ganz genau: Ich war auf dem Weg zu langjährigen Bekannten an

die bulgarische Schwarzmeerküs-te. Dort erhielt ich einen Anruf aus Kleinwachau, ob ich als Be-reichsleiter Arbeit zur Verfügung stehen würde. Nach einer kurzen Bedenkzeit sagte ich zu.

Seitdem ist viel zu tun, aufzuar-beiten, neu zu sortieren - Termin an Termin. Zum Glück gibt es viele Menschen, die mich offen aufge-nommen haben. Auf deren Hilfe kann ich bauen, dafür bin ich sehr dankbar. Jeder, der einen Neu-anfang macht, freut sich auf ein Lächeln. Lachen steckt an, verbin-det, es tut einfach gut. So erging es sicher auch Kathrin Pfützner. Sie hat sich in ihrem Beruf noch einmal komplett umorientiert. Aus einem Freiwilligendienst in unserer Werkstatt wurde schließ-lich eine Anstellung. Wie sich die Mutter von drei Kindern auf et-was völlig Neues eingelassen hat, erfahren Sie auf den nächsten Seiten.

Diese Zeilen können für mich (noch) kein Jahresrückblick sein, sondern vielmehr ein Ausblick auf

das neue Jahr. Ziel der Klein-wachauer Werkstätten für 2016 soll die Erarbeitung einer sta-bilen wirtschaftlichen Grundlage sein. Dazu werden wir den bereits eingeschlagenen Weg fortset-zen. Das bedeutet ganz praktisch den Ausbau des Metallbereiches. Wir können dieses Ziel erreichen, wenn wir unseren Ruf als ver-lässlicher Partner der Wirtschaft weiter festigen. Aber wir werden auch verschiedene Arbeiten auf den Prüfstand stellen müssen. Apropos: Die oft genannte und zugleich oft verwünschte Wirt-schaftlichkeit hat ja einen tieferen Sinn. Sie soll letztendlich dazu dienen, weitere Investitionen für die Arbeit der Menschen in der Werkstatt zu ermöglichen. Wir haben es in der Hand, wofür wir unser erwirtschaftetes Geld aus-geben!

Zusätzlich zu unserem Hauptziel werden wir 2016 unseren Berufs-bildungsbereich neu gestalten. Dem Integrationsunternehmen Paso doble werden wir 2016 ein neues, moderneres Äu-ßeres verleihen und dann den Schritt nach Dresden wagen. Als trägerübergreifendes Integra-

tionsunternehmen sind wir nun dafür gut aufgestellt. Und hoffent-lich werde ich Ihnen im nächsten Jahresrückblick berichten, wie wir in unserem Bereich gemeinsam an der Umsetzung der Ziele ge-arbeitet haben. Ich glaube, dass ich dann auch wieder von Offen-heit und Fröhlichkeit im Umgang miteinander schreiben kann. Ich freue mich darauf!

Hubertus SchreiberBereichsleiter Arbeit

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Mittlerweile sind es 27 Beschäftigte, die im Metallbereich der Kleinwachauer Werkstätten arbeiten. Im Ver-gleich zum Jahr 2014 hat sich die Mitarbeiterzahl verdoppelt. Der Metallbereich ist gewachsen, ebenso das Auftragsvolumen. Um die vielen neuen Aufträge abarbeiten zu können, wird sogar im Zweischicht-

betrieb gearbeitet. Die Beschäftigten sind dabei hochmotiviert, Abwechslung scheint das Zauberwort dafür zu sein. Sie führen ihre Arbeiten meist im Rotationssystem aus, so dass sie sich ständig mit unterschiedlichen Aufgaben abwechseln können. Langeweile kann da gar nicht aufkommen. Bei so viel aufblühendem Potential, neuen Maschinen und verschiedensten Produkten werden die Räume der Radeberger Außenstelle langsam zu eng. „Wir werden in den nächsten Monaten zusätzliche Lagerflächen aufbauen, die wir dringend benötigen. Es soll also ein Rohwarenlager und ein Fertigteillager entstehen“, sagt Jörg Heintzsch. Er ist zuständig für den

Metallbearbeitung im Zweischichtbetrieb.

Neue Lagerflächen sollen die Erweiterung beflügeln.M

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Metallbereich, als gelernter Zerspanungsmechaniker liegt ihm das schließlich im Blut. Er und seine Mitar-beiter bearbeiten eine ziemlich breite Produktpalet-te. Zum Beispiel bohren und schneiden sie Gewinde in Entwässerungsrinnen, die ihren Einsatz später im Straßenbau finden. Rund 1.000 Stück werden so am Tag an den drei Bohrmaschinen-Halbautomaten be-arbeitet. Das Besondere: Teilautomatisierte Prozesse minimieren den Kraftaufwand für die Beschäftigten. Gebohrt wird also auf Knopfdruck oder ganz bequem mit einem Fußpedal.

Dass Qualitätskontrolle beim Gewindeschneiden sehr wichtig ist, das weiß auch Jaqueline Scholz. Die 37-jährige macht diese Arbeit nicht ganz mit links, wie sie selbst sagt: „Ich habe da meine Schokola-denseite und die ist eben rechts. Ich kann leider nur an der rechten Maschine arbeiten, aber das kann ich gut.“ Bei der Arbeit helfen ihr eigens angefertigte Vorrichtungen. Diese vereinfachen den behinderten Beschäftigten die Positionierung der Gussteile an der Maschine. Die Beschickung und das Abnehmen erfolgt also per Hand, der Bohrvorgang dann aber völlig automatisch. Je nach Material können die Maschinen mit unterschiedlichen Parametern für Drehzahl und Vorschub eingestellt werden. Auch hohe Vorschübe sind möglich, wodurch schnell und effektiv produziert werden kann. Neben Grauguss kann auch Aluminium und Stahl bearbeitet werden.

Es sei die Abwechslung des Rotationsprinzips, also an einer Maschine stehen zu können, an der an-deren dann zu sitzen, die für Motivation bei den Mitarbeitern sorgt. Es scheint auch Jaqueline Scholz sichtlichen Spaß zu bereiten. „Nur die Pressmaschine macht mir persönlich keinen Spaß“, sagt sie dann aber doch deutlich. Diese von Druckluft betriebene Extenderpresse ist eine Leihgabe eines Hakenherstel-lers. Bis zu 26.000 Stück Metallhaken werden hier in den Kleinwachauer Werkstätten für Baumarktregale verarbeitet. Neben den hohen Qualitätsansprüchen ist Termintreue dabei sehr wichtig.

Auch für die Automobilzulieferindustrie wird in Kleinwachau gearbeitet. Zurzeit sind das Konfekti-onierungsdienstleistungen für Bleche. „Aber jeder neue Auftrag ist eine Motivation für unsere Arbeit“, weiß Jörg Heintzsch. Die Beschäftigten jedenfalls sind motiviert. Sie gehen auch sehr selbständig an ihre Arbeit heran. Und die scheint ihnen wirklich Spaß zu bereiten.

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Kristin Kiepisch strahlt mit dem blauen Himmel um die Wette. Bei einem Herbstspaziergang konnte sie Sonne und gute Laune tanken. Nun kommt sie mit den ande-ren Besuchern des Förder- und Betreuungsbereiches wieder zurück in die neuen Gruppenräume. Auch hier fallen Sonnenstrahlen durch die großen Fenster und machen die freundlichen Zimmer noch heller.

Es sind die Räume der ehemaligen Kleinwachauer Wäscherei. Anfang Oktober 2015 zog hier der Förder- und Betreuungsbereich der Werkstatt für behinderte Menschen ein. Das neue Domizil wird dringend ge-braucht, denn der Bedarf an Betreuungsplätzen für externe Besucher ist groß. Deshalb wurde das Wä-schereigebäude umgebaut. Neben Gruppen- und Ruheraum entstanden behindertengerechte Sanitär-räume mit höhenverstellbaren Waschbecken und eine barrierefreie Küche. 12 Menschen können nun in dem umgestalteten Haus betreut werden.

Die Besucher des Förder- und Betreuungsbereichs sind Menschen, die aufgrund ihrer Behinderungen nicht in den Kleinwachauer Werkstätten arbeiten können. Verschiedene Angebote fördern gezielt solche Fähigkeiten, die für das alltägliche Leben wichtig sind. Dazu gehören Mobilisierungs- und Orientierungstraining, hauswirtschaftliche Betäti-gung, kreatives Gestalten, Wahrnehmungsübungen und basale Stimulation. Logopädie, Ergo- und Phy-siotherapie ergänzen das Angebot. Die betreuten Menschen fühlen sich sichtlich wohl in den neuen Räumen. Schnell haben sie sich eingelebt, wozu si-cher auch die entspannte Athmosphäre der kleinen Gruppe, die großzügige Raumgestaltung und die naturnahe Lage beitragen.

Sie lassen sich auch nicht durch den Baulärm stö-ren, der noch im Herbst 2015 auf der Wiese neben dem Haus herrscht. Hier entsteht ein Freibereich mit Terasse, Sitzecken und Bepflanzung. Gespannt beobachtet Kristin Kiepisch mit den anderen die Baumaschinen und freut sich dabei schon auf einen weiteren „Platz an der Sonne“.

SONNEEIN PLATZ AN DER

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Es gibt viele gute Gründe, sich für einen Freiwilli-gendienst zu entscheiden. Die meisten Freiwilli-gen möchten sich beruflich neu orientieren oder

Leerzeiten sinnvoll überbrücken. In manchen Fällen öffnen sich unerwartete Perspektiven: So bei Kathrin Pfützner.

Die Mutter von drei Kindern beschloss im Sommer 2014, sich beruflich umzuorientieren. Ein erstes kurzes Praktikum in der Werkstatt des Epilepsie-zentrums Kleinwachau bei Radeberg ermutigte sie, diesen Weg weiterzuverfolgen. Die ausgebildete Herrenmaßschneiderin entschied sich für einen Freiwilligendienst aller Generationen (FDAG) in Klein-wachau. Noch während ihres Freiwilligendienstes bewarb sich Kathrin Pfützner auf eine ausgeschrie-

bene Stelle in der Werkstatt für Menschen mit Behinderung. Diese Bewerbung war erfolgreich.

Seit April 2015 arbeitet sie nun im Montagebereich der Kleinwachauer Werkstätten und freut sich, dass ihre berufliche Neuorientierung über den FDAG so gut geklappt hat. Dankbar blickt sie auf ihre Zeit mit den Paritätischen Freiwilligendiensten Sachsen zurück, weil ihr von den Referentinnen viel Mut ge-macht wurde, ihren eigenen Weg zu finden und sich auszuprobieren. Sie lernte ihre eigenen Rahmen-bedingungen zu erkennen und entsprechend auch Grenzen zu setzen. „Unsere Generation, Menschen über 45 Jahre, sind aufgrund ihrer Erfahrungen und gemeisterten Herausforderungen ein Potenzial für die Gesellschaft”, ist Kathrin Pfützner überzeugt.

HALF BEI BERUFLICHER NEUORIENTIERUNG

FREIWILLIGENDIENST

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EINSATZFÜR FLÜCHTLINGE

Um zur Arbeit zu kommen, muss Kathrin Haa-se (re.) nun immer eine Stunde früher aufste-hen. Zuvor arbeitete sie in der Kleinwachauer

Keramikwerkstatt, nur wenige Autominuten von ih-rem Wohnort Radeberg entfernt. Nun macht sich die 33-jährige jeden Morgen nach Dresden auf, steht im täglichen Stau vor dem Stadtrand und nimmt auch ihre Kollegin Yvonne Haase mit. Doch diese Umstän-de machen ihr wenig aus. Sie weiß: Dort, wo sie hin-fahren, werden sie dringend gebraucht. Das Ziel der beiden ist das Erstaufnahmelager für Flüchtlinge in der Turnhalle der Offizierschule des Heeres Dresden. In Kooperation mit der Volkssolidarität Dresden ma-nagen die beiden Frauen morgens und mittags die Essenausgabe. Sie haben den Überblick über den Bestand an Lebensmitteln und Geschirr, sie erledigen Bestellungen und sorgen für Ordnung hinterm Tresen.

Die Anfrage zu dieser Tätigkeit kam für Kathrin Haase an einem Freitag im September 2015. Viel Zeit für die Entscheidung hatte sie nicht. Noch am selben Tag sah sie sich gemeinsam mit zwei Kolleginnen den Ar-beitsplatz an. Zunächst war sie erschüttert: „Wir alle kennen die Fernsehbilder. Doch wenn man den be-troffenen Menschen direkt gegenüber steht, in die Gesichter schaut, die Familien und Kinder sieht, den Schlafsaal, die Enge – das muss man erstmal verar-beiten“, erzählt sie. „Ich musste sofort an meine Fa-milie, an mein Kind denken - wie wäre das für uns? Die dritte Kollegin war so fassungslos, sie konnte die-se Arbeit nicht antreten. Aber schließlich habe ich in den fremden Gesichtern auch sehr viel Hoffnung ge-sehen. Ich habe gespürt, wie sehr wir hier gebraucht werden. So haben Yvonne und ich entschieden: Wir packen es an! Das habe ich auch meinem kleinen

Sohn erklärt, der nun schnell lernen musste, morgens allein zur Schule zu starten.“

Mit großem Engagement und bewundernswerter Flexibilität stellen sich beide Frauen den neuen An-forderungen. „Vier Tage hatten wir Zeit zum Einarbei-ten“, berichten sie. „Am Anfang herrschte ziemliches Durcheinander, doch das besserte sich. Inzwischen haben wir unseren Rhythmus gefunden und die Menschen haben sich an das System gewöhnt. Die Kinder fangen an zu spielen, sitzen nicht mehr nur verschüchtert herum. Die Leute geben uns zu verste-hen, wie froh sie sind, dass wir da sind.“ Kathrin Haase hat sogar angefangen, nach Feierabend daheim am Laptop Englisch zu lernen. „Ein Mann fragt mich im-mer auf Englisch nach den deutschen Begriffen. Jetzt kann ich mich verständigen und manchmal sogar den Menschen dabei helfen, Deutsch zu lernen.“

Der Umgang mit Menschen, egal welche Sprache sie auch sprechen, gelingt Kathrin Haase mühelos. Sie lässt sich nicht aus der Ruhe bringen, ebenso wenig wie ihre Kollegin Yvonne Haase. „Sollte doch mal jemand über die Stränge schlagen, sind ja auch noch der Sicherheitsdienst und die Leute vom DRK da“, meint sie. Für Yvonne Haase ist das Arbeitsfeld komplett neu, bisher hatte sie stets in Holzwerkstät-ten gearbeitet. Kathrin Haase dagegen hatte als Ju-gendliche schon einmal eine Ausbildung zur Haus-wirtschafterin begonnen. Vielleicht kann sie hier nun anknüpfen. Eines ist für sie jedenfalls klar: „Ich blei-be hier, solange ich gebraucht werde. Es ist für mich auch eine Bewährungsprobe. Schließlich möchte ich irgendwann fit sein für eine Stelle auf dem allgemei-nen Arbeitsmarkt.“

„Ich spüre, wie sehr wir gebraucht werden.”

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WERKSVERKAUF

In den Kleinwachauer Werkstätten werden verschiedenste Produkte sortiert, komplettiert und verpackt. Von Bändern, über Spiele, Nagel-scheiben bis hin zu den Eigenprodukten reicht dabei die Produktpallette. Um den gestiegenen Ansprüchen der Auftraggeber gerecht zu werden, können diese Produkte nun auch in Folie eingeschweißt werden. Dafür hat die Werkstatt ihr Sortiment um zwei Schrumpftunnel erweitert. Auch für die Beschäftigten ist das eine neue, motivierende Arbeit, die sehr gern gemacht wird. Dabei werden die Produkte zunächst in eine Folie eingelegt und durchlaufen dann den Tunnel bei variabel einstellbaren Temperaturen. Dadurch schrumpft die Folie und liegt schließlich eng an dem Produkt an, quasi als schützende Hülle.

Neue Schrumpftunnel für Verpackungen»

Wachauer Str. 30 01454 Radeberg

schöne, besondere Geschenke

Produkte aus den Kleinwachauer Werkstätten

Montag bis Freitag geöffnet

Telefon: (03528) 431-1765 E-Mail: [email protected]

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PASO DOBLE

Pfarrer Christoph Stolte, Direktor Diakonie-Stadtmission Dresden

„Mit der Unterstützung von nun drei gestandenen Gesellschaftern aus der Sozialwirtschaft wird das Paso doble leistungsfähiger und profitiert von diesem Verbund. Wir als Stadtmission Dresden sehen in der Zu-sammenarbeit einen wichtigen Weg, um auch unserem Auftrag besser gerecht zu werden. Bereits jetzt ist das Paso doble in zwei Kindertages-stätten der Diakonie in Seifersdorf und Fischbach sehr erfolgreich tätig. Darüber können Sie auf der nächsten Seite lesen. Meine Vision ist, dass das Paso doble diese Arbeit auch in Dresden fortsetzen kann.“

Martin Wallmann, Geschäftsführer Epilepsiezentrum Kleinwachau

„Mit dem Eintritt der neuen Partner in den Kreis der Gesellschafter des Paso doble geht für mich ein langersehnter Traum in Erfüllung. Zwei der größten Träger sozialer Arbeit in der Landeshauptstadt Dresden zeigen mit diesem Schritt ein klares Bekenntnis: Schaffung von Arbeitsplätzen für Menschen mit Behinderungen. Menschen, die sonst fast chancen-los am allgemeinen Arbeitsmarkt sind, bekommen im Paso doble ihre Chance. Dies ist auch Ziel des Modellprojektes ˊArbeit statt Plätzeˊ, welches in den vergangenen drei Jahren durch den Kommunalen So-zialverband gefördert wurde. Ich freue mich sehr auf den weiteren Ausbau der Zusammenarbeit.“

Clemens Burschyk, Geschäftsführer Volkssolidarität Dresden

„Mit unserer Beteiligung am Integrationsunternehmen Paso doble er-gänzen wir das Angebot der Volkssolidarität Dresden. Getreu unserem Leitmotiv ˊMiteinander – Füreinanderˊ verbinden wir damit auch die Hoffnung, für Menschen mit Behinderung langfristig sichere Arbeitsplätze schaffen zu können. Gleichzeitig sehen wir die Chance, gemeinsam Inklu-sion bei der täglichen Arbeit zu verwirklichen. Dabei vertrauen wir auf die Erfahrungen und Kompetenzen des Epilepsiezentrums Kleinwachau und freuen uns auf die zukünftige Zusammenarbeit mit den neuen Partnern. Die Volkssolidarität ist stolz, bei diesem ersten trägerübergreifenden In-tegrationsunternehmen dabei sein zu dürfen und begrüßt gleichzeitig die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Paso doble.“

Seit dem 1. Januar 2015 hat das Integrationsunternehmen Paso doble neben dem Epilepsiezentrum Kleinwachau zwei zusätzliche Gesellschafter. Als Partner konnten die Diakonie-Stadtmission Dresden und die Volkssolidarität Dresden gewonnen werden. Damit ist das Paso doble das erste trägerübergreifende Integrationsunternehmen in Sachsen. Im Folgenden erklären die jeweiligen Geschäftsführer, welche Visionen sie mit diesem Schritt verfolgen.

TRÄGERÜBERGREIFENDE

ZUSAMMENARBEIT

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„Was gibt’s zu Mittag?“, fragt ein Vierjäh-riger, der durch die Küchentür linst. „Leckeres Hühnchen“, antwortet Frank

Kramer, der gerade noch Babybrei pürierte und nun Fleisch, Erbsen und Kartoffeln aus den Wärmebehäl-tern in Schüsseln füllt. Ein paar Sekunden später fragt der nächste Knirps und kurz darauf der dritte. Alle erhalten eine fröhliche, geduldige Antwort. „Wenn sie von draußen kommen, haben die Kleinen großen Hunger“, erklärt er und beeilt sich mit der Vorberei-tung. Jeder Handgriff sitzt, Herr Kramer ist schließ-lich Küchenprofi. Über 15 Jahre arbeitete er in einem bayrischen Hotel, bis es den 51-jährigen wieder in die Heimat zog. Über eine Zeitarbeitsfirma fand er zunächst eine Tätigkeit im Café des Integrationsun-ternehmens Paso doble. Als im Mai 2015 die Anfrage nach einer Servicekraft für die Kita „Himmelsleiter“ kam, zögerte er nicht lange. Nun ist er der gute Geist des neuen Hauses in Seifersdorf. Neben der Arbeit in der Ausgabeküche ist er auch für alle anfallenden Hausmeistertätigkeiten zuständig. Wo immer es et-was zu reparieren, aufzubauen oder zu befestigen gilt, ist er zur Stelle. Zum Glück verfügt der gelernte Maurer über jede Menge handwerkliches Geschick. Das beeindruckt die Kinder, die am liebsten bei al-

lem helfen wollen. Frank Kramer ist ihr „Baumeister“, „Frank der Meister“ oder einfach „unser Frank“.

Auch die Erzieherinnen schätzen den Kollegen sehr. „Für Kinder ist ein Mann im Kita-Team eine wichtige Bereicherung“, erklärt die Leiterin Konstanze Liepke. „Manches sieht er aus anderer Perspektive, erklärt Dinge auf seine Weise. Seine Erfahrung, Vielseitigkeit und Verlässlichkeit sind eine große Hilfe für uns, die Zusammenarbeit ist sehr angenehm.“ Frank Kramer spürt die Anerkennung, die die Mitarbeiterinnen, aber auch die Kinder und deren Eltern ihm entgegenbrin-gen. „Die Kinder zeigen das auf ihre Weise. Manchmal werde ich überrascht mit einem selbst gemalten Bild oder einem selbst gefundenen ‚Glitzersteinchen‘. Natürlich bekommt alles einen Platz bei mir. Of-fensichtlich schmeckt den Kindern auch das Essen sehr gut, das ich ausgebe. Doch das ist nicht mein Verdienst, sondern die Leistung der Kleinwachauer Küche, auch das muss mal erwähnt werden!“

Im Lagerraum hängt eine Krone aus Papier. „Die habe ich kürzlich von den Kindern geschenkt bekommen“, erzählt Frank Kramer und fügt hinzu: „Da hab ich mich gefreut wie ein König!“

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FRANK DER MEISTERHAUS, GARTEN UND KÜCHE DER KITA SIND SEIN REVIER

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Zu Jahresbeginn sah er noch recht kahl aus, der neue barrierefreie Gemeinschaftsgarten am Talhaus. Inzwischen hat sich bereits einiges getan: Eine Per-gola überdacht die zukünftige Sitzecke, ringsum sind Sträucher gepflanzt. Auch Sonnenschirme wurden bereits angeschafft.

Nun hoffen die zukünftigen Nutzer auf weitere Spenden. Denn als nächstes sollen unterfahrbare Hochbeete angeschafft werden. Diese sollen dafür sorgen, dass auch Menschen mit körperlichen Ein-schränkungen vom Rollstuhl aus bepflanzen und pflegen können.

Der gesamte Garten ist so geplant, dass Senioren und Menschen mit schweren mehrfachen Behinde-rungen die Natur genießen und gestalten können. Der Entwurf geht übrigens zurück auf eine Idee junger Studenten der Landschaftsarchitektur. Die kreisförmig begrenzte Anlage ermöglicht Wege ohne Sackgassen und gibt Menschen mit Demenz Orientierung und Geborgenheit. Bekannte und neue Pflanzen und Kräuter schärfen die Sinne und regen zum Mitgestalten an. Bei den Senioren werden so Erinnerungen geweckt und Fähigkeiten lebendig gehalten.

Für den Bau des Gartens wurden durch Kleinwachau bereits 60.000 EUR ausgegeben. Für Bepflanzung und Gestaltung werden insgesamt 16.000 EUR be-nötigt. Dank vieler Spender ist bereits mehr als die Hälfte der Summe zusammen gekommen. Doch bis zur Fertigstellung des Gartens ist noch einiges zu tun. Viele Pflanzen und Gartenmöbel werden benö-tigt. Eine Brunnenpumpe soll dafür sorgen, dass ein vorhandener Brunnen zukünftig zur Bewässerung genutzt werden kann. Und schließlich soll ein großer Apfelbaum später Schatten spenden und hoffentlich auch Früchte tragen!

Deswegen sind wir auch weiterhin auf Ihre Spenden angewiesen.

VIELEN DANK! GEMEINSCHAFTSGARTEN WÄCHST

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Kleinwachau | 49

Bitte helfen Sie mit Ihrer Spende!

Vielen Dank!

»

SPENDENPROJEKT

Bitte geben Sie bei Ihrer Überweisung Ihre Adresse im Verwendungszweck mit an. Sie erhalten dann automatisch von uns eine Spendenquittung.

2016

Spendenziel: 16.000 EUR

Verwendungszweck: Talhausgarten

Leider haben wir das Spendenziel von 16.000 EUR noch nicht erreichen können. Deswegen können Sie auch im Jahr 2016 mit einer Spende dazu beitragen, dass der Gemeinschaftsgarten am Talhaus ein bunter Ort der Begegnung und des Erlebens im Freien wird.

Ihre Spende kann helfen, dass sich die Senioren aus dem Talhaus, aber auch die Bewohner des be-nachbarten Waldhauses und die Beschäftigten der Förder- und Betreuungsgruppe in diesem Gemein-schaftsgarten wohl fühlen werden.

Aktueller Spendenstand: 8.900 EUR (Stand Nov. 2015)

SPENDENKONTO

EMPFÄNGERFörderverein Epilepsiezentrum Kleinwachau e.V.

IBANDE25 3506 0190 1615 9600 94

BICGENODED1DKD

VERWENDUNGSZWECKTalhausgarten

Page 50: 2015 Das Jahr in Kleinwachau

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Telefon: (03528) 431-2222

E-Mail: [email protected]

www.pasodoble-radeberg.de

Reinigungsdienste

» Hausmeisterservice

» Logistik & Transporte

Hier arbeiten Menschen

mit und ohne Handicap gemeinsam

Jahresspendenprojekt 2016:

TALHAUSGARTENVielen Dank für Ihre Unterstützung!

www.epilepsieberatung-dresden.de

Page 51: 2015 Das Jahr in Kleinwachau

DIE WELT VERBESSERN?

MACH DOCH!

RUF AN!Karsten Bilz (Koordinator Freiwilligenarbeit)Telefon: (03528) 431-1121 E-Mail: [email protected]

FSJ

» in den Wohnbereichen» in der Förderschule» im Fachkrankenhaus» in der Werkstatt» in der Förder- und Betreuungsstätte

Einstieg: 1.9. - 28.2. Dauer: 12 - 18 Monate

» 350 EUR pro Monat » freies Mittagessen» kostenlose Wohnmöglichkeiten in WGs

FÜR 18-27 JÄHRIGE:

9 FSJ-STELLEN

WIR BIETEN:

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Wir bieten 15 Stellen im Bundesfreiwilligendienst:» im Fachkrankenhaus» in den Wohnbereichen» in der Werkstatt für behinderte Menschen» in der Förderschule» im Hausmeisterbereich

Einstieg: jederzeit zum Monatsanfang möglich

» Wählen Sie: 21, 30 oder 40 Wochenstunden» 310 - 410 EUR pro Monat

ÄLTER ALS 27 JAHRE?

LUST ZU HELFEN?

WIR BIETEN:

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IMPRESSUM

HERAUSGEBERKleinwachau Sächsisches Epilepsiezentrum Radeberg gGmbHWachauer Str. 3001454 Radeberg

Telefon: (03528) 431-0E-Mail: [email protected]

VERANTWORTLICH FÜR DEN INHALTMartin Wallmann (Geschäftsführer)

KONZEPT, REDAKTION, LAYOUT & GRAFIKAbteilung ÖffentlichkeitsarbeitAlexander Nuck (Leitung)Patricia Wachsmuth

FOTOS & BILDERSächsisches Epilepsiezentrum Radeberg, S. 4: Bernd Gold- ammer, S. 23: Jens Koch, S. 27: buruckerbarnikol + thoma architekten, S. 46: Diakonie-Stadtmission Dresden, Volkssolida-rität Dresden, S. 51: Eisenhans- Fotolia.com AUFLAGE: 3.000 Stück, kostenlose Verteilung frei Haus

DRUCKKONSTA Druck & Werbung, Inhaber: Ralf GauptysRadeberger Straße 34, 01454 Feldschlößchen

Kleinwachau | 51

Telefon: (03528) 431-2222

E-Mail: [email protected]

www.pasodoble-radeberg.de

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Kleinwachauer Sommerfest und Kirchspieltag Radeberger Land25. Juni 2016

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www.kleinwachau.de

Gott spricht: Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet.Jesaja 66, Vers 13

Jahreslosung 2016

G Wir laden Sieherzlich ein. 2016

» Tag der offenen Tür in Kleinwachau 18. März 2016

» Epilepsiesymposium 30. April 2016 Saal der Kleinwachauer Werkstätten

»»

Tanz in den Mai7. Mai 2016 Saal der Kleinwachauer Werkstätten

14. Epilepsieforum 1. Oktober 2016 Dresden, An der Kreuzkirche 6»Weihnachtsmarkt der Förderschule2. Dezember 2016»