25.06.2015Gesundheitspsychologie Seele und Körper gehen miteinander zum Arzt. Sagt die Seele zum...
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25.06.2015 Gesundheitspsychologie
Seele und Körper gehen miteinander zum Arzt. Sagt die Seele zum Körper:
„Geh Du voran, Dich versteht er besser.“
Vorlesung IX
Compliance als zentrale Beeinflussungsgröße gesundheitlichen Handelns
Prof. Dr. Jürgen Hoyer
•Dresden, 25. Juni 2015
Gliederung
1. Compliance: Begriff und Dimensionen des Problems2. Messung3. Einflussfaktoren4. Das Gegenteil von Compliance: Reaktanz5. Compliance in der Psychotherapie6. Compliance unter Ärzten und Therapeuten
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Definition der Compliance-Pioniere um Sackett
„Grad, in dem das Verhalten einer Person (in Bezug auf die Einnahme eines Medikamentes, das Befolgen einer Diät oder die Veränderung des Lebensstils) mit dem ärztlichen oder gesundheitlichen Rat übereinstimmt.“ (übersetzt, Sackett, 1979)
100%-ige Übereinstimmung?
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Compliance: Daten und Schätzungen
• Spiegel (03/2004): 20% der Rezepte nicht eingelöst, 50% selten oder nicht angewendet
• Patienten, die Anweisungen des Arztes nicht befolgen: (Lutfey & Wishner, 1999)
• Nicht chronifizierte Erkrankungen: 20-90%• Chronische Erkrankungen: 50%
• Non-Compliance (DiMatteo, 2004)
• Durchschnittlich: 25%• Bei Langzeitbehandlungen ca. 50%
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Compliance: Kosten
Jährliche Kosten der Non-Compliance in
Deutschland inkl. Folgekosten:
10 Milliarden €
(Gräf, 2007)
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Zum Vergleich:
Gesamtkosten GKV (2006):137 Milliarden €
Gesamtkosten Psychotherapie: 0,5 Milliarden €
Muster der Non-Compliance
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Simons, S., Roth, S. & Jaehde, U. (2007, November 22). Non-Compliance. Therapietreue dauerhaft verbessern. Pharm. Ztg. Verfügbar unter http://www.klinische-pharmazie.info/publikationen/ubersichtsarbeiten-und-buchbeitraege/simons-roth-jaehde_non-compliance [19.05.2015]
Welche Compliance? (Vermeire et al., 2001)
• Inanspruchnahme des Gesundheitssystems (Compliance i.w.S.)• verspätetes Aufsuchen ärztlicher Hilfe• Nicht-Teilnahme an Präventionsprogrammen• Termine nicht wahrnehmen• ärztliche Empfehlungen nicht einhalten
• Compliance i.e.S. (hier im Bezug auf Medikamenteneinnahme)• Rezept nicht einlösen• falsche Dosis, zum falschen Zeitpunkt, Dosis vergessen, Absetzen, etc.
• Compliance als Mittel oder Ziel• Absichtliche vs. unabsichtliche Non-Compliance
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Grundlegende Kritik am Begriff Compliance
Zusätzlich zur Unschärfe des Begriffs, Kritik an dessen Grundaussage:
•negativ konnotiert
•Gehorsam, Konformität, Unterordnung, Paternalismus
•asymmetrische Beziehung zw. Patient und Arzt
• aktive, bestimmende Rolle des Arztes• passive, ausführende Rolle des Patienten
•Gründe für Non-Compliance allein auf Seite des Patienten
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25.06.2015 Gesundheitspsychologie
1. Begriffsklärung
Fremdsteuerung Selbststeuerung
Diagnose durch den Therapeuten/Arzt
Diagnose wird dem Patienten exakt erklärt und durchgesprochen
Pt. wird vom Arzt aufgeklärt u./od. informiert sich bei anderen Instanzen der Gesundheitsberatung
Arzt u. Patient diskutieren und entscheiden gemeinsam über Therapieplan
Pt. entscheidet selbstbestimmt
Pt. wird in der eigenverantwortlichen Durchführung der Therapie geschult (Vermittlung von Selbstmanagement-
Kompetenzen)
eigenverantwortliche Therapiesteuerung unter ärztlicher Begleitung und Unterstützung
Diagnose wird nur vage vermittelt
Grundlagen der Therapie-entscheidungen bildet allein das
Expertenwissen des Arztes
Arzt trifft allein die Therapieentscheidungen
Pt. soll sich exakt (passiv) an die Verordnungen halten („compliance“)
Therapiedurchführung allein gesteuert durch Arzt
Folie 12
Adherence/Adhärenz – die bessere Compliance
• Kern = Compliance…UND…• betont Kooperation und Partnerschaft zwischen Arzt und Patient
• Patient als informierter und autonomer Entscheider• der aber auch Bedürfnisse und Wünsche hat• Arzt als Partner, der Informationen und Rat liefert
Compliance als Begriff bleibt bestehen, wird aber zusehends i.S. von Adherence konzipiert.
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Compliance ~ Adherence
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Adherence
Compliance
Folie 14
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•„Ich hoffe, Sie sind nicht wie die zwanzig anderen unfähigen Ärzte, die nichts bei mir gefunden haben.“
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Adherence ≠ Ärzte machen, was Patienten wollen
Eine Verschreibung erfolgt 10 mal häufiger, wenn der Arzt meint, der Patient wünsche ein Medikament.
Gliederung
1. Compliance: Begriff und Dimensionen des Problems2. Messung3. Einflussfaktoren4. Das Gegenteil von Compliance: Reaktanz5. Compliance in der Psychotherapie6. Compliance unter Ärzten und Therapeuten
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Messung
• Definitionsproblem vs. allgemeingültige, valide Messmethoden
• Operationalisierungen von (Non-)Compliance:
• 100%ige Umsetzung• Wirksamkeit der Therapie• statistischer Mittelwert aller Patienten, ..
• Relativ einfach bei Medikamenten-Compliance:
• direkt (Metabolit oder Marker in Körperflüssigkeit)• indirekt (Interview, Tagebücher, Tablettenzähler, Outcome)• MEMS – Medication Event Monitoring System: registriert Öffnen &
Schließen der Packung + Entnahme
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MEMS (Medication Event Monitoring System)
Half u.a. folgende Phänomene zu erkennen:
•variabler Einnahmezeitpunkt: verspätete oder zu frühe Einnahme
•Änderungen im Dosierungsmuster: Auslassen oder eigenmächtigeAddierung von Dosierungen
•drug-holidays: keine Medikamenteneinnahme für mehrere Tage,danach Wiederaufnahme
•white-coat-compliance (Praxis-Compliance): Medikamenteneinnahme in zeitliche Nähe eines Arzttermins;mit größerer Entfernung vom Termin nimmt Compliance ab
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MEMS-Profile (Simons, Roth & Jaehde, 2007)
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Ausführungsqualität und Persistenz (Simons, Roth & Jaehde, 2007)
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Gliederung
1. Compliance: Begriff und Dimensionen des Problems2. Messung3. Einflussfaktoren4. Das Gegenteil von Compliance: Reaktanz5. Compliance in der Psychotherapie6. Compliance unter Ärzten und Therapeuten
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WHO (2003)
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Einflussfaktoren
Weit über hundert Faktoren (bei Arzt, Patient, Erkrankung, Sitzung) geprüft:•kaum konsistente Prädiktoren•wenn Zusammenhänge, dann schwache keine Theorie oder Modell der Compliance
Heuristik1. Kommunikation und Beziehung zw. Arzt und Patient2. Modalität der Verordnung und Anleitung3. Patient: Determinanten des Gesundheitsverhaltens
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1. Kommunikation und Beziehung
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25.06.2015 Gesundheitspsychologie
schle
chte
Compli
ance
gute
Compli
ance
Bevormundung/Lenkung
Gering-schätzung
Selbstbestimmung
Wert-schätzung
patriarchalisch-fürsorglicher Stil
partnerschaftlich-integrativer Stil
laisser-faireStil
autoritärer Stil
= adherence
Folie 26
Shared Decision-Making (Joosten et al., 2008)
• Arzt (+ x) und Patient (+ x) beteiligt
• alle Phasen des Entscheidungsprozesses werden gemeinsam durchlaufen
• beide (alle) bringen ein:
– Informationen (z.B. welche Alternativen)– Wertvorstellung– potentielle Konsequenzen– Bewertung der Alternativen
• beider Ziel und Abschluss: Konsensentscheidung
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Shared Decision-Making (Joosten et al., 2008)
Traditionell(paternalistisch)
Shared Decision-Making
InformierterPatient
Arztaktiv: gibt Pat. ausgewählte Information, wählt Therapie, die er für richtig hält
aktiv: alle Information an Patient (alle Möglichkeiten), kann empfehlen
passiv: alle Information an Patient, keine Empfehlung
Patient passiv: akzeptiert Vorschlag, verpflichtet an eigener Genesung mitzuwirken
aktiv: erhält alle Information, fällt eigenes Urteil (pro/contra), diskutiert Favorit mit Arzt
aktiv: erhält alle Information, fällt eigenes Urteil; „frei“ – keine Beeinflussung durch Arzt
Information Arzt -> Patient Arzt <-> Patient Arzt -> Patient
Abwägung Arzt allein odermit anderen Ärzten
Arzt & Patient(evtl. andere)
Patient(evtl. andere)
Entscheidung Arzt Arzt & Patient Patient
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25.06.2015 Gesundheitspsychologie Folie 29
SDM umfasste in den meisten Studien nur eine einzige Sitzung
1. Kommunikation und Beziehung (I)
• Positives Vertrauensverhältnis:
• akzeptierende, wertschätzende und respektvolle Grundhaltung,• Ernstnehmen der Patientenprobleme und Bedenken,• wertfreier Umgang mit Problemverhalten,• keine Schuldzuweisungen und Vorwürfe (z.B. Non-Compliance)
• Partnerschaftliche Arbeitsbeziehung statt Expertendominanz:
• gleichberechtigter und transparenter Umgang,• professionelle Beziehungsgestaltung mit emotionaler Nähe, aber• sachlich-freundliche, persönliche Distanz
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1. Kommunikation und Beziehung (II)
• Therapeutische Interaktion:• emotionale Zuwendung, Freundlichkeit, Empathie • Glaubwürdigkeit und Echtheit, Konsistenz und Kongruenz• Vermittlung therapeutischer Kompetenz und Erfahrung• selbstsicheres (aber nicht arrogantes Auftreten)
• Nonverbales Kommunikationsverhalten: aktive Aufmerksamkeit
• Kontinuität in der Betreuung des Patienten
• Intermittierende Verstärkung für aktive Therapiemitarbeit (Anerkennung, Lob, positives Feedback, Eigenleistung des Patienten am Therapieerfolg betonen)
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2. Modalität der Verordnung und Anleitung (I)
• Erklärungen und Instruktionen
• einfach, klar und verständlich• Alltagssprache und Sprache des Patienten• praktische Demonstrationen und Üben lassen• regelmäßiges Wiederholen („Boostern“)
• Wiederholte Nachprüfung der Kenntnisse und Fertigkeiten
• Praktische Hilfen (optische Hilfen, schriftlicher Selbstmanagementplan, Selbsthilfemanual, Bibliotherapie, Rückfallprophylaxe, Gedächtnis-“Marker“, Einbeziehung von Bezugspersonen, Verknüpfung mit Ritualen)
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2. Modalität der Verordnung und Anleitung (II)
Osterberg & Blaschke (2005)25.06.2015 Gesundheitspsychologie Folie 33
3. Patient: Determinanten des Gesundheitsverhaltens
Compliance wird auf Patientenseite bestimmt durch (Krankheits-) Wissen, Überzeugungen und Einstellungen:
•Ich habe eine Erkrankung und/oderbin einem erhöhten Risiko ausgesetzt.•Die Konsequenzen können sehrernst und gefährlich sein.•Wenn ich das Medikament regelmäßig nehme,vermindere ich das Risiko.•Das Medikament regelmäßig zu nehmenschaffe ich, indem ich ..
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Was der Patient auch denken kann:• „Bluthochdruck? Da merk ich gar
nichts von.“• „Was heißt denn das eigentlich –
Bluthochdruck? Meine Frau hat ja niedrigen Blutdruck, die ist immer schnell müde; das wäre ja auch blöd, das will ich ja nun auch nicht.“..
Arzt: „Beim letzten Routinecheck war der Blutdruck ein bisschen erhöht, ich schreib Ihnen mal einen Blutdrucksenker auf, den müssen sie regelmäßig nehmen.“
Folie 34
3. Patient: Wie war das noch gleich mit dem Verhalten?
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Selbst-wirksamkeits-
erwartung
Handlungs-ergebnis-erwartung
Risiko-wahrnehmung
Zielsetzung Planung
Aufrecht-erhaltung
InitiativeDisengage
-ment
Wiederher-stellung
HandlungSituative Barrierenund Gelegenheiten
Folie 35
3. Patient: Einfluss des Arztes
• Die Determinanten des Gesundheitsverhaltens sollte der Arzt zusammen mit dem Patienten überprüfen, seine Bedenken aufgreifen und erörtern.
• Dafür hat er im Schnitt genau
Minuten.
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9Folie 36
3. Patient: Motivation „durch Zug“ am Beispiel Sport
Untersuchungen:
• nur 15% der Bevölkerung regelmäßig gesundheitswirksames Training• Gedanke der Gesundheitsförderung allenfalls bei 20% vordergründig• diejenigen, die sich als ungesund einschätzen, nehmen weniger an
Fitnessaktivitäten teil
Für die Teilnahme sind andere Motive (als der Nutzen für die Gesundheit) wichtiger:
• unmittelbare Freude an der Ausübung einer Aktivität• das Wohlbefinden nach der Ausübung der Aktivität• die soziale Anerkennung durch die Bezugsgruppe
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25.06.2015 Gesundheitspsychologie Folie 39
CAVE
Therapiemotivation ≠
Veränderungsmotivation
Gliederung
1. Compliance: Begriff und Dimensionen des Problems2. Messung3. Einflussfaktoren4. Das Gegenteil von Compliance: Reaktanz5. Compliance in der Psychotherapie6. Compliance unter Ärzten und Therapeuten
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Reaktanz (Brehm, 1966)
„Wenn Menschen das Gefühl haben, dass ihre Freiheit, so zu handeln oder so zu denken, wie sie wollen, beschränkt ist, wird ein unangenehmer Zustand der Reaktanz hervorgerufen. Diese Reaktanz kann dadurch gemindert werden, indem die bedrohte Handlung ausgeführt wird.“
Beispiele:• Experiment Pennebaker & Sanders (1976): Je strikter – einschränkender – ein
Verbot formuliert wurde, desto häufiger wurde es gebrochen („bitte schmieren Sie unter keinen Umständen Graffiti an diese Wand“…)
• Bumerang-Effekt bei versuchter Einstellungsänderung• Territorialverhalten bei Verringerung sozialer Distanz• „Heute gibt es keine Cola, die ist schlecht für die Zähne.” ..
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Non-Compliance als reaktantes Verhalten
• Medizinischer Rat schränkt Handlungsfreiheit ein:
• Medikamenteneinnahme zu bestimmten Zeiten,• Nebenwirkungen,• Diäten ..
• Wiederherstellung der Handlungsfreiheit durch den Patienten:
• Abwandlung der Anweisung (Dosisanpassung)• kompletter Verzicht auf Weiterbehandlung• ideal: Äußerung gegenüber dem Arzt & Klärung
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Sozialpsychologie der Compliance: •Patienten wechseln den Behandler, bis sie zu hören bekommen, was sie wollen. Eine Verschreibung erfolgt 10 mal häufiger, wenn der Arzt meint, der Patient wünsche ein Medikament.
Beachte: Ärzte versuchen Reaktanz zu vermeiden!
Reaktanz: Was tun? (I)Compliance i.S. von Kooperation und Partnerschaft verstehen und fördern:
•verhindert Reaktanz oder baut sie ab, dabei unterscheiden: (sensu Kuhl, 2000)
•problematisch bleibt vermeidende Reaktanz (automatisch, ähnlich einer Persönlichkeitseigenschaft)
25.06.2015 Gesundheitspsychologie
Internal motivierte Reaktanz External motivierte Reaktanzselbst-kongruent (Selbstregulation)
an Zielen ausgerichtet (Selbstkontrolle)
„Ich hab doch aber noch nie Medikamente benötigt um wieder gesund zu werden.“
„Ich kann mir doch nicht vor meinen Freunden Insulin spritzen, da mach ich mich doch lächerlich.“
Folie 43
Reaktanz: Was tun? (II) (Silvia, 2005)
Experimenteller, nicht-klinischer Befund:
•Wahrgenommene Ähnlichkeit vermindert Reaktanz
•Spricht für
• Verhalten des Arztes i. S. von shared decision making• Verzicht auf (einseitige) Expertenrolle• Finden einer gemeinsamen Sprache und Eingehen auf subjektive
krankheitsbezogene Modelle und Überzeugungen
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Gliederung
1. Compliance: Begriff und Dimensionen des Problems2. Messung3. Einflussfaktoren4. Das Gegenteil von Compliance: Reaktanz5. Compliance in der Psychotherapie
… ein Thema bei der medizinischen, aber auch bei der psychotherapeutischen Versorgung
1. Compliance unter Ärzten und Therapeuten
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25.06.2015 Gesundheitspsychologie Folie 46
Studien zum Zusammenhang zwischen Hausaufgaben-Compliance und Therapie-Outcome (Helbig, 2002)
Studie n Ergebnis
Burns & Nolen-Hoeksema, 1991
125 Compliance korreliert leicht mit Depressionsschwere am Ende der Therapie
Edelman & Chambless,1993
56 Keine Unterschiede im Therapieerfolg zwischen Patienten mit hoher/niedriger Compliance
Edelman & Chambles,1995
52 Kein Zusammenhang zwischen einer Verbesserung und Compliance (Ausnahme FNE)
Startup & Edmonds,1994
25 Compliance sagt Verbesserung der Symptome in frühen Therapiestadien voraus
Addis & Jacobson,2000
150 Compliance korreliert mit geringerer Schwere depressiver Symptome
Burns & Spangler,2000
521 Signifikante Korrelation zwischen Compliance und Depressionsreduktion
Heuristisches Modell zur Hausaufgaben-Compliance (nach Detweiler & Whisman, 1999)
25.06.2015 Gesundheitspsychologie
Merkmale der Aufgabe
Merkmale des Therapeuten
Merkmale des Patienten
Angemessenheit Aufgabenvergabe
Compliance beiHausaufgaben
BeziehungFolie 47
Empfehlungen für die Vergabe therapeutischer Hausaufgaben• Wichtigkeit der Übungen betonen• detaillierte und eindeutige Instruktionen (schriftliche Anleitung oder Aktionsplan)• angemessene Schwierigkeit und Komplexität („tailoring“), sukzessive Steigerung
des Anforderungsgrades• konkreter inhaltlicher Bezug zum aktuellen Thema der Therapiestunde, zum
Patientenproblem und den Therapiezielen• positives Aufwand-Nutzen-Verhältnis• konsensuale Festlegung der Aufgaben, Zugestehen von
Entscheidungsspielräumen und ausreichend Zeit• Vor- und Nachbesprechung (insbes. antizipierter bzw. eingetretener Probleme
und Barrieren)• kontinuierliche positive Verstärkung für Engagement (nicht nur für Erfolg!)
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Meta-Analyse: Hausaufgaben bei KVT (Kazantis et al., 2010)
• insges. 49 Studien
• Th. ohne HA d = .63; mit d = 1.08
• d = .48 für gleiche Therapieform mit HA vs. ohne
Unklar: wie Compliance innerhalb der HA definieren – bloßes quantitatives „Erfüllungsmaß“ (z.B. in %) nicht sinnvoll
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Gliederung
1. Compliance: Begriff und Dimensionen des Problems2. Messung3. Einflussfaktoren4. Das Gegenteil von Compliance: Reaktanz5. Compliance in der Psychotherapie6. Compliance unter Ärzten und Therapeuten
… wenn die Ärzte selbst nicht überzeugt sind
25.06.2015 Gesundheitspsychologie Folie 50
Pitett et al. (2000, Lancet): Es kann Jahre dauern
25.06.2015 Gesundheitspsychologie Folie 51
Compliance unter Ärzten und Therapeuten
• Patienten sind häufig sich widersprechenden Informationen ausgesetzt, weil
• Ärzte und Therapeuten sich nicht an diagnostische und therapeutische Standards halten und
• Verschreibung und Behandlung in erster Linie auf das eigene Verständnis und die eigene Erfahrung stützen.
• Randbemerkung: In einer Studie zur Herzinfarkt-Vorbeugung bei Ärzten mussten 30% der Mediziner ausgeschlossen werden, weil sie nicht in der Lage waren, eine einzige Tablette regelmäßig einzunehmen.
25.06.2015 Gesundheitspsychologie Folie 52
Download-Tipp
• http://www.harding-center.de/veroeffentlichungen/better-doctors-better-patients
25.06.2015 Gesundheitspsychologie Folie 53
Fragen
• Definieren Sie die Begriffe Compliance und Adherence. Worin liegt der bedeutende Unterschied zwischen den beiden Konzepten?
• Nennen und beschreiben Sie zwei Muster der Non-Compliance bei der Medikamenteneinnahme!
• Durch welche 5 Gruppen von Einflussfaktoren wird Compliance beeinflusst?
• Was ist shared decision-making im Kontext von Arzt-Patient-Beziehungen?
• Sie sind der behandelnde Arzt und vermuten, dass ein Patient seine Herzmedikamente nicht nimmt, was tun sie?
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