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Deutscher Bundestag Drucksache 15/1481 15. Wahlperiode 15. 08. 2003 Gesetzentwurf der Bundesregierung Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung der Handwerksordnung und anderer handwerksrechtlicher Vorschriften A. Problem und Ziel Die Änderungen der Handwerksordnung (HwO) und weiterer handwerksrecht- licher Vorschriften sollen den großen Befähigungsnachweis und die wirtschaft- liche Entwicklung des Handwerks stärken, Existenzgründungen erleichtern, Arbeitsplätze sichern sowie Impulse für neue Arbeitsplätze und Ausbildungs- plätze geben. Die Inländerdiskriminierung wird abgebaut, strukturelle Hemm- nisse werden beseitigt. Mit der Novelle werden nicht notwendige Regulierun- gen abgebaut. Das Handwerk befindet sich in einer spätestens seit 1995 anhaltenden negati- ven Entwicklung. Die seit langem als Berufszugangsvoraussetzung bestehende Meisterprüfung hat jedenfalls seit 1953 keine nennenswerten Reformen erfah- ren. Die schwierige wirtschaftliche Situation des Handwerks hat im Wesent- lichen strukturelle Ursachen. Schwierigkeiten bei der Abgrenzung zwischen Handwerken und von Handwer- ken gegenüber anderen Gewerben verhindern, dass Leistungen kundengerecht gebündelt und aus einer Hand angeboten werden können. Auch partizipiert das Handwerk kaum an der Entwicklung innovativer Bereiche. Deutschland ist neben Luxemburg das einzige europäische Land mit vergleich- baren Berufszugangsvoraussetzungen. Angesichts der Entwicklung im Handwerk verstärken sich Zweifel, ob die sub- jektive Berufszugangsschranke der Meisterprüfung noch ausreichend durch die „Erhaltung des Leistungsstandes und der Leistungsfähigkeit des Handwerks und die Sicherung des Nachwuchses für die gesamte gewerbliche Wirtschaft“ abgedeckt ist. Daher soll die Anlage A der HwO auf den Kreis der Handwerke beschränkt werden, bei deren Ausübung Gefahren für die Gesundheit oder das Leben Dritter entstehen können. Damit wird der handwerkliche Befähigungs- nachweis verfassungsrechtlich stärker abgesichert. Die Novelle soll das Handwerksrecht zukunftsfähig, zukunftssicher und euro- pafest machen. Das Gesetz bedarf der Zustimmung des Bundesrates. Mehrere der im Gesetz- entwurf vorgesehenen Vorschriften lösen nach Artikel 84 Abs. 1 die Zustim- mungsbedürftigkeit des Gesetzes aus.

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Deutscher Bundestag Drucksache 15/148115. Wahlperiode 15. 08. 2003

Gesetzentwurfder Bundesregierung

Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung der Handwerksordnungund anderer handwerksrechtlicher Vorschriften

A. Problem und ZielDie Änderungen der Handwerksordnung (HwO) und weiterer handwerksrecht-licher Vorschriften sollen den großen Befähigungsnachweis und die wirtschaft-liche Entwicklung des Handwerks stärken, Existenzgründungen erleichtern,Arbeitsplätze sichern sowie Impulse für neue Arbeitsplätze und Ausbildungs-plätze geben. Die Inländerdiskriminierung wird abgebaut, strukturelle Hemm-nisse werden beseitigt. Mit der Novelle werden nicht notwendige Regulierun-gen abgebaut.Das Handwerk befindet sich in einer spätestens seit 1995 anhaltenden negati-ven Entwicklung. Die seit langem als Berufszugangsvoraussetzung bestehendeMeisterprüfung hat jedenfalls seit 1953 keine nennenswerten Reformen erfah-ren. Die schwierige wirtschaftliche Situation des Handwerks hat im Wesent-lichen strukturelle Ursachen.Schwierigkeiten bei der Abgrenzung zwischen Handwerken und von Handwer-ken gegenüber anderen Gewerben verhindern, dass Leistungen kundengerechtgebündelt und aus einer Hand angeboten werden können. Auch partizipiert dasHandwerk kaum an der Entwicklung innovativer Bereiche.Deutschland ist neben Luxemburg das einzige europäische Land mit vergleich-baren Berufszugangsvoraussetzungen.Angesichts der Entwicklung im Handwerk verstärken sich Zweifel, ob die sub-jektive Berufszugangsschranke der Meisterprüfung noch ausreichend durch die„Erhaltung des Leistungsstandes und der Leistungsfähigkeit des Handwerksund die Sicherung des Nachwuchses für die gesamte gewerbliche Wirtschaft“abgedeckt ist. Daher soll die Anlage A der HwO auf den Kreis der Handwerkebeschränkt werden, bei deren Ausübung Gefahren für die Gesundheit oder dasLeben Dritter entstehen können. Damit wird der handwerkliche Befähigungs-nachweis verfassungsrechtlich stärker abgesichert.Die Novelle soll das Handwerksrecht zukunftsfähig, zukunftssicher und euro-pafest machen.Das Gesetz bedarf der Zustimmung des Bundesrates. Mehrere der im Gesetz-entwurf vorgesehenen Vorschriften lösen nach Artikel 84 Abs. 1 die Zustim-mungsbedürftigkeit des Gesetzes aus.

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Drucksache 15/1481 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

B. LösungDurch die Reduzierung der Handwerke der Anlage A HwO auf solche Hand-werke, bei deren Ausübung Gefahren für die Gesundheit oder das Leben Dritterentstehen können, wird für zahlreiche Gewerbe das Erfordernis der Meisterprü-fung als Berufszugangsvoraussetzung abgeschafft. Letztere werden als zulas-sungsfreie Handwerksgewerbe in die Anlage B Abschnitt 1 überführt. Damitwird Gewerbetreibenden in diesen Bereichen eine Selbständigkeit ohne obliga-torischen Meistertitel ermöglicht. Insoweit werden Abgrenzungsprobleme in-nerhalb der in der Anlage A verbleibenden Handwerke und gegenüber den indie Anlage B überführten Handwerken sowie auch zwischen diesen beseitigt.Den Kunden kann ein breites Angebot von Leistungen aus einer Hand angebo-ten werden. Für Existenzgründer entfällt die Hürde der Meisterprüfung als Be-rufszugangsvoraussetzung, was sich positiv auf das Gründungsgeschehen aus-wirken wird. Eine größere Anzahl neuer Kleinbetriebe wird zu einer besserenVersorgung der Kunden und Verbraucher beitragen. Außerdem wird ein Beitragzur Steigerung der im europäischen Durchschnitt niedrigen Selbständigenquotevon 9,3 % in Deutschland (im Gegensatz zu 12,3 % EU-Durchschnitt) geleistet.Für die Handwerksgewerbe der Anlage B wird die Möglichkeit des fakultativenMeisters als Qualitätssiegel geschaffen. Der fakultative Meister kann sich imWettbewerb ungehindert mit dem Gütesiegel der Meisterprüfung darstellen.Die Meisterprüfungskosten für die Handwerke der Anlage B werden, soweitdie Möglichkeit des fakultativen Meisters nicht genutzt wird, entfallen. Soweitbisher zulassungspflichtige Handwerke in Anlage B überführt werden, wird diebisher bestehende Inländerdiskriminierung vollständig beseitigt.Die Zulassungsfreiheit zahlreicher bisher zum Vorbehaltsbereich gehörenderGewerbe wird zu mehr Wettbewerb führen.Das Inhaberprinzip wird aufgehoben. Natürliche Personen und Personengesell-schaften können handwerkliche Betriebe gründen und übernehmen, ohne dasssie selbst die handwerksrechtliche Befähigung besitzen müssen, wie dies be-reits seit langem bei den juristischen Personen der Fall ist. Ausreichend ist,wenn ein Betriebsleiter mit Meisterbrief bzw. Ausnahmebewilligung eingestelltwird. Nachfolgeprobleme im Handwerk werden dadurch erheblich entschärft.Gesellen der zulassungspflichtigen Handwerke der Anlage A mit 10-jährigerBerufserfahrung, davon 5 Jahre in herausgehobener, verantwortungsvoller oderleitender Stellung, erhalten einen Anspruch auf Eintragung in die Handwerks-rolle. Die Ausbildung im Handwerk wird attraktiver, da der Gesellenabschlussmehr Perspektiven bietet. Ingenieure und Techniker werden unter erleichtertenBedingungen zur selbständigen Handwerksausübung zugelassen.Die Ausbildungsleistung insgesamt wird durch die vorgesehenen Regelungennicht beeinträchtigt. Vielmehr soll durch die Überführung zahlreicher Hand-werksgewerbe in die Anlage B einschließlich der dazu gehörigen Ausbildungs-verordnungen, die erhalten bleiben, die Ausbildungsleistung innerhalb derAnlage B erheblich verbessert werden. Dies dürfte für andere Gewerbe der An-lage B Anreiz sein, sich für eine Ausbildungsordnung einzusetzen.

C. AlternativenKeine

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen HaushalteKeine

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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/1481

E. Sonstige KostenPrüfungskosten, die bislang an den Verbraucher weitergegeben wurde, entfal-len. Für Unternehmen, insbesondere kleine und mittlere Betriebe, werden keineKosten entstehen. Die Änderung der Handwerksordnung wird sich grundsätz-lich kostensenkend auswirken.

F. BürokratiekostenbelastungKostensenkend. Der Abbau von Abgrenzungsproblemen reduziert den hierfürbisher entstehenden Aufwand.

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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 7 – Drucksache 15/1481

Anlage 1

Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung der Handwerksordnungund anderer handwerksrechtlicher Vorschriften

Der Text des Gesetzentwurfs und der Begründung istgleichlautend mit dem Text auf den Seiten 4 bis 46 der Bun-destagsdrucksache 15/1206.

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Drucksache 15/1481 – 8 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Anlage 2

Stellungnahme des Bundesrates

Der Bundesrat hat in seiner 790. Sitzung am 11. Juli 2003beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 2des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

Zu dem Gesetzentwurf allgemein

1. Der vorliegende Gesetzentwurf zielt auf eine Aushöh-lung des Großen Befähigungsnachweises ab. Dieskommt insbesondere in der Reduzierung der Anlage Avon 94 auf nur mehr 29 Gewerke und in der Altgesellen-regelung zum Ausdruck. Der Große Befähigungsnach-weis dient dem Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter:der Erhaltung der Qualität handwerklicher Leistungen,der wirtschaftlichen Stabilität der Betriebe und derSicherung eines gut ausgebildeten Nachwuchses. DieMeisterprüfung ist Voraussetzung und Garant für diehohe Ausbildungsleistung des Handwerks, die der ge-samten gewerblichen Wirtschaft und der jungen Genera-tion zugute kommt. Deshalb hat das Bundesverfassungs-gericht bereits im Jahr 1961 in einer Grundsatzentschei-dung die Handwerksordnung nicht nur als verfassungs-konform anerkannt, sondern den großen Werthandwerklicher Leistungen und Ausbildung im gegen-wärtigen System hervorgehoben.

2. Das Handwerk bildet nach wie vor einen wichtigen Pfei-ler im Gerüst der deutschen Wirtschaftsordnung. Mitüber 520 000 jungen Menschen, finden hier rund einDrittel aller Lehrlinge den Einstieg in das Berufsleben.Die Ausbildungsbereitschaft liegt mit 10 % um gut dasDreifache über dem Bundesdurchschnitt. Mit einem Um-satz von rd. 417 Mrd. Euro in 2002 leistet das Handwerkzudem einen wesentlichen Beitrag zur Wertschöpfung inDeutschland. Gut 5,3 Millionen Arbeitsplätze in rd.580 000 handwerklichen Unternehmen bilden dieLebensgrundlage für viele tausend Familien in unseremLand.

Trotz seiner soliden Grundstruktur ist auch das Hand-werk von der allgemein katastrophalen Wirtschaftslageunseres Landes betroffen. Umsatzrückgänge, Insolven-zen und rückläufige Beschäftigtenzahlen machen auchvor diesem bislang erfolgreichen Wirtschaftszweig nichthalt. Der entscheidende Grund für die Talfahrt liegt inder verfehlten Wirtschaftspolitik der Bundesregierung.Die Investitionszurückhaltung der Kommunen aufgrundklammer Kassen und der Nachfragerückgang privaterHaushalte aufgrund steigender Steuern und höherer So-zialabgaben treffen das Handwerk besonders hart. Einegrundlegende Trendwende in unserem Land und damitauch im Handwerk kann nur durch bessere gesamtwirt-schaftliche Rahmenbedingungen gelingen. NiedrigereSteuern, sinkende Sozialabgaben und weniger Bürokra-tie sind Voraussetzung für mehr Beschäftigung und mehrWachstum.

Gleichzeitig sind sich alle Beteiligten einig, dass auch– insbesondere mit Blick auf die EU-Osterweiterung –

im Handwerk Strukturreformen erforderlich sind. Diesemüssen von grundlegenden Reformen in Wirtschafts-,Finanz- und Sozialpolitik ergänzt und unterstützt wer-den. Ziel einer vernünftigen Reform der HwO muss essein, sowohl die hohe Ausbildungsbereitschaft im deut-schen Handwerk sicherzustellen als auch Beschäftigungzu sichern und auszubauen sowie mehr Flexibilität beiUnternehmensgründungen zu ermöglichen. Zudem mussmit Blick auf die EU eine Inländerdiskriminierunggrundsätzlich vermieden und Bürokratie so weit wiemöglich abgebaut werden.

3. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung ignoriert einenwesentlichen Teil dieser Gesichtspunkte. Er beachtet diebestehenden Strukturen nicht hinreichend und er soll of-fenbar in Konfrontation mit dem Handwerk und seinenVerbänden anstatt im Dialog mit ihnen durchgesetzt wer-den.Der Bundesrat kann weder diese Vorgehensweise gut-heißen noch dem Gesetzentwurf in der vorliegendenForm zustimmen. Er ist vielmehr der Auffassung, dassdie notwendige Reform der Handwerksordnung fol-gende Eckpunkte enthalten sollte:

Erhalt des MeisterbriefesDer Meisterbrief hat sich bewährt und muss als Quali-tätssiegel des deutschen Handwerks erhalten bleiben.Gleichwohl ist es wirtschafts- wie ordnungspolitisch ge-boten, den Großen Befähigungsnachweis als obligatori-sche Voraussetzung zur Existenzgründung konstruk-tiv-kritisch zu überprüfen. Die von der Bundesregierungvorgeschlagene radikale Reduzierung der Meisterberufeschießt allerdings deutlich über das Ziel hinaus.Anstatt lediglich den Gefahrenaspekt zu berücksichti-gen, müssen vielmehr drei Kriterien bei der Festlegungder Gewerbe mit verpflichtendem Großem Befähigungs-nachweis beachtet werden:1. Die Ausbildungsleistung,2. die Gefahrengeneigtheit und3. der Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter.

Qualitätssicherung in der Anlage BNeben den Gewerken, die auch in Zukunft den Meister-brief als Leistungsnachweis zwingend erfordern, mussauch die Qualität der Handwerksberufe in der Anlage Bgewährleistet bleiben. Deshalb sollte diesen Berufen dieOption zum Erwerb des Meisterbriefes – als Ausdruckbesonderer Fähigkeiten und als Wettbewerbselement –offen stehen.

Einführung einer RevisionsklauselDie Reform der Handwerksordnung trifft einen ebensosensiblen wie wichtigen Wirtschaftsbereich unseres Lan-

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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 9 – Drucksache 15/1481

des. Es ist daher geboten, dass in regelmäßigen Abstän-den eine Überprüfung der neuen Regelungen stattfindet.Dabei muss festgestellt werden, welche Auswirkungendie Neuordnung der Handwerksnovelle für die Betriebenach sich gezogen hat und ggf. Anpassungen bei der Zu-ordnung in die Anlagen A und B vorgenommen werden.Durch die regelmäßige Prüfpflicht zur Anpassung derMeisterberufe wird die Grundlage für ein „Handwerkmit Zukunft“ gelegt.

Altgesellenregelung (Artikel 1 Nr. 10 – § 7b Abs. 1Nr. 2 HwO)

Altgesellen ohne Meisterprüfung sollte die Gründungeiner selbständigen Existenz ermöglicht werden, wennsie zehn Jahre in dem Handwerk, davon fünf Jahre in lei-tender Position gearbeitet haben und die zur selbständi-gen Führung eines Handwerksbetriebes notwendigenKenntnisse und Fertigkeiten nachgewiesen sind (Altge-sellenregelung).

Bei der von der Bundesregierung vorgesehenen Rege-lung wird kaum noch jemand bereit sein, den Meister-brief zu erwerben, wenn er sich durch bloßes Zuwartenein paar Jahre später auch ohne Meisterbrief selbständigmachen kann. Die Führung eines Handwerksunterneh-mens setzt Fähigkeiten voraus, die bei einem Gesellen,auch wenn er in leitender Funktion gearbeitet hat, nichtautomatisch vorhanden sind. Der Gesetzentwurf derBundesregierung fordert noch nicht einmal zwingendeine leitende Tätigkeit, sondern spricht lediglich von„herausgehobener, verantwortlicher oder leitender Stel-lung“. Die Unternehmerqualifikation der Existenzgrün-der wäre bei dieser Regelung nicht gewährleistet. BeiBetrieben, die nicht von einem Meister geführt werden,besteht daher ein erhöhtes Insolvenzrisiko wegen man-gelnder betriebswirtschaftlicher Kenntnisse. Ein gänzli-cher Verzicht auf den Nachweis der für die selbständigeFührung eines Betriebes notwendigen Kenntnisse undFertigkeiten für so genannte Altgesellen, die einen eige-nen Betrieb gründen wollen, ist daher nicht vertretbar.

Kammerbeiträge (Artikel 1 Nr. 65 Buchstabe b – § 113Abs. 2 HwO)

Die Bundesregierung wird gebeten, von der vorgesehe-nen Freistellung von Existenzgründern von den Kam-merbeiträgen in den ersten vier Jahren Abstand zu neh-men. Bei den Handwerkskammern würde diese Freistel-lung nämlich zu erheblichen Einnahmeausfällen führen.Als Folge hiervon müssten auch die Dienstleistungsan-gebote der Kammern für Existenzgründer eingeschränktwerden. Dies wäre sehr bedauerlich, da die speziellenBeratungsangebote der Handwerkskammern für Exis-tenzgründer stark in Anspruch genommen werden. Exis-tenzgründer, die fachliche Beratung in Anspruch neh-men, haben wesentlich bessere Chancen, die kritischeAnlaufphase zu überstehen, als Unternehmen, derenExistenzgründung ohne externe Beratung erfolgt. ImHinblick auf diese nachteiligen Folgen sollte daher aufdie vorgesehene Freistellung von Existenzgründern vonden Kammerbeiträgen in den ersten vier Jahren verzich-tet werden, zumal die von den Existenzgründern zu ent-richtenden Kammerbeiträge nur eine vergleichsweise ge-

ringe Belastung darstellen, die indes in der Summe beiden Kammern nicht vernachlässigbar ist.

Kriterien für die Anlagen A und B (Artikel 1 Nr. 73und 74 zur HwO)

Eine Beschränkung des Großen Befähigungsnachweisesauf so genannte Gefahrenhandwerke bedeutet einen Pa-radigmenwechsel. Damit würde die Handwerksordnungden allgemeinen Gefahrenabwehrvorschriften zugeord-net und wäre keine spezifische Regelung mehr für denWirtschaftsbereich Handwerk als solchen. Eine Begren-zung des Meisterbriefs auf so genannte Gefahrenhand-werke würde nur noch einen geringen Teil der Hand-werke insgesamt erfassen, wodurch dem Handwerkseine kennzeichnende Besonderheit und Vorbildfunktiongenommen würde. Letztlich verlöre der Wirtschafts-zweig Handwerk seine Eigenständigkeit und damit auchseine wirtschaftlich, gesellschaftlich und politisch stabi-lisierende Funktion. Dieser Ansatz ist aber verfehlt; dasHandwerksrecht ist nicht Teil des allgemeinen Sicher-heitsrechts.

Die Bundesregierung wird gebeten, die Anlagen A und Bder HwO nach der folgenden Maßgabe neu zu fassen:

Neben dem von der Bundesregierung bei der Festlegungder Berufe, für deren selbständige Ausübung auch künf-tig der Meisterbrief erforderlich sein soll, zu Grunde ge-legten Kriterium der „Gefahrgeneigtheit“ der jeweiligenBerufe ist zu berücksichtigen, dass der Verbraucher-schutz durch fachlich einwandfreie Handwerksleistun-gen gewährleistet bleiben muss und der Ausbildungsleis-tung des jeweiligen Handwerks als Garant zur Erhaltungdes Dualen Systems Rechnung zu tragen ist.

Konkret bedeutet dies, dass eine größere Anzahl vonHandwerksberufen auch künftig dem Meisterprivilegunterliegen muss als dies die Bundesregierung vorsieht.

Modernisierung der Meisterprüfung

Die Berechtigung zur Ausbildung junger Menschen ruhtbislang auf dem Erwerb des Meisterbriefes. Wenn ein-zelne Berufe diese Grundvoraussetzung durch die Ein-stufung in die Anlage B künftig nicht mehr erfüllen müs-sen, ist auch die Ausbildungsvoraussetzung diesen neuenStrukturen anzupassen. Denn neben der fachlichen Qua-lifikation bedarf es auch pädagogischer Fähigkeiten beider Vermittlung von Lerninhalten. Beides ist erfor-derlich, um die hohe Qualität der Ausbildung sicher-zustellen.

Berufsanerkennung erleichtern

Der Erwerb des Großen Befähigungsnachweises ist einQualitätssiegel des deutschen Handwerks. Gleichwohlist eine erleichterte Anerkennung von Fachabschlüssenaus anderen Bereichen mit entsprechender Qualifikationgrundsätzlich vernünftig.

Daher sollten insbesondere Techniker, Ingenieure undIndustriemeister, bei denen ausreichend Fertigkeiten be-reits nachgewiesen worden sind, auch ohne individuelleSonderprüfung die Genehmigung für eine Existenzgrün-dung im Handwerk erhalten.

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Drucksache 15/1481 – 10 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Aufgabe des Inhaberprinzips

Die geltende Regelung zum Inhaberprinzip hat sichüberholt und führt zur Begünstigung der Rechtsform derGmbH im Handwerk. Diese Diskriminierung derRechtsform ist zu beenden und das Inhaberprinzip in derbestehenden Form aufzuheben.

Gleichzeitig muss dafür Sorge getragen werden, dass inden Betrieben, in denen ein Meister zwingend erforder-lich ist, Missbrauch mit pro forma Anstellungen vonPersonen, die den Großen Befähigungsnachweis besit-zen, vermieden wird.

Zu den Vorschriften im Einzelnen:

4. Zu Artikel 1 Nr. 3 Buchstabe a (§ 1 Abs. 1 Satz 1HwO)

In Artikel 1 Nr. 3 Buchstabe a sind in § 1 Abs. 1 Satz 1die Wörter „als stehendes Gewerbe“ zu streichen.

B e g r ü n d u n g

Die Geltung der HwO ist derzeit beschränkt auf das „ste-hende Gewerbe“ (§ 1 Abs. 1). Die Meisterpflicht bestehtdaher nur für Betriebe, die der Kunde zur Auftragsertei-lung direkt aufsuchen oder ansprechen kann. Sie giltnicht für Betriebe, bei denen der Inhaber auf Werbungverzichtet und seinerseits die Kunden aufsucht, um Auf-träge zu akquirieren. Dass die Aufträge auch beim Reise-gewerbe in einer dem stehenden Gewerbe entsprechen-den Werkstatt abgearbeitet werden, spielt nach derRechtsprechung keine Rolle. Die Unterscheidung hat al-lein historische Ursachen, da ein Reisegewerbetreiben-der früher nach Erledigung des Auftrags haftungsmäßignicht mehr greifbar war. Die fehlende Meisterpflichtsollte die Verbraucher warnen, mit solchen „unseriösen“Anbietern Verträge abzuschließen.

Heute unterscheidet sich das Reisegewerbe materiell undhaftungsrechtlich nicht mehr vom stehenden Gewerbe.Die Unterscheidungen beider Bereiche wurden vielmehrschon 1984 aufgehoben z. B. für mobile Verkaufsstellen,das Aufstellen von Warenspielgeräten, für überwa-chungsbedürftige Anlagen, die Ausübung des Bewa-chungs-, Versteigerer-, Makler-, Bauträger- und Baube-treuergewerbes. Das Handwerk wurde dabei bisher aus-geklammert. Eine nachvollziehbare Begründung, warumdieselbe Tätigkeit im Reisegewerbe ohne Meisterprü-fung, im stehenden Gewerbe aber nur mit Meisterprü-fung ausgeübt werden darf, besteht nicht. Der Verzichtauf die Meisterprüfung im Reisegewerbe ist unvertret-bar. Eine Streichung der Ausnahmeregelung hat nur ge-ringe wirtschaftliche Folgen, da das Reisegewerbe imHandwerk derzeit noch keine oder keine relevantenMarktanteile hat.

5. Zu Artikel 1 Nr. 5 Buchstabe a0 – neu – (§ 3 Abs. 1Satz 2 – neu– HwO)

In Artikel 1 Nr. 5 ist dem Buchstaben a folgender Buch-stabe a0 voranzustellen:

„a0) Dem Absatz 1 wird folgender Satz 2 angefügt:,Nebenbetriebe und Hilfsbetriebe sind der örtlichzuständigen Handwerkskammer anzuzeigen.‘“B e g r ü n d u n gDie Gesetzmäßigkeit der Tätigkeit von Neben- undHilfsbetrieben kann von den Handwerkskammernzurzeit nur überprüft werden, wenn sie zufällig vondieser Tätigkeit erfahren. Das gilt besonders beiHauptbetrieben, die mit ihrer Tätigkeit keinerleiNähe zum Handwerk aufweisen.Da die Tätigkeiten der Anlage A als gefahren-geneigt eingestuft werden, bedarf deren Ausübungeiner sachgerechten Überprüfungsmöglichkeit.Eine bloße Anzeigepflicht ist dafür notwendig undausreichend.

6. Zu Artikel 1 Nr. 5 Buchstabe b Doppelbuchstabe bbund cc (§ 3 Abs. 3 Buchstabe b und c HwO)In Artikel 1 Nr. 5 Buchstabe b sind die Doppelbuchstabebb und cc zu streichen.B e g r ü n d u n gInstallationsarbeiten gehören bei gefahrengeneigtenhandwerklichen Tätigkeiten, z. B. bei den Installateurenund den Elektrotechnikern, zu den Gesundheit und Le-ben Dritter besonders gefährdenden Kernelementen ihrerTätigkeit. Auch bei dem unentgeltlichen Einsatz einesHilfsbetriebes ist es nicht vertretbar, die Ausführendendieser Arbeiten von Qualifikationsanforderungen zu be-freien. Die Umstände der Tätigkeit sind nicht geeignet,die Gefahren der Tätigkeit zu mindern.

7. Zu Artikel 1 Nr. 6 (§ 4 HwO)Artikel 1 Nr. 6 ist wie folgt zu fassen:„6. § 4 wird wie folgt gefasst:

,§ 4Nach dem Ausscheiden des Betriebsleiters hat derin die Handwerksrolle eingetragene Inhaber einesBetriebes der Anlage A oder sein Rechtsnachfolgeroder sonstige verfügungsberechtigte Nachfolgerunverzüglich für die Einsetzung eines anderen Be-triebsleiters zu sorgen.‘“B e g r ü n d u n gMit der bisherigen Wortwahl wird bei Ausscheideneines Betriebsleiters zur Bestellung eines neuenBetriebsleiters allein der Nachfolger eines Be-triebsinhabers verpflichtet. Das Ausscheiden desBetriebsleiters muss aber nicht notwendig auch dasAusscheiden des Betriebsinhabers zur Folge haben.In aller Regel muss daher auch der bisherige Be-triebsinhaber zur Bestellung eines neuen Betriebs-leiters verpflichtet sein. Die Reihenfolge der Be-griffe Inhaber und Rechtsnachfolger ist daher um-zukehren.

8. Die Bundesregierung wird gebeten, für Unternehmen,die nicht wesentliche Tätigkeiten eines Handwerksberu-fes der Anlage A ausüben, die Anwendung der Vor-schriften der §§ 18 bis 20 der Handwerksordnung(HwO) vorzusehen.

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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 11 – Drucksache 15/1481

9. Zu Artikel 1 Nr. 45 (§ 51a Abs. 1 HwO)In Artikel 1 Nr. 45 ist § 51a Abs. 1 wie folgt zu fassen:

„(1) Für Gewerbe der Anlage B, für die eine Ausbil-dungsordnung nach § 25 dieses Gesetzes oder nach§ 25 des Berufsbildungsgesetzes erlassen worden ist,kann eine Meisterprüfung abgelegt werden.“B e g r ü n d u n gDie Streichung der Meisterpflicht für zahlreiche Hand-werke der Anlage A beruht im Wesentlichen darauf,dass der verfassungsrechtliche Grundsatz der Gewer-befreiheit nach heutiger Betrachtung in allen Hand-werksbereichen Vorrang vor der Meisterpflicht hat, indenen gewerbliche Abnehmer und die Verbraucher alsMarktgegenseite in der Lage sind, eigenständig zu ent-scheiden, ob sie die handwerklichen Tätigkeiten voneinem Meisterbetrieb oder einem weniger qualifizier-ten Betrieb erbracht haben wollen.Es besteht jedoch ein unverändert hohes Bedürfnis undInteresse der Marktgegenseite des Handwerks sowieein besonderes volkswirtschaftliches Interesse, den ho-hen Bestand an Meisterbetrieben und damit auch dieüber Jahrzehnte erarbeiteten Qualitätsstandards imHandwerk ungeschmälert zu erhalten. Es ist daher al-len Handwerken, für die bisher Ausbildungsordnungenoder Meisterprüfungsordnungen bestanden, der Zu-gang zur freiwilligen Meisterprüfung zu gewähren.Es besteht andererseits kein Bedürfnis und keine Not-wendigkeit, den Zugang zur freiwilligen Meisterprü-fung von einer Rechtsverordnung des Bundesministeri-ums für Wirtschaft und Arbeit im Einvernehmen mitdem Bundesministerium für Bildung und Forschungabhängig zu machen. Allein die Normierung einer Ver-ordnungsermächtigung erweckt vielmehr den fatalenEindruck, dass auch eine freiwillige Meisterprüfung inden zulassungsfreien Handwerksgewerben grundsätz-lich entbehrlich ist und nur in besonders zu prüfendenAusnahmefällen zugelassen werden sollte. Eine solcheRegelung ist weder vertretbar noch entspricht sie denübrigen Begründungen des Gesetzentwurfs.

10. Zu Artikel 1 Nr. 45 (§ 51a Abs. 4 Satz 2 HwO)In Artikel 1 Nr. 45 ist § 51 Abs. 4 Satz 2 zu streichen.B e g r ü n d u n gDie durch die Abnahme der freiwilligen Meisterprü-fungen entstehenden Kosten soll nach dem Gesetzent-wurf die Handwerkskammer tragen. Die Handwerks-kammer müsste diese Kosten über die von allenPflichtmitgliedern der Handwerkskammer erhobenenBeiträge umlegen und damit sozialisieren. Ein Rechts-grund dafür ist nicht ersichtlich und wird in der Be-gründung des Entwurfs auch nicht genannt.Da die freiwillige Meisterprüfung ein erheblicher geld-werter Vorteil im Wettbewerb sein kann und auch nachSinn und Zweck von § 51a sein soll, ist es angemessenund notwendig, die Kosten ebenso wie bei der Meister-pflichtprüfung auch hier den Prüflingen aufzuerlegen.

Eine Streichung von Satz 2 ist daher erforderlich.

11. Die Bundesregierung wird gebeten, in den Gesetzent-wurf eine Ermächtigungsgrundlage aufzunehmen, dieden Ländern das Recht einräumt, die Entscheidungüber alle Ausnahmebewilligungs- und Ausübungsbe-rechtigungsentscheidungen auf andere Behörden zuübertragen, ohne die Handwerkskammern auszuschlie-ßen.

12. Die Bundesregierung wird gebeten, die Vorschriftender Handwerksordnung über die Zuerkennung derfachlichen Eignung sowie die Untersagung des Einstel-lens und Ausbildens mit dem Ziel zu überprüfen, dieseEntscheidungen ebenfalls den Kammern zu übertragen.

13. Zu Artikel 1 Nr. 52a – neu – (§ 91a – neu – HwO)

In Artikel 1 ist nach Nummer 52 folgende Nummer52a einzufügen:

„52a. Nach § 91 wird folgender neuer § 91a eingefügt:

,§ 91a

In Streitigkeiten zwischen Inhabern eines Gewerbebe-triebes der Anlage A und ihren Auftraggebern ist dieErhebung einer Klage erst zulässig, nachdem vor derVermittlungsstelle zur Beilegung von Streitigkeiten(§ 91 Abs. 1 Nr. 11) versucht worden ist, die Streitig-keit einvernehmlich beizulegen. Das Verfahren wirddurch Rechtsverordnung des Bundesministeriums fürWirtschaft und Arbeit mit Zustimmung des Bundes-rates geregelt.‘“

B e g r ü n d u n g

Die vom Handwerk geltend gemachten umfassendenZahlungsmoralprobleme beruhen auf der Seite desHandwerks zu einem nicht unwesentlichen Teil aufSchlechterfüllung und der Verfahrensdauer vonRechtsstreitigkeiten. Die von dem Handwerk im Allge-meinen und im Zusammenhang mit Schwarzarbeit imBesonderen in Anspruch genommene Qualitätsleistungdes Handwerks können vor diesem Hintergrund nichtin dem gebotenen Maße zum Tragen kommen.Schlichtungsverfahren bei Handwerkskammern sind inhohem Maße geeignet, durch Einschaltung der denKammern zur Verfügung stehenden Sachverständigenoder durch dritte Fachgutachter eine zeitnahe und trag-fähige Klärung von Streitigkeiten und eine rasche Be-reinigung von Fehlleistungen im Interesse des Hand-werks und seiner Abnehmer herbeizuführen. Schlich-tungsverfahren sind zwar schon bisher Aufgaben derKammern (§ 91 Abs. 1 Nr. 11 HwO), haben aufgrundder Freiwilligkeit beider Parteien aber faktisch keineBedeutung. Abgelehnt werden sie in einer nicht uner-heblichen Zahl von Fällen auch von den Handwerkern.

Obligatorische Verfahren können sachverständige Klä-rung von Streitigkeiten fördern, die Gerichte nachhal-tig entlasten, die Rechtswege verkürzen und Zahlungenwesentlich beschleunigen.

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Drucksache 15/1481 – 12 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Anlage 3

Gegenäußerung der Bundesregierung

Die Bundesregierung nimmt zu den Vorschlägen des Bun-desrates wie folgt Stellung:

Zu der Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf allgemein

Zu Nummer 1

Der vorliegende Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Ände-rung der Handwerksordnung und anderer handwerksrechtli-cher Vorschriften zielt, entgegen der Behauptung des Bun-desrates, nicht auf eine Aushöhlung des Großen Befähi-gungsnachweises ab.

Zwar wird durch die Überführung von 65 Handwerken indie Anlage B der Handwerksordnung die Zahl der Vorbe-haltsbereiche reduziert. Nach den Betriebszahlen entspre-chend der Handwerksrollenstatistik des DHKT von 2002werden aber 414 300 Betriebe von 666 190 Betrieben in derAnlage A verbleiben. In der Anlage B der Handwerksord-nung wird der große Befähigungsnachweis als Qualitätssie-gel, wenn auch auf freiwilliger Basis, erhalten bleiben. Erwird damit im Wettbewerb um den Kunden eine neue Be-deutung erlangen. Wenn sich langjährige Gesellen nach ei-ner Ausbildung von drei bis vier Jahren und anschließendzehn Jahren Berufspraxis, davon fünf Jahre in herausgeho-bener, verantwortlicher oder leitender Stellung, selbständigmachen, so kann nicht davon gesprochen werden, dass esdiesen an Fachkompetenz mangelt. Durch den Wegfall derGesellenjahre als Voraussetzung für die Zulassung zurMeisterprüfung und durch die vorgesehenen weiteren Er-leichterungen bei der Meisterprüfung sowie der wett-bewerbsmäßigen Bedeutung des Meisterbriefes als Quali-tätssiegel bestehen erhebliche Anreize zur Ablegung derMeisterprüfung, sowohl in der Anlage A wie auch in derAnlage B. Insofern bleibt die breite Qualifikation und Qua-litätssicherung im Handwerk gewahrt. Der große Befähi-gungsnachweis wird in seiner Bedeutung als Qualitätsnach-weis erhalten und gestärkt.

Ziel des Gesetzentwurfs ist, das Handwerk zu stärken undzukunftsfähig zu machen. Die Reform der Handwerksord-nung muss daher:– die Struktur des Handwerks modernisieren und das

Handwerk besser befähigen, sich auf die Entwicklungendes Marktes einzustellen;

– Existenzgründern neue Perspektiven eröffnen;– Impulse auf dem Arbeits- und Ausbildungsmarkt geben;– Inländerdiskriminierung abbauen;– Unternehmensübernahmen erleichtern;– tüchtigen langjährigen Gesellen die Eintragung in die

Handwerksrolle erleichtern;– Erleichterungen für Ingenieure und staatlich geprüfte

Techniker und Industriemeister schaffen und– Schwarzarbeit reduzieren.

Die Erwartungen der Bundesregierung mit der Novelle wer-den insbesondere auch durch das Kieler Institut für Welt-wirtschaft (Diskussionsbeiträge Juni 2003) bestätigt.

Die Bundesregierung hält die Reform auch deshalb für drin-gend erforderlich, weil sich die Wettbewerbsposition desHandwerks im Konsumgüterbereich gegenüber den nicht-handwerklichen Konkurrenten stark verschlechtert hat.Neue strukturelle Entwicklungen in der Industrie und derDienstleistungswirtschaft befähigen großbetriebliche An-bieter in zunehmenden Maße, auch auf lokalen Märkten ak-tiv zu werden. Die Güter- und Leistungserstellung, die sichimmer weniger an herkömmliche Branchenstrukturen hältund komplette Leistungsangebote aus einer Hand anbietet,führt immer stärker dazu, dass die Position des Handwerksin Frage gestellt wird. Die Entwicklung auf den Märktengeht zunehmend an den bestehenden Strukturen betrieb-licher und sektoraler Arbeitsteilung und dem beruflichenKlassifizierungssystem der in der Anlage A der Handwerks-ordnung festgeschriebenen Gewerbestruktur vorbei (vgl.Stellungnahme RWI bei der Anhörung im Bundestags-Wirt-schaftsausschuss, Ausschussdrucksache 19(9)547).

Zentraler Ansatz des Gesetzentwurfs ist, den Meistervorbe-halt als Berufszugangsvoraussetzung auf den Kreis der imHinblick auf Gesundheit oder Leben Dritter „gefahrgeneig-ten Handwerke“ zu beschränken.

Dadurch entfallen Abgrenzungsprobleme und -streitigkeitenzwischen Gewerben, die in Anlage B überführt werden. Essind verstärkt gewerbeübergreifende Angebote möglich.Das Tätigkeitsspektrum für die einzelnen Handwerksbe-triebe kann sich erweitern. Es werden mehr Angebote auseiner Hand möglich. Auf Kundenwünsche kann flexibler re-agiert werden, z. B. wird die Verbindung von Handels- undHandwerksgewerbe erleichtert. Mit dem Verkauf eines Pro-dukts kann im vorbehaltsfreien Bereich auch dessen Mon-tage (u. a. im Bereich der Raumausstattung), Reparatur(u. a. beim Schuhverkauf) oder Maßanfertigung (u. a. beimKleidungsverkauf) etc. angeboten werden. Auch Betriebehandwerksähnlicher Gewerbe können ihr Tätigkeitsspekt-rum erweitern. So können z.B. Kosmetikerinnen, die häufigeine Friseurausbildung haben, künftig auch Friseurleistun-gen anbieten, im Wettbewerb mit Friseuren, die bereits bis-her beide Bereiche ausüben dürfen.

Die bestehenden Strukturen des Handwerks bleiben durchdie Novelle erhalten. Lediglich die Pflicht zur Ablegung derMeisterprüfung wird auf die gefahrgeneigten Handwerkebeschränkt. Dies ist keine „Aushöhlung des Großen Befähi-gungsnachweises“. Vielmehr ist davon auszugehen, dass derMeisterbrief in Gewerben der Anlage B gerade wegen sei-ner Freiwilligkeit am Markt besonders geschätzt wird, weildamit dem Kunden höhere Qualität signalisiert wird. DerMeisterbrief in der Anlage B dient also künftig für den Kun-den zur Differenzierung zwischen Anbietern.

Die Stabilität der Betriebe, die Ausbildungsleistung desHandwerks und die Sicherung des Nachwuchses steheneiner Öffnung der Handwerksordnung nicht entgegen; siewerden durch die Novelle gewahrt.

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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 13 – Drucksache 15/1481

Die durchschnittliche Marktverweildauer eines Meisterbe-triebes, das heißt, das Bestehen eines Meisterbetriebes amMarkt, ist nach Datenauswertungen des Rheinisch-Westfäli-schen Instituts für Wirtschaftsforschung in Essen und desInstituts für Mittelstandsforschung in Bonn nicht signifikanthöher als die eines vergleichbaren mittelständischen produ-zierenden gewerblichen Unternehmens, das keinen Markt-zugangsbeschränkungen unterliegt. Dies wird auch in Fort-schreibung von Zahlen des Seminars für Handwerkswesenan der Universität Göttingen bestätigt. Insoweit ist eine Be-gründung der Meisterpflicht mit der wirtschaftlichen Stabi-lität der Handwerksbetriebe bereits in tatsächlicher Hinsichtnicht möglich. In verfassungsrechtlicher Hinsicht kann eineBerufszugangsbeschränkung nach Artikel 12 GG nicht da-mit begründet werden, dass eine Wettbewerbsbeschränkungden Berufsangehörigen den Erfolg am Markt erleichtert.„Das Interesse der Allgemeinheit oder auch nur seiner Kun-den erfordert es nicht, [einen Unternehmer] gegen die Fol-gen seines wirtschaftlich unvernünftigen Verhaltens durchgesetzliche Vorschriften zu sichern.“ (BVerfG, Beschlussvom 14. Dezember1965, BVerfGE 19, 330, 340).

Die Ausbildungsleistung und die Ausbildungsmotivationsind im Handwerk hoch, wenn auch nach Angaben desZDH dort nur jedes dritte Unternehmen ausbildet. Struktu-relle Änderungen sind aber notwendig, um die gesellschaft-liche und wirtschaftliche Bedeutung des Handwerks alsAusbilder zu stabilisieren und die Attraktivität der hand-werklichen Ausbildung zu steigern.

Der Vorbehaltsbereich und der Meistertitel sind keine Krite-rien für die Ausbildungswilligkeit. Die Ausbildungsmotiva-tion dürfte unverändert bleiben, zumal sich Ausbildungauch für den Betrieb lohnt.

Die Novelle hat weder eine Abnahme der Ausbildungsquan-tität noch der Ausbildungsqualität zur Folge. Außerhalb desHandwerks, insbesondere in den Bereichen Handel, Indus-trie und Dienstleistungen wird ebenfalls in hoher Qualitätund mit großem Engagement ausgebildet. Es bestehen rd.260 Ausbildungsordnungen für nichthandwerkliche Tätig-keiten. Über 67 % der Gesamtausbildung erfolgt im Nicht-handwerk.

Insgesamt nimmt im Handwerk die Zahl der Auszubilden-den sowie der Ausbildungsbetriebe stark ab. Noch 1998 gabes im Handwerk 625 000 Auszubildende. Im Jahr 2002waren es nach Angaben des Statistischen Bundesamtes noch528 000. Der Anteil des Handwerks an der Zahl der Auszu-bildenden in der Gesamtwirtschaft ging von rd. 41 % in1980 (alte Bundesländer) auf nunmehr rd. 33 % (für Ge-samtdeutschland) in 2002 zurück. Im Jahr 2001 bildete dasHandwerk nach den Zahlen des Bundesinstituts für Berufs-bildung 57,3 % der gewerblich-technischen Lehrlinge aus.

Es ist sichergestellt, dass die Novelle die Qualität der Ausbil-dung nicht beeinträchtigt. In den Handwerken der Anlage Ableiben die bisherigen Anforderungen erhalten. Das Erfor-dernis des Nachweises von berufs- und arbeitspädagogi-schen Kenntnissen für die Ausbildungsbefugnis gilt auch fürdiejenigen, die jetzt unmittelbar selbständig werden dürfen,wie z.B. staatlich geprüfte Techniker oder 10 Jahre tätigeGesellen mit 5-jähriger Tätigkeit in qualifizierten Funktio-nen. Die Betriebs-/Meisterstruktur der von Anlage A nachAnlage B überführten Betriebe bleibt bestehen. Dadurch ent-

steht keine Veränderung bei bereits bisher ausbildungsfähi-gen Betrieben.

Die Novelle wird auch die Nachfrage nach Ausbildungs-plätzen im Handwerk erhöhen, da der Gesellenabschluss so-wohl in Anlage A als auch in Anlage B künftig mehr Mög-lichkeiten bietet und somit für Jugendliche attraktiver wird.

Nach der Handwerksrollenstatistik ging die Zahl der Be-triebe (nicht Unternehmen) von 1998 mit 686 939 Betriebenauf 666 190 in 2002 zurück. Das Seminar für Handwerks-wesen der Universität Göttingen (Heft 52, Juni 2003)schätzt, wenn das geltende Handwerksrecht unverändertbeibehalten wird, dass es in den nächsten sieben Jahren inder Anlage A einen strukturell bedingten Rückgang um über100 000 Betriebe geben wird, mit den sich daraus ergeben-den Folgen für Beschäftigung und Ausbildungsplätze. Be-reits heute besteht schon ein Jungmeisterdefizit, das durchdie sogenannte Meisterreserve nicht kompensiert werdenkann.

Zu Nummer 2

Die Bundesregierung teilt die Auffassung des Bundesrates,dass das Handwerk nach wie vor ein wichtiger Gewerbe-zweig der deutschen Volkswirtschaft ist. Dies rechtfertigt al-lerdings nicht, umfassende strukturelle Reformen im Hand-werksrecht abzulehnen, da auch andere Wirtschaftszweigevon Bedeutung keinen vergleichbaren Regulierungen unter-liegen.

Angesichts der anhaltend rückläufigen Entwicklung imHandwerk seit 1995 kann nicht mehr von einer solidenGrundstruktur gesprochen werden. Von 1995 bis 2002 gin-gen die Beschäftigtenzahlen im Handwerk (Anlage A) umrd. 25,8 % und die Umsätze um rd. 9,6 % zurück. DasHandwerk blieb damit weit hinter der gesamtwirtschaft-lichen Entwicklung. Seine Entwicklung kann somit wederauf die gesamtwirtschaftliche Lage noch auf sonstige allge-meine Rahmenbedingungen zurückgeführt werden. DerVorwurf einer vermeintlich verfehlten Wirtschaftspolitik derBundesregierung als potentieller Grund der Entwicklungwird nachdrücklich und bereits deshalb zurückgewiesen, dader Abwärtstrend des Handwerks bereits 1995 und damitdrei Jahre vor Amtsantritt der jetzigen Bundesregierung ein-setzte. Die Bundesregierung hat vielmehr mit der Umset-zung struktureller Reformen und konsequenter Fortsetzungdes Reformkurses durch die Agenda 2010 eine Verbesse-rung der Rahmenbedingungen in die Wege geleitet.

Die Bundesregierung geht bei ihrer Einschätzung der wirt-schaftlichen Entwicklung des Handwerks grundsätzlich vonDaten des Statistischen Bundesamtes und des RWI aus, dieaus verschiedenen, u. a. methodischen Gründen nicht de-ckungsgleich mit den verbandsinternen Zahlen des DHKT,die der Bundesrat verwendet, sind.

Der Umsatz des Handwerks (ausschließlich Anlage A,ohne Nebenbetriebe, ohne Mehrwertsteuer) ist nominal von409,3 Mrd. Euro nach der Handwerkszählung 1995 auf369,9 Mrd. Euro in 2002 (RWI) gesunken (– 9,6 %). DerAnteil des Handwerks an der Bruttowertschöpfung redu-zierte sich nach Feststellungen des RWI von 10,7 % in1994 auf 8 % in 2002. Der Handwerksumsatz blieb imDurchschnitt in allen Jahren seit 1996 hinter demBIP-Wachstum mit – 1,6 % im Vergleich zu + 1,5 %

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Drucksache 15/1481 – 14 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

BIP-Wachstum zurück. Damit ist die Entwicklung desHandwerks deutlich schlechter als die der Gesamtwirt-schaft. Der Rückgang der Umsätze ist insbesondere 2001und 2002 besonders stark ausgeprägt. Die Zahl der Be-schäftigten (Anlage A, ohne Nebenbetriebe) ging nach denFeststellungen des RWI seit der Handwerkszählung 1995von 6,085 Mio. auf 4,515 Mio. in 2002 zurück (– 25,8 %),während sich die Zahl der Erwerbstätigen in der Gesamt-wirtschaft seit 1995 leicht erhöht hat. Da die Rückgängeüber einen solch langen Zeitraum andauern und alle Berei-che des Handwerks, die sehr heterogen sind, erfassen, istdie Entwicklung nicht ausschließlich konjunkturell, son-dern vor allem strukturell zu begründen. Der Vergleich mitder Gesamtwirtschaft weist ebenfalls auf strukturelle Defi-zite hin.

Die Bundesregierung stimmt mit dem Bundesrat überein,dass insbesondere auch im Hinblick auf die EU-Osterweite-rung Strukturreformen erforderlich sind. Hierzu leistet derGesetzesentwurf einen wesentlichen Beitrag. Er trägt vor al-lem durch die Beschränkung der Anlage A auf 29 Hand-werke und durch die Erleichterungen für erfahrene Gesellenerheblich zum Abbau der Inländerdiskriminierung bei. DieBenachteiligung Deutscher gegenüber Konkurrenten ausdem EU-Ausland, die keine Meisterprüfung nachweisenmüssen, wird deutlich eingeschränkt. Die Bundesregierungteilt die Auffassung des Bundesrates, dass eine Inländerdis-kriminierung grundsätzlich vermieden werden sollte undBürokratie abgebaut werden muss. Allerdings lehnt derBundesrat gerade die Teile des Gesetzentwurfs ab, diehierzu einen wichtigen Beitrag leisten.

Zu Nummer 3

Die Bundesregierung und insbesondere das Bundesministe-rium für Wirtschaft und Arbeit stehen in ständigem Kontaktmit dem Zentralverband des Deutschen Handwerks und an-deren Organisationen des Handwerks. Es fanden eine Viel-zahl von Gesprächen auf Fach- und Leitungsebene statt. Je-doch hat sich das Handwerk nicht in der Lage gesehen, eineumfassende Reform des Handwerksrechts, die die Hand-werkswirtschaft in seiner Dynamik und Entwicklung wei-terbringen kann, zu unterstützen. Die Bundesregierung be-dauert dies. Eine grundlegende Modernisierung des Hand-werksrechts ist bei der derzeitigen Entwicklung und wirt-schaftlichen Lage des Handwerks zwingend erforderlichund kann im Interesse des Handwerks, im Interesse seinerBeschäftigten und Auszubildenden, letztlich im Interessedes Standorts Bundesrepublik Deutschland nicht aufgescho-ben werden.

Zu den vom Bundesrat vorgeschlagenen Eckpunkten

Erhalt des Meisterbriefes

Die Bundesregierung stimmt mit dem Bundesrat überein,dass der Meisterbrief sich bewährt hat und als Qualitäts-siegel erhalten bleiben muss. Der Gesetzentwurf der Bun-desregierung trägt dem Rechnung. Nach dem Gesetzentwurfbleiben rund 2/3 der bestehenden Handwerksbetriebe in derAnlage A. In den in Anlage B überführten Gewerben wirdder freiwillige Erwerb des Meisterbriefs ermöglicht. Entge-gen der Auffassung des Bundesrates führt der Gesetzent-wurf somit nicht zu einer Reduzierung der Meisterberufe.

Die Bundesregierung hat im Hinblick auf die mit dem Ge-setzentwurf verfolgten Ziele den großen Befähigungsnach-weis als obligatorische Voraussetzung zur Existenzgrün-dung im Handwerk überprüft, auch unter wirtschafts- undordnungspolitischen Gesichtspunkten. Dabei ist sicherzu-stellen, dass die Kriterien, aufgrund derer die Berufsfreiheitdurch das Erfordernis des Großen Befähigungsnachweiseseingeschränkt wird, den verfassungsrechtlichen Anforde-rungen genügen.

Es handelt sich bei dem Erfordernis des Meisterbriefs umeine subjektive Berufszulassungsschranke. Nach der Recht-sprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Artikel 12Grundgesetz sind subjektive Berufszulassungsschrankennur gerechtfertigt zur Sicherung eines „wichtigen Gemein-schaftsguts“. Der Schutz von Leben und Gesundheit Dritterist ein solch „überragend“ wichtiges Gemeinschaftsgut undrechtfertigt eine (subjektive) Berufszugangsbeschränkung.Das Kriterium der „Gefahrgeneigtheit“ entspricht den An-forderungen des Artikels 12 GG. Die Bundesregierung be-grüßt, dass der Bundesrat dem zustimmt.

Ausbildungsleistung

Der Bundesrat möchte das Kriterium der Ausbildungsleis-tung beachtet wissen. Soweit dies als Kriterium für die Be-rufszulassung dienen soll, bestehen Bedenken.

Die Bundesregierung erkennt an, dass das Handwerk einehohe Ausbildungsleistung erbringt und zum Teil über seineneigenen Bedarf hinaus ausbildet. Der Anteil des Handwerksan der Gesamtausbildung liegt jedoch nur bei 33 %. Zu67 % erfolgt die Ausbildung in nichthandwerklichen Ge-werben, bei denen der Berufszugang nicht unter dem Vorbe-halt der Meisterprüfung steht. Nach Angaben des Zentral-verbands des Deutschen Handwerks bilden nur etwa 1/3 derHandwerksbetriebe überhaupt aus.

Nach Auffassung der Bundesregierung kann die Ausbil-dungsleistung eine Beschränkung des Berufszugangs zumHandwerk verfassungsrechtlich nicht rechtfertigen. Zwarhat der Gesetzgeber der Handwerksordnung von 1953 undihm folgend das Bundesverfassungsgericht in seiner Ent-scheidung vom 17. Juli 1961 (BVerfGE 13, 97) die Ausbil-dungsleistung des Handwerks in seiner Bedeutung für die„ganze gewerbliche Wirtschaft“ anerkannt. Jedoch wurdedie Ausbildungsleistung des Handwerks nicht als isoliertesKriterium dargestellt, sondern als eine von mehreren Erwä-gungen, die insgesamt das „besondere Interesse der Ge-meinschaft an der Erhaltung und Förderung“ eines „gesun-den, leistungsfähigen Handwerkstandes“ begründen.

Die Ausbildungsleistung als Kriterium hierfür würde zu-nächst voraussetzen, dass geklärt ist, woran die Ausbil-dungsleistung zu messen ist. Die Wahl des Maßstabs er-scheint willkürlich. Beispielsweise stellt sich die Frage, obauf das Handwerk als Ganzes, auf die einzelnen Gewerkeoder auf den jeweiligen Betrieb abzustellen ist. Abgesehendavon erscheint es zweifelhaft, ob die Meisterprüfung alsBerufszugangsschranke das geeignete Mittel ist, um dasZiel einer hohen Ausbildungsleistung zu gewährleisten. Da-gegen spricht bereits, dass nur 1/3 der Betriebe im Handwerkselbst ausbildet. Im Übrigen ist die Ausbildungsintensitätzwischen den und innerhalb der jeweiligen zurzeit 94 Hand-werke der Anlage A sehr unterschiedlich. Außerdem hängt

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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 15 – Drucksache 15/1481

die Entscheidung, ob ausgebildet wird, von einer Vielzahlvon Faktoren ab: u. a. Markt, Standort, Ausbildungskostenim jeweiligen Handwerk.

Unbeschadet, ob die Ausbildungsleistung als solche das Er-fordernis der Meisterprüfung begründen kann, sei daraufhingewiesen, dass aufgrund des Entwurfs 2/3 aller Ausbil-dungsplätze in der Anlage A verbleiben.

Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter

Der Bundesrat nennt den „Schutz wichtiger Gemeinschafts-güter“ als weiteres Kriterium, das bei der Festlegung der Ge-werbe mit verpflichtendem Großen Befähigungsnachweisbeachtet werden muss. Richtig ist, dass nur der Schutz eineswichtigen Gemeinschaftsguts eine solche Beschränkungrechtfertigen kann. Durch die Bezugnahme des Bundesratesauf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1961kommt in Betracht, dass die Kriterien „Leistungsstand undLeistungsfähigkeit des Handwerks“ gemeint sein könnten.

Nach Auffassung der Bundesregierung ist der Meistervor-behalt vor dem Hintergrund der tatsächlichen wirtschaft-lichen Entwicklung des Handwerks jedoch nicht mehr ge-eignet, erforderlich und angemessen, um den „Leistungs-stand“ und die „Leistungsfähigkeit“ des Handwerks zu er-halten.

Die Zahl der Betriebe, der Beschäftigten, der Umsätze desHandwerks und dessen Produktivität haben sich mit derMeisterpflicht nicht günstiger entwickelt als in der übrigengewerblichen Wirtschaft.

Wie bereits ausgeführt, ist die durchschnittliche Marktver-weildauer eines Meisterbetriebs nicht signifikant höher alsdie eines vergleichbaren nichthandwerklichen Unterneh-mens des produzierenden Gewerbes, obwohl dies wegen derBeschränkung des Marktzutritts und der damit verbundeneneingeschränkteren Konkurrenzsituation nahe liegen müsste.

Die Handwerksordnung ist bereits mehrfach flexibilisiertworden (z. B. § 5 HwO, § 7a HwO, § 7 Abs. 1 HwO in Ver-bindung mit der Verordnung über verwandte Handwerke,Verordnung über die Anerkennung von Prüfungen bei derEintragung in die Handwerksrolle und bei Ablegung derMeisterprüfung im Handwerk, Zusammenlegung von Hand-werken, Übergangsgesetz aus Anlass des Zweiten Gesetzeszur Änderung der Handwerksordnung und anderer hand-werksrechtlicher Vorschriften etc.). Die Änderungen solltenzur Erhöhung der Leistungsfähigkeit und des Leistungs-stands des Handwerks beitragen und z. B. mehr Angeboteaus einer Hand ermöglichen. Erleichterungen wurden nachder Verabschiedung der Handwerksordnung von 1953 be-reits im Rahmen der Novelle von 1965 notwendig. Trotz derNovellen von 1965, 1994 und 1998 wird von allen Beteilig-ten Reformbedarf anerkannt, da sich die Struktur der Hand-werksordnung hemmend auf die Leistungsfähigkeit desHandwerks auswirkt.

Nach heutiger Kenntnis hat sich der Meistervorbehalt nichtals geeignet erwiesen, den Leistungsstand und die Leis-tungsfähigkeit des Handwerks ausreichend zu fördern.

Bei einem Abstellen auf diese Kriterien bestünde zudem dieGefahr eines Verstoßes gegen Artikel 3 Grundgesetz. DasBundesverfassungsgericht hat dazu in seiner Entscheidungvon 1961 ausgeführt: „Handwerksbetriebe sind im Unter-

schied zu Industrieunternehmen überwiegend Kleinbetriebe.Typisch für sie ist die persönliche handwerkliche Mitarbeitdes Betriebsinhabers; seine fachliche Qualifikation ent-scheidet über den Wert der handwerklichen Leistung. ImGegensatz dazu arbeitet der Inhaber eines industriellen Un-ternehmens im Allgemeinen nicht an der Herstellung unmit-telbar mit, sondern beschränkt sich auf die kaufmännischeoder technische Leitung. Dieser strukturelle Unterschiedlässt es als gerechtfertigt erscheinen, nur die selbständigeAusübung eines Handwerks von dem Nachweis persönli-cher Fertigkeiten und Kenntnisse abhängig zu machen.“(BVerfGE 13, 123). In einem Gutachten aus dem Jahr 2002des Forschungsinstituts für Berufsbildung im Handwerk ander Universität zu Köln wird im Ergebnis ausgeführt, dassder Handwerksmeister heute kein „Meister der Stückerstel-lung“, sondern ein „Meister der technik-akzentuierten Pro-zessgestaltung“ nach Kundenvorgaben sei. Das deutet da-rauf hin, dass im Handwerk weithin eine Verschiebung zuunternehmerischen Qualifikationen stattfindet und dass dasHandwerk sich immer mehr zu einem Gewerbe wie andereauch entwickelt.Das Bundesverfassungsgericht war bei seiner Entscheidungvon dem Leitbild des sog. Inhaberprinzips ausgegangen.Von diesem Prinzip gibt es aber mittlerweile zahlreicheAusnahmen. Insbesondere ist Kapitalgesellschaften die Ein-stellung eines Betriebsleiters möglich. Daher wird nunmehr– auch entsprechend den Wünschen des Handwerks – allenHandwerksbetrieben unabhängig von ihrer Rechtsform dieEinstellung eines Betriebsleiters ermöglicht. Das Inhaber-prinzip wird aufgehoben.Soweit der Bundesrat als wichtiges Gemeinschaftsgut den„Verbraucherschutz“ nennt, ist darauf hinzuweisen, dass derVerbraucherschutz bereits durch umfangreiche Regelungs-geflechte außerhalb des Erfordernisses der Meisterprüfunggewährleistet ist. Diese Regelungsgeflechte werden durchdie Novelle nicht verändert.Es widerspräche dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeitund dem Gleichheitsgrundsatz, darüber hinausgehend fürHandwerke den Meistervorbehalt aufgrund von Verbrau-cherschutzanliegen zu fordern. Die bestehenden Instru-mente des Verbraucherschutzes richten sich gleichermaßenan Konsumenten und Unternehmer, unabhängig davon, obUnternehmen einer handwerksrechtlichen Zulassungsbe-schränkung unterliegen. Das Handwerk darf im Vergleichzu anderen Gewerben nicht ohne sachlichen Grund einerschärferen Reglementierung unterworfen werden. EineRechtfertigung des Meistervorbehalts durch den Verbrau-cherschutz müsste deshalb zwangsläufig zu der Forderungführen, andere Bereiche ebenfalls unter einen berufszu-gangsrechtlichen Qualifikationsvorbehalt zu stellen.Verbraucherschutz im Zusammenhang mit Handwerksleis-tungen weist zudem verschiedene Aspekte auf. Zu nennensind u. a.:a) Schutz vor Gesundheitsschäden;b) Schutz vor Vermögensschäden ;c) Schutz vor überhöhten Preisen;d) Sicherstellung eines ausreichenden Angebots.

Zu Buchstabe aDie Handwerke, bei deren unsachgemäßer Ausübung Ge-fahren für Gesundheit oder Leben Dritter zu befürchten

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Drucksache 15/1481 – 16 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

sind, verbleiben in Anlage A zur HwO. Dieser Aspekt desVerbraucherschutzes ist daher durch das Kriterium der Ge-fahrgeneigtheit abgedeckt.

Zu Buchstabe b

Der Meistervorbehalt ist zum Schutz vor Vermögensschä-den durch unsachgemäße Handwerksleistung weder erfor-derlich noch angemessen im Sinne des Grundsatzes der Ver-hältnismäßigkeit. Zum Schutz vor Vermögensschädenbestehen umfangreiche Kundenrechte, die größtenteils imBGB geregelt sind. Spezifische Regelungen für das Hand-werk sind nicht erforderlich, zumal in anderen Bereichenteilweise höhere Gefahren für Vermögensschäden bestehen(z. B. im Bereich der Anlageberatung). Um Verbraucher vorVermögensschäden zu schützen, müsste daher jedes Ge-werbe und jede Dienstleistung unter einen berufszulas-sungsrechtlichen Qualifikationsvorbehalt gestellt werden.

Zu den Buchstaben c und d

Der Meistervorbehalt ist nicht geeignet, um die genanntenZiele zu erreichen.

Ein Anliegen des Gesetzentwurfs der Bundesregierung ist,dass sich das Angebot für die Verbraucher verbessert, insbe-sondere mit Blick auf kleinere Aufträge, die bislang vometablierten Handwerk tendenziell vernachlässigt werden.Die Aufrechterhaltung des Meisterbriefes als Zugangsvor-aussetzung für zahlreiche Handwerke steht diesem Ziel ent-gegen. Mittelfristig ist eine nachhaltige Belebung der Wirt-schaftstätigkeit von der Intensivierung des Wettbewerbs imHandwerk zu erwarten. Wettbewerb bewirkt sowohl Preis-senkungen wie auch Qualitätssteigerungen, wo dies möglichist. Beides kommt dem Verbraucher zugute.

Qualitätssicherung in der Anlage B

Der Entwurf trägt dem Anliegen des Bundesrates Rech-nung.

Für alle Gewerbe der Anlage B wird durch die §§ 51a und51b HwO die Option zum Erwerb des Meisterbriefes – alsAusdruck besonderer Fähigkeiten und als Wettbewerbsele-ment – eröffnet.

Einführung einer Revisionsklausel

Die Einführung einer Revisionsklausel wird abgelehnt.

Eine Bindung des gesetzgeberischen Ermessens ist weder er-forderlich noch angemessen. Die Bundesregierung hat ohnederartige Vorgaben die Ergebnisse der bisherigen Novellenauf die Entwicklung des Handwerks überprüft und einegrundlegende Reform auf den Weg gebracht. Es ist eine stän-dige Aufgabe des Gesetzgebers, insbesondere getroffeneRegulierungen zu überprüfen. Es ist damit zu rechnen, dassder Gesetzgeber auch ohne die vom Bundesrat gewünschtegesetzliche Verpflichtung seiner Verantwortung zur Anpas-sung und Fortentwicklung des Handwerksrechts gerechtwird, nicht zuletzt auch aufgrund der Entscheidungen vonGerichten und Entwicklungen in der Europäischen Unionund im EWR-Raum. Dies ist auch in Zukunft insbesondereim Hinblick auf die sog. Inländerdiskriminierung, die durchdie Novelle abgemildert wird, nicht auszuschließen.

„Altgesellenregelung“ ( Zu Artikel 1 Nr.10 – § 7b)

Die Bundesregierung stimmt mit dem Bundesrat darin über-ein, dass Altgesellen ohne Meisterprüfung mit einer Berufs-erfahrung in dem Handwerk von zehn Jahren zur Gründungeiner selbständigen Existenz zugelassen werden sollen. Dievom Bundesrat vorgeschlagenen weiteren Voraussetzungenwerden jedoch nicht aufgegriffen.

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Befugnis zur selb-ständigen Handwerksausübung nach dem Entwurf nichtdurch bloßes Zuwarten erworben wird, sondern nach derAusbildung zum Gesellen eine langjährige Berufserfahrungin qualifizierten Funktionen voraussetzt. Die Bundesregie-rung teilt nicht die Auffassung des Bundesrates, die vorge-sehene „Altgesellenregelung“ gewährleiste nicht die Unter-nehmerqualifikation der Existenzgründer. Dies wird vor al-lem dadurch belegt, dass dem großen Befähigungsnachweisvergleichbare Nachweise über die unternehmerische Quali-fikation in anderen Gewerbezweigen nicht verlangt werden.Die Marktverweildauer ist, wie bereits ausgeführt, im Hand-werk nicht höher als in anderen produzierenden Gewerben.Es erscheint somit angemessen und auch ausreichend, esdem Existenzgründer selbst zu überlassen, in welchem Um-fang und wie er seine unternehmerische Qualifikation stär-ken möchte. Hierfür stehen ihm vielfältige Möglichkeitenbis hin zur freiwilligen Absolvierung betriebswirtschaftli-cher Kurse zur Verfügung. Wer langjährig im Handwerk inqualifizierten Funktionen tätig war, wird im Übrigen, wenner dies für erforderlich hält, wie auch andere Existenzgrün-der, die umfassende Existenzgründungsberatung nutzen, diedie Kammern zur Verfügung stellen. Spezifische Zulas-sungsvoraussetzungen mit dem Ziel staatlicher Fürsorge fürden Erfolg am Markt sind problematisch und auch nach denErfahrungen nicht erforderlich.

Eine Beschränkung der für Gesellen vorgesehenen Erleich-terungen auf Fälle, in denen der betreffende Existenzgrün-der in leitender Stellung tätig war, ist nicht sachgerecht.Dies hätte zum Ergebnis, dass die Vorschrift weitgehendleer liefe. Bei einer Unternehmensgröße von im Durch-schnitt 8 Beschäftigten (RWI), deren Zahl tendenziell weiterabnimmt, dürfte es selten sein, dass einem Gesellen einFachgebiet organisatorisch und mit Weisungsbefugnis übermehrere Mitarbeiter übertragen wird. Im Übrigen wird da-ran festgehalten, dass die für die selbständige Führung einesBetriebes notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten durchdie nach Maßgabe des § 7b an langjährige Gesellen gestell-ten Anforderungen als nachgewiesen gelten und eine indivi-duelle Sonderprüfung überflüssig machen.

Kammerbeiträge

a) Artikel I Nr. 65 Buchstabe b – (§ 113 Abs.2)

aa) Dem Vorschlag wird nicht zugestimmt.

An der vorgesehenen Freistellung von Existenzgrün-dern von Beiträgen zur Handwerkskammer wird fest-gehalten. Nach Auffassung der Bundesregierung istnicht zu erwarten, dass die Handwerkskammern auf-grund der Beitragsbefreiung ihre Dienstleistungsange-bote einschränken müssen. Zudem soll klargestelltwerden, dass die Beitragsbefreiung auf künftige Bei-tragszahler beschränkt ist (s. Buchstabe bb).

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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 17 – Drucksache 15/1481

bb) Die Bundesregierung schlägt jedoch vor, in Nummer 65Buchstabe b nach Satz 4 folgenden Satz 5 einzufügen:„Die Beitragsbefreiung nach Satz 4 ist nur auf Kam-merzugehörige anzuwenden, deren Gewerbeanzeigenach dem 31. Dezember 2003 erfolgt.“B e g r ü n d u n gZiel des Gesetzes ist es, neue Existenzgründungen zuerleichtern und zu fördern. Daher wird die Beitragsbe-freiung auf künftige Existenzgründungen beschränkt.

b) Artikel 5Auch an der Freistellung der Existenzgründer von Bei-trägen zur IHK wird festgehalten. Diese Beitragsfrei-stellung weicht jedoch nach dem Entwurf von den Re-gelungen im Bereich der Handwerkskammern ab. Da esfür den Existenzgründer keinen Unterschied macht, ober der IHK oder der Handwerkskammer angehört, solleine weitgehend parallele Regelung geschaffen werden.Deshalb wird vorgeschlagen, Artikel 5 wie folgt zu än-dern:

aa) Die Eingangsformel wird wie folgt gefasst:„Das Gesetz zur vorläufigen Regelung des Rechts derIndustrie- und Handelskammern vom 18. Dezember1956 (BGBl. I S. 920), zuletzt geändert durch Artikel 6des Gesetzes vom 10. November 2001 (BGBl. IS. 2992), wird wie folgt geändert:

bb) Nummer 1 wird wie folgt gefasst:„1. § 3 Abs. 3 wird wie folgt gefasst:

a) Sätze 3 und 4 werden wie folgt gefasst:„Kammerzugehörige, die nicht im Handelsre-gister oder im Genossenschaftsregister einge-tragen sind und deren Gewerbeertrag nach demGewerbesteuergesetz oder, soweit für das Be-messungsjahr ein Gewerbesteuermessbetragnicht festgesetzt wird, deren nach dem Einkom-mensteuergesetz ermittelter Gewinn aus Gewer-bebetrieb 5 200 Euro nicht übersteigt, sind vomBeitrag freigestellt. Die im Satz 3 genanntenKammerzugehörigen sind, soweit sie natürlichePersonen sind und in den letzten fünf Wirt-schaftsjahren vor ihrer Betriebseröffnung wederEinkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Ge-werbebetrieb oder selbstständiger Arbeit erzielthaben, noch an einer Kapitalgesellschaft mittel-bar oder unmittelbar zu mehr als einem Zehntelbeteiligt waren, für das Haushaltsjahr der Be-triebseröffnung und für das darauf folgendeJahr von der Umlage und vom Grundbeitrag so-wie für das dritte und vierte Jahr von der Um-lage befreit, wenn ihr Gewerbeertrag oder Ge-winn aus Gewerbebetrieb 25 000 Euro nichtübersteigt.“

b) Nach Satz 4 wird folgender Satz eingefügt:„Wenn nach dem Stand der zum Zeitpunkt derVerabschiedung der Haushaltssatzung vorlie-genden Bemessungsgrundlagen zu besorgen ist,dass bei einer Industrie- und Handelskammerdie Zahl der Beitragspflichtigen, die einen Bei-

trag entrichten, durch die in den Sätzen 3 und 4genannten Freistellungsregelungen auf wenigerals 55 vom Hundert aller ihr zugehörigen Ge-werbetreibenden sinkt, kann die Vollversamm-lung für das betreffende Haushaltsjahr eine ent-sprechende Herabsetzung der dort genanntenGrenzen für den Gewerbeertrag oder den Ge-winn aus Gewerbebetrieb beschließen.“

c) Die bisherigen Sätze 5 bis 8 werden Sätze 6bis 9.“

cc) Der Änderungsbefehl in Nummer 2 wird wie folgt ge-fasst:„2. § 3 Abs. 4 wird wie folgt geändert:“

dd) Nach Nummer 2 wird folgende Nummer 3 eingefügt:„3. Dem § 13a wird folgender Absatz 3 angefügt:

(3) Die Beitragsbefreiung in § 3 Abs. 3 Satz 4ist nur auf Kammerzugehörige anzuwenden, derenGewerbeanzeige nach dem 31. Dezember 2003 er-folgt.“

B e g r ü n d u n gZu Buchstabe aaStreichung des § 3, da nunmehr auch § 13a geändertwird.Zu Buchstabe bb (Nummer 1)Es wird eine Befreiung der Existenzgründer von derUmlage, die im Bereich von 15 340 Euro bis25 000 Euro Gewerbeertrag bzw. Gewinn aus Gewer-bebetrieb erhoben wird, für vier Jahre vorgesehen.Zusätzlich soll, abweichend von der Regelung imHandwerk, aufgrund der unterschiedlichen Eingangs-höhe des Grundbeitrags in den ersten zwei Jahren auchvom Grundbeitrag vollständig befreit werden. Im Er-gebnis entspricht dies der für Handwerksunternehmenvorgesehenen Entlastung. Die bei den IHK’n in der Re-gel deutlich niedrigere Eingangshöhe des Grundbeitra-ges, die aus Gründen der Entbürokratisierung und Effi-zienz z. B. eine Hälftelung nicht sinnvoll macht, wirddabei berücksichtigt.Im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrenswird geprüft, ob die bestehenden Mitteilungsverpflich-tungen der Finanzbehörden nach § 31 Abgabenord-nung für die Durchführung der vorgesehenen Beitrags-befreiung für Existenzgründer ausreichen.Der durch Nummer 1 Buchstabe b des Gesetzentwurfsin § 3 Abs. 3 vorgesehene neue Satz 5, wonach dieIHK’n die Befreiungsgrenzen reduzieren können, solleine Verletzung des Äquivalenzprinzips ausschließen.Dabei wird nicht verkannt, dass die Festsetzung derkritischen Grenze für den Anteil der beitragspflichti-gen Mitglieder bei 55 % bereits sehr niedrig ist. Sie er-scheint der Bundesregierung jedoch gerade noch ver-tretbar, da immerhin noch mehr als die Hälfte derIHK-Mitglieder Beiträge zahlen müssen. Das Bundes-verwaltungsgericht hatte in einem Fall, in dem 41,6 %der IHK-Mitglieder beitragsbefreit waren, zwar schondie Gefahr der Verletzung des Äquivalenzprinzips er-kannt, sie im Ergebnis jedoch bei dem konkreten

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Drucksache 15/1481 – 18 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Freistellungsanteil noch verneint (BVerwG, Urteil vom26. Juni 1990, GewArch 1990, S. 398 ff.).Zu Buchstabe ccRedaktionelle Anpassung.Zu Buchstabe dd (Nummer 3)Ziel des Gesetzes ist es, neue Existenzgründungen zuerleichtern und zu fördern. Daher wird die Beitragsbe-freiung auf künftige Existenzgründungen beschränkt.

Kriterien für die Anlagen A und B (Zu Artikel 1 Nr. 73und 74)

Die Bundesregierung stimmt mit dem Bundesrat überein,dass die Beschränkung des Großen Befähigungsnachweisesals Berufszugangsvoraussetzung auf die Handwerke, bei de-ren unsachgemäßer Ausübung Gefahren für Gesundheitoder Leben Dritter zu befürchten sind, einen Paradigmen-wechsel beinhaltet. Für diese Handwerke sieht die Bundes-regierung die Notwendigkeit, eine Berufszugangsschrankeaufrecht zu erhalten. Diese Einschätzung wird vom Bundes-rat grundsätzlich geteilt, da das Kriterium der „Gefahrge-neigtheit“ anerkannt wird.Die Auffassung des Bundesrates, wonach der Meisterbriefdurch den Gesetzentwurf der Bundesregierung nur noch aufeinen geringen Teil der Handwerke begrenzt wird, wird zu-rückgewiesen. Wie bereits oben ausgeführt, wird der Meis-terbrief als solcher nicht auf die gefahrgeneigten Handwerkebeschränkt. Die Möglichkeit des Erwerbs des Meisterbriefsbleibt für alle Handwerke der jetzigen Anlage A erhalten.Das Handwerk behält somit seine kennzeichnende Beson-derheit. Ein Verlust der Eigenständigkeit und der wirtschaft-lich, gesellschaftlich und politisch stabilisierenden Funktionist nicht erkennbar. Wie auch ein Vergleich mit den andereneuropäischen Ländern zeigt, ist die Eigenständigkeit desHandwerks nicht von einer Berufszugangsbeschränkung ab-hängig.Dem Anliegen des Bundesrates, wonach bei Anlegen desKriteriums der Gefahrgeneigtheit der Verbraucherschutzdurch fachlich einwandfreie Handwerksleistungen gewähr-leistet werden müsse, ist Rechnung getragen, auch ohnedass der Verbraucherschutz eigenständiges Ziel der Novelleist. Wie bereits ausgeführt, ist das bestehende verbraucher-schützende Regelungsgeflecht durch die Novelle nicht ver-ändert worden. Verbraucher, die Wert auf die Ausführungdurch einen Meisterbetrieb legen, werden auch zukünftig inallen Gewerben der jetzigen Anlage A einen solchen beauf-tragen können. Eine Garantie für fachlich einwandfreieLeistungen kann es nicht geben. Auch der Meisterbrief stelltkeine solche Garantie dar.Auch der Ausbildungsleistung ist Rechnung getragen.Hier ist darauf hinzuweisen, dass nach dem Regierungsent-wurf rund 2/3 der Ausbildungsplätze in Gewerben der An-lage A verbleiben. Für die in Anlage B überführten Ge-werbe ist nach Auffassung der Bundesregierung ebenfallskeine Änderung der Ausbildungsleistung zu erwarten, denndie Kriterien für die Zuordnung der Gewerbe zu den Anla-gen A und B stehen in keinem ursächlichen Zusammenhangmit der Ausbildungsleistung des Handwerks und der Erhal-tung des „Dualen Systems“, zumal der überwiegende Teilder Handwerksbetriebe trotz Berufszugangsschranke nicht

ausbildet. Maßgebend für die Ausbildungsleistung dürftenvielmehr andere Faktoren sein, wie z. B. der Wirtschafts-zweig, die Struktur des Betriebs und der Kostenaufwand imVergleich zum Nutzen der Ausbildung für den Betrieb.Nach einer Untersuchung des Bundesinstituts für Berufsbil-dung lohnt sich Ausbildung spätestens nach dem 2. Lehr-jahr. Dabei sind u. a. die im 3. Ausbildungsjahr stark stei-genden Erträge, aber auch der Fortfall von Rekrutierungs-kosten für selbst ausgebildete und dann übernommeneFachkräfte, eine niedrigere Fluktuation und die unmittelbareEinsetzbarkeit im Betrieb berücksichtigt. Hierfür sprichtauch, dass z. B. der nicht der Handwerksordnung unterlie-gende Garten- und Landschaftsbau, der in Betriebsgröße,Struktur und Kosten-Nutzen-Faktor dem Handwerk ver-gleichbar sein dürfte, nach Angaben des entsprechendenVerbandes eine ebenso hohe Ausbildungsquote wie dasHandwerk aufweist.Es ist sichergestellt, dass die Qualität der Ausbildung auchfür die nach Anlage B überführten Betriebe bestehen bleibt.Wie für alle nichthandwerklichen Berufe, in denen der über-wiegende Teil der Gesamtausbildung erfolgt, werden für dieAusbildung die persönliche und fachliche Eignung nach§ 21 HwO i. V. m. §§ 23, 24 HwO verlangt. Die Hand-werkskammern haben eine Überwachungspflicht (§ 23HwO) und die nach Landesrecht zuständigen Behörde eineUntersagungspflicht (§ 24 HwO). Entsprechendes gilt fürdie beruflichen Fertigkeiten und Kenntnisse (§ 76 BBiG).Die Bundesregierung hält an ihrer Auffassung fest, dass nurdas Kriterium der „Gefahrgeneigtheit“ eine Beschränkungdes Berufszugangs rechtfertigt. Das bedeutet, dass künftignur für die in dem genannten Sinne „gefahrgeneigten“Handwerke der Meistervorbehalt aufrecht erhalten wird. Imweiteren Gesetzgebungsverfahren wird geprüft, ob und wiein der Anlage A verbleibende Gewerbe zu breiteren Gewer-ben, wie z. B. dem– Hochbau;– Tiefbau;– Ausbau oder– der technischen Gebäudeinstallationzusammengefasst werden können.

Modernisierung der MeisterprüfungDem Änderungsantrag wird nicht zugestimmt.Sowohl bei den berufs- und arbeitspädagogischen Kenntnis-sen als auch bei den beruflichen Fertigkeiten und Kenntnis-sen wird unterstellt, dass der Ausbildungswillige die ent-sprechenden Qualifikationen auch ohne expliziten Nach-weis besitzt. Missstände, die zu Lasten der Auszubildendengehen würden, werden durch die Schutzfunktion der §§ 23,24 HwO (Überwachungspflicht der Handwerkskammern,Untersagungspflicht der nach Landesrecht zuständigen Be-hörde) ausgeschlossen. In diesem Zusammenhang ist daraufhinzuweisen, dass die Prüfung nach der Ausbildereignungs-verordnung durch die Aussetzung dieser Verordnung auf5 Jahre in diesem Zeitraum nicht erforderlich, auf freiwilli-ger Basis aber weiterhin möglich ist. Entsprechendes gilt fürdie Ablegung von Teil IV der Meisterprüfung oder anderergleichwertiger Prüfungen. Im Ergebnis ist hinsichtlich derfachlichen Erfordernisse für die Ausbildung eine Gleich-behandlung der Gewerbe der Anlage B mit nichthandwerk-lichen Gewerbe hergestellt worden.

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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 19 – Drucksache 15/1481

Berufsanerkennung erleichtern

Dem Vorschlag des Bundesrates trägt der Gesetzentwurfteilweise Rechnung.

Ingenieure, Absolventen von technischen Hochschulen undvon staatlichen oder staatlich anerkannten Fachschulen fürTechnik sowie für Gestaltung werden nach § 7 Abs. 2 Satz 1HwO unmittelbar mit dem Gewerbe der Anlage A in dieHandwerksrolle eingetragen, dem die Fachrichtung ihrerPrüfung entspricht.

Nicht gefolgt wird dem Vorschlag des Bundesrates, Indus-triemeistern, bei denen ausreichend Fertigkeiten bereitsnachgewiesen sind, auch ohne individuelle Sonderprüfungdie Genehmigung für eine Existenzgründung zu erteilen.

B e g r ü n d u n g

Industriemeister sind keine gesetzlich abgegrenzte Gruppeinnerhalb der Absolventen einer Fortbildungsregelung nach§ 46 Abs. 2 BBiG. Fortbildungsverordnungen nach § 46Abs. 2 BBiG führen zu Abschlüssen mit ganz unterschied-licher Bezeichnung und mit unterschiedlichen Schwierig-keitsgraden; beides wird nach Satz 1 der genannten Vor-schrift im Berufsbildungsgesetz durch den Verordnungs-geber (Bundesministerium für Bildung und Forschung) fest-gelegt. Den Abschluss „Industriemeister“ erhält also nur einTeil der Fortbildungsabsolventen. Es wäre nicht sachge-recht, den Zugang zur Existenzgründung allein an diese Ab-schlussbezeichnung der Fortbildungsverordnung zu knüp-fen, da dieser darüber, ob ein mit dem Handwerksmeistervergleichbares Niveau der erworbenen Fertigkeiten undKenntnisse vorliegt, keine verlässliche Aussage zulässt, aufdie im Gesetz Bezug genommen werden könnte.

Es kommt hinzu, dass schon begrifflich der Abschluss „In-dustriemeister“ dem nichthandwerklichen Bereich zugeord-net ist. Die HwO enthält im § 42 Abs. 2 eine gleichlautendeErmächtigung. Auch hier haben die Abschlüsse unter-schiedliche Bezeichnungen (jedenfalls nicht „Industriemeis-ter“) und fachliche Schwierigkeitsgrade.

Nach Sinn und Wortlaut der beiden genannten Vorschriftenkann die Fortbildungsprüfung sowohl dem Erhalt, der Er-gänzung, der Erweiterung oder der Verbesserung vorhande-ner beruflicher Kenntnisse und Fertigkeiten dienen, als aucheinem beruflichen Aufstieg. Ein fachliches Niveau auf derEbene des Handwerksmeisters wird dabei bei so genanntenAnpassungsfortbildungen in der Regel nicht erreicht. Fürden Handwerksbereich ergibt sich das aus der Systematikder HwO unmittelbar (§ 42 HwO ist Bestandteil des Zwei-ten Teils, die Vorschriften über die Meisterprüfung gehörenzum Dritten Teil); für das Nichthandwerk (BBiG) ist dasNiveau wegen der Parallelität dieser Vorschriften mit derHwO in Bezug auf solche Anpassungsfortbildungen somitnicht höher als im Handwerk. Allerdings befinden sich unterden Aufstiegsfortbildungen nach dem BBiG auch Ab-schlüsse, welche mit dem Niveau der Handwerksmeistergleichwertig sind. Dies lässt sich aber nur im Einzelfall undnicht über eine über die Abschlussbezeichnung oder andereKriterien definierte Gruppe im Vorfeld verlässlich ermitteln.Eine für eine gesetzliche Regelung notwendige Typisierungist insbesondere auch deshalb nicht möglich, weil es we-sentlich auf den Grad der fachlichen Übereinstimmung an-kommt.

Aufgabe des InhaberprinzipsDem Vorschlag wird zugestimmt.

Der Vorschlag wird mit dem Gesetzentwurf bereits umge-setzt. Durch die Neufassung von § 7 Abs. 1 (Artikel 1 Nr. 9Buchstabe a) wird das Inhaberprinzip aufgehoben. Gleich-zeitig wird durch § 5a Abs. 2 (Artikel 1 Nr. 7) die Möglich-keit der Datenübermittlung zwischen Handwerkskammerneingeräumt, um zu vermeiden, dass die Aufhebung des In-haberprinzips zu Missbrauch durch „pro forma Anstellung“eines Betriebsleiters ausgenutzt werden kann.

Zur Stellungnahme des Bundesrates zu den Vorschriftenim EinzelnenZu Nummer 4 (Zu Artikel 1 Nr. 3 Buchstabe a; § 1 Abs. 1

Satz 1)

Der Vorschlag des Bundesrates, den Anwendungsbereichder Meisterpflicht auf handwerkliche Leistungen im Reise-gewerbe auszuweiten, wird abgelehnt.

Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 gelten die Vorschriften der HwO,insbesondere das Erfordernis der Eintragung in die Hand-werksrolle als Voraussetzung für die selbständige Tätigkeit,nur für das stehende Gewerbe. Im Reisegewerbe könnenhandwerkliche Tätigkeiten ohne handwerklichen Befähi-gungsnachweis angeboten und ausgeübt werden.

Ein Reisegewerbe liegt nur dann vor, wenn der Gewerbetrei-bende gemäß § 55 Abs. 1 GewO „ohne vorhergehende Be-stellung außerhalb seiner gewerblichen Niederlassung“ Leis-tungen anbietet oder Bestellungen auf Leistungen aufsucht.Die Initiative zum Leistungsangebot muss vom Gewerbe-treibenden ausgehen. Im Falle eines Tätigwerdens auf denAnruf eines Kunden hin läge eine „vorherige Bestellung“vor. Der Anwendungsbereich des Reisegewerbes ist damitbei handwerklichen Dienstleistungen ausgesprochen eng.

Die Bundesregierung geht davon aus, dass in der Regel imReisegewerbe nur handwerklich weniger aufwendige undweniger komplizierte Tätigkeiten und Arbeiten durchge-führt werden, die deshalb mit einem geringeren Gefahren-potential verbunden sind. Die die Gefährlichkeit des jewei-ligen Gewerbes ausmachenden Tätigkeitsbereiche werdenim Reisegewerbe praktisch nicht angeboten. Im Rahmen derPlanung und Organisation einer Großbaustelle beispiels-weise, bei der auch komplizierte und anspruchsvolle hand-werkliche Tätigkeiten anfallen, kann praktisch ausgeschlos-sen werden, dass ein Reisegewerbetreibender – ohne Be-stellung – planungsgerecht einschlägige Arbeiten ausführt.Außerdem wird üblicher Weise mit bewährten Kräften gear-beitet.

Eine Tätigkeit im Reisegewerbe bedeutet für den Gewerbe-treibenden erhebliche wirtschaftliche Unsicherheit, da esaus der Natur des Reisegewerbes heraus nur begrenzt mög-lich ist, Aufträge auf Vorrat zu akquirieren. Deshalb werdenim Reisegewerbe handwerkliche Tätigkeiten nicht in demUmfang angeboten, der einem Handwerksbetrieb im stehen-den Gewerbe möglich ist. Dies gilt für die personelle Aus-stattung bis hin zur Ausstattung der Werkstatt. Ohne ver-lässliche Auftragsstruktur ist die Anschaffung von Maschi-nen und Werkzeugen nur in begrenztem Umfang möglich.Handwerklich aufwendige und komplizierte Arbeiten sind

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Drucksache 15/1481 – 20 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

im Reisegewerbe schon deshalb unüblich. Dies wird auchdurch den Hinweis des Bundesrates unterstützt, dass dieStreichung der Ausnahmeregelung nur geringe wirtschaft-liche Folgen hätte.

Entgegen der Ansicht des Bundesrates besteht nach Auffas-sung der Bundesregierung deshalb eine ausreichende sach-liche Begründung, die bisherige unterschiedliche Behand-lung der Ausübung des Handwerks im stehenden und imReisegewerbe zu erhalten. Dies entspricht auch dem Selbst-verständnis des Handwerks, das den Meisterbetrieb mit derAusübung eines stehenden Gewerbes verbindet.

Zu Nummer 5 (Zu Artikel 1 Nr. 5 Buchstabe a –§ 3 Abs. 1 Satz 2 – neu –)

Dem Vorschlag des Bundesrates für eine bessere Überprü-fung der Gesetzmäßigkeit der Tätigkeit von Neben- undHilfsbetrieben wird wie folgt Rechnung getragen:

Nummer 15 Buchstabe a wird wie folgt gefasst:

„a) Absatz 1 wird wie folgt gefasst:

„(1) Wer den Betrieb eines Gewerbes der Anlage Anach § 1 anfängt, hat gleichzeitig mit der nach § 14 derGewerbeordnung zu erstattenden Anzeige der hiernachzuständigen Behörde die über die Eintragung in dieHandwerksrolle ausgestellte Handwerkskarte (§ 10Abs. 2) vorzulegen. Der Inhaber eines Hauptbetriebesim Sinne des § 3 Abs. 3 hat der für die Entgegennahmeder Anzeige nach § 14 der Gewerbeordnung zuständi-gen Behörde die Ausübung eines handwerklichen Ne-ben- oder Hilfsbetriebs anzuzeigen.“

B e g r ü n d u n g

Eine Anzeigepflicht für die Tätigkeit von Neben- undHilfsbetrieben besteht bereits. Wer den selbständigenBetrieb eines stehenden Gewerbes oder den Betrieb ei-ner Zweigniederlassung oder einer unselbständigenZweigstelle anfängt, muss dies nach § 14 Abs. 1 Satz 1Gewerbeordnung (GewO) der für den betreffenden Ortzuständigen Behörde gleichzeitig anzeigen. Das Glei-che gilt nach Absatz 1 Satz 2 Ziffer 2 der Vorschrift,wenn der Gegenstand des Gewerbes gewechselt oderauf Waren oder Leistungen ausgedehnt wird, die beiGewerbebetrieben der angemeldeten Art nicht ge-schäftsüblich sind. Dies ist der Fall bei Ausübung eineshandwerklichen Neben- oder Hilfsbetriebes. Über dieAnzeige des handwerklichen Neben- oder Hilfsbetrie-bes wird nach Absatz 1 Satz 3 der Vorschrift auch diefür die Überwachung der Gewerbeausübung zustän-dige Handwerkskammer unterrichtet, unbeschadet, obdie Tätigkeit ein Gewerbe der Anlage A oder der An-lage B betrifft. Nach § 14 Abs. 5 Nr. 2 der Gewerbe-ordnung darf die für die Anzeige zuständige Behördedie Daten der Gewerbeanzeigen regelmäßig übermit-teln an die Handwerkskammer zur Wahrnehmung derdieser obliegenden Verpflichtungen.

Der Inhaber eines nichthandwerklichen Hauptbetriebs,der einen handwerklichen Neben- oder Hilfsbetrieb be-ginnt, handelt nach § 146 Abs. 2 GewO ordnungswid-rig, wenn er entgegen § 14 Abs. 1 GewO nicht mitteilt,dass er einen handwerklichen Hilfs- oder Nebenbetriebbetreibt. Die Ordnungswidrigkeit kann nach § 146

Abs. 3 GewO mit einer Geldbuße bis zu 1 000 Eurogeahndet werden.

Zur Erleichterung der Überprüfung der Tätigkeit vonNeben- und Hilfsbetrieben soll unbeschadet der bereitsnach § 14 GewO bestehenden Verpflichtung zur An-zeige durch Ergänzung des § 16 Abs. 1 hierauf noch-mals hingewiesen werden. Eine besondere Verpflich-tung zur Anzeige von Neben- und Hilfsbetrieben ge-genüber der örtlich zuständigen Handwerkskammer istweder erforderlich noch sachgerecht. Der Vorschlagdes Bundesrates hätte eine nicht notwendige Bürokra-tie zur Folge. Hinzu käme, dass auch die Frage nachEinstufung und Sanktionierung der Nichtbeachtung ei-ner besonderen Anzeigepflicht nach der Handwerks-ordnung als Ordnungswidrigkeit zu prüfen wäre.

Zu Nummer 6 (Zu Artikel 1 Nr. 5 Buchstabe b Doppel-buchstabe bb und cc – § 3 Abs. 3 Buch-stabe b und c)

Dem Vorschlag wird nicht zugestimmt.

Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass für dieDurchführung von Installationsarbeiten durch nichthand-werkliche Unternehmer der große Befähigungsnachweisnicht verlangt werden sollte, und zwar auch nicht unter demGesichtspunkt der Neustrukturierung der Anlagen A und B.

Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidungvom 31. März 2000 (1 BvR 608/99) festgestellt, „[…] dassder Gesetzgeber den tatsächlichen Gegebenheiten des Wirt-schaftslebens Rechnung zu tragen sucht und fließendeÜbergänge zwischen Wirtschaftsbereichen zu schaffentrachtet“.

Zwischen Installationsarbeiten einerseits, unbeschadet, obsie entgeltlich oder unentgeltlich ausgeführt werden, und In-standhaltungs- oder Instandsetzungsarbeiten sowie Arbeitenin Durchführung einer Gewährleistungspflicht (§ 3 Abs. 3Nr. 2d) andererseits, bestehen keine derart grundlegendenUnterschiede, dass für Installationsarbeiten der handwerkli-che Befähigungsnachweis gefordert werden müsste. Diesgilt auch im Falle der Umstellung der Anlage A auf gefah-rengeneigte Tätigkeiten. Bereits bisher wird nicht nur imFalle des Hilfsbetriebs nach § 3 Abs. 3, sondern auch imFalle des unerheblichen handwerklichen Nebenbetriebsnach § 3 Abs. 1 und 2 sowie im Falle des § 5 für Tätigkeiteneines Handwerkers im Bereich anderer Handwerke nachMaßgabe dieser Vorschriften vom Erfordernis des hand-werklichen Befähigungsnachweises abgesehen. Entspre-chendes gilt für Nichthandwerker im Rahmen unerheblicherNebenbetriebe, in denen jegliche vollhandwerkliche Tätig-keit ausgeübt werden darf. Die für Installationsarbeiten er-öffneten Möglichkeiten richten sich, wie in den anderen ge-nannten Fällen, im Übrigen an Unternehmer, die nach Artund Umfang nicht über die ganze Breite eines gefahrenge-neigten Handwerkes tätig werden. Bei Installationsarbeiten,die im Rahmen eines Hilfsbetriebs ermöglicht werden sol-len, handelt es sich typischerweise um die Installation einesin dem zugehörigen Hauptbetrieb vertriebenen Produkts.Eine solche Installation erfordert in der Regel nicht dieQualifikation des „Vollhandwerkers“. Sie ist Serviceleis-tung des Hauptbetriebs, die vom Kunden nachgefragt wird.Mit dem zu installierenden Produkt und den damit verbun-

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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 21 – Drucksache 15/1481

denen Gefahren sind die im Rahmen eines Hilfsbetriebs täti-gen Personen in der Regel sogar deutlich besser vertraut alsexterne Handwerker. Es gibt auch keinen Grund, davon aus-zugehen, dass nichthandwerkliche Unternehmer im Rahmenvon Hilfsbetrieben nicht in der Lage seien, qualitativ hoch-wertige Arbeit zu leisten, ihnen deshalb Leistungen aus ei-ner Hand verschlossen bleiben müssten – mit der Folge,dass die Kunden dann höhere Preise hinzunehmen hätten.Das Erfordernis des handwerklichen Befähigungsnachwei-ses wäre in solchen Fällen eines „fließenden Übergangszwischen Wirtschaftsbereichen“ unverhältnismäßig.

Zu Nummer 7 (Zu Artikel 1 Nr. 6; § 4 HwO)Dem Vorschlag wird zugestimmt.Es trifft zu, dass sich die Verpflichtung zur Bestellung einesneuen Betriebsleiters auch auf den bisherigen Betriebsinha-ber erstrecken muss.

Zu Nummer 8Der Vorschlag wird abgelehnt.Bereits im Rahmen der Beratungen zu den Handwerksno-vellen von 1994 und 1998 ist eingehend geprüft worden, obund ggf. wie die Anlage B erweitert werden könnte. DieBundesregierung hat seinerzeit auf der Grundlage von Stel-lungnahmen des Bundesministeriums der Justiz und desBundesministeriums des Innern festgestellt, dass sich erheb-liche verfassungsrechtliche Probleme ergeben, wenn derGesetzgeber nicht selbst über konkrete Erweiterungen derAnlage B entscheidet. Dies bestätigte sich erneut bei derPrüfung des Vorschlags des Bundesrates zum vorliegendenGesetzentwurf unter Beteiligung der Verfassungsressorts.Eine Erweiterung der Anlage B durch den Gesetzgeber übereine Generalklausel oder im Wege der Delegation auf dieExekutive wird deshalb abgelehnt. Entsprechende Regelun-gen werden nicht in den Gesetzentwurf aufgenommen.Der Vorschlag des Bundesrates geht davon aus, dass der Be-griff „nicht wesentliche Tätigkeiten eines Handwerks derAnlage A“ so eindeutig ist, dass für Unternehmen, die sol-che Tätigkeiten ausüben, die Anwendung der Vorschriftender §§ 18 bis 20 vorgesehen werden könnte. Dies ist jedochnicht der Fall.Die Handwerksordnung definiert in geltender Fassung durchunbestimmte Rechtsbegriffe diejenigen Tätigkeiten, für de-ren selbständige Ausübung der handwerkliche Befähigungs-nachweis erforderlich ist. Durch das Gesetz zur Änderungder Handwerksordnung und zur Förderung von Kleinunter-nehmen (Bundestagsdrucksache 15/1089) wird darüber hin-aus definiert, wiederum durch unbestimmte Rechtsbegriffe,für welche Bereiche der handwerkliche Befähigungsnach-weis nicht erforderlich ist. In der Terminologie des Vor-schlags des Bundesrates handelt es sich hierbei um „nichtwesentliche“ Tätigkeiten. Durch das Gesetz werden aller-dings „die nicht wesentlichen Tätigkeiten eines Handwerks“nicht beschrieben. Es gibt keine „nicht wesentliche Tätigkei-ten eines Handwerks“. Zum Handwerk „gehören“ nachMaßgabe der Rechtsprechung des BVerwG nur „Kernbe-reichstätigkeiten“. Tätigkeiten, die hierzu nicht gehören unddeshalb nicht dem Vorbehalt des Handwerks unterfallen,dürfen von jedermann, also nicht nur vom Handwerk, ausge-übt werden.

Eine präzisere Definition der nicht von der Handwerksord-nung erfassten („nicht wesentlichen“) Tätigkeiten ist nichtmöglich.

Es ist bereits nicht möglich, die zum Vorbehalt der Hand-werke gehörenden Tätigkeiten, also die im Sinne des § 1Abs. 2 „wesentlichen Tätigkeiten“ konkret, verbindlich undumfassend zu benennen. Das Bundesverwaltungsgericht hathierfür eine Definition erarbeitet, im konkreten Einzelfallentscheiden hierüber jedoch die Gerichte. Dass es sich hier-bei um Einzelfallentscheidungen handelt, hat bereits derBund-Länder-Ausschuss „Handwerksrecht“ in Nummer 1seiner Beschlüsse vom 17. Dezember 1987 festgestellt (Bun-desanzeiger Nr. 241 vom 24. Dezember 1987, S. 16514).Dort ist ausgeführt: „Ob wesentliche Tätigkeiten einesHandwerks vorliegen und ihre Ausübung die Eintragung indie Handwerksrolle erfordert, ist daher im Einzelfall undunter Berücksichtigung der aktuellen Lebenswirklichkeit zubeurteilen; dabei sind auch die Tätigkeitsbereiche der ande-ren Handwerke oder nichthandwerklicher Gewerbe zu be-rücksichtigen, zu denen eine Abgrenzung erfolgen soll.Letztlich ist in einer Gesamtbeurteilung unter Berücksichti-gung von Artikel 12 GG und des Beschlusses des Bundes-verfassungsgerichts vom 17. Juli 1961 (BVerfGE 13, 97) zuentscheiden, ob die Eintragung in die Handwerksrolle erfor-derlich ist. Auf die seit Jahren von den Ländern ungelöstenAbgrenzungsprobleme wird in diesem Zusammenhang hin-gewiesen.

Folglich lässt sich auch der von der Kernbereichstheorie desBVerwG (so z. B. Entscheidung vom 25. Februar 1992,GewA 1992 S. 386) nicht erfasste gewerbliche Bereich, imSprachgebrauch des Bundesrates „nicht wesentliche Tätig-keiten“, nicht näher präzisieren. Dieser umfasst den gesam-ten gewerblichen Raum außerhalb der Handwerksordnung.Er lässt sich insbesondere nach rechtsstaatlichen Erforder-nissen nicht entsprechend so beschreiben, dass für die die-sen Bereich ausmachenden Tätigkeiten im Wege einer Ge-neralklausel oder Ermächtigung zum Erlass einer Rechts-verordnung die Anwendung der §§ 18 bis 20 vorgesehenwerden könnte.

Dies gilt auch für den Teilbereich „einfache Tätigkeiten“des nicht der Handwerksordnung unterfallenden gewerbli-chen Spektrums. Auch dieses kann nicht näher definiertwerden, als dies im Gesetz zur Änderung der Handwerks-ordnung und zur Förderung von Kleinunternehmen geregeltist. Auch insoweit handelt es sich nicht um „unwesentlicheTätigkeiten eines Handwerks“. Auch die Ausführungen desBundesrates in seinem Beschluss vom 11. Juli 2003 (Bun-desratsdrucksache 422/03), mit dem er die Anrufung desVermittlungsausschusses gegen das Gesetz zur Änderungder Handwerksordnung und zur Förderung von Kleinunter-nehmen beschlossen hat, sprechen gegen generelle Instru-mente zur Übernahme „einfacher“ Tätigkeiten in der An-lage B. Dort ist ausgeführt: „Eine gesetzliche Definition ein-facher Tätigkeiten ist auch in Anbetracht der vielfältigentatsächlichen Gegebenheiten und im Hinblick auf weiteretechnische und organisatorische Entwicklungen sowie Ver-änderungen in den Fertigungs- und Arbeitsablaufprozessenabzulehnen.“

Diese Sach- und Rechtslage schließt es aus, durch generelleInstrumente die Anwendung der §§ 18 bis 20 HwO, insbe-sondere auch auf „einfache“ Tätigkeiten vorzusehen.

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Drucksache 15/1481 – 22 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Im Übrigen sprechen kammerpolitische Gesichtspunkte ge-gen die vom Bundesrat vorgeschlagene Überführung dernicht der Handwerksordnung unterfallenden Tätigkeitenvon der Pflichtmitgliedschaft bei den IHK in die Pflichtmit-gliedschaft bei den Handwerkskammern.Der Gesetzgeber vollzieht mit dem genannten Gesetz zurÄnderung der Handwerksordnung und zur Förderung vonKleinunternehmen die Rechtslage nur nach. Er gestaltet sienicht zu Lasten des Handwerks und seiner Organisationen.Mit der durch das Gesetz getroffenen Klarstellung wirdkeine „Einschränkung der Anlage A“ getroffen, insbeson-dere werden keine handwerklichen Teiltätigkeiten aus demOrganisationsbereich der Handwerkskammern „entnom-men“, wie der Wirtschaftsausschuss des Bundesrates in sei-nen Empfehlungen (Bundesratsdrucksache 422/1/03) esdarlegt. Deshalb ist nicht gerechtfertigt, außerhalb derHandwerkordnung liegende Tätigkeiten global in diePflichtmitgliedschaft der Handwerkskammern zu über-führen.In die Mitgliedschaft der verschiedenen Kammerorganisati-onen soll jedoch, wie bereits bei der Handwerksnovelle1998, auch durch die vorliegende Novelle nicht eingegriffenwerden. Ein wesentlicher Eckwert des von den Fraktionender CDU/CSU, SPD und FDP vorgelegten Entwurfs einesZweiten Gesetzes zur Änderung der Handwerksordnungund anderer handwerksrechtlicher Vorschriften war: „Eswird davon ausgegangen, dass grundsätzlich an der beste-henden Zuordnung von Handwerken und handwerksähnli-chen Gewerben zur Handwerkskammer und der übrigen ge-werblichen Unternehmen zur Industrie- und Handelskam-mer sowie an der bestehenden Abgrenzung von Handwer-ken gegenüber nichthandwerklichen Gewerben nachMaßgabe des § 1 HwO in seiner geltenden Fassung festge-halten wird“ (Bundestagsdrucksache 13/9388, AllgemeinerTeil der Begründung, S. 14 Ziffer 2 Abs. 2 der Eckwerte füreine grundlegende Reform der Anlage A).Dafür spricht im Übrigen auch der Umstand, dass zahlreicheKleinunternehmer, deren Tätigkeitsfeld entsprechend demVorschlag des Bundesrates in den Geltungsbereich derHandwerksordnung überführt werden soll, derzeit als Mit-glied der IHK in die durch das IHKGÄndG 1998 einge-führte Beitragsfreistellung nach § 3 Abs. 3 Satz 3 IHKG fal-len, als Mitglied der Handwerkskammer dort aber Beiträgezahlen müssten. Außerdem ist die Beitragsstruktur derIHK’n so ausgestaltet, dass die Beiträge der Kleinunterneh-mer, wenn sie überhaupt Beiträge zahlen, dort deutlich nied-riger sind als bei den Handwerkskammern.Durch die bei Übernahme in die Handwerksordnung gelten-den Anzeigepflichten würde zudem zusätzliche Bürokratiegeschaffen.Ferner darf nicht verkannt werden, dass mit der Zuordnung„einfacher Tätigkeiten“ zum Handwerk es den betroffenenUnternehmern erschwert wird, Behauptungen entgegenzu-treten, es handele sich bei ihren Arbeiten um Kerntätigkei-ten der Anlage A, die ordnungsrechtlich – bis hin zur Be-triebsschließung – und wettbewerbsrechtlich verfolgt wer-den mit der Folge, dass sie solange auf der „Anklagebank“sitzen, bis gerichtlich geklärt ist, ob ihre Tätigkeit gegen dieHandwerksordnung verstößt. Hier eröffnet die Beratungdurch die IHK – bis hin zur Möglichkeit einer Klage derIHK nach § 12 HwO – neu – oft eine wirksame Handhabe.

Diese Möglichkeit einer Beratung durch die IHK entfielenbei Zuordnung einfacher Tätigkeiten zum Handwerk.

Der Vorschlag des Bundesrates, für Unternehmen, die„nicht wesentliche Tätigkeiten“ eines Handwerksberufesder Anlage A ausüben, die Anwendung der §§ 18 bis 20vorzusehen, macht erforderlich, die kammerpolitische Neu-tralität der vorliegenden Novelle auch bei der Überführungvon Gewerben der Anlage A in die Anlage B zu wahren. Esist deshalb eine gesetzliche Klarstellung in § 18 wie folgterforderlich:

Artikel 1 Nr. 18 Buchstabe b wird wie folgt gefasst:

„b) Absatz 2 wird wie folgt gefasst:

(2) Ein Gewerbe ist ein zulassungsfreies Hand-werksgewerbe im Sinne dieses Gesetzes, wenn eshandwerksmäßig betrieben wird und in Anlage B Ab-schnitt 1 zu diesem Gesetz aufgeführt ist. Im Übrigengilt § 1 Abs. 2 für Gewerbe der Anlage B Abschnitt 1entsprechend. Ein Gewerbe ist ein handwerksähnlichesGewerbe im Sinne dieses Gesetzes, wenn es hand-werksähnlich betrieben wird und in Anlage B Ab-schnitt 2 zu diesem Gesetz aufgeführt ist.“

B e g r ü n d u n g

Mit dem neu eingefügten Satz 2 wird geregelt, dass diedurch das Gesetz zur Änderung der Handwerksord-nung (Bundestagsdrucksache 15/1108) geregelte Klar-stellung zu § 1 Abs. 2 auf die in Anlage B Abschnitt 1als zulassungsfreie Gewerbe übernommenen Hand-werke entsprechend anzuwenden ist.

Die Klarstellung ist erforderlich, weil § 1 Abs. 2 in derFassung des Gesetzes zur Änderung der Handwerks-ordnung und zur Förderung von Kleinunternehmernfür die Anlage B nicht gilt. Ohne die Klarstellung ist zubefürchten, dass in der Praxis von Handwerkskam-mern, Behörden und Gerichten die Auffassung vertre-ten wird, als Folge der im Gesetzentwurf vorgesehenenRegelungen seien nunmehr nicht nur beispielsweisedie Betriebe etwa des in die Anlage B überführten Ge-werbes Gebäudereiniger, sondern auch die Unterneh-men im Bereich einfacher Gebäudereinigung aus derPflichtmitgliedschaft der IHK kraft Gesetzes in diePflichtmitgliedschaft der Handwerkskammer über-führt worden. Die Regelung stellt sicher, dass dieseUnternehmen Pflichtmitglieder der IHK bleiben. DasGleiche gilt beispielsweise auch für die strukturierteVerkabelung, den Zusammenbau von Rechnern ausModulen und anspruchsvollen Tätigkeiten wie etwadie Entwicklung von Software. Unternehmer undDienstleister werden nicht dadurch Mitglied der HwK,dass das bisherige Handwerk „Informationstechniker“in die Anlage B überführt wird. Der Entwurf trägt auchinsoweit dem Anliegen Rechnung, auf die Mitgliederund Mitgliedschaftsbereiche der Kammerorganisatio-nen keinen Einfluss zu nehmen.

Es bleibt aufgrund der Klarstellung dabei, dass dann,wenn Gewerbe der Anlage B als Nebenbetrieb zu ei-nem IHK-zugehörigen Unternehmen betrieben werden(nach dem Gesetzentwurf zulassungsfreie Handwerks-gewerbe und handwerksähnliche Gewerbe), das betref-

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fende Unternehmen nicht in das Mitgliederverzeichnisder Handwerkskammer nach § 19 aufzunehmen ist.Eine Definition, die diesen Anforderungen genügt, istjedoch nicht möglich.

Zu Nummer 9 (Artikel 1 Nr. 45: § 51a Abs. 1 HwO)Dem Änderungsvorschlag des Bundesrates ist zuzustim-men.Darüber hinaus wird § 51a Abs. 2 HwO wie folgt gefasst:

„(2) Als Grundlage für ein geordnetes und einheitlichesMeisterprüfungswesen für Gewerbe im Sinne des Absat-zes 1 kann das Bundesministerium für Wirtschaft undArbeit im Einvernehmen mit dem Bundesministerium fürBildung und Forschung durch Rechtsverordnung, die nichtder Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmen,1. welche Fertigkeiten und Kenntnisse in den einzelnen

Gewerben der Anlage B zum Zwecke der Meisterprü-fung zu berücksichtigen sind (MeisterprüfungsberufsbildB),

2. welche Anforderungen in der Meisterprüfung zu stellensind.“B e g r ü n d u n gDer neue Absatz 2 enthält eine Ermächtigung für dasBundesministerium für Wirtschaft und Arbeit, im Ein-vernehmen mit dem Bundesministerium für Bildung undForschung, bundesweit einheitliche Meisterprüfungsver-ordnungen für Gewerbe der Anlage B zu erlassen. Diesist erforderlich, um das Entstehen regional unterschied-licher Meisterprüfungsvorschriften zu verhindern. DieVorschrift ist § 45 Abs. 1 HwO nachgebildet, um dieNiveaugleichheit der beiden Meisterprüfungen zu unter-streichen.

Zu Nummer 10 (Artikel1Nr. 45:§ 51aAbs. 4Satz2HwO)Dem Vorschlag wird nicht zugestimmt.B e g r ü n d u n gDie gleiche Regelung ist mit § 50 Abs. 1 Satz 1 HwO fürdie Abnahme der Meisterprüfung in Gewerben der AnlageA getroffen. Diese Vorschrift bleibt von dem Gesetzentwurfunberührt.Der Gesetzentwurf regelt eine fachliche Gleichwertigkeitder Meister in Gewerben der Anlage A und der Anlage B.Dem muss auch eine Gleichbehandlung bei den Kosten ent-sprechen. Es ist unzutreffend, dass nur die Meister in Ge-werben der Anlage B materielle Vorteile aus der Meisterprü-fung ziehen. Essentiale der Meisterprüfung in Gewerben derAnlage A ist der materielle Vorteil der selbständigen Hand-werksausübung. Außerdem darf das Ziel einer breiten Inan-spruchnahme des „B-Meisters“ als Qualitätsmerkmal nichtdurch zusätzliche Kosten gefährdet werden.

Zu Nummer 11Der Vorschlag wird abgelehnt.Die Entscheidungszuständigkeit über die Ausübungsberech-tigung nach § 7a HwO und die Ausnahmebewilligungennach den §§ 8, 9 HwO obliegt derzeit der höheren staat-lichen Verwaltungsbehörde. Nach § 7b Abs. 2 des Gesetz-

entwurfs ist die höhere Verwaltungsbehörde auch für die Er-teilung der Ausübungsberechtigung für langjährige Gesel-len nach dieser Vorschrift zuständig (Artikel 1 Nr. 10). Mit§ 8 Abs. 3 Satz 4 besteht bereits eine Ermächtigungsgrund-lage zur Übertragung der genannten Entscheidungen auf an-dere Behörden. Die Handwerksordnung ermöglicht nachgeltender Rechtslage jedoch nicht die Übertragung der Ent-scheidung auf die Handwerkskammern. Es ist auch nicht be-absichtigt, solche Übertragungsmöglichkeiten zu eröffnen.Die Bundesregierung sieht sich in dieser Haltung durch denBeschluss der Wirtschaftsministerkonferenz vom 14./15. Mai2003 in Berlin bestätigt. Mit dem Beschluss hat es die Wirt-schaftsministerkonferenz mit großer Mehrheit abgelehnt, dasBundesministerium für Wirtschaft und Arbeit aufzufordern,einen Gesetzentwurf vorzulegen, in dem den Handwerks-kammern Aufgaben nach den §§ 7a, 8, 9 HwO übertragenwerden. Seitdem sind keine Änderungen der Sach- undRechtslage eingetreten, die eine andere Beurteilung recht-fertigen.Eine Handwerkskammer ist grundsätzlich keine Behördenach § 8 HwO, sondern nur dann und nur insoweit, als ihreine bestimmte staatliche Aufgabe übertragen worden istund sie in dieser Funktion tätig wird. Dies ist im Rahmender staatlichen Aufgabe der Entscheidung über Ausnahme-bewilligungsanträge nicht der Fall. Die Handwerkskammerhat hierbei die gesetzliche Funktion als „Beteiligte“, die imAusnahmebewilligungsverfahren an der Entscheidung derBehörde dadurch mitwirkt, dass sie von dieser anzuhörenist. Der Gesetzgeber hat mit der Handwerksordnung von1953 die Zuständigkeit der höheren Verwaltungsbehördeübertragen, „da damit in jedem Falle konkurrenzliche Ge-sichtspunkte ausgeschaltet sind“ (Gesetzesbegründung).Das Ziel eines objektiven und neutralen Gesetzesvollzugsdurch staatliche Behörden hat der Gesetzgeber bei allen spä-teren Änderungen der HwO aufrechterhalten.Die Erfahrungen des Bundesministeriums für Wirtschaftund Arbeit bestätigen die Richtigkeit der Entscheidung von1953.Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom17. Juli 1961 (BVerfGE 13, 97) ist die Möglichkeit der Aus-nahmebewilligung die verfassungsrechtliche Voraussetzungfür die Zulässigkeit der staatlichen Meisterprüfung. DieBundesregierung ist der Auffassung, dass deshalb auch dieverfassungsgerichtlich geforderte großzügige Handhabungdes „Ausnahmefalls“ und die gesetzmäßige Handhabungdes Befähigungsnachweises und des Verfahrens zur Ertei-lung der Ausnahmebewilligung gesichert bleiben muss.Dies ist bei staatlichen Behörden eher gewährleistet. DerenEntscheidungspraxis steht unter Fachaufsicht der Länder.Die Handwerkskammern unterstehen nur der Rechtsaufsichtder Länder.Interessenkonflikte der Handwerkskammern können dazuführen, dass Ausnahmebewilligungen erschwert, verzögertoder verstärkt abgelehnt werden. Dies stünde im Gegensatzzur gebotenen Großzügigkeit mit möglichen verfassungs-rechtlichen Risiken für die Berufsfreiheit (Artikel 12 GG).Die mit den „Leipziger Beschlüssen“ des Bund-Län-der-Ausschusses Handwerksrecht zum Vollzug der genann-ten Entscheidungen unternommenen Anstrengungen, ange-sichts vorliegender Erfahrungen einen großzügigen Vollzugzu gewährleisten, würden ins Leere laufen, da die Hand-

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werkskammern, anders als die staatlichen Behörden, durchdiese Beschlüsse nicht gebunden sind. Auch ist insbeson-dere eine großzügige Anwendung des § 7b HwO nur dannzu erwarten, wenn die Entscheidung auch im Fall dieserVorschrift bei der staatlichen Behörde liegt.

Hinzu kommen verfassungsrechtliche Risiken aus Artikel 20Abs. 2 Satz 2 GG (demokratische Legitimation der Verwal-tung durch Weisungsgebundenheit gegenüber der Regierungfür den Vollzug der Gesetze), weil auf Fachaufsicht in Ange-legenheiten verzichtet würde, die bisher in landesunmittelba-rer Verwaltung wahrgenommen werden. Die Ausnahmebe-willigung als verfassungsrechtlicher Alternativweg zurMeisterprüfung würde im Falle der Übertragung auf dieHandwerkskammern zur „Selbstverwaltungsangelegenheit“der Handwerkskammern ohne Fachaufsicht. Eine allge-meine Bedingung für die Selbstverwaltungstauglichkeit vonVerwaltungsaufgaben ist, dass ein abgrenzbarer Kreis vontypischerweise Betroffenen, d. h. von Trägern eines gleich-gerichteten Interesses, vorhanden sein muss. Dies ist vorlie-gend nicht der Fall, da die Handwerkskammer als Organisa-tion ihrer Pflichtmitglieder über die Zulassung Externer zumWettbewerb mit den Mitgliedern der Organisation entschei-den würde.

Des Weiteren bestünde die Gefahr, dass der Berufszugangzur selbständigen Handwerksausübung von den einzelnenHandwerkskammern unterschiedlich gehandhabt würde,und zwar ohne Möglichkeit einer bundesweit einheitlichen

Koordinierung. Auch hieraus können sich im Hinblick aufden Gleichbehandlungsgrundsatz des Artikels 3 GG verfas-sungsrechtliche Risiken ergeben.

Zu Nummer 12Dem Vorschlag wird nicht zugestimmt.B e g r ü n d u n gDie Zuerkennung der fachlichen Eignung sowie die Unter-sagung des Einstellens und Ausbildens sind erhebliche Ein-griffe in die Rechte des Ausbildenden; die Entscheidungenhierüber sind deshalb nicht von Organen der mittelbarenStaatsverwaltung zu treffen.

Zu Nummer 13 (§91a – neu – HwO)Der Vorschlag wird abgelehnt.Insbesondere angesichts aktueller Überlegungen zwischenBund und Ländern zur Überarbeitung des Werkvertrags-rechts, bei denen die Verbesserung der Zahlungsmoral zen-trales Anliegen ist, sollte in der Handwerksordnung vonparallelen Maßnahmen zum Zivilrecht abgesehen werden.Darüber hinaus ist fraglich, ob das vorgeschlagene Verfah-ren, das den Erlass einer Rechtsverordnung des Bundesmi-nisteriums für Wirtschaft und Arbeit zur Regelung einesVorschalt-Verfahrens vorsieht, tatsächlich zur Beschleuni-gung führt und nicht weitere Verzögerungen zur Folge hätte.

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