2020 DIHK Ausbildungsumfrage A4 Lay4 · Juli 2020 Der DIHK hat erneut die Unternehmen zu ihren...

12
GemeinsamAusbilden Ergebnisse einer DIHK-Online- Unternehmensbefragung Ausbildung 2020

Transcript of 2020 DIHK Ausbildungsumfrage A4 Lay4 · Juli 2020 Der DIHK hat erneut die Unternehmen zu ihren...

Page 1: 2020 DIHK Ausbildungsumfrage A4 Lay4 · Juli 2020 Der DIHK hat erneut die Unternehmen zu ihren Ausbildungserfahrungen und -plänen befragt. In der Zeit vom 15. bis 19. Juni 2020 konnten

GemeinsamAusbilden

Ergebnisse einer DIHK-Online- Unternehmensbefragung

Ausbildung 2020

Page 2: 2020 DIHK Ausbildungsumfrage A4 Lay4 · Juli 2020 Der DIHK hat erneut die Unternehmen zu ihren Ausbildungserfahrungen und -plänen befragt. In der Zeit vom 15. bis 19. Juni 2020 konnten

2 | D I H K A U S B I L D U N G S U M F R A G E 2 02 0

[email protected] www.dihk.de

RedaktionUlrike Friedrich, DIHK – Bereich Ausbildung

GestaltungFriedemann Encke, DIHK

BildnachweisGetty Images

Stand Juli 2020

Der DIHK hat erneut die Unternehmen zu ihren Ausbildungserfahrungen und -plänen befragt.In der Zeit vom 15. bis 19. Juni 2020 konnten sich Unternehmen online an der Befragung beteiligen. Die Auswahl und Ansprache der Unternehmen erfolgte über die Industrie- und Handelskammern. Insgesamt beteiligten sich 15.001 Unternehmen an der Online-Umfrage.

Die Antworten verteilen sich auf die Wirtschaftszweige wie folgt:Industrie (ohne Bau) 24 Prozent, Baugewerbe sechs Prozent, IT sieben Prozent, Medien drei Prozent, Handel 16 Prozent, Gast gewerbe sechs Prozent, Verkehr (Transport/Logistik) sechs Prozent, Banken/Versicherungen sechs Prozent, Unternehmensorientierte Dienste zwei Prozent, Gesundheit/Pflege drei Prozent, Immobilien drei Prozent, Sonstige Dienstleistungen 19 Prozent.

Nach Größenklassen zeigt sich folgende Verteilung:Unternehmen mit weniger als zehn Beschäftigten 15 Prozent, Unternehmen mit zehn bis 19 Beschäftig-ten 13 Prozent, Unter nehmen mit 20 bis 199 Beschäftigten 48 Prozent, Unternehmen mit 200 bis 499 Be-schäftigten zwölf Prozent, Unternehmen mit 500 bis 1.000 Beschäftigten fünf Prozent, Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten acht Prozent.

Die Regionen wurden wie folgt aufgeteilt:Dem Norden werden die Bundesländer Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein, dem Wes-ten die Bundesländer Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und das Saarland, dem Osten Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, achsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie dem Süden die Bundesländer Baden-Württemberg und Bayern zugerechnet.

Auf Grund der besseren Lesbarkeit wurde in dieser Publikation jeweils die männliche Form für alle Ge-schlechter bei der Bezeichnung bestimmter Personengruppen verwendet.

Impressum

QuellenAlle Rechte liegen beim Herausgeber. Ein Nachdruck – auch auszugsweise –ist nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Herausgebers gestattet.

Herausgeber© Deutscher Industrie- und Handelskammertag e.V. (DIHK) | Berlin | Brüssel

DIHK BerlinPostanschrift: 11052 Berlin | Hausanschrift: Breite Straße 29 | Berlin-MitteTelefon: 030 20308-0 | Telefax: 030 20308-1000

DIHK BrüsselHausanschrift: 19 A-D, Avenue des Arts | B-1000 BruxellesTelefon: +32-2-286-1611 | Telefax: +32-2-286-1605

Page 3: 2020 DIHK Ausbildungsumfrage A4 Lay4 · Juli 2020 Der DIHK hat erneut die Unternehmen zu ihren Ausbildungserfahrungen und -plänen befragt. In der Zeit vom 15. bis 19. Juni 2020 konnten

3D I H K A U S B I L D U N G S U M F R A G E 2 02 0 |

Das Wichtigste vorabDas betriebliche Ausbildungsplatzangebot wird in diesem Jahr niedriger ausfallen als im Vorjahr.

Corona-Pandemie, wirtschaftliche Eintrübung, erfolglose Suche nach Azubis in den Vorjahren und eine weiterhin hohe Studier-neigung sind dafür die wesentlichen Ursachen. Am aktuellen Rand liegt das Angebot um gut sieben Prozent unter dem Vor jahresniveau. Im Mai 2019 meldete die Bundesagentur das höchste Angebot seit 2001.

Die Bewerbungsprozesse in den Unternehmen sind ins Stocken geraten. Einstellungen verzögern sich vielerorts. Es gibt aber immer noch vielfältige Chancen.

Die Corona-Pandemie hat den Dialog zwischen Azubis und Betrieben für zwei bis drei Monate nahezu ausgesetzt. Bei vielen Unternehmen gibt es daher auch kurz vor Beginn des neuen Ausbildungsjahres noch unbesetzte Ausbildungsplätze. Im Interesse der Betriebe und der suchenden Jugendlichen engagieren sich die Industrie- und Handelskammern gemein-sam mit den Arbeitsagenturen, die vorhandenen Plätze zu besetzen. Bewerbungsgespräche finden inzwischen wieder direkt (59 Prozent) oder per Video- und Telefonkonferenzen (21 Prozent) statt.

Die Übernahmeperspektiven für ausgebildete Fachkräfte sind auch dieses Jahr gut.

Trotz angespannter Arbeitsmarktlage wollen 62 Prozent der Betriebe alle ausgelernten Azubis übernehmen. 2016 waren es 68 Prozent. Ein Rückgang um lediglich sechs Prozentpunkte ist in der aktuellen Situation eine gute Nachricht. Hier zeigt sich, dass Ausbildung einen hohen Stellenwert für die Betriebe hat, sie vorausschauend handeln und auch in Krisenzeiten Fach-kräfte einstellen wollen.

Betriebe gestalten Ausbildungsalltag durch kreative Lösungen.

Ob Homeoffice für Azubis (35 Prozent) oder Mitarbeit im unternehmenseigenen Corona-Krisenstab: Die Corona-Zeit hat die Ausbildung in den Betrieben vor Herausforderungen gestellt. Kluge und häufig individuelle Lösungen haben Ausbildungsbe-triebe und Azubis durch die Pandemie-Zeit gebracht und neue Erfahrungen sammeln lassen. So wird die Ausbildung in zwei Prozent der Betriebe nun in Teilzeit fortgesetzt oder temporär bei einem anderen Unternehmen (ein Prozent). Das duale Ausbildungsbildungssystem hat sich einmal mehr als äußerst flexibel gezeigt.

Digitales wichtiger denn je – Nachholbedarf bei den Berufsschulen.

Die Krise hat in vielen Branchen die Chancen der Digitalisierung in den Fokus gerückt und zugleich Defizite aufgedeckt. Nachholbedarf hat sich vor allem an den Berufsschulen gezeigt. Dort ist eine zeitgemäße Ausstattung dringend erforderlich. Bei der Umsetzung des Digitalpakts wünschen sich die IHK-Aus-bildungsbetriebe zu 74 Prozent das Angebot einer Lernplattform, gefolgt von Blended Learning-Angeboten für ihre Auszubilden-den (64 Prozent).

Page 4: 2020 DIHK Ausbildungsumfrage A4 Lay4 · Juli 2020 Der DIHK hat erneut die Unternehmen zu ihren Ausbildungserfahrungen und -plänen befragt. In der Zeit vom 15. bis 19. Juni 2020 konnten

4 | D I H K A U S B I L D U N G S U M F R A G E 2 02 0

Page 5: 2020 DIHK Ausbildungsumfrage A4 Lay4 · Juli 2020 Der DIHK hat erneut die Unternehmen zu ihren Ausbildungserfahrungen und -plänen befragt. In der Zeit vom 15. bis 19. Juni 2020 konnten

5D I H K A U S B I L D U N G S U M F R A G E 2 02 0 |

Auswirkungen von COVID-19 auf den Ausbildungsmarkt in DeutschlandDie Covid-19-Pandemie führt zu weit reichenden Konsequenzen für die Wirtschaft. In der jüngsten DIHK-Blitzumfrage rechnen fast vier von fünf Unternehmen für das Gesamtjahr 2020 mit einem Rückgang ihrer Umsätze. Für rund 190.000 Unternehmen, die rund 770.000 junge Menschen im IHK-Bereich ausbilden, brachte die Pandemie vielfältige Herausforderungen bei der Fort-setzung der Ausbildung. Hinzu kam, dass die Berufsschulen geschlossen waren und theoretischer Unterricht nur virtuell stattfinden oder in den Betrieb verlagert werden musste. Viele Berufsschullehrer versorgten ihre Schüler mit Aufgaben und betreuten sie auf digitalem Wege.

Es zeigte sich, dass in den Berufsschulen vielerorts Lernkon-zepte für digitale Bildung oder die benötigte Infrastruktur fehlen. Viele Betriebe hätten sich einen besseren Austausch über ein abgestimmtes Vorgehen gewünscht.

Die vorliegende Umfrage gibt Einblicke in den Ausbildungs-alltag der Ausbildungsbetriebe und analysiert das Ausbil-dungsplatzangebot 2020 vor dem Hintergrund der Krise.

Ausbildungsplatzangebot 2020Ausbildung hat in Deutschland eine lange Tradition, dient der Fachkräftesicherung und ist vielen Unternehmen eine Herzens-angelegenheit.

Dass die Krise gravierende Auswirkungen auf die Beschäfti-gung in Deutschland hat, zeigen die jüngste DIHK-Blitzumfrage als auch aktuelle Daten der Bundesagentur für Arbeit. Damit verbunden belastet die Pandemie auch die Situation am Aus-bildungsmarkt, weitere Gründe für ein rückläufiges Angebot kommen aber hinzu.

15.000 Ausbildungsbetriebe haben über ihr Angebot an Ausbil-dungsplätzen 2020 im Vergleich zu 2019 Auskunft gegeben. Bei den in diesem Jahr Ausbildung anbietenden Betrieben liegt dabei am aktuellen Rand das Ausbildungsplatzangebot um gut sieben Prozent geringer als im Vorjahr. Gleichzeitig berichten Unter nehmen, dass sie noch nicht abschließend über die Zahl ihrer Ausbildungsplätze entschieden haben. Das zeigt, dass ak-tuelle Anstrengungen zur Vermittlung, aber auch Anreize durch finanzielle Unterstützung Sinn machen – und es zeigt auch, dass das Ausbildungsangebot auch noch von der jeweiligen Entwick-lung der wirtschaftlichen Lage und Perspektive für die einzelnen Betriebe in den kommenden Monaten abhängt.

• Die Corona-Pandemie hat extreme wirtschaftliche Auswirkun-gen. Rund 50 Prozent der Betriebe erwartet frühestens im Jahr 2021 eine Rückkehr zu normaler Geschäftstätigkeit. Immense Umsatzausfälle, unklare Perspektiven und eine zunehmend angespannte Liquiditätssituation prägen in vielen Unter-nehmen die aktuelle Geschäftssituation. Wer sich angesichts dieser Lage z.B. mit der Frage nach einem notwendigen und schmerzhaften Abbau von Beschäftigung auseinandersetzen muss, der kann aus Verantwortung für sein Unternehmen und auch potenzielle Auszubildende zu der Entscheidung kommen, sein Ausbildungsangebot reduzieren zu müssen.

• Einigen Unternehmen war es in den vergangenen, wirt-schaftlich florierenden Jahren möglich, zusätzliche Ausbil-dungsplätze zu schaffen und über Bedarf auszubilden. In

den Vorjahren hat beispielsweise die Industrie häufig über Bedarf ausgebildet, um mehr Jugendlichen eine Ausbildung zu ermöglichen, als sie absehbar in Beschäftigung benö-tigten. Bereits im Herbst 2019 zeichnete sich in Teilen der Industrie eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation ab, so dass die Unternehmen hier bereits vor der Corona-Pandemie Anpassungen vorgenommen haben.

• Der Rückgang des Ausbildungsplatzangebotes 2020 ist krisenbedingt recht deutlich. Vergleicht man die jetzige Situation allerdings mit der Situation im Krisenjahr 2009, zeigt sich ein besseres Bild als damals – obwohl die Wirtschaftskrise derzeit deutlich gravierender ist. Denn im Jahr 2020 werden knapp 100.000 mehr Ausbildungsplätze bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldet als 2009 – bei insgesamt um 120.000 weniger Schulabgängern. Dies un-terstreicht, dass die Sicherung ihres Fachkräftebedarfs für Unternehmen auch weiterhin ein entscheidender Erfolgs-faktor ist und sie in den Erhalt der Ausbildungskapazitäten investieren, wo immer es ihnen möglich ist.

• Der Rückgang im Jahr 2020 findet statt im Anschluss an ein über die Jahre stark gestiegenes Ausbildungsangebot, das 2019 bei den der Bundesagentur für Arbeit gemeldeten Plätzen seinen Höchststand erreichte. In guter wirtschaft-licher Situation lag das betriebliche Angebot daher in den vergangenen Jahren deutlich über dem Nachfrageniveau. Hintergrund ist ein steigender Fachkräftebedarf in den vergangenen Jahren, der durch die demographische Ent-wicklung verstärkt wurde, denn viele erfahrene Mitarbeiter der Baby-Boomer-Generation gehen in Rente. Unternehmen mussten zuletzt dabei aber auch zunehmend die Erfahrung machen, dass sie viele ihre Plätze nicht besetzen konnten, weil es an (geeigneten) Bewerbern mangelte. So erhielten im vergangenen Jahr mehr als 18.000 Unternehmen keine einzige Bewerbung auf ihre angebotenen Ausbildungsplätze.

• Aufgrund der Demographie verlassen heute deutlich weniger Schulabsolventen die allgemeinbildenden Schulen als noch

Page 6: 2020 DIHK Ausbildungsumfrage A4 Lay4 · Juli 2020 Der DIHK hat erneut die Unternehmen zu ihren Ausbildungserfahrungen und -plänen befragt. In der Zeit vom 15. bis 19. Juni 2020 konnten

6 | D I H K A U S B I L D U N G S U M F R A G E 2 02 0

vor Jahren. Dieser Trend setzt sich im Jahr 2020 fort, wenn erneut vier Prozent weniger junge Menschen die Schule ver-lassen als im Jahr zuvor. Zugleich hat zudem die Studiernei-gung der Schulabgänger deutlich zugenommen. So geht ein höherer Anteil von ihnen nach der Schule entweder direkt an die Hochschulen oder ergänzt eine Ausbildung durch ein Studium. Damit verbunden greifen manche Unternehmen stärker auf Hochschulabsolventen zurück und reduzieren im Gegenzug ihr Angebot an Ausbildungsplätzen.

Branchenbetrachtung des Ausbildungsplatz-angebotes

Ein insgesamt höheres Angebot an Ausbildungsplätzen im Vergleich zu 2019 zeigt sich derzeit nur in zwei Branchen, dem Bau und dem Bereich Gesundheit/Pflege. Darüber hinaus gibt es Branchen, die das Angebot unterdurchschnittlich stark redu-zieren und somit etwas stärker zum Erhalt des Ausbildungs-platzangebotes beitragen. Dazu gehören Immobilien, Banken/Versicherungen, IT und Handel. Der Bereich Gesundheit/Pflege hat in den vergangenen Jahren viel in die Attraktivität der Aus-bildungsberufe investiert. Die Fachkräfte werden aufgrund der Demographie benötigt. Auf dem Bau sind die Folgen der Pande-mie bislang geringer als in anderen Bereichen, so dass Unter-nehmen weiter auf der Suche nach Nachwuchs sind. Im Bereich Handel waren die Unternehmen auf sehr unter-schiedliche Weise von der Krise gefordert, so dass das Ausbil-dungsangebot nicht in allen Sparten des Handels gleich ausfällt. So erlebten beispielsweise der Lebensmitteleinzelhandel und die Drogeriemärkte einen deutlichen Kundenzuwachs – und weiten in diesem Zuge ihr Angebot an Ausbildungsplätzen aus. Kleinere Einzel- oder Textilhändler waren hingegen in Zeiten des Lockdowns vollständig geschlossen und kämpfen noch immer mit dessen Folgen, weil sie auf der bezahlten Frühjahrsmode sitzen geblieben sind. Banken/Versicherungen haben im Zuge der Strukturveränderungen ihr Ausbildungsplatzangebot bereits in den vergangenen Jahren deutlich reduziert – auf niedrigerem Niveau halten sie Angebot jetzt weitgehend stabil .

Branchen, die besonders hart von der Corona-Krise getroffen wurden, reduzieren ihr Ausbildungsplatzangebot überpro-portional stark. Dazu zählen beispielsweise das Gastgewerbe, Medien, die Industrie und Unternehmensorientierte Dienstleister. Die unternehmensorientierten Dienstleistungen sind auf die Aufträge ihrer Kunden angewiesen, die zu unterschiedlichsten Branchen zählen. Wenn ihre Kunden Sorgen und Nöte haben, werden Aufträge zurückgestellt oder storniert. Die Medien-branche steckt durch die Digitalisierung seit Jahren in der Transformation von Print zu Online. Die Krise verstärkt die Herausforderungen der Branche beispielsweise durch einen Rückgang im Print-Anzeigengeschäft. Hotel- und Gaststätten-gewerbe wurden durch die Krise hart getroffen. Hotels durften lange Zeit nur Geschäftsreisende beherbergen, so dass sich eine Öffnung für sie kaum rechnete. Auch Restaurants waren geschlossen und haben vielfach versucht, sich mit Liefer- und Abholservice über Wasser zu halten. Viele haben Umsatzein-brüche von 80 bis über 90 Prozent erlebt.

Ausblick

Die in der Allianz für Aus- und Weiterbildung und im Konjunk-turpaket beschlossenen Maßnahmen zur Ausbildung sind für von Corona betroffene Betriebe deshalb eine wichtige Unterstützung zur rechten Zeit. Die angekündigte Ausbildungsprämie kann eine Motivation für Betriebe sein, auch unter schwierigen Bedingun-gen ihre Ausbildungsanstrengungen aufrechtzuerhalten. Betriebe, die Prämien nutzen und sich engagieren, können durch das insge-samt reduzierte Ausbildungsplatzangebot verstärkt auf Bewerber hoffen. Finanzielle Anreize können dabei aber nur zusammen mit einem Bündel weiterer Aktivitäten erfolgreich wirken.

Page 7: 2020 DIHK Ausbildungsumfrage A4 Lay4 · Juli 2020 Der DIHK hat erneut die Unternehmen zu ihren Ausbildungserfahrungen und -plänen befragt. In der Zeit vom 15. bis 19. Juni 2020 konnten

7D I H K A U S B I L D U N G S U M F R A G E 2 02 0 |

Derzeitige Praxis des Bewerbungsprozess Die Corona-Pandemie hat die ausbildungsanbahnenden Prozesse zeitweise auf Eis gelegt und damit um ungefähr zwei bis drei Monate nach hinten verschoben. Trotz eines geringeren Aus-bildungsplatzangebotes und anhaltender Pandemie-Beschrän-kungen sind Schulabgänger gut beraten, alle Möglichkeiten zur Bewerbung zu nutzen. Bei vielen Unternehmen sind noch unbesetzte Ausbildungsplätze vorhanden. Das liegt auch daran, dass die Ausbildungsverantwortlichen bislang noch im Homeof-fice oder in Kurzarbeit schwerer zu erreichen sind und Schulen geschlossen waren. So geben 14 Prozent der Unternehmen an,

dass derzeit keine Bewerbungsgespräche stattfinden. 21 Prozent der Betriebe führen Bewerbungsgespräche über Video- und Telefonkonferenzen durch. In zehn Prozent der Ausbildungsunter-nehmen wurden die Gespräche verschoben. In der überwiegen-den Mehrheit der Ausbildungsbetriebe (59 Prozent) finden jetzt Bewerbungsgespräche wieder wie gewohnt und in Präsenz statt. Junge Menschen, die noch auf der Suche nach einer Ausbildung sind, können insofern optimistisch bleiben, sollten aber stärker noch als in den Vorjahren auch Alternativen zu ihren Wunschbe-rufen in den Blick nehmen.

Hier gibt es HilfeUm Ausbildungsbetriebe und Jugendliche zusammenzubringen, sind die IHKs aktiv und engagieren sich in der Berufsorientie-rung und bei der Ausbildungsplatzvermittlung. Ein Blick auf die Webseite der regionalen IHK (zu finden unter https://www.ihk.de/#ihk-finder) lohnt und zeigt beispielsweise, welche IHKs virtu-elle Speed-Datings anbieten. In der IHK-Lehrstellenbörse erhalten suchende Bewerber unter www.ihk-lehrstellenboerse.de zügig einen Überblick, über offene Ausbildungsangebote. Suchenden Bewerbern wird geraten, sich am Ausbildungsangebot und an den eigenen Talenten zu orientieren. Flexibilität bei der Berufswahl und räumliche Mobilität können die Suche zusätzlich unterstützen.

Azubis, die wegen der Corona-Pandemie ihren Ausbildungsplatz verloren haben, können sich über die IHK-Lehrstellenbörse bei ihrer IHK melden, um mit deren Unterstützung einen neuen Ausbildungsplatz zu finden.

IHK Lehrstellenbörse IHK Finder

Wie wählen Sie derzeit potenzielle Auszubildende aus?(in %, Mehrfachantworten möglich)

11

5

10

14

21

59

0 10 20 30 40 50 60 70

Sonstige Wege

Bewerbungsgespräche sind verschoben aufgrundunsicherer Situation

Bewerbungsgespräche sind verschoben –persönliches Kennengelernt gewünscht

Gar nicht

Wir führen Video-/Telefoninterviews

Wir führen nach wie vor persönlicheBewerbungsgespräche.

Page 8: 2020 DIHK Ausbildungsumfrage A4 Lay4 · Juli 2020 Der DIHK hat erneut die Unternehmen zu ihren Ausbildungserfahrungen und -plänen befragt. In der Zeit vom 15. bis 19. Juni 2020 konnten

8 | D I H K A U S B I L D U N G S U M F R A G E 2 02 0

Übernahme nach abgeschlossener Ausbildung Diejenigen Ausbildungsbetriebe, in denen Azubis in diesem Jahr voraussichtlich erfolgreich die Ausbildung abschließen werden, entscheiden derzeit über die Übernahme der jungen Menschen in ein Beschäftigungsverhältnis. Ausbildung dient der Fachkräfte-sicherung, aber als Folge sinkender Umsätze müssen viele Betriebe zur Zeit Anpassungen bei den Personalplanungen vornehmen. Mehr als ein Viertel der Betriebe sieht sich laut DIHK-Blitzumfrage gezwungen, Beschäftigung abzubauen. Daher liegt die Befürchtung nahe, dass ausgelernte Azubis zu einem größeren Teil nicht über-nommen werden.

Diese Befürchtung bestätigt sich so nicht: 62 Prozent der Betriebe geben an, dass sie alle Azubis übernehmen werden. 2016 waren es 68 Prozent, 2014 waren es 66 Prozent. Ein Rückgang um sechs Prozentpunkte kann in der jetzigen Situation als gutes Ergebnis bewertet werden. Noch dazu werden in den übrigen 38 Prozent der Betriebe zwar nicht alle Azubis übernommen, aber vielfach immer noch zu einem beachtlichen Teil.

Die Verteilung zur Übernahme der ausgelernten Azubis setzt sich wie folgt zusammen: 62 Prozent der Betriebe übernehmen alle Azubis, weitere drei Prozent übernehmen fast alle Azubis (75 bis 99 Prozent der Azubis), elf Prozent übernehmen 50 bis 74 Prozent der Azubis,21 Prozent übernehmen 25 – 49 Prozent der Azubis und drei Prozent übernehmen zwischen Null und 24 Prozent.

Im Branchenvergleich sind die Übernahmeabsichten im Bereich Banken/Versicherungen am stärksten ausgeprägt: Hier planen 77 Prozent der Betriebe alle Auszubildenden nach Abschluss der Ausbildung zu beschäftigen. Darüber hinaus plant die IT-Branche (67 Prozent) sowie das Baugewerbe (66 Prozent) überdurch-schnittlich hohe Übernahmen aller Azubis in ein Beschäftigungs-verhältnis. Die Industrie hat in den vergangenen Jahren deutlich über ihren Fachkräftebedarf ausgebildet.

Deshalb ist auch die vollständige Übernahme aller Azubis von 80 Prozent der Industrieunternehmen 2016 auf normalisierte 64 Prozent 2020 zurückgegangen.

Das gegenseitige Kennenlernen von Azubis und Betrieben wäh-rend der Ausbildungszeit zahlt sich in diesem Jahr mehr denn je aus. Die Übernahme durch ihre Ausbildungsbetriebe gibt den angehenden Fachkräften trotz angespannter Arbeitsmarktsituati-on Sicherheit und Perspektive und ermöglicht den Berufseinstieg.

Gründe für Nicht-Übernahme

Rund 38 Prozent der Betriebe geht davon aus, 2020 nicht alle Auszubildenden in eine anschließende Beschäftigung zu überneh-men. Diese Ausbildungsbetriebe wurden differenziert nach den Gründen der Nicht-Übernahme befragt. Dabei ist es längst nicht immer die Entscheidung des Betriebs, ausgelernte Azubis nicht zu übernehmen. Vielmehr ist es in diesen Fällen oft eine Entscheidung der jungen Fachkräfte, nach Perspektiven jenseits ihres Ausbil-dungsbetriebs zu suchen – vom Wechsel zum Wettbewerber über die Aufnahme eines Studiums bis zu einer ganz neuen beruflichen Orientierung.

Erfolgt die Entscheidung zur Nicht-Übernahme durch den Betrieb, sind das „Fahren auf Sicht“ und damit unklare Perspektiven der eigenen wirtschaftlichen Entwicklung derzeit einer der drei Hauptgründe, wenn nicht alle Azubis übernommen werden. Diese generelle Unsicherheit wird ergänzt um Fälle, in denen die Nicht-Übernahme erfolgt, weil es derzeit keine konkreten Arbeits-stellen im Betrieb gibt. Dies nennen insbesondere die Unternehmen als Grund, die über ihren eigenen Bedarf ausbilden. Noch häufiger werden Azubis nicht übernommen, weil Betrieb und Azubi dauer-haft nicht zusammenpassen.

Wir übernehmen nicht alle Absolventen, weil: (in %, Mehrfachantworten möglich)

0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50

anderer Grund

mein Auszubildender einen höherenSchulabschluss machen möchte

mein Auszubildender noch einenanderen Beruf lernen will

mein Auszubildender den Betrieb wechselt

mein Auszubildender ein Studium anfangen will

unsichere wirtschaftliche Entwicklung

ich keine freien Stellen habe

Azubi und Betrieb passen nicht zusammen

2014 2016 2020

27

3

5

9

13

24

25

30

8

6

10

18

40

31

23

5

11

19

47

32

62 Prozent übernehmen alle Azubis

38 Prozent übernehmen

nicht alle Azubis

Page 9: 2020 DIHK Ausbildungsumfrage A4 Lay4 · Juli 2020 Der DIHK hat erneut die Unternehmen zu ihren Ausbildungserfahrungen und -plänen befragt. In der Zeit vom 15. bis 19. Juni 2020 konnten

9D I H K A U S B I L D U N G S U M F R A G E 2 02 0 |

Aktuelle Ausbildungssituation in den UnternehmenVielerorts begegnen ausbildende Unternehmen der Krise mit Kreativität, Organisation und Flexibilität: So gelang es 75 Pro-zent der Betriebe, ihre Auszubildenden regulär im Betrieb aus-zubilden. Überdurchschnittlich häufig betrifft dies Branchen, in denen „vor Ort“ oder „beim Kunden“ gearbeitet wird: Handel (88 Prozent), Bau (85 Prozent), Gesundheit/Pflege (81 Prozent), Industrie (77 Prozent), Immobilien (77 Prozent) weisen hier jeweils einen deutlich höheren Anteil auf.

Die Zeit in den Betrieben wurde auch zu eigener Beschulung im Unternehmen genutzt oder durch Zeit zum Selbstlernen von Berufsschulstoff. Um die Kontinuität der Ausbildung zu gewährleisten, haben Betriebe ihren Azubis teilweise Einzel-büros zur Verfügung gestellt. Die Versetzung in eine andere Abteilung gestaltete sich schwierig, da eine Einarbeitung nicht immer unter Einhaltung der Abstandsregeln möglich gewesen wäre. Im gewerblich-technischen Bereich wurden die Schicht-pläne auf die neuen Anforderungen hin umgestellt. In einigen Betrieben wurden verstärkt ausbildungsrelevante Schulungen angeboten oder vorgezogen. Insbesondere in Betrieben, die zeitweise geschlossen waren oder jene, die hohe Umsatzrück-gänge erfahren haben, hat diese Umorganisation viel Aufwand gekostet.

In 35 Prozent der Ausbildungsbetriebe arbeiten die Azubis zeitweise oder nahezu vollständig im Homeoffice und werden dabei durch ihre Ausbilder betreut, um Lernfortschritte sicher-zustellen. Vor allem in den kaufmännischen Berufen gibt es ein hohes Maß an digitalen Tätigkeiten, die mit den modernen Kommunikationsmitteln von zu Hause aus erledigt werden können.

Zudem existieren mittlerweile eine ganze Reihe von digitalen Lernangeboten für Azubis. Darunter befinden sich Apps, die bei der Vorbereitung auf Prüfungen helfen. Überdurchschnittlich viele Betriebe aus den Bereichen IT (72 Prozent), Medien (53 Prozent), unternehmensorientierte Dienstleistungen (47 Pro-zent) sowie Banken/Versicherungen (44 Prozent) haben ihren Ausbildungsalltag auf Homeoffice-Lösungen umgestellt.

In zwei Prozent der Betriebe werden die Azubis seit der Krise in Teilzeit ausgebildet. Eine Ausbildung in Teilzeit bietet mehr zeitliche und finanzielle Flexibilität für Unternehmen und Jugendliche und ermöglicht den Erhalt des Arbeitsplatzes in schwierigen Zeiten. Überproportional häufig nutzen Betriebe aus dem Bereich Hotel- und Gaststättengewerbe (sechs Pro-zent) dieses Modell der Flexibilisierung.

Ein Prozent der Unternehmen haben ihren Azubis die tem-poräre Fortsetzung der Ausbildung in einem anderen Unter-nehmen ermöglicht. Hier waren die Unternehmen der Indust-rie (drei Prozent) aktiv. Über alle Branchen betrachtet, befinden sich in vier Prozent der Betriebe Azubis derzeit in Kurzarbeit; im Hotel- und Gaststättengewerbe sind die Azubis von 22 Prozent der Betriebe in Kurzarbeit und in der Medienbranche sind sechs Prozent betroffen. In weniger als einem Prozent der Unternehmen wurde Azubis Corona-bedingt gekündigt.

Nicht jede Empfehlung zur flexiblen Gestaltung von Ausbil-dung passt in jede Branche oder jeden Betrieb. Rechtliche Grenzen müssen beachtet werden. Insgesamt hat sich das duale Ausbildungssystem als sehr flexibel gezeigt.

5

0,3

1

2

4

35

75

0 10 20 30 40 50 60 70 80

Sonstiges

Wir mussten Auszubildenden kündigen

Verbundausbildung / Azubi-Sharing

Fortsetzung der Ausbildung in Teilzeit

Azubis sind in Kurzarbeit

Gelegentlich im Homeoffice / arbeiten mobil

Die Ausbildung läuft normal im Betrieb weiter

Wie wirkt sich die aktuelle Situation auf Ihren Ausbildungsalltag aus? (in %, Mehrfachantworten möglich)

Page 10: 2020 DIHK Ausbildungsumfrage A4 Lay4 · Juli 2020 Der DIHK hat erneut die Unternehmen zu ihren Ausbildungserfahrungen und -plänen befragt. In der Zeit vom 15. bis 19. Juni 2020 konnten

10 | D I H K A U S B I L D U N G S U M F R A G E 2 02 0

Digitalisierung nutzenDie Krise hat in vielen Branchen die Chancen der Digitalisierung in den Fokus gerückt. Vielerorts haben sich Arbeitsweisen verändert und viele Unternehmen berichten, dass sie einen deutlichen Digitalisierungsschub erlebt haben. Die gestiegenen Digitalisierungsanforderungen verstärken den Fachkräftebedarf in vielen Branche und insbesondere im IT-Bereich. Hier wird deutlich, dass die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirt-schaft maßgeblich von ihrer technologischen Innovationskraft und der Verfügbarkeit von Fachkräften abhängt.

Als die Berufsschulen während der Pandemie geschlossen wurden, zeigte sich schnell, welche Berufsschulen bereits digitale Lehrkonzepten entwickelt hatten, wo Lernplattformen zum Abruf von Aufgaben zur Verfügung standen und benötigte Anpassun-gen der Infrastruktur stattgefunden hatten. Eine zeitgemäße Ausstattung der Berufsschulen ist dringend erforderlich, damit die jungen Fachkräfte am Ende ihrer Ausbildung den Anforderun-gen der modernen Arbeitswelt gewachsen sind und gut vorberei-tet in den Beruf starten können. Die Bundesländer müssen bei der

Umsetzung des Digitalpakts für gute Standards nicht nur an ihren allgemeinbildenden Schulen, sondern auch den Berufsschulen sorgen. Gelder sollten möglichst unbürokratisch fließen.

Im Rahmen der Umsetzung des Digitalpakts der Bundesregie-rung wünschen sich die Ausbildungsbetriebe im IHK-Bereich zu 74 Prozent das Angebot einer Lernplattform für ihre Berufs-schule. Am zweithäufigsten nennen die Betriebe ein Blended Learning-Angebot für ihre Auszubildenden (64 Prozent), also eine Verbindung von Präsenzunterricht in der Berufsschule und begleitendem eLearning. Ein solches Blended Learning-Angebot wird als zeitgemäß betrachtet, hilft in Krisenzeiten und kann dazu beitragen, die Distanz zwischen Betrieben und weiter ent-fernten Berufsschulen zu überbrücken. 52 Prozent der Betriebe wünschen sich die Möglichkeit eines E-Mail-Kontaktes zum Berufschullehrer sowie 30 Prozent ein elektronisches Klassen-buch. Eine konsequente Digitalisierung unterstützt auch die gewünschte engere Zusammenarbeit und bessere Kommunikati-on zwischen Ausbildungsbetrieb und Berufsschulen.

Was wünschen Sie sich von den Berufsschulen im Rahmen des Digitalpakts?(in %, Mehrfachantworten möglich)

6

30

52

64

74

0 10 20 30 40 50 60 70 80

Sonstiges

Elektronisches Klassenbuch

E-Mail-Kontakt zu den Lehrern

Blended Learning(Verbindung Präsenzunterricht + eLearning)

Lernplattform

Page 11: 2020 DIHK Ausbildungsumfrage A4 Lay4 · Juli 2020 Der DIHK hat erneut die Unternehmen zu ihren Ausbildungserfahrungen und -plänen befragt. In der Zeit vom 15. bis 19. Juni 2020 konnten

11D I H K A U S B I L D U N G S U M F R A G E 2 02 0 |

Page 12: 2020 DIHK Ausbildungsumfrage A4 Lay4 · Juli 2020 Der DIHK hat erneut die Unternehmen zu ihren Ausbildungserfahrungen und -plänen befragt. In der Zeit vom 15. bis 19. Juni 2020 konnten

D I H K A U S B I L D U N G S U M F R A G E 2 02 0