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21.01.03 Einführung in die psychologische Methodenlehre Folie Nr. 1 Inhaltsanalyse: Beispiel (Schick, Vollhardt, Herfordt, Groeben & Reiß) Forschungsfrage: Unterscheiden sich Äußerungen von Politikern/innen zu Affären in der eigenen Partei und in anderen Parteien hinsichtlich ihres moralischen ‚Niveaus‘ (nach Kohlberg)? Stichprobe: 43 Interviews mit Politikern/innen in deutschen Tages- und Wochenzeitungen: > Zur Glogowski-Affäre (SPD): 24.11.99 bis ca. Mai 2000 > Zur Kohl-Affäre (CDU): 23.12.99 bis ca. Mai 2000

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21.01.03 Einführung in die psychologische Methodenlehre Folie Nr. 1

Inhaltsanalyse: Beispiel(Schick, Vollhardt, Herfordt, Groeben & Reiß)

Forschungsfrage: Unterscheiden sich Äußerungen von Politikern/innen zu Affären in der eigenen Partei und in anderen Parteien hinsichtlich ihres moralischen ‚Niveaus‘ (nach Kohlberg)?

Stichprobe: 43 Interviews mit Politikern/innen in deutschen Tages- und Wochenzeitungen:> Zur Glogowski-Affäre (SPD): 24.11.99 bis ca.

Mai 2000

> Zur Kohl-Affäre (CDU): 23.12.99 bis ca. Mai 2000

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21.01.03 Einführung in die psychologische Methodenlehre Folie Nr. 2

Inhaltsanalyse: BeispielKategoriensystem

Deduktive Herleitung von Kategorien aus dem Stufenmodell moralischer Urteile von Kohlberg> 1. Strafe und Gehorsam

> 2. Geben und Nehmen

> 3. Gruppenorientierung

> 4. Gesetzestreue

> 5. Sozialvertrag

> 6. Universelle ethische Prinzipien

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21.01.03 Einführung in die psychologische Methodenlehre Folie Nr. 3

Inhaltsanalyse: BeispielErgebnisse

Werden bei der Beurteilung der beiden Affären parteienübergreifend je unterschiedliche Bewertungen vorgenommen? nein

Werden bei der Beurteilung einer Affäre in der eigenen Partei andere Bewertungen vorgenommen als bei der Beurteilung einer Affäre in der je anderen Partei? ja

Kommen bei der Beurteilung einer Affäre in der eigenen Partei ‚niedrigere‘ moralische Maßstäbe zum Tragen, bei der Beurteilung einer Affäre in der anderen Partei dagegen höhere? ja

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21.01.03 Einführung in die psychologische Methodenlehre Folie Nr. 4

Weitergehende Aufbereitung / Auswertungqualitativer Daten

Beschreibung von Einzelfällen Fallvergleich Typenbildung Darstellung der Ergebnisse in Matrizenform Graphische Darstellung der Ergebnisse Häufigkeitsanalyse Statistische Auswertung (unter Anwendung von

Verfahren für nominalskalierte Daten)

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21.01.03 Einführung in die psychologische Methodenlehre Folie Nr. 5

Typenbildung: Definition

Typenbildung ist ein Gruppierungsprozess, bei dem ein Objektbereich anhand eines oder mehrerer Merkmale in Gruppen bzw. Typen eingeteilt wird.

Dabei werden solche Objekte zu Typen zusammengefasst, die sich hinsichtlich bestimmter Merkmale ähnlicher sind als andere.

Am Ende des Gruppierungsprozesses steht eine Typologie, d.h. ein Gesamt verschiedener Typen. Typenbildung ist ein datenreduzierendes Verfahren.

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21.01.03 Einführung in die psychologische Methodenlehre Folie Nr. 6

Typenbildung: Kriterien

Die Elemente innerhalb eines Typus sollen sich untereinander möglichst ähnlich sein (interne Homogenität auf der Ebene des Typus).

Die Typen sollen sich untereinander möglichst stark unterscheiden (externe Heterogenität auf der Ebene der Typologie).

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Empirisch begründete Typenbildung: Vorgehen(Kelle & Kluge)

Stufe 1Erarbeitung relevanter

Vergleichsdimen-sionen

Stufe 2Gruppierung der Fälle und Analyse empiri-scher Regelmäßig-

keiten

Stufe 3Analyse inhaltlicher

Zusammenhänge und Typenbildung

Stufe 4Charakterisierung der

gebildeten Typen

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Typen der Beziehung zw. beruflichem Verlauf und delinquentem Verhalten (Dietz et al., 1997)

Beruflicher VerlaufDelinquenztyp erfolgreich gescheitertdurchgängig mit Delinquenzbelastet

Typ I„Doppel-Leben“

Typ II„Marginalisierung“

Episode Typ III „Episode“

BagatelleKonformität

Gruppe der„Konformen“

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Ansätze qualitativer Forschung

Einzelfallanalyse Deskriptive Feldforschung Gegenstandsbezogene Theorienbildung Handlungsforschung Qualitatives Experiment Dokumentenanalyse Biographische Forschung Erhebung und Rekonstruktion Subjektiver Theorien ...

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21.01.03 Einführung in die psychologische Methodenlehre Folie Nr. 10

Stichprobenziehung in der qualitativen Forschung

Selektives Sampling> Prinzip: Festlegung relevanter Auswahlmerkmale vor der

Datenerhebung> Ziel: Integration aller relevanten Merkmale und

Merkmalsausprägungen

Theoretical Sampling> Fallauswahl und Analyse des Datenmaterials beeinflussen sich

gegenseitig> Prinzip: Minimierung und Maximierung von Unterschieden> Ziel: Ausschöpfung der maximalen Variation im

Gegenstandsbereich

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Gegenstandsbezogene Theorienbildung (Grounded Theory): Grundprinzipien

Datenerhebung und -auswertung überschneiden sich

Theorie soll in den Daten ‚verankert‘ sein(Stichworte: Dichte Beschreibung, Gesättigte Theorie)

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Grounded Theory: Vorgehen

Entwicklung einer Fragestellung / Leitidee

Theoretical Sampling

Datenerhebung im Feld

„stop and memo“

Kodieren

Gesättigte Theorie

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Arten des Kodierens bei derGrounded Theory

Offenes Kodieren: datennahes Kodieren, möglichst nah an der Begrifflichkeit der Befragten

Axiales Kodieren: Anreicherung, Ausarbeitung und zugleich Abstrahierung der Kategorien

Theoretisches Kodieren: Integration aller Kategorien zu einem theoretischen Modell(Erstellen einer Basiskategorie)

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Grounded Theory: Abbruchkriterium

Theoretische Sättigung:Eine gegenstandsbezogene Theorie gilt als ‚theo-retisch gesättigt‘, wenn die Einbeziehung zu-sätzlicher Fälle in die Stichprobe nicht mehr zu einer Erweiterung der Theorie führt. Wenn dieser Punkt erreicht ist, kann zugleich auch die Theorie als vollständig gelten.

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Deskriptive Feldforschung: Zielsetzungen

Vermeidung von Verzerrungen des Gegenstandes, indem> der Gegenstand in seinem natürlichen Umfeld belassen

wird und

> die Forschenden den Gegenstand nicht durch Eingriffe verändern.

Kennenlernen der Innenperspektive der Beteilig-ten

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Deskriptive Feldforschung: Vorgehen

Festlegen der Fragestellung Herstellung des Feldkontakts Materialsammlung Ausstieg aus dem Feld Auswertung (Protokollierung und Aufbereitung)

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Deskriptive Feldforschung: Methoden

Teilnehmende Beobachtung Befragung Aufzeichnungen (apparative Beobachtung) Nonreaktive Methoden: Sammlung von

Dokumenten

Grundprinzip: Die Datenerhebung erfolgt zunächst breit gestreut, dann zunehmend fokussierter.

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Beispiel: Marienthal-Studie

Untersuchung der Auswirkungen von Arbeits-losigkeit im natürlichen Umfeld der Betroffenen

Eine Mitarbeiterin wohnte zwei Monate vor Ort; insgesamt verbrachte die Arbeitsgruppe 120 Tage in Marienthal

Allmähliche Kontaktherstellung durch:> Teilnahme an politischen Aktivitäten> Kleidersammlung> Angebot einer ärztlichen Sprechstunde> Angebote von Kursen

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Marienthal-Studie: Art des gesammelten Materials

Ausführliche Lebensgeschichten von 32 Männern und 30 Frauen

Zeitverwendungsbögen des Tagesablaufes von 80 Personen Inventare von Mahlzeiten in 40 Familien über eine Woche

hinweg Beschreibung der Weihnachtsgeschenke von 80 Kleinkindern Gesprächsthemen und Beschäftigungen in öffentlichen

Lokalen Entleihzahlen in der öffentlichen Bibliothek

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Teilnehmende Beobachtung: Merkmale

Die Beobachtung erfolgt teil- oder nonstandar-disiert, indem lediglich Beobachtungsdimensionen festgelegt werden. Die möglichen Ausprägungen auf diesen Dimensionen werden im Verlauf der Beobachtung ermittelt.

Die Forscher/innen werden selbst zu Mitgliedern des untersuchten Gegenstandsbereichs.

Teilnehmende Beobachtung kann offen oder verdeckt erfolgen.

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Marienthal-Studie: Beobachtungsdimensionen

Stellung zur Arbeitslosigkeit> Wie sah die erste Reaktion aus?

> Was haben die Menschen getan, um Arbeit zu finden?

> Welche Pläne haben die Menschen noch?

> Welcher Arbeitsersatz wird geleistet? ...

Wirkungen der Arbeitslosigkeit> Wirkungen auf den physischen Zustand

> Wirkungen auf die Schulleistungen der Kinder

> Wirkungen auf Kriminalität

> Veränderungen innerhalb der Familie ...

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Deskriptive Feldforschung: Probleme

Handeln im Feld:> Einstieg - Herstellung des Feldkontakts

> Agieren im Feld - Reaktionen auf das Feld

> Gefahr des Distanzverlusts („going native“)

> Ausstieg - Entwicklung der Beziehungen

Auswertung: Materialfülle Ethische Probleme: Doppelcharakter der im Feld

aufgebauten Beziehungen

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Deskriptive Feldforschung: Anwendungsbedingungen

Das Feld muss zugänglich sein. Forscher/innen müssen im Feld eine sinnvolle

Funktion einnehmen können. Forscher/innen müssen geschult sein (Balance

zwischen Anteilnahme und kritischer Distanz). Das Vorhaben muss ethisch gerechtfertigt sein.