24. Jahrgang - POLITIK UND UNTERRICHT · 2006. 10. 11. · 1/1998 l1.Quartal l 24.Jahrgang...

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1/1998 l 1. Quartal l 24. Jahrgang S P R A C H E,,Politik und Unterricht” wird von der Landeszentrale fürpolitische Bildung Baden-Württemberg herausgegeben.

Herausgeber und Chefredakteur:

Siegfried Schiele, Direktor der Landeszentrale für politischeBildung Baden-Württemberg

Redaktionsteam:

Otto Bauschert, M.A., Oberregierungsrat, Landeszentrale fürpolitische Bildung, Stuttgart (geschäftsführender Redakteur)

Ernst-Reinhard Beck, Oberstudiendirektor, Direktor desFriedrich-List-Gymnasiums Reutlingen

Judith Ernst-Schmidt, Studienrätin, Werner-Siemens-Schule(Gewerbliche Schule für Elektrotechnik), Stuttgart

Ulrich Manz, Rektor der Schiller-Schule Esslingen

Horst Neumann, Ministerialrat,Ministerium für Umwelt und Verkehr Baden-Württemberg,Stuttgart

Angelika Schober-Penz, Studienassessorin, Ministerium fürUmwelt und Verkehr Baden-Württemberg, Stuttgart

Karin Schröer, Reallehrerin, Eichendorff-RealschuleReutlingen

Anschrift der Redaktion:70184 Stuttgart, Stafflenbergstraße 38,Tel. (0711) 2371-388/-378, Telefax (0711) 2371-496

Politik und Unterricht Wie sage ich, was ich meine?erscheint vierteljährlich

Preis dieser Nummer: DM 5,-

Jahresbezugspreis DM 20,-. Unregelmäßig erscheinendeSonderhefte werden zusätzlich mit je DM 5,- in Rechnunggestellt.

Baustein CPolitisches Reden

Verlag: Neckar-Verlag GmbH78050 Villingen-Schwenningen, Klosterring 1

1 (Alle Bausteine: Dr. &kkehard Felder)

Druck: Baur-Offset GmbH & Co.78056 Villingen-SchwenningenLichtensteinstraße 76

Namentlich gezeichnete Beiträge geben nicht unbedingt dieMeinung des Herausgebers und der Redaktion wieder.

Nachdruck nur mit Genehmigung der Redaktion.

I N H A L T

UND POLIT IK

Vorwort des Herausgebers 1

Geleitwort des Ministeriumsfür Kultus, Jugend und Sport 2

Autor dieses Heftes 2

Unterrichtsvorschläge

Einleitung 3

Baustein AKommunikation im Alltag 4

Baustein B8

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vorwortdesHerausgebers

Wir verständigen uns durch Sprache. Das gilt nicht nur für diealltägliche Kommunikation zwischen den Menschen, auch poli-tisches Handeln geschieht im Medium der Sprache. Deshalbhat Sprache einen großen Stellenwert für die Politik und diepolitische Bildung; für eine lebendige Demokratie ist sie gera-dezu lebenswichtig. Es ist deshalb sinnvoll, daß sich ,,Politikund Unterricht“ nach fast zwanzig Jahren wieder mit diesemgrundlegenden Thema befaßt.

Im ersten Teil des Heftes geht es darum, die elementare Be-deutung von Kommunikation für unser alltägliches Zusammen-leben zu erkennen. Die anschaulichen Materialien zeigen, wiewir uns gegenseitig wahrnehmen, verstehen oder mißverste-hen, aber auch, wie wir uns - verbal oder nonverbal - aus-drücken können.

Für das freie Sprechen gilt der Grundsatz: Reden lernt man nurdurch Reden. Schülerinnen und Schüler sollen ermutigt werden,selbst aktiv zu sein, eigene Reden zu verfassen und sie vor derKlasse oder einer Gruppe vorzutragen. Hilfestellungen für dasSprechen vor Publikum, mögliche Argumentationstechnikenund Beispiele für Schülerreden finden sich in den Materialiendes zweiten Bausteins.

Im dritten Abschnitt werden politische Reden im engeren Sinnevorgestellt. Die Unterrichtsvorschläge enthalten Methoden zurAnalyse und Interpretation. Gerade in einem Wahljahr bietet essich an, diese Verfahren auch für die Beobachtung des Wahl-kampfs anzuwenden. Freilich muß man sich davor hüten, beider Kritik der Politikersprache zu leichtfertig vorzugehen. Esliegt im Wesen der Sprache selbst begründet, daß ihre Begriffeinterpretationsbedürftig sind. Insofern ist es legitim, wenn in derPolitik nicht nur um Inhalte, sondern auch um Worte gestrittenwird.

Es ist offensichtlich, daß sich beim Thema dieses Heftes eineZusammenarbeit der Fächer Deutsch und Gemeinschaftskundeanbietet. Auch wenn für fächerverbindende Projekte mancheHindernisse denkbar sind - die Landeszentrale für politischeBildung, die Redaktion und der Autor würden sich freuen, wenndie Kooperation zumindest versucht würde.

Siegfried Schiele

Direktor der Landeszentrale für politische BildungBaden-Württemberg

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Geleitwortdes Ministeriumsfür Kultus, Jugendund Sport

Auch viele Jugendliche suchen in der Sprache der Politik die Glaubwürdig-keit, die sie eigentlich verdient. Statt dessen sehen sie sich angesichts immerkomplexerer Probleme einem endlosen Wortschwall voller Klischees gegen-über. Er erweckt den Eindruck, als wollten unsere Politikerinnen und Politikermöglichst wenig Konkretes sagen, damit sie nicht im nachhinein, denn Politikzielt stets auf eine unbekannte Zukunft, auf offenkundige Fehlentscheidungenfestgelegt werden können. Ein solcher Umgang mit dem Wort wird alsBeliebigkeit empfunden und trägt zur Politikverdrossenheit bei, gleichgültig,ob er gedankenlos oder absichtlich erfolgt ist.

Dieser fatale Effekt müßte nicht eintreten, wenn die Politikersprache alsInstrument der Politik verstanden und entsprechend bewertet würde. Indembestimmte Wörter im Meinungskampf inhaltlich besetzt und zum Schlagwortoder Slogan gemacht werden, werden sie dem politischen Gegner entzogen,der seinerseits gezwungen wird, mit einem einprägsamen Klischee zuantworten und das eigene Wollen in günstigeres Licht zu setzen. Trotzdemsollten bei allen rhetorischen Gepflogenheiten in der Politik die Worte haftenbleiben und etwas besagen.

Unsere Schülerinnen und Schüler werden in diesem Heft mit unterschied-lichen Kommunikationssituationen vertraut gemacht. Sie erhalten Hilfsmittel,um politische Äußerungen und Reden auf ihren Aussagegehalt zu überprüfen.Wesentlicher erscheint es aber, daß sie darin auch angeleitet werden, selbsterfolgreich zu argumentieren, damit sie sich später einmal kompetent, imSinne sprachlicher und inhaltlicher Glaubwürdigkeit, in den politischenProzeß einbringen können.

Das Ministerium sieht gerade in der Erziehung zu sprachlicher Kompetenzeine der wesentlichen Aufgaben des Unterrichts. Es ist sicher, daß das vor-liegende Heft der Landeszentrale für politische Bildung hierzu im Deutsch-und Gemeinschaftskundeunterricht oder einer Rhetorik-AG einen dankens-werten Beitrag leisten kann, und hofft, daß es bei den passenden Unter-richtssequenzen zur Sprachschulung herangezogen wird.

Rudolf Pfeil

GymnasialprofessorMinisterium für Kultus, Jugend und SportBaden-Württemberg

Autor dieses Heftes

Dr. Ekkehard Felder: bis 1997 Studienassessoram Kepler-Gymnasium Freudenstadt,seit September 1997 Wissenschaftlicher Assistentan der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster

Redaktionelle Betreuung:Ernst-Reinhard Beck, Oberstudiendirektor,Leiter des Friedrich-List-Gymnasiums Reutlingen

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SPRACHE UND POLITIK

Kommunikation über Politik beginnt im Alltag! DiePhänomene Politik(er)verdrossenh ,,PoliticalCorrectness“ (PC) oder die Forderung nach mehrBürgernähe oder Plebisziten machen deutlich, daßsich der einzelne Bürger immer weniger mit derpassiven Rezeption dessen zufriedengibt, was diePolitiker ,,da oben“ sagen und beschließen. Vielmehrist in den letzten Jahrzehnten die Kritikbereitschaftder Bürger immer größer geworden. In Extremfällenkam es jedoch zu einer Abkehr vom politischenLeben, festzustellen z. B. an geringerer Wahlbeteili-gung, Unmutsbekundungen bei Umfragen oderTalk-Shows.

Diese Entwicklung ist wohl teilweise auch durch dasSchwinden von Feindbildern (z. B. mit der Beendi-gung des ,,kalten Krieges“) bedingt, die zuvor eineIdentifikation mit der eigenen Staatsform in stärke-rem Maße ermöglicht haben. Subjektiv sind für deneinzelnen Menschen die Probleme gerade in denletzten Jahren immer größer und bedrohlichergeworden - unabhängig davon, ob der einzelnepersönlich davon betroffen war oder nicht. DieseAngste (z. B. vor Arbeitslosigkeit, Staatsver-schuldung, Einschnitten ins soziale Netz) sind unteranderem auch Ursache für enorme Erwartungengegenüber der Politik und ihren Entscheidungs-trägern, die in dieser Form nicht erfüllt werdenkönnen und infolgedessen Verunsicherung oderauch Unzufriedenheit nach sich ziehen.

Der so entstandene Unmut über Politik im allgemei-nen wird oft unpräzise und recht diffus geäußert.Unklar bleibt oft, welche politischen Ebenen undInstitutionen gemeint sind, da diese für den Laienwegen ihrer Komplexität schwer durchschaubarsind. Vielfach fühlt sich der einzelne Bürger überfor-dert, weil enorme Daten- und Informationsmengenauf ihn einprasseln.

Der Ruf nach Hilfestellungen wird laut; gefordertwird von der politischen Bildung nicht nur die Erzie-hung zu politischem Bewußtsein, sondern vor allemauch die Förderung der Bereitschaft und Fertigkeit,sich politisch zu betätigen und im politischenHandeln Verantwortung zu übernehmen. Bewußt-seinskomponente und Handlungskomponente tref-

fen zusammen: somit rückt das Medium der Ausein-andersetzung und des politischen Handelns in denMittelpunkt, und das ist vor allem die Sprache.

Für die Praxis der politischen Bildung bedeutet dies:der mündige Bürger kann nicht ausschließlich theo-retisch auf der kognitiven Ebene ,,herangebildet”werden, sondern muß Gelegenheit haben, mög-lichst realitätsnah Kommunikationssituationen ein-zuüben. Deshalb werden im Rahmen dieses HeftesMaterialien angeboten, die ein handlungs- undproduktionsorientiertes’ Unterrichtsgeschehen oder- besser noch - Projekte über mehrere Tage ermög-lichen.

Das pädagogische Ziel dieses Heftes besteht darin,Schülerinnen und Schüler zur Auseinandersetzungmit alltäglichen und politischen Kommunikationsfor-men zu motivieren. Anhand der unterschiedlichenTextmaterialien kann beispielhaft das schwierigeVerhältnis verdeutlicht werden, das zwischen derWortwahl, dem damit verbundenen (subjektiven)Begriffsinhalt und dem (gesellschaftspolitischen)Sachverhalt, auf den mit Hilfe der Worte verwiesenwird, besteht. Junge Menschen lernen somit dieVielschichtigkeit sprachlicher Außerungen sowohl inalltäglichen als auch in politischen Kontexten zu er-kennen und zu reflektieren. Dabei gilt es den jewei-ligen Situationszusammenhang, in dem eine Auße-rung vorgenommen wird (sprachlicher und nichtsprachlicher Kontext), ebenso wie die Sprecherab-sichten im Vergleich zu den Hörererwartungen zuberücksichtigen. Die vorgestellten Untersuchungs-methoden dienen in erster Linie dazu, sprachlicheKompetenzen junger Staatsbürger zu trainieren, sodaß sie an politischen und gesellschaftlichen Kom-munikationsprozessen sicherer und selbstbewußterteilnehmen können. Ein wünschenswertes Ergebnisbesteht auch darin, daß Jugendliche sich der Beein-flussungsfaktoren im Rahmen ihrer Meinungsbil-dung bewußt werden und damit gegenüber Indoktri-nationsversuchen ein Stück weit sensibilisiert sind.

Ekkehard Felder

1 Termini der Deutschdidaktik für das Verfassen eigenerTexte, Textteile oder -Varianten nach vorgegebenenMustern oder Anleitungen; vgl. Haas, G. / Menzel, W. /Spinner K.: Handlungs- und produktionsorientierterLiteraturunterricht. In: Praxis Deutsch, 123/94, S. 17-25.

Kommunikation im Alltag

,,Mit Worten läßt sich trefflich streiten“

Mephistopheles. Im ganzen - haltet Euch anWorte!Dann geht ihr durch die sichre PforteZum Tempel der Gewißheit ein.

Schüler. Doch ein Begriff muß bei dem Wortesein.

A4ephistophe/es. Schon gut! Nur muß man sichnicht allzu ängstlich quälen;Denn eben wo Begriffe fehlen,Da stellt ein Wort zur rechten Zeit sich ein.Mit Worten läßt sich trefflich streiten,Mit Worten ein System bereiten,An Worte läßt sich trefflich glauben,Von einem Wort läßt sich kein Jota rauben.

J. W Goethe: Faust I

Ohne Kommunikation ist unser Alltag nicht zu be-wältigen. In aller Regel sind wir uns dessen nicht be-wußt; es sei denn, daß wir-

-

gerade mit eigenen Worten eine uns unbekannteFarbe beschreiben wollen,

die Antwort eines Ortsansässigen auf die Fragenach dem Weg wegen allgemein sprachlicher,mundartlicher oder artikulatorischer Schwierig-keiten nicht verstehen, oder

uns gar in die Lage des Fahrradprofis Jan Ullrichversetzen, der während der Tour de France 1997von Reportern staccatoartig und permanent mitder immer selben Frage über seine Gefühle we-nige Meter vor und hinter der Ziellinie bombar-diert wurde.

Nicht minder faszinierend ist die Eloquenz einesHiFi-Fachhändlers, der uns mit blumigen Wortenden Klang seiner besten Lautsprecher vermittelt.Uns fehlen in solchen Situationen oft die Worte, da,,verschlägt es uns die Sprache”.Betrachten wir zunächst einige Aspekte sprach-licher Kommunikation’. ,,Kornmunikation ist Verstän-digung durch Informationsvermittlung“, lautet einegängige Definition. Im Alltag ist sprachliche Kom-munikation aber auch mehr, nämlich wichtiger Be-standteil unserer sozialen Beziehungen, ohne denwir kaum berufliche oder freundschaftliche Bezie-hungen aufrechterhalten könnten. Darüber hinausbedeutet Kommunikation auch Identität, etwa wennwir uns durch bestimmte Sprechweisen, z. B.Dialekt, spezifischen Gruppen zugehörig fühlen.Außerdem heißt Kommunikation auch Handlungs-beeinflussung, wenn beispielsweise ,,überaktive”Schülerinnen und Schüler zur Ruhe veranlaßt wer-den sollen. Gerade dieses Beispiel verdeutlicht, wiesituationsabhängig Kommunikation ist: wird nichtder ,,richtige Ton“ getroffen, können aus kleinenStörungen folgenreiche Schwierigkeiten entstehen.Schließlich bedeutet Kommunikation auch Kultur,denn unsere technischen und kulturellen Errungen-schaften wären ohne Sprache nicht möglich.Kommunikationsprozesse im Alltag erscheinen unsmeist trivial, so daß uns deren Komplexität erstbewußt wird, wenn Verständigungsprobleme auf-tauchen. Um solche gerade für Jugendliche lösbarerzu machen, ist es notwendig, sich über die Ele-mente und Faktoren von Kommunikation klarzu-werden. Und dies geschieht meist mit Modellen, dieKompliziertes vereinfachen und sich auf wesentlicheAspekte beschränken. In der Folge wird ein Kom-munikationsmodell vorgestellt, das so oder in ver-einfachter Form als Tafelbild im Unterricht einge-setzt werden kann.Miteinander-Reden stellt aus Sicht vieler Schülerkeine Schwierigkeiten dar, vorausgesetzt man drücktsich nicht ,,geschwollen” aus und benützt nicht viele

1 In Anlehnung an Lenke / Lutz / Sprenger (1995), S. 15.

Tafelbild 1: Ein sprachliches Kommunikationsmodell

KommunikativeSituation

(Ort, Zeit, Personen)

Sprachkompetenz Nachrichten

Weltkenntnis/Erfahrungen

Vorstellungen

Absichten/Intentionen

Sprachkompetenz

Weltkenntnis/Erfahrungen

Vorstellungen

Erwartungen/Intentionen

Heinrich Löffler: Linguistische Grundlagen. Eine Einführung. Aarau, FrankfurtfMain: Sauerländer 7991, S. 9.

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Fremdwörter. Diese vereinfachte Sichtweise kannam besten mit Hilfe von Beispielen revidiert werden.Verständigungsschwierigkeiten und Mißgeschickemöglichst anekdotenhaft und wirklichkeitsnah aufzu-zeigen, diese Absicht liegt den ausgewähltenMaterialien des Bausteins A zugrunde.Hier geht es um den Alltagsaspekt der Kommunika-tion. Die zwischenmenschliche Kommunikation voll-zieht sich in der Lebenspraxis im Rahmen vonsozialen Situationen. Verschiedene kommunikativeRahmenbedingungen verlangen unterschiedlicheSprech- und Handlungsweisen. Aufgrund dessenfindet der Zusammenhang zwischen - einerseits -Sprachverhalten in spezifischen Situationen und- andererseits - den die Sprechsituation kennzeich-nenden Merkmalen immer mehr Beachtung; d. h.Verhaltensregeln für die Kommunikation gewinnenan Bedeutung. Wer demnach die zur jeweiligenSituation passenden Sprach-Verhaltensregeln (odervom Gegenüber als passend eingeschätzte) kenntund zu handhaben versteht, der kann auch in politi-schen Kommunikationssituationen bewußt ein-gehaltene oder aus taktischen Gründen verletzteRegeln benennen, während für ungeschulte Zuhörerdie Kriterien der Situationsangemessenheit weder,,greifbar” noch explizierbar sind und lediglich eindiffuses Unbehagen zurückbleibt.Die verschiedenen Sprech- und Verhaltensmusterinnerhalb der Verständigung über Angelegenheitendes Alltags sind mit Hilfe der Materialien nicht nurkognitiv erfaßbar, sondern können im Unterrichtauch produktiv und handlungsorientiert ,,nachge-stellt” werden, damit die Grundlagen kommunikati-ver Prozesse für Schülerinnen und Schüler erlebbarwerden. Je besser Muster der Alltagskommuni-kation verinnerlicht werden, desto leichter fällt derTransfer in den politischen Bereich aus (Bausteine Bund C). In diesem Zusammenhang müssen auchinterkulturelle Kommunikationsprobleme angespro-chen werden. Diese können als präventive Maß-nahme gegen Fremdenfeindlichkeit eingesetzt wer-den, so daß Schülern und Schülerinnen deutlichwird, daß aufgrund unzureichender Vorkenntnissegroße Mißverständnisse entstehen können. Implizitlernen und erfahren junge Staatsbürger die Relati-vität der Wertmaßstäbe (siehe das Beispiel ,,Küssenverboten?“).Ziele

Verschiedene Elemente und Faktoren der ver-balen und nonverbalen Kommunikation erkennenund verstehen;die Bedeutung alltäglicher Kommunikation fürunser psychosoziales Zusammenleben erlebenund einschätzen;gelernte Kommunikationsregeln anwenden unddie Ausdrucksfähigkeit in alltäglichen Gesprächs-situationen verbessern (üben, von einer konkre-ten Kommunikationssituation zu abstrahieren);die Bedeutung des Äußerungskontextes für das,,Gelingen“ von Kommunikation (Ubereinstim-mung der Sprecherabsicht und der Hörererwar-tung) erfassen.

Unterrichtspraktische Hinweise

1. Kommunikation mit Worten (A 1 bis A 15)

Als Einstieg kann die Beschreibung der beidenBilder (A 1, A 2) dafür verwendet werden, Jugend-liche ihr Vorwissen über Miteinander-Reden, Sich-Verstehen und sonstige Aspekte der alltäglichenKommunikation austauschen zu lassen. Insbeson-dere das Foto zum ,,Meinungstausch” zwischenFußballspielern (A 2) bietet sich als Impuls für einEinstiegsgespräch an. (Frage: Wieviel ,,Meinung“wird hier tatsächlich ausgetauscht?)Für die Konzeption des Grund-Bausteins ist derTransfer von Beispielen aus der Alltagswelt in denpolitischen Weltausschnitt wichtig. Die Schüler er-kennen auf diese Weise die Grenzen sprachlicherMittel, die durch den jeweiligen Situations-zusammenhang gegeben sind. Was sie zunächstanhand von Alltagsbeispielen intuitiv erahnen, wer-den sie anschließend auch in Bezug auf politischeKommunikation verstehen.

In diesem Sinne gilt es in A 3 eine alltägliche Ge-sprächssituation zu entschlüsseln. Dabei könntendie in A 4 erwähnten Aspekte einer Nachricht (Sach-inhalt, Selbstoffenbarung, Beziehung, Appell) imGespräch herausgearbeitet und an der Autofahr-Szene konkretisiert werden. Mögliche Erläuterungensind:Sachinhalt Zustand der Ampel: sie steht auf grünSelbst- Der Mann hat es eiligOffenbarungBeziehung Der Beifahrer glaubt, seiner Frau helfen

zu müssenAppell Der Mann will die Frau beeinflussen

und drängen, schneller zu fahren

Im Anschluß daran könnte das Modell der ,,vierSeiten einer Nachricht“ mit Beispielen aus demeigenen Erfahrungsschatz der Jugendlichen ver-sehen werden. So knüpfen auch A 5 und A 6 an All-tagserfahrungen von Jugendlichen an, bevor in A 7das bisher Gelernte dergestalt angewendet werdensoll, daß die Schüler das Schaubild mit denBezeichnungen ,,Selbstoffenbarung” (links oben),,,Sachinhalt” (rechts oben), ,,Appell“ (rechts unten)und ,,Beziehung” (links unten) beschriften.

Mit Hilfe der Parabel ,,Der Zirkus brennt” (A 8) kön-nen die Faktoren ,,erfolgreichen” Kommunizierensanschaulich gemacht werden, indem ein Beispielmißlungener Kommunikation näher untersucht wird.Als Einstieg bietet es sich an, die Parabel vorlesenzu lassen, die Mitschüler sollten ,,nur“ - ohne Text-vorlage - zuhören. “Damit wird die Aktivität aufSchülerseite verlegt.

Folgende Fragen sind möglich:

1. Welche Überzeugungsmittel wendet der Clownim einzelnen an? (Antwort: sprachliche und nicht-sprachliche; siehe Tafelbild 2, S. 6)

2. Woran scheitert er letztlich? (Antwort: an derHörererwartung!)

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3. Welche alternativen Möglichkeiten der Über-zeugung hätte er gehabt? (Antwort: z. B. sich ab-schminken).

Das folgende Tafelbild kann mit Hilfe der Klasse ent-stehen. Es dient der Ergebnissicherung; gleichzeitigwird das Sender-Empfänger-Modell eingeführt bzw.wiederholt. Mit Hilfe der Clown-Geschichte wird an-schaulich, wie wir bestimmte Lebenssituationenauch ohne Worte sehr wohl verstehen und deutenkönnen, und zwar aufgrund unseres Vorwissens undunserer alltäglichen Erfahrungen.

In der Folge dürfte es den Schülern nicht sehrschwerfallen, die im Schaubild A 9 genanntenGrundfunktionen der Sprache (nach Karl Bühler1934) in Beziehung zur Parabel zu setzen. 2 stehtfür Zeichen, also die Symbolhaftigkeit unserer Spra-che. Mit Hilfe der Sprachzeichen (Wörter und Sätze)will der Clown die Dorfbewohner zur Tat bewegen,somit sind in Bezug auf die Parabel folgendeSprachfunktionen denkbar:

Ausdrucksfunktion Der Clown benötigt HilfeDarstellungsfunktion Der Zirkus brenntAppellfunktion Die Dorfbewohner sollen

beim Löschen helfen

Tafelbild 2: Kommunikationsmodell

Modell eines Kommunikationsprozesses am Beispielder Parabel ,,Der Zirkus brennt”

SPRECHER/ HÖRER/SENDER TEXT 1 ALS AKTION EMPFÄNGER

Clown unterhält

ATEXT 2 ALS REAKTION

HÖRER/EMPFÄNGER

(nicht) sprach-liche Signale

GelächterApplaus 4

Sie spielen SPRECHER/ihre Rolle aus- SENDERgezeichnet”

Tafelanschrieb auf linker und rechter Seitentafel:

Definition:

Kommunikationist Verständi-gung durchInformations-übermittlung.

Faktoren einer ,,etfolgreichen”Kommunikation

- Glaubwürdigkeit des Sprechers- Bereitschaft des Empfängers, zu

kommunizieren- an die Situation angepaßte Sprech-

handlung, um bestimmte Reaktionenzu erreichen

- Thema und Form der Kommunikationmuß mit Kontext ,,harmonieren”

Die Beispiele in A 9 verdeutlichen ieweils eineSprachfunktion, weitere können von den Schülerngesammelt werden.

Eine andere Sprachfunktion -die phatische - ist ins-besondere für Schülerinnen und Schüler der Se-kundarstufe I von Bedeutung. Sie betont die sozialeFunktion von Sprache: Wir Menschen sind auf denKontakt mit anderen angewiesen, um Bande derGemeinsamkeit und Zusammengehörigkeit zu be-stätigen. Das Bild A 10 soll dafür das Bewußtseinschaffen und bietet vielfältigen Anlaß zur Vertiefung(weitere Beispiele suchen oder familiäre Hinter-gründe in Szene setzen lassen).

Anhand des Gedichtes ,,An die Eltern“ (A 11) kannam Beispiel eines für Jugendliche ansprechendenThemas Eigeninteresse und Fremdinteresse heraus-gearbeitet werden, so daß durch die Bearbeitungdes Gedichtes implizit der Perspektivenwechsel ein-geübt wird. Als Hausaufgabe könnte zur Vertiefungdas Verfassen eines Parallelgedichtes mit dem Titel,,An die Lehrer“ oder ,,An die Politiker” gestellt wer-den. Mit diesem Text kann den Schülerinnen undSchülern eine weitere, leicht nachvollziehbareSprachfunktion verständlich gemacht werden, näm-lich die ästhetische. Diese Funktion spielt beispiels-weise in der Sprache” von Musikstücken (z. B.Sprechgesang) oder in poetischen Werken eine be-sondere Rolle.

A 12 (Die Logbuch-Anekdote), A 13 und A 14 sollendazu beitragen, daß Schüler implizite Botschaftenerkennen und mit versprachlichen lernen. Dies ge-schieht am besten dadurch, daß man die Jugendli-chen weitere Verstöße in vergleichbaren Situationen(z. B. in Gruppenarbeit) erfinden und darstellen läßt.

Mögliche Fragen zu A 72: Welchen Sachverhalt be-schreibt Matrose Schluckspecht? Welche mitge-meinte (implizite) Aussage enthält der Eintrag, undwie kommt diese Wirkung zustande?

Zu den jugendsprachlichen Beispielen (A 15) sindfolgende Fragen denkbar: Welche Ausdrücke sindheute bei Jugendlichen ,,out” und bei Erwachsenen,,in“? Wie müßte eine aktuelle Liste aussehen?

2. Sprechen ohne Worte (A 16 bis A 21)

Durch das Bild mit dem Titel Sprechen ohne Worte“(A 16) wird eindrucksvoll das Paradoxon zwischenverbaler und nonverbaler Mitteilung verdeutlicht.Folgende Arbeitsaufträge können gestellt werden:1. Beschreibe die dargestellte Situation und erkläre

die Überschrift Was fällt dir auf? Kennst du ähn-liche Situationen? Welchen Eindruck hat wohl derBesucher?

2. Beobachte deine Mitmenschen im Alltag (z. B. inder Pause, auf der Straße) aus der Entfernung (sodaß du ihre Worte nicht verstehen kannst) undachte nur auf ihren Gesichtsausdruck, ihre Bewe-gungen etc. Hast du eine Vermutung, ob sie ge-rade etwas Lustiges, Trauriges oder Ernstesäußern und denken?

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3. Ist Köroersorache ein Mittel der Verständiouno(Komm’unik’ationsmittel)? Stelle pantomimischGefühle dar, die Klasse soll sie erraten.

4 Inszeniere mit deinen Mitschülern eine kleineSzene ohne Worte. Die Klasse soll aufgrund vonMimik und Gestik den Inhalt des ,,Stückes“ erra-ten.

Das Foto A 17 (Körpersprache) soll Jugendliche fürkörpersprachliche Signale sensibilisieren. MöglicheAufgabe: Was könnte der Mann mit seinen Händenausdrücken? Samy Molch0 nimmt in seinem Bucheindeutige Zuordnungen vor, die in dieser Eindeutig-keit nicht haltbar sind. Gesten sind konventionellnicht so vereinheitlicht wie Wortbedeutungen. Den-noch können Spekulationen Aufschluß über körper-sprachliche Signale geben, wenn man sie mit dernötigen Vorsicht formuliert. Mögliche Antwort nachSamy Molch0 (S. 178): Der Mann spricht vielleichtvon dem ,,Versuch, die ganze Sache in den Griff zubekommen“.

Die Übersicht A 18 zeigt Körpersignale und ihremöglichen Bedeutungen. Sie kann als Ausgangs-punkt für szenische und pantomimische Ubungenverwendet werden. Am Beispiel der im Computer-Talk häufig verwandten Smilies (A 19) kann man Ju-gendlichen leicht vermitteln, wie wichtig der Blick-kontakt, die Mimik und Gestik beim Gespräch ist.Da diese Aspekte beim Kommunizieren mit demComputer fehlen, werden sie durch Smilies ersetzt,damit es keine oder weniger Mißverständnisse gibt.Mit Hilfe der acht Stile der Kontaktgestaltung(A 20) wird neben der Mimik nochmals die Bedeu-tung der Gestik betont. Der Text A 21 (Der Kanal)faßt zusammen und lädt dazu ein, Beispiele für dieverschiedenen Ebenen des Kommunikationsprozes-ses zu suchen. Beispielsweise kann eine Kom-munikationssituation in Szene gesetzt werden, inder eine Person nur verbal, eine weitere nonverbal,eine dritte paraverbal agiert. Solch eine absurdeoder groteske Situation realistisch darzustellen,macht in aller Regel Spaß und ist besonders ein-prägsam, weil dabei künstlich getrennt wird, wasnormalerweise zusammenfällt.

3. Einander wahrnehmen und verstehen(A 22 bis A 30)

Ausgangspunkt der Beschäftigung mit Wahrneh-mungsphänomenen ist das Nachdenken über ,,rich-tiges” Sprechen und Zuhören. Die Bilderfolge A 22vergegenwärtigt verschiedene Lebenssituationen, indenen das geordnete Verhältnis von Sprechen undZuhören gezeigt werden kann. Text und SchemaA 23 eignen sich als Anleitung für ,,richtiges“Zuhören; die Bedeutung der aufmerksamen Ge-sprächswahrnehmung für das effektive Aufnehmenund Einordnen neuer Informationen wird klar. ZurEinstimmung in den Themenkreis kann das arabi-sche Sprichwort an die Tafel geschrieben werden:

,, Wer viel spricht, erfährt wenig. “

Der Text A 24 berichtet von einem Forschungspro-jekt der Universität Lyon zum richtigen Verhalten inAlltagssituationen; er stellt den Zusammenhang zwi-schen Wahrnehmen, Verstehen und ,,richtigem”Handeln eindringlich dar. Die Jugendlichen könnenselbst weitere Erfahrungen - aus dem Urlaub odervon Auslandsaufenthalten - sammeln.

Die Forschungsergebnisse (A 25) von Watzlawicku. a. (,,Küssen verboten?“) verdeutlichen an einemBeispiel interkulturelle Wahrnehmungs- und Verhal-tensprobleme. Anhand der Frage ,,Welche Bedeu-tung hat ein Kuß in den USA und welche in Großbri-tannien?“ können die Jugendlichen sich selber klardarüber werden, daß ein und dieselbe Verhaltens-weise völlig unterschiedlich wahrgenommen unddamit bewertet werden kann. Der kulturelle Hinter-grund als Erklärungsfolie könnte auch dadurch her-ausgearbeitet werden, daß man die Schüler für diebeiden Länder getrennt in je eine Skala von 1 (=Kennenlern-situation) bis 30 (= intime Beziehung)das Küssen eintragen läßt. Die Einträge müßten inetwa so ausfallen:USA: 1 . . . 5 (= Küssen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30GB: 1 ._._.._................ 25 (= Küssen) . . . . 30

Derartige Beispiele können auch als Anstoß für Dis-kussionen über Verständigung zwischen Menschenunterschiedlicher Herkunft (,,Ausländerproblematik”)verwendet werden.

Der Text ,,Verhalten in Sprechsituationen“ (A 26) er-klärt die unterschiedlichen Erwartungshaltungen,welche den zwischenmenschlichen Umgang er-schweren können. A 27 und A 28 veranschaulichendie Erklärungen mit Alltagsbeispielen, welche dieSchüler durch Ergänzungsaufgaben oder Zuord-nungsaufgaben zur tiefergehenden Auseinanderset-zung motivieren sollen.

Der Aphorismus A 29 kann als Wiederholungsauf-gabe und zur Uberprüfung des Wissens mit folgen-den Aufgaben verbunden werden:1. Warum sagen die Diplomaten nicht genau das,

was sie meinen?2. Sagen Sie immer genau das, was Sie denken?

Warum nicht?3. Erinnern Sie sich an eine Situation, in der Sie ei-

nem sympathischen Menschen etwas Unange-nehmes mitteilen mußten.

Welche verschiedenen Möglichkeiten der Aus-drucksweise hätten Sie gehabt, um ein und densel-ben Inhalt zu formulieren? Mit welcher Absicht undmit welcher vermuteten Wirkung haben Sie sich fürdie eine und gegen & anderen Varianten entschie-den? Zusätzlich kann in Gruppenarbeit eine Szenediese Problematik betreffend erfunden und im Rol-lenspiel dargestellt werden. Der Text von GüntherAnders (A 30) kann auf der Grundlage des Erarbei-teten auf abstraktem Niveau die Schülerinnen undSchüler dazu anregen, die Perspektivenübernahmezwischen Eigen- und Fremdwahrnehmung zu pro-blematisieren: Was der eine ,,summen” nennt, ist fürden anderen ,,gackern“.

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Wie sage ich,was ichmeine?

Über das Reden

Von Martin Luther

Tritt fest auf.mach’s Maul auf,hör bald auf. /

I I

,,Sprich, damit ich dich sehe“ - heißt es in einemSpruch aus der Antike. Mit diesen Worten könnteeine Lehrkraft von einem Schüler oder einer Schüle-rin mehr Mitarbeit im Unterricht einfordern. ,,Wer vielschießt, ist noch kein Schütze!“ und ,, Wer vielspricht, ist noch kein Redner!“ könnte mit Konfuzius’Worten die schlagfertige Antwort ausfallen.

Unabhängig davon, wer in der jeweiligen SituationRecht haben mag, unbestritten ist die enorme Be-deutung der Ausdrucksfähigkeit und Beredsamkeit(Eloquenz) im Rahmen der von vielen Seiten gefor-derten Schlüsselqualifikationen. Für die meistenProbleme, die täglich auf uns zukommen, bestehtder Anfang aller Problemlösung in der simplen Re-gel: Man muß miteinander reden. Damit ist es leidernicht immer getan, oft genug kommen wir zu der Er-kenntnis: Reden hilft nicht (mehr)! Bis aber solch einaussichtsloser Punkt erreicht ist, sind gewöhnlichviele Fehler begangen worden. Vielleicht können ei-nige Materialien dieses Heftes bei Jugendlichenpräventiv wirken.

In der Auseinandersetzung von Mensch zu Menschentscheidet keineswegs nur die Stichhaltigkeit, dieStringenz und die Qualität der Argumentation, son-dern die Erfahrung zeigt, daß die Kunst des treffen-den Ausdrucks zumindest in gleichem Maße dieZuhörerschaft beeinflußt - ob wir dies gut findenoder nicht. Aufgrund dessen sollen die Schülerinnenund Schüler das Rüstzeug erhalten, ihre guten Ar-gumente auch wirkungsvoll ,,hinüberbringen” zukönnen. Es ist zu wenig, die ,,besseren“ Argumenteauf seiner Seite zu haben. Wer im Kampf der Ideenbestehen will, der muß die kritischen Zuhörer über-zeugen; und da ist die Verpackung nicht wenigerwichtig als der Inhalt.

Im Unterschied zur antiken Rhetorikauffassung wirdheute vielfach der Zweck des Redens in den Vor-dergrund gerückt. Die Fragestellung lautet sinn-gemäß so: Mit welchen sprachlichen Mitteln kannich am ehesten einen bestimmten Zweck erreichen?Man spricht für eine Sache, und das Reden gilt alseine ,,soziale Handlung”, die einem übergeordnetenZiel dienen soll. ,,Dieses Ziel ist der Mensch, seineGesellschaft, seine Organisationen, der Betrieb, dieGruppe, die Gemeinde, kurzum alles das, was Men-schen irgendwo und irgendwie zusammenbringt.“’

1 Michael Schiff: Redetraining. München: Wilhelm HeynerVerlag Y990, S. 12.

Von der Rhetorik wird heute außerhalb des wissen-schaftlichen Kontextes in erster Linie erwartet, daßsie anwendbare Techniken zur Verfügung stellt.Auch wenn diese Techniken die Ausstrahlungs- undUberzeugungskraft ebenso wie die Glaubwürdigkeitder Persönlichkeit (das Charisma) nicht zu ersetzenvermögen, so verbessern rhetorische Fähigkeitendoch die Durchsetzungsfähigkeit in unterschied-lichen Lebensbereichen. Ein solches instrumentellesRhetorikverständnis läßt sich am ehesten durch fol-gende Definition zusammenfassen:

,,Rhetorik ist die Wissenschaft, die sich mit derRedekunst beschäftigt. Rhetorik befaßt sich mitder Frage, wie ein Sprecher (Sender) seine Bot-schaft formulieren, ausdrücken und übertragenmuß, damit sie beim Zuhörer (Empfänger) die ge-wünschte Wirkung erzielt.“*

Eine Rhetorik in diesem Sinne beschäftigt sich mitfolgenden Bereichen3:l Psychologie und Kommunikationl Sprache und Wortschatzl Körpersprachel Redefigurenl Redevorbereitungl Aufbaumöglichkeiten einer Redel Gesprächsführungl Technische Hilfsmittel und deren Einsatzl Erfolgreiche Reden

Bei solch einer instrumentellen Sichtweise ist eswichtig, an diverse Formen des rhetorischenMißbrauchs (Stichwort ,,Demagogie“ oder ,,Propa-ganda“) zu erinnern (vgl. Baustein C). Baustein Bversteht sich als kleiner Leitfaden für erfolgreichesReden und Argumentieren, wobei streng unterschie-den werden muß zwischen Redetechnik auf der ei-nen Seite und der Beurteilung des Gesagten auf deranderen Seite. Nicht selten wird gerade auch vonPolitikern der Eindruck erweckt, wer ,,rhetorisch ge-schickt“ (was dies auch immer bedeuten mag) sei,der führe eine schlechte Absicht im Schilde. Daseine hat mit dem anderen nichts zu tun.

In diesem Zusammenhang muß berücksichtigt wer-den, daß Sprechen immer auch eine Handlungs-komponente hat. Wenn wir also politisch aktive undinteressierte Jugendliche als wünschenswert erach-ten, dann muß das Symbolsystem Sprache mitseinen vielfältigen Regeln den Kindern und Jugend-lichen insofern nahegebracht werden, als sieSprechen als eine Form des Handelns erkennen undnatürlich auch selber zum sprachlichen Handeln be-fähigt werden. Bürger setzen Worte zur Durchset-zung ihrer politischen Interessen ein, mit Hilfe derSprache kritisieren und reflektieren sie politischeEntscheidungen: kurzum, sie handeln politisch. In-sofern gehört das Recht, sich zu äußern, ebenso zurPolitik wie die Fähigkeit, seine Interessen überhaupt

2 Riesen, Marcel/Studer, Jürg: Rhetorik - erfolgreich reden.Ein Leitfaden für den Praktiker. Bern: Cosmos Verlag,2. Aufl. 1991, S. 13

3 In Anlehnung an Riesen/Studer (*1991), S. 14

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erst adäquat mit Worten formulieren und damit mit-teilen zu können. Uberspitzt formuliert könnte mansagen: ersteres ist ohne zweiteres nichts wert.

Baustein B will Schülerinnen und Schülern mit Hilfeeines handlungs- und produktionsorientierten An-satzes rhetorische Grundkenntnisse vermitteln. Werselber versucht, eine Rede zu entwerfen und vorzu-tragen, ist bei der Analyse von Reden (vgl. BausteinC) sowohl kognitiv als auch emotional für kom-plexere Zusammenhänge sensibilisiert. Die Jugend-lichen sollen durch die vielfältigen Redebeispieleaus dem Schulbereich motiviert werden, im Unter-richt oder in Projektgruppen eigene Reden mit über-zeugenden Argumentationsmustern zu aktuellenschulpolitischen Debatten vorzutragen.

Ziele

Charakteristika verschiedener Redearten und-formen und Argumentationstechniken kennen-lernen;das Verfassen und Vortragen von Reden als einZusammenspiel von verbaler und nonverbalerKommunikation erleben und den Dialogcharakterzwischen Redner und Auditorium nachvollziehen(emotionales Lernziel);im kleinen Stil Reden entwerfen, vorbereiten undhalten;in Rollenspielen und im Vortragen selbst verfaßterTexte das Sprechen und Auftreten in ,,öffentlichenKommunikationssituationen” einüben (instrumen-telles Lernziel);Reden bzw. Sprechen als eine Form des Han-delns erkennen.

Unterrichtspraktische Hinweise

1. Reden vor Publikum (B 1 bis B 3)

Als Einstieg in den Problemkreis sind die Photos(B 1) gedacht. Es sollen verschiedene Redesituatio-nen vorgestellt werden, die Identifizierung von Red-ner, Zuhörer, Ort oder Zeit ist hier ohne Belang, wo-bei unterschiedliche Perspektiven - nämlich die desAuditoriums einerseits und die des Redners ande-rerseits - besprochen werden können, um dieSchüler auf das Thema einzustimmen. Eine genaueBildbeschreibung fördert vielfältige Gesichtspunkteeiner Redesituation zu Tage, die hier nur stichpunkt-artig erwähnt werden. Auf der Seite des Auditoriumsgibt es aufmerksame und unaufmerksame Zuhörer,nicht alle Zuhörer können den Redner, seine Gestikund Mimik, erblicken, und die Zuhörer können ohneMikrophon allenfalls durch Zwischenrufe auf sichaufmerksam machen (falls diese Form der ,,Ein-bahnstraßen-Kommunikation” so etwas erlaubt).Betrachtet man andererseits die Redner genauer, sofallen z. B. ausdrucksstarke Gesten auf. Der Rednersteht erhöht gegenüber den Zuhörern (Aspekt derMacht oder der Akustik). Für diese vermeintlichenBanalitäten müssen Jugendliche sensibilisiert wer-den, wenn sie als kritische Bürger ein Gespür dafür

entwickeln sollen, welche Person mit welchem An-spruch (Autorität) in welcher Form zu welchen Zuhö-rern (Gleichberechtigte oder Untergebene) spricht.

Das Beispiel B 2, die Rede eines Jugendlichen aufeinem Jugendforum, und B 3, die Erwiderungsredeeines älteren Repräsentanten, sind kurze und ein-drucksvolle Muster, anhand derer erste Auffälligkei-ten als Vorstufe der Analyse gesammelt werdenkönnen. Dabei sollte insbesondere die Wirkung aufdie Zuhörerschaft je nach Altersstufe beleuchtetwerden, so daß Jugendliche erkennen, daß ein zen-trales Problem für Redner in der unterschiedlichenErwartungshaltung und Herkunft des Publikumsliegt (Heterogenität der Adressaten). Aufgrund des-sen bemühen sich Politiker um sogenannte Mehr-fachadressierung, das heißt, sie wollen möglichstviele gesellschaftliche Gruppierungen durch ihreAussagen ansprechen4

2. Verfassen und Vortragen einer Rede(B 4 bis B 9)

Mit Hilfe von fünf Grundregeln der Rhetorik (B 4)können die Schülerinnen und Schüler nicht nur Re-den untersuchen, sondern auch Tips für das eigeneReden erhalten. Dabei ist es ratsam, nicht alle Re-geln als allgemein gültige darzustellen, sondern denJugendlichen die Problematik einer Redeanleitungdahingehend zu verdeutlichen, daß sie beispiels-weise Ratschläge wie ,,Orientiere dich am Stil dergepflegten gesprochenen Sprache” zu relativierenlernen. Für den jugendlichen Redner in B 2 ist dieseMaxime mit Vorsicht zu genießen. An diesem Bei-spiel kann man den kritischen Umgang und die aufdie jeweilige Situation angemessene Umsetzungsolcher Anleitungsversuche erklären. Dennoch stel-len die einfachen und gut nachvollziehbaren Regelneine erste Hilfestellung beim Verfassen eigenerReden dar.

Mit B 5 (Verschiedene Redegliederungen) kann einerster Annäherungsversuch an das Phänomen ,,lchspreche alleine vor vielen anderen“ unternommenwerden. Hier gibt es Bezüge zu Schülererfahrungen,so z. B. dem Bericht des Klassensprechers überSMV-Sitzungen, Schulveranstaltungen oder das Ab-sprechen in der Klasse über den Stand der Vorbe-reitungen eines Klassenfestes oder einer Klassen-fahrt. Auch bei diesen ,,kleinen Reden” lassen sichfolgende Aspekte herausfiltern (vgl. Tafelbild 3,s 10).

Auf der Grundlage der ,,fünf Grundregeln“ der Rhe-torik (B 4) und der Redegliederungen (B 5) könnensich die Jugendlichen nun selber an einer erstenRede versuchen. Das Verfassen einer Rede bietetsich wohl als Gruppenarbeit an, da dort Hemmun-gen am ehesten überwunden werden können.Außerdem kann es ausreichen, wenn alle zusammen

4 Vgl. Kühn, Peter: Adressaten und Adressatenkarussell inder öffentlich politischen Auseinandersetzung. In: Rhetorik11. Jahrgang 1992, S. 51-66.

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Tafelbild 3: Kleine Reden

Sprechanlaß

Zustand

,,lch muß berichten/mit euch klären ...‘L

Bisher haben wirschon . .“

Handlungs-aufforderung

,,Es ist nun so, daß wir . . .

,,Jetzt müssen wirnoch . ..“,,Wer übernimmt . . .“

eine kleine Rede verfassen und nur der oder die,,Mutigste“ die Rede vor der gesamten Klasse hält.Als Thema mit schulischem Bezug könnte beispiels-weise eine Rede für eine Schuljahresabschlußfeierentworfen werden.Arbeitsauftrag: Sammeln Sie zunächst, welche The-men Ihrem Jahrgang besonders wichtig sind; setzenSie sich kritisch mit Mitschülern, Lehrern und Elternauseinander. Bevor Sie die Festrede halten, solltenSie ein Manuskript erstellen, welches Ihnen den Re-devortrag erleichtert. Uben Sie die Rede zunächstvor Ihren Gruppenmitgliedern ein und beachten Siedabei die oben aufgeführten fünf Grundregeln derRhetorik.Zur Bündelung der ersten Eindrücke und Etfahrun-gen mit selbst verfaßten und gehaltenen Reden kön-nen im Anschluß die Redegattungen der Antike -Gerichtsrede, Beratungsrede, Lobrede - dahinge-hend überprüft werden, ob diese Dreiteilung heuteimmer noch die Vielfalt der verschiedenen Redenwiderspiegelt. So lassen sich beispielsweise die Be-ratungs- und Gerichtsrede als Überzeugungsredenzusammenfassen, mit denen man andere von seinerMeinung, seiner Sicht der Dinge, seinen Zielen über-zeugen will. Fordert man die Jugendlichen auf, Bei-spiele aus dem Alltag zu finden, so kann von Re-debeiträgen auf SMV-Sitzungen bis zur Predigt oderdem ,,Wort zum Sonntag“ eine breite Spanne aufge-zählt werden. Die dritte Art der Rede kommt heutebei ganz unterschiedlichen Anlässen vor. Mankönnte sie Festrede nennen, so wie sie auf Taufen,Hochzeiten, auch Trauerfeiern oder bei Dienstju-biläen gehalten wird. Die sogenannten Informations-reden - also Vortrag oder Referat - gab es in der An-tike nicht.

Tafelbild 4: Redegattungen heute

1. Sach- und Fachvortrag2. Rede zu einem bestimmten Anlaß

(z. B. Fest, Jubiläum, Trauer)3. Uberzeugungsrede

Nach der Art der Präsentation kann man zwischenStegreifrede, Stichpunktrede, vorbereiteter und ab-gelesener Rede unterscheiden. Nun können die Ju-gendlichen aufgefordert werden, ihre Erfahrungenals Zuhörer von Reden zusammenzutragen (z. B. dieRede des Rektors zur Begrüßung der Fünftkläßler in

der neuen Schule). Anhand von Beispielen berichtensie über Redner/Rednerin, Redeanlaß, Thema derRede und die allgemeine Situation, in der die Redegehalten wurde. Zusätzlich können sie zu einer vor-läufigen Einschätzung animiert werden, welche derReden ihrer Vermutung nach wohl die schwierigsteForm für den Redner und die Rednerin darstellt. Dieunterschiedlichen Meinungen fördern diverseAspekte der Rhetorik zutage: vom Vorbereiten einerRede (Informationsbeschaffung etc.) bis zum Halteneiner Rede vor Publikum (Artikulation, Nervosität).Die ausführliche Gliederung einer Rede (B 6) stelltumfangreich und differenziert dar, worauf beim Ver-fassen einer Rede zu achten ist.

Das Schaubild ,,Ein guter Rat“ (Seite 11) und dieMaterialien B 7 (Beurteilungskriterien) und B 8 (Ma-rotten), dienen als Anleitung und zur Besprechungund Uberprüfung gehaltener Reden: Zu diesemZwecke könnte anhand von Videoaufzeichnungenüberprüft werden, ob auch berühmte und im Redenerfahrene Persönlichkeiten zu solchen ,,Schwächen“neigen, bevor sich im nächsten Schritt die Schülerzu einer derartigen Analyse ihrer eigenen, mit Videoaufgezeichneten Rede bereit erklären. Das Arbeits-blatt B 7 eignet sich als Ankreuzbogen, um Beob-achtungen strukturiert festhalten zu können.

In diesem Zusammenhang kann auch der Versuchunternommen werden, die Jugendlichen sammelnzu lassen, wann sie langweilige Reden (z. B. Predigt,Lehrervortrag, Elternschelte, Erwachsenenbericht)gehört haben. Diese Erfahrungen und vor allem auf-fallende Merkmale dieser Reden sollen sie unterdem Titel ,,ßatschEige für einen schlechten Redner“zusammentragen. Selbstverständlich bietet es sichan, den gleichlautenden Originaltext von KurtTucholsky anschließend auszugeben und mit denSchülererfahrungen zu vergleichen5

3. Argumentationstechniken (B 10 bis B 12)

Die Schülerinnen und Schüler sollen zuerst die zen-trale Bedeutung der Argumentation in Reden et-fas-sen. Anhand der folgenden Zuordnungsaufgabekann das Verständnis für Argumente geschärft wer-den: ordnen Sie die folgenden Aussagen Argumen-tentypen (B 10) zu:

a) Schon der berühmte österreichische PhilosophLudwig Wittgenstein sagte:,,Wovon man nicht sprechen kann, darüber mußman schweigen.“

+ [auf Autoritäten basierendes Argument]

b) Die Medien sind voll von Berichten über Dieb-stähle an deutschen Urlaubern im Ausland; damitist es doch eindeutig bewiesen: alle Ausländersind Diebe.

+ [auf Vorurteile abzielendes Argument mitfalscher Schlußfolgerung]

5 Kurt Tucholsky: Zwischen Gestern und Morgen. Hamburg:Rowohlt Verlag 1952, S. 103

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c) Sie sind doch geschieden und haben Kinder: mitweichem Recht betonen Sie hier die Bedeutungder Familienpolitik?

+ [auf die Integrität eines Menschenabzielendes Argument]

d) Die Emissionen von Treibhausgasen tragen zurVergrößerung des Ozonloches bei. Je größer dasOzonloch, desto stärker sind die gesundheitsbe-einträchtigenden Wirkungen auf den Menschen.Demnach muß der Schadstoffausstoß reduziertwerden.

+ [aus rein logischen Überlegungen sichergebendes Argument]

e) Wer von uns muß nicht zugeben, schon einmalgelogen zu haben: demnach ist es doch nichtso schlimm, wenn Politiker die Unwahrheitsprechen.

-+ [auf Erfahrungen basierendes Argumentmit fragwürdiger Schlußfolgerung]

Die folgenden Materialien zur Argumentationstech-nik beginnen mit Fünfsatz-Schemata (B 1 l), welcheauch als Untersuchungsgrundlage für die Reden(siehe Baustein C) herangezogen werden können.Die Übersicht B 12 zeigt anhand von Beispielenhäufig (gerade auch in Talk-Shows) vorkommenderhetorische Taktiken, welche exemplarisch anhandeiner Fernsehdebatte (z. B. während des Wahl-kampfs) konkretisiert werden könnten.

4. Beispiele für Schülerreden (B 13 bis B 15)

Auf der Grundlage dieser Untersuchungsraster kön-nen in der Folge Schülerreden als Muster-Redenanalysiert und vorgestellt werden. Die dort behan-delten Themen (Wahl von Vertrauenslehrer oderSchulsprecher, Schülerforderungen zur Gestaltungund Veränderung des Schulgebäudes und -lebens,Schulabschlußreden etc.) können als Anregung fürSchülerarbeitsaufträge verstanden werden. Sindsolche Reden von der Schülerseite verfaßt und ge-halten worden, ist im nachhinein ein Vergleich mitden Redebeispielen B 13 bis B 15 sicherlich inter-essant.

Zu folgenden Thesen können Pro- und Contra-Dis-kussionen mit Kurzreden (Statements) veranstaltetwerden:

Noten in der Schule abschaffen!Wehrpflicht beibehalten!Soziales Pflichtjahr für Mädchen!Wählen mit 16 Jahren!Abitur nach dem 12. Schuljahr!Duales Ausbildungssystem verändern!Gesamtschulen statt dreigliedrigem Schulsystem!

Ein guter Rat

Was man sich merken sollte beim Vortrag einer Rede

Abgang Das Ende ist wichtiger als der Anfang.

Anfang Ein gelungener Start beflügelt, erhöht die Auf-merksamkeit und den Respekt der Zuhörer.

Blickverbindung Augenkontakt ist ein Kontroll- und Kom-munikationsinstrument.

Empatbie Empathie ist die Fähigkeit, sich auf andere ein-zustellen. Sie ist ein Auslöser von Sympathie.

Formulierungen Diszipliniertes Sprechen erfordert diszi-pliniertes Denken.

Gestik Kontrollierte Gesten signalisieren Sicherheit undsind ästhetische Zugaben.

Handhabung der Technik Wer technische Hilfsmittel nichtbeherrscht, macht seinen Vortrag kaputt.

Kleidung Sie ist Teil der Persönlichkeit, sie muß zumImage der Person und zum Anlaß der Veranstal-tung passen.

Körperhaltung Zum Gesamteindruck gehört auch, wasdie Augen des Publikums registrieren.

Mimik Mimik fesselt die Zuhörer und unterstreicht dieAussagen.

Pausentechnik Überlegungs-, Spannungs-, Wirkungs-und disziplinarische Pausen sind dramatur-gische Effekte und gestalten Vorträge interes-sant und spannend.

Schlagfertigkeit Reaktionen können Zuhörer erfreuen,aber auch erzürnen. Die Situation beeinflußt denStil.

Souveränität Souveränität kann man nicht simulieren;überzeugende Sicherheit beinhaltet Leistungund Bescheidenheit.

Substanz Reden ohne Substanz dienen lediglich derSchallwellenerzeugung~.

Stimme Aussagen beeinflussen den Verstand, Stimmendie Gefühle.

Stimmungsfaktor Man darf Gelassenheit nicht mit Läs-sigkeit verwechseln.

Verständlichkeit Wer sich unverständlich ausdrückt, ver-ärgert seine Zuhörer, wird beschimpft oder be-spöttelt.

Wortschatz Die Wörter sind nicht monopolisiert, sie sindfrei verfügbar.

Zeitgefühl Redezeiten werden zum Überzeugen, nichtzum Überziehen vereinbart.

Zielerreichung Ein Redner, der nichts bewirkt, hat etwasfalsch gemacht, oder er war un-redlich<.

Wer diese Empfehlungen beherzigt, wird als guter Rednergesucht und geschätzt werden.

DUDEN. Reden gut und richtig halten! Ratgeber für wir-kungsvolles und modernes Reden. Herausgegeben und be-arbeitet von der Dudenredaktion in Zusammenarbeit mitSiegfried A. Huth und Frank Hantje. Mannheim: Dudenverlag1994, s. 17Of.

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PolitischesReden

,,Alle großen Revolutionen machte die Stimme!” be-hauptet Jean Paul. In der wissenschaftlichen Dis-kussion ist umstritten, ob der Sprache innerhalb derPolitik wirklich solch ein Gewicht beizumessen ist.Nicht minder kontrovers wird diese Frage unter Po-litikern und Publizisten diskutiert. Für die Schulesind beim Thema Sprache und Politik” folgendeAspekte wichtig:

1. Schülerinnen und Schüler sollen erkennen, daßReden von Politikern neben bestimmten Überzeu-gungsabsichten stets auch die Aufforderung zu-grundeliegt, im Sinne des Redners politisch zu han-deln (vom Verhalten im Alltag bis zur Stimmabgabe).Der Umgang mit Informationen über politischeSachverhalte ist von zentraler Bedeutung, damit dereinzelne seine individuellen Interessen überhaupterst geltend machen kann (Schlagwort ,,lnforma-tionsgesellschaft“).

2. Die Jugendlichen lernen wesentliche Eigenschaf-ten von Sprache (z. B. Beeinflussungsmöglichkei-ten) kennen, um sich bei der Meinungsbildung aufdie Inhalte konzentrieren zu können. Der Unter-schied zwischen politischem Inhalt und der sprach-lichen Verpackung muß deutlich werden. Deshalbsollten junge Menschen lernen, daß der einzelne dieSache, von der gesprochen wird, nicht objektiv inWorte fassen kann. Vielmehr deutet man schonbeim Formulieren ebenso wie beim Verstehen: obich ein Glas, das bis zur Hälfte gefüllt ist, mit denWorten ,,halb voll“ oder ,,halb leer“ bezeichne,macht im Alltag nur einen geringen Unterschied. Inpolitischen Zusammenhängen können aber ver-schiedene Bezeichnungen für ein und dieselbe Sa-che sehr wohl Indiz für eine bestimmte Geisteshal-tung sein: Welche Personengruppen bezeichnen einEndlager für radioaktive Abfälle als ,,nuklearen Ent-sorgungspark“, welche als ,,Atommüll-Deponie“?

Diese Unterschiede in der Bezeichnungsart sind fürdie Konzeption dieses Heftes wichtig, weil sie dierelative Beliebigkeit zwischen Ausdruck und Be-griffsinhalt, je nach Sprecher und Situation, deutlichwerden lassen. Wir verstehen eben nicht genau undeindeutig das, was unser Gegenüber mitzuteilen

glaubt. Vielmehr gibt es immer individuelle Unter-schiede im Verstehen von Worten und Sätzen, auchwenn wir uns dessen in aller Regel nur bei gestörterKommunikation bewußt werden. Sprache wirdfälschlicherweise häufig als ein Instrument betrach-tet, das eindeutig und für alle Kommunikationsteil-nehmer unmißverständlich nachvollziehbar sich aufeindeutige Sachverhalte bezieht. Die Relativität desMediums selbst, also die vielen Auslegungsmög-lichkeiten bestimmter Worte und Sätze je nach Er-wartungshaltung, Vorwissen und Einstellung desEmpfängers, muß in der ,,Kommunikationsdemokra-tie” dem mündigen Bürger in stärkerem Maße be-wußt sein. Nur wenn dieses Wissen. unter den Bür-gern weit verbreitet ist, können die Außerungen vonPolitikern mit einer der Sache angemessenen Er-wartungshaltung rezipiert werden. Die Vagheit zwi-schen Ausdruck und Inhalt eines Wortes ist nämlichnicht dem Politiker vorzuwerfen, sondern liegt imMedium Sprache begründet und wird bei der TV-Vermittlung von Politik (,,Telekratie”) aufgrund derZeitknappheit noch verschärft. Ein kritischer Bürgermuß dies wissen und sollte sich um die Präzisierungder Politikerworte dahingehend bemühen, daß ergenauere Informationen über die politischen Zieleund Inhalte von den Verantwortlichen verlangt.

Es gibt keine Objektivität beim Sprechen über Poli-tik. Jedoch formulieren gerade Schüler immer wie-der die Erwartung, man müsse über eine Sacheeben ,,objektiv” diskutieren. Daß Demokratie ver-schiedene Standpunkte und Meinungen verlangt, istrelativ einfach zu vermitteln, daß aber gerade die un-terschiedliche Wortwahl beim Diskutieren Bestand-teil dieser Auseinandersetzung ist, ist oft gar nichtoder nur mit Mühen zu erklären. Die unterschiedli-che Einschätzung des Verhältnisses zwischen Wortund Inhalt je nach politischem Standpunkt auszu-halten, stellt Jugendliche oft vor emotionale Schwie-rigkeiten und die Lehrenden vor Vermittlungspro-bleme. Lernziel soll daher sein, daß jungeStaatsbürgerinnen und Staatsbürger den Gebrauchverschiedener Wörter für dieselbe Sache als grund-legenden Bestandteil der politischen Aus-einandersetzung verstehen lernen. Für Schüler istdabei von Bedeutung, daß sie sich der unterschied-lichen Benennungen bewußt sind, um in Diskussio-nen wortgewandter auftreten zu können.

Wie soll der einzelne Bürger nun aktiv am politi-schen Geschehen partizipieren, wenn er zum Teilvon den Kommunikationsgepflogenheiten im politi-schen Bereich überfordert ist? Wo aber wird derkommunikationskompetente Bürger erzogen, wennnicht in der Sohule oder in der politischen Erwach-senenbildung? Eine Verantwortung, die wohl vieleLehrende mehr als Last denn als Herausforderungempfinden dürften. So gesehen bedürfen wir in derpolitischen Bildung nicht nur der Wissensvermitt-lung, sondern auch des Kommunikationstrainings(vgl. Baustein B). Offensichtlich ist eine eingehendeBeschäftigung mit dem Medium Sprache und dengängigen Kommunikationsregeln und -gebräuchendringend geboten, um die Trennung zwischen Sach-

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verhalt (= Politikinhalt) und ihrer handlungsstrate-gischen Verpackung (also den Formulierungen)transparent machen zu können.

Im Baustein C sollen sich Schülerinnen und Schülermit Hilfe von Auszügen aus Reden Analyseraster er-arbeiten. Das Material enthält ebenfalls Anleitungs-versuche, um von den Schülern Polit-Slogans ent-werfen zu lassen, so daß die Herausbildunganalytischer Fähigkeiten durch instrumentelle unter-stützt wird. Dabei stehen vor allem die zwei gängi-gen Strategien - ,,Begriffe besetzen“ und ,,Eigen-und Fremdzuschreibung von Eigenschaften“ - imVordergrund.

Ziele

Ein Analyseraster entwickeln und die Sprach-fähigkeit (Produktion und Rezeption) verbessern;gängige Strategien im Kampf mit Worten und umWorte kennen und anwenden lernen, so daß derHandlungscharakter von Sprache erfahrbar wird;anhand von politischen Reden rhetorische Mittelerkennen und deren Wirkung einschätzen lernen;am Ende politisch aufgeklärter sein und dieSprachverwendung im Bereich Politik differenzie-ren und zum Teil analysieren können.

Unterrichtspraktische Hinweise

1. Rede-Beispiele aus der Politik (C 1 bis C 6)Eine ,,typische” Redesituation zeigt das Foto (C 1)aus dem Bundestag. Es soll dazu anregen, daß dieSchülerinnen und Schüler ihr Vorwissen und ihreEinschätzungen über Bundestagsreden mitteilen.,,Kritischen“ Stimmen (klischeehaft in der Phrase zu-sammengefaßt: ,,Die reden viel und machen wenig“)kann entgegengehalten werden, daß jeder einzelnedie Wahl zwischen verschiedenen Rednern und da-mit politischen Richtungen hat und gegebenenfallssich selber zu Wort melden kann. Dafür ist allerdingseine genauere Betrachtung der Redestrategien von-nöten.Die folgenden Texte bringen Ausschnitte aus Redenvon Oskar Lafontaine (C 2) auf dem MannheimerSPD-Parteitag im November 1995, Helmut KohlsRegierungserklärung zum sogenannten Sparpaketim April 1996 (C 3) und Roman Herzogs Beitrag zurDebatte über unser Bildungssystem im November1997 (C 6). Die Jugendlichen können zunächst ein-mal intuitiv an die Reden herangehen und Thema,Sinnabschnitte, Schlüsselwörter und Wirkung aufdie Zuhörer benennen. Dabei sollen die Schüler ihreersten Gefühle (gewisse Ohnmacht oder Übet-for-derung) zum Ausdruck bringen, genau so wie siePolitik auch zu Hause vor dem Fernseher oder beieinem flüchtigen Blick in die Tageszeitung wahrneh-men.Ein grundsätzliches Problem bei einem solchen Vor-gehen im Unterricht besteht in der lückenhaftenDurchleuchtung des Rede-Zusammenhangs. Dieganze Rede ist für Schüler nicht zu bewältigen, die

Rahmenbedingungen des Rede-Vortrags müssenvon der Lehrerin oder dem Lehrer so gut es gehtvermittelt werden. Bei der Auswahl der aktuellerenReden der 1990er Jahre wurde deshalb darauf ge-achtet, recht eindrückliehe Rede-Beispiele mitgroßer Öffentlichkeitswirksamkeit zusammenzustel-len, deren politische Einordnung nicht zu schwierigsein dürfte. Zum Hintergrund der Reden:

Oskar Lafontaine wird auf dem SPD-Parteitag inMannheim im November 1995 - für viele überra-schend und wesentlich durch diese Rede initiiert- zum Vorsitzenden der SPD gewählt, nachdemder bisherige Vorsitzende Rudolf Scharping vieleParteimitglieder nicht davon überzeugen konnte,die zu dieser Zeit ,,angeschlagene“ SPD aus derTalsohle herausführen zu können.Bundeskanzler Helmut Kohl muß in seiner Regie-rungserklärung Konzepte zur Sicherung der deut-schen Wirtschaftskraft entwerfen und begründen.Dieses Thema ist auch heute nicht minder aktuellund wird den Bundestagswahlkampf im Jahre1998 wesentlich prägen.Bundespräsident Roman Herzog hat schon imApril 1997 eine viel beachtete Rede mit dem Titel,,Aufbruch ins 21. Jahrhundert“ im Hotel Adlon inBerlin gehalten, in der er programmatisch seineVorstellungen vom Wirtschaftsstandort Deutsch-land entwarf. Im November 1997 stieß er erneuteine politische Debatte an, dieses Mal zumThema Bildungspolitik. Diese Rede ist für Ju-gendliche deshalb besonders interessant, weilsich der Bundespräsident hier auch mit demSchulsystem und seinen Bildungsabsichten aus-einandersetzt.

Das prägnanteste Ereignis in der jüngeren deut-schen Geschichte ist mit Sicherheit der Herbst1989. Aus der Vielzahl der Reden ,,ergiebige” auszu-wählen, ist nicht leicht und sollte sowohl die Ost-und West-Sichtweise berücksichtigen. Der Autor hatsich zum einen für die viel beachtete Rede vonChrista Wolf (C 4) entschieden, die sie am 4. No-vember 1989 auf dem Berliner Alexanderplatz ge-halten hat. Bei dieser Großdemonstration sprachenaußer Christa Wolf auch Stefan Heym und MarkusWolf.Unterstellt man Christa Wolfs Rede, daß sie - wievon vielen Medien bescheinigt - die Stimmung inder DDR-Bevölkerung zu dieser Zeit treffend erfaßtund beschrieben hat (unabhängig von ihrerWertung), so soll mit dem Auszug aus Willy BrandtsRede (C 5) vor dem Schöneberger Rathaus am10. November 1989 eine Stimme der ehemaligenBundesrepublik zu Wort kommen.Ein Vergleich der beiden Reden ergibt interessanteinhaltliche Unterschiede. Christa Wolf als DDR-Schriftstellerin beleuchtet in erster Linie die zwi-schenmenschlichen Beziehungen in der DDR-Gesellschaft und macht ihre Beobachtungen undFeststellungen an sprachlichen Auffälligkeiten fest(z. B. Befreiung der Sprache bewirkt freieresDenken, Anmerkungen zu ,,Wende”, ,,Dialog”,

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,,Wendehälse“ und weiteren Losungen auf Transpa-renten). Sie selber rechtfertigt den Gebrauch vonWorten wie ,,revolutionär“, die im offiziellen DDR-Sprachgebrauch über Jahrzehnte Bestandteil derInstitutionensprache der Machthaber waren. Damitkann der ,,Kampf mit Wörtern und um Worte“ (vgl.C 11) beispielhaft verdeutlicht werden. Einleitungs-und Schlußsatz belegen unter anderem den Hand-lungscharakter einer solchen Rede und betonen dieWirkung von vermeintlich schlichten Slogans wie,,Wir sind das Volk“, die als Integrationslosung Mil-lionen von Menschen ein Zusammengehörigkeits-gefühl zu einer Bewegung vermitteln konnte.

Willy Brandt als Politiker der alten Bundesrepublikrückt neben zwischenmenschlichen Beziehungennoch andere Aspekte (historische Zusammenhängeund Ereignisse, zwischenstaatliche Beziehungen) inden Mittelpunkt seiner Ausführungen. Auf derGrundlage dieses Anschauungsmaterials könnenden Jugendlichen die unterschiedlichen Facettendes schillernden Politikbegriffs nahegebracht wer-den. Darüber hinaus ruft Willy Brandt ins Gedächt-nis, wie schwierig das Aufrechterhalten von Bezie-hungen zwischen Bürgern der beiden Staaten nachdem Mauerbau war - ein Thema, das von ChristaWolf nicht thematisiert wird.

2. Zur Analyse von Reden (C 7 bis C 12)

Der Text ,,Vorsicht Demagogie“ (C 7) soll die Schüle-rinnen und Schüler mit den Möglichkeiten derManipulation vertraut machen. Zunächst kann manin Form von Brain-Storming Jugendliche mit derFrage konfrontieren, ob sie sich selber für beeinfluß-bar halten. In aller Regel weisen junge Menschendies von sich, es kann aber an Beispielen der Grup-penbildung und Identitätsstiftung verständlich ge-macht werden, daß Jugendliche sich von solchenZwängen wohl nicht immer frei machen können, sowie dies bei Erwachsenen ebenfalls der Fall seinkann. Als Lernziel sollte dabei im Mittelpunkt ste-hen, daß Beeinflussung per se nichts Negatives ist,sofern sie sich als bewußte Übernahme einer Mei-nung nach gründlicher Prüfung des Sachverhaltsvollzieht. Zu verwerfen ist hingegen die unbewußteBeeinflussung, sprich Manipulation oder Indoktri-nation. Klassisches und oft zitiertes Beispiel dafürist die Rede von Joseph Goebbels (C 8) im BerlinerSportpalast am 18. Februar 1943.

Die ,,Anregungen zur systematischen Analyse einerRede“ (vgl. rechte Spalte) helfen den Jugendlichen,durch diese Analysekriterien eine für sie unüber-schaubare Rede besser zu erfassen. Diese Hilfestel-lung kann dazu genutzt werden, die Reden in klei-nen Expertengruppen mit unterschiedlichenSchwerpunkten (Inhalt, Redner, Zuhörer und Geg-ner, Kontext der Rede und sprachliche und rhetori-sche Analyse) untersuchen zu lassen. Das Analy-seraster kann je nach Wissenstand und Altersstufegekürzt werden.

Im öffentlichen Bewußtsein werden im allgemeinenSchlagwörter in der Politik als wichtig eingeschätzt.

Anregungen zur systematischen Analyseeiner RedeA Inhalt1. Thema der Rede2. Zentrale These(n)3. Die wichtigsten Argumente (und Gegenargumente)

Wird dialektisch argumentiert?4. Schlüsselbegriffe, Schlagwörter, Kurzformeln5. Entspricht die Argumentation der Wahrheit, der Logik?

6 Der Redner1. Welche Absicht verfolgt der Redner mit seiner Rede?2. In welcher Funktion und vor welchem ideologischen

Hintergrund argumentiert er?3. Welche Sprachakte (z. B. kritisieren, rechtfertigen)

vollzieht er?4. Was offenbart er - bewußt oder unbewußt - über

sich?5. Wirkt er - auch in seinem Auftreten - glaubwürdig?

C Zuhörer und Gegner1. Wer sind die Zuhörer? Bilden sie eine homogene

Gruppe? Sind sie Anhänger oder Gegner desRedners oder indifferent?

2. Welchen ideologischen Hintergrund haben sie ver-mutlich?

3. Welche Beziehung besteht/wird hergestellt zu denZuhörern? Werden sie direkt angesprochen?

4. Wird psychologisch geschickt argumentiert? Wirdmanipuliert? Wie wird der (an- und abwesende)Gegner behandelt?

5. Wie reagieren Zuhörer bzw. Gegner auf die Rede?Wie könnten/sollten sie reagieren?

D Kontext der Rede1. In welcher Situation (Institution, Ort, Zeitpunkt, politi-

sche Lage) wird die Rede gehalten? Was ist voraus-gegangen, was folgt der Rede?

2. Ist die Rede spontan oder vorbereitet? Gehen ihrauch organisatorische Vorbereitungen voraus?

3. Ist sie Teil einer Debatte? Bezieht sie sich auf andereReden? Besteht die Möglichkeit einer Gegenrede?

4. Inwiefern ist die Rede kontrovers? Welche Gegen-positionen zeichnen sich ab?

5. Wie relevant ist die Rede? Wird der Meinungsbil-dungsprozeß beeinflußt? Hat sie Auswirkungen aufdie politische Lage?

E Sprachliche und rhetorische Analyse

1. Welchem Redetyp gehört die Rede an: Gerichts-,Kanzel- oder Parlamentsrede, Wahlrede, Sachvortragoder Festrede, Rede aus dem Volk oder an das Volk,große öffentliche (evtl. durch Medien verbreitete)Rede oder Rede vor ausgesuchter Zuhörerschaft?

2. Welches Element überwiegt: das belehrende(docere), das aufrüttelnde (movere) oder dasschmückende (delectare)?

3. Welche sprachlichen Merkmale hat die Rede?4. Werden rhetorische Figuren gezielt benutzt? Mit

welcher Wirkung?5. Wie ist die Rede gegliedert? Endet sie mit einem ge-

zielten Schlußsatz?

Stephan Gora: Grundkurs Rhetorik. Eine Hinführung zumfreien Sprechen. Stuttgart: Klett Verlag 7992, S. 60.

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Der Text C 11 erklärt deshalb den ,,Kampf mit undum Wörter”. Zur Vertiefung können folgende Ubun-gen durchgeführt werden:

1. Tragen Sie Schlagwörter, Wahlkampfslogans,Plakatparolen etc. zusammen. Befragen Sie auchIhren Bekanntenkreis, ob einzelne Wähler sich anbestimmte Aussprüche erinnern. Dadurch bekom-men Sie gleichzeitig einen Eindruck, wie einprägsampolitische Parolen in Ihrem Bekanntenkreis tatsäch-lich waren.

2. Schreiben Sie in Gruppen einen Slogan mitSchlagwörtern zu einem der unten aufgeführtenThemenvorschläge bzw. politischen Ziele. WendenSie möglichst die beiden Taktiken - ,,Begriffe beset-z e n und ,,Eigen- bzw. Fremdzuschreibung vonEigenschaften“ an. Stellen Sie sich vor, Ihre Gruppehätte sich eines der unten aufgeführten Ziele gesetztund müßte jetzt in der Offentlichkeit für diese Sache

Was ist und was nützt ein Schlagwort?

Als ,,politische Schlagwörter“ werden Wörterdann bezeichnet, wenn sie in öffentlichen Ausein-andersetzungen häufig verwendet werden undwenn sie in verdichteter Form politische Einstel-lungen ausdrücken oder provozieren. Schlagwör-ter und Slogans dienen als Instrument der politi-schen Beeinflussung. Mit ihnen wird versucht,Denken, Gefühle und Verhalten zu steuern. Eineweit verbreitete Auffassung lautet: ,,PolitischeSchlagwörter sind leere Worthülsen.” Doch soeinfach ist es nicht. Dem Schlagwort können dreiFunktionen (in Anlehnung an Bühlers Sprach-funktionen) zugeschrieben werden:

1. Es vermittelt einen ungenauen politischen In-halt.

2. Es bewertet einen politischen Sachverhalt po-sitiv oder negativ.

3. Es will beim Zuhörer oder Leser etwas bewir-ken (Appell).

Wer Schlagwörter verwendet, legt sich aufgrundder inhaltlichen Vagheit kaum fest. Dennoch weißder Politiker oder die Politikerin um die positive(beschönigende) oder negative (abwertende) Wir-kung seiner Worte. Zusammenfassend kann mansagen: Schlagwörter und Slogans zielen auf öf-fentliche Wirkung mit der Absicht, möglichst vieleMenschen für die eigene Sache zu gewinnen.Doch gilt es zu bedenken: ,,Je höher die Präzisionder politischen Begrifflichkeit, je genauer sie einepolitische Vision oder eine gegebene Lage odereine angestrebte Lösung auf einen Begriff bringt,desto geringer wird ihre Integrationsleistung“.Nach Bergsdotf, Wolfgang: Entwicklungslinien der politi-schen Terminologie in der BRD. In: Goppel, % / Lojewski,G.von / Eroms, H. (Hrsg.): Wirkung und Wandlung der Spra-che in der Politik. Symposium an der Universität Passau inZusammenarbeit mit dem Aktionskreis Wirtschaft, Politik,Wissenschaft e.V München vom 25. und 26. November7988. Eigendruck der Universität Passau 1988, S. 27.

werben und die Politiker in diesem Sinne unterDruck setzen.

Suchen Sie Slogans und Schlagworte zu folgendenThemen:l Für oder gegen Tempolimit auf deutschen Auto-

bahnenl Für oder gegen Benzinpreiserhöhung auf 5

D-Mark pro Literl Für ein Jugendzentrum (mit kostenlosen

Proberäumen z. B. für eine Jugend-Band), dasdie Stadt aus Kostengründen und wegen even-tueller Lärmbelästigung der Nachbarschaft nichteinrichten will.

Auch bei Wahlplakaten lassen sich die Verfahren(Begriffe besetzen und Zuschreibung von Eigen-schaften) verdeutlichen. Die für die Reflexion not-wendige Distanz zum Analysieren erreicht manbesser bei alten Wahlplakaten. Auf dieser Grundlagekönnen die Schülerinnen und Schüler dann auchPlakate und Fernseh-Spots aktueller Wahlkämpfeuntersuchen.

LiteraturhinweiseAllhof, Waltraud und Dieter-W.: Rhetorik und Kommunika-

tion. Regensburg: Bayerischer Verlag für Sprechwissen-Schaft 71 988

Bachem, Rolf: Einführung in die Analyse politischer Texte.München: Oldenbourg Verlag 1979

Bergsdorf, Wolfgang: Zur Entwicklung der Sprache der amt-lichen Politik in der Bundesrepublik Deutschland. In:Liedtke / Wengeler / Böke (Hg.): Begriffe besetzen. Stra-tegien des Sprachgebrauchs in der Politik. Opladen:Westdeutscher Verlag 1991, S. 19-33.

Böke, Karin /Jung, Matthias / Wengeler, Martin (Hg.): Öffent-licher Sprachgebrauch. Praktische, theoretische undhistorische Perspektiven. Opladen: Westdeutscher Ver-lag 1996

Braun, Hans: Reden und Araumentieren. Lehrbuch der Rhe-torik und Argumentatio&tech,nik. Zur vertiefenden Erin-nerung und fortwährenden Ubung. Bonn-Bad Godes-berg: Verlagsanstalt des Deutschen Beamtenbundes31992

Bremerich-Vos. Albert: Sprache in der Politik. ReflektierteSprachkritik und Deutschunterricht. In: DiskussionDeutsch 21, 1990, S. 463-478.

Burkhardt, Armin: Das Zitat vor Gericht. Linguistische An-merkungen zur Rezeption eines denkwürdigen Satzesvon Kurt Tucholsky. In: BQke, Karin / Jung, Matthias /Wengeler, Martin (Hg.): Offentlicher Sprachgebrauch.Opladen: Westdeutscher Verlag 1996, S. 138-173.

Burkhardt, Armin: Politolinguistik. Versuch einer Ortsbestim-mung. In: Klein, Josef/Diekmannshenke, Hajo (Hg.):Sprachstrategien und Dialogblockaden. Berlin/New York:de Gruyter Verlag 1996

Daniel, Ute / Siemann, Wolfram (Hg.): Propaganda. Mei-nungskampf, Verführung und politische Sinnstiftung1789-1989. Frankfurt/Main: Fischer Verlag 1994

Dieckmann, Walther: Sprache in der Politik. Einführung in diePragmatik und Semantik der politischen Sprache. Hei-delberg: Winter-Verlag *1975

Diekmannshenke, Hajo / Klein, Josef (Hg.): Wörter in derPolitik. Analysen zur Lexemverwendung in der politi-schen Kommunikation. Opladen: Westdeutscher Verlag1996

16

DUDEN. Reden gut und richtig halten! Ratgeber für wir-kungsvolles und modernes Reden. Herausgegeben undbearbeitet von der Dudenredaktion in Zusammenarbeitmit Siegfried A. Huth und Frank Hantje. Mannheim:Dudenverlag 1994

Felder, Ekkehard: Politisches Bewußtsein durch politischesSprachhandeln: ein Unterrichtsmodell. In: LernspracheDeutsch (LSD). Zeitschrift. Heft l-3/97. Wien: EditionPraesens 1997

Fiehler, Reinhard/Sucharowski, Wolfgang (Hg.): Kommunika-tionsberatung und Kommunikationstraining. Anwen-dungsfelder der Diskursforschung. Opladen: Westdeut-scher Verlag 1992

Geißner, Hellmut: Rhetorik. München: Bay. Schulbuchverlag1973

Greiffenhagen, Martin (Hg.): Kampf um Wörter? PolitischeBegriffe im Meinungsstreit. München: Hanser Verlag1980

Gora, Stephan: Grundkurs Rhetorik. Eine Hinführung zumfreien Sprechen. Stuttgart: Klett Verlag 1992

Götter-t, Karl-Heinz: Einführung in die Rhetorik. Grundbegriffe- Geschichte - Rezeption. München: Wilhelm Fink Verlao21994

Hellinger, Marlies: Kontrastive feministische Linguistik. Me-chanismen sprachlicher Diskriminierung im Englischenund Deutschen. München: Max Hueber Verlag 1990

Hellinger, Marlies: Der Diskurs der Verzerrung. FeministischeSprachpolitik und politische Korrektheit. in: Mutter-sprache 111997, S. 35-46.

Heringer, Jürgen: Holzfeuer im hölzernen Ofen. Aufsätze zurpolitischen Sprachkritik. Tübingen 1982

Heringer, Hans Jürgen: ,Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort‘.Politik - Sprache - Moral. München 1990

Hermanns, Fritz: ,Bombt die Mörder nieder!‘. Überlegungenzu linguistischen Aspekten der Erzeugung von Gewaltbe-reitschaft. In: Diekmannshenke, Hajo / Klein, Josef (Hg.):Wörter in der Politik. Opladen: Westdeutscher Verlag1996, S. 133-161.

Holly, Werner: Was kann Kohl, was Krenz nicht konnte?Deutsch-deutsche Unterschiede politischer Dialogrheto-rik in zwei Fernsehinterviews. In: Rhetorik 11, Tübingen:Niemeyer Verlag 1992, S. 33-50.

Ickler, Theodor: Zur Semantik des politischen Schlagwortes(und anderer Wörter). In: Sprache und Literatur 65.Paderborn: Schöningh Verlag 1990, S. 11-26.

Jung, Matthias: Von der politischen Sprachkritik zur PoliticalCorrectness - deutsche Besonderheiten und internatio-nale Perspektiven. In: Sprache und Literatur 27. Jahr-gang Heft 2, Paderborn: Schöningh Verlag 1996,S. 18-37.

Kilian, Jörg: Sprache in der Politik. Ein einführenderUberblick. In: Praxis Deutsch 21, Nr. 125. Seelze: Fried-rich Verlag 1994, S. 4-l 0.

Klein, Josef: Politische Semantik. Beiträge zur politischenTl;yhverwendung. Opladen: Westdeutscher Verlag

Klein, Josef: Politische Rhetorik. Eine Theorieskizze inRhetorik-kritischer Absicht mit Analysen zu Reden vonGoebbels, Herzog und Kohl. In: Sprache und Literatur75/76, 26. Jahrgang, Paderborn: Schöningh Verlag 1995,1./2. Halbjahr, S. 62-99.

Klein, Josef / Diekmannshenke, Hajo (Hg.): Sprachstrategienund Dialogblockaden. Linguistische und politikwissen-schaftliche Studien zur politischen Kommunikation.Berlin/New York: de Gruyter Verlag 1996

Klein, Josef: Politische Sprachstrategien. In: Jarren, Otfried /Sarcinelli, Ulrich / Saxer (Hg.): Politische Kommunikationin der demokratischen Gesellschaft. Ein Handbuch mitLexikon. Opladen: Westdeutscher Verlag 1998

Kopperschmidt, Josef: Methodik der Argumentationsana-lyse. Stuttgart: Friedrich Frommann Verlag 1989

Kühn, Peter: Adressaten und Adressatenkarussell in deröffentlich-politischen Auseinandersetzung. In: Rhetorik11, Tübingen: Niemeyer Verlag 1992, S. 51-66.

Kurs Rhetorik. Kiel: Eckert Verlag 21995Lemmermann, Heinz: Lehrbuch der Rhetorik. Redetraining

mit Ubungen. Landsberg am Lech: Moderne Verlagsge-sellschaft ‘jl997

Lenke, Nils / Lutz, Hans-Dieter / Sprenger, Michael: Grund-lagen sprachlicher Kommunikation. Mensch, Welt,Handeln, Sprache, Computer. München: Wilhelm FinkVerlag 1995

Liedtke, Frank / Wengeler, Martin / Böke, Karin (Hg.): Begriffebesetzen. Strategien des Sprachgebrauchs in der Politik.Opladen: Westdeutscher Verlag 1991

Molche, Samy: Körpersprache. München: Wilhelm Gold-mann Verlag 1996

Opp de Hipt, Manfred (Hg.): Sprache statt Politik? Politikwis-senschaftliche Semantik- und Rhetorikforschung. Opla-den: Westdeutscher Verlag 1991

Polenz, Peter von: Verdünnte Sprachkultur; Das Jenninger-Syndrom in sprachkritischer Sicht. in: Deutsche Sprache,17. Jg. 1989, S. 289-316.

Riesen, Marcel / Studer, Jürg: Rhetorik - erfolgreich reden.Ein Leitfaden für den Praktiker. Bern: Cosmos Verlaa1991

Schulz von Thun, Friedemann: Miteinander reden 1. Störun-gen und Klärungen. Allgemeine Psychologie der Kom-munikation. Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag1981Miteinander reden 2. Stile, Werte und Persönlichkeitsent-wicklung. Differentielle Psychologie der Kommunikation.Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag 1989

Steger, Hugo: Sprache im Wandel. In: Benz, Wolfgang (Hg.):Die Bundesreoublik Deutschland Band 3: Kultur. Frank-furt. Fischer Taschenbuch Verlag 1983, S. 15-46.

Sternberger, Dolf / Stotz, Gerhard / Süskind, Wilhelm: Ausdem Wörterbuch des Unmenschen. Neue erweiterteAusgabe mit Zeugnissen des Streites über die Sprach-kritik. Hamburg/Düsseldorf: Claassen Verlag 1968

Sternberger, Dolf: Sprache und Politik. Frankfut-t/Main: InselVerlag 1991

Stötzel, Georg / Wengeler, Martin (Hg.): Kontroverse Begriffe.Geschichte des öffentlichen Sprachgebrauchs in derBundesrepublik Deutschland. Berlin: de Gruyter Verlag1995

Strauß. Gerhard / Haß. Ulrike / Harras. Gisela: BrisanteWorter von Agitation bis Zeitgeist. Ein Lexikon zumöffentlichen Sprachaebrauch. Berlin, New York: deGruyter Verlag i989 -

Tannen, Deborah: Du kannst mich einfach nicht verstehen.Warum Männer und Frauen aneinander vorbeireden.Hamburg: Ernst Kabel Verlag GmbH 1991

Trömmel-Plötz, Senta (Hg.): Frauengespräche: Sprache derVerständigung. FrankfurVMain: Fischer-Verlag 1996

Ueding, Gert / Steinbrink, Bernd: Grundriß der Rhetorik.Geschichte, Technik, Methode. Stuttgart: Metzler-Verlag31994

Ueding, Gerb Rhetorik des Schreibens. Eine Einführung.Weinheim: Beltz, Athenäum 41996

Watzlawick, Paul / Beavin, Janet H. / Jackson, Don D.:Menschliche Kommunikation. Formen, Störungen, Para-doxien. Bern, Stuttgart, Wien: Verlag Hans Huber 1969

Wimmer, Rainer: Sprachkritik und reflektierter Sprachge-brauch. In: Sprache und Literatur in Wissenschaft undUnterricht, Heft 51, 14. Jahrgang, Paderborn: SchöninghVerlag 1983, S. 3-l 4.

Zimmer, Dieter E.: Deutsch und anders. Die Sprache imModernisierungsfieber. Hamburg: Rowohlt Verlag 1997

Texte und Materialienfür Schülerinnen und Schüler 1 0 0Landeszentrate für politische Bildung Badöd-Wü~~rnb~rg

S P R A C H EU N D POLITWCBaustein A Kommunikation im Alltag

A l-Al5 Verständigung mit WortenA16-A21 Sprechen ohne WorteA 22 - A 30 Einander wahrnehmen und verstehen

Baustein B Wie sage ich, was ich meine?

B I-B 3 Reden vor PublikumB 4-B 9 Verfassen und Vortragen einer RedeBlO-BI2 ArgumentationstechnikenB13-BI5 Beispiele für Schülerreden

Baustein C Politisches Reden

C I-C 6 Rede-Beispiele aus der PolitikC 7-Cl2 Analyse von Reden und Sprachkritik

Neckar-Verlag GmbH

78050 ViIlingen-SchwenningenKlosterring 1Postfach t 820

aus: Politik und Unterricht

;ileitschtift zwr Gestaitung despolititjschen UntwrkhtsHeft 1/1998

A18 Verständigung mit Worten

1 A 1 - A 30 1 Kommunikation im Alltag /

/ Miteinander reden l-=-l Kommunikationsstörung~~--

Bild: Paul LangrocklZenit

Meinungsaustausch

Bild: dpa

Friedemann Schulz von Thun: Miteinander reden 1. Störun-gen und Klärungen. Psychologie der menschlichen Kommu-nikation. Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag 1988, S. 25

m Die vier Seiteneiner Nachricht

Friedemann Schulz von Thun (1981) unterscheideteine Nachricht in vier seelisch bedeutsame Seiten.

Friedemann Schulz von Thun: Miteinander reden 1 (vgl. A 3),S. 26 ff.

Saupe
Keine Rechte
Saupe
Keine Rechte

Verständigung mit Worten 19

m Ein Hinweis I An klage

Friedemann Schulz von Thun: Miteinander reden 1 (vgl. A 3),s. 55

Friedemann Schulz von Thun: Miteinander reden 1 (vgl. A 3),S. 48 und 50

1 A 7 1 Die vier Ohren des Empfängers

Jede Nachricht enthält ein ganzes ,,Botschaftsge-flecht“, das selten in seiner Gesamtheit vom Emp-fänger wahrgenommen wird. Um eine Nachrichtmöglichst vollständig aufnehmen und richtig ein-schätzen zu können, bedarf es eines ,,vierohriqenEmpfängers“.

Kunde zu Berater: ,,ln meiner vorigen Zweigstellewurde ich immer gut bedient.”

Mutter zur Tochter: ,,Mit dieser Hose willst du zuOpas 70. Geburtstag gehen?“

Text: E. Felder. Schaubild aus Friedemann Schulz von Thun: Miteinander reden 1 (vgl. A 3), S. 45

Saupe
Keine Rechte
Saupe
Keine Rechte
Saupe
Keine Rechte
Saupe
Keine Rechte

A20

m Der Zirkus brennt!

Von Joseph Ratzinger (nach Sören Kierkegaard)

Ein Reisezirkus in Dänemark war in Brand geraten.Der Direktor schickte daraufhin den Clown, derschon zur Vorstellung gerüstet war, in das benach-barte Dorf, um Hilfe zu holen, zumal die Gefahr be-stand, daß über die abgeernteten, ausgetrocknetenFelder das Feuer auch auf das Dorf übergreifenwürde. Der Clown eilte in das Dorf und bat die Be-wohner, sie möchten eiligst zu dem brennenden Zir-kus kommen und löschen helfen. Aber die Dörflerhielten das Geschrei des Clowns lediglich für einenausgezeichneten Werbetrick, um sie möglichst zahl-reich in die Vorstellung zu locken; sie applaudiertenund lachten bis zu Tränen. Dem Clown war mehrzum Weinen als zum Lachen zumute; er versuchtevergebens, die Menschen zu beschwören, ihnenklarzumachen, dies sei keine Vorstellung, kein Trick,es sei bitterer Ernst, es brenne wirklich. Sein Flehensteigerte nur das Gelächter, man fand, er spieleseine Rolle ausgezeichnet - bis schließlich in der Tatdas Feuer auf das Dorf übergegriffen hatte und jedeHilfe zu spät kam, so daß Dorf und Zirkus gleicher-maßen verbrannten.Joseph Ratzinger: Einführung in das Christentum. München:Kösel Verlag (7. Auflage) 1968, S. 76

I Wozu braucht man Sprache?

Traditionell nahm man an, Sprechen sei Jautes Den-ken”. Nach dieser Auffassung dient Sprache dazu,daß eine Person das Ergebnis eines Gedankens ei-ner anderen Person mitteilt. Man teilt allerdings imSprechen nicht nur Sachverhalte oder Feststellun-gen mit (z. B.: ,,lch wohne in der Schubertstraße”).Vielmehr gibt ein Sprecher, indem er etwas mitteilt,mehr von sich zu erkennen, er drückt etwas vonsich, seinen Gefühlen und Gedanken, aus (z. B.:,,lch bin zur Zeit recht einsam“). Außerdem will jederSprecher auch beim Gegenüber, dem Hörer, mit sei-nen Worten etwas erreichen. (Der Sprecher könntez. B. denken: ,,Vielleicht besucht er mich einmal,wenn er um meine Einsamkeit weiß.“)

I Gegenstände und Sachverhalte

f,,,,,*,,,

Ausdruck

Verständigung mit Worten

Es lassen sich also drei Funktionen von Sprache un-terscheiden:

1.

2.

3.

Sprache dient der Darstellung von Sachverhalten:Der Montblanc ist mit 4807 Metern der höchsteBerg Europas.

Mit Sprache kann eine Person ihre Gefühle undGedanken ausdrücken: Ich sehne mich nach Ur-laub.

Mit Sprache kann ich bei meinem Zuhörer eineReaktion auslösen: Die Außerung ,,Es zieht hier,und ich bin erkältet” kann den Hörer veranlassen,das Fenster zu schließen.

Sprache ist also ein Verständigungsmittel. Aller-dings gibt es beim Kommunizieren auch noch an-dere Mittel wie Gestik, Mimik, Berührungen,Gerüche oder Musik.In Anlehnung an Karl Bühler: Sprachtheorie. Die Darstel-lungsfunktion der Sprache. Stuttgart: G. Fischer Verlag; un-gek. Neudruck d. Ausgabe Jena 1934, S. 28

( A 10 1 Sprachlos

Bild: WalterlX-Press

A 11 An die Eltern

Von Klaus Konjetzky

(Ihr kennt das Leben, also laßt es mich kennen-lernen)

1.Ihr sprechtvon der Verantwortung, die ihr für mich habt -aber ihr wallt nur,daß ich so werde wie ihr.

2.Ihr sagt,ich sollte mich mehr für Kultur interessieren -aber euch interessieren nichtdie Lieder der Rolling Stones.

Saupe
Keine Rechte

Verständigung mit WortenA

21

3.Ihr behauptet,Fernsehen mache träge -aber ihr sitzt regelmäßigvor Dalli Dalli.

4.Ihr sagt,es komme auf den Menschen an -aber ihr verlangt,daß ich mir die Haare schneiden lasse.

5.Ihr sprechtvon den Erfahrungen, die ihr gemacht habt -aber ihr wallt nicht,daß ich in eine Diskothek gehe.

6.Ihr fordertVertrauen und Offenheit -aber ihr sperrt, wenn ihr geht,das Telephon ab.

7.Ihr sagt,es sei nicht alles in Ordnung im Lande -aber euch störtmein Kontakt zur Gewerkschaftsjugend.

8.Ihr beklagtdie Gleichgültigkeit der Jugend -aber über Kriegsdienstverweigerunglaßt ihr nicht mit euch reden.

9.Ihr verurteiltdie Gewalttätigkeit vieler Jugendlicher -aber ihr verbietet mirdie Zärtlichkeit von Susi.

10.Ihr wünscht mireine bessere Zukunft -aber ihr meßt michan eurer Vergangenheit.

Joachim Fuhrmann (Hrsg.): Tagtäglich. Gedichte. Reinbek:Rowohlt 1986, S. 19

1 A 12 1 Die Logbuch-Anekdote

Der Kapitän eines großen Schiffes fand währendseines Wachdienstes auf hoher See den MatrosenSchluckspecht zum wiederholten Male in stark an-getrunkenem Zustand vor. Aufgrund dessen trug derKapitän den folgenden Satz in das Logbuch ein:

,,Samstag, 17.1.1998. Matrose Schluckspecht wie-der einmal betrunken. “

Matrose Schluckspecht, der am folgenden Tag innüchternem Zustand seinen Dienst antrat, las imLogbuch den Eintrag des Kapitäns vom Vortag undschrieb den folgenden Satz in das Logbuch nieder:

,,Sonntag, 18.1.1998. Der Kapitän ist heute nichtbetrunken!“

E. Felder

1 A 13 Unverständliches Verhalten

Sybille sitzt neben Harald auf dem Beifahrersitz desAutos und kocht vor Wut. Seit einer halben Stundefahren sie in der Gegend herum und suchen nach ei-ner Straße. Harald ist sicher, daß sie ganz in derNähe liegt. Sybille ist nicht wütend, weil Harald denWeg nicht findet, sondern weil er darauf besteht, ihnallein zu finden, statt anzuhalten und jemanden zufragen. Sie ärgert sich, weil sie sein Verhalten durchdie Brille ihres eigenen sieht: Wenn sie am Steuersäße, hätte sie jemanden nach dem richtigen Weggefragt, sobald sie gemerkt hätte, daß sie sich ver-fahren hätten.

Sie würden längst gemütlich im Wohnzimmer ihrerFreunde sitzen, statt die Zeit damit zu verschwen-den, im Kreis herumzufahren. Sybille macht esnichts aus, nach der Richtung zu fragen, deshalb er-gibt es keinen Sinn für sie, wenn jemand sich wei-gert, um Hilfe zu bitten. Aber in Haralds Welt ist eslogisch, daß man im Kreis herumfährt, wenn manden Weg nicht findet, weil es ihm unangenehm ist,um Hilfe zu bitten. Er möchte diese unangenehmeSituation vermeiden und sich seine Unabhängigkeitbewahren.Deborah Tannen: Du kannst mich einfach nicht verstehen.Warum Männer und Frauen aneinander vorbeireden. Ham-burg: Ernst Kabel Verlag GmbH 1991, S. 62

A 14 Aneinander vorbeireden

Die Ehefrau, nennen wir sie Michaela, nahm Anstoßan der Gewohnheit ihres Mannes Gerhard, als Ant-wort auf ihre Fragen andere Informationen zu liefernals die, um die sie gebeten hatte. Hier sind zwei ty-pische Beispiele, von denen sie berichtete:

Michaela: Wann fängt das Konzert an?Gerhard: Du mußt um halb acht fertig sein.

Michaela: Wie viele Leute kommen zum Abendes-sen?Gerhard: Mach dir keine Gedanken. Wir haben ge-nug zu essen.Deborah Tannen: Du kannst mich einfach nicht verstehen.Warum Männer und Frauen aneinander vorbeireden. Ham-burg: Ernst Kabel Verlag GmbH 1991, S. 322

A22

-

) A 15 ) Jugendsprache

Jugendliche benutzen oft im Kontrast zur Spracheder Erwachsenen einen eigenen ,,Slang”, schon umsich von der Erwachsenenwelt abzugrenzen. Aus-drücke, die vor einigen Jahren noch als typisch ju-gendsprachlich gegolten haben, können sich auchhalten und in die Alltagssprache der Erwachsenenübernommen werden. Die folgende Aufzählung ent-hält Beispiele aus den achtziger Jahren.

Welche dieser Ausdrücke und Redewendungen sindbei Jugendlichen heute ,,out“ und bei den Erwach-senen noch ,,in”? Und wie sieht eine aktuelle Listeder Jugendsprache von heute aus?

cool, easy, locker - (überlegenes Lebens-gefühl)

high sein, gut drauf sein - sich gut fühlen

down sein, mies draufsein, gefrustet sein,durchhängen

(null) Bock haben auf

ausflippen, ausrasten,abheben, abschnallen

echt, total, wahnsinnig,voll

heiß, scharf, stark,geil, irre, tierisch,riesig, . .

ätzend, ungeil, nervig,finster, kaputt, übel,beknackt

Knete, Kohle, Eier

filmen, linken

checken, raffen,spannen, schnallen

- sich schlecht fühlen

- (keine) Lust haben auf

- (vor StaunenWut/Freude) durchdrehen,außer sich sein

- sehr, wirklich, absolut

- sehr gut, hervorragend,toll

- schlecht, dumm,unerträglich

- Geld

- betrügen, hereinlegen

- begreifen

,,Du, ich hab ‘n tierisch geilen Job ergeiert. Da gibt’secht tausend fier bar auf die Kralle.“

,,Die neue Disco bringt’s total, da is Action.” - ,,Ach,kannste dir abschminken, fetzt nich, keine Power.”

,,lch hab mir grad so ne Mafia-Torte (Pizza) reinge-zogen, mir is echf schlecht.“ - ,,Bloß keine Panik,Mann, du bist einfach mies drauf.” - ,,Ach, du hastdoch ein’n an der Waffellan der Hackelan der Klat-sche!“

,,Da kommt ja Otto, ‘n ganz übler Schleimi.” - ,,Damach ich lieber ne Biegelne Fliegelne Flatter:”

,,Meine Alten hocken jeden Abend vor der Glotze.Dallas und so, da fahrn die voll drauf ab. Atzend!“

,,Na, habt ihr die Message geschnalt?“

Beispiele aus Harro Gross: Einführung in die germanistischeLinguistik. München: lucficium Verlag, 2. Aufl. 1990, S. 164

Verständigung mit Worten / Sprechen ohne Worte

1 A l 6] Sprechen ohne Worte

Wir freuen uns, daß Sie unser Gast sind

Paul Watzlawick: Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Wahn,Täuschung, Verstehen. München: Piper Verlag, 72. Auf/.1995, S. 32

1 A 17 1 Körpersprache

Samy Molche: Körpersprache. München: Goldmann 1996,s. 178

IA181 Kömersianale undl I .

ihre Bedeutungen

Körpersignal

Kopfbewegungen:Kopf senken

direkter Blickkoniakt indie Augen

Blickkontakt wirdvermieden, ausweichen

Stirn runzeln

Mund öffnen

Mögliche Bedeutung

entschuldigen, unsicher,niedergeschlagen

.Sicherheit, Interesse,forsch, ehrlich

unsicher (evtl. unmittelbargelogen)

unsicher, zweifeln,Konzentration, Aufmerk-samkeit

erstaunt, sprachlos,will sprechen

Sprechen ohne Worte

A-23

Bewegungen des OberkörDers:Oberkörper vorlehnen interessiert, will sprechen

Oberkörper zurück- ablehnend, desinteres-lehnen siert. selbstzufrieden

Armbewegungen:Arme vor der Brustverschränkt

weite, offene Armbewe-gungen (Ellenbogenvom Körper weg)

verhaltene Armbewe-wegungen (Ellenbogenam Körper)

Handbewegungen:Hände ballen

Hände um Gegenstand(z. B. Stuhllehne)verkrampft

Hände in die Hüftengestemmt

Hände hinter dem Kopfverschränkt

Bewegungen der Finger:erhobener Zeigefinger

gestreckter, zeigenderZeigefinger

Fingertrommeln

Beinbewegungen:Ubereinanderschlagen- zum Partner

abwartend, skeptisch,desinteressiert, ablehnend

sicher, überzeugt

unsicher, gehemmt

zornig, entschlossen

unsicher, verhalten

entrüstet, zielstrebig,überheblich, aufgeblasen

selbstsicher, zufrieden,selbstgefällig, überheblich

belehrend, drohend

hinweisen, bezeichnen

nervös, ungeduldig

Aufbau eines Kommuni-kationsfeldes (nur inKombination mit anderenSignalen)

- vom Partner weg Abbau eines Kommuni-kationsfeldes (nur inKombination mit anderenSignalen)

Beine oft bewegen unruhig, nervös

Marcel Riesen, Jürg Studer: Rhetorik - erfolgreich reden.Ein Leitfaden für den Praktikec Bern: Cosmos Verlag,2. Aufl. 1991. S. 44 f.

1 A 19 1 Computer-Talk

Zum Problem bei dem Online-Chatten (engl. chat =Geplauder, Schwätzchen) wie auch beim Mailver-kehr kann das geschriebene Wort werden. Dennwährend man bei einem Gespräch dem Gegenüberins Gesicht schauen und anhand dessen Mimik oderBetonung feine Nuancen in Worten erkennen undverstehen kann, neigen Gespräche im IRC (Internet

Re/ay Chat) dazu, schnell mal mißverstanden zuwerden. Dem kann durch Sinnbilder abgeholfenwerden. Hier folgt eine kleine Sammlung gängigerSmilies aushttp:llfsinfo.cs.uni-sb.del-twellerlsmili_frame2. html:

Smilie Bedeutung

x Froehlicher Smilie. Dieser Smilie wirdbenutzt, um eine scherzhafte Bemerkungzu kennzeichnen.

” Zwinkernder Smilie. Der User hat gerade.!/ eine kokette oder sarkastische

Bemerkung gemacht.

Aergerlicher oder trauriger Smilie. Dem. .h User gefiel die letzte Bemerkung nicht,

oder ihn aergert oder betruebt irgendetwas.

. .I Gleichgueltiger Smilie.. .I Doppelt froehlicher Smilie, oder User hatv ein Doppelkinn..

” User weint.h. .L User ist so gluecklich, dass er/sie weint.

. Sarkastischer Smilie. Der User hat geradev eine wirklich sarkastische Bemerkung

gemacht.. .8 User lacht (ueber dich).

1 A 20 1 Acht Kontakt-Stile

Die acht Stile der Kontaktgestaltung sind mit Hilfevon Bildern dargestellt. Die Zuordnung der Stile zuden Geschlechtern ist auf den Abbildungen zufällig.Dennoch kann man sich überlegen, ob es ,,typischweibliche“ oder ,,typisch männliche“ Stile gibt.Achte dabei auf sogenannte Klischees (= eingefah-rene, überkommene Vorstellungen).

-I-I

Bedurftlg- Helfender Stil Selbstloser Aggressiv-abhangiger Stil entwertenderStil st11

Sich beweisen- Bestimmend- Sich distanzie- Mitteilungs-der Stil kontrollierender render Stil freudig-dramati-

Stil sierender Stil

Abb. aus Friedemann Schulz von Thunr Miteinander reden 2.Stile, Werte und Persönlichkeitsentwicklung. DifferentiellePsychologie der Kommunikation. Hamburg: Rowohlt Ta-schenbuch Verlag 7989, S. 15

A24 Sprechen ohne Worte / Einander wahrnehmen und verstehen

1 A 21 1 Der Kanal

Botschaften werden auf verschiedenen Wegenübermittelt. Meistens verwenden wir dazu die Spra-che (verbal). Oft vergessen wir, daß wir uns auch mitdem Körper, durch Haltung, Gestik, Mimik undBlickkontakt mitteilen (nonverbal). Kommunikationläßt sich demnach wie folgt unterteilen:

1 Kommynikation 1

Sprache(gesprochen,geschrieben)

Urlaute Körpersprache(z. B. Räuspern) (Haltung, Gestik,

Mimik,Blickkontakt)

Am Kommunikationsprozeß nimmt immer der ganzeMensch teil.Nach Marcel Riesen, Jürg Studer: Rhetorik - erfolgreich re-den. Ein Leitfaden für den Praktiker. Bern: Cosmos Verlag2. Aufl. 199 1, S. 22; Schaubild: Felder

A 22 Sprechen und Zuhörenbestimmen unser Leben

in der Familie.

i m B e r u f .

in der Politik

in der Besprechung

auf der Straße

Waltraud u. Dieter-W. Allhoff: Rhetorik und Kommunikation.Regensburg: Bayerischer Verlag für Sprechwissenschaft1996, S. 14 f.

1 A 23 1 Wie hört man zu?

Gutes Zuhören verringert Mißverständnisse undträgt damit wesentlich zu einer gelungenen Kommu-nikation bei. Gerade das Gespräch besteht ja auseinem Wechsel von Sprechen und Zuhören. Vor al-lem bei Überzeugungsgesprächen glauben viele,ihre Chancen stiegen proportional mit der Sprech-dauer, und vergessen dabei völlig, daß der Partnersich ebenfalls äußern möchte. Zuhören ist ebensowichtig wie sprechen - und ebenso trainierbar! Wersich selber allerdings als den Nabel der Welt be-trachtet, dem wird das Akzeptieren dieser Erkennt-nis schwerfallen. Beim Zuhören steht der Partner imMittelpunkt.

im Unterricht

>)Der Mensch hat zwei Ohren und nur eine Zunge,damit er doppelt soviel hören kann, wie erspricht<< (Epiktet).

Einander wahrnehmen und verstehen

A.25

Zuhören erfolgt in folgenden Schritten:

=?=

F7

antworten

@ Wahrnehmen. Es geht darum, die Botschaft desSprechers möglichst vollständig aufzunehmen undzu behalten. Oft stehen dem Störfaktoren wie Lärm,undeutliche Aussprache, Fremdsprache, geringeeigene Konzentration, Angst vor dem Vergessenentgegen.

Richtiges Wahrnehmen heißt:- den Sprecher nicht unterbrechen- nachfragen, wenn Sie etwas (akustisch) nicht ver-

standen haben- sich voll auf den Sprecher konzentrieren. Also

nicht: mit dem Schreibzeug spielen, Blick zumFenster hinauswerfen usw.

- Signale aussenden, die zur Fortsetzung des Ge-spräches ermuntern.

Übung: Versuchen Sie, im nächsten Gespräch zweiSekunden zu schweigen, bevor Sie antworten.

@ Zuordnen. Das heißt, eine Botschaft so verste-hen, wie sie der Sprechende verstanden haben will.Der gute Zuhörer fragt nach, wenn er den Inhaltnicht verstanden hat. Dabei gilt es auch, die Bot-schaft den vier Sprachebenen zuzuordnen. Steht In-formation, Appell, Selbstdarstellung oder Kontakt-vergewisserung im Vordergrund? So vermeiden Sievoreilige Interpretationen.

@ Werten und urteilen. Erst jetzt darf die Bot-schaft, die wertneutral empfangen wurde, gewertetund beurteilt werden.

@ Antworten. Erst jetzt dürfen Sie reagieren. Sieantworten, schweigen, handeln.Marcel Riesen, Jürg Studer: Rhetorik (vgl. A 21), S. 27 f.

A 24 Mißverständnisse

Knifflig auch der Umgang mit Komplimenten. In denUSA, so der Trend laut Forschung, würden ständigKomplimente gemacht. Man braucht nur einen La-den zu betreten und schon schwärmt die Verkäufe-rin hemmungslos von dem Pullover, den man anhat.Dann gehöre es sich, das Kompliment herunterzu-spielen (,,Der ist ja schon ganz alt“) oder es zurück-zugeben (,,lhr Rock ist aber auch nicht ohne“). Ganzanders in Australien. Da nehme man . . . ein Kompli-ment, so wie es kommt. Und läßt man nun einenAustralier nach Amerika, und der erwidert auf eine

der üblichen Schmeicheleien einfach nichts, stehtder sofort als ungehobelt und schlecht erzogen da.

Mißverständnisse kann es auch bei einer allzu wört-lichen Übersetzung von Grußformeln geben. Statt,,Guten Tag“ sagt man in Vietnam ,,Haben Sie Ihretägliche Portion Reis schon gegessen?“. Wer diesirrtümlich als Einladung zum Abendessen auffaßt,hat schon verloren. Und ist der Ruf erst ruiniert . . .

Frankfurter Rundschau, 28.12.7995 (Gertraud Schön)

A 25 Küssen verboten?

Unter den während des Krieges in England statio-nierten amerikanischen Soldaten war die Ansichtweit verbreitet, die englischen Mädchen seien sexu-ell überaus leicht zugänglich. Merkwürdigerweisebehaupteten die Mädchen ihrerseits, die amerikani-schen Soldaten seien übertrieben stürmisch. EineUntersuchung, an der u. a. Margaret Mead teilnahm,führte zu einer interessanten Lösung dieses Wider-spruchs. Es stellte sich heraus, daß das Paarungs-verhalten - vom Kennenlernen der Partner bis zumGeschlechtsverkehr - in England wie in Amerika un-gefähr dreißig verschiedene Verhaltensformendurchläuft, daß aber die Reihenfolge dieser Verhal-tensformen in den beiden Kulturbereichen verschie-den ist. Während z. B. das Küssen in Amerika rela-tiv früh kommt, etwa auf Stufe 5, tritt es imtypischen Paarungsverhalten der Engländer relativspät auf, etwa auf Stufe 25. Praktisch bedeutet dies,daß eine Engländerin, die von ihrem Soldatengeküßt wurde, sich nicht nur um einen Großteil desfür sie intuitiv ))richtigen(( Paarungsverhaltens (Stufe5-24) betrogen fühlte, sondern zu entscheidenhatte, ob sie die Beziehung an diesem Punkt abbre-chen oder sich dem Partner sexuell hingeben sollte.Entschied sie sich für die letztere Alternative, sofand sich der Amerikaner einem Verhalten gegen-über, das für ihn durchaus nicht in dieses Frühsta-dium der Beziehung paßte und nur als schamlos zubezeichnen war. Die Lösung eines solchen Bezie-hungskonflikts durch die beiden Partner selbst istnatürlich deswegen praktisch unmöglich, weil derar-tige kulturbedingte Verhaltensformen und -abläufemeist völlig außerbewußt sind. Ins Bewußtseindringt nur das undeutliche Gefühl: der andere be-nimmt sich falsch.

Paul Watzlawick / Janet H. Beavin / Don D. Jackson:Menschliche Kommunikation. Bern, Göttingen, Toronto,Seattle: Verlag Hans Huber, 9. unveränderte Auf/. 7996, S. 20

A 26 Verhaken inSprechsituationen

Die Menge der möglichen Umstände (Faktoren), dieeine Situation bestimmen, sind manchmal verwir-rend. Wichtig ist für die Sprecher vor allem, daß siesich darüber im klaren sind, mit welcher Art vonSprechsituation sie es zu tun haben. Jeder Schüler

A26 Einander wahrnehmen und verstehen

weiß, daß die Situation ,,Pause” andere Handlungenund Verhaltensweisen erlaubt als die Situation,,Schulstunde“. In beiden Situationen hat jede Schü-lerin und jeder Schüler unterschiedliche Rechte undPflichten.Nicht alle Situationen sind so klar umschrieben.Manchmal kommt man in Situationen, die man nochnicht kennt; dann muß man wohl oder übel neue Er-fahrungen machen (z. B. mein erster Kuß, das ersteVorstellungsgespräch etc.). Bestimmte Situationenverlangen Muster von Verhaltensweisen, die unteranderem auch von den Erwartungen der Anwesen-den bestimmt sind. Werden diese Erwartungen nichterfüllt, so entstehen Probleme in der Kommunika-tion (Verständigung), und zwar teilweise recht heikle,weil die Erwartungen und Regeln, denen man folgensollte, häufig unbewußt sind oder stillschweigendeingehalten werden. Wer ,,dazugehören” will, mußeben wissen, daß man in einer bestimmten Situationdies oder jenes sagt oder nicht sagt, tut oder nichttut.Besonders deutlich zeigt sich dies in kleinen ßitua-/en des Alltags: Wie macht man Komplimente, wieführt man ein Telefongespräch, wie begrüße ich ei-nen Freund und wie den Leiter einer Schule. Ritualesind Handlungen, die einen symbolischen Wert ha-ben und von den Gesprächsteilnehmern unbedingterwartet werden. Dazu gehören auch Begrüßungen:Wenn ich einen Bekannten auf der Straße treffe,dann grüße ich ihn; wenn wir gut befreundet sind, sobleibe ich stehen, gebe ihm eventuell die Hand,frage nach seinem Wohlbefinden etc. Diese Hand-lungen dienen dazu, die bestehende Beziehung auf-rechtzuerhalten. Unterläßt man die Begrüßung undverstößt damit gegen die erwarteten Verhaltenswei-sen (Regeln), so kann die Beziehung belastet odergar gefährdet werden. (,,Der hat es wohl auch nichtmehr nötig zu grüßen.“)

In Anlehnung an Martin Fennerllwar Weden: Sprache undPolitik in der Schweiz. Zürich: Sabe Verlag 1987, S. 9 f.

A 27 ) Wer spricht, tut etwas

Sprechen ist eine Form des Handelns. Die folgen-den Beispiele zeigen, daß die Schilder Handlungenausdrücken. Um das zu verstehen, ist es notwendig,sich in die Situationen und Personen hineinzuver-setzen.

~~~1~1

PrivatparkplatzFalschparker werden kostenpflichtig abgeschleppt

Weitere Beispiele:

A 28 Äußerungen verstehen

Ordne die Äußerungen den Handlungsbedeutungenzu:

1.2.3.4.5.6.7.8.9.

Sei gegrüßtBleib gesund!Komm doch wieder vorbei!Langen Sie ruhig zu!Sei nicht traurig!Weine dich ruhig mal aus!Geh zum Teufel!Der Hund ist bissig!Warum haben Sie dasnicht gleich gesagt?

a) Aufforderungb) Ratc) Grußd) Bittee) Fluchf) Trostg) Wunschh) Vorwurfi) Drohung

Zusammenstellung nach Harro Gross: Einführung (vgl.A 15), S. 148

1 A 29 1 Diplomatie

Ein Diplomat, der ja sagt, meintvielleicht.Ein Diplomat, der vielleicht sagt, meintnein,und einer, der nein sagt, ist keinDiplomat.

1 A 30 1 Der Löwe

Von Günther Anders (1966)

Als die Mücke zum ersten Male denLöwen brüllen hörte, da sprach sie zurHenne:,,Der summt aber komisch.“Summen ist gut“, fand die Henne.,,Sondern?“ fragte die Mücke.,,Er gackert“, antwortete die Henne.,,Aber das tut er allerdings komisch.“

Die Zeit, 4. März 1966

Reden vor PublikumB,

27

Ri-RN Wie sage ich,Y I u IV was ch meine?

m Redesituationen

Arbeitskampf in Dänemark 1899Gemälde: Erik Henningsen, Bild: AKG

Ein Dozent in der Erwachsenenbildung Bild: Comstock

Auf einem Platz in Italien (um 1950) Bild AKG

Rednerin beim Vortrag Bild: Comstock Speaker’s Corner im Londoner Hyde Park 1958 Bild: AKG

Saupe
Keine Rechte
Saupe
Keine Rechte
Saupe
Keine Rechte
Saupe
Keine Rechte
Saupe
Keine Rechte
Saupe
Keine Rechte

B28 Reden vor Publikum / Verfassen und Vortragen einer Rede

I Rede auf einemJugendforum

Hallo Leute!

Alle Weit, vom Politiker bis zum Priester, buhlt umdie Gunst der jungen Generation. Sie versuchen mitallen möglichen Tricks, uns für ihre Interessen undZiele einzuspannen.

Schon immer war es die Jugend, die mißbrauchtwurde. Mit verlogenen Idealen will man unser Ver-trauen gewinnen, um uns dann den Verstand zuklauen. Wo wir versuchen, unser eigenes Leben zuleben, hetzt man die Polizei auf uns. Gummiknüppelstatt Argumenten. Wer einen eigenen Kopf hat, demwird er demoliert. Und wenn die Alten untereinanderkeinen Frieden halten können, lassen sie uns in Krie-gen verkrüppeln und krepieren.

Aber was geht uns die Welt der alten Generation an?Uns gehört die Zukunft, wir müssen sie gestalten,wie wir es wollen und für richtig halten. Solange unsdie Möglichkeit hierzu systematisch verwehrt wird,verweigern wir uns. Aber warum sollten wir das tunund anderen die Bühne überlassen? Anpasser, diewegen ihrer Karriere kuschen, verdienen unsere Ver-achtung, weil sie die Bürokratie der Büttel fördern,aber wirkliche Gerechtigkeit und wirkliche Freiheitverhindern.

Unser Forum hat nur dann einen Sinn, wenn wirneue Formen für eine bessere Gesellschaft finden,in der auch die Jugend ihre Chance hat. Packenwir’s an!

I Erwiderungsredeeines Älteren

)Meine Damen und Herren ist mir als Anrede zusteif,pmeine Freunde< zu anbiedernd.Vielleicht ist ,aktive und passive Anwesende< situa-tionsgerecht.

Wir haben einen Überhang an politischen, sozialen,religiösen und rassistischen Konflikten. Ein neuerGenerationskonflikt muß daneben nicht auch nochsein.

Jeder Mensch fängt jung an. Wenn er Glück oderPech hat - das ist Ansichtssache-wird er alt mit al-len Konsequenzen. Spinner, Fanatiker, Schreihälseund Verführer gibt es in allen Altersstufen. Geris-sene, Heuchler, Abstauber, Brutalisten und andereUnsympathen sind nicht typisch für ein bestimm-tes Lebensalter. Jede Generation hat ihre Büttelna-turen, die früher oder später Leute quälen und denFrieden im Großen wie im Kleinen stören. In Kriegenleiden und sterben Menschen vom Säuglings- biszum Greisenalter. Ähnliches gilt auch für Reiche undArme. In allen Ländern gibt es junge Reiche und alteArme und umgekehrt.

Alle Altersstufen sind miteinander verzahnt und auf-einander angewiesen. Deshalb sollten die Alten denJungen und die Jungen den Alten kein Leid zufügen.Keiner darf Menschen verachten, verfolgen und ver-nichten. Wir müssen gemeinsam für eine bessereund gerechtere Welt sorgen.

Marode Mechanismen und ramponierte Rituale, dasGeschwafel verklemmter und verbohrter Typen, al-les, was Menschen verführt und verdummt, wollenwir gemeinsam beklagen und mit vereinten Kräftenbeseitigen.

Aber auch in pluralistischen, multikulturellen Gesell-schaften haben Werte wie Toleranz, Leistung, Ethikund auch Traditionen ihren Platz. Sie sollen keinerMacht dienen, sie sollen die Menschlichkeit fördern.Bloße Provokation löst keine Probleme. Laßt uns mitVernunft und Verständnis Gegensätze überwinden.

B 2 und B 3 aus: DUDEN. Reden gut und richtig halten! ßat-geberfür wirkungsvolles und modernes Reden. Herausgege-ben und bearbeitet von der Dudenredaktion in Zusammenar-beit mit Siegfried A. Huth und Frank Hantje. Mannheim:Dudenverlag 1994. S. 403 f.

Fünf Grundregelnder Rhetorik

1. Sprich nur so sachorientiert wie nötig. Bereitedich inhaltlich und argumentativ gut vor. Sprich ziel-gerichtet und mit klarer Gliederung. Bringe die Sa-che auf den für den Zuhörer wichtigen Punkt.

2. Sprich ver$ändlich. Vereinfache komplizierteSachverhalte. Uberprüfe Fremdwörter, Fachbegriffe,Zahlenmaterial. Orientiere dich am Stil der gepfleg-ten gesprochenen Sprache. Sprich deutlich undnicht zu schnell. Mache Sprechpausen (= Mitdenk-Pausen).

3. Sprich möglichst frei. Lies auf keinen Fall sturvom Blatt ab. Wähle eine Spickzettelmethode, diees dir erlaubt, so frei wie möglich und so sicher wienötig zu sprechen. Halte Blickkontakt, und achte aufdas Feedback der Zuhörer.

4. Bedenke, daß auch dein Körper spricht. LaßMimik und Gestik sich natürlich entfaiten. Sei glaub-würdig in Ausdruck und Auftreten. Offne dich denZuhörern, gehe auf sie zu.

5. Sprich mögli:hst du-orientiert. Gehe von denVoraussetzungen und Erwartungen des Zuhörersaus. Vermeide es, ihn zu (unter- oder) überfordern.Sprich nicht länger, als der Zuhörer dir zu folgen ver-mag. Wecke sein Interesse, und führe ihn zumThema hin.

Stephan Gora: Grundkurs Rhetorik. Eine Hinführung zumfreien Sprechen. Stuttgart: Klett Verlag 1992, S. 14

Verfassen und Vortragen einer Rede 29

I Verschiedene I Eine ausführliche GliederungRedegliederungen 1. Einleitung

1. Grundriß einer Meinungsrede

Die bekannte Dreiteilung - Einleitung - Hauptteil -Schluß - bewährt sich auch als Grundriß einer Rede.

1. Einleitung: Warum spreche ich? Worin bestehtder Anlaß?

ThemaWarum ist dieses Thema für die Zuhörer interessant,aktuell und wichtig?_ _ . . ,_AufmerKsamKeltWomit gewinne ich die Aufmerksamkeit der Zuhö-rer?SympathieWie gewinne ich das Vertrauen der Zuhörer?2. HauptteilKerngedankeWas ist der Grund, der Zweck, das Ziel meinerRede?SituationsanalyseWie war die Situation in der Vergangenheit? -Wie istdie Situation heute? Welche Tendenzen zeichnensich für die Zukunft ab?Beweis

2. Hauptteil: a) Wie sind die Zustände (Was war,was ist?)

b) Was müßte statt dessen sein?

c) Wie können die herrschendenZustände geändert werden?

3. Der Schluß enthält die Aufforderung zur Tat, denvom Redner gewiesenen Weg zu gehen und sodie Zustände zu ändern: Was können, was müs-sen wir tun?

Heinz Lemmermann: Lehrbuch der Rhetorik. 0 Günter OlzogVerlag 1962, Landsberg am Lech

II. Die Fünf-Punkte-Gliederung

1. Interesse wecken!

2. Kerngedanken nennen!

3. Vorschläge begründen!

4. Vorurteile aufzeigen!

5. Zum Handeln auffordern

Ill. Standpunktformel

1.

2.

Adressierung: ,,Das geht Euch an!“

Anknüpfung: ,,Alle, die ihr in diese Bürgerver-sammlung gekommen seid, umgegen die neue Autobahntrasse zuprotestieren . . “

3.

4.

Behauptung:

Beweis:

5. Appell:

Iv.1.

2.

3.

4.

5.6.7.

8.

Redegliederung aus der AntikeWohlwollen der Zuhörer gewinnenGegenwärtige Situation darlegen (Wie ist der Zu-stand?)Neue Möglichkeiten aufzeigen (Was könnte stattdessen sein?)Vorschläge begründenMögliche Einwände vorwegnehmen

Tatsachen zusammenfassen

Zuhörer begeisternZur Tat aufrufen

,,Eine Autobahn ist der Tod fürdiese Gegend!“

,,Man rechnet mit einem Verkehrs-aufkommen von xy Autos in derStunde. Das bedeutet . . . “

,,Das dürfen wir nicht zulassen!Deshalb . ..“

Durch welche Zahlen, Tatsachen, Beispiele, Verglei-che kann ich diese Situationsanalyse beweisen?FolgenWelche positiven Folgen ergeben sich aus der Si-tuationsanalyse: Hoffnungen, Chancen, Möglichkei-ten, Gewinne . . .Welche negativen Folgen ergeben sich: Gefahren,Bedrohungen, Probleme, Sorgen, Verluste . . .GefühlsanspracheWie lassen sich diese positiven und negativen Fol-gen in möglichst bildhaften und gefühlsbetontenWorten ,,darstellen”?MotivanspracheWelche Motive werden bei den Zuhörern durchdiese Folgen berührt? Wie kann ich sie ansprechen?VorschlägeWas sollte anders sein? Was kann man in der Zu-kunft dafür tun? Wie können wir unser Ziel errei-chen? Welche Möglichkeiten gibt es?Ein wändeWelche Vor- und Nachteile sind von diesen Vor-schlägen zu erwarten? Welches Risiko ist damit ver-bunden? Wie groß ist die Chance der Verwirkli-chung?3. SchlußAktion k

Wie gehen wir vor? Was ist zu tun? Wer soll waswann wie tun?AppellZusammenfassung der PRO-Argumente. Aufforde-rung zum Handeln!Zusammengestellt von Ernst-Reinhard Beck; nach GerhardHalberstadt: Das freie Wort. Sprachtechnik - Redetechnik,Bonn: Verlag Neue Gesellschaft 1978, S. 43 f. (B 5), S. 46 (B 6)

BI30 Verfassen und Vortragen einer Rede

1 B 7 ( Beurteilungskriterien

Redner(in):

Thema:

Vermittlungsmethode:

Redeziel:

Blickkontakt

Mimik

GestiWHaltung

Sprache

Gliederung

Argumentation

Sachwissen

Interesse

Glaubwürdigkeit

Redeziel (s. 0.)

Jeder fühlt sichangesprochen,Rede möglichst frei.

mit natürlichem Ausdruckentspannt, freundlich.

unterstreicht die Aussage,öffnet sich den Zuhörern.

verständlich in Artikulation,Wortwahl, Satzbauund Tempo.

klar erkennbar,zielgerichtet; Ohröffnerund Schlußsatz.

vernünftig, treffend,überzeugend.

fundiertes Wissen, guteFragestellung undSchwerpunktsetzung.

geweckt; anregend,spannend, du-orientiert.

Redner steht hinter seinerSache, überzeugt Zuhörer.

den eigenen Standpunktklargemacht, Zuhörerüberzeugt.

Redezeit

_ Minuten

0 zu lang

0 angemessen

0 zu kurz

fehlt, unsicher, einseitig;stur vom Blattabgelesen.

gekünstelt, angespannt,unfreundlich,ohne Ausdruck.

blockiert, verschlossen,abgewandt, steif;übertrieben.

unverständlich, unan-gemessen, wederPausen noch Variation.

nicht nachvollziehbar,ungeschickt,assoziativ.

unlogisch, Thesen oderArgumente nichtannehmbar.

falsch, ungenau,irrelevant;schlecht vorbereitet.

Zuhörer gelangweilt(kein Bezug,über-/unterfordert)

persönliche Distanzzwischen Rednerund Zuhörer.

Redeziel verfehlt,Meinung desRedners unklar.

Besondere Stärke(n)

Verbesserungsvorschlag für die nächste Rede

Stephan Gora: Grundkurs Rhetorik. Eine Hinführung zum freien Sprechen. Lehrerheft. Stuttgart: Klett Verlag 7992, S. 52

Verfassen und Vortragen einer Rede / Argumentationstechniken 31

tEl Marotten

Marotten sind situationsunabhängige, häufig wie-derkehrende Körperbewegungen, die (meist) unbe-wußt ausgeführt und selber nicht mehr wahrgenom-men werden.

Beispiele:- Brille zurückschieben- Ohr oder Nase reiben- spielen mit Kugelschreiber- auf die Lippen beißen- Zungenspitze zeigen

Marotten sind unnötig und irritieren den Gesprächs-partner. Versuchen Sie, eigene Marotten festzustel-len und sie sich abzugewöhnen. Bitten Sie IhrenPartner oder einen Freund, Sie einige Zeit zu beob-achten und Ihnen festgestellte Marotten mitzuteilen.Oder noch besser: Halten Sie eine mindestens fünfMinuten dauernde Rede, und nehmen Sie sich da-bei mit dem Video auf.

I Körpersprache

Studieren Sie Ihre Mimik oder Gestik nicht vor demSpiegel ein: In aller Regel wirken solche ),künstli-chen Gesten<< im Ernstfall unglaubwürdig. GehenSie lieber so vor: Beobachten Sie sich selbst in einerzwanglosen Unterhaltung; achten Sie auf Ihr Kör-perverhalten. Nach einigem Uben werden Sie auchwährend des Sprechens Ihren Körper bewußterwahrnehmen - und ihn so mehr und mehr als Aus-drucksmittel einsetzen.

Eine weitere Möglichkeit: Beobachten Sie das Kör-perverhalten anderer Leute. Nehmen Sie z. B. eineDiskussionsrunde am Fernsehen mit Video auf undschalten Sie beim Abspielen den Ton ab; lassen Sienur die Bilder auf sich wirken. Durch solchesBewußtmachen körperlicher Abläufe wird sich IhrRepertoire an körperlichen Ausdrucksformen wievon selbst erweitern.6 8 und B 9 aus: Marcel Riesen, Jürg Studer: Rhetorik - er-folgreich reden. Ein Leitfaden für den Praktiker: Bern: Cos-mos Verlag, 2. Aufl. 1991, S. 45 f.

1 B 10 1 Was ist ein Argument?

Argumente sind mündliche oder schriftliche Aussa-gen, die eine Behauptung (These) begründen oderbeweisen. Wenn ich über jemanden etwas sage(z. B. ,,Der Politiker Peter Meier versteht zu wenigvon seinem Sachgebiet“), so sollte ich für diese Be-hauptung einen Rechtfertigungsgrund oder Beweiseanführen (z. B. ,,Zu dem Thema xy hat er folgendesgeäußert“ oder ,,Bei der Abstimmung über den Baueiner Umgehungsstraße hat er für die eine oder an-dere Sache gestimmt, obwohl . . .“).

Schon die antike Rhetorik (Lehre von der wirkungs-vollen Gestaltung der Rede) unterschied verschie-dene Typen von Argumenten:

auf Erfahrung basierendes Argument (Argumen-turn a posteriori);Argument, das sich aus rein logischen Überle-gungen ergibt (Argurnenturn a priori);Argument, das nicht auf die Sache, sondern aufden Menschen abzielt (Argurnenturn ad hominem,ad personam);Argument, das sich auf ,,glanzvolle Namen”, aufsogenannte Autoritäten beruft;Argument, das auf die Gefühle (oft Vorurteile) derbreiten Masse abzielt.

B 11 MöglicheFünfsatzkombinationen

entspricht der gängigen Rede- und Aufsatzgliederung inEinleitung, Hauptteil, Schluß. Dabei ist zu beachten, daßdie drei Denkschritte im Mittelteil gleichgewichtig neben-geordnet sind.Beim Planen ist der fünfte Satz zuerst zu fassen, beimSprechen ist er natürlich der letzte.

die ,Kette‘ bringt im Unterschied dazu eine streng chro-nologische oder logische Abhängigkeit der Glieder. Z. B.:

‘1’1. Ich meine, der Vorschlag x ist gefährlich

(2) 2. wir müssen überlegen, ob nicht .

(3,3. mir scheint der bessere Weg, wenn . . .

tt,

4. dann nämlich können wir . . .5. wir haben zu entscheiden, ob

4Wbaut dialektisch auf, z. B.:

(?) 1. dem Referenten möchte ich danken füreine Menge neuer Einsichten .

) 2. unter anderem hat er gesagt .,.3. dagegen ist aber auch zu halten, daß __.4. vergleicht man beide Ansichten, dann, ,..5. aus diesem Grunde schlage ich vor

4. geht vom Allgemeinen zum Besonderen, z. B.:(1) 1. gemeinhin sieht man die Sache so .

I

/y

2. aus unserer Erfahrung aber3. denn erstens

‘3\ /4’ 5: ;;;;cfy zweitens “’

w

5. vergleicht zwei Positionen, z. B

(;) , ?’1. die A-Partei hat folgenden Standpunkt . .2. sie bearündet ihn mit

1 ,*’(2)”

\/

1, 3 die B Partei vertritt den entgegengesetz--ten Standpunkt

4. sie begründet ihn mit ,..

W 5. ich kann mich für keinen von beiden ent-schließen, sondern

: t332 Argumentationstechniken / Beispiele für Schülerreden

6. versucht einen Kompromiß, z. 6.:(1) 2) 1.

/

)

2.( 1 3.

(4) 4.

I 5.w

7. klammert eine

,.j!CJJj 81-1 4.

4)

j5.

V

A behauptete . . .B widersprach mit dem Hinweis aufmir scheint, die beiden treffen sich in ei-nem Punkthier liegt vielleicht die Lösung, denn .wir sollten in dieser Richtung weiterdenken. . .

(z. B. die allgemeine) Ansicht aus, z. B.:wir reden schon eine Weile überbislang drehte sich alles um . .dabei wurde übersehen, daßgerade dies scheint mir aber besonderswichtig, weilich stelle den Antrag .

Diese sieben Schemata sind die Baupläne der Fünfsätze, diesämtliche vorher aufgestellten Forderungen erfüllen.

H. Geißner: ,, Der Fünfsatz“, Zeitschrift ,, Wirkendes Wort“,Heft 411968, S. 271 f.; zit. nach: Politik und Unterricht 211979

18121 Rhetorische Taktiken

Militärs, Manager, Politiker, Funktionäre, Sportler,Pädagogen und Trainer wenden Taktiken an. Sie allehaben gelernt, worauf es dabei ankommt. Mit derrichtigen Taktik kann man führen und verführen, inFallen locken und Fallen entgehen. Durch wirksa-mes Vorgehen kann man Vorteile erzielen und Nach-teile vermeiden.

Verbale Taktiken sind so etwas wie )rhetorische Ju-dogriffe<; auch sie sind lehr- und lernbar. Bei ihrerAnwendung sollten die Grenzen der Fairneß respek-tiert und Übertreibungen vermieden werden.

12 Beispiele für rhetorische Taktiken:

UmarmungstaktikGanz besonderen Dank verdient Frau Frey für ihreBemühungen um die Förderung der Partnerschaftmit der Stadt . . .

AutoritätentaktikWenn Sie es mir nicht glauben, dann lesen Sie ein-mal, was der international bekannte Wirtschaftsex-perte Prof. Dr. Prosper in seinem neuesten Buchhierzu schreibt.

NimbustaktikIn meinem Gespräch mit dem Wirtschaftsministerhabe ich deutlich gesagt, wie hier zu verfahren sei.Er war beeindruckt und versprach Abhilfe.

BlamierfaktikMit Ihrem Auftreten haben Sie Ihrer Sache einendenkbar schlechten Dienst erwiesen. Sie werdenviel Ärger mit Ihren Freunden bekommen.

DetailtaktikSie haben wunderbare Ideen. Haben Sie auch einenwunderbaren Einfall, wie man diese finanzieren soll?

UnterlauftaktikSie wollen Einsparungen? Könnte man vielleicht beiIhrer Position damit beginnen?

NageltaktikIhr Vorschlag ist gut, dann machen Sie es doch ambesten gleich selbst.

BumerangtaktikGerade weil wir knapp bei Kasse sind und in derKlemme sitzen, ist diese Anschaffung erforderlich,wenn wir wieder konkurrenzfähig werden wollen.

WortspieltaktikDas ist ein Unterschied wie Lichtblau und Blaulicht.

UmwertungstaktikSie werfen mir Ehrgeiz vor! Vielen Dank für dasKompliment. Ich bin ehrgeizig und will es bleiben.Dieser Ehrgeiz hat unserem Verein nie geschadet,aber oft genutzt.

AbwertungstaktikAus Profilierungssucht dramatisieren Sie Peanuts!Da haben wir doch ganz andere Probleme.

AufwertungstaktikSie bagatellisieren Übergriffe, die uns alle betroffenmachen und belasten. Ich nehme an, Sie haben IhreÄußerungen nicht richtig bedacht.

Eine gute Übung ist es, sich für jede dieser Taktikeneigene Beispiele zu suchen. Die Anwendung ist sehrausbaufähig.DUDEN. Reden gut und richtig halten! Ratgeber für wir-kungsvolles und modernes Reden. Herausgegeben und be-arbeitet von der Dudenredaktion in Zusammenarbeit mitSiegfried A. Huth und Frank Hantje. Mannheim: Dudenverlag7994, s. 119 f.

B 13 Wahlrede eines Schülers

Wahl des Vertrauenslehrers: Ein Schüler der Unter-stufe setzt sich für eine bestimmte Lehrerin ein.

,,lch soll für meine Klasse, die Quarta c sagen, daßwir für Frau Krüger als Vertrauenslehrerin sind. Sieist unsere Klasseaehrerin, und wir haben mit ihr nurgute Erfahrungen gemacht. Ich kann euch ein Bei-spiel nennen. Auf einer Klassenfahrt haben zweiJungen von uns, der eine war ich, Arger bekommen,weil wir aus einem Vorgarten, der günstig lag, Apfelgeklaut haben. Der Besitzer kam aus dem Haus ge-rannt, hielt uns fest und wollte unbedingt die Polizeiholen. Da hat Frau Krüger zehn M,i,nuten auf den wü-tenden Kerl eingeredet, hat die Apfel aus ihrer Ta-sche bezahlt und hat ihn schließlich beruhigt. Dann

Beispiele für Schülerreden 33

hat sie uns angemosert, aber wir konnten weiterfah-ren. Die Apfel konnten wir auch mitnehmen, aller-dings hat Frau Krüger sie den anderen gegeben. Je-denfalls waren wir heilfroh, und ohne Frau Krügerwäre das nicht gutgegangen. Und das ist kein Ein-zelfall. Wir können uns immer an sie wenden, sieverliert nie die Geduld.

Sie wäre bestimmt eine tolle Vertrauenslehrerin, undmeine Klasse ist dafür, daß wir sie wählen und nichtdie anderen Kandidaten.“

Kurs Rhetorik. Kiel: Eckert Verlag, 2. Aufl. 1995, S. 79

1 B 14 Plädoyer einer Schülerin

Eine Schülerin forciert die Einrichtung einer Fußball-AG für Mädchen

,,Hier wird immer geklagt, daß es keine Aktivitäten inder Schülerschaft gibt. Auf der letzten Sitzung habeich vorgeschlagen, daß die Mädchen eine freiwilligeFußball-AG bilden sollten. Da gab es nur Gelächter,und die Jungs machten dumme Witze. Sie habenwohl Angst, daß sie ein Privileg verlieren!

Ich möchte heute den Vorschlag wiederholen, undich habe auch ein bißchen vorgearbeitet. Hier isteine Liste - sie enthält jetzt schon zwölf Namen vonSchülerinnen, die mitmachen würden. Und als ichHerrn Arnold, unseren Sportlehrer, fragte, ob er unsbetreuen würde, war er sofort dazu bereit.

Was spricht denn dagegen, daß Mädchen, wenn sieLust dazu haben, Fußball spielen? Sollen wir dennnur Gymnastik oder Jazztanz machen? Heutzutagegibt es Frauen, die Marathon laufen, Handball in derBundesliga spielen und deutsche Meisterschaftenim Fußball austragen. Es gibt keine Sportarten, dietypisch weiblich oder männlich sind, aber es gibtVorurteile und alte Zöpfe! Verletzen würden wir unsnicht so oft wie die Jungen, die oft nicht Fußballspielen, sondern bolzen. Eine Mannschaft kriegenwir sowieso zusammen, und außerdem gäbe esdann an unserer Schule eine Aktivität mehr.

Ich beantrage, daß eine solche Gruppe eingerichtetwird, und zwar mit ausdrücklicher Unterstützung derSV Sie soll sich dazu bekennen und sie soll sichdafür einsetzen, daß wir den Sportplatz oder dieHalle dafür bekommen. Alle Mädchen, die Lust dazuhaben, sollen sich an mich wenden. Dann kann dieSache angepfiffen werden und steht nicht mehr, wiebisher, im Abseits!“

Kurs Rhetorik. Kiel: Eckert Verlag, 2. Aufl. 1995, S. 78 f.

B 15 Bewerbung als Schulsprecher

,,Liebe Mitschüler! Ich bewerbe mich um das Amtdes Schulsprechers. Da ihr die Entscheidung habt,ist es euer gutes Recht, zu erfahren, wer ich bin undwas ich vorhabe.

Ich heiße Jörg Schneidereit, bin achtzehn Jahre alt,zur Zeit im 2. Semester der Studienstufe, so daß ichZeit genug habe, das Amt des Schulsprechers aus-zuüben.

Ich habe mich beworben, weil ich glaube, daß dieSV mehr machen könnte, als in den letzten Jahrengeschehen ist. Sicher ist es gut, Schulfeste zu orga-nisieren, sicher ist es vernünftig, einen Weihnachts-bazar zugunsten der Dritten Welt zu veranstalten,aber ich finde, wir müßten mehr tun, um auch un-sere Interessen, die wir im Schulalltag haben, aus-zudrücken und durchzusetzen. Wenn wir gutenGrund haben, mit bestimmten Unterrichtspraxenunzufrieden zu sein, dann muß das ins Direktorzim-mer. Ich würde mich nicht scheuen, dreimal die Wo-che zum Chef zu rennen. Wenn einem von unsnachweisbar Unrecht geschieht, muß das in einerKlassenkonferenz behandelt werden. Dafür würdeich mich stark machen. Und so gibt es viele Sachen,die wir zu lange geduldig wie die Schafe hingenom-men haben.

Ich nenne mal ein Beispiel. Vor einem Zeugnisterminhäufen sich in allen Klassen die schriftlichen Arbei-ten, während Monate vorher Leerlauf herrschte.Plötzlich muß man in einer Woche zwei bis drei Ar-beiten schreiben, nur weil die Lehrer ihre Klausurennicht richtig terminiert haben. Gegen solche Streß-situationen müssen wir uns wehren, und ich würdedas tun.

Wir sollten auch versuchen, wieder politische Schü-lergruppen zu bilden, die diskutieren, Politiker einla-den und selbst Veranstaltungen machen, auch wennes der Schulleitung nicht in den Kram paßt. Es gehtdoch nicht, daß man gute Zensuren erhält, weil manin Gemeinschaftskunde politisches Interesse zeigt,aber von denselben Lehrern zurückgepfiffen wird,wenn man am Nachmittag aus demselben Interessezu einer politischen Debatte über das neue Demon-strationsrecht einlädt.

Um all diese Dinge würde ich mich kümmern. Ichhabe Lust dazu, und ich kann es mir auch zeitlichleisten. Aber funktionieren kann das alles nur, wenndie Schülerschaft insgesamt mitzieht. Bisher war sieeher gleichgültig; jeder sah nur zu, daß er klarkam.Ich würde mich bemuhen, etwas mehr Aktivität undSchwung in unseren Haufen zu bringen, vorausge-setzt, daß ich gewählt werde. Dankeschön!“Kurs Rhetorik. Kiel: Eckert Verlag, 2. Aufl. 1995, S. 79 f.

34 Rede-Beispiele aus der Politik

Cl-Cl2 Politisches Reden

I Im Bundestag

Haushaltsdebatte Bild: AP, 7997

El ,,Politikentwürfe, für dieI ..

wir uns begeistern können“

denn eure Visionen?Wir bleiben dabei,

d p a

daß eine entscheidende Vision unserer Industriepo-litik - dieses Wort benutze ich - ist, die Brücke indas Solarzeitalter zu bauen. Das ist kein Plädoyer

gegen die Technik, das ist vielmehr ein Plädoyer füreine hochmoderne, umweltgerechte Technik, die imBegriff ist, aus unserem Lande nach Amerika abzu-wandern - eine Fehlentwicklung in Deutschland . . .

Ich sage - das ist eine große Herausforderung fürdie SPD. Wenn man die Arbeitszeitverkürzung denKonservativen überläßt, dann resultieren darausschlecht bezahlte Arbeitsplätze für Frauen ohneSozialversicherungspflicht. Das ist eine Arbeitszeit-verteilung, die wir niemals wollen dürfen. Deshalbnützen auch pauschale Betrachtungen über Be-schäftigungsverhältnisse, wie sie landauf, landabvorgetragen werden, gar nichts. Es ist richtig, daß inden besseren Jahren, in den achtziger Jahren, dieZahl der Beschäftigungsverhältnisse leicht ange-stiegen ist, sogar um ein bis zwei Millionen, je nach-dem, welches Jahr man nimmt. Die Bundesregie-rung hat recht gehabt, wenn sie auf diese Zahlhingewiesen hat. Aber sie hat eine falsche Informa-tion weitergegeben: denn wenn es sich um 4,5 Mil-lionen Arbeitsverhältnisse ohne Sozialversicherunghandelt, dann ist das eine Fehlentwicklung unsererGesellschaft, eine gewaltige Fehlentwicklung, diefür uns ein Thema sein muß. Ich weiß nicht, wie mandie Debatte um die ständig steigenden, gesetzlichveranlaßten Lohnnebenkosten in den Griff bekom-men will, wenn man immer mehr Menschen, Millio-nen Menschen, durch eine verfehlte Politik aus derSozialversicherungspflicht entläßt. Wie soll denndas aufgehen?

Deshalb halten wir daran fest - das ist unsere ge-meinsame Position: So richtig es ist, daß wir auf um-weltgerechtes Wachstum achten müssen, so richtigist es ebenfalls, daß wir bei der Arbeitszeitpolitik dieGewerkschaften in ihrem wichtigen Kampf für un-sere Gesellschaft unterstützen müssen. Er besagt,daß man über Arbeitszeitverkürzungen - wir denkendabei an viele Formen - dazu beitragen kann, daßDemokratie in unserem Lande möglich wird, dennDemokratie heißt Teilhabe am gesellschaftlichen,am sozialen Leben, heißt Zugang zum Erwerbslebenfür Millionen von Arbeitnehmern und Arbeitnehme-rinnen, die ausgegrenzt sind. Das ist unser gesell-schaftliches Projekt . .

Die gegenwärtige Entwicklung ist völlig inakzepta-bel. Die Sekretärinnen, die Krankenpfleger und dieFacharbeiter zahlen brav ihre Steuern, und die Be-zieher höherer Einkommen haben so viele Abschrei-bungsobjekte, daß Millionäre stolz darauf sind undsich damit brüsten, daß sie keinen Pfennig Steuernzahlen. Wie soll da das Vertrauen in unseren Staatnoch gegeben sein?

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Rede-Beispiele aus der Politikc

35

In diesem Zusammenhang fragen sich manche: Washabt ihr in den letzten Jahren gemacht? Wir wissenja gar nicht mehr, wofür ihr steht. Ich sage hier fürdie Bundestagsfraktion und die sozialdemokratischgeführten Länder: Wir haben das einheitliche Kin-dergeld durchgesetzt und die Steuerentlastung aufdie unteren Einkommen konzentriert. Das war so-zialdemokratische Politik nach bestem Schrat undKorn. Darauf können wir stolz sein . . .

Ihr seht also, liebe Genossinnen und Genossen - . . .es gibt noch Politikentwürfe, für die wir uns begei-stern können. Wenn wir selbst begeistert sind, kön-nen wir auch andere begeistern. In diesem Sinne:Glück auf!

Zit. nach Süddeutsche Zeitung, 18./19. November 1995

l--E-l ,,Den Standort Deutschlandattraktiv machen“

Strukturwandel ha-ben tiefe Spuren auf

Bild: Bundesbildstelle Bonn

unserem Arbeitsmarkt hinterlassen. Die Arbeitslo-sigkeit hat mit über vier Millionen ein Ausmaß er-reicht, das wir nicht akzeptieren werden. Stopp undAbbau der Arbeitslosigkeit: Das ist das Wichtigsteder deutschen Innenpolitik. Wir haben die Erfahrungmachen müssen, daß ein konjunktureller Auf-schwung keineswegs automatisch auch zu einemRückgang der Arbeitslosigkeit führt. Und wir allewissen ebenso, daß nach jeder Konjunktur-schwäche ein höherer Sockel an Arbeitslosigkeitzurückgeblieben ist.

Die Menschen haben längst begriffen, daß wirechte, durchgreifende Veränderungen in Wirtschaftund Gesellschaft brauchen, um mehr Wachstums-dynamik zu ermöglichen und Beschäftigungshemm-nisse zu beseitigen. Die Bürger wissen auch, daßdies ohne nachhaltige Sparmaßnahmen nicht geht.Durch Festhalten an Besitzständen schaffen wirkeine grundlegende Wende am Arbeitsmarkt . .

Im ,,Bündnis für Arbeit und zur Standortsicherung”haben wir uns das Ziel gesetzt: Die Arbeitslosigkeitbis zum Jahr 2000 auf die Hälfte zu reduzieren! Er-reichbar ist dieses Ziel, wenn alle Ebenen der Poli-tik, Unternehmen und Tarifparteien mitwirken. Des-wegen macht es keinen Sinn, sich gegenseitig zumHandeln aufzufordern und Schuldzuweisungen hin

und her zu schieben. Damit wäre keinem Arbeitslo-sen geholfen. Die Menschen in unserem Land er-warten zu Recht, daß alle Verantwortlichen diegroßen Herausforderungen annehmen . .

Wahr ist auch: Wir leben in einem Land, das ein Drit-tel seines Sozialprodukts für soziale Leistungen aus-gibt; in dem die Arbeitnehmer kürzere Arbeitszeitenund mehr Urlaub haben als in fast allen anderenLändern; in dem die Renten so hoch sind wie inkaum einem anderen Land und in dem die Höhe derLohnersatzleistungen und der Sozialhilfe echte Notverhindert.

Wir müssen das Verhältnis sozialer Leistungen zuwirtschaftlicher Leistungskraft unter verändertenweltwirtschaftlichen und demographischen Bedin-gungen neu ausbalancieren und dauerhaft sichern.Dies erfordert, die sozialen Leistungen an die wirt-schaftliche Leistungskraft anzupassen und Hilfenstärker auf die wirklich Bedürftigen zu konzentrie-ren. Wenn wir jetzt nicht handeln, drohen weitere Ar-beitsplatzverluste. Der beschäftigungsfeindlicheWeg zu immer höheren Steuern und Abgaben würdesich fortsetzen. Und wenn wir jetzt nicht handeln,verspielen wir die Zukunft unserer Kinder und Enkel.. .

Für mehr Arbeitsplätze müssen wir den StandortDeutschland attraktiv machen, Belastungen derWirtschaft abbauen, Steuern, Abgaben und Lohn-kosten senken, überflüssige Regulierungen beseiti-gen, rascher die notwendigen Innovationen auf denWeg bringen und die Arbeitswelt flexibler machen . . .

Nach allem, was wir heute wissen, zeichnet sich füralle öffentlichen Haushalte im Jahre 1997 ein zu-sätzlicher Konsolidierungsbedarf in der Größenord-nung von rund 50 Milliarden D-Mark ab. Auf denBundeshaushalt 1997 entfallen davon voraussicht-lich rund 25 Milliarden D-Mark. Länder und Gemein-den sind in gleicher Weise von konjunkturbedingtenMehrausgaben und Mindereinnahmen betroffen.Notwendig ist daher eine gemeinsame Konsolidie-rungsstrategie für Bund, Länder und Gemeinden so-wie für die Sozialversicherungen . . .Zit. nach Frankfurter Rundschau, 27. April 1996 (dpa)

ls2-l ,,Wir sind das Volk!“

Christa Wolfs Redea m 4 . Novemberv1989 auf dem Alex-anderplatz in Berlin ’(Auszug)

Bild: dpa

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger; revolutionäreBewegung befreit auch die Sprache. Was bisher so

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c_i36 Rede-Beispiele aus der Politik

schwer auszusprechen war, geht uns auf einmal freivon den Lippen. Wir staunen, was wir offenbarschon lange gedacht haben und was wir uns jetztlaut zurufen. )>Demokratie - jetzt oder nie!<<, und wirmeinen Volksherrschaft. Wir erinnern uns dersteckengebliebenen oder blutig niedergeschla-genen Ansätze in unserer Geschichte und wollen dieChance, die in dieser Krise steckt, da sie alle unsereproduktiven Kräfte weckt, nicht wieder verschlafen.Mit dem Worte )pWende(( habe ich meine Schwierig-keiten. Ich sehe da ein Segelboot. Der Kapitän ruft:a,Klar zur Wende?<<, weil der Wind sich gedreht hatoder ihm ins Gesicht bläst. Und die Mannschaftduckt sich, wenn der Segelbaum über das Bootfegt. Aber stimmt dieses Bild noch? Stimmt es nochin dieser täglich vorwärtstreibenden Lage?

Ich würde von j)revolutionärer Erneuerung<< spre-chen. Revolutionen gehen von unten aus, unten undoben wechseln die Plätze in dem Wertesystem, unddieser Wechsel stellt die sozialistische Gesellschaftvom Kopf auf die Füße. Große soziale Bewegungenkommen in Gang. Soviel wie in diesen Wochen ist inunserem Land noch nie geredet worden, noch niemit dieser Leidenschaft, mit so viel Zorn und Trauer,aber auch mit so viel Hoffnung. Wir wollen jeden Tagnutzen. Wir schlafen nicht oder wenig. Wir befreun-den uns mit Menschen, die wir vorher nicht kannten,und wir zerstreiten uns schmerzhaft mit anderen, diewir zu kennen glaubten. Das nennt sich nun ,,Dia-log«. Wir haben ihn gefordert. Nun können wir dasWort fast nicht mehr hören. Und haben doch nochnicht wirklich gelernt, was es ausdrücken will.Mißtrauisch starren wir auf manche, plötzlich ausge-streckte Hand, in manches vorher so starre Gesicht.Mißtrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Wir drehenalte Losungen um, die uns gedrückt und verletzt ha-ben und geben sie postwendend zurück. Wir fürch-ten, benutzt zu werden, verwendet. Und wir fürchtenein ehrlich gemeintes Angebot auszuschlagen. Indiesem Zwiespalt befindet sich nun unser ganzesLand . . .

Verblüfft beobachten wir die Wendigen, im Volks-mund B,Wendehälsec< genannt, die laut Lexikon sichrasch und leicht einer gegebenen neuen Situationanpassen, sich in ihr geschickt bewegen, sie zu nut-zen verstehen . . . Ja, die Sprache springt aus demÄmter- und Zeitungsdeutsch heraus, in das sie ein-gewickelt war und erinnert sich ihrer Gefühlswörter.Eines davon ist Traum. Also träumen wir, mit hellwa-cher Vernunft: »Steil dir vor, es ist Sozialismus undkeiner geht weg.<< Wir sehen aber die Bilder der im-mer noch Weggehenden und fragen uns: ,,Wastun?<<, und hören als Echo die Antwort: ))Was tun?<<. . .

Dies ist eine Demo, genehmigt, gewaltlos . . . >>EinVorschlag für den 1. Mai: Die Führung zieht am Volkvorbei.c( (Alles nicht von mir . Das ist literarischesVolksvermögen.) Unglaubliche Wandlung, dasStaatsvolk der DDR geht auf die Straße, um sich alsVolk zu erkennen. Und dies ist für mich der wichtig-

ste Satz dieser letzten Wochen: der tausendfacheRuf: »Wir sind das Volk!<< Eine schlichte Feststellungund die wollen wir nicht vergessen.Benno Zanetti: Der Weg zur deutschen Einheit. 9. November1989 bis 3. Oktober 1990; mit den wichtigsten Reden. Mün-chen: Goldmann, 1991, S. 205 f.

m-l ,,Jetzt wächst zusammen,was zusammengehört“

Dies ist ein schöner Tag nach einem langen Weg.Doch wir befinden uns erst an einer Zwischensta-tion. Wir sind noch nicht am Ende des Weges ange-langt. Es liegt noch eine Menge vor uns.

Die Zusammengehörigkeit der Berliner und derDeutschen überhaupt manifestiert sich auf einebewegende, auf eine uns aufwühlende Weise, ambewegendsten dort, wo getrennte Familien endlichwieder ganz unverhofft und tränenvoll zusammen-finden. Mich hat auch das Bild angerührt von demPolizisten auf unserer Seite, der rübergeht zu sei-nem Kollegen und sagt: j)Jetzt haben wir uns soviele Wochen, vielleicht Monate auf Abstand gese-hen, ich möchte Ihnen einmal die Hand geben.« Dasist die richtige Art, sich dem jetzt Anstehenden zunähern: einander die Hand zu reichen, nachtragendnur dort zu sein, wo es unbedingt sein muß. Und,wo immer es geht, Bitterkeit zu überwinden. Dashabe ich auch heute mittag am Brandenburger Torgespürt . . .Es wird jetzt viel davon abhängen, ob wir uns - wirDeutsche, hüben und drüben - der geschichtlichenSituation gewachsen erweisen. Das Zusammen-rücken der Deutschen, darum geht es. Das Zusam-menrücken der Deutschen verwirklicht sich anders,als es die meisten erwartet haben. Und keiner solltejetzt so tun, als wüßte er ganz genau, in welcherkonkreten Form die Menschen in den beiden Staa-ten in ein neues Verhältnis zueinander geraten wer-den. Daß sie in ein anderes Verhältnis zueinandergeraten, daß sie in Freiheit zusammenfinden undsich entfalten können, darauf kommt es an.Und sicher ist, daß nichts im anderen Teil Deutsch-lands wieder so werden wird wie es war. Die Windeder Veränderung, die seit einiger Zeit über Europaziehen, haben an Deutschland nicht vorbeiziehen

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Rede-Beispiele aus der PolitikC

37

können. Meine Überzeugung war es immer, daß diebetonierte Teilung und daß die Teilung durch Sta-cheldraht und Todesstreifen gegen den Strom derGeschichte standen. Und ich habe es noch in die-sem Sommer erneut zu Papier gebracht: Berlin wirdleben, und die Mauer wird fallen. Übrigens, einStück von jenem scheußlichen Bauwerk, ein Stückdavon können wir dann von mir aus sogar als Erin-nerung an ein geschichtliches Monstrum stehen las-sen. So wie wir seinerzeit nach heftigen Diskussio-nen in unserer Stadt uns bewußt dafür entschiedenhaben, die Ruine der Gedächtniskirche stehen zulassen.

Denen, die heute noch so schön jung sind, und de-nen, die nachwachsen, kann es nicht immer leicht-fallen, sich die historischen Zusammenhänge, in diewir eingebettet sind, klarzumachen. Deshalb sageich nicht nur, daß wir bis zum Ende der Spaltung -zornig, aber auch im Gefühl der Ohnmacht habe ichim August ‘61 dagegen angeredet - noch einigesvor uns haben, sondern ich erinnere uns auchdaran, daß das alles nicht erst am 13. August 1961begonnen hat. Das deutsche Elend begann mit demterroristischen Nazi-Regime und dem von ihm ent-fesselten Krieg. Jenem schrecklichen Krieg, derBerlin wie so viele andere deutsche und nicht-deut-sche Städte in Trümmerwüsten verwandelte. Ausdem Krieg und aus der Veruneinigung der Sieger-mächte erwuchs die Spaltung Europas, Deutsch-lands und Berlins. Jetzt wächst zusammen, was zu-sammengehört. Jetzt erleben wir, und ich bin demHerrgott dankbar dafür, daß ich dies miterleben darf:die Teile Europas wachsen zusammen .

Das Volk selbst hat gesprochen, hat Veränderungengefordert . . Ich denke, daß die Volksbewegung imanderen Teil Deutschlands ihre Erfüllung nur in wirk-lich freien Wahlen finden kann. Und ich meine auch,daß es eine lohnende Aufgabe sein kann, am Werkder Erneuerung an Ort und Stelle mitzuwirken undsie nicht denen zu überlassen, die übrig bleiben.

Noch einmal: Nichts wird wieder so, wie es einmalwar. Dazu gehört, daß auch wir im Westen nicht anmehr oder weniger schönen Parolen von gesterngemessen werden, sondern an dem, was wir heuteund morgen zu tun, zu leisten bereit und in der Lagesind, geistig und materiell. Ich hoffe, die Schubladensind nicht leer, was das Geistige angeht. Ich hoffeauch, die Kassen geben noch was her. Und ichhoffe, die Terminkalender lassen Raum für das, wasjetzt sein muß. Die Bereitschaft nicht zum erhobe-nen Zeigefinger, sondern zur Solidarität, zum Aus-gleich, zum neuen Beginn, wird auf die Probe ge-stellt. Es gilt jetzt, neu zusammenzurücken. DenKopf klar zu behalten und so gut wie möglich das zutun, was unseren deutschen Interessen ebenso ent-spricht wie unserer Pflicht gegenüber Europa.

Benno Zannetti: Der Weg zur deutschen Einheit. 9. Novem-ber 1989 bis 3. Oktober 7990; mit den wichtigsten Reden.München: Goldmann 1991, S. 211-214

1 C6 t

,,Aufbruch in derBildungspolitik“

Aus der Rede von Bundes-präsiden t Roman Herzogauf dem Berliner Bildungs-forum am 5. November1997 im Schauspielhaus amGendarmenmarkt Bild: dpa

Sehr geehrte Damen und Herren, vor einem halbenJahr habe ich unweit von hier einen neuen Aufbruchin der Bildungspolitik gefordert. Bildung, so sagteich damals, muß in unserem Land zum ,,Mega-thema” werden, wenn wir uns in der Wissensgesell-schaft des nächsten Jahrhunderts behaupten wol-len. [...]

Die Spatzen pfeifen es von den Dächern: Wissen istheute die wichtigste Ressource in unserem rohstoff-armen Land. Wissen können wir aber nur durchBildung erschließen. Wer sich den höchsten Le-bensstandard, das beste Sozialsystem und denaufwendigsten Umweltschutz leisten will, der mußauch das beste Bildungssystem haben.

Außerdem ist Bildung ein unverzichtbares Mittel dessozialen Ausgleichs. Bildung ist der Schlüssel zumArbeitsmarkt und noch immer die beste Prophylaxegegen Arbeitslosigkeit. Sie hält die Mechanismendes sozialen Auf- und Abstiegs offen und hält damitunsere offenen Gesellschaften in Bewegung. Undsie ist zugleich das Lebenselixier der Demokratie ineiner Welt, die immer komplexer wird, in der kultu-relle Identitäten zu verschwimmen drohen und dasÜberschreiten der Grenzen zu anderen Kulturen zurSelbstverständlichkeit wird. [. . .]

Es stimmt nicht, daß unsere Jugendlichen Ausstei-ger mit Null-Bock-Mentalität sind! Es ist falsch, Leh-rer pauschal als faul zu beschimpfen, obwohl sietatsächlich mehr Unterrichtsstunden mit größerenKlassenstärken als vor wenigen Jahren bewältigen.Und vielen Professoren werden gewaltige Uberlast-quoten an Studenten als Dauerzustand aufgedrückt,obwohl von ihnen gleichzeitig Wunderdinge in derForschung erwartet werden.

Es ist auch nicht richtig, alle Defizite auf das feh-lende Geld zu schieben! Natürlich ist gute Bildungnicht im Billigangebot zu haben; trotzdem sind un-sere Defizite nicht allein mit dem Scheckbuch zu Iö-sen! Und erst recht ist Kosten-Nutzen-Denken nichtbildungsfeindlich.

Es geht darum, Tabus zu knacken, Irrwege abzubre-chen und falsche Mythen zu beseitigen:

1. Menschen sind Individuen. Sie haben unter-schiedliche Begabungen. Wer das leugnet, vergißteinerseits die herausragenden Talente, die unser Bil-dungssystem oft genug behindert, und andererseits

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Rede-Beispiele aus der Politik / Analyse von Reden und Sprachkritik

die weniger Begabten, denen unser Bildungswesenjeglichen Abschluß verweigert.

2. Bildung beginnt nicht erst mit dem Abitur! Prak-tische und theoretische Begabungen sind gleich-wertig! Das muß sich auch in den Bildungsangebo-ten, den Abschlüssen und Berufschancen, dergesellschaftlichen Achtung niederschlagen.

3. Es gibt keine Bildung ohne Anstrengung. Wer dieNoten aus den Schulen verbannt, schafft Kuschel-ecken, aber keine Bildungseinrichtungen, die aufdas nächste Jahrtausend vorbereiten.

4. Es ist ein Irrglaube, ein Bildungssystem kommeohne Vermittlung von Werten aus! Viele Lehrer lei-sten diese Wertevermittlung durch ihr Beispiel unddurch Diskurse in ihren jeweiligen Fächern. Aber esist auch auf wertevermittelnde Fächer zu achten.Deshalb gehört z. B. der Religionsunterricht in dieSchule und darf nicht in die Pfarrsäle verdrängt wer-den.

5. Falsch ist auch die Vorstellung, die Schule seiReparaturbetrieb für alle Defizite der Gesellschaft.Hier sind schon auch die Eltern gefordert! DieSchule kann die Eltern bei der Erziehung nur unter-stützen, ersetzen kann sie sie nicht.

6. Es ist falsch zu glauben, daß alle Bildungsinhaltedurch bürokratische Vorgaben festgelegt und mög-lichst einheitlich geregelt sein müßten.

7. Es ist ebenso falsch anzunehmen, das beste Bil-dungsangebot könne nur vom Staat kommen. Ge-rade in einem guten öffentlichen Bildungssystembrauchen private Initiativen Ermutigung. [. . .]

Wir besitzen ein vorbildlich gegliedertes Schulsy-stem. Diese Vielfalt müssen wir aber auch nutzen!Wir müssen ehrlich fragen: Welche Schule sichertwelchem Kind die beste Förderung? Das ist nichtimmer die Schule mit dem höchstmöglichen Ab-schluß. Deshalb darf die Hauptschule nicht immermehr zur Restschule verkümmern. Sie muß für vieleBerufe qualifizieren, indem sie praktische Neigun-gen weckt und fördert und frühzeitig auch Praxisbe-züge herstellt. Wer die Welt mit der Hand begreift,hat nicht weniger Anspruch auf bildungspolitischeBeachtung als der theoretisch Begabte.

Auch innerhalb der Schularten erscheint mir nochviel mehr Differenzierung möglich, ohne daß dabeidie Vergleichbarkeit der Schulabschlüsse mehr aufdem Spiel stünde als heute. Wir sollten wieder denMut finden, gute Schüler gut und schlechte Schülerschlecht zu nennen. Das verpflichtet uns aber zu-gleich, uns beiden Gruppen besonders zu widmenund sie mit abgestimmten Förderprogrammen opti-mal zu betreuen. [...]

Ich sage nicht, daß wir jetzt mit einem Schritt dengroßen Wurf landen müssen, der bis weit ins 21.Jahrhundert hinein Bestand hat. Wir brauchen -eher im Gegenteil - eine Fähigkeit zur ständigenWeiterentwicklung. Schon unsere Großeltern wuß-ten: Wer rastet, der rostet. Das gilt erst recht dort,

wo stündlich Neues entdeckt wird. Wir folgen bisherviel zu sehr dem Modell, zuerst viel Reformdruckaufzustauen, der sich dann im Erdbeben einerGroßreform entlädt, um anschließend wieder inno-vationsunwillig jeder Neuerung zu trotzen. Künftigmüssen wir die Fortentwicklung des Bildungssy-stems zur Daueraufgabe machen.

Unser Bildungssystem war einst ein Modell für dieganze Welt. Aber es muß weiterentwickelt werden.Das Bessere ist bekanntlich der Feind des Guten.Ziehen wir daraus die Konsequenzen. Machen wires zu einem Modell für das 21. Jahrhundert!

Schaffen wir ein Bildungswesen, das Leistung för-dert, keinen ausschließt, Freude am Lernen vermit-telt und selbst als lernendes System kreativ und ent-wicklungsfähig ist. Setzen wir neue Kräfte frei,indem wir bürokratische Fesseln sprengen. Entlas-sen wir unser Bildungssystem in die Freiheit.

httprlfwww.bundespraesident.delnfnph-ilredenldeutsch1997.map

Vollständiger Text in: Bulletin Nr. 87, 517.7997, S. 7007 ff.Hrsg.: Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

[ C 7 1 Vorsicht: Demagogie!

Es heißt, Worte seien das stärkste Rauschgift, dasdie Menschen besäßen. Dieser Ausspruch Kiplingszielt auf die Demagogie, die Kunst der Volksver-führung durch mitreißende, oft genug verderblicheReden. Ihre psychologischen Grundlagen findensich in Le Bons berühmtem Buch ,,Die Psychologieder Massen“. Dort heißt es z. B.: ,,Die Redner müs-sen, da die Massen nur durch übermäßige Empfin-dungen stark erregt werden, starke Ausdrücke ge-brauchen, Schreien, Beteuern, Wiederholen“.

Hitler hat sich diese Lehren zu eigen gemacht. Inseinem Buch ,,Mein Kampf“ setzt er sie in demago-gische Grundforderungen um: ,,Wer die breiteMasse gewinnen will, muß den Schlüssel kennen,der das Tor zu ihrem Herzen öffnet. Er heißt nichtObjektivität, also Schwäche, sondern Wille undKraft . Die Masse ist nicht in der Lage, nun zu un-terscheiden, wo das fremde Unrecht endet und daseigene beginnt . Das Volk ist in seiner überwiegen-den Mehrheit so feminin veranlagt und eingestellt,daß weniger nüchterne Uberlegung, vielmehr ge-fühlsmäßige Empfindung sein Denken und Handelnbestimmt . Es ist falsch, der Propaganda etwa dieVielseitigkeit des wissenschaftlichen Unterrichts ge-ben zu wollen. Die Aufnahmefähigkeit der großenMasse ist nur sehr beschränkt, das Verständnisklein, dafür jedoch die Vergeßlichkeit groß. Aus die-sen Tatsachen heraus hat sich jede wirkungsvollePropaganda auf nur sehr wenige Punkte zu be-schränken und diese schlagwortartig so lange zuverwerten, bis bestimmt auch der Letzte untereinem solchen Wort das Gewollte sich vorzustellenvermag “

CAnalyse von Reden und Sprachkritik 39

Der Demagoge wendet sich nicht an den Verstand,sondern nur an die Emotionen der Hörer, die in derMasse besonders leicht erregbar sind. Schmeiche-lei und Versprechen spielen eine große Rolle; derGegner wird beschimpft, bedroht, lächerlich ge-macht. Immer wieder wird die Gemeinsamkeit be-tont, bis der einzelne ein Wir-Gefühl erlebt, das ihmsuggeriert, Teil einer machtvollen Gruppe zu sein,ein Ziel und einen Lebensinhalt zu haben; er fühltsich geborgen, sieht seine persönliche Bedeutungerhöht und ist auf dem besten Wege, ein entschlos-sener, zuletzt fanatisierter Gefolgsmann zu werden,der sich bedingungslos seinen Führern - besserVerführern - anvertraut.Kurs Rhetorik. Kiel: Eckert Verlag, 2. Aufl. 1995, S. 32

1 C 8 1 ,,lch frage euch“

1943 proklamiertJoseph Goebbels

Bild: AKG

am 18. Februar 1943 in seiner Rede im BerlinerSportpalast den ,, totalen Krieg“. Sie gilt als Para-debeispiel einer propagandistischen und demagogi-schen Rede, da der Propagandaminister Goebbelssich vorgenommen hat, nach der sich abzeichnen-den Niederlage die deutsche Bevölkerung (Tau-sende von Zuhörern im Sportpalast und Millionenvon Hörern, die am Volksempfänger die Rede verfol-gen) aus dem Stimmungstief herauszureißen und siewieder fest an die NS-Führung zu binden.

,,lhr also, meine Zuhörer, repräsentiert in diesem Au-genblick die Nation. Und an euch möchte ich zehnFragen richten, die ihr mir mit dem deutschen Volkevor der ganzen Welt, insbesondere aber vor unserenFeinden, die uns auch an ihrem Rundfunk zuhören,beantworten sollt.”

Nur mit Mühe kann sich der Minister für die nun fol-genden Fragen Gehör verschaffen. Die Masse befin-det sich in einem Zustand äußerster Hochstimmung.Messerscharf fallen die einzelnen Fragen. Jeder ein-zelne fühlt sich persönlich angesprochen. Mit letzterAnteilnahme und Begeisterung gibt die Masse aufjede einzelne Frage die Antwort. Der Sportpalasthallt wider von einem einzigen Schrei der Zustim-mung.

,,Die Engländer behaupten, das deutsche Volk habeden Glauben an den Sieg verloren: Ich frage euch:

Glaubt ihr mit dem Führer und mit uns an den end-gültigen totalen Sieg des deutschen Volkes?

Ich frage euch: Seid ihr entschlossen, dem Führer inder Erkämpfung des Sieges durch dick und dünnund unter Aufnahme auch der schwersten persönli-chen Belastungen zu folgen?

Zweitens: Die Engländer behaupten, das deutscheVolk ist des Kampfes müde. Ich frage euch: Seid ihrbereit, mit dem Führer als Phalanx der Heimat hinterder kämpfenden Wehrmacht stehend diesen Kampfmit wilder Entschlossenheit und unbeirrt durch alle ’Schicksalsfügungen fortzusetzen, bis der Sieg inunseren Händen ist?

Drittens: Die Engländer behaupten, das deutscheVolk hat keine Lust mehr, sich der überhand neh-menden Kriegsarbeit, die die Regierung von ihm for-dert, zu unterziehen. Ich frage euch: Seid ihr und istdas deutsche Volk entschlossen, wenn der Führeres befiehlt, zehn, zwölf, und wenn nötig, vierzehnund sechzehn Stunden täglich zu arbeiten und dasLetzte herzugeben für den Sieg?”Herrschaft durch Sprache. Arbeitstexte für den Unterricht.Hrsg. von Walter Schafarschik. Stuttgart: Philipp ßeclam jt~1973, S. 65 f.

I ,,Unwörter“ des Jahres

Einmal im Jahr kürt eine sechsköpfige Jury die ,,Un-Wörter des Jahres“. Von 1991 bis 1993 wurde dieSuche nach dem ,,Unwort des Jahres“ im Rahmender Gesellschaft für deutsche Sprache veranstaltet,seit 1994 machte sich die sechsköpfige Jury selb-ständig und arbeitet seitdem als ,,SprachkritischeAktion: Unwort des Jahres“. Im folgenden sind bis-her monierte ,,Unwöt-ter” zusammengestellt.

..Unwort“ 1991 Dunkeldeutschlandausländerfrei (für Ostdeutschland)

Buschzulage,Unwot-t“ 1992 (für Arbeiten im Osten)ethnische Säuberung Freisetzung(für Vertreibung oder (von Arbeitskräften)Tötung von Menschen)

,.Unwort” 1995,.Unwörter“ 1993Übet-fremdung

Diätenanpassung

kollektiver Freizeitpark Unwort“ 1996(Deutschland) Rentnerschwemmeschlanke Produktion e,(für Entlassungen) ,.Unwot-t“ 1997

Wohlstandsmüll,Unwöt-ter” 1994 (für arbeitsunwillige,Peanuts arbeitsunfähige oderBesserverdienende kranke Menschen)

In Anlehnung an: Der Sprachdienst. Hrsg. von der Ge-sellschaft für deutsche Sprache (Wiesbaden). Heft 1/94(JanuarlFebruar) S. 8 ff. und 2196 (MätzlApril), S. 47 ff.

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40 Analyse von Reden und Sprachkritik

ICIOI Verschiedene Bezeichnungenfür einen Sachverhalt

Zur Bezeichnung ein und desselben Sachverhaltsbrauchen MieterA/ermieter, Konsumenten/Produ-Zenten, ArbeitgebetYArbeitnehmer, Industrielle/Umweltschützer usw. oft verschiedene Ausdrücke,welche die unterschiedlichen Sichtweisen undInteressenlagen widerspiegeln.

Ordnen Sie den Gebrauch der folgenden Wörterverschiedenen Gruppen zu (mit Begründung).

Kernkraftwerk/Atomkraftwerkbewähtt/konservativPreisangleichung/Preissteigerung/Preiserhöhung/PreisanhebungArbeitsplatzredimensionierung/EntlassungenAbtreibung/Schwangerschaftsabbruch/Abort/Mordan ungeborenem LebenAufrüstung/NachrüstungEntwicklungsländetYunterentwickelte Länder/Dritt-Weltländerverkehrsbelebte Straßen/lärmige StraßenGastarbeiter/FremdarbeiterVerständigung/KommunikationHausangestellte/Dienstmädchensoziale Gerechtigkeit/GleichmachereiArbeitetYArbeitnehmer

Suchen Sie weitere Beispiele. Wie lassen sich dieBegriffe nach ihrer Werthaltung einteilen? Für dieKlassifikation stehen folgende Ausdrücke zur Vet-fü-gung: wertneutral - positiv - beschönigend (fuphe-mismus, der bis zur Verschleierunglfntstellung ei-nes Sachverhalts geht) - negativ. Wie weit ist dieBeantwortung dieser Fragen von der eigenen Optikabhängig? Gibt es überhaupt Begriffe, die einen»wertneutralen« Klang haben?Martin Fenner/lwar Werlen: Sprache und Politik in derSchweiz. Zürich: Sabe AG 1987, S. 11

p-7-j Kampf mit Wörternund um Wörter

Die beiden folgenden Strategien sind im politischenKampf um Wählerstimmen besonders häufig anzu-treffen und daher besonders wichtig:

Die Strategie: ,,Begriffe besetzen“: Wenn eine Grup-pierung oder eine Partei glaubwürdig für ihre politi-schen Ziele einen positiv besetzten Begriff prägenund beanspruchen kann (z. B. Jkologische Gerech-tigkeit“), dann kann diese Gruppierung gegebenen-falls einen Vorteil gegenüber den politischen Geg-nern erzielen. Der politische Gegner muß solch einpositives Schlagwort entwenden und damit für sich

beanspruchen oder ein neues, noch besseres etfin-den.

Die Strategie der Eigen- und Fremdzuschreibungvon Eigenschaften: Wenn eine politische Gruppie-rung oder Partei in überzeugender Form mit Hilfe ei-nes Wahlslogans wie z. B. ,,Freiheit statt Sozialis-mus“ sich selber positiv bewertete Eigenschaften(hier ,,Wir stehen für Freiheit“) und den politischenGegnern negativ bewertete Eigenschaften (hier ,,Dieanderen stehen für Unfreiheit”) zuzuschreiben in derLage ist, so kann daraus eventuell politisches Kapi-tal geschlagen werden.In Anlehnung an Josef Klein: Politische Semantik. Bedeu-tungsanalytische und sprachkritische Beiträge zur politischenSprachverwendung. Opladen: Westdeutscher Verlag 1989,s. 3 ff.

1 C 12 1 KonkurrierendeBezeichnungen

Sachverhalt

Wirtschaftsformder Bundes-republikDeutschland

Verhältnis vonabhängig Be-schäftigten undKapitaleignern

Ostpolitik derRegierungBrandt-Scheel

Erweiterung derMitbestimmung

Rote ArmeeFraktion

SPD-FDP-Koalition

CDU-FDP-Koalition

Endlager fürradioaktiveAbfälle

Dienst in derBundeswehr

Positive(re)Bezeichnung

Soziale Markt-wirtschaft

rVegative(re)Bezeichnung

Kapitalismus

Sozialpat-tner-Schaft

Klassenkampf

Politik derVersöhnung

Verzichtspolitik

Demokratisie-rung derWirtschaft

Baader-Meinhof.Gruppe

Sozial-liberaleKoalition

Koalition derMitte

Nuklearer Ent-sorgungspark

Funktionärs-herrschaft

Baader-Meinhof-Bande

Links-Koalition

Rechts-Koalition

Atommüll-Deponie

Friedensdienst Kriegsdienst

Josef Klein: Wortschatz, Wortkampf, Wortfelder in der Politik.In: Josef Klein (Hg.): Politische Semantik. Opladen: West-deutscher Verlag 1989, S. 79

Thema des nächsten Heftes:

Außerschulische Lernorte

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Direktor: Siegfried Schiele -385Assistenz: Sabine Keitel -387Öffentlichkeitsarbeit: Joachim Lauk -484

Abteilung I Verwaltung (Günter Georgi)Fachreferatel/l Partnerfragen: Gunter Georgi -379l/2 Organisation und Haushalt: Jörg Harms -383113” Haus auf der Alb: Erika Höhne (07125) 152-109114 DV-Organisatron S t u t t g a r t : W o l f g a n g Herterich - 4 9 21/4* DV-Organ i sa t i on S tu t t ga r t : Cyn th i a Be r t azzon i - 4991/4** DV-Organisation Bad Urach:

Siegfried Kloske (07125) 152-137

Abteilung II Adressaten (Karl-Ulrich Tempi, stellv. Direktor)Fachreferatell/l Medien: Karl-Ulrich Templ -39011/2** Frieden und Sicherheit: Wolfgang Hesse (07125) 152-140ll/3 Lehrerfortbildung: Karl-Ulrich Templ -39011/4* Schule, Hochschule, Schülerwettbewerb:

Reinhard Gaßmann, Ass. Monika Greiner -373ll/5 Außerschulische Jugendbildung: Wolfgang Berger -369ll/6” Ö f f e n t l i c h e r D i e n s t : E u g e n Baacke (07125 ) 152 -136

Abteilung Ill Schwerpunkte (Konrad Pflug)Fachreferate111/1* Landeskunde/Landespolitik:

Dr. Angelika Hauser-Hauswirth -392Ill/2 Frauenbildung: Christine Herfel -487lll/3** Zukunft und Entwicklung:

Gottfried Böttger (07125) 152-139lll/4** Ökologie: Dr. Markus Hug (07125) 152-146Ill/5 F r e i w i l l i g e s Ö k o l o g i s c h e s J a h r : K o n r a d P f l u g - 4 9 4Ill/6 Deutschland und Europa: Dr. Thomas Weber -488Ill/7 Gedenkstättenarbeit: Konrad Pflug - 5 0 1

Abteilung IV Publikationen (Prof. Dr. Hans-Georg Wehling)FachreferateIV/1 Wissenschaftliche Publikationen,

Redaktion ,,Der Bürger im Staat”: Prof. Dr. Hans-Georg Wehling -371IV/2 Redakt ion ,,Politik und Unterricht”: Otto Bauschert -388IV/3 Redaktion ,,Deutschland und Europa”:

Dr. Walter-Siegfried Kircher -391

IV/4 Didaktik politischer Bildung: Siegfried Frech - 4 8 2IV/6*’ Arbeitshilfen: Werner Fichter (07125) 152-147

Abteilung V Regionale Arbeit (Hans-Joachim Mann)FachreferateVfl Außenstelle Freiburg: Dr. Michael Wehner (0761) 2077377VI2 Außenstelle Heidelberg: Dr. Ernst Lüdemann (06221) 6078-0VI3 Außenstelle Stuttgart: Hans-Joachim Mann (0711) 2371374Vf4 Außenstel le Tübingen: Rol f Mül ler (07071) 2002996

DienststellenZentrale in Stuttgart s. 0.* 70178 Stuttgart, Sophienstraße 28-30, Telefax (0711) 2371-498** Haus auf der Alb, Hanner Steige 1,

72574 Bad Urach, Tel. (07125) 152-0, Telefax (07125) 152-100

Außenstelle Freiburg, Friedrichring 29,79098 Freiburg, Tel. (0761) 207730, Telefax (0761) 2077399

Außenstelle Heidelberg, Friedrich-Ebert-Anlage 22-2469117 Heidelberg, Tel. (06221) 60780

Außenstelle Stuttgart, Sophienstraße 28-30,70178 Stuttgart, Tel. (0711) 2371375, Telefax (0711) 2371498

Außenstelle Tübingen, Herrenberger Straße 36,72070 Tübingen, Tel. (07071) 2002996, Telefax (07071) 2002993

BibliotheWMediothek Haus auf der AlbBad Urach: Gordana Schumann, Telefon 07125/152-121

Publikationsausgabe StuttgartStafflenbergstraße 38

Dienstag 9.00 bis 12.00 UhrDonnerstag 14.00 bis 17.00 Uhr

* Nachfragen

,,Politik und Unterricht“Verena Richter, Telefon 0711/2371378

,,Deutschland und Europa”N. N., Telefon 0711/2371378

,,Der Bürger im Staat”Ulrike Hirsch, Telefon 0711/2371371

Publikationen (außer Zeitschriften)Ulrike Weber, Telefon 0711/2371384

* Bestellungen

bitte schriftlich an die zuständigen Sachbearbeiterinnen (s. 0.):Stafflenbergstraße 38, 70184 Stuttgart, Fax 0711/2371496

NECKAR-VERLAG GmbH l 78008 VILLINGEN-SCHWENNINGEN