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JAHRESBERICHT 2017

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JAHRESBERICHT

2017

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EditorialWährend 16 langen Jahre führte Ruth-Gaby Vermot die Gesellschaft für bedrohte Völker Schweiz als Präsidentin; im Mai 2017 trat sie zurück. In dieser Zeit ent-wickelte sich die GfbV zu einer Organisation, die geachtet, respektiert und zum Teil auch gefürchtet wird. Denn wir haben gelernt, wann wir deutlich kritisieren müssen – aber auch, wann wir kooperieren wollen. Das ganze Team und auch der Vorstand danken Ruth-Gaby Vermot für das tolle Engagement.

Im Jahre 2017 haben wir gezeigt, wie der Naturschutz in Peru der indigenen Bevölkerung jegliche Entwicklung verunmöglicht. Wir besuchten vier betroffene indigenen Dörfer und unterstützten die Indigenen-Organisation in ihrem Kampf für die Selbstbestimmung. So begleiteten wir sie an die UNO in Genf, wo sie ihre Rechte einforderte. Auch mit einer Yanomami-Delegation aus dem brasilianischen Amazonas waren wir in Genf und erhielten von einer Goldraffinerie die Versiche-rung, dass sie kein «schmutziges» Gold aus dem Yanomai-Reservat bezieht.

In der Schweiz setzten wir uns gegen den Antiziganismus ein. Das sind teils ras- sistische Vorurteile gegen Roma, Sinti und Jenischen. Wir forderten mehr Tran-sitplätze für fahrende Roma, führten eine Fachtagung zur Thematik durch und entwickelten ein Mediationsprojekt. Sobald fahrende Gruppen in einer Gemeinde mit Problemen konfrontiert sind, wird ein fachkundiger Mediator beigezogen. Ende Jahr durften wir das Projekt dem Verein Sinti und Roma übergeben.

In Sri Lanka wehrten wir uns gegen den Landraub durch das Militär und führten Workshops durch, bei denen die tamilische Bevölkerung lernt, wie sie sich wehren kann. Wir unterstützten die Proteste der Frauen gegen das gewaltsame Verschwin-denlassen von Oppositionellen.

Ebenso führten wir die Proteste zu Standing Rock weiter, wo eine Pipeline die Wasserversorgung der nordamerikanischen Sioux gefährdet. Wir kritisierten die Credit Suisse an der Aktionärsversammlung für die Erteilung von Krediten an die Firma, welche die Pipeline baut und reichten gegen die Bank eine Beschwerde beim Schweizer Kontaktpunkt der OECD ein.

Wir schliessen die Jahresrechnung mit einem kleinen Defizit ab, das aber deutlich kleiner ist als budgetiert. Mit unseren über 14'000 Spenderinnen und Mitgliedern sind wir gut aufgestellt. Wir bedanken uns bei Ihnen allen herzlich, die unseren Einsatz auch im vergangenen Jahr unterstützt haben.

3Editorial

6Kampagnen & ProjekteIndigenenrechte Peru

20Kampagnen & Projekte Roma, Sinti und Jenische

28–31 FinanzberichtBilanzErfolgsrechnungLeistungsbericht

4Kampagnen & Projekte

Erfolge 2017

14Kampagnen & Projekte

Sri Lanka

26Kurznews

36Team & Vorstand

IMPRESSUMHerausgeberin: Gesellschaft für bedrohte Völker Schweiz Schermenweg 154, 3072 Ostermundigen, 031 939 00 00, [email protected], www.gfbv.chSpendenkonto: Berner Kantonalbank BEKB: IBAN CH05 0079 0016 2531 7232 1 Texte: Delia Brändli, Christoph Wiedmer, Irene Gurtner Layout: Tania Brügger MarquezRedaktion: Delia Brändli, Dominique Schärer Foto Titelseite: Christoph Wiedmer

Göpf BerwegerVIZEPRÄSIDENT

Christoph WiedmerCO-GESCHÄFTSLEITER

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Kampagnen & Projekte: Erfolge 2017

USA North Dakota /Schweiz

Die GfbV reicht im April beim Nationalen Kontaktpunkt (NKP) der OECD Beschwerde gegen die Credit Suisse ein, die finanziell wesentlich am Bau der umstrittenen North Dakota Access Pipeline beteiligt ist. Im Oktober tritt der NKP auf die Beschwerde ein.

PERU Cajamarca

Die indigene Kleinbäuerin Máxima Acuña de Chaupe wird im Mai freigesprochen, nachdem sie vom Goldkonzern Yanacocha S.R.L. des Landraubes angeklagt wurde. Im September schlägt sie zurück: Sie reicht Klage gegen das Minenunternehmen Newmont Mining Corporation ein, Haupt- aktionärin von Yanacocha. Die GfbV unter-stützt die Aktivistin gemeinsam mit anderen Organisationen.

FRANKREICH Strassburg

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) urteilt, dass die Schweiz im Falle der Ausschaffung einer tamilischen Familie 2013 die Europäische Menschenrechtskonventi-on verletzt hat. Der Vater der Familie wurde nach seiner Ankunft in Sri Lanka verhaftet und gefoltert.

SCHWEIZ Bern

• Die GfbV startet ein neues Pro-jekt «Fahrende Roma: Information, Mediation und Sensibilisierung» in Zusammenarbeit mit dem Verband Sinti und Roma Schweiz (VSRS). Mediatoren sollen Konflikte zwi-schen Fahrenden und Sesshaften entschärfen.

• Am internationalen Tag der Roma im April veranstaltet die GfbV zusammen mit Schweizer Roma-Organisationen eine Aktion für mehr Respekt und Anerken-nung. Es ist das erste Mal, dass Roma in der Schweiz mit ihren Anliegen gemeinsam an die Öffent-lichkeit gehen.

PERU/BRASILIEN Amazonas

Um die Dringlichkeit ihrer An-liegen bei Uno, Wirtschaft und Politik aufzuzeigen, reisen im Juli Amazonas-Indigene in die Schweiz, begleitet und unterstützt von der GfbV. Indigenenvertreter aus Peru und Brasilien machen sich dafür stark, dass ihre kollektiven Rechte bei Rohstoff- und Naturschutzpro-jekten beachtet werden.

SRI LANKA Jaffna-Halbinsel

Die GfbV organisiert im April einen Workshop, in welchem Betroffene von Landraub über ihre Rechte aufgeklärt werden. Rund 50 Personen verschiede-ner Regionen und ethnischer Gemeinschaften nehmen teil und verabschieden mit der «Nallur Deklaration» ihre gemeinsamen Forderungen gegen Landraub.

Auch 2017 setzte sich die GfbV in verschiedenen Ländern für die Menschenrechte von Minderheiten und indigenen Völkern ein. In Nord- und Südamerika engagierte sich die GfbV für die Rechte indigener Völker; in den USA rund um den Bau der North Dakota Access Pipeline und in Peru im Zusammenhang mit Goldabbau und Naturschutz. In Sri Lanka kämpfte die GfbV gegen Landraub und gewaltsames Verschwinden. Auch in der Schweiz war die GfbV 2017 aktiv: Sie setzte sich für die Rechte von Roma, Sinti und Jenischen ein. In verschiedenen Regionen der Welt konnten wir in diesem Jahr gemeinsam mit Partnern Erfolge erzielen.

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WENN NATURSCHUTZ INDIGENENRECHTE BEDROHT

Inmitten des Amazonas, im Herzen der Region Madre de Dios, liegt der weltbekannte Manu-Nationalpark. Der 1973 gegründete Parque Nacio-nal del Manú wird als einer der Orte mit der höchsten Biodiversität der Welt betrachtet und wurde 1987 zum UNESCO-Weltnaturerbe erklärt. Der Zugang zum Park ist streng eingeschränkt und überwacht. Dies bietet Schutz vor Wilderern, Rodung, Rohstoffförderung und Umweltverschmut-zung und leistet einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung der Biodiversität. Die strikten Regeln erschweren jedoch die Lebensbedingungen und die Entwicklung jener indigenen Völker, die das Gebiet ihr Zuhause nennen und von der Subsistenzwirtschaft leben.

Indigene sollen in Entscheidungsprozesse einbezogen werden

Bei der Gründung des Manu-Nationalparks wurden die vier dort ansässi-gen Matsigenka-Gemeinden nicht in Entscheidungsprozesse einbezogen und ihre Bedürfnisse kaum berücksichtigt – mit negativen Folgen für die rund tausend Einwohnerinnen und Einwohner des Parks. So dürfen die Indigenengemeinschaften zum Beispiel bei der Jagd nur traditionelle Methoden und Waffen wie Pfeil und Bogen verwenden und können sich nicht weiterentwickeln. Ausserdem ist ihnen der Handel ausserhalb des Parks verwehrt, was zu einem ernsthaften Ernährungsproblem führt. Die Gesundheitsversorgung innerhalb des Parks ist prekär und die Bildungs-möglichkeiten sind unzureichend, denn die Schule ist durch eine Verein-barung zwischen Kirche und Staat geregelt und beinhaltet die Evangeli-sierung der Indigenen.

Der Manu-Park ist kein Einzelfall. Die Missachtung von Indigenenrechten aus Naturschutzgründen ist gemäss UNO ein globales Phänomen. Aller-dings, so die GfbV, ist angesichts der akuten Bedrohung durch Bergbau-projekte, Staudämme, illegaler Abholzung und Drogenhandel eine starke Allianz zwischen Indigenen und Naturschützerinnen und -schützern die einzige Lösung, um den Amazonas und wertvolle menschliche Lebens-räume vor solchen Eingriffen zu schützen. Der Naturschutz muss dabei auf den Bedürfnissen und Rechten der Indigenen basieren.

INDIGENENRECHTE IN PERUIn Peru verfolgt die GfbV seit mehreren Jahren die Auswirkungen des Roh-stoffabbaus auf die Rechte indigener Gemeinschaften und macht auf die damit verbundenen Menschenrechtsverletzungen aufmerksam. Doch die Rechte von indigenen Gemeinschaften in Peru werden nicht nur durch Roh-stoffabbau, sondern auch durch Naturschutzprojekte bedroht. 2017 machte die GfbV gemeinsam mit ihrer peruanischen Partnerorganisation FENAMAD bei der UNO auf die Menschenrechtsprobleme im Naturschutzpark Manu in der Amazonasregion Madre de Dios aufmerksam.

©Foto: Thomas Mueller

Conservación ambiental solo con respeto de derechos indígenas, Swissinfo, 14.7.2017 https://www.swissinfo.ch/spa/conservaci%C3%B3n-ambiental-solo-con-respeto-de-derechos-ind%C3%ADgenas/43329736

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Brasiliens Yanomami reisen mit nach Genf

Im Juli begleitete die GfbV neben der peruanischen Delegation auch Vertreterinnen und Vertreter des Yanomami- und des Surui-Volkes aus Brasilien an die UNO. Vom Amazonas bis nach Genf reiste Co-Geschäfts-leiter der GfbV, Christoph Wiedmer, mit der Yanomami-Delegation mit. In Brasilien sind die Territorien der indigenen Gemeinschaften der Yanomami und der Surui von Umweltzerstörung und Rohstoffab-bau massiv betroffen. Mit der Zerstörung des Amazonas-Regenwaldes verschwindet auch der Lebensraum der lokalen Bevölkerung. Zudem will die neue brasilianische Regierung unter Präsident Temer die Schutzge-biete für Indigene reduzieren und für die industrielle Nutzung öffnen – ohne Zustimmung der betroffenen indigenen Bevölkerung. Seit Jahren engagieren sich Häuptlinge wie Davi Kopenawa Yanomami für den Schutz ihrer indigenen Schutzgebiete in Brasilien. «Der Abbau von Gold bringt Zerstörung, vergiftet die Flüsse und macht unser Volk krank», so Davi Kopenawa Yanomami. Die Delegation wurde auch begleitet von einem Filmteam des Regisseurs Daniel Schweizer, der einen neuen Film über die Indigenen im Amazonas dreht.

Delegation aus Peru reist an die UNO

Anlässlich des Expertenmechanismus für Indigenenrechte (EMRIP) fanden sich Mitte Juli hunderte Vertreterinnen und Vertreter von indigenen Völkern aus aller Welt in Genf ein. Die GfbV begleitete eine Delegation aus Peru an die UNO, um auf die Problematik des Manu-Nationalparks aufmerksam zu machen. «Seit Jahrhunderten bewohnen und schützen wir den Amazonas» sagte Julio Cusurichi, Präsident der Indigenen-Or-ganisation FENAMAD während des EMRIP in Genf. «Wir sind nicht gegen Umweltschutz – aber wir möchten die Verantwortung für den Manu-Park gemeinsam mit der Regierung tragen.»

Die Bewohner des Parks fühlen sich von der lokalen Regierung und der Parkadministration hintergangen. Sie fordern die Einhaltung der ILO- Konvention 169, die den Einbezug, die Mitbestimmung und das Einver-ständnis der betroffenen indigenen Bevölkerung bei Wirtschafts- und Umweltschutzprojekten vorschreibt. Bei Treffen mit den Umweltschutz- organisationen IUCN und WWF, mit Vertretern der peruanischen Regie-rungsdelegation an der UNO und mehreren Sonderbeauftragten, hatte die peruanische Delegation mit Unterstützung der GfbV Gelegenheit, auf die Missstände aufmerksam zu machen. Dabei stiessen sie auf offene Ohren und konnten wertvolle Kontakte knüpfen. Die GfbV organisierte ausser-dem ein Podiumsgespräch in Genf, an dem Vertreter von Indigenenge-meinschaften und Naturschutzexpertinnen diskutierten. Dabei stellte sich heraus, dass den Rechten indigener Völker zwar vermehrt Rechnung getra-gen wird, wenn es um Naturschutzzonen geht, die Schwierigkeit liegt aber vor allem in der Umsetzung der Strategien angesichts oft komplexer Situationen vor Ort.

Häuptling Davi Kopenawa Yanomami in seinem Dorf in Brasilien. ©Foto: GfbV

Vor der Kolonialisierung lebten schätzungsweise sechs Millionen Indigene in Südamerika; ihre Anzahl wurde durch Krankheiten und Krieg stark dezimiert.

In Brasilien leben heute rund 240 verschieden Indigenenvölker mit ungefähr 900 000 Angehörigen.

Pro Jahr verschwinden zirka zwei Millionen Hektaren des Amazonas- Regenwaldes.

Facts & Figures

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Facts & Figures

USA: SCHWEIZER BANKEN IN UMSTRIT-TENE PIPELINE INVOLVIERTSeit 2016 löst der Bau der höchstumstrittenen North Dakota Access Pipe-line weltweit Proteste aus. Die Pipeline führt durch das Indianerreservat Standing Rock und bringt hohe Gefahren wie die Verschmutzung des Flus-ses – der Lebensgrundlage der dort ansässigen Sioux-Indigenen – mit sich. Trotzdem führten die amerikanischen Baufirmen das Projekt durch und stellten es im Frühling 2017 fertig. Die GfbV kritisierte die Geschäftsbe-ziehungen der Schweizer Banken Credit Suisse und UBS mit den Baufirmen – Vergabe von Kreditlinien, Verwalten und Halten von Aktien, administra-tive Tätigkeiten – und reichte im April 2017 eine Beschwerde gegen die Credit Suisse ein.

EIN GESCHÄFT, DAS MENSCHENRECHTE MISSACHTET

Das Jahr 2017 begann mit einer ernüchternden Nachricht aus dem Weissen Haus: Tage nach seinem Amtsantritt entschied US-Präsident Donald Trump zugunsten der Fertigstellung der North Dakota Access Pipeline (DAPL). Zuvor wiesen UNO-Expertinnen und -Experten, zahlreiche Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen auf die Probleme hin, die das Projekt mit sich bringt. Die GfbV appellierte an die US-Regierung, den Konflikt zwi-schen den Indigenen vom Volke der Sioux, den Umweltschützern und den Sicherheitskräften friedlich zu lösen, die Rechte der Indigenen zu respek-tieren und eine detaillierte Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen. Doch der heutige Stand zeigt, dass Indigenenrechte und Umweltschutz beim Bau der Pipeline keineswegs berücksichtigt wurden.

Proteste der Indigenen werden nicht ernstgenommen

Monatelang protestierten Sioux-Indigene und zeitweise weitere 200 indi-gene Gruppen aus aller Welt zusammen mit Umweltschützerinnen und Aktivisten gegen den Bau des letzten Teilstückes der umstrittenen Ölpipe-line beim Indianerreservat Standing Rock. Die Sioux widersetzten sich nicht grundsätzlich der Pipeline, verlangten aber die nach wie vor ausstehende Umweltverträglichkeitsstudie und eine andere Routenführung. Die Pipeline führt durch ihr Land, stellt in ihrer jetzigen Form ein grosses Risiko für die Wasserversorgung des Reservats dar und hat bereits in einigen Fällen ihre indigenen Heiligtümer zerstört. Die Befürchtungen um Wasserverschmut-zung sind begründet: In den USA treten bei Pipelines jährlich durchschnitt-lich 200 Öl-Lecks auf. Erst im November 2017 traten rund 800 000 Liter Erdöl aus der Keystone Pipeline aus, welche nicht weit von der Access Pipe- line in Dakota liegt und ebenfalls das Reservat der Sioux durchquert. Sol-che Schäden können verheerende Folgen für Betroffene haben, denn ihre Lebensgrundlage ist bedroht. Im schlimmsten Falle würde ein Leck an der Dakota Access Pipeline rund 17 Millionen Menschen flussabwärts betreffen.

©Foto: GfbV

Rund 17 Millionen Menschen sind von den Risiken der DAPL betroffen.

Die UBS und die CS haben Kreditlinien von je mehreren hundert Millionen Franken an die Baufirmen gewährt.

Zwischen 2015 und 2016 gab es 69 Unfälle an Bauprojekten von ETP, einer Betreiberfirma der North Dakota Access Pipeline.

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Der Bewilligungsprozess der North Dakota Access Pipeline verletzt zudem das Recht der Mitbestimmung, da die Sioux nie zur Umsetzung des Pro-jekts konsultiert worden sind, obschon sie davon direkt betroffen sind und die USA die Erklärung der Rechte der indigenen Völker anerkannt hat. Die US-Regierung wäre demnach verpflichtet, das freie, informierte und vorzeitige Einverständnis (Free, Prior and Informed Consent, FPIC) der Indigenen einzuholen. Mit seinem Entscheid zur möglichst schnellen Fer-tigstellung des Projektes tritt Trump Menschenrechte und Umweltschutz mit Füssen. Die Indigenen von Standing Rock haben in dieser Debatte keine Stimme: Ihre Proteste wurden schlicht nicht ernstgenommen und die Pipeline am 1. Juni 2017 eröffnet.

Schweizer Banken am Projekt beteiligt

Als Geberinnen von Kreditlinien und Verwalterinnen von Aktien des für den Bau verantwortlichen Konsortiums Energy Transfer Family – wie die GfbV Ende 2016 publik gemacht hatte – müssen auch die Schweizer Banken Credit Suisse und UBS in die Pflicht genommen werden. Die GfbV verlangte Anfang 2017 deswegen von den beiden Banken, gegenüber den Vorwürfen am Pipeline-Projekt öffentlich klar Stellung zu beziehen und Mechanismen einzuführen, die es erlauben, aus laufenden Verträgen mit Partnern aussteigen zu können, sollten diese Menschenrechte verletzen oder die Umwelt verschmutzen.

Weiter forderte die GfbV von den Schweizer Banken, eine konsequente Sorgfaltsprüfung bezüglich Einhaltung der Menschenrechte und einer intakten Umwelt durchzuführen und sich an ihre eigenen Richtlinien zu halten. Ausserdem sollen sie ihre Aktivitäten nach den OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmungen und den UNO-Leitprinzipien für Wirt-schaft und Menschenrechte sowie der UNO-Deklaration über die Rechte indigener Völker ausrichten, bevor Dienstleistungen erbracht werden.

GfbV reicht Beschwerde ein

Anlässlich der Generalversammlung der Credit Suisse Ende April machte die GfbV einmal mehr darauf aufmerksam, dass die Bank bei der Finanzie-rung des Baukonsortiums der umstrittenen North Dakota Access Pipeline in den USA eine federführende Rolle spielt. Weil die CS keiner Forderung der GfbV nachkam und keine echte Verhandlungsbereitschaft zeigte, reichte die GfbV am 28. April 2017 Beschwerde beim Nationalen Kontakt-punkt (NKP) für die OECD-Leitsätze (angesiedelt beim Seco) ein. Mitte Oktober veröffentlichte der NKP das Initial Assessment und ging damit auf die Beschwerde ein.

Solidaritätskundgebungen in Zürich und Basel

Die GfbV unterstützte im Februar 2017 zwei Aktionen in Zürich und Basel, um ihre Solidarität mit den Indigenen aus Standing Rock auszu-drücken. Überraschend viele Personen liessen sich über Facebook mobi-lisieren und zeigten damit ihre Empörung über die Finanzierung der Pipeline durch die Schweizer Banken. Die Aktionen weiteten sich zu einer spontanen Protestbewegung aus, nachdem die Banken in den vor-angehenden Wochen keinerlei Zugeständnisse gemacht hatten.

Proteste an Credit Suisse-GV wegen Finanzierung von umstrittener Pipeline, Aargauer Zeitung, 28.04.17 https://www.aargauerzeitung.ch/wirtschaft/proteste-an-credit-suisse-gv-wegen-finanzie-rung-von-umstrittener-pipeline-131275660

An der Generalversammlung der Credit Suisse verteilte die GfbV Exemplare ihres Statements zur Betei-ligung der Schweizer Bank am Bau der höchstumstrittenen North Dakota Access Pipeline. ©Foto: GfbV

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IM NAMEN DER GEWALTSAM VERSCHWUNDENEN

Die Entführung von Regierungskritikern setzt die Regierung in Sri Lanka schon lange als eine Form der Repression ein. Während und nach dem Bürgerkrieg verschwanden zehntausende Personen, mehrheitlich Tamilen und Tamilinnen mit tatsächlichen oder vermuteten Verbindungen zur «Liberation Tigers of Tamil Eelam» (LTTE). Bei den Verschwundenen deutet die überwältigende Mehrheit der dokumentierten Fälle auf eine direkte Beteiligung staatlicher Sicherheitskräfte hin – Armee, Kriegsmarine oder Polizei. Seit Kriegsende ist das Schicksal von 146 679 Personen ungewiss, doch bis heute hat die sri-lankische Regierung keinen Fall vollständig aufgeklärt – trotz diversen Versprechungen an die internationale Gemein-schaft. Hier Druck auf die sri-lankische Regierung auszuüben, war das Ziel der GfbV-Kampagne 2017: Bei einer Solidaritätsaktion Ende August lan-cierte die GfbV eine Petition an Präsident Sirisena, welche die Aufklärung der Verschwundenen-Fälle fordert (siehe Kasten).

Amalie Kandiyar ist eine von tausenden verzweifelten Frauen, die noch immer auf eine Antwort über den Verbleib ihrer Tochter warten. Zum letz-ten Mal gesehen hat Amalie Kandiyar ihre Tochter im März 2009. Damals waren die beiden mit tausenden anderen Flüchtlingen von der Kriegszone in Mullivaikkal im Norden Sri Lankas zu Fuss nach Matale in der Zentral- provinz unterwegs. Doch auf dem Weg wurden die damals 17-jährige Toch- ter und hunderte andere Kinder entführt. Uniformierte Unbekannte steck- ten die Kinder in Lastwagen und brachten sie weg. Amalie Kandiyar nahm damals all ihren Mut zusammen und bestieg den Lastwagen, in dem sich ihre Tochter befand – umsonst: Sie wurde in einer abgeschiedenen Region wieder herausgestossen. «Seither vermisse ich meine Tochter jeden Tag», sagt sie. Die 44-jährige Tamilin ist überzeugt, dass ihre Tochter noch lebt. Vor der Präsidentschaftswahl 2015 entdeckte sie diese auf einem Foto, welches auf Propagandamaterial für den heutigen Präsidenten Maithripala Sirisena abgedruckt war. Amalie Kandiyars Tochter steht darauf neben dem Präsidenten. Dieser versprach, sich der Sache anzunehmen, als Amalie Kandiyar ihn nach ihrer Tochter fragte. Passiert ist jedoch bis heute nichts.

SRI LANKA NACH DEM KRIEGDie Menschenrechtslage in Sri Lanka ist mehr als acht Jahre nach Ende des Bürgerkrieges desolat. Das Militär hält grosse Landstriche besetzt und verwehrt der Bevölkerung so Zugang zu Land und Meer. Seit Kriegsende bleibt ausserdem das Schicksal von tausenden verschwundenen Personen ungeklärt – in vielen Fällen sind es Angehörige von Minderheiten. Die GfbV konnte sich 2017 für die Rechte der Betroffenen einsetzen; unter anderem veranstaltete sie einen Workshop zu Landrechten und lancierte eine Peti-tion an den sri-lankischen Präsidenten, welche die Aufklärung der Fälle verschwundener Personen verlangt.

©Foto: Walter Keller

Facts & FiguresSeit Ende des Bürgerkrieges 2009 ist das Schicksal von 146 679 Personen ungeklärt.

Schätzungen zufolge sind seit 1980 ungefähr 100 000 Personen gewaltsam verschwunden.

Hunderte Frauen, die ihre Angehörigen vermissen, protestieren kontinuierlich seit Februar 2017 in verschiedenen Regionen Sri Lankas.

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Hungerstreik für die Vermissten

Aus Enttäuschung über die Untätigkeit der Regierung begann Amalie Kandiyar im Januar 2017 zusammen mit acht weiteren Personen einen viertägigen Hungerstreik. Nachdem sich ein Treffen mit hochrangigen Regierungsmitgliedern als nutzlos erwies, wurde der Streik im Februar wiederaufgenommen. Mittlerweile sind hunderte Personen an Protesten in verschiedenen Ortschaften im Norden und Osten Sri Lankas beteiligt. Alle haben ein gemeinsames Ziel: Antworten über den Verbleib ihrer Angehörigen zu erhalten. Die GfbV war 2017 vor Ort und unterstützt die Frauen in ihren Protesten.

Reaktionen des Staates auf gewaltsames Verschwinden

Im August 2016 verabschiedete das Parlament ein Gesetz zur Einfüh-rung eines Büros für vermisste Personen («Office for Missing Persons», OMP), das sich der Aufarbeitung der Fälle von gewaltsam Verschwun-denen in Sri Lanka annehmen soll. Das OMP ist die neuste einer langen Reihe inländischer Kommissionen, die seit 1991 zur Aufklärung der Fälle gewaltsam Verschwundener errichtet wurde. Bislang sind alle gescheitert, Fälle vermisster Personen systematisch aufzuklären, Verantwortliche zu Rechenschaft zu ziehen und betroffenen Personen das Recht auf Wahr-heit und Wiedergutmachung zu gewährleisten. Das Gesetz zur Einrich-tung des OMP wurde ohne Konsultation von betroffenen Familien und Zivilgesellschaft erarbeitet. Zusätzlich erschüttern auch verschiedene

«Wo ist meine Tochter, Herr Präsident?», Berner Zeitung, 30.08.2017 https://www.bernerzeitung.ch/ ausland/asien-und-ozeanien/wo-ist-meine-tochter-herr-praesident/story/30998500

Solidarität mit gewaltsam Verschwundenen

Am 30. August, dem internationalen Tag der Verschwundenen, orga-nisierte die GfbV eine Solidaritätskundgebung für die tamilischen Pro-testierenden in Sri Lanka. Es fanden sich ungefähr 100 Personen, vor-wiegend Tamilen und Tamilinnen, auf dem Casinoplatz in Bern ein. Mit Reden und einem kleinen Theaterspiel machten die Teilnehmenden auf die Problematik von gewaltsam Verschwundenen in Sri Lanka aufmerk-sam, wobei Betroffene auf eindrückliche Weise ihre Geschichte erzählten. Die unzähligen Fälle von gewaltsam Verschwundenen sollen aufgeklärt werden: Dazu lancierte die GfbV zeitgleich mit der Aktion eine Petition an den sri-lankischen Präsidenten.

Auf dem Casinoplatz in Bern verliehen im August Betroffene ihrer Verzweiflung Ausdruck. ©Foto: GfbV

Aussagen von Regierungsvertretern das Vertrauen in eine bevorstehende, ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Problem der gewaltsam Ver-schwundenen. So bestritt unter anderem Premierminister Ranil Wickre-mesinghe die Existenz geheimer Haftanstalten und erklärte, dass alle vermissten Personen entweder tot oder im Ausland seien. Diese Aussage wurde vom ehemaligen Aussenminister Mangala Samaraweera und sogar vom tamilischen Minister für den nationalen Dialog und Sprachen Mano Ganesan bestätigt. Die Regierung Sri Lankas scheitert nun seit mehr als 30 Jahren, strafrechtliche Ermittlungen bei Beschwerden durchzuführen, den Verbleib und die Schicksale vermisster Personen zu untersuchen und Angehörige sowie Zeugen und Zeuginnen angemessen zu schützen.

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VOM EIGENEN LAND VERTRIEBEN

In Sri Lanka hält das Militär auch mehr als neun Jahre nach Kriegsende noch grosse Landabschnitte im mehrheitlich von Tamilinnen und Tamilen bewohnten Norden und Osten der Insel besetzt. Die Lokalbevölkerung hat dort keinen Zugang zu ihren Häusern, zu ihrem landwirtschaftlichen Anbaugebiet und zu ihren Fischgründen in Meer oder Lagune. An meh-reren Orten hat diese Situation im letzten Jahr zu Protesten geführt: In den meisten Fällen sind es Frauen, die ihr Land zurückfordern. Die GfbV besuchte diese Proteste und klärte Betroffene in Workshops über ihre Rechte auf; die Zivilbevölkerung soll dem Militär nicht wehrlos ausgesetzt sein (siehe Kasten).

Proteste sollen Wirkung zeigen

Eine der Protestierenden ist die 63-jährige Sinnapu Anthonia Vaas. Sie kämpft seit Jahren um ihr Land und den Zugang zum Meer in ihrem Heimatdorf Mullikulam im Norden Sri Lankas. Während des Bürgerkrieges wurden sie und ihre Familie mehrmals vom Militär vertrieben und verlo-ren, wie unzählige andere Familien in Sri Lanka, ihre Lebensgrundlage aus Landwirtschaft und Fischerei. 2012 beschloss Sinnapu Anthonia Vaas

gemeinsam mit anderen ehemaligen Dorfbewohnern von Mullikulam, in ihre Heimat zurückzukehren. Sie protestierten zuerst neben dem Marine Camp unter freiem Himmel und bauten sich dort kleine Hütten. Später verschafften sie sich wieder Zugang zur Kirche und zur Schule. Obwohl sie dort nicht bleiben konnten, erreichte man, dass die Schule wieder geöffnet wurde und die Menschen die Kirche einmal pro Woche besuchen durften. Danach blieb es längere Zeit ruhig um Mullikulam.

Angespornt von anderen Protesten in Sri Lanka und enttäuscht von den Männern, forderten die Frauen im Frühling 2017 mit einem mehrwöchigen Protest erneut ihr Land zurück. Mit ihrem Einsatz weckten sie das Inter-esse von Politikerinnen und Regierungsvertretern, anderen Aktivistinnen, Medienleuten, Kirchenvertretern sowie internationalen Organisationen. Weitere Proteste in Pilakudiyiruppu, Keppapulavu und Puthukkuriyiuppu waren teilweise erfolgreich, doch viele Betroffene warten jedoch immer noch darauf, ihr Land zurückzubekommen. So auch Sinnapu Anthonia Vaas.

Workshop auf der Jaffna-Halbinsel

Auf der Jaffna-Halbinsel, wo die Militarisierung besonders hoch ist, organisierte die GfbV im April einen Workshop für die Betroffenen von Landraub. Die rund 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die aus ver-schiedenen Regionen und ethnischen Gemeinschaften Sri Lankas stamm-ten, wurden über ihre Rechte und Handlungsmöglichkeiten aufgeklärt. Sie zeigten sich erstaunt darüber, dass auch Angehörige anderer eth-nischen Gemeinschaften mit ähnlichen Problemen zu kämpfen hatten. Die Teilnehmenden verabschiedeten mit der «Nallur Deklaration» ihre gemeinsamen Forderungen gegen Landraub. Mit Erfolg: Nach 27 Jahren Besetzung wurde im Juli der Hafen Myliddy freigegeben. Dieser ist für die Bevölkerung von enormer Bedeutung; der Zugang zu seinen riesigen Fischgründen bedeutet für viele die Sicherung ihrer Lebensgrundlage.

Sie wollen ihr Land zurück: Frauen protestieren im April in Mullikulam. ©Foto: GfbV

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WENN PLATZMANGEL ZU KONFLIKTEN FÜHRT

Von März bis Oktober bereisen zahlreiche Gruppen fahrender Roma die Schweiz. Der Mangel an Durchgangsplätzen und die Tendenz, vorhandene Durchgangsplätze ausschliesslich fahrenden Schweizer Jenischen und Sinti zur Verfügung zu stellen, führt dazu, dass ausländische Roma-Grup-pen zunehmend gezwungen sind, auf den sogenannten «spontanen Halt» auszuweichen. Diese Aufenthalte verlaufen meist reibungslos, es kommt jedoch vor, dass einige Gruppen die Schweizer Gesetze und Gepflogenhei-ten nicht kennen oder respektieren, was zu Konflikten führt. Bei vielen zuständigen Behörden und der Polizei ist wiederum wenig Wissen über die Bräuche und Kultur der Roma vorhanden. Dies führt zu Missverständnissen und in den schlimmsten Fällen zu kostspieligen Polizeieinsätzen.

Neues Projekt der GfbV

Gemeinsam mit dem Verband Sinti und Roma Schweiz (VSRS) startete die GfbV ein Pilotprojekt, um solche Konflikte mit einem Informations- und Vermittlungsangebot zu entschärfen. Seit März 2017 stehen betroffenen Roma-Gruppen, Landbesitzenden, Polizei und Behörden Mediatoren aus der Gemeinschaft der Schweizer Sinti und Roma zur Verfügung, die in Konflikt- fällen beratend zur Seite stehen und versuchen, Lösungen zu finden. Gleichzeitig informieren die beiden Organisationen fahrende Roma-Gruppen über die Schweizer Gesetzgebung und Gepflogenheiten und sensibilisieren Polizei und Behörden über Kultur, Bräuche und Anliegen der fahrenden Roma-Gruppen.

In Zusammenarbeit mit dem Verband Sinti und Roma Schweiz erarbeitete die GfbV einen Bericht, der Aufschluss über die Lage und Bedürfnisse der fahrenden Roma gibt. Dazu wurden 29 Interviews mit Roma und Polizei-vertretern geführt, die klar zeigen, dass die Schaffung von mehr Halte-plätzen auf beiden Seiten ein grosses Bedürfnis ist.

ROMA, SINTI UND JENISCHE IN DER SCHWEIZDie Minderheiten der Roma, Sinti und Jenischen erleben in der Schweiz immer noch Diskriminierung und Rassismus. Ausserdem herrscht hierzu-lande ein akuter Mangel an Halteplätzen für fahrende Minderheiten. Die GfbV setzte 2017 einerseits ihre bestehende Kampagne «Stopp Antiziga-nismus» fort, um sich für mehr Respekt und Anerkennung der Roma, Sinti und Jenischen in der Schweiz einzusetzen. Andererseits startete sie das neue Projekt «Mehr Platz für fahrende Roma» mit dem Ziel, Konflikte zwischen fahrenden Roma und der sesshaften Mehrheitsbevölkerung zu entschärfen.

©Foto: Eric Roset

Facts & Figures

Jeden Sommer bereisen fahrende Roma in 500 bis 800, in Spitzenmonaten sogar in bis zu 1500 Wohnwagen die Schweiz.

In der ganzen Schweiz gibt es rund 31 Durchgangsplätze; einige davon sind jedoch provisorisch oder für Schweizer Fahrende reserviert.

Ausländischen Fahrenden standen Ende 2017 lediglich vier Transitplätze zur Verfügung, die insgesamt 110 Stellplätze zählten.

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Erkenntnisse des Berichts: Die Situation fahrender Roma

Die meisten Roma, welche die Schweiz durchreisen, stammen aus westeu-ropäischen Ländern und arbeiten jeweils mehrere Monate in der Schweiz. Gemäss Freizügigkeitsabkommen zwischen der EU und der Schweiz sollen sie bei Einreise, Ausreise und Arbeit gleichberechtigt gegenüber Schweize-rinnen und Schweizern sein. Der neue GfbV-Bericht zeigt jedoch auf, dass in der Realität das Gegenteil der Fall ist: In den letzten Jahren hat sich die Situation für die fahrenden Roma bezüglich Transit- und Durchgangs-plätzen stark verschlechtert. Viele Kantone haben begonnen, ihre Plätze nach «Schweizer Fahrenden» und «ausländischen Fahrenden» aufzuteilen. Zudem bieten die vorhandenen Transitplätze nur selten Möglichkeiten, handwerkliche Arbeiten im Rahmen der geltenden Schweizer Standards zu verrichten – was angesichts der Erwerbstätigkeit der fahrenden Roma wich-tig wäre. Aus Sicht der befragten Roma schneidet die Schweiz bezüglich Qualität und Quantität des vorhandenen Platzangebotes im europäischen Vergleich besonders schlecht ab. Ebenso gilt die Schweiz bei den Befrag-ten als Spitzenreiterin, was die Häufigkeit der Polizeikontrollen anbelangt.

Die Sichtweise der Polizei

Unsere Recherchen zeigen, dass auch Polizisten unzufrieden mit der ge- genwärtigen Platzsituation der Roma sind. Befragungen mit Polizeistellen in frequentierten Kantonen ergaben, dass die stärkere Vermittlung von Wissen über Geschichte, Kultur und Anliegen der fahrenden Roma in der Polizeiarbeit ein Bedürfnis zu sein scheint. Dadurch würden sich wohl einige Missverständnisse und Konflikte vermeiden lassen. Den Recherchen und den Interviews entnahm die GfbV, dass die Polizei im Zusammen-hang mit fahrenden Roma oft Aufgaben übernimmt, welche nicht in ihr primäres Tätigkeitsfeld fallen. So werden die meisten Durchgangs- und Transitplätze direkt von der Polizei verwaltet. Beim Spontanhalt kommt es regelmässig vor, dass die nötige Infrastruktur von der Polizei bereit-gestellt und kontrolliert wird. Die Schaffung von offiziellen Halteplätzen scheint ein dringendes Anliegen der Polizei zu sein; ihr Verhandlungs-spielraum gegenüber fahrenden Roma wird durch den Platzmangel stark eingeschränkt. Der akute Platzmangel sei auch einer der Hauptkonflikt-punkte zwischen den fahrenden Roma-Gruppen und der Polizei.

Forderungen der GfbV und des VSRS

Neben der Schaffung von mehr Halteplätzen für alle fahrenden Gruppen fordern die GfbV und der VSRS unter anderem, dass fahrende Roma zuneh-mend in die Planungsprozesse von Halteplätzen miteinbezogen werden. Diese und weitere Empfehlungen richten die GfbV und der VSRS an Politik, Behörden und Polizei mit dem Ziel, dass in Zukunft Konflikte zwischen fah-renden Roma und der sesshaften Mehrheitsbevölkerung vermieden werden.

Parlament vor Richtungsentscheid, Schweiz aktuell, 31.10.2017 https://www.srf.ch/news/regio-nal/bern-freiburg-wallis/wahlen-bern/fahrende-im-kanton-bern-parlament-vor-richtungsentscheid

Ohne Halt durchs Bernbiet, Der Bund, 8.06.2017 https://www.derbund.ch/bern/kanton/ohne-halt-durchs-bernbiet/story/29087215

Fachtagung «Fahrende Roma in der Schweiz – Information, Media-tion und Sensibilisierung»

Im Rahmen des Projektes «Fahrende Roma in der Schweiz» organisierte die GfbV am 31. Oktober 2017 eine Fachtagung. Im Hotel Kreuz in Bern kamen rund 60 Personen zusammen, um sich über die Situation fahren-der Roma in der Schweiz zu informieren und auszutauschen. In einer Podiumsdiskussion gaben Fachleute aus Polizei, Behörden, Politik und Recht sowie zwei Mediatoren des Verbandes Sinti und Roma Schweiz (VSRS) Auskunft. Des Weiteren wurden Erfahrungen aus den Vermitt-lungseinsätzen und Erkenntnisse aus dem neuen Bericht präsentiert.

Ein Manouche-Mädchen vor ihrem Wohnwagen. ©Foto: Eric Roset

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MEHR RESPEKT UND ANERKENNUNG FÜR SCHWEIZER ROMA

Roma sind seit 600 Jahren Teil der Schweizer Realität. Ihre Geschichte ist eine Geschichte von Ausgrenzung und Diskriminierung. Während drei Jahrhunderten betrieb die Schweiz eine repressive «Zigeunerpolitik», unter der Roma verfolgt, vertrieben und gebrandmarkt wurden. Heute leben gemäss Schätzungen 80 000 bis 100 000 Roma in der Schweiz: Sie sind sesshaft, gut integriert und besitzen in den meisten Fällen die Schweizer Staatsangehörigkeit. Aus Angst vor Diskriminierung verstecken jedoch viele ihre Roma-Identität.

Anerkennung der Roma steht noch aus

Die Schweiz hat 1998 das Rahmenübereinkommen des Europarats zum Schutz nationaler Minderheiten (FCPNM) ratifiziert. Seither wurden die Sinti und die Jenischen als nationale Minderheit anerkannt, nicht aber die Roma, die in benachbarten Staaten wie Österreich und Deutschland unter dem FCPNM bereits seit den 90er-Jahren als nationale Minderheit anerkannt sind. Die GfbV unterstützte 2017 den Vorstoss zur Anerkennung der Roma als nationale Minderheit in der Schweiz, der von Nationalrätin Barbara Gysi (SP) eingereicht wurde. Die Antwort des Bundesrates stand Ende 2017 allerdings noch aus. Weiter trat die GfbV im April 2017 ge- meinsam mit Roma-Organisationen an die Öffentlichkeit, um die Anerken-nung der Minderheit zu fordern (siehe Kasten).

Stopp Antiziganismus!

Eine öffentliche Aufarbeitung der Geschichte der Roma hat in der Schweiz noch nicht stattgefunden. Die Folge davon ist, dass Klischees und Vorur-teile auch in der Gegenwart präsent sind. Dies zeigt sich insbesondere bei Medien, Polizei und Politik. So besagte bereits 2013 eine Studie der Eid-genössischen Kommission gegen Rassismus, dass jeder achte Beitrag zu Roma in Schweizer Medien als diskriminierend bezeichnet werden muss. Ausserdem steht die Schweiz international wegen verbreitetem Racial Profiling gegenüber von Roma in Kritik: So werden Roma in der Schweiz überdurchschnittlich oft von der Polizei kontrolliert. Auch in der Politik werden Roma oft als Sündenböcke dargestellt.

Die GfbV ist überzeugt, dass eine Anerkennung der Roma als nationale Minderheit in der Schweiz zu einer Verringerung der anhaltenden Diskri-minierung und Stigmatisierung von Roma im Alltag und in den Medien beitragen würde. Der Bund soll das Erbe der früheren «Zigeunerpolitik» aufarbeiten und sich dezidiert gegen Rassismus und Diskriminierung ein-setzten. Die GfbV fordert neben der Anerkennung der Roma als nationale Minderheit auch die Anerkennung von Antiziganismus als spezifische Form des Rassismus. Ausserdem sollen unverzügliche Massnahmen gegen Racial Profiling von Jenischen, Sinti und Roma ergriffen, ihre systemati-sche Vertretung in politischen Entscheidungsprozessen gewährleistet und ihre Geschichte und Kultur in die Lehrpläne integriert werden.

Ignoranz ist Gift: Roma-Vertretende bei einem GfbV-Shooting im Januar 2017 in Bern. ©Foto: Franziska Rothenbühler

Internationaler Tag der Roma

Der 8. April wird weltweit als Tag der Roma gefeiert. Dieses Jahr orga-nisierte die GfbV im Vorfeld, am 6. April, zwei Events in Bern. Gemein-sam mit dem Roma Jam Session Art Kollektiv (RJSaK) führte die GfbV einen «Detox Dance» auf, eine Performance zu Mitmachen, welche die Beziehung zwischen der Schweiz und den Roma thematisierte. Anschlies-send fand eine Podiumsdiskussion «Roma in der Schweiz – Geschichte, Gegenwart, Zukunft» statt, an der Vertreterinnen und Vertreter der Organisationen Rroma Foundation, Roma Jam Session Art Kollektiv und Romano Dialog, wie auch aus Politik und Behörden diskutierten.

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kurz

Chinesischer Präsident auf Staatsbesuch in der Schweiz Im Januar 2017 kam der chinesische Präsident Xi Jinping erstmals ans World Eco-nomic Forum in Davos und traf zuvor den Bundesrat. Die GfbV kri-tisierte das Freihandelsabkommen zwischen der Schweiz und China, worin das Wort «Menschenrechte» kein einziges Mal erscheint und rief den Bundesrat dazu auf, sich nicht nur von Wirtschaftsinteressen leiten zu lassen und sich für eine bessere Menschenrechtspolitik der Volksrepublik China einzusetzen. Insbesondere Minderheiten wie die Tibeter, Uiguren und Mongolen werden in China massiv unterdrückt.

Srebrenica: Völkermord-Leugner verurteilt Im Juni 2017 bestätigte das Tessiner Appellationsgericht die Verurteilung des früheren Tessiner Grossrats der Lega di ticinesi, Donatello Poggi, der 2012 öffentlich den Völkermord bei Srebrenica leugnete. Das Massaker von 1995, das von der serbischen Armee an der bosnischen Bevölkerung begangen wurde, forderte mehr als 8 000 Menschenleben. Das Urteil ist für die Tausenden von Opferfamilien des Genozids eine Genugtuung und zeigt, dass im Rahmen der Rassismus-Strafnorm Leugnungen eines erwiese-nen Genozids unter Strafe gestellt werden.

Kritik an der Better Gold Initiative Das Staatssekretariat für Wirt-schaft (Seco) und die Swiss Better Gold Association stellten im März 2017die zweite Phase der Better Gold Initiative (SBGI) vor. Die GfbV wies einmal mehr darauf hin, dass die SBGI wegen ihrer sehr geringen Fördermenge nur einen Tropfen auf den heissen Stein ist, der nicht genügt, um die Produktion und den Handel von Gold aus schmutzi-ger Quelle zu bekämpfen. Sie fordert darum zusätzlich zur freiwilligen SBGI, dass die Schweizer Goldbranche gesetzlich zu transparenter und rigoroser Sorgfaltsprüfung verpflichtet wird. Zudem braucht es end-lich Transparenz: Die Goldproduzenten und –Exporteure müssen offen gelegt werden.

Roma Holocaust Memorial Day Der 2. August wurde vom Europäischen Parlament bereits 2015 zum Roma Holocaust Memorial Day erklärt. Die GfbV und die Rroma Foundation verlangen, dass auch die Schweiz der mindestens 500 000 Roma und Sinti gedenken soll, die während des Zweiten Weltkrieges systematisch ermordet wurden. Im Juni dieses Jahres wurde darum eine Motion zur Anerkennung des Roma Holocaust Memorial Day beim Nationalrat eingereicht. Leider wurde sie abgelehnt.

Freiburger Berufsverbände und Zeitungen angeklagt Zwei Freiburger Tageszeitungen publizierten Mitte Juni 2017 ein Inserat von Schweizer Berufsverbänden, in dem davor gewarnt wird, «Fahrenden» bestimmte Handwerksarbeiten anzuvertrauen. Im September wurde bei der Frei-burger Staatsanwaltschaft deshalb eine Strafanzeige wegen Verletzung der Rassismus-Strafnorm eingereicht. Die GfbV unterstützt diese Klage, da sie das Inserat als Ausdruck eines zunehmenden Antiziganismus in der Schweiz interpretiert. Im November wurde die Klage zwar abge-lehnt, doch hat der Kläger Rekurs eingelegt.

Minamata-Konvention und der Schweizer Goldhandel Im August 2017 trat die Minamata-Konvention zur weltweiten Eindämmung von Quecksilber-Emissionen in Kraft. Die Schweiz hat sich an vorderster Front für dieses Abkommen eingesetzt. Das Metall wird insbesondere beim Kleinbergabbau von Gold eingesetzt – mit katastrophalen Folgen für Mensch und Umwelt. Die Gesellschaft für bedrohte Völker fordert den Bundesrat auf zu klären, ob und wie der Schweizer Goldhandel den Bemühungen der Minamata-Konvention zuwiderläuft. Dazu wurde Ende September im Parlament eine Interpellation eingereicht.

Schattenbericht zu Schweizer Minderheiten Die Minderheiten der Jenischen, Sinti und Roma werden in der Schweiz noch immer als Fremdkörper behandelt und sind struktureller Diskriminierung und Stig-matisierung ausgesetzt. Dies stellt die Gesellschaft für bedrohte Völker in einem Schattenbericht zur Umsetzung des Rahmenübereinkommens des Europarats zum Schutz nationaler Minderheiten in der Schweiz fest. So sind Racial Profiling und Antiziganismus in Politik, Medien und Gesellschaft nach wie vor weit verbreitet, und für fahrende Minderhei-ten gibt es zu wenig Halteplätze. Dies steht im direkten Widerspruch zum Rahmenübereinkommen.

Die GfbV war 2017 an weiteren, kleineren Projekten beteiligt und bezog Stel-lungnahme zu verschiedenen Themen. Die wichtigsten Neuigkeiten in Kürze:

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Finanzbericht

Bilanz per 31. Dezember 2017

PASSIVEN 2017 2016KURZFRISTIGES FREMDKAPITAL 120 692.85 157 631.49

PASSIVE RECHNUNGSABGRENZUNG 48 059.91 31 101.00

TOTAL KURZFRISTIGES FREMDKAPITAL 168 752.76 188 732.49FONDSKAPITAL 12 515.22 71 169.63

TOTAL FONDSKAPITAL 12 515.22 71 169.63ORGANISATIONSKAPITAL 669 092.39 622 366.79

JAHRESERGEBNIS -17 322.46 46 725.60

TOTAL EIGENKAPITAL 651 769.93 669 092.39TOTAL PASSIVEN 833 037.91 928 994.51

AKTIVEN 2017 2016FLÜSSIGE MITTEL 792 074.86 911 412.26

FORDERUNGEN AUS LIEFERUNGEN UND LEISTUNGEN 2 191.40 1 679.30

AKTIVE RECHNUNGSABGRENZUNG 35 860.65 13 041.95

TOTAL UMLAUFVERMÖGEN 830 126.91 926 133.51MOBILIE SACHANLAGEN 2 911.00 2 861

TOTAL ANLAGEVERMÖGEN 2 911.00 2 861.00TOTAL AKTIVEN 833 037.91 928 994.51

Erfolgsrechnung vom 1. Januar 2017 bis 31. Dezember 2017

AUFWAND 2017 2016KAMPAGNEN UND PROJEKTE 1 231 329.58 718 793.10

PERSONALAUFWAND 347 139.90 384 620.98

VERWALTUNGSAUFWAND 125 567.30 106 108.43

MITTELBESCHAFFUNGSAUFWAND 555 645.50 416 426.50

ABSCHREIBUNGEN 905.60 5 968.00

TOTAL AUFWAND 2 260 587.88 1 631 917.01BETRIEBSERGEBNIS -54 863.91 104 692.25FINANZERFOLG -4 644.71 -6 578.80

AUSSERORDENTLICHER ERFOLG -16 468.25 0.00

ERGEBNIS VOR VERÄNDERUNG DES FONDSKAPITALS -75 976.87 98 113.45FONDSERGEBNIS 58 654.41 -51 387.85

JAHRESERGEBNIS -17 322.46 46 725.60

ERTRAG 2017 2016VERKAUFSERTRAG 1 221.55 1 631.75

MITGLIEDERBEITRÄGE UND SPENDEN 1 603 865.75 1 385 235.55

BEITRÄGE 598 699.87 346 653.91

ÜBRIGER ERTRAG 1 936.80 3 088.05

TOTAL ERTRAG 2 205 723.97 1 736 609.26

Allgemeine Rechnungslegungsgrundsätze

Die Rechnungslegung der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) erfolgt in Übereinstimmung mit den Fachempfehlungen zur Rechnungslegung Swiss GAAP FER 21 und Kern-FER sowie dem schweizerischen Obligatio-nenrecht. Die Jahresrechnung vermittelt ein den tatsächlichen Verhält-nissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage.

Die Jahresrechnung 2017 wurde am 14. Februar 2018 vom Vorstand zu Handen der Mitgliederversammlung genehmigt.

Die GfbV kann erneut auf ein erfolgreiches Jahr zurückblicken. Dank der soliden Eigenkapitalbasis ist die Liquidität sichergestellt. Ohne die grosszügige Unter-stützung unserer Mitglieder, Spenderinnen und Spender sowie Stiftungen und Institutionen wäre unsere Arbeit nicht möglich. Die GfbV bedankt sich an dieser Stelle ganz herzlich für diese Unterstützung. Sie ist darauf bedacht, die zur Verfügung stehenden Ressourcen effizient und zielorientiert einzusetzen sowie sparsam zu wirtschaften.

Die vollständige Jahresrechnung mit dem Revisionsbericht kann bei der GfbV bestellt oder auf der Website: www.gfbv.ch/de/ueber-uns/jahresbericht/ heruntergeladen werden.

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Betriebsrechnung

Folgende Organisationen haben uns mit namhaften Beiträgen unterstützt:

BEITRÄGE ORGANISATIONEN 2017 2016GREEN CROSS PROJEKT WADI 542 396 257 858

REFORMIETE KIRCHGEMEINDE SISSACH ROMA 5 000 5 000

MIGROS-GENOSSENSCHAFTSBUND ROMA IN DER SCHWEIZ 2017 5 000HEKS FISCHERWORKSHOP SRI LANKA 5 500RÖM.-KATH. GESAMTKIRCHGEMEINDE BERN FISCHERPROJEKT SRI LANKA 5 000

TEMPERATIO-STIFTUNG FISCHERWORKSHOP SRI LANKA 5 000PRO VICTIMIS TSCHETSCHENIENARCHIV 9 000PRO VICTIMIS DOMARI -19 296 19 296

EVANG. REF. SYNODALVERBAND BERN ROMA 2 000

GREENPEACE SCHWEIZ GOLDRECHERCHE 3 000

C4ADS GOLDRECHERCHE 4 943

ANNE FRANK-FONDS DETOX 1 000GLOBAL LOKAL GOLDRECHERCHE 3 000

BEITRÄGE DER ÖFFENTLICHEN HAND 2017 2016GS-EDI, FACHSTELLE FÜR RASSISMUSBEKÄMPFUNG ROMA IN DER SCHWEIZ 2017 10 000 10 000

BUNDESAMT FÜR KULTUR ROMA IN DER SCHWEIZ 2017 10 000 20 000AMT FÜR KULTUR KANTON BERN / LOTTERIEFONDS FAHRENDE ROMA IN DER SCHWEIZ 19 198

BUNDESAMT FÜR KULTUR DETOX 2 000

GS-EDI, FACHSTELLE FÜR RASSISMUSBEKÄMPFUNG DETOX 2 000

KULTUR STADT BERN DETOX 2 500

Unentgeltliche Leistungen

Die Firma Proffix AG hat uns mit individuellen Software-Anpassungen mit EDV-Dienstleistungen im Wert von ca. CHF 5 000 unterstützt. Die Firma Faktor4 hat bei der Erstellung der neuen Website auf die Verrechnung eines beträchtlichen Teils ihrer Arbeiten verzichtet.

LEISTUNGSBERICHT

Die Haupttätigkeit der GfbV besteht aus Informations-, Kampagnen- und Projektarbeit. Für die Durchführung ihrer Arbeit ist die GfbV auf eine genügend grosse Anzahl von Mitgliedern und Spendenden angewiesen. Im Jahre 2017 hat die GfbV insgesamt CHF 555 645.50 in die Mittelbeschaf-fung investiert. Die Mitglieder- und SpenderInnenwerbung dient gleich-zeitig der Sensibilisierung der Öffentlichkeit gemäss Vereinszweck. Ende 2017 hatte die GfbV rund 14 400 aktive Unterstützerinnen und Unterstüt-zer (VJ 13 600). Für verschiedene Kampagnen durften wir Spenden und Beiträge der öffentlichen Hand, von Kirchgemeinden und Organisationen entgegennehmen.

Mitglieder des Vorstandes sind:

Ruth-Gaby Vermot-Mangold (Präsidentin, gewählt bis 2017); Göpf Berweger (Vizepräsident, gewählt bis 2019); Sonja Beeli (gewählt bis 2019); Theodora Peter (gewählt bis 2018); Marianne Helfer (gewählt bis 2019); Eva Schmassmann (gewählt bis 2019)

Der Vorstand traf sich 2017 vier Mal und leistete insgesamt rund 200 unentgeltliche Stunden für die GfbV. Wir danken an dieser Stelle unserer scheidenden Präsidentin Ruth-Gaby Vermot-Mangold für 16 Jahre grosses Engagement für die GfbV. Die GfbV hat sich dank Ruth-Gaby Vermot-Man-gold prächtig entwickeln können.

Die Geschäftsleitungsmitglieder sind:

Christoph Wiedmer (seit 2006); Irene Gurtner (seit April 2017); Erika Lerch (bis März 2017)

Die Gesellschaft für bedrohte Völker Schweiz ist die Schweizer Sektion der Gesellschaft für bedrohte Völker International. Der Vereinszweck der GfbV Schweiz ist in Übereinstimmung mit der Zielsetzung der GfbV Internatio-nal. Weitere Sektionen der GfbV International bestehen in Deutschland, Österreich, Südtirol/Italien, Bosnien Herzegowina und im Nordirak. In verschiedenen weiteren Ländern hat die GfbV Vertreterinnen und Vertreter. Die GfbV bedankt sich an dieser Stelle ganz herzlich bei allen Mitgliedern, Spenderinnen und Spendern, bei den Stiftungen und der öffentlichen Hand für die grosszügige Unterstützung sowie dem Vorstand und den Mitarbei-tenden für ihren Einsatz. Ohne sie alle wäre unsere Arbeit nicht möglich!

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Die GfbV war 2017 an verschiedensten Orten aktiv. Mit Aktionen, Diskussionen und Reisen setzten sich unsere Mitarbeitenden für die Rechte von Minderheiten und indigenen Völker ein.

1. Die GfbV organisiert im Januar ein Fotoshooting für die Kampagne, um auf die Minderheit der Roma in der Schweiz aufmerksam zu machen. Foto: Franziska Rothenbühler 2. Ende Oktober organisiert die GfbV eine Fachtagung zum Thema Fahrende Roma in der Schweiz. Foto: Eric Roset 3. Julia Büsser, GfbV-Kampagnenleiterin für Wirtschaft und Indigenen-rechte, macht an der GV der Credit Suisse auf die Probleme bei der North Dakota Access Pipeline aufmerksam 4. Mit anderen Aktivistinnen und Aktivisten demonstrieren Mitarbeiter der GfbV gegen den Bau der North Dakota Access Pipeline vor dem UBS-Hauptsitz in Basel. Foto: Ruedi Suter 5. Die beiden peruanischen Delegierten Mauro Metaki (links) und Julio Cusurichi (rechts) vor dem Palais des Nations in Genf. Anlässlich des Expertenmechanismus für Indigenenrechte (EMRIP) reisten sie im Juli nach Europa 6. Häuptling Davi Kopenawa Yanomami steht an der Uno in Genf für die Rechte seines Volkes ein – unterstützt von der GfbV. Foto: Ruedi Suter

7. Die GfbV besucht Proteste von Angehörigen gewaltsam Verschwundener in Sri Lanka. 8. Yves Bowie, GfbV-Kampag-nenleiter zu Sri Lanka, fordert bei einer Solidaritätskundgebung in Bern mit Betroffenen die Aufklärung der Fälle von Verschwundenen. 9. Ignoranz ist Gift: Mitarbeitende der GfbV führen zusammen mit Roma-Organisationen einen «Detox Dance» in Bern auf, um sich für die Rechte der Roma, Sinti und Jenischen in der Schweiz einzusetzen. Foto: Franziska Rothenbühler 10. GfbV-Geschäftsleiter Christoph Wiedmer besucht das Volk der Yanomami in Brasilien und begleitet Delegierte nach Europa, wo sie sich an der Uno Gehör verschaffen wollen. 11. Regisseur Daniel Schweizer und Häupt-ling Davi Kopenawa Yanomami begegnen sich im brasilianischen Amazonas. 12. Mitarbeiterinnen der GfbV besuchen einen Durchgangsplatz, wo sich Fahrende über den Sommer niedergelassen haben.

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Yves Bowie KAMPAGNENLEITER

SRI LANKA

Ruth-Gaby Vermot-MangoldPRÄSIDENTIN (bis Mai 2017)

Christoph WiedmerCO-GESCHÄFTSLEITER

Angela Mattli KAMPAGNENLEITERIN

MINDERHEITEN & DISKRIMINIERUNG

Nahom AndemicaelFINANZEN & DIENSTE

Auszubildender

Dominic BlumenthalPRAKTIKUM MINDERHEITEN

& DISKRIMINIERUNG Seit 1.12.2017

Rahel JudPRAKTIKUM MINDERHEITEN

& DISKRIMINIERUNG Bis 30.11.2017

Lisa SollbergerPRAKTIKUM MINDERHEITEN

& DISKRIMINIERUNG Bis 30.04.2017

Martin WannerPRAKTIKUM WIRTSCHAFT

& INDIGENENRECHTE Bis 15.05.2017

Meret StockerPRAKTIKUM SRI LANKA

Seit 01.08.2017

Tabea WilliPRAKTIKUM WIRTSCHAFT

& INDIGENENRECHTE Seit 16.06.2017

Delia Brändli PRAKTIKUM KOMMUNIKATION

Seit 01.09.2017

Tania Brügger MarquezGRAFIKERIN

Julia BüsserKAMPAGNENLEITERIN WIRTSCHAFT

& INDIGENENRECHTE

Dominique SchärerLEITUNG KOMMUNIKATION

Anita StraubhaarMITGLIEDERADMINISTRATION

Angela SchweizerPRAKTIKUM KOMMUNIKATION

Bis 28.02.2017

Vanessa SalamancaPRAKTIKUM KOMMUNIKATION

Bis 31.10.2017

Erika Lerch LEITUNG FINANZEN & DIENSTE,

CO-GESCHÄFTSLEITERINBis 31.03.2017

Göpf Berweger VIZE-PRÄSIDENT

Theodora Peter Eva Schmassmann Marianne Helfer

Dario SchaiFUNDRAISING

Sonja Beeli-Zimmermann

Team

Vorstand

Im Verlaufe des Jahres 2017 arbeiteten bei der GfbV insgesamt 20 festangestelltePersonen, davon 9 Praktikantinnen und Praktikanten und 1 Lernender.

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MIT DER GFBV FÜR MENSCHENRECHTE

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) ist eine internationale Menschenrechtsorganisation, die sich für Minderheiten und indigene Völker einsetzt. Sie dokumentiert Menschenrechtsverletzungen, informiert und sensibilisiert die Öffentlichkeit und vertritt die Interessen der Betroffenen gegenüber Behörden und Entscheidungsträgern. Sie unterstützt lokale Bemühungen zur Stärkung der Menschenrechte von Minder-heiten und indigenen Völkern und arbeitet national sowie international mit Organisationen und Personen zusammen, die ähnliche Zielsetzungen verfolgen. Die GfbV hat sowohl beratenden Status beim Wirtschafts- und Sozialrat (ECOSOC) der UNO als auch beim Europarat.

WERDEN SIE AKTIV – UNTERSTÜTZEN SIE UNS!

Unser Engagement ist nur mit Ihrer Unterstützung möglich. Mit Ihrer Mitgliedschaft oder Ihrer Spende unterstützen wir Minderheiten und indigene Völker in der ganzen Welt.

Melden Sie sich an unter: www.gfbv.ch/aktiv-helfen

Herzlichen Dank!

«Wo weltweit Menschen-rechte verletzt werden, setzt sich die GfbV verlässlich undunerschrocken ein. Darum unterstütze ich die GfbV – tun Sie es doch auch!» Ruth-Gaby Vermot,ehemalige Präsidentin der GfbV Schweiz

©Fot

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