26. Jahrestagung der Deutschen ... · World Conference Center Bonn (WorldCCBonn) 25.–28. Oktober...

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World Conference Center Bonn (WorldCCBonn) 25.–28. Oktober 2017 26. Jahrestagung der Deutschen Transplantationsgesellschaft (DTG) Current congress 6 Hepatitis C und Lebertransplantation Die Verfügbarkeit der direkt wirken- den antiviralen Medikamente gegen das Hepatitis-C-Virus hat enormes Potenzial – zum einen auf die Prognose HCV-positiver Patienten, zum anderen auf den Spenderpool. 10 Pankreasallokation: P-PASS und PDRI im Vergleich Aktuellen Daten zufolge scheint der Pancreas Donor Risk Index (PDRI) dem Preprocurement Pancreas Suitability Score (P-PASS) bei der Beurteilung des Spenderpankreas überlegen zu sein. Noch jedoch kann seine Wertigkeit für die Gegebenheiten in Deutschland nicht endgültig beurteilt werden. 13 Zwischen Palliation und Organspende Wie sollen sich Ärzte verhalten und wer darf welche Entscheidungen treffen, wenn es bei Patienten mit ungünstiger Prognose zu Unsicherheiten in Bezug auf eine Therapiebegrenzung oder eine Organspende kommt? Liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren, es ist uns eine große Freude, Sie zur 26. Jahrestagung der Deutschen Transplantationsgesellschaft (DTG) in Beetho- vens Geburtsstadt Bonn einladen zu dürfen, die außerdem 1969 Ort der ersten deutschen Lebertransplantation war und damit die heutige Gemeinschaft der Transplantations- mediziner herzlich willkommen heißt. Die Transplantationsmedizin ist gekennzeichnet von einer kleiner werdenden Anzahl verfügbarer Spender und das Ringen um die sinnvolle, gerechte und erfolgversprechende Allokation von Spenderorganen vor dem Hintergrund wis- senschaftlicher Erkenntnisse zu den Grunderkrankungen, Komplikationen und dem stetigen Fortschritt der medizini- schen Wissenschaft. Hierbei sind insbesondere Gründe für ein Versagen trans- plantierter Organe ein entscheidendes Thema. Schwer- punkte der diesjährigen Tagung sind daher die Allokation und die Richtlinienentwicklung, die Infektiologie vor dem Hintergrund der medikamentösen Beherrschung einer zen- tralen Infektionskrankheit – der Hepatitis C, onkologische Erkrankungen zwischen Indikation zur Transplantation und Kontraindikation für die Organübertragung, sowie dem bis- lang wenig beachteten Konzept der „frailty“ und Sarkopenie des Transplantationskandidaten. Daneben werden aktuelle Themen aus der Immunologie und Grundlagenwissenschaft diskutiert und die Ausbildung zum Transplantationsmedizi- ner beleuchtet. Zur Erlangung der Expertise in der Transplantationsmedizin sind wieder Master Classes und erstmalig ein praktischer Kurs am Schweinemodell geplant. Abgerundet wird die Tagung durch die Möglichkeit der Teil- nahme am Gesellschaftsabend als Rheinkreuzfahrt, mit der wir die Gastfreundlschaft und Lebensfreude des Rheinlan- des mit unseren Besuchern teilen möchten. Wir freuen uns auf Ihren Besuch in Bonn! Mit herzlichen Grüßen, Ihre Tagungspräsidenten Prof. Dr. Christian Strassburg Prof. Dr. Jörg C. Kalff Bilder: Fotolia, ag visuell; Fotolia, Sebastian Kaulitzki

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World Conference Center Bonn (WorldCCBonn) 25.–28. Oktober 2017

26. Jahrestagung der Deutschen Transplantationsgesellschaft (DTG)

Current congress 6 Hepatitis C und

Leber transplantationDie Verfügbarkeit der direkt wirken-den antiviralen Medikamente gegen das Hepatitis-C-Virus hat enormes Potenzial – zum einen auf die Prognose HCV-positiver Patienten, zum anderen auf den Spenderpool.

10 Pankreasallokation: P-PASS und PDRI im VergleichAktuellen Daten zufolge scheint der Pancreas Donor Risk Index (PDRI) dem Preprocurement Pancreas Suitability Score (P-PASS) bei der Beurteilung des Spenderpankreas überlegen zu sein. Noch jedoch kann seine Wertigkeit für die Gegebenheiten in Deutschland nicht endgültig beurteilt werden.

13 Zwischen Palliation und OrganspendeWie sollen sich Ärzte verhalten und wer darf welche Entscheidungen treffen, wenn es bei Patienten mit ungünstiger Prognose zu Unsicherheiten in Bezug auf eine Therapiebegrenzung oder eine Organspende kommt?

Liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren,es ist uns eine große Freude, Sie zur 26. Jahrestagung der Deutschen Transplantationsgesellschaft (DTG) in Beetho-vens Geburtsstadt Bonn einladen zu dürfen, die außerdem 1969 Ort der ersten deutschen Lebertransplantation war und damit die heutige Gemeinschaft der Transplantations-mediziner herzlich willkommen heißt.Die Transplantationsmedizin ist gekennzeichnet von einer kleiner werdenden Anzahl verfügbarer Spender und das Ringen um die sinnvolle, gerechte und erfolgversprechende Allokation von Spenderorganen vor dem Hintergrund wis-senschaftlicher Erkenntnisse zu den Grunderkrankungen, Komplikationen und dem stetigen Fortschritt der medizini-schen Wissenschaft.Hierbei sind insbesondere Gründe für ein Versagen trans-plantierter Organe ein entscheidendes Thema. Schwer-punkte der diesjährigen Tagung sind daher die Allokation

und die Richtlinienentwicklung, die Infektiologie vor dem Hintergrund der medikamentösen Beherrschung einer zen-tralen Infektionskrankheit – der Hepatitis C, onkologische Erkrankungen zwischen Indikation zur Transplantation und Kontraindikation für die Organübertragung, sowie dem bis-lang wenig beachteten Konzept der „frailty“ und Sarkopenie des Transplantationskandidaten. Daneben werden aktuelle Themen aus der Immunologie und Grundlagenwissenschaft diskutiert und die Ausbildung zum Transplantationsmedizi-ner beleuchtet.Zur Erlangung der Expertise in der Transplantationsmedizin sind wieder Master Classes und erstmalig ein praktischer Kurs am Schweinemodell geplant.Abgerundet wird die Tagung durch die Möglichkeit der Teil-nahme am Gesellschaftsabend als Rheinkreuzfahrt, mit der wir die Gastfreundlschaft und Lebensfreude des Rheinlan-

des mit unseren Besuchern teilen möchten. Wir freuen uns auf Ihren Besuch in Bonn!

Mit herzlichen Grüßen, Ihre Tagungspräsidenten

Prof. Dr. Christian Strassburg

Prof. Dr. Jörg C. Kalff

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2 Current congress | Wissenschaftliches Programm

Mittwoch, 25. Oktober 2017

Freitag, 27. Oktober 2017

Donnerstag, 26. Oktober 2017

Samstag, 28. Oktober 2017

Vorläufige Programmstruktur (Stand 13. September 2017)

Mittwoch, 25. Oktober 2017 Bonn (150) Berlin (90) Rheinfoyer (70) Kleiner Saal (80)

13:00-14:30 Kommission Niere Ethikkommission

German Transplant Study Group Arbeitstreffen

14:30-16:00

Kommission Pankreas

Kommission Leber/Darm

Kommission Immunologie

16:00-17:30

Kommission Organentnahme

Kommission Psychologie /

Psychosomatik

17:30-20:00 Vorstandssitzung

DTG

Donnerstag, 26. Oktober 2017 Plenum (400) Bonn (150) Berlin (90) Rheinfoyer (70) AKTX (80)

07:00-08:00

07:00-08:30 Kommission Herz /

Lunge

08:00-09:30

Berichte Richtlinienarbeit &

Kommissionen Master Class I:

Leber

09:30- 10:30 Postervorträge I Postervorträge II Postervorträge III Postervorträge IV

10:30-11:30 Posterbegehung I

11:45-12:45

Lunchsymposium Chiesi

Lunchsymposium Biotest

13:00- 14:00 Niere I Leber I Psychosomatik I Interdisziplinäre

Sitzung: Frailty

14:15-15:45 Niere II Leber II Thorakale Organe I

(Herz) Immunologie I

16:00- 17:30

Eröffnungssitzung mit Musik

Eröffnungsvortrag

17:30-18:15 Get-together in der Industrieausstellung

Vorläufige Programmstruktur (Stand 13. September 2017)

Mittwoch, 25. Oktober 2017 Bonn (150) Berlin (90) Rheinfoyer (70) Kleiner Saal (80)

13:00-14:30 Kommission Niere Ethikkommission

German Transplant Study Group Arbeitstreffen

14:30-16:00

Kommission Pankreas

Kommission Leber/Darm

Kommission Immunologie

16:00-17:30

Kommission Organentnahme

Kommission Psychologie /

Psychosomatik

17:30-20:00 Vorstandssitzung

DTG

Donnerstag, 26. Oktober 2017 Plenum (400) Bonn (150) Berlin (90) Rheinfoyer (70) AKTX (80)

07:00-08:00

07:00-08:30 Kommission Herz /

Lunge

08:00-09:30

Berichte Richtlinienarbeit &

Kommissionen Master Class I:

Leber

09:30- 10:30 Postervorträge I Postervorträge II Postervorträge III Postervorträge IV

10:30-11:30 Posterbegehung I

11:45-12:45

Lunchsymposium Chiesi

Lunchsymposium Biotest

13:00- 14:00 Niere I Leber I Psychosomatik I Interdisziplinäre

Sitzung: Frailty

14:15-15:45 Niere II Leber II Thorakale Organe I

(Herz) Immunologie I

16:00- 17:30

Eröffnungssitzung mit Musik

Eröffnungsvortrag

17:30-18:15 Get-together in der Industrieausstellung

18:15-20:15

Mitglieder-versammlung

DTG

Freitag, 27. Oktober 2017 Plenum (400) Bonn (150) Berlin (90) Rheinfoyer (70) AKTX (80)

08:00-09:30 Pankreas Basic Science I Thorakale Organe II

(Lunge) DIVI

10:00-11:30 Plenarsitzung I

11:45-12:15 Postervorträge V Postervorträge VI Postervorträge VII 12:15-12:45 Posterbegehung II 12:45-13:45

Lunchsymposium Astellas Pharma

Lunchsymposium Novartis Pharma

Lunchsymposium Alexion Pharma

14:00-16:00 Plenarsitzung II

16:30-18:00 Immunologie II Organentnahme/ -

spende Psychosomatik II Masterclass II: Herz/Lunge

ab

19:00 Festabend mit Vergabe der Preise

Samstag, 28. Oktober 2017 Plenum (400) Bonn (150) Berlin (90) Rheinfoyer (70)

08:30-10:00 Leber III Lebendspende Ethik und Ökonomie Masterclass III:

Niere

10:15- 11:45 Niere III Ausbildung Basic Science II

12:15 Preisvorträge

13:00-14:15 Plenarsitzung III

Schlussworte Einladung DTG 2018

18:15-20:15

Mitglieder-versammlung

DTG

Freitag, 27. Oktober 2017 Plenum (400) Bonn (150) Berlin (90) Rheinfoyer (70) AKTX (80)

08:00-09:30 Pankreas Basic Science I Thorakale Organe II

(Lunge) DIVI

10:00-11:30 Plenarsitzung I

11:45-12:15 Postervorträge V Postervorträge VI Postervorträge VII 12:15-12:45 Posterbegehung II 12:45-13:45

Lunchsymposium Astellas Pharma

Lunchsymposium Novartis Pharma

Lunchsymposium Alexion Pharma

14:00-16:00 Plenarsitzung II

16:30-18:00 Immunologie II Organentnahme/ -

spende Psychosomatik II Masterclass II: Herz/Lunge

ab

19:00 Festabend mit Vergabe der Preise

Samstag, 28. Oktober 2017 Plenum (400) Bonn (150) Berlin (90) Rheinfoyer (70)

08:30-10:00 Leber III Lebendspende Ethik und Ökonomie Masterclass III:

Niere

10:15- 11:45 Niere III Ausbildung Basic Science II

12:15 Preisvorträge

13:00-14:15 Plenarsitzung III

Schlussworte Einladung DTG 2018

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4 Current congress | Highlights

Checkpoint-Inhibitoren bei Transplantierten?Therapie hat sich grundlegend verändert

Die Krebstherapie hat sich durch das Aufkommen von Immun-Checkpoint-Inhibitoren (ICI) in den letzten Jah-ren grundlegend verändert, wodurch sich die Prognose für diverse Krebsentitäten signifikant verbessert hat. ICI besitzen keine intrinsische Zytotoxizität, verstärken jedoch die tumorspezifische zytotoxische Aktivität der Immunzellen. Dieser Wirkmechanismus, der einerseits die gute Verträglichkeit dieser Medikamente erklärt, bedingt andererseits unerwünschte auto immune Nebenwirkungen bei einigen Pa tien ten, was deren Einsatz bei Organtransplantierten einschränkt. Wie die Anwendung eines ICI aktuell einzuschätzen ist, berich-tet hier PD Enrico De Toni, München.

Transplantierte Pa tien ten sind eine Risikogruppe für die Entwicklung eines breiten Spektrums an malig-nen Tumoren aufgrund langfristi-ger Immunsuppression. Im Spezi-ellen stellt das hepatozelluläre Kar-zinom (HCC) eine immer häufigere Indikation für Lebertransplantatio-nen dar mit einer erwarteten Rezi-divrate nach Transplantation von circa 10 % innerhalb von 5 Jahren neben dem allgemeinen Risiko der Entwicklung eines Malignoms un-ter Immunsuppression [1]. Aller-dings ist diese Pa tien tengruppe im Regelfall von der Teilnahme an kli-nischen Studien mit ICI ausge-schlossen, was deren Einsatz nach einer Transplantation bislang ein-schränkt. Aufgrund des enormen potenziellen Nutzens der ICI für die

Krebstherapie, wurde bei einigen transplantierten Pa tien ten den-noch eine Off-label-Behandlung mit diesen Medikamenten durch-geführt.

Risiko einer Organabstoßung in Fallberichten bestätigtDie aktuell weniger als 20 veröf-fentlichten Fallberichte, überwie-gend zur Behandlung von Nieren-transplantierten [2, 4], bestätigen das Risiko einer Organabstoßung. Eine kürzlich erschienene Über-sichtsarbeit berichtet von Nieren-abstoßungen in 4 von 9 Fällen so-wohl bei Behandlung mit dem CTLA-4-Inhibitor Ipilimumab als auch mit dem PD-1-Inhibitor Nivolumab [2]. In einigen Fällen

wurde jedoch eine erhebliche anti-tumoröse Wirkung festgestellt [3].Für Lebertransplantierte sind uns bisher 5 publizierte Fälle bekannt: Nachdem 2 Pa tien ten mit Ipili-mumab behandelt wurden, be-richteten wir kürzlich über den Fall eines lebertransplantierten Pa tien ten, der bei einer längerfris-tigen Gabe von Nivolumab keine Anzeichen einer Organabstoßung zeigte, obwohl die Immunsuppres-sion während der Therapie pro-gressiv auf ein sehr niedriges Ni-veau abgesenkt wurde [4]. Jedoch wurden kurz darauf 2 Fälle von Leberversagen mit tödlichem Aus-gang unter Behandlung mit Nivolumab nach Lebertransplan-tation bekannt [5].

Bisherige Daten sind insgesamt zu spärlichInsgesamt sind die bisher verfüg-baren Daten zu spärlich, zu hetero-gen und in Teilen zu widersprüch-lich, um daraus definitive Schlüsse über die Faktoren zu ziehen, die zur Organabstoßung unter ICI füh-ren. Allerdings zeigen diese, dass eine ICI-Behandlung nach Trans-plantation bei einigen Pa tien ten möglich ist, und lassen vermuten, dass neben individuellen geneti-schen Faktoren weitere Faktoren identifiziert werden könnten, die

das Risiko einer Organabstoßung beeinflussen können. Dadurch werden für uns unter anderem folgende Fragen aufgeworfen:• Welche Bedeutung haben

CTLA-4 und PD-1 jeweils für die Toleranz eines Allotrans-plantats?

• Ist ihre Wirkung organspezi-fisch?

• Kann die Wahrscheinlichkeit einer Abstoßung anhand einer Analyse der Immuncheck-points in prätherapeutischen Biopsien vorhergesagt wer-den?

• Kann man diese durch die An-wendung bestimmter Immun-suppressiva oder die präven-tive Applikation von Steroiden beeinflussen?

Bis zur zufriedenstellenden Beant-wortung dieser Fragen ist die An-wendung eines ICI unter Berück-sichtigung des erwarteten onkolo-gischen Nutzens sowie der Verfüg-barkeit alternativer Behandlungs-optionen und im Hinblick auf das Risiko einer Organabstoßung mit tödlichem Organversagens als Ul-tima Ratio individuell abzuwägen.

PD Dr. med. Enrico De ToniMedizinische Klinik und Poliklinik II, Klinikum der Universität München

Literatur1 Strassburg CP. HCC-associated liver

transplantation – Where are the li-mits and what are the new regula-tions? Visc Med 2016; 32: 263–271

2 Kittai AS, Oldham H, Cetnar J et al. Immune checkpoint inhibitors in or-gan transplant patients. J Immuno-ther 2017; 40: 277–281

3 Barnett R, Barta VS, Jhaveri KD. Preserved renal-allograft function and the PD-1 pathway inhibitor Nivolumab. N Engl J Med 2017; 376: 191–192

4 De Toni EN, Gerbes AL. Tapering of immunosuppression and sustained treatment with Nivolumab in a liver transplant recipient. Gastroentero-logy 2017; 152: 1631–1633

5 Friend BD, Venick RS, McDiarmid SV et al. Fatal orthotopic liver trans-plant organ rejection induced by a checkpoint inhibitor in two patients with refractory, metastatic hepa-tocellular carcinoma. Pediatr Blood Cancer 2017; [Epub ahead of print]

E. De Toni

Samstag, 28. Oktober 2017

Basic Science II: Hot Topics Transplan-tationsmedizin

10:15–11:45 Uhr, Berlin(10:15–10:30 Uhr: Checkpoint-Inhibi-toren bei Transplantierten?)

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5Current congress | Highlights

Richtlinien zur TransplantationDiagnostik und Behandlung von Suchterkrankungen in der Transplantationsmedizin

Pa tien ten, die aufgrund von Suchterkran-kungen auf eine Transplantation angewiesen sind, können eine kom-plexe Belastung für die Transplan-tationsmedizin darstellen. Was die Probleme sind und wie man da-

mit umgehen kann, erläutert Dr. Gertrud Greif-Higer, Mainz.

„Sucht ist kein Randproblem in der Gesellschaft, sondern betrifft viele Menschen in Deutschland. Mit dem Begriff Sucht sind nicht nur die Abhängigkeitserkrankungen gemeint, sondern die Gesamtheit von riskanten, missbräuchlichen und abhängigen Verhaltensweisen in Bezug auf Suchtmittel (legale wie illegale) sowie nichtstoff-gebundene Verhaltensweisen (wie Glücksspiel und pathologischer Inter net ge brauch).“ So lautet die Einleitung auf der Internet-plattform „Sucht und Drogen“ des

Bundesministeriums für Gesund-heit und führt weiter aus: „Drogen und Suchtmittel verursachen in Deutschland erhebliche gesund-heitliche, soziale und volkswirt-schaftliche Probleme.“ [1] Genaue Statistiken sind schwierig, die Zahl der unerkannten Betroffenen hoch. Schätzungen zufolge sterben jährlich über 70 000 Menschen an den Folgen einer alkoholtoxischen Leberzirrhose.Die Transplantationsmedizin ist direkt davon betroffen. Mehr als die Hälfte der Pa tien ten, die auf eine Transplantatleber warten bzw. transplantiert werden, leiden oder litten an einer Leberzirrhose, bei der Alkohol die entscheidende Ursache oder eine relevante Ko-Pathogenese darstellt. Im Bereich der Herz- und Lungentransplanta-tion dürfte ein ähnlicher Prozent-satz chronischer Raucher – häufig in Kombination mit Alkoholmiss-brauch – vorliegen.

Probleme der Missbrauchs- und Abhängigkeits- erkrankungen bekanntDa die Sekundär- und Tertiärprä-vention dieser „Alltagssüchte“ in

Deutschland sehr problematisch ist, stellt die Transplantations-medizin quasi die Endstrecke der jeweiligen Krankheitsverläufe dar. Dies umreißt auch einen Teil des Problems. Menschen, die über Jahrzehnte beginnende Symp-tome erfolgreich verleugneten und sich in einer beruhigenden Sicherheit gewähnt haben, müs-sen scheinbar plötzlich erfahren, dass sie an einer potenziell töd-lichen Erkrankung leiden, deren wesentliche Ursache im schädli-chen/missbräuchlichen Konsum von Alkohol und/oder Rauchwa-ren liegt. Die Richtlinien der Bun-desärztekammer haben inzwi-schen die besondere Problematik der Missbrauchs- und Abhängig-keitserkrankungen in die Richt-linien eingearbeitet (siehe Richt-linie zur Lebertransplantation) [2] oder bereiten dies vor. Gleichwohl bestehen viele Prob-leme: Das diagnostische Fenster der Missbrauchs- und Abhängig-keitserkrankungen ist oft klein, die Kooperationsmöglichkeiten des Pa tien ten durch die körper-lichen Erkrankungen sehr ein-geschränkt. Behandlungseinrich-

tungen oder Ambulanzen für diese komplexen Krankheitsfälle gibt es kaum, die Transplanta-tionszentren sind in der Regel nicht in der Lage, die große Zahl dieser Pa tien ten bezüglich dieser Erkrankungen fachgerecht zu be-handeln. So bleibt es häufig bei Abstinenzkontrollen.

Bei Entscheidungen zu Behandlungen müssen viele Aspekte beachtet werdenZudem zeigen die in der Richtlini-enarbeit immer wieder deutlich werdenden Probleme und Wider-stände ebenso wie die kaum vor-handene Sekundär- und Tertiär-prävention die in unserer Gesell-schaft noch immer bestehenden Schwierigkeiten beim Umgang mit Erkrankungen dieses Formenkrei-ses. Letztlich ist die Transplanta-tionsmedizin mit dieser Problema-tik allein.Auf dem Hintergrund dieser kom-plexen Belastung für das System der Transplantationsmedizin wird der Kongressbeitrag aus medizini-scher und psychologischer Sicht, aber auch unter Betrachtung der gesellschaftlichen Faktoren und

einiger juristischer Argumentatio-nen sowie einer ethischen Bewer-tung auszuloten versuchen, wie die Diagnostik und die Behandlung von Missbrauchs- und Abhängig-keitserkrankungen realistisch er-folgen kann und sollte.

Dr. med. Gertrud Greif-Higer MAEKlinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie/ EthikkomiteeUniversitätsmedizin Mainz

Literatur1 http://www.bundesgesundheitsmi-

nisterium.de/themen/praevention/gesundheitsgefahren/sucht-und-drogen.html

2 http://www.bundesaerztekammer.de/richtlinien/richtlinien/transplan-tationsmedizin/

G. Greif-Higer

Samstag, 28. Oktober 2017

Psychosomatik I: Psychosoziale Ver-sorgung vor und nach Transplantation

13:00–14:00 Uhr, Berlin(13:45–14:00 Uhr: Diagnostik und Be-handlung von Suchterkrankungen in der Transplantationsmedizin)

Das besiedelte GallenwegsystemIndikationen und Kontraindikationen zur Lebertransplantation

Primäre cholestati-sche Erkrankungen der Leber und Gallenwege sind wichtige Indika-tionen zur Leber-transplantation. Klassische Indika-tionen wie die pri-mär sklerosierende Cholangitis und die biliäre Sepsis

machen etwa 15–20 % aller Indi-kationen zur Lebertransplantation aus [1]. Viel mehr als bei anderen Lebererkrankungen, ist bei diesen die Gefahr der Besiedlung der Gallenwege durch Bakterien oder Pilze eine besondere Herausforde-rung, konstatiert Prof. Antreas A. Schnitzbauer, Frankfurt.

Operationen wie die Kasai-Proze-dur bei Kindern, die Anlage einer biliodigestiven Anastomose oder interventionelle endoskopische/radiologische Maßnahmen an den Gallenwegen können eine dortige Besiedlung verursachen. Anderer-seits kann eine nicht drainierte intrahepatische Cholestase wiede-rum zu Biliomen und sekundären Superinfektionen führen. Darüber hinaus stellt die chronische Organ-dysfunktion ein Risiko für die Ent-stehung eines besiedelten Gallen-wegsystems dar. So sind die Gal-lenwege bis heute die Achillesferse nach einer Lebertransplantation.Besiedelte Gallenwege sind für etwa 25–30 % aller Majorkomplika-

tionen verantwortlich und somit auch ein Hauptgrund für die post-operative Morbidität und Mortali-tät im mittelfristigen Verlauf (3–6 Monate und später). Die schweren Verlaufsformen stellen häufig Indikationen zur Re-Trans-plantation dar. Eine Besiedlung des Gallenwegsystems verkompliziert die Situation und kann ein akut-auf-chronisches Leberversagen triggern. Weiterhin ist eine vor der Transplantation bestehende Infek-tion (nicht nur der Gallenwege) ein Risikofaktor für eine persistierende schwere Infektion nach der Trans-plantation mit einer Inzidenz von 50 % an schwerwiegenden infektio-logischen Komplikationen [2].

Indikationen… Wie aber entscheidet man sich bei Pa tien ten, die ein besiedeltes Gal-lenwegsystem haben, hinsichtlich der Indikationen und Kontra -indikationen zur Transplantation? Die Leitlinien und die Literatur schweigen sich aus oder geben nur punktuelle Hinweise, die man sich wie ein kleines Mosaik zusam-mensetzen muss.Zunächst betrifft dies etwa 10–25 % aller Pa tien ten, die Leber(-re)trans-plantiert werden [2, 3]. Grundsätz-lich gilt, wenn die Infektion auf die Leber beschränkt ist, dann ist die Lebertransplantation die einzige Therapie, die den Fokus beseitigen kann, wenn Interven tionen und die Antibiosetherapie nicht greifen und es gleichzeitig zu einer Trans-plantatverschlechterung und einer

Zustandsverschlechterung des Transplantkandidaten kommt. Risi-kofaktoren sind neben den bereits erwähnten endoskopischen und radiologischen Interventionen: • die frühere Anlage einer bilio-

digestiven Anastomose,• eine bakterielle Translokation

mit aszendierenden Infekten in die Leber,

• Malnutrition, • Komorbiditäten, • prolongierte Klinik- und Inten-

sivaufenthalte mit möglicher-weise multiresistenten Erre-gern,

• eine lange kalte Ischämiezeit mit dem Risiko der Gallenweg-schädigung und (Nicht-)Anas-tomosenstrikturen,

• Galleleckagen, • eine infektiös verunreinigte

Perfusionslösung, • Transfusionen, • eine initial schlechte Organ-

funktion, • perioperative Infektionen • und eine Leberarterienthrom-

bose mit intrahepatischen Abs-zessen oder Nekrosen [4–6].

…und Kontraindikationen zur Transplantation bei besiedelten GallenwegenDie Kontraindikationen die letzt-endlich gegen eine Transplantation sprechen, sind ein therapie-refraktärer septischer Schock mit einer möglicherweise vorhande-nen tödlichen Trias aus Dialyse, in-vasiver Beatmung und einer Hoch-dosis-Katecholamintherapie. Wei-

terhin sind multiresistente Erreger in der Gallenflüssigkeit mit Panre-sistenzen eine relative bis absolute Kontraindikation, da die Wahr-scheinlichkeit der Re-Infektion oder Persistenz nach der Trans-plantation, bei dann fehlender anti-biotischer Therapiemöglichkeit, nicht mehr gegeben ist. Die beglei-tende Bakteriämie bei ansonsten stabilen Pa tien ten ist eine relative Kontraindikation und muss anhand des sonstigen Zustands des Pa tien-ten individuell hinsichtlich Risiko und Nutzen abgewogen werden.Man muss sich bei der Indikations-stellung jedoch im Klaren darüber sein, dass multiresistente Staphy-lococcus aureus (MRSA), vancomy-cinresistente Enterokokken (VRE) oder carbapenemresistente Erre-ger ein 6–7-faches schweres Infek-tions risiko nach der Transplanta-tion nach sich ziehen, die carbape-nemresistenten Klebsiellen darü-ber hinaus mit einer Letalität von 71 % vergesellschaftet sind [7] und eher eine Kontraindikation sind.Zusammenfassend ist die Trans-plantation von auf die Gallenwege beschränkten, therapierefraktären Infektionen mit Organfunktions-verschlechterung und fehlenden absoluten Kontraindikationen die einzige rationale lebensrettende Therapiemöglichkeit. Dennoch ist dies ein wissenschaftlich weitest-gehend unbestelltes Feld.

Prof. Dr. Andreas A. SchnitzbauerKlinik für Allgemein- und Viszeral chirurgie Universitätsklinikum Frankfurt

Literatur1 Umgelter A, Hapfelmeier A, Kopp

W, et al. Disparities in Eurotrans-plant liver transplantation waitlist outcome between patients with and without exceptional MELD. Liver Transplant Off Publ Am Assoc Study Liver Dis Int Liver Transplant Soc; Epub ahead of print June 26, 2017: DOI: 10.1002/lt.24805.

2 Bertuzzo VR, Giannella M, Cucchetti A, et al. Impact of preoperative in-fection on outcome after liver trans-plantation. Br J Surg. 2017; 104: e172–e181

3 Kim IK, Park JS, Ju MK. Impact of Pre-Transplant Bacterial Infections on Post-Operative Outcomes in Pa-tients after Liver Transplantation. Surg Infect 2017; 18: 170–175

4 Martin-Gandul C, Mueller NJ, Pascual M, et al. The Impact of Infection on Chronic Allograft Dysfunction and Allograft Survival After Solid Organ Transplantation. Am J Transplant Off J Am Soc Transplant Am Soc Transpl Surg 2015; 15: 3024–3040

5 van Hoek B, de Rooij B-J, Verspaget HW. Risk factors for infection after liver transplantation. Best Pract Res Clin Gastroenterol 2012; 26: 61–72

6 Kritikos A, Manuel O. Bloodstream infections after solid-organ trans-plantation. Virulence 2016; 7: 329–340

7 Mah A, Wright A. Infectious Con-siderations in the Pre-Transplant Evaluation of Cirrhotic Patients Awaiting Orthotopic Liver Trans-plantation. Curr Infect Dis Rep 2016; 18: 4

A.A. Schnitzbauer

Donnerstag, 26. Oktober 2017

Leber I: Infektiologische Herausfor-derungen

13:00–14:00 Uhr, Bonn(13:45–14:00 Uhr: Das besiedelte Gallenwegssystem: LT-Indikationen und Kontraindikationen)

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6 Current congress | Highlights

Hepatitis C und LebertransplantationLösen DAAs alle Probleme?

Die Verfügbarkeit der direkt wirkenden antiviralen Me-dikamente gegen Hepatitis C (DAAs) hat enorme Aus-wirkungen für die Behandlung der chronischen Hepa-titis C auch bei der Lebertrans plantation. Dies betrifft sowohl das Vorgehen bei HCV-positiven Patienten auf der Warteliste als auch die Therapie bei HCV-Reinfek-tion nach erfolgter Lebertransplantation. Doch lösen DAAs alle Probleme? Dieser Frage geht Prof. Ulrich Spengler, Bonn, hier nach.

Wenn die Hepatitis C vor der Transplantation behandelt wird, kann eine Infektion des Trans-plantats erfolgreich verhindert werden. Zugleich erreichen einige Transplantationskandidaten eine klinische Verbesserung, die es er-möglicht, sie von der Transplanta-tionsliste zu nehmen. Dies ist bei bis zu einem Drittel der behandel-ten Patienten möglich.Günstige Prognosefaktoren für eine Entlistung sind ein Ausgangs-MELD (Model End Stage Liver Dis-ease) < 20, eine Verbesserung des MELD-Scores um mindestens 3 Punkte und des Serumalbumins um 0,5 g/dl nach Therapie [1]. Bei Patienten mit einem Ausgangs-MELD > 20 sollte man mit der Indikation zur HCV-Therapie zu-rückhaltend sein, da die Patienten nur eine minimale Chance (< 5 %) haben, von der Liste genommen zu werden, auf der anderen Seite aber einige wenige MELD-Punkte verlieren und damit schlechtere Chancen auf die Zuteilung eines Organs haben.

Behandlung der Hepatitis C auch nach Transplantation erfolgreichAlternativ kann die Hepatitis C auch erfolgreich nach der Leber-

transplantation behandelt wer-den, entweder bereits früh, um die Entfernung des infizierten Organs mit auszunutzen oder erst, wenn es nach Rekurrenz der Hepatitis C erneut zu einer chro-nischen Hepatitis C kommt. In beiden Fällen ist eine effektive Therapie möglich.Es ergeben sich jedoch Schwierig-keiten dadurch, dass einige der verfügbaren Medikamente mit den Immunsuppressiva und ande-ren nach Transplantation notwen-digen Medikamenten ungünstig wechselwirken (Tab. 1). Außer-dem ist bei einigen Patienten die Nierenfunktion nach der Trans-plantation eingeschränkt, was den Einsatz von auf Sofosbuvir basierten Kombinationen oder von Ribavirin verhindern kann. Auch liegen bezüglich der neu zu-gelassenen pangenotypisch wirk-samen DAA-Kombinationen keine ausreichenden Erfahrungen bei der Transplantation vor, um deren Einsatz allgemein zu empfehlen.

Was beachten bei HCV-assoziiertem Leberzellkarzinom?Bei Patienten mit einem HCV-as-soziierten Leberzellkarzinom sind zusätzliche Gesichtspunkte zu be-

achten. Hier wird eine HCV-The-rapie auf der Warteliste nur dann empfohlen, wenn das Risiko eines Tumorrezidivs nach der Trans-plantation als niedrig einge-schätzt wird, die erwartete Dauer auf der Liste > 3 Monate beträgt und der Tumor während einer 3-monatigen Beobachtungsphase größenkonstant geblieben ist. Für die Therapie nach der Transplan-tation ist der pathologische Be-fund des Explantats zu berück-sichtigen. Wenn danach (z. B. bei mikroskopischer Gefäßinfiltra-tion) das Rezidivrisiko für hoch gehalten wird, sollte eine anti-virale Therapie erst 2 Jahre nach der Operation erfolgen, sofern dies klinisch vertretbar ist.

Verwendung eines HCV-positiven SpenderorgansZusätzlich kann bei einem Leber-tumor auch die Verwendung ei-nes HCV-positiven Spenderorgans erwogen werden. Denn die Ver-fügbarkeit einer gut verträglichen und hochwirksamen Therapie hat die Diskussion erneut angefacht, auch HCV-positive Organe in HCV-positive und HCV-negative Empfänger zu transplantieren, um dadurch den Spenderpool zu erweitern. Die medizinischen und ethischen Richtlinien für die Ver-gabe solcher Organe müssen aber noch durch die zuständigen Kom-missionen erarbeitet werden. Es könnten dann aber Patienten mit fortgeschrittener Leberzirrhose, HIV-Koinfektion und Lebertumor davon profitieren, die ansonsten nur geringe Chancen haben, eine längere Wartezeit auf der Transplanta tionsliste zu überle-ben. DAAs verbessern die

Prognose wesentlichDamit verbessern DAAs die Prog-nose HCV-positiver Patienten bei der Lebertransplantation wesent-lich. Auch HCV-negative Patienten profitieren davon, indem durch eine erfolgreiche Therapie Kandi-daten auf der Warteliste entfallen und gleichzeitig der Spenderpool durch die Verwendung HCV- positiver Organe vergrößert wer-den kann.

Prof. Dr. med. Ulrich SpenglerImmunologisches Forschungslabor, Medizinische Klinik und Poliklinik I im Biomedizinischen Zentrum, Universitäts-klinikum Bonn

Literatur1 Belli LS, Berenguer M, Cortesi PA et

al. Delisting of liver transplant candi-dates with chronic hepatitis C after viral eradication: A European Study J Hepatol 2016; 65: 524–531

U. Spengler

Freitag, 27. Oktober 2017

Plenarsitzung I: Transplantation bei Infektionen

10:00–11:30 Uhr, Plenum

Tab 1. Wechselwirkungen zwischen Immunsuppressiva und DAAs.

SOF SOF/LDV SOF/VPV SOF/VPV/VOX Abbvie 3D GPV/PBV GZR/EBR DCV SIM

AZA

CSA

EVER k.A. k.A.

MMF

SIR k.A. k.A.

TAC

grün: keine Interaktionen zu erwartengelb: Interaktionen wahrscheinlich, eventuelle Dosisanpassung notwendigrot: Kontraindikation(AZA: Azathioprin, CSA: Ciclosporin A, EVER: Everolimus, MMF: Mycophenolat, SIR: Sirolimus, TAC: Tacrolimus, SOF: Sofosbuvir, SOF/LDV: Sofos-buvir/Ledispavir = Harvoni® [Gilead], SOF/VPV: Sofosbuvir/Velpatasvir = Epclusa® [Gilead], SOF/VPV/VOX: Sofosbuvir/Velpatasvir/Voxilaprevir = Vosevi® [Gilead], Abbvie 3D: Ombitasvir/Ritonavir-geboostertes Paritaprevir = Viekirax® [AbbVie] plus Dasubuvir = Exviera® [AbbVie], GPV/PBV: Glecaprevir/Pibrentasvir = Maviret® [AbbVie], GZR/EBR: Grazoprevir/Elbasvir = Zepatier® [MSD], DCV: Daclatasvir, SIM: Simeprevir)

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ImpressumRedaktion Stephanie Schikora (V.i.S.d.P.) Lisa Rosenbecker Rüdigerstr. 14, 70469 Stuttgart Tel.: 0711 8931-440 [email protected]

Produktion Werner Schulz [email protected]

Satz Fotosatz Buck, Kumhausen/Hachelstuhl

Verantwortlich für den Anzeigenteil Thieme Media Pharmedia Anzeigen- und Verlagsservice GmbH Conny Winter Rüdigerstr. 14, 70469 Stuttgart Tel.: 0711 8931-509 [email protected] Zurzeit gilt Anzeigenpreisliste Nr. 15, gültig seit 1.1.2017

Druck Grafisches Centrum Cuno, Calbe

Verlag Karl Demeter Verlag im Georg Thieme Verlag KG Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart

HinweisGezeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Eine Haftung für die Richtigkeit der Veröffentlichung können Verlag und Redaktion trotz sorgfältiger Überprüfung

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und erscheint außerhalb der Verantwor-tung des Kongresspräsidiums. Einzelne Beiträge sind ganz oder teilweise von einem Unternehmen gesponsert und separat gekennzeichnet.

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Cholangiozelluläres KarzinomLangzeitüberleben nach Lebertransplantation beim zentralen perihilären Gallengangskarzinom?

Die Resektion im Gesunden ist die einzige potenziell kurative Therapieoption für Pa tien ten mit Karzinomen der intra- und extrahepatischen Gallenwege. Insbe-sondere beim perihilären Gallengangskarzinom, dem sogenannten Klatskin-Tumor, ist dies aufgrund der engen Lagebeziehung zur rechten Leberarterie und der Pfortaderbifurkation häufig nur durch eine En-bloc- Resektion realisierbar [1]. Die Lebertransplantation stellt aus Sicht von Prof. Johann Pratschke, Berlin, eine für diese Entität interessante, aber bislang experimen-telle Therapieoption dar.

Retrospektive Daten der Chirur-gischen Klinik, Charité – Univer-sitätsmedizin Berlin, und anderer Zentren lassen vermuten, dass die Lebertransplantation bei klei-nen, lokal begrenzten und no-dal negativen Klatskin-Tumoren eine kurative Therapieoption mit 10-Jahres-Überlebensraten von circa 50 % darstellen kann [2]. Ob sich die Ergebnisse nach der Lebertransplantation durch eine neoadjuvante Radiochemo-therapie verbessern lassen – wie von der Majo Clinic in einer

streng selektionierten Pa tien ten-kohorte (Tumor < 3 cm, negati-ver Nodalstatus, Ausschluss von Fernmetas tasen) propagiert – bleibt unklar [3, 4].

Retrospektive Studie bestätigt rezidivfreie Überlebensrate von 65 %In etwa 25 % der neoadjuvant vor-behandelten Pa tien ten konnte die Diagnose post transplantationem histologisch nicht verifiziert wer-den, sodass neben Fällen mit kom-pletter Remission auch Fehldiag-

nosen benigner Stenosen möglich sind. Nichtsdestotrotz konnten historische Daten der Majo Clinic mit einem 5-Jahres-Überleben von circa 80 % in einer retrospektiven Auswertung der Ergebnisse von 12 US-amerikanischen Zentren mit einer rezidivfreien Überlebens-rate von 65 % annähernd bestätigt werden [3, 5].

Studie der Chirurgischen Klinik der Charité BerlinIn der durch die Chirurgische Kli-nik der Charité initiierten, pros-pektiv multizentrisch randomi-sierten pro-duct001-Studie (Eu-draCT Nr. 2010- 020480-21) sollte untersucht werden, ob eine adju-vante Chemotherapie mit Gemci-tabin nach Lebertransplantation zu einem verbesserten Langzeit-überleben von Pa tien ten mit klei-nen und nodal negativen Klatskin-Tumoren führt. Aufgrund einer auslaufenden Finanzierung muss diese Studie leider im Verlauf die-ses Jahres eingestellt werden.

Eine weitere prospektive Studie ist in VorbereitungIn Vorbereitung befindet sich der-zeit eine prospektive multizentri-sche pro-duct002-Studie, in der die Rate an mikroskopischer Tumor-freiheit nach Lebertransplantation des lokal irresektablen, lymphono-dal-negativen Klatskin-Tumors un-tersucht werden soll. Sekundäre Endpunkte werden unter anderem das Gesamt- und das rezidivfreie Überleben nach 36 Monaten sein. Während eine neoadjuvante Be-strahlung aus genannten Gründen nicht zulässig sein wird, kann eine perioperative Chemotherapie indi-viduell erwogen werden.

Univ.-Prof. Dr. Johann Pratschke, PD Dr. Nathanael RaschzokChirurgische Klinik, Campus Charité Mitte / Campus Virchow Klinikum, Charité – Universitätsmedizin Berlin

Literatur1 Neuhaus P, Thelen A, Jonas S et al.

Oncological superiority of hilar en bloc resection for the treatment of hilar cholangiocarcinoma. Ann Surg

Oncol 2012; 19: 1602–16082 Seehofer D, Thelen A, Neumann UP

et al. Extended bile duct resection liver and transplantation in patients with hilar cholangiocarcinoma: long-term results. Liver Transpl 2009; 15: 1499–1507

3 Heimbach JK, Gores GJ, Haddock MG et al. Predictors of disease re-currence following neoadjuvant chemoradiotherapy and liver trans-plantation for unresectable perihilar cholangiocarcinoma. Transplanta-tion 2006; 82: 1703–1707

4 Mantel HT, Westerkamp AC, Adam R et al. Strict selection alone of pa-tients undergoing liver transplanta-tion for hilar cholangiocarcinoma is associated with improved survival. PLoS One 2016; 11: e0156127

5 Darwish Murad S, Kim WR et al. Efficacy of neoadjuvant chemo­radia tion, followed by liver trans-plan ta tion, for perihilar cholangio-carcinoma at 12 US centers. Gastroenterology 2012; 143: 88–98.e3

Aktueller Stand zur KatecholaminintervalltherapieDiskussion zur chronischen Intervalltherapie mit langwirksamen Inotropika

Die Kurzzeittherapie zur Stabilisierung der Pa tien-ten im Hypoperfusionssyndrom wird in der Regel gut toleriert. Die chronische Inotropikatherapie ist jedoch mit einer erhöhten Mortalität und Morbidität der Pa tien ten verbunden. Gegenwärtig wird die chroni-sche Intervalltherapie mit langwirksamen Inotropika nach initialer Stabilisierung herzinsuffizienter Pa tien-ten im Hypoperfusionssyndrom diskutiert, berichtet Prof. Christian Schulze, Jena. Inwieweit in der Zukunft durch diesen Ansatz die Hospitalisierungsrate gesenkt werden kann und unter Umständen die Therapie ter-minal herzinsuffizienter Pa tien ten auch im ambulanten Bereich möglich wird, ist derzeit noch unklar.

Katecholamine zur inotropen Unterstützung des insuffizienten Myokards sind eine etablierte Therapie in der intensivmedizini-schen Betreuung von Pa tien ten mit einer terminalen Herzinsuffi-zienz. Neben akut dekompensier-ten Pa tien ten können ebenso Pa tien ten mit einer chronischen Progression der Erkrankung wir-kungsvoll durch Inotropika be-handelt werden [1].Inotropika sind eine Medikamen-tengruppe mit unterschiedlichen Wirkprinzipien. Diese schließen Hemmer der kardialen Phospho-diesterase (z. B. Milrinon), β1-Stimulatoren (z. B. Dobutamin und Adrenalin) und Kalziumsensitizer (Levosimendan) ein. Aufgrund der unterschiedlichen Halbwertszei-ten sind Inotropika für intensiv-medizinische Intervalltherapien (Dobutamin, Halbwertszeit 2–3 Minuten), aber auch Langzeit-therapien (Milrinon, Halbwerts-zeit 2–3 Stunden; Levosimendan

Halbwertszeit circa 80 Stunden) geeignet [1, 2].

InotropikatherapieEine Inotropikatherapie ist primär bei reduziertem Herzzeitvolumen zum Beispiel bei Pa tien ten mit chronischer Herzinsuffizienz und reduzierter Pumpfunktion indi-ziert [2]. Die Kurzzeittherapie un-ter intensivmedizinischer Über-wachung dient der Stabilisierung des Pa tien ten, der diuretischen Therapie unter Inotropikaunter-stützung und der Bewahrung der Endorganfunktion im Hypoper-fusionssyndrom. Diese Therapien sollten immer unter invasiver hämodynamischer Überwachung zur Normalisierung der kardialen Füllungs drücke bei gleichzeitiger Optimierung der peripheren und pulmonalen vaskulären Wider-stände durchgeführt werden.Bekannte Nebenwirkungen der Therapie sind Arrhythmien und Hypotension, die unter intensiv-

medizinischer Überwachung aber gut erkannt und therapiert wer-den können. Eine hochdosierte Ino tropikatherapie zur Therapie der terminalen Herzinsuffizienz ist eine Voraussetzung für die Lis-tung von Pa tien ten zur Herztrans-plantation unter „High-urgency“-Kriterien im Eurotransplant-Sys-tem [3].Während die Kurzzeittherapie zur Stabilisierung der Pa tien ten im Hypoperfusionssyndrom in der Regel gut toleriert wird, ist die chronische Inotropikatherapie mit einer erhöhten Mortalität und Morbidität der Pa tien ten verbun-den [1, 2].

Aktuelle DiskussionNach initialer Stabilisierung herz-insuffizienter Pa tien ten im Hypo-perfusionssyndrom wird gegen-wärtig die chronische Intervall-therapie mit langwirksamen Ino-tropika (z. B. Levosimendan) disku-tiert. Hierbei kommt eine Infusion langwirksamer Inotropika in defi-nierten Intervallen mit infusions-freien Intervallen (1–2 Wochen) zum Einsatz [4]. Dieses Konzept ist durch die Pharmakokinetik lang-wirksamer Inotropika theoretisch belegbar, dennoch fehlen über-zeugende Studien zur Überprüfung dieses Ansatzes.Inwieweit in der Zukunft durch diesen Ansatz die Hospitalisie-rungsrate gesenkt werden kann und unter Umständen die Therapie terminal herzinsuffizienter Pa tien-ten auch im ambulanten Bereich

möglich wird, ist derzeit noch un-klar.

Prof. Dr. med. P. Christian SchulzeKlinik für Innere Medizin I, Universitäts-klinikum Jena

Literatur1 Ponikowski P, Voors AA, Anker SD et

al. 2016 ESC Guidelines for the dia-gnosis and treatment of acute and chronic heart failure: The Task Force for the diagnosis and treatment of acute and chronic heart failure of the European Society of Cardiology (ESC) developed with the special contribution of the Heart Failure As-sociation (HFA) of the ESC. Eur Heart J 2016; 37: 2129–2200

2 Hsiao R, Greenberg B. Contem-porary Treatment of Acute Heart Failure. Prog Cardiovasc Dis 2016; 58: 367–378

3 Koch A, Tochtermann U, Remppis A et al. The Eurotransplant High-Urgency Heart Transplantation Pro-gram: an option for patients in acute heart failure? Thorac Cardiovasc Surg 2006; 54: 414–417

4 Altenberger J, Parissis JT, Costard-Jaeckle A et al. Efficacy and safety of the pulsed infusions of levosimen-dan in outpatients with advanced heart failure (LevoRep) study: a mul-ticentre randomized trial. Eur J Heart Fail 2014; 16: 898–906

J. Pratschke

P. C. Schulze

Donnerstag, 26. Oktober 2017

Leber II: Onkologische Herausforde-rungen14:15–15:45 Uhr, Bonn(14:30–14:45 Uhr: Cholangiozelluläres Karzinom)

Donnerstag, 26. Oktober 2017

Thorakale Organe I: Herz – Hot Topics der Herztransplantation

14:15–15:45 Uhr, Berlin(14:15–14:30 Uhr: Katecholamininter-valltherapie – aktueller Stand)

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Biliäre Komplikationen nach Lebertransplantation Diagnostik und endoskopisches Komplikationsmanagement

Komplikationen an den Gallenwegen und der Gallen-gangsanastomose, der „Achillesferse“ der Lebertrans-plantation, treten bei bis zu 30 % der Empfänger auf. Sie führen zu erhöhter Morbidität und Mortalität sowie

zu Graftverlust und Re-Transplan-tation. Eine frühzeitige Diagnose der Komplikationen erlaubt eine zielgerichtete endoskopisch-interventionelle oder operative Therapie, berichtet Dr. Tobias J. Weismüller, Bonn.

Zu den häufigsten Gallengangs-komplikationen nach Lebertrans-plantation (LT) zählen die Gallen-gangsleckage und die Gallengangs-strikturen. Bei Letzteren werden die Anastomosenstriktur (AS) von der Nicht-Anastomosenstriktur

(NAS) unterschieden. Seltenere Komplikationen sind das Gallen-gangskinking mit funktioneller Stenosierung, die Sphinkter-Oddi-Dysfunktion mit deutlich erwei-tertem Empfängergallengang, die Choledocholithiasis, die aszendie-rende Cholangitis und das Rezidiv einer Primär sklerosierenden Cho-langitis (PSC) im Transplantat.

Komplexe Diagnostik und Therapie bilärer StrukturenEine Gallengangsleckage kann sich im Bereich der biliären Anasto-mose oder des Cystikus-Stumpfes bilden und wird meist in den ers-ten postoperativen Tagen durch die Bildung eines Bilioms oder ver-mehrte gallige Sekretion über ein-liegende Drainagen symptoma-tisch. Mittels endoskopisch oder perkutan eingebrachten Stents ge-lingt es fast immer, eine Abheilung der Leckage zu erzielen.Die Diagnostik und Therapie biliä-rer Strikturen ist komplexer. AS können wenige Tage bis einige

Jahre nach Transplantation auftre-ten, meistens jedoch im ersten Jahr nach LT. Die AS manifestiert sich über eine zunehmende Cholestase, gelegentlich auch mit Pruritus oder Cholangitis. Im Ultraschall oder der Magnetresonanztomo-grafie (MRT) zeigen sich erweiterte Gallenwege. Die endoskopisch re-tro grade Cholangiografie (ERC) oder, wenn die ERC technisch nicht möglich ist, eine perkutan transhe-patische Cholangiografie (PTC) si-chert die Diagnose und ermöglicht die interventionelle Therapie.Dazu werden nach Sphinktero-tomie meistens über mindestens 1 Jahr entweder mehrere Plastik-stents, die wegen Stentokklusion alle 12 Wochen gewechselt wer-den müssen (Abb. 1), oder ein selbstexpandierender Metallstent implantiert. Eine erfolgreiche The-rapie gelingt so in mehr als 90 % der Fälle; allerdings treten bei einem Drittel der primär erfolgreich be-handelten Pa tien ten nach einigen Monaten bis Jahren Rezidive auf.NAS werden in ischämiebedingte Läsionen, bei denen eine arterielle Minderversorgung durch Stenose oder Thrombose nachgewiesen

wurde, und ischämieartige Läsio-nen (Ischemic Type Biliary Lesions, ITBL), deren Ätiologie unklar ist, unterteilt. Es handelt sich um Gallengangsstrikturen die mehr als 1 cm proximal der Anastomose auftreten, oft im Bereich des Hilus, in vielen Fällen aber auch zusätz-lich oder ausschließlich im Bereich intrahepatischer Gänge.Gleichzeitig werden oft Konkre-mente oder Castmaterial in den Gallenwegen nachgewiesen. Be-troffene Pa tien ten fallen ebenfalls über Cholestase, Ikterus, Pruritus und Cholangitis auf. Der Nachweis der Strikturen in der Schnittbild-gebung ist jedoch erschwert, so-dass in einigen Fällen erst die ERC oder die PTC die endgültige Dia-gnose ergibt.Therapeutisch steht die Ballon-dilatation (Abb. 2) im Vordergrund, da Stents häufiger durch Cast-material okkludieren und insbe-sondere bei multiplen Strikturen die Stentimplantation das Risiko aszendierender Cholangitiden er-höht. Die Erfolgsraten der endo-skopischen Therapie von NAS sind mit 50–75 % schlechter als bei Leckagen und AS.

NAS häufiger bei PSC-bedingten TransplantationenEine besondere Herausforderung stellen Pa tien ten dar, die wegen einer PSC transplantiert werden mussten. Diese Pa tien ten entwi-ckeln häufiger NAS der intrahepa-tischen Gallenwege, bei denen es sich offenbar um ein Rezidiv der Grunderkrankung handelt. Die Therapieoptionen unterscheiden sich im Prinzip nicht von der prä-Transplant-Situation. Allerdings liegt oft eine biliodigestive Anasto-mose vor, die endoskopisch nur erschwert oder gar nicht zu errei-chen ist. In diesen Fällen kann die Therapie nur perkutan transhepa-tisch erfolgen und eine Retrans-plantation ist in einigen Fällen unvermeidbar.

Dr. Tobias J. WeismüllerMedizinische Klinik und Poliklinik IUniversitätsklinikum Bonn

T. J. Weismüller

Donnerstag, 27. Oktober 2017

Master Class I: Leber08:00–09:30 Uhr, Berlin(08:30–09:00 Uhr: Diagnostik und endos kopisches Komplikations-management: warten oder nicht?)

Abb. 2 Bei der Nicht-Anastomosenstriktur steht therapeutisch die Ballondilatation im Vodergrund, da Stentimplanationen – insbesondere bei multipeln Strikturen – das Risiko aszendierender Cholangitiden erhöhen.

Abb. 1 Anastomosenstriktur: Nach der Spinkerotomie implantierte Plastikstents müssen wegen einer potenziellen Stentokklusion alle 12 Wochen gewechselt werden.

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9Current congress | Highlights

Hepatozelluläres KarzinomDie Ära nach Sorafenib bricht an

Das hepatozelluläre Karzinom (HCC) ist mit mehr als 700 000 Neuerkrankungen pro Jahr weltweit die fünfthäufigste maligne Tumorerkrankung. Insgesamt zeigt das HCC eine zunehmende Inzidenz, wobei dies in den westlichen Ländern an der zunehmenden Anzahl von Pa tien ten mit nichtalkoholischer Steatohepatitis (NASH) sowie mit Hepatitis-C-Virus-assoziierter Leber-zirrhose liegt [1]. In mehr als 80 % der Fälle entsteht das HCC auf dem Boden einer Leberzirrhose, welche wiederum durch multiple Ätiologie verursacht wird. Dies erklärt zum Teil eine komplexe Hepatokarzinoge-nese, welche die Entwicklung effektiverer Therapien sehr erschwert hat [2]. Doch nun kommt Bewegung in

die Therapieentwicklung: PD Maria A. Gonzalez-Carmona, Bonn, geht auf die neuen Strategien ein.

Standardtherapie des HCC – was gibt es Neues?Gegenwärtig richtet sich die Sta-dieneinteilung des HCC nach der Barcelona-Clinic-for-Liver-Can-cer-Klassifikation (BCLC-Klassifi-kation), welche sowohl die Leber-funktion als auch das Tumorsta-dium berücksichtigt. Die BCLC-Klassifikation enthält ebenfalls einen stadiengerechten Therapie-algorithmus und ist für die Prog-noseeinschätzung entscheidend. Bei Pa tien ten mit noch ausrei-chender Leberfunktion und wenig Tumorlast (BCLC A) soll die Resek-tion an der 1. Stelle geprüft wer-den. Bei gut selektierten Pa tien ten kann die Resektion nahezu gleiche 5-Jahres-Überlebensraten wie die Transplantation erzielen. Kleine Tumoren bis 2 cm können alterna-tiv mittels RFA (Radiofrequenz-ablation) ebenfalls in kurativer In-tention behandelt werden. Bei Pa tien ten mit einer fortge-schrittenen Leberzirrhose ist die beste Option eine orthotope Leber transplantation, da die zu-grunde liegende Leberzirrhose ebenfalls behandelt wird [3]. Die Milan-Kriterien, die auf der Tumor last beruhen, sind weltweit nach wie vor die primären Selek-tionskriterien für die Transplanta-tion mit hervorragendem 5-Jah-res-Überleben. Der Organmangel und die lange Wartezeit limitieren diese Option jedoch maßgeblich.

„Bridging“-Therapien während der WartezeitUm einen Tumorprogress wäh-rend der Zeit auf der Warteliste zu verhindern, haben sich soge-nannte „Bridging“-Verfahren (meistens RFA, TACE [transarteri-elle Chemoembolisation] oder Re-sektion) bewährt. Zudem scheint das Ansprechen auf die „Bridging“-Therapien ein positives Selek-tions kriterium der Pa tien ten für die Lebertransplantation zu sein. Die SIRT, die selektive interne Radiotherapie, stellt sich zuneh-mend als eine weitere „Bridging“-Option dar. In einer Subgruppen-Analyse aus der vor Kurzem pu-bli zierten Studie von Salem et al. zeigte sich bei gelisteten Pa tien-ten eine höhere Transplantations-rate von 87 % nach SIRT vs. 70 % nach TACE [3]. In weiteren 2017 publizierten retrospektiven Stu-dien zeigte die SIRT als „Bridging“ ein medianes Überleben von über 40 Monaten [4, 5].

Das derzeit noch kontrovers dis-kutierte intermediäre Stadium (BCLC B) enthält eine heterogene Gruppe von Pa tien ten mit intra-hepatischem HCC außerhalb der Milan-Kriterien ohne Gefäßinva-sion oder extrahepatische Tumor-manifestationen. Bei diesen Pa-tien ten sind insbesondere loko-regionäre Therapiemethoden in palliativer Intention geeignet. Ba-sierend vor allem auf den Daten einer in 2003 publizierten Meta-analyse hat sich die TACE als The-rapie der Wahl bei Stadium B eta-bliert. Die alleinige RFA oder in Kombination mit der TACE kann ebenfalls bei diesen Pa tien ten eingesetzt werden. Zunehmend wird als lokoregionäre Therapie die SIRT eingesetzt.Im Jahr 2017 wurden zum 1. Mal Daten zur SIRT aus 2 großen, randomisierten, multizentri-schen Phase-III-Studien (SARAH-Studie mit 467 Pa tien ten und die SIRveNIB-Studie mit 360 Pa tien-ten) veröffentlicht. In beiden Studien wurde der primäre Endpunkt (Gesamtüberleben) im Vergleich zu Sorafenib nicht er-reicht, jedoch sekundäre End-punkte zum Ansprechen, progre-sionsfreiem Überleben sowie zur Toxizität und Lebensqualität wur-den signifikant besser im SIRT-Arm beobachtet, sodass die SIRT eine Alternative bei Unverträg-lichkeit zu einer Sorafenibthera-pie darstellt.

Sorafenib blieb 10 Jahre lang die einzige OptionBei Pa tien ten in einem fort-geschrittenen Tumorstadium (BCLC C) mit Gefäßinvasion und/oder extrahepatischen Tumorma-nifestationen zeigte der Tyrosin-kinaseinhibitor Sorafenib 2007 einen signifikanten Überlebens-vorteil in 2 multizentrischen, randomisierten Phase-III-Studien (SHARP- und Asia-Pacific-Stu-dien) und wurde daraufhin für das HCC zugelassen. Seitdem blie-ben zahlreiche Phase-III-Studien mit weiteren zielgerichteten Subs tanzen ohne positive Ergeb-nisse. Nach den enttäuschenden Ergeb-nissen in den letzten 10 Jahren nach Sorafenib scheint es jedoch derzeit ein kleines Fünkchen Hoffnung im Bereich der ziel-gerichteten Therapie beim HCC zu geben. In der Erstlinientherapie wurde auf dem diesjährigen

ASCO-Meeting eine randomi-sierte Phase-III-Studie zur Prü-fung der Wirksamkeit von Lenva-tinib bei Pa tien ten mit fortge-schrittenen HCC gezeigt. Der pri-märe Endpunkt, die Nichtunter-legenheit im Gesamtüberleben gegenüber Sorafenib, wurde er-reicht, die sekundären Endpunkte, wie Ansprechrate und progressi-onsfreies Überleben, waren im Lenvatinib-Arm überlegen. Eine Zulassung durch die Europäische Kommmission (EMA) von Lenvati-nib wird im Jahr 2018 erwartet.In der Zweitlinientherapie nach Sorafenib-Versagen wurden vor Kurzem die positiven Ergebnisse der Phase-III-Studie RESORCE mit einem medianen Überleben von 10,6 Monaten in der Regorafenib-gruppe vs. 7,8 Monaten in der Pla-cebogruppe publiziert [6]. Rego-rafenib ist aufgrund dessen seit August 2017 durch die europäi-sche Zulassungsbehörde „Euro-pean Medicines Agency“ (EMA) in der Zweitlinientherapie nach Sorafenib für Pa tien ten mit HCC zugelassen.

Immuntherapie des HCC – eine Zeitwende in der Therapie des HCC?Im Gegensatz zu anderen soliden Tumoren weist das hepatozellu-läre Karzinom eine ausgeprägte molekulare Heterogenität mit einer großen Vielzahl an Muta-tionen auf [7]. Entsprechend konnte bislang kein dominanter Signaltransduktionsweg gefun-den werden, der für den bisher nur eingeschränkten Erfolg der zielgerichteten Therapien verant-wortlich zu sein erscheint.Dagegen könnte genau dieses komplexe Mutationsprofil einer der Schlüssel für das Ansprechen von soliden Tumoren auf Immun-therapien sein. Das Immunsystem kontrolliert vermutlich die Ent-wicklung und die Ausbreitung von Malignomen. Das hepatozel-luläre Karzinom, wie auch andere solide Tumorentitäten, bilden im Verlauf ein immunsuppressives Tumormilieu sowie heterogene immunresistente Tumorzellsub-populationen aus, um sich der Im-munantwort zu entziehen. Zu den verschiedenen Toleranz-mechanismen zählt die Hoch-regulation von sogenannten „Im-mune Checkpoints“, wodurch tu-morspezifische Effektorzellen in-hibiert werden [8]. Somit kann die Blockade von PD-1 („Programmed Death-1“) mit Nivolumab die T-Zell-Aktivität gegen die Tumor-zellen wiederherstellen. In einer ersten Phase-I/II-Studie (Check-Mate 040) konnte Nivolumab bei Pa tien ten mit fortgeschrittenen HCC nach einer Sorafenibtherapie eine signifikante antitumorale Wirksamkeit mit Ansprechraten von etwa 20 % und einem media-nen Überleben von 16,7 Monate erreichen [9]. Die Ergebnisse der laufenden Phase-III-Studie mit Ni-volumab vs. Sorafenib in der Erstli-nientherapie des HCC werden da-her mit großer Hoffnung erwartet.

Jenseits der Immune-Check-Point-Inhibitoren wird aktuell eine ganze Reihe an weiteren viel-versprechenden Immunstrategien entwickelt. Beispielweise hat eine adoptive Zelltherapie mit soge-nannten zytokininduzierten Kil-lerzellen (CIK) als adjuvante Im-muntherapie nach kurativer The-rapie von HCC vielversprechende erste Ergebnisse mit einem medi-anen rezidivfreien Überleben von 44 Monaten versus 30 Monaten in der Beobachtungsgruppe in einer multizentrischen, randomisierten Phase-III-Studie gezeigt.Im Bereich der Virotherapie zeigte die intratumorale Applikation von onkolytischen Pocken viren JX-594 (PexaVec) in einer Phase-IIb-Studie zur Dosisfindung ein beeindruckendes Gesamtüberle-ben von 14,1 Monaten in der Zweitlinien nach einer Sorafe-nibtherapie [10]. Die Daten konn-ten in einer weiteren Studie nicht reproduziert werden. Abzuwar-ten ist jedoch die derzeit laufende multizentrische, randomisierte Phase-III-Studie in der Erstlinien-therapie (PHOCUS-Studie).

Therapieentwicklung ist in BewegungZum ersten Mal seit der Zulassung von Sorafenib als erste wirksame systemische Therapie des HCC er-leben wir eine Bewegung in der weiteren Therapieentwicklung des HCC. Mit der Zulassung von Regorafenib in der Zweitlinien-therapie, den positiven Ergebnis-sen von Lenvatinib sowie den ers-ten Daten aus den randomisierten Phase-III-Studien für die SIRT in der Erstlinientherapie eröffnen sich weitere, zum Teil verträgli-chere Therapieoptionen für die Pa tien ten mit einem HCC im fort-geschrittenen Stadium. Ob die zielgerichtete Therapie weitere Entwicklungen zeigen wird, wird von der Identifizierung molekula-rer Biomarker aus weiteren Ge-nomsequenzierungen sowie Mu-tationsanalysen abhängig sein, welche die Selektion geeigneter Pa tien ten für eine bestimmte ziel-gerichtete Therapie zulassen wer-den.Auf der anderen Seite deuten die ersten eindrucksvollen Daten zu Nivolumab bei Pa tien ten mit fort-geschrittenem HCC darauf hin, dass die Immuntherapie eine Zeitwende in der Therapie des hepatozellulären Karzinoms dar-stellen wird. Es ist deshalb zu erwarten, dass sich eine Überflu-tung weiterer immunologischer Strategien rasch entwickeln wird und dass sich der Horizont der Immuntherapie beim HCC stark erweitern wird. Bei dieser Ent-wicklung wird die Suche nach immunologischen Biomarkern zur präzisen Immuntherapie von essenzieller Bedeutung sein. Ob all diese neuen Entwicklungen die Kriterien zur Lebertransplan-tation für Pa tien ten mit HCC än-dern werden, werden wir in den nächsten Jahren mit großer Span-nung erleben.

PD Dr. med. Maria A. Gonzalez-CarmonaCentrum für Integrierte Onkologie, CIOUniversitätsklinikum Bonn

Literatur1 Llovet JM, Zucman-Rossi J, Pikarsky E

et al. Hepatocellular carcinoma. Nat Rev Dis Primers 2016; 2: 16018

2 Bruix J, Reig M, Sherman M. Evi-dence-based diagnosis, staging, and treatment of patients with hepato-cellular carcinoma. Gastroenterolo-gy 2016; 150: 835–853

3 Salem R, Gordon AC, Mouli S et al. Y90 radioembolization significantly prolongs time to progression com-pared with chemoembolization in patients with hepatocellular carci-noma. Gastroenterology 2016; 151: 1155–1163 e2

4 Radunz S, Treckmann J, Baba HA et al. Long-term outcome after liver transplantation for hepatocellular carcinoma following Yttrium-90 radioembolization bridging treat-ment. Ann Transplant 2017; 22: 215–221

5 Pardo F, Sangro B, Lee RC et al. The Post-SIR-Spheres Surgery Stu-dy (P4S): retrospective analysis of safe ty following hepatic resection or transplantation in patients previ-ously treated with selective internal radiation therapy with Yttrium-90 resin microspheres. Ann Surg Oncol 2017; 24: 2465–2473

6 Bruix J, Qin S, Merle P et al. Rego-rafenib for patients with hepatocel-lular carcinoma who progressed on sorafenib treatment (RESORCE): a randomised, double-blind, place-bo-controlled, phase 3 trial. Lancet 2017; 389: 56–66

7 Schulze K, Imbeaud S, Letouzé E et al. Exome sequencing of hepato-cellular carcinomas identifies new mutational signatures and poten-tial therapeutic targets. Nat Genet 2015; 47: 505–511

8 Prieto J, Melero I, Sangro B. Immu-nological landscape and immuno-therapy of hepatocellular carcino-ma. Nat Rev Gastroenterol Hepatol 2015; 12: 681–700

9 El-Khoueiry AB, Sangro B, Yau T et al. Nivolumab in patients with ad-vanced hepatocellular carcinoma (CheckMate 040): an open-label, non-comparative, phase 1/2 dose escalation and expansion trial. Lan-cet 2017 Apr 20, [Epub ahead of print]

10 Heo J, Reid T, Ruo L et al. Rando-mized dose­finding clinical trial of oncolytic immunotherapeutic vac-cinia JX-594 in liver cancer. Nat Med 2013; 19: 329–336

M. A. Gonzalez-Carmona

Donnerstag, 26. Oktober 2017

Leber II: Onkologische Herausforde-rungen

14:15–15:45 Uhr, Bonn(14:15–14:30 Uhr: Hepatozelluläres Karzinom)

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10 Current congress | Highlights

Scoring-Systeme bei der PankreasallokationP-PASS und PDRI im Vergleich

Der Preprocure-ment Pancreas Suitability Score (P-PASS) und der Pancreas Donor Risk Index (PDRI) sind die derzeit zur Verfügung stehen-den Score-Systeme bei der Pankre-asallokation, wie PD Peter Schenker,

Bochum berichtet. Der P-PASS wurde 2008 von Eurotransplant eingeführt und wird aus ins-gesamt 8 Parametern (Tab. 1) des Organspenders berechnet und kann Werte zwischen 9–27 erreichen [1]. Ziel der Einführung diesesersten quantitativen Scores war es, potenzielle Pankreas-spender zu identifizieren.

Der P-PASS hat den Nachteil, dass er allein auf der Basis des Akzep-tanzverhaltens von Transplanta-tionsmedizinern zur damaligen Zeit entwickelt wurde und eine Korrelation zum Transplantat-überleben nicht eindeutig gezeigt werden konnte [2, 3].

Optimaler Pankreasspender nach P-PASS – DefinitionNach einer Analyse der Daten von 3180 Organspendern aus den Jah-ren 2002–2005 konnte ein Cut-off-Wert von 17 definiert werden. Spenderpankreata mit einem P-PASS ≥ 17 wurden 3-mal häufi-ger von den TX-Zentren abgelehnt, während Spender mit einem P-PASS < 17 als optimale Pankreas-spender definiert wurden. Die Qualität der Pankreasspender hat sich in den letzten Jahren ver-schlechtert. So liegt der mediane P-PASS für Pankreasspender aus den Jahren 2004–2014 mittler-weile bei 19 [4], sodass auch die Aktualität des P-PASS kritisch hin-terfragt werden muss. Außerdem wird einzelnen P-PASS-Faktoren, wie z. B. einer erhöhten Serum-amylase nach Schädelhirntrauma, inzwischen eine geringere Bedeu-tung zugemessen.

PDRI als Risiko-Index für Transplantatverlust2010 wurde von Axelrod [5] der Pancreas Donor Risk Index (PDRI)

publiziert. Daten des Scientific Registry of Transplant Recipients (SRTR) wurden von 9401 Pa tien-ten analysiert. Der PDRI wird aus 10 Parametern berechnet (Tab. 1). Er kann als Risiko-Index für den Transplantatverlust innerhalb des 1. Jahres interpretiert werden, im Vergleich zu einem „medianen“ Spender mit einem PDRI von 1,0. Dieser ist definiert als männlich, 28 Jahre alt, mit einem Body-Mass-Index (BMI) von 24 kg/m2, einer Größe von 174 cm, nicht kardio-zerebrovaskulärer Todes-ursache, einem Serumkreatinin < 2,5 mg/dl, einer Ischämie zeit von 12 Stunden, kaukasischer Her-kunft und ohne Herzstillstand.In den letzten 2 Jahren sind 4 Ar-beiten erschienen, in denen die Validität des PDRI in nicht US-amerikanischen Populationen nach Pankreas trans planta tion analysiert wurde. Darunter ist eine retro spektive Analyse aus Oxford, in welcher der PDRI mit dem Transplantatüberleben nach Si-multaneous Pancreas Kidney Transplantation (SPK), nicht je-doch nach Pancreas after Kidney Tranplantation (PAK) und Pancreas Transplant Alone (PTA) korrelierte [6]. Eine Studie aus Leiden konnte ein schlechteres Transplantatüber-leben für Pankreata mit einem PDRI > 1,24 zeigen [7], während in Publikationen aus Spanien und Brasilien keine Korrelation zwi-schen PDRI und dem Pankreas-transplantatüberleben bestand [8, 9].

Korrelation zwischen P-PASS und PDRI mit dem Pa tien ten- und TransplantatüberlebenAm Transplantationszentrum Bo-chum wurden zwischen Januar 2002 und August 2015 insgesamt 327 Pankreastransplantationen durchgeführt (296 SPK, 24 PAK, 7 PTA). Für 322 Pa tien ten wurden der P-PASS und PDRI berechnet und mit dem Pa tien ten- und Transplantatüberleben korreliert. Für die P-PASS Analyse erfolgte eine Unterteilung in 2 Gruppen: P-PASS < 17 (n = 115) und P-PASS ≥ 17 (n = 207). Zur Validierung des PDRI wurden 3 Gruppen gebildet: PDRI < 1 (n = 87), PDRI 1–1,5 (n = 130) und PDRI > 1,5 (n = 105). Im Gesamtkollektiv lag der medi-ane P-PASS bei 17 (9–23). Beim Vergleich beider P-PASS Gruppen resultierte kein signifikanter Un-terschied (p = 0,08) hinsichtlich des Pankreastransplantatüberle-bens (Abb. 1).Für den PDRI ergab sich für das Ge-samtkollektiv ein Median von 1,30 (0,54–2,40). Das Pankreastrans-plantatüberleben für die 3 PDRI-Gruppen ist in Abbildung 2 darge-stellt. In der univariaten Analyse konnte eine statistisch signifikante Kor relation zwischen PDRI und Pankreas transplantatüberleben (p = 0,02) gezeigt werden. Ein Ein-fluss auf das Pa tien ten- oder Nierentransplantatüberleben (bei SPK) bestand nicht. In der Cox- Regressionsanalyse für kategoriale Variablen, konnte für die PDRI-

Gruppe > 1,5 ein signifikant erhöh-tes Risiko für einen Verlust des Pankreastransplantates gezeigt werden (HR = 1,79, KI = 1,10–2,90, p = 0,018). Auch in der PDRI-Gruppe 1–1,5 bestand ein erhöh-tes Risiko, jedoch ohne eine statis-tische Signifikanz zu erreichen (HR = 1,14, KI = 0,70–1,86, p = 0,60).

PDRI möglicherweise besser für Beurteilung der Spender geeignetZum jetzigen Zeitpunkt kann die Wertigkeit des PDRI für die Gege-benheiten in Deutschland nicht ab-schließend beurteilt werden und sollte durch weitere Analysen vali-diert werden. Es ergeben sich je-doch bereits jetzt Hinweise da rauf, dass der PDRI – im Vergleich zum P-PASS – ein besseres Instrument zur Spenderbeurteilung darstellt. Das Festlegen eines „Cut-off-Wer-tes“ für den PDRI bei der Organ-akzeptanz erscheint nicht sinnvoll, da auch gute Ergebnisse unter Ver-

wendung von Organen mit hohem PDRI erzielt werden können.

PD Dr. Peter SchenkerChirurgische UniversitätsklinikUniversitätsklinikum Knappschaftskran-kenhaus Bochum

Literatur1 Vinkers MT, Rahmel AO, Slot MC et

al. How to recognize a suitable pan-creas donor: a Eurotransplant study of preprocurement factors. Trans-plant Proc 2008; 40: 1275–1278

2 Schenker P, Vonend O, Ertas N et al. Preprocurement pancreas alloca-tion suitability score does not cor-relate with long-term pancreas graft survival. Transplant Proc 2010; 42: 178–180

3 Woeste G, Moench C, Hauser IA et al. Can the preprocurement pancre-as suitability score predict ischemia-reperfusion injury and graft survival after pancreas transplantation? Transplant Proc 2010; 42: 4202–4205

4 Kopp WH, de Vries E, de Boer J et al. Donor risk indices in pancreas allo-cation in the Eurotransplant region. Transpl Int 2016; 29: 921–929

5 Axelrod DA, Sung RS, Meyer KH et al. Systematic evaluation of pancre-

as allograft quality, outcomes and geographic variation in utilization. Am J Transplant 2010; 10: 837–845

6 Mittal S, Lee FJ, Bradbury L et al. Va-lidation of the Pancreas Donor Risk Index for use in a UK population. Transpl Int. 2015; 28: 1028–1033

7 Blok JJ, Kopp WH, Verhagen MJ et al. The value of PDRI and P-PASS as pre-dictors of outcome after pancreas transplantation in a large european pancreas transplantation center. Pancreas 2016; 45: 331–336

8 Salamanca-Bustos JJ, Campos-Her-nandez JP, Sánchez-Hidalgo JM et al. Validation of the Pancreatic Donor Risk Index in simultaneous pan-creas-kidney transplantation per-formed in Córdoba Hospital from 2000 to 2015. Transplant Proc 2016; 48: 3037–3039

9 Amaral PH, Genzini T, Perosa M et al. Donor risk index does not predict graft survival after pancreas trans-plantation in Brazil. Transplant Proc 2015; 47: 1025–1028

P. Schenker

Freitag, 27. Oktober 2017

Pankreas08:00–09:30 Uhr, Plenum(08:00–08:15 Uhr: Scoring Systeme bei der Pankreasallokation)

Tab 1. Parameter für PDRI und P-PASS

PDRI P-PASSAlter

BMI

Größe

Geschlecht

Natrium

Amylase

Lipase

Kreatinin

ITS-Dauer

Katecholamine

Reanimationsdauer

Todesursache

Ischämiezeit Pankreas

DCD

Ethnizität

Art der Pankreas-TX

BMI: Body Mass Index, DCD: Donors after cardiac Death, TX: Transplantation

Abb. 1 Pankreastransplantat-Überleben in Abhängigkeit vom P-PASS.

Abb. 2 Pankreastransplantatüberleben in Abhängigkeit vom PDRI.

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12 Current congress | Highlights

Sarkopenie und Lebererkrankungen Ernährungsmedizinische Therapie bei Leberzirrhose und portaler Hypertension

Ernährung und körperliche Akti-vität haben eine Rolle sowohl in der Prophylaxe als auch der Therapie bei Pa tien ten mit Lebererkrankun-gen. Insbesondere die Grundsätze der gesunden Ernährung bei

gleichzeitiger Reduktion der Kalorien stellt eine wesentliche Option zur Behandlung der nichtalkoholischen Steatohepa-titis (NASH) insbesondere bei vorliegendem metabolischem Syndrom dar, so Prof. Johann Ockenga, Bremen.

Mangelernährung ist eine häufige Komplikation bei Pa tien ten mit Le-berzirrhose. Mehrere Publikatio-nen aus der amerikanischen VA-Studie zeigen höhere Komplika-tions- und Sterblichkeitsraten für Pa tien ten mit alkoholischer Stea-tohepatitis (ASH) und/oder Leber-zirrhose bei gleichzeitiger Mangel-ernährung [1, 2]. Zusätzlich ist auch eine klare Assoziation einer niedrigen spontanen Nahrungs-aufnahme mit einer hohen Sterb-lichkeit nachgewiesen [1]. Patho-physiologisch dürften hier die Fol-gen der portalen Hypertension (Abb. 1) mit einer verstärkten Akti-vierung des Immunsystems und daraus resultierenden Katabolie

als auch einer Interaktion der Le-berfunktion über die bakterielle Translokation und Endotoxinämie aus dem Dünndarm eine wesentli-che Rolle spielen.

Ernährungsintervention bei Mangelernährung Zur Identifizierung der Mangeler-nährung bei Pa tien ten mit Leber-zirrhose stehen einfache Bedsite-Methoden wie z. B. das Subjective Global Assessment oder Anthro-pometrie zur Verfügung. Wichtig ist, dass hier nicht allein das Ge-wicht oder der Gewichtsverlauf aussagekräftig sind, da es häufig zu Flüssigkeitsverschiebungen (Aszi-tes) kommt, die einen Verlust von Körperzellmasse oder Fettmasse kaschieren.Nachdem eine Mangelernährung diagnostiziert worden ist, ergibt sich die Indikation zu einer ent-sprechenden Ernährungsinterven-tion, welche letztendlich in Abhän-gigkeit von der klinischen Situa-tion erfolgen sollte [3]. Bei Pa tien-ten mit stabiler Leberzirrhose und Vorliegen einer Mangelernährung ist es durchaus approbat, mit einer Ernährungsberatung zu beginnen, um somit die Zufuhr der Gesamt-kalorien und insbesondere die Ei-weißzufuhr zu steigern.Bei Pa tien ten mit Leberzirrhose sollte die Gesamtkalorienzufuhr bei etwa 35–40 kg/kg Körper-gewicht/Tag liegen (147–168 kJ/kg Körpergewicht/ Tag) und eine Ei-weißzufuhr von 1,2–1,5 g Protein/

kg Körpergewicht/Tag erreicht werden. Insbesondere sollten län-gere Fastenzeiten vermieden wer-den. Eine spätabendliche Kalorien und Eiweißsubstitution verbessert den Gesamtkörperproteinpool und insbesondere auch funktionelle Para meter der Lebensqualität (Abb. 2) [4]. Ist dieses trotz einer adäquaten Ernährungsberatung auf oralem Weg leider nicht erzielbar, sollte eine zusätzliche Applikation von Trink- oder Sondennahrung durchgeführt werden. Der Benefit einer supplementierenden entera-len Ernährung in der akuten Krankheitsphase über eine naso-gastrale Sonde (zusätzlich zur ora-len Ernährung ad libitum) ist gut belegt und wird in der aktuellen Leitlinie der Deutschen Gesell-schaft für Ernährungsmedizin (DGEM) und der Europäischen Ge-sellschaft für Ernährugnsmedizin (ESPEN) mit einer Ib-Evidenz empfohlen [5, 6]. Der Wert der verzweigtkettigen Aminosäuren („branched chain amino acids“; BCAA) in der oralen Supplementierung wurde in 2 prospektiven Studien bei ambu-lanten Pa tien ten mit bereits beste-hender Leberzirrhose nachgewie-sen [7, 8]. In beiden prospektiven randomisierten Studien mit insge-samt mehr als 800 Pa tien ten zeig-ten sich im jeweiligen Interven-tionsarm mit BCAA positive Ef-fekte bezüglich Lebensqualität und Morbidität. Ein bisher noch unge-löstes Problem stellte hier jedoch die Compliance der Pa tien ten auf-grund des unzufriedenstellenden Geschmacks der verzweigtketti-gen Aminosäure-Supplementie-rung dar (Abb. 3).Zu beachten ist ebenfalls, dass die bei Aszites häufig empfohlene Kochsalzrestriktion aufgrund der geschmacklichen Einschränkun-gen das Risiko einer Mangelernäh-rung erhöht.

Fitness und körperliche AktivitätEine weitere – bisher allerdings nur wenig systematisch unter-suchte – Intervention zum Mus-kelaufbau und zur Verbesserung der Funktionalität bei Leberschä-den stellt das regelmäßige körper-liche Training dar. Erste Daten hierzu zeigen, dass eine Zunahme der Muskulatur erreicht werden kann und dass dies auch zu einer verbesserten körperlichen Leis-tungsfähigkeit führen kann [9]. Die Kombination aus körperli-chem Training und zusätzlicher Zufuhr von verzweigkettigen Pro-tein (Leucine) scheint einen noch besseren Effekt zu haben [10] (Abb. 4). Der körperlichen Aktivität werden neben dem Muskelaufbau auch weitere positive Effekte auf den Leberstoffwechsel und die Fi-broseentwicklung zugeschrieben. Letztendlich entwickeln Men-schen mit mehr körperlicher Akti-vität signifikant weniger häufig einen Lebertumor, insbesondere weniger hepatozelluläre Karzi-nome [11].

Ernährung und körperliche Aktivität in Prophylaxe und Therapie bei Pa tien ten mit LebererkrankungenBei Pa tien ten mit Leberschaden und insbesondere manifester Le-berzirrhose ist die adäquate Ener-gie- und Proteinzufuhr ein Bau-stein der multimodalen Therapie dieser Pa tien ten. Darüber hinaus kann ein regelmäßiges körperli-ches Training zu einem Muskelauf-bau und einer Funktionsverbesse-rung führen. Insgesamt hat hier eine adäquate Ernährungstherapie das Potenzial, die Lebensqualität und das Outcome der Pa tien ten zu verbessern und diese Pa tien ten ge-gebenenfalls in einen besseren Zu-stand für die Lebertransplantation zu bringen.

Prof. Dr. Johann OckengaMed. Klinik II mit Schwerpunkt Gastro-enterologie, Hepatologie, Endokrinologie und Ernährungsmedizin, Klinikum Bre-men Mitte.

Literatur1 Mendenhall CL, Moritz TE, Roselle

GA et al. A study of oral nutritional support with oxandrolone in mal-nourished patients with alcoholic hepatitis: results of a Department of Veterans Affairs cooperative study. Hepatology 1993; 17: 564–576

2 Selberg O, Böttcher J, Tusch G et al. Identification of high­ and low­risk patients before liver transplanta-tion: a prospective cohort study of nutritional and metabolic parame-ters in 150 patients. Hepatology 1997; 25: 652–657

3 O’Brien A, Williams R. Nutrition in end-stage liver disease: principles and practice. Gastroenterology 2008; 134: 1729–1740

4 Plank LD, Gane EJ, Peng S et al. Noc-turnal nutritional supplementation improves total body protein status

of patients with liver cirrhosis: a ran-domized 12-month trial. Hepatolo-gy 2008; 48: 557–566

5 Plauth M, Cabré E, Riggio O et al. ESPEN Guidelines on Enteral Nutriti-on: Liver disease. Clin Nutr 2006; 25: 285–294

6 DGEM/ESPEN Nutrition Guidelines, www.degem.de

7 Marchesini G, Bianchi G, Merli M et al. Nutritional supplementation with branched-chain amino acids in advanced cirrhosis: a double-blind, randomized trial. Gastroenterology 2003; 124: 1792–1801

8 Muto Y, Sato S, Watanabe A et al. Effects of oral branched­chain ami-no acid granules on event-free sur-vival in patients with liver cirrhosis. Clin Gastroenterol Hepatol 2005; 3: 705–713

9 Berzigotti A, Saran U, Dufour JF. Phy-sical activity and liver diseases. He-patology 2016; 63: 1026–1040

10 Román E, Torrades MT, Nadal MJ et al. Randomized pilot study: effects of an exercise programme and leu-cine supplementation in patients with cirrhosis. Dig Dis Sci 2014; 59: 1966–1975

11 Behrens G, Matthews CE, Moore SC et al. The association between fre-quency of vigorous physical activi-ty and hepatobiliary cancers in the NIH-AARP Diet and Health Study. Eur J Epidemiol 2013; 28: 55–66

J. Ockenga

Donnerstag, 26. Oktober 2017

Interdiszpilinäre Sitzung: Wen trans-plantieren? Einfluss und Konzept von „frailty“

13:00–14:00 Uhr, Rheinfoyer(13:24–13:36 Uhr: Sarkopenie und Leber)

Abb. 1 Folgen der portalen Hypertension. Quelle: Med. Klinik II, Gastroenterologie, Hapatologie & Endokrinologie

Abb. 2 „Spätmahlzeit“ versus „Tagmahlzeit“ (̴ 400 kcal/Tag) bei Patienten mit Leberzirrhose. Quelle: Plank et al. Hepatology 2008; 48 (2): 557–566

Abb. 3 Ernährung und Natriumhaushalt bei Leberzirrhose. Quelle: Gu X. et al. Gut and Liver, Vol. 6, No. 3, July 2012, pp. 355–361

Abb. 4 Effekt von Training und Leucin-Supplementierung. Quelle: Roman E. et al. Dig Dis Sci (2014) 59: 1966–1975

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13Current congress | Highlights

Zwischen Palliation und OrganspendeDer Intensivpatient mit infauster zerebraler Prognose – aus juristischer Sicht

Es gibt verschiede-ne Szenarien, die bei Pa tien ten mit ungünstiger Prog-nose zu Unsicher-heiten in Bezug auf Therapiebe-grenzung und Or-ganspende führen können. In solch einer Situation gilt es zu klären,

wer Entscheidungen treffen darf und wie sich die Ärzte verhalten sollen. Darauf möchte Prof. Dr. jur. Torsten Verrel, Bonn, näher eingehen und Klarheit schaffen.

Bei Pa tien ten mit infauster zere-braler Prognose kann eine lebens-erhaltende Behandlung medizi-nisch nicht mehr indiziert sein

oder der Zustand ist möglicher-weise ein Anknüpfungspunkt für einen vom Pa tien ten in einer Pa-tien tenverfügung erklärten oder anderweitig zum Ausdruck gekom-menen Willen zur Therapiebegren-zung. Sofern in diesen Fällen der Eintritt des Hirntods vermutet oder erwartet wird, stellt sich die Frage zum Verhältnis von Behand-lungsbegrenzung und Organ-spende – vor allem, aber nicht nur dann, wenn der Patient seine Be-reitschaft zur Organspende in einem Organspendeausweis doku-mentiert hat.

Wer darf Entscheidungen treffen?Es scheint dann zu einem Wider-spruch zwischen dem Willen zur Therapiebegrenzung bzw. der feh-lenden Indikation einer Weiterbe-

handlung und dem Willen bzw. der möglichen Bereitschaft zur Organspende und der dafür not-wendigen Hirntoddiagnostik und Organprotektion zu kommen. In dem Beitrag soll darüber aufge-klärt werden, in welchen Fällen eine Weiterbehandlung des Pa-tien ten zur Ermöglichung einer Organspende rechtlich zulässig, unzulässig [1, 2] oder umstritten ist [3, 4]. Dabei darf nicht nur an die wohl eher seltenere Konstella-tion gedacht werden, dass sowohl eine Pa tien tenverfügung als auch eine Organspendeerklärung vor-liegen [5]. Außerdem ist zu klären, wer befugt ist, über die Behand-lung und über die Organspende zu entscheiden.Es werden Empfehlungen gege-ben, wie Pa tien ten Unsicherhei-ten über ihren Willen vermeiden

können und wie sich Ärzte im Spannungsverhältnis zwischen Therapie begrenzung und Organ-spende verhalten sollten.

Prof. Dr. jur. Torsten Verrel Rheinische Friedrich-Wilhelms- Universität Bonn Fachbereich Rechtswissenschaft

Literatur1 Bundesärztekammer (2013). Ar-

beitspapier zum Verhältnis von Patientenverfügung und Organ-spendeerklärung vom 24.12.2012 abrufbar unter http://www.bundes aerztekammer.de/fileadmin/user_upload/downloads/Arbeitspapier_Patientenverfuegung_Organspende _18012013.pdf

2 Verrel, Torsten. Patientenverfü-gung, Therapiebegrenzung und Organspende. Gesundheit und Pfle-ge 2012; 2: 121–126

3 Deutscher Ethikrat. Hirntod und Ent-scheidung zur Organspende 2015, 43 ff

4 Schöne-Seifert B, Prien T, Rellens-mann G et al. Behandlung poten-tieller Organspender im Finalsta-dium. Dtsch Ärztebl 2011; 108: A2080–A2086

5 Schlums A (Hrsg.). Organspende durch Patientenverfügung. Schrif-tenreihe der deutschen notarrecht-lichen Vereinigung (Band 44). Köln: Verlag Wolters Kluver Deutschland GmbH, Verlag Carl Heymanns, 2015

T. Verrel

Freitag, 27. Oktober 2017

DIVI: Grenzgang Intensivtherapie und Organspende

08:00–09:30 Uhr, Rheinfoyer(08:00–08:15 Uhr: Der Intensivpatient mit infauster cerebraler Prognose zwischen Palliation und Organspende: aus juristischer Sicht

Tumorerkrankungen vor und nach OrgantransplantationDringlichkeit und Erfolgsaussicht beim onkologisch vorerkrankten Pa tien ten

In Deutschland sind für die Allokation von Organen die Kriterien der Dringlichkeit und der Erfolgsaus-sicht entscheidend, um eine hohe Verteilungsge-rechtigkeit zu gewährleisten. Allerdings gibt es für das Verfahren bei Pa tien ten mit einer onkologischen Vorerkrankung bei der möglichen Aufnahme auf eine Warteliste keine detaillierten Richtlinien. Prof. Richard Viebahn, Bochum, rät in diesem Kontext zu einem bestimmten Vorgehen, und hält die Einrichtung eines Registers zu Tumor erkrankungen vor und nach einer Organtransplanta tion für dringend erforderlich.

Die Allokation von Organen ist in der Deutschen Transplantations-medizin an die Kriterien der „Dringlichkeit“ und „Erfolgsaus-sicht“ gebunden. Spätestens seit der Verabschiedung des 1. Trans-plantationsgesetzes in Deutsch-land ist sie verbindlich gesetzlich festgelegt. Hierbei hat das Krite-rium der „Dringlichkeit“ einen we-sentlichen Einfluss auf die Reihung möglicher Empfänger im Rahmen der Warteliste, das Kriterium der „Erfolgsaussicht“ entscheidet eher über die Frage, ob ein Patient grundsätzlich für eine Transplan-tation qualifiziert ist. Beide Krite-rien können einander auch wider-sprechen.Die Vergabe nach Dringlichkeit und Erfolgsaussicht soll dabei eine hohe Verteilungsgerechtigkeit (meist nach dem Prinzip „sickest first“) gewährleisten und verhin-

dern, dass Pa tien ten in noch gu-tem Zustand den Pa tien ten in kri-tischem Zustand auf der Warte-liste vorgezogen werden. Zur Ein-schätzung der Dringlichkeit wer-den zunehmend Scoring-Systeme aufgrund evidenzbasierter Daten angewendet (MELD-/LA-/HA-Score). Die Erfolgsaussicht be-rücksichtigt neben der Prognose der Grundkrankheit auch Kontra-indikationen und die Therapie-adhärenz des Pa tien ten.

Keine klaren Richtlinien bei Pa tien ten mit onkologischer VorerkrankungFür onkologisch vorerkrankte Pa-tien ten existieren lediglich beim hepatozellulären Karzinom Richt-linien, die sich im Wesentlichen auf die „Mailand-Kriterien“ bezie-hen. Zur Beantwortung der Frage, wie bei Pa tien ten zu verfahren ist,

bei denen zum Zeitpunkt einer möglichen Aufnahme auf eine Warteliste eine Tumorerkrankung in der Vorgeschichte bestand, lie-gen keine detaillierten Richtlinien vor. Es ist lediglich unbestritten, dass zum Zeitpunkt der Aufnahme auf die Warteliste (außer beim hepa tozellulären Karzinom inner-halb der Mailand-Kriterien) kein „aktives“ Tumorleiden vorliegen darf, da unter einer Immunsup-pression von einer Exazerbation auszugehen ist und somit keine Aussicht auf ein langfristiges Über-leben nach Organtransplantation gegeben ist. Da für Deutschland bislang keine Registerdaten vorlie-gen und zudem die jüngste Recht-sprechung des Bundes gerichts-hofes die Rechtmäßigkeit der Mai-land-Kriterien infrage stellt [1], ist die Einrichtung eines Registers zu T umorerkrankungen vor und nach einer Organtransplantation drin-gend erforderlich.Nur aus Australien liegen detail-lierte Daten zur Tumorinzidenz vor und nach Nierentransplanta-tion vor. Danach ist das relative Risiko (im Vergleich zur Bevölke-rung) einer Tumorerkrankung vor und während der Dialyse erhöht (Tab. 1).

Vorgehen bei onkologischer VorerkrankungSomit muss die onkologische Vor-erkrankung im Rahmen der Trans-plantationsvorbereitung beson-ders adressiert werden. Da die deutschen Richtlinien hier keine detaillierten Vorgaben bereitstel-len, ist zu folgendem Vorgehen zu raten:• Sorgfältige Erhebung der Tu-

moranamnese.• Screening und „Re-Staging“ bei

onkologischer Vorerkrankung. • Einschätzung des Rezidivrisi-

kos und Überprüfung von Ka-renzzeiten bis zur „T-Meldung“.

• Fortsetzung des Screenings während der Wartezeit und nach einer Organtransplanta-tion.

• Anpassung der Immunsuppres-sion.

Screening und Re-Staging sind gegbenenfalls gemeinsam mit einem onkologischen Zentrum durchzuführen, bei Verdacht auf ein Tumorrezidiv sollen alle Moda-litäten (einschließlich einer Posi-tronenenemissionstomografie, PET) einbezogen werden. Bei Nachweis eines Tumors oder ei-nes Rezidivs erfolgt die onkolo-gische Therapie, eine Meldung auf die Warteliste kann erst nach einer entsprechenden Karenzzeit erfolgen. Die Länge der Karenz-zeiten richtet sich nach Tumorart und Stadium und kann in Anleh-nung an die Empfehlungen von verschiedenen Fachgesellschaften festgelegt werden [3].

Nach der Transplantation sind mehrere Aspekte zu beachtenNach der Transplantation sollten Screeninguntersuchungen auf Zer-vix-, Mamma-, kolorektale Karzi-nome sowie Hautkrebs durchge-führt werden [4].Bei der Organtransplantation ist außerdem zu erwägen, ob durch eine angepasste Immunsuppres-sion das Risiko eines Tumorrezi-divs verringert werden kann (z. B. Vermeidung von poliklonalen An-tikörpern, frühzeitiger Einsatz von mTOR-Inhibitoren [5]).Unabhängig vom transplantierten Organ steigt die Tumorrate für alle Entitäten nach einer Trans-plantation an (relatives Risiko [RR] zwischen 2,2 und 4,9), be-

sonders stark für Hautkrebs und Lymphome (RR bis 40). Neben den Risiken der onkologischen Vorerkrankung ist dieser Tatbe-stand bei der Aufklärung zu be-rücksichtigen.

Prof. Dr. Richard ViebahnDirektor der Chirurgischen Klinik Universitätsklinikum Knappschafts-krankenhaus

Literatur1 Bundesgerichtshof, AZ 5 StR 20/16,

Urteil vom 28. Juni 2017, S. 22, Ab-satz 45

2 Vajdic CM, McDonald SP, McCredie MR et al. Cancer incidence before and after kidney transplantation. JAMA 2006; 296: 2823–2831

3 Batabyal P, Chapman JR, Wong G, Craig JC, Tong A. Clinical practice guidelines on wait-listing for kid-ney transplantation: Consistent and equitable? Transplantation 2012; 94: 703–713

4 Chapman JR, Webster A C, Wong G. Cancer in the transplant recipi-ent. Cold Spring Harb Perspect Med 2013; 3: pii: a015677; doi: 10.1101/cshperspect.a015677

5 Guba M, Graeb C, Jauch KW, Geiss-ler EK. Pro­ and anti­cancer effects of immunosuppressive agents used in organ transplantation. Transplan-tation 2004; 77: 1777–1782

R. Viebahn

Tab. 1. Relatives Risiko verschiedener Tumorentitäten vor und während Dialyse; mod. nach [2].

Tumorart vor Dialyse (SIR) zwischen Dialysebeginn und Transplantation (SIR)

Prostatakarzinom 1,16 0,66

Brustkrebs 0,91 1,25

Bronchialkarzinom 1,07 1,59

Darmkrebs 1,33 1,18

Hodgkin-Lymphom 1,28 2,56

Schilddrüse 2,57 9,23

Kaposhi-Sarkom 19,64 57,88

SIR: Standard Incidence Ratio

Freitag, 27. Oktober 2017

Plenarsitzung II: Transplantation bei onkologischen Vorerkrankungen – wann ist kurativ?

14:00–16:00 Uhr, Plenum(14:00–14:15 Uhr: Dringlichkeit und Erfolgsaussicht beim onkologisch vor-erkrankten Patienten)

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