#220a
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Der E-Book-Bestseller zum Berlin-Marathon– hier laden und lesen
Nr. 1 bei
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Anz
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Schumacher!
Neulich schwärmten die Kollegen von „Panorama“ mal wieder in diskreditie-render Absicht durch die Hauptstadt, um ehrwürdigen Parlamentariern die bösartige Frage zu stellen, worüber sie denn da beim Euro-Rettungsschirm überhaupt so abstimmten. Ergebnis: Manchem Bundes-Abgeordneten war sein Tun ebenso schleierhaft wie dem Berliner Ober-Piraten Baum, der den Schuldenstand der Hauptstadt mit einigen Millionen bezifferte. Einzel-fälle, natürlich - leider ziemlich viele. Beim „Staatstrojaner“ wären die Ergeb-
nisse garantiert ähnlich; nur so ist die historisch einmalige Lage zu erklären, dass zwei CSU-Innenminister ziem-lich konträre Meinungen haben.
Das einzige, was bei den meisten Volks-vertretern zuverlässig funktioniert, ist der Empörungsknopf, auch deswegen, weil sich mit Lautstärke manch lästige Nachfrage übertönen lässt. Das ist die Methode Uhl. Populistisch zusam-mengefasst: Auf den beiden großen Schlachtfeldern dieser Tage, Ökono-mie und Technik, vor allem bei der
Ahnungslos, aber empörungsbereit
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Kombination aus beidem, sind ausge-rechnet die, die die Regeln aufstellen sollen, von geradezu mitleiderregen-der Ahnungslosigkeit. Die, die darü-ber berichten sollen, leider meistens auch. Schnell mal gucken, wie SPIE-GEL.DE die Sache sieht, was Lobo sagt, Kaden oder Soros und zack, steht die Haltung, jedenfalls bis zum Andruck.
Ist ja auch klar: Wer sich in Digitalien oder Ökonomia wirklich auskennt, wird sich weder in Verlag/Sender noch in Partei/Ministerium/Parlament begeben. Gute Ökonomen verdienen ein Vielfaches in der Wirtschaft, und für Hacker ist es eine Frage der Ehre, auf gar keinen Fall für den Staat zu arbeiten.
Diese Konstellation ist ein wenig unglücklich: Denn wenn die Politik ausgerechnet auf den beiden rege-lungs- und ahnungsbedürftigsten Fel-dern ganz besonders ahnungslos dasteht und die Kontrolleure auch, dann ist mit halbwegs weisen Ent-scheidungen nicht zu rechnen. Die Entscheider liefern sich ein paar Ver-rückten oder Durchtriebenen oder Spezialisten aus, ob sie Assange hei-
ßen, Ackermann, Digitask, CCC, Gold-manSachs oder Vroniplag, die die öffentliche Debatte diktieren, Spins geben und Spaß daran haben, überfor-derte Politiker fröhlich vor sich her zu treiben. Da die meisten Medienvertre-ter ähnlich ahnungslos, aber umso empörungsbereiter sind, wird es leider noch eine ganze Weile so weitergehen.
Print ist tot.
Glauben Sie nicht? Wir auch nicht.
Deswegen erscheint im Dezember die große
Jahresrückblicksausgabe von V.i.S.d.P.
Jetzt bestellen
Limitierte Auflage. 64 Seiten dick. 5 Euro.
In Farbe. Und jetzt kommt’s: auf Papier.
UPDAtE„Warum sieht sich der zweite GF des Vereins, also Hans Leyendeck-er, nicht in der Verantwortung, sondern redet und publiziert zune-
hmend so, als sei der ganze Schlamassel allein die Schuld von Thomas Leif?“ Medien-Professor Michael Haller in einem Brief an den Vorstand des “Netzwerk Recherche”.
„Bei alledem handelt es sich nicht um einen Feldzug gegen Leif,
sondern um den Versuch, den Schaden in Grenzen zu halten,
den ein größenwahnsinniger Vor-sitzender angerichtet hat und gleich-
zeitig, so gut es noch geht, diesen Men-schen zu schützen.” Aus der Antwort-Mail
von Hans Leyendecker.
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Update 9
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Update 9
Das Tagebuch
DIENSTAG
MITTWOCH
MITTWOCH
FREITAG: Die Staatsan-waltschaft Mannheim nimmt die Revision gegen das Urteil des Landge-richts im Fall Jörg Kachelmann zurück. Auch die Nebenklägerin will den Freispruch offenbar nicht weiter anfechten. Damit ist das Urteil rechtskräftig.
FREITAG: Der Chaos Computer Club (CCC) veröffentlicht die Analyse eines von staatlichen Stellen verwendeten Trojaners. Das Programm kann demnach mehr als erlaubt, nämlich nicht
nur abhören, sondern auch Programme ausführen oder zum Beispiel auf die Kamera eines infizierten Computers zugreifen.
DIENSTAG: Bis zum Jahresende soll in Frankreich LE HUFFING-TON POST online gehen, ein Ableger der amerikanischen Seite. MITTWOCH: Nico Hofmann (teamWorx) plant, für SAT.1 Aufstieg und Fall des Freiherrn zu Guttenberg als Satire zu
verfilmen. Die Hauptrolle soll offensichtlich Jan-Josef Liefers übernehmen – der weiß aber noch nichts Konkretes.
MITTWOCH: Konstantin Neven DuMont fordert vom SPIEGEL Unterlassung wegen eines Osang-Porträts über Vater Alfred Neven DuMont. Darin steht unter anderem, der Junior-Chef habe sich bei Geschäftsessen mit Zahnseide das Gebiss gesäubert.
Im Social Medien Ranking misst V.i.S.d.P., welche deutschen Medien am besten in Facebook und Twitter kommunizieren. Diese Woche: Die Top 10 von PRO SIEBEN.
Gewinner der Woche
Siriweil die elektronische iPhone-Assistentin zwar etwas zu devot, aber dafür schlagfertig ist – für eine Maschine. Fordert man sie etwa auf, einen Witz zu erzählen, antwortet Siri: “Kann ich nicht. Ich vergesse immer die Pointe.”
SocialMediaRanking
PRO SIEBEN1 02 Galileo 79.52 03 ProSieben 79.1
3 07 TV Total 75.9
4 43 Switch Reloaded 63.8
5 108 Germany‘s next Topmodel 56.1
6 180 Popstars 49.6
7 206 Comedy Street 48.1
8 302 Broken Comedy 42.4
9 399 Galileo live 36.9
10 457 Red Nose Day 32.7
Verlierer der Woche
Blackberry weil es tragisch war, dem Gerät diese Woche beim Sterben zuzusehen. Tagelang ohne Inter-net – das verzeiht heute kein Kunde mehr, der genausogut ein Android- oder iOS-Handy kaufen könnte.
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Update10
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Zukunft
Bildschirm-SPIEGELDer SPIEGEL testet eine weitere Möglichkeit, eine digitale Ausgabe des Magazins zu verbre-iten, ohne die Kontrolle über die Kundendaten aufzugeben. Neben den iPad- und Android-Apps ist nun für ausgewählte Tester eine Version online, die es möglich macht, das Heft im SPIEGEL-typischen Layout per Browser am Bildschirm zu lesen (ja, genau, ein bisschen so wie V.i.S.d.P.). Das funktioniert technisch gut – vor allem auf einem Tablet-Computer. Eine eigene App könnte so irgendwann überfüssig werden. http://magazin.spiegel.de
Update 11
LEUtE
Harald Schultz wird neuer Wirtschaftsressortleiter bei der Nachrichtenagentur DAPD. Vorgänger Michael Beumer wechselt zu FINANZTEST, Melanie Ahle-meier ist nun Nachrichten- und Online-Chefin.
Florian Willershausen bekleidet nun das neuge-schaffene Amt des „Interna-tionalen Chefreporters“ bei der WIRTSCHAFTSWOCHE. Er soll die Berichterstattung
des Blattes über globale Themen stärken.
Thomas Rabe, bisher Finanz-vorstand des Bertelsmann-Konzerns, wird neuer Chef und Nachfolger von Hart-mut Ostrowski. Dessen Ablösung kommt überra-schend – offensichtlich hatte er gesundheitliche Probleme.
Karola Wille, die Juristische Direktorin des MDR, soll nun
doch Intendantin werden. Der Verwaltungsrat nomi-nierte sie, nachdem Bernd Hilder von der LEIPZIGER VOLKSZEITUNG im Rund-funkrat gescheitert war.
Franziska „Franzi“ van Alm-sick hat im Frühjahr ein Moderatorentraining absol-viert, weil sie offenbar für die Sonntags-“Sportschau“ in Frage kommt. Große Aufregung!
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rUntEr Vom monItor Sonia Mikich gibt die Moderation des Magazin-
Dinosauriers „Monitor“ ab – sobald ein Nachfolger
gefunden ist. Sie wird Leiterin der „Programm-
gruppe Inland Fernsehen“ des WDR. Udo Grätz
wird neuer Vize-Chef des WDR-Fernsehens.
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Es ist Zeit, die letzten Fragen zu klären.
Welchen Pullover trug Steve Jobs?
Die Antwort darauf ist gerade viel Geld
wert. Einige Hersteller reklamieren den
legendären Turtleneck für sich. Fest steht:
Bei seinem letzten öffentlichen Auftritt im
Juli trug der Apple-Visionär einen 420-Euro-
Kaschmir-Pullover des Berliner Labels
VONROSEN. David von Rosen, Gründer
und Chef des Unternehmes, erklärt, warum
er dennoch nicht von der weltweiten Jobs-
Trauer profitieren wird.
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Titel16
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Herr von Rosen, wie haben Sie erfah-ren, dass Steve Jobs Ihren Pullover trägt?
Zum Konzept von VONROSEN gehört eine kleine, individuelle Kun-denbasis, um die wir uns intensiv persönlich kümmern. Deswegen wusste ich, dass Steve Jobs zum Kun-denstamm gehört und bei uns einge-kauft hat. Aber dass er unseren Pull-over tatsächlich tragen würde, habe ich erst im Nachhinein erfahren. Während seines letzten öffentlichen
Auftritts, der Keynote zur Vorstellung der iCloud im Juni, rief mich ein Freund an und sagte: Es sieht ganz so aus, als ob der Deinen Pulli anhat. Das kann doch nicht sein, oder?
In der offiziellen Jobs-Biografie steht, er habe sich vom japanischen Star-Designer Issey Miyake einen
ganzen Schrank voll Rollkragen-Pullover liefern lassen, die bis ans Lebensende reichen sollten. Hat er auch bei Ihnen einen Schrank voll Kaschmir-Pullover bestellt?
Er soll auch mal eine schwedische Marke getragen haben, so genau weiß man es nicht. Aber auf den Bildern sieht man in unserem Fall eindeutig unser Logo, deswegen können wir uns sicher sein, dass es VONROSEN ist. Für einen ganz Schrank voll hat es bei uns leider nicht mehr gereicht,
aber wir haben das Gefühl, dass unsere Pullover sehr gut angekommen sind. Dabei war es noch nicht einmal ein Rollkragen-Pullover!
Wir haben uns die Fotos natürlich ganz genau angeschaut – „Steve Jobs im Turtleneck“ hieß es schließlich immer. Er hatte zwar auch einen Roll-kragenpullover bei uns bestellt, aber
Der Beweis: das VONROSEN-Logo auf dem Visionärs-Pullover
Titel 17
an diesem Tag trug er einen Rundhals-pullover und darunter ein Stehkra-gen-T-Shirt. Auf den Bildern sah es somit nach einem Rollkragen-Pullo-ver aus.
Welche Folgen hatte es für Ihre Firma?Zwei unmittelbare: Noch während des Auftritts und sofort danach hat-ten wir ein Vielfaches der normalen Auslastung auf unserer Webseite. Man konnte zusehen, wie von Zeit-zone zu Zeitzone die Leute aufgestan-den sind, irgendwo über Steve Jobs lasen und auf unserer Seite landeten. Die zweite Folge war, dass nun nach seinem Tod sehr viele Leute sehr viel über ihn gelesen haben. Die Regist-rierungen und Bestellungen haben stark zugenommen.
Und trotzdem müssen sie die Firma dicht machen?
Ja, schlechtes Timing. Es hätte nicht blöder laufen können. Anson’s, eine Tochterfirma von Peek & Clop-penburg, hat uns beim Landgericht Düsseldorf verklagt. Die Firma hatte Angst vor Verwechselung mit der eigenen Marke „Paul Rosen“. Wir haben uns außergerichtlich geeinigt, was für uns bedeutet, dass wir Ende des Jahres abschließen müssen. Das ist sehr schade, denn es dauert für ein Mode-Label eine ganze Weile, bis man seine Kunden findet und einigerma-
ßen etabliert ist. Das hatten wir nach zweieinhalb Jahren geschafft. Ewan McGregor, Sienna Miller, Jude Law und Karolína Kurková hatten alle unsere Mode an. Dummerweise kommt nun sowas in die Quere.
Immerhin kann Ihnen niemand vorwerfen, Jobs‘ Tod auszuschlach-ten.
Nein, dazu sind wir auch viel zu klein. Wir machen keine schnellle-bige Mode mit diversen Kollektionen pro Jahr, sondern hochqualitative Basics im Luxus-Segment. Ich bin aber einfach froh darüber, dass jemand, der sehr auf Purismus achtet und wunderbar als Kunde zum Label passt, sich für VONROSEN begeistern konnte. Sich auf das zu Minimum begrenzen, sehr puristisch zu designen, das ist auch unsere Philosophie. Einen klas-sischen Kaschmir-Pullover kann man jahrelang tragen. Darum hat es uns sehr gefreut, dass gerade jemand wie Steve Jobs, der sehr pedantisch war, wenn es um den Markenauftritt von Apple ging, der penibel darauf geach-tet hat, dass der Fokus nur auf dem Produkt liegt und nichts ablenkt, unseren dezent gebrandeten Pullover trug.
Titel18
SocialMediaRankingAuf welchem Rang stehen Sie?
http://socialmedienranking.de/
Der Staatsanwalt als Pressesprecher
Der Kachelmann-Prozess ist endgültig vorbei. Was haben wir gelernt?
Gerade die Berufsgruppe der Juristen sollte nicht dazu beitragen, dass die Spirale sich unermüdlich weiterdreht und alles Private zum vermarktbaren Gut wird, argumentieren Deutschlands bekanntest-er Medienanwalt Christian Schertz und sein Co-Autor Dominik Höch. Ein Auszug aus ihrem neuen Buch “Privat war gestern”.
Titel 21
Staatsanwaltschaften galten hinsichtlich ihrer Öffentlichkeitsarbeit über Jahrzehnte als äußerst zurückhaltende, ja vorsichtige Behörden. Nicht selten wurden Anfragen von Journalisten im Zusammenhang mit Ermittlungsverfahren gar nicht beantwortet. Und das geschah nicht von ungefähr. Zwar bestimmt das Pressegesetz der jeweiligen Bundesländer, dass die Behörden den Jour-nalisten gegenüber auskunftspflichtig sind, gleichzeitig heißt es dort aber, das Informa-tionsinteresse der Öffentlichkeit müsse abge-wogen werden gegen den Schutz der Privat-sphäre der von der Auskunft Betroffenen. Nach der damaligen Rechtspraxis gaben die Staatsanwaltschaften nur bei besonders spek-takulären Straftaten Namen von Beschuldig-ten preis. Auch Prominente mussten während des bloßen Ermittlungsverfahrens zu Beginn einer Verdachtslage nicht damit rechnen, dass ihre möglichen Verfehlungen gleich gegenüber den Medien bestätigt wurden.
Dies hat sich geändert. Die Staatsanwalt-schaften haben bei ihrer Pressearbeit aufge-rüstet. So wurde im Fall Kachelmann von der Staatsanwaltschaft nach der Verhaftung eine Pressemeldung herausgegeben, in der von der Festnahme eines Moderators gesprochen wurde. Es dauerte dann nur wenige Minuten, bis die Boulevardpresse wusste, dass es sich um Jörg Kachelmann handelte. Auch im Fall der wegen des Verdachts der Körperverlet-zung festgenommenen No-Angels-Sängerin Nadja Benaissa gab die Staatsanwaltschaft eine Pressemeldung heraus und löste damit eine geradezu mittelalterliche mediale Hexen-
jagd aus, die einer Vorverurteilung der Künst-lerin gleichkam. Damit nicht genug: Der Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Darm-stadt, die für die Festnahme der Sängerin zuständig war, gab Fernsehsendungen wie »RTL Exclusiv« in der Folge regelmäßig Inter-views, in denen er sich detailliert zum Geschlechtsleben der Verhafteten äußerte.
Was sind die Gründe für diese Entwicklung? Ein zentrales Stichwort in diesem Zusam-menhang ist der aus Amerika stammende Begriff »Litigation-PR«. Man versteht darun-ter die Begleitung spektakulärer Straf- oder auch Zivilverfahren durch PR-Profis, die die Prozessbeteiligten darin schulen, wie sie durch Öffentlichkeitsarbeit das Bestmögli-che für sich oder ihre Klienten herausholen können. Das heißt, der Strafverteidiger oder auch Zivilanwalt bearbeitet nicht nur den konkreten Fall und vertritt die Interessen seines Mandanten vor Gericht, sondern fun-giert außerdem als eine Art Pressesprecher und versorgt parallel zum Verfahren die Medien mit Informationen, die diese für den jeweiligen Mandanten vereinnahmen sollen. Es liegt auf der Hand, dass die Staatsanwalt-schaften bei dieser Entwicklung nicht mehr einfach nur zusehen wollten, schließlich wären sonst immer nur die Strafverteidiger in den Medien zu Wort gekommen und hät-ten ihre Sicht der Dinge im Interesse des Mandanten geschildert. Insofern erklärt sich, dass die Staatsanwaltschaften neuerdings die Medien nicht nur unmittelbar nach einer Verhaftung informieren, insbesondere bei prominenten Beschuldigten, sondern diese
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auch während des Verfahrens regelmäßig mit Informationen versorgen.
Einem solchen Vorgehen liegt aber ein ekla-tantes Fehlverständnis der Rolle der Staats-anwaltschaften im Rechtsstaat zugrunde. Während Rechtsanwälte und Strafverteidiger einseitige Interessenvertreter ihrer Mandan-ten sind und die unbedingte Pflicht haben, alles Denkbare zu tun, um diese erfolgreich zu vertreten, sind die Staatsanwaltschaften eine neutrale Behörde, die Be- sowie Entlas-tendes zu berücksichtigen hat. Zur unbeding-ten Fürsorgepflicht des Staates gegenüber dem Beschuldigten, später Angeklagten gehört selbstverständlich auch, ihn vor unge-hinderter Presseberichterstattung zu bewah-ren, damit es nicht zu einer Medienhatz und Vorverurteilung kommt. In zahlreichen Fäl-len in der Vergangenheit, in denen dies nicht gelungen war, stellten die Gerichte bei der Strafzumessung dann auch fest, dass durch die mediale Vorverurteilung – nicht selten befördert durch die Pressearbeit der betref-fenden Staatsanwaltschaft – bereits eine Teil-buße geleistet worden sei, so dass die Strafe milder ausfallen müsse. So hat beispielsweise das Landgericht Bochum bei der Strafzumes-sung für den angeklagten Ex-Postchef Klaus Zumwinkel argumentiert.
Gerade die Berufsgruppe der Juristen sollte nicht dazu beitragen, dass die Spirale sich unermüdlich weiterdreht und alles Private zum vermarktbaren Gut wird. Sie sollte viel-mehr das schützen, wofür sie zuständig ist: den Menschen und das ihm zustehende Recht
auf eine Privatsphäre. Oft sind es überhaupt nur noch die Rechtsanwälte und Gerichte, die den Einzelnen mittels zivilrechtlicher Verfahren vor der ungehinderten Veröffent-lichung von rechtlich unzulässigen Fotos und Details aus dem Intim- und Privatleben bewahren können. Hierauf sollten sich die Akteure in der Justiz wieder beschränken, anstatt durch ausgeklügelte PR-Strategien dazu beizutragen, dass die beschriebene Fehl-entwicklung voranschreitet.
Auszug aus: Christian Schertz und Dominik Höch: Privat war gestern: Wie Medien und Internet unsere Werte zerstören. Ullstein Buchverlage, € 19,99 [D], € 20,60 [A], sFr 27,90. ISBN-10: 3550088620, ISBN-13: 9783550088629
Titel 23
Unser Kolumnist Jaap Biemans ist einer der besten Art Direktoren der Niederlande. In seinem Blog Coverjunkie.com sammelt er be-sonders gelungene und außergewöhnliche Zeitschriften-Titelseiten. In V.i.S.d.P. präsentiert der Coverjunkie von nun an ein Mal im Monat seine zehn Lieblings-Cover.
Editorial 25
Coverjunkie’s Top 10
LIBÉRATION (Frankreich):Wow! Ikonisch! Eine Träne und ein Apfel.Ich libe grafische Cover wie dieses, es hängt ganz von einer tollen Idee ab.
Coverjunkie’s Top 1026
WELT KOMPAKT (Deutschland):Das ist kreatives Denken: Etwas außergewöhn-liches aus einem gewöhnlichen Porträt machen, indem man eine Spiegelung auf sein Gesicht projiziert.
Coverjunkie’s Top 10 27
ÉPOCA (Brasilien);Eine Spitzen-Variation. man zeigt nicht Steve Jobs’ Gesicht, sondern stattdessen seine Brille, ganz zer-brechlich.
Coverjunkie’s Top 1028
Foto: FHagena
XLSEMANAL (Spanien):Welch ein beeindruckendes Foto. Schade, dass diese Zeilen da stehen, die wären gar nicht nötig gewesen.
Coverjunkie’s Top 10 29
THE NEW YORKER (USA):Wirklich lustig, dieses Cover hat mich zum lachen gebracht. Beruhi-gend, dass Humor bei so ernsten NAchrichten eine Möglichkeit ist.
Coverjunkie’s Top 1030
Foto: FHagena
THE TIMES (Großbritannien):Eine schlaue Art, eine wunderschöne Zeitungs-Titelseite zu gestalten: Acht Seiten ergeben ausgefaltet ein Poster (Hier als Animation zu sehen).
Coverjunkie’s Top 10 31
THE GUARDIAN G2 (Großbritan-nien) und TIME (USA, rechts):Nochmal: Steve und sein Gadget. Diese Fotos sagen mir: Im Leben geht es darum, Spaß zu haben an dem, was man tut
Coverjunkie’s Top 1032
BILLBOARD (USA):Wunderschön. Dazu sehr kleine Head-lines, und schon hat man eine Gedenk-ausgabe.
Coverjunkie’s Top 1034
BLOOMBERG BUSINESSWEEK (USA): BLOOMBERG gestaltet zur Zeit die besten Cover. Die Story ist ziemlich spektakulär (und zeigt, wie aufregend Magazin-Machen sein kann): Eine halbe Stunde vor Redaktionsschluss erfuhren die Bloomberg-Jungs die Nachricht und entschieden, eine völlig andere Ausgabe zu machen. Ein neues Magazin in ein paar Stunden – Chapeau!
Coverjunkie’s Top 10 35
V.i.S.d.P. – Magazin für MedienmacherChefredakteur: Sebastian EsserHerausgeber: Dr. Hajo SchumacherDesign: Markus NowakRedaktion: Till Schröder, Wendelin Hübner, Susan Mücke, Frank Joung, Patrick WeisbrodLektorat: Carla MönigAnzeigen: [email protected]: http://www.visdp.de/magazin/mediadaten/Adresse: Lietzenburger Straße 51, 10789 BerlinTelefon: 030 2196 27287E-Mail: [email protected]
Der Tipp
Kunst guckenAuch wer keinen einzigen Künstler kennt, kennt doch . Deutschlands teuerster lebender Maler ist notorisch schweigsam. Um so erstaunlicher ist der Dokumentarfilm, den gedreht hat. Darin redet er die ganze Zeit. Jetzt im Kulturkino ihres Vertrauens. (Kul-turkinos? Gibt‘s die noch?)
Verlosung
Wahnsinn Wüste
Christian Schiester war bis zum 20. Lebens-jahr schwerer Trinker; er wog 100 Kilo und rauchte 40 Zigaretten am Tag. Nun ist er stattdessen Extremläufer und rennt durch Wüsten, Dschungel, Antarktis und Bergmas-
sive. In „Sich die Welt erlaufen – Wahnsinn Wüste“ beschreibt er die psychischen und physi-schen Extremzustände, die damit gezwungener-maßen einhergehen. V.i.S.d.P. verlost ein Exemplar inklusive Promo-DVD: [email protected].
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