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FORTBILDUNGSVERANSTALTUNG: „DAS MEDIZINISCH-WISSENSCHAFTLICHE GUTACHTEN – ANFORDERUNGEN UND DESSEN UMSETZUNG“ AOK Bundesverband, Berlin 15.06.2015 Rechtsanwalt Dr. Roland Uphoff, M.mel., Fachanwalt für Medizinrecht, Bonn

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FORTBILDUNGSVERANSTALTUNG: „DAS MEDIZINISCH-WISSENSCHAFTLICHE GUTACHTEN – ANFORDERUNGEN UND DESSEN UMSETZUNG“

AOK Bundesverband, Berlin15.06.2015Rechtsanwalt Dr. Roland Uphoff, M.mel., Fachanwalt für Medizinrecht, Bonn

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Literatur zur medizinischen Begutachtung

Empfehlung zur Abfassung von Gutachten in Arzthaftungsprozessen, Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht der DGGG; AWMF 015/026 (S1)

Allgemeine Grundlagen der medizinischen Begutachtung, Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für neurowissenschaftliche Begutachtung und andere, 07/2013 (AWMF 094/001)

Bayerlein, Praxishandbuch Sachverständigenrecht, 5. Aufl. 2015, insbesondere Seiten 245 ff.

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Gerda Müller, Arzthaftungsrecht und Sachverständigenbeweis, Zeitschrift für Medizinrecht 2001, 487

Stegers/Hansis/Albers/Scheuch, Der Sachverständigenbeweis im Arzthaftungsrecht, 2002

Demnächst: Uphoff/Hindemith: Das medizinische Gutachten – Was ist bei der Abfassung medizinischer Fachgutachten aus juristischer Sicht zu beachten?, Der Gynäkologe 2015

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Grundlagen

§ 66 SGB V: Unterstützung der Versicherten bei Behandlungsfehlern

Die Krankenkassen sollen die Versicherten bei der Verfolgung von Schadenersatzansprüchen, die bei der Inanspruchnahme von Versicherungsleistungen aus Behandlungsfehlern entstanden sind und nicht nach § 116 des X. Buches auf die Krankenkasse übergehen, unterstützen.

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D.h. nach der Neuregelung des Patientenrechtegesetzes, welches am 26.02.2013 in Kraft getreten ist, müssen die Krankenkassen nunmehr begründen, warum sie bei einem vermeintlichen Behandlungsfehler die Versicherten nicht unterstützen wollen.

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Die Unterstützungsleistungen sehen hierzu (auch nach dem Leitfaden zurZusammenarbeit zwischen MDK und Krankenkassen) vor, dass die Krankenkasse

• den MDK mit medizinischen Bewertungen oder Gutachten beauftragt.

Auftraggeber für die medizinische Bewertung und das Sachverständigen-gutachten ist daher die Krankenkasse (!).

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Auswahl des Gutachters/Kompetenzüberschreitung als Fehlerquelle medizinischer Gutachten

Der Sachverständige hat unverzüglich nach Eingang des Auftrages zu prüfen, ob er für dessen Erledigung die erforderliche Fachkunde und eigene Erfahrung besitzt.Hält er sich nicht für kompetent, darf er keinesfalls von sich aus den Auftragganz oder teilweise übertragen.

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Hansis in: Der Sachverständigenbeweis, S. 5:

Die Eignung des Sachverständigen hängt von folgenden Voraussetzungen ab:

• wissenschaftliche und kritische Fachkompetenz,• medizinrechtliche Kompetenz,• zeitnahe Erstellung des Gutachtens,• Neutralität des Gutachtens,• persönliche Erstellung des Gutachtens.

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AWMF-Leitlinie, Allgemeine Grundlage der medizinischen Begutachtung, S. 29

Vor Beginn zu klären:Verfüge ich über ausreichende medizinische und rechtliche Kompetenz?Liegen Hinderungsgründe (z. B. Besorgnis der Befangenheit) vor?Ist eine rechtzeitige Gutachtenerstellung möglich?… Delegationsabsicht?

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Pflichten des Gutachters

• Objektivität und Neutralität (vgl. § 29 Musterberufsordnung)• Unbefangenheit

Insbesondere Fragenkatalog der AG Medizinrecht der DGGG, Empfehlung zur Abfassung von Gutachten, S. 1, 2.

Es besteht auch dann eine Besorgnis der Befangenheit, wenn der Sach- verständige die Aussagen der Parteien bereits würdigt oder zum Inhalt von Dokumentation und Aufklärung Wertungen abgibt (vorweggenommene Beweiswürdigung oder einseitig akzentuierte Schlussfolgerungen).

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Aufbau, Inhalt und Stil des Gutachtens sind entscheidend (!).

Vgl. hierzu die „Checkliste Gutachten“ der Leitlinie „Allgemeine Grundlagen der medizinischen Begutachtung“, S. 29, 30.Bei streitigem Sachverhalt, insbesondere widersprechenden Aussagenund Dokumentationen in Gedächtnisprotokoll und Behandlungsdoku-mentation, muss der Gutachter alternativ beurteilen.

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§ 404a III ZPO:Bei streitigem Sachverhalt bestimmt das Gericht, welche Tatsachen der Sachverständige der Begutachtung zugrunde legen soll.

Das Unterstellen von Sachverhalten, das Bewerten von Widersprüchen oder die Würdigung von Dokumentationslücken ist strikt zu unterlassen.

Wenn die Dokumentation eine Behandlungsmaßnahme nicht beschreibt oder eine Aufklärung nicht dokumentiert ist, ist davon auszugehen, dass die Maßnahme bzw. das Aufklärungsgespräch nicht erfolgt ist.

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Grundsätzlich zum Aufbau des Gutachtens (vgl. erneut Empfehlung der AGMedR der DGGG zur Abfassung von Gutachten in Arzthaftungsprozessen):

I. Darstellung des Auftrags bzw. FragenkatalogesII. Darstellung der vorliegenden Behandlungsakten, ErkenntnisquellenIII. Beschreibung des SachverhaltsIV. Bewertung des ärztlichen Vorgehens

Darstellung des StandardsErläuterung von Leitlinien und EmpfehlungenErläuterung von Befunderhebungsmängeln, Dokumentationslücken oder grob fehlerhaftem VorgehenKausalitätsfragen

V. ZusammenfassungVI. Literaturverzeichnis

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Zivilrechtliche Haftung des Arztes

• nach unzureichender Dokumentation• wegen Verletzung der Befund- und Befundsicherungspflicht• wegen unzureichender Aufklärung• wegen grober Behandlungsfehler

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Haftung nach unzureichender Dokumentation

Die Dokumentation in den Krankenunterlagen muss „wahr, vollständigund widerspruchsfrei“ sein.Einer ordnungsgemäßen Dokumentation kommt Indizwirkung zu, d. h. der dokumentierte Behandlungsverlauf ist zugrunde zu legen(OLG Dresden, GesR 2005, 464).

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Aus der Tatsache einer fehlenden, mangelhaften oder unvollständigen Dokumentation einer aus medizinischen Gründen aufzeichnungs-pflichtigen Maßnahme kann zurückgeschlossen werden, dass diese Maßnahme unterblieben bzw. vom Arzt nicht getroffen worden ist(BGH VersR 1999, S. 190).

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Die Dokumentation dient nicht dazu, dem Patienten Beweise für einenSchadenersatzprozess zu verschaffen.Die Dokumentation von Umständen und Tatsachen, deren Aufzeichnungund Aufbewahrung für die weitere Behandlung der Patienten nicht erforderlich sind, ist auch aus Rechtsgründen nicht geboten (BGH NJW1999, S. 3408, 3409).

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Was ist aus medizinischer Sicht zu dokumentieren?

• Die wichtigsten diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen• Die wesentlichen Verlaufsdaten• Ärztliche Diagnosen sowie ärztliche Anordnungen• Informations- und Aufklärungsgespräche mit dem Patienten • Weigerung des Patienten, eine Untersuchung vorzunehmen oder Hinweis auf die Notwendigkeit und Dringlichkeit einer Untersuchung• Operationsverlauf

• Nicht dokumentationspflichtig sind Routinemaßnahmen

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Einer ordnungsgemäßen Dokumentation oder einem unterschriebenen Aufklärungsformular kommen nach der obergerichtlichen Rechtsprechung (prozessentscheidende) Indizwirkung zu.

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Welche Fragen muss sich der Gutachter zum Problem der Dokumentation stellen?

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• Ist anhand der Dokumentation der medizinische Sachverhalt überhaupt rekonstruierbar?• Ist die Dokumentation widerspruchsfrei?• Was war aus medizinischer Sicht zu dokumentieren, um den Behandlungsverlauf nachzuvollziehen und zu rekonstruieren?

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Verstoß gegen Befunderhebungs- und Befundsicherungspflichten

Grundlegend:EKG-Entscheidung des BGH (BGH NJW 1996, 1589; Urteil vom 13.02.1996)Es besteht die Verpflichtung des Arztes, medizinisch zweifelsfrei gebotene Befunde zu erheben, zu sichern und zu dokumentieren.

Hat der Arzt es schuldhaft unterlassen, medizinisch zweifelsfrei gebotene Befunde zu erheben, so kommt es zu einer Beweislastumkehr zulasten des Arztes, wenn dadurch die Aufklärung eines immerhin wahrschein-lichen Ursachenzusammenhangs zwischen Fehler und Schaden erschwert oder vereitelt wird.

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Die Behandlungsseite kann sich nicht darauf berufen, dass man nunmehr nicht mehr feststellen kann, wie der Befund bei Erhebung ausgesehen haben würde.

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Welche Fragen muss der Gutachter aus medizinischer Sicht im Zusammenhang mit der Befunderhebungspflicht beantworten?

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• War es medizinisch zweifelsfrei geboten bzw. indiziert, einen Befund zu erheben und zu dokumentieren?• Was war aus medizinischer Sicht für die Diagnosestellung, Therapieempfehlung bzw. Behandlung des Patienten notwendig? • Welche diagnostischen und/oder therapeutischen Maßnahmen waren zu ergreifen?• Wie hätte der Befund, der erhoben werden musste, ausgesehen, wenn der Arzt diesen Befund erhoben hätte?• Ist mit einer „hinreichenden Wahrscheinlichkeit“ (Wahrscheinlichkeit von mehr als 50%) davon auszugehen, dass der Befund positiv, d. h. reaktionspflichtig gewesen wäre?

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• Wie hätte auf den Befund reagiert werden müssen, wenn er erhoben worden wäre und auffällig gewesen wäre?• Wäre das Unterlassen der Reaktion auf einen positiven Befund grob fehlerhaft gewesen?

• War bereits das Unterlassen der Befunderhebung für sich allein grob fehlerhaft?

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Haftung wegen unzureichender Aufklärung

Der Arzt muss sorgfältig und frühzeitig über die Diagnose, die Therapie,den Eingriff, das Risiko und über alternative Behandlungsmethoden aufklären.

Der Patient kann Schadenersatz geltend machen, wenn die Behandlung zwar fehlerfrei, er jedoch über die Behandlung nicht ausreichend und sorgfältig aufgeklärt war.

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Insbesondere Aufklärung über Behandlungsalternativen

• Konservativ oder operatives Vorgehen• Vaginalgeburt oder Sectio

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Zivilrechtliche Haftung wegen unzureichender Aufklärung

BGH: Bestehen deutliche Anzeichen dafür, dass im weiteren Verlauf eines Entbindungsvorgangs eine Situation eintreten kann, in der eine normale vaginale Entbindung kaum noch in Betracht kommt, sondern eine Sectio notwendig oder zumindest zu einer echten Alternative zu einer vaginalen Entbindung wird, dann muss der geburtsleitende Arzt die Mutter bereits zueinem Zeitpunkt über die unterschiedlichen Entbindungsmethoden aufklären und ihre Entscheidung einholen, zu dem sie sich noch in einem Zustand befindet, in dem diese Problematik mit ihr besprochen werden kann.(BGH VersR 1993, 703)

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Nochmals:

Aufklärung und Einwilligung sind notwendig, wenn eine Sectio wegenernstzunehmender Gefahren für das Kind bei vaginaler Entwicklung zu einer echten Alternative geworden ist.

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Allgemein:Eine Verpflichtung zur Aufklärung über Behandlungsalternativen bestehtdann, wenn konkret eine echte Alternative mit gleichwertigen Chancen, aber andersartigen Risiken besteht (bspw. konservativ statt operativ; Intubationsnarkose statt Periduralanästhesie).

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Haftung wegen grober Behandlungsfehler

Es gibt eine generelle Beweislastumkehr zu Gunsten des Patienten,wenn ein Arzt „eindeutig gegen bewährte Behandlungsregeln oder gesicherte medizinische Erkenntnisse und Erfahrung“ verstößt.

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Der Fehler ist „nicht mehr verständlich, weil er einem Arzt schlechterdingsnicht unterlaufen darf“ (grober Behandlungsfehler)Martis/Winkhart, Arzthaftungsrecht, 2014, 919 mit weiterer Rechtsprechung

Medizinisch gefragt:Gibt es elementare Behandlungsregeln, die unbedingt eingehalten werdenmüssen?

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Welche Fragen muss der Gutachter aus medizinischer Sicht im Zusammenhang mit einem groben Behandlungsfehler beantworten?

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• Gab es elementare Behandlungsregeln, die unbedingt eingehalten werden mussten?• Sind medizinische Standardmaßnahmen nicht ergriffen worden, die unbedingt hätten ergriffen werden müssen?• Hätte eine solche Maßnahme/Versäumnis in der Klinik zu einem „ernsthaften Dienstgespräch“ mit dem Chefarzt geführt?

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Resümee:

Der medizinische Sachverhalt ist aus medizinischer/medizinrechtlicher Sicht dahingehend zu begutachten, ob

1. eine ausreichende Dokumentation und 2. insbesondere eine (erforderliche) Befunderhebung

vorliegen. Insbesondere die

3. Aufklärung des Patienten

ist sorgfältig zu prüfen und zu dokumentieren.

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Widerspruch mit anderen Gutachten

BGH, Entscheidung vom 11.11.2014 (Az. VI ZR 76/13):

In Arzthaftungsprozessen hat der Tatrichter die Pflicht, Widersprüchen zwischen Äußerungen mehrerer Sachverständiger von Amts wegen nachzugehen und sich mit ihnen auseinanderzusetzen, auch wenn es sich um Privatgutachten handelt.Legt eine Partei ein medizinisches Gutachten vor, das im Gegensatz zu den Erkenntnissen des gerichtlich bestellten Sachverständigen steht, so darf der Tatrichter den Streit der Sachverständigen nicht dadurch entscheiden, dass er ohne nachvollziehbare Begründung einem von ihnen den Vorzug gibt.

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„Einsatz“ des Sachverständigen bzw. Gutachtens

• Vorlage des (Privat-) MDK-Gutachtens bei Gericht

• Erarbeiten eines medizinrechtlichen Fragenkatalogs gegenüber dem Gericht auf der Grundlage des erstatteten Sachverständigengutachtens, vgl. § 411 Abs. 4 Satz 1 ZPO: Mitteilen von Einwendungen, Anträgen und Ergänzungsfragen an den Gerichtsgutachter

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• Anwesenheit des (Privat-) MDK-Sachverständigen bei der mündlichen Anhörung des Gerichtsgutachters:

BGH: Das Gericht hat von Amts wegen auf die Aufklärung von Widersprüchen hinzuwirken, die sich zu den Angaben eines anderen, gerichtlich bestellten Sachverständigen oder einem von der Patienten- oder Behandlungsseite vorgelegten Privatgutachten ergeben (BGH VersR 2009, S. 499, 500).

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„Allen Unklarheiten, Zweifeln oder Widersprüchen ist nachzugehen; eine Auseinandersetzung mit dem Privatgutachten ist erforderlich.“

(BGH VersR 2004, S. 1579)

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„Auch wenn es sich bei einem Privatgutachten (MDK-Gutachten) nicht um ein Beweismittel im Sinne der §§ 355 ff. ZPO, sondern „nur“ um qualifizierten, urkundlich belegten Parteivortrag handelt, hat sich dasGericht mit diesem Gutachten ebenso sorgfältig auseinanderzusetzen und diesem grundsätzlich dieselbe Aufmerksamkeit zu schenken, wiewenn es sich um ein gerichtlich bestelltes Gutachten handelt.“

(BGH NJW 2005, S. 888)

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Der medizinische Sachverhalt muss im Ergebnis medizinisch unter medizinrechtlichen Fragestellungen „aufgearbeitet“ und in einem Rechtsstreit entsprechend vorgetragen werden (s.o.).

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Praxis: Die in einem Rechtsstreit vom Gericht beauftragten Sachverständigenbestätigen nur mit großer Zurückhaltung das Vorliegen eines „groben Behandlungsfehlers“.

Es wird formuliert:

„Behandlung war suboptimal“. Man hätte Maßnahmen ergreifen „sollen“.„Fehler kann passieren“.Es ist „üblich“, die Maßnahmen nicht zu ergreifen.Der „klinische Alltag“ erlaube nicht, diese Maßnahmen zu ergreifen.

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Der vom Gericht bestellte Sachverständige entscheidet den Prozess!?

Praxis: Der Gerichtsgutachter ist in der Praxis der „Richter in Weiß“.Der Gerichtsgutachter kann dem Gericht erklären, dass die „Erde eine Scheibe ist“.Der von Patienten eingeschaltete Privatgutachter wird ignoriert!

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Vorschlag:

Die prozessuale Bedeutung des Privatgutachters muss gestärkt werden!Es muss einen zivilprozessualen Rechtsanspruch der Parteien geben, den Privatgutachter zu laden und mündlich anzuhören.

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Resümee:

Das Gutachten muss klar formuliert, gut strukturiert und begründet sein.

Das Gutachten benötigt einen medizinrechtlichen Fragenkatalog, um den medizinischen Sachverhalt haftungsrechtlich eindeutig zu bewerten.

Das Gutachten muss bei der mündlichen Anhörung des gerichtlich bestellten Sachverständigen persönlich vom MDK-Gutachter/ Privatgutachter erläutert werden, d.h. die Anwesenheit ist zwingend erforderlich.

„Stand up or shut up“

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„Die Eltern kommen zu uns mit ihrem Wichtigsten – ihren Kindern!“

Dr. Roland Uphoff, Master of medicine, ethics an lawFachanwalt für Medizinrecht

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