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58 2. Entwicklung der Atomvorstellung z. B. 37 17 Cl ein Chlorisotop mit 17 Elektronen, das die atomare Massenzahl 37 hat. Die eigentliche Erklärung der Isotopie konnte erst nach der Entdeckung des Neutrons gegeben werden. Isotope unterscheiden sich in der Anzahl der Neu- tronen im Atomkern (siehe Bd. 4). Abbildung 2.76 zeigt die Isotopenverteilung von Molybdän, gemes- sen mit einem hochauflösenden doppelfokussierenden Massenspektrometer. 2.8 Die Struktur von Atomen Die bisher behandelten Experimente haben uns In- formationen über die Größen und Massen der Atome gebracht, sowie über ihren Aufbau aus Elektronen mit negativer Ladung und kleiner Masse und aus positiven Ladungen mit mehr als tausendmal größeren Mas- sen. Wie diese Ladungen räumlich im Atom verteilt sind, konnte erst 1911 durch die Streuversuche von Rutherford und Mitarbeitern endgültig geklärt werden. Auch der genaue Verlauf des Wechselwirkungspo- tentials V(r) zwischen zwei Atomen A und B, der von der Ladungsverteilung der Elektronen in A und B ab- hängt, kann durch Streuversuche bestimmt werden. Wir wollen uns deshalb in diesem Abschnitt mit solchen Streuexperimenten und den aus ihnen entstandenen Modellen der Atomstruktur befassen. 2.8.1 Streuversuche; integraler und differentieller Streuquerschnitt Läßt man einen Strahl von Teilchen der Sorte A mit einer Teilchenflußdichte von ˙ N Teilchen pro Zeit- und Flächeneinheit in x -Richtung durch eine Schicht- dicke dx laufen, in der sich Atome der Sorte B mit der Teilchenzahldichte n B befinden (Abb. 2.77a), so wird infolge der Wechselwirkung zwischen A und B ein Teil d N der einfallenden Teilchen A aus ihrer ursprünglichen Bahn abgelenkt (gestreut). Die Größe der Ablenkung hängt vom Wechselwir- kungspotential V(r) zwischen A und B ab, von der Entfernung r zwischen A und B, von den Massen m A , m B und von der Relativgeschwindigkeit v A v B . Wenn die Zahl n B · dx der streuenden Teilchen B pro Flächeneinheit genügend klein ist, wird jedes Teilchen A an höchstens einem Atom B so nahe vor- Abb. 2.77. (a) Streuung von Atomen N A an Atomen mit der Dichte n B in einer Schicht der Dicke dx .(b) Zur Definition des Wirkungsquerschnittes beifliegen, daß es merklich abgelenkt wird (Einfach- streuung) (Abb. 2.77a). Wir definieren als integralen Streuquerschnitt (auch integraler Wirkungsquerschnitt genannt) σ für die Streuung von A an B diejenige Fläche σ = πr 2 um ein Atom B, durch die ein Teilchen A fliegen muß, damit es um einen Winkel θ , der größer ist als ein mi- nimaler noch nachweisbarer Winkel θ 0 , abgelenkt wird (Abb. 2.77b). Entlang der Strecke dx ändert sich die Zahl der Teilchen A durch Ablenkung um Winkel θ θ 0 um d ˙ N =− ˙ N · σ · n · dx . (2.97) Teilen durch N und Integration über x liefert die Zahl der nach der Strecke x im Strahl verbliebenen (d. h. nicht gestreuten Teilchen) ˙ N = ˙ N 0 · e nσx mit ˙ N 0 = ˙ N (x = 0). (2.98) Der integrale Streuquerschnitt σ hängt mit der mittleren freien Weglänge Λ über die Relation Λ = 1 n · σ (2.99) zusammen (siehe auch Bd. 1, Abschn. 7.3.6). Eine experimentelle Realisierung zur Messung in- tegraler Streuquerschnitte ist in Abb. 2.78a gezeigt. Der Teilchenstrahl wird durch die Blenden B 1 und B 2 kolli- miert und tritt durch eine Folie aus Atomen der Sorte B (bzw. bei gasförmigen Stoffen durch eine differentiell gepumpte Kammer mit Ein- und Austrittsblende für den

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58 2. Entwicklung der Atomvorstellung

z. B. 3717Cl ein Chlorisotop mit 17 Elektronen, das die

atomare Massenzahl 37 hat.Die eigentliche Erklärung der Isotopie konnte erst

nach der Entdeckung des Neutrons gegeben werden.Isotope unterscheiden sich in der Anzahl der Neu-tronen im Atomkern (siehe Bd. 4). Abbildung 2.76zeigt die Isotopenverteilung von Molybdän, gemes-sen mit einem hochauflösenden doppelfokussierendenMassenspektrometer.

2.8 Die Struktur von Atomen

Die bisher behandelten Experimente haben uns In-formationen über die Größen und Massen der Atomegebracht, sowie über ihren Aufbau aus Elektronen mitnegativer Ladung und kleiner Masse und aus positivenLadungen mit mehr als tausendmal größeren Mas-sen. Wie diese Ladungen räumlich im Atom verteiltsind, konnte erst 1911 durch die Streuversuche vonRutherford und Mitarbeitern endgültig geklärt werden.

Auch der genaue Verlauf des Wechselwirkungspo-tentials V(r) zwischen zwei Atomen A und B, der vonder Ladungsverteilung der Elektronen in A und B ab-hängt, kann durch Streuversuche bestimmt werden. Wirwollen uns deshalb in diesem Abschnitt mit solchenStreuexperimenten und den aus ihnen entstandenenModellen der Atomstruktur befassen.

2.8.1 Streuversuche;integraler und differentiellerStreuquerschnitt

Läßt man einen Strahl von Teilchen der Sorte A miteiner Teilchenflußdichte von N Teilchen pro Zeit-und Flächeneinheit in x-Richtung durch eine Schicht-dicke dx laufen, in der sich Atome der Sorte B mitder Teilchenzahldichte nB befinden (Abb. 2.77a), sowird infolge der Wechselwirkung zwischen A und Bein Teil dN der einfallenden Teilchen A aus ihrerursprünglichen Bahn abgelenkt (gestreut).

Die Größe der Ablenkung hängt vom Wechselwir-kungspotential V(r) zwischen A und B ab, von derEntfernung r zwischen A und B, von den Massen mA,mB und von der Relativgeschwindigkeit vA −vB.

Wenn die Zahl nB · dx der streuenden Teilchen Bpro Flächeneinheit genügend klein ist, wird jedesTeilchen A an höchstens einem Atom B so nahe vor-

Abb. 2.77. (a) Streuung von Atomen NA an Atomen mit derDichte nB in einer Schicht der Dicke dx. (b) Zur Definitiondes Wirkungsquerschnittes

beifliegen, daß es merklich abgelenkt wird (Einfach-streuung) (Abb. 2.77a).

Wir definieren als integralen Streuquerschnitt(auch integraler Wirkungsquerschnitt genannt) σ fürdie Streuung von A an B diejenige Fläche σ = πr2 umein Atom B, durch die ein Teilchen A fliegen muß,damit es um einen Winkel θ, der größer ist als ein mi-nimaler noch nachweisbarer Winkel θ0, abgelenkt wird(Abb. 2.77b). Entlang der Strecke dx ändert sich dieZahl der Teilchen A durch Ablenkung um Winkel θ ≥ θ0

um

dN = −N ·σ ·n · dx . (2.97)

Teilen durch N und Integration über x liefert die Zahlder nach der Strecke x im Strahl verbliebenen (d. h. nichtgestreuten Teilchen)

N = N0 · e−nσx mit N0 = N(x = 0) . (2.98)

Der integrale Streuquerschnitt σ hängt mit der mittlerenfreien Weglänge Λ über die Relation

Λ = 1

n ·σ (2.99)

zusammen (siehe auch Bd. 1, Abschn. 7.3.6).Eine experimentelle Realisierung zur Messung in-

tegraler Streuquerschnitte ist in Abb. 2.78a gezeigt. DerTeilchenstrahl wird durch die Blenden B1 und B2 kolli-miert und tritt durch eine Folie aus Atomen der Sorte B(bzw. bei gasförmigen Stoffen durch eine differentiellgepumpte Kammer mit Ein- und Austrittsblende für den

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2.8. Die Struktur von Atomen 59

A

B1 B2 B3

dx

nB

Detektord

bθ>θ0

θ0

θ =0 b/2d

Streuebene

12

AB Detektor-

fläche AD

R

y x

A

a)

b)

B1

B2

xFV Δ⋅=ΔΩ Θ

φ

Abb. 2.78. (a) Messung des integralen Streuquerschnitts σ .(b) Messung des differentiellen Streuquerschnitts dσ/dΩ

Strahl der Teilchen A, in der sich das Meßgas B befin-det, das dauernd zugeführt und außerhalb der Kammerweggepumpt wird). Hinter der Blende B3 sitzt der De-tektor für die Teilchen A, die nur dann durch B3 laufen,wenn sie um weniger als θ0 = b/2d abgelenkt wurden.

Während bei der Bestimmung des integralenStreuquerschnittes σ die Abnahme der nicht ab-gelenkten Teilchen gemessen wird, werden zurMessung des differentiellen Streuquerschnittesdie Teilchen detektiert, die um einen Winkel θ imBereich θ ± 1

2Δθ abgelenkt werden.

Sei N · F die Zahl der pro Sekunde auf die Quer-schnittsfläche F des Streuvolumens V eintreffendenTeilchen und ΔN(θ,Ω) die Zahl der pro Sekunde in denRaumwinkel ΔΩ um den Winkel θ gestreuten Teilchen.Der Bruchteil

ΔN

N · F= nB

F· V · dσ

dΩΔΩ = nB ·Δx · dσ

dΩΔΩ

(2.100)

aller einfallenden Teilchen, der in den vom De-tektor erfaßten Raumwinkel ΔΩ gestreut wird, ist

dann durch die Teilchendichte nB der Streuer, dieLänge Δx des Streugebietes und den differentiellenStreuquerschnitt dσ/dΩ bestimmt.

Um den differentiellen Streuquerschnitt zu messen,kann die in Abb. 2.78b skizzierte Anordnung verwendetwerden. Zwei durch die Blenden B1 und B2 kol-limierte Teilchenstrahlen A und B kreuzen sich imStreuvolumen V = F ·Δx. Die in den Raumwinkel ΔΩ

gestreuten Teilchen werden durch den Detektor mit derempfindlichen Fläche AD = R2ΔΩ im Abstand R vomStreuvolumen mit R � Δx gemessen.

Der differentielle Streuquerschnitt dσ/dΩ ent-hält Informationen über das WechselwirkungspotentialEpot(r) zwischen den Teilchen A und B im Abstand r.Wir wollen deshalb jetzt untersuchen, wie dσ/dΩ mitEpot(r) zusammenhängt.

2.8.2 Grundlagen der klassischen Streutheorie

In Bd. 1, Kap. 4 wurde gezeigt, daß die Streuung vonzwei Teilchen (Massen m1, m2, Geschwindigkeitenv1, v2) mit gegenseitigem WechselwirkungspotentialV(|r1 − r2|) völlig äquivalent im Schwerpunktsystemdargestellt werden kann durch die Bewegung einesTeilchens A mit der reduzierten Masse

μ = m1 ·m2/(m1 +m2)

und der Geschwindigkeit

v = v1 −v2

(Relativgeschwindigkeit), das sich im Potential V(r)bewegt, wobei r der Relativabstand |r1 − r2| ist. Mannennt diese Beschreibung auch Potentialstreuung, weilzur Beschreibung der Teilchenbahn außer der reduzier-ten Masse μ des Systems der beiden Teilchen und derAnfangsbedingung (r0, v0) der Teilchenbahn nur dieKenntnis des Potentials V(r) notwendig ist.

Wir wollen hier lediglich (wie oben durch die No-tation schon angedeutet) den für viele Streuproblemezutreffenden Fall eines kugelsymmetrischen Potenti-als V(r) behandeln. In einem solchen Potential bleibtder Drehimpuls L des gestreuten Teilchens erhalten(Bd. 1, Abschn. 2.8), so daß die Teilchenbahn in ei-ner Ebene, der Streuebene, verläuft. Wir benutzendaher ebene Polarkoordinaten (r, ϕ) zu ihrer Be-schreibung (Abb. 2.79). Wir wollen (im Einklang mitBd. 1, Abschn. 4.2) den Ablenkwinkel im Schwerpunkt-

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60 2. Entwicklung der Atomvorstellung

x

b

y

A

v

r

B

0

r

a)

b

S

Asymptote

Teilc

henb

ahn

0

ϕ

b)

min

minmin

min

ϑ π ϕ= − 2 min

ϑ

ϑ

ϑ

0

ϕ

Abb. 2.79. (a) Streuung eines Teilchens A der reduzier-ten Masse μ = mA ·mB/(mA +mB) im Potential V(r) mitNullpunkt in B. (b) Beziehung zwischen Ablenkwinkel ϑ

und Polarwinkel ϕmin im Punkt S nächster Annäherungzwischen A und B

system ϑ nennen, um ihn vom Ablenkwinkel θ imLaborsystem zu unterscheiden.

Das ankommende Teilchen möge den Stoßpara-meter b haben. (Dies ist der kleinste Abstand vomStreuzentrum r = 0, den das Teilchen für V(r) ≡ 0,d. h. bei geradliniger Bahn, erreichen würde.) Bei derPotentialstreuung liegt der Ursprung des Potentials V(r)am Ort des Teilchens B, das in unserem System alsoruht.

Läuft das Teilchen mit der Anfangsgeschwindigkeit|v(−∞)| = v0 ein, so gilt wegen der Energieerhaltung:

1

2μv2 + Epot(r) = 1

2μv2

0 = const , (2.101)

weil Epot(r = ±∞) = 0 ist. Epot(r) ist dabei proportio-nal zum Potential V(r). Der Drehimpuls des Teilchens,bezogen auf das Streuzentrum, in dem das Teilchen Bsitzt, ist

L = μ · (r ×v) = μ

(r ×[

dr

dter +r · dϕ

dtet

])= μ ·r · ϕ · (r × et) , (2.102)

wobei et der Tangential-Einheitsvektor und er parallelzu r ist. Für den Betrag L = |L| erhält man:

L = μ ·r2ϕ . (2.103)

Die kinetische Energie im Schwerpunktsystem ist:

T = 1

2μv2 = 1

2μ(r2 +r2ϕ2)

= 1

2μr2 + L2

2μr2. (2.104)

Die Gesamtenergie E0 = T + Epot = 12μv2

0 wird damit

E0 = 1

2μr2 + L2

2μr2+ Epot(r) . (2.105)

Aus (2.105) und (2.103) erhält man für r und ϕ:

r ={

2

μ

(E0 − Epot(r)− L2

2μr2

)}1/2

, (2.106)

ϕ = L

μr2. (2.107)

Im Experiment kann die Bahn (r, ϕ) nicht im einzelnenverfolgt werden. Aus den gemessenen Ablenkwinkelnkönnen aber die asymptotischen Werte für r → ∞bestimmt werden. Da im kugelsymmetrischen Poten-tial die Teilchenbahn symmetrisch zur Geraden OSdurch den Punkt S größter Annäherung r = rmin er-folgt (d. h. der Streuprozeß ist invariant gegenüberZeitumkehr), können wir den asymptotischen Ablenk-winkel ϑ mit dem Polarwinkel ϕmin = ϕ(rmin) durchϑ = π −2ϕmin verknüpfen (Abb. 2.79b). Damit ergibtsich aus

ϕmin =ϕmin∫

ϕ=0

dϕ =rmin∫

r=−∞

dt· dt

drdr =

rmin∫−∞

ϕ

rdr =

+∞∫rmin

ϕ

rdr

mit (2.106) und (2.107) die Beziehung zwischenStreuwinkel ϑ und potentieller Energie Epot(r):

ϑ(E0, L) (2.108)

= π −2

r=+∞∫rmin

L/(μr2) dr{2/μ

[E0 − Epot(r)− L2/2μr2

]}1/2 .

Weil der Drehimpulsbetrag L wegen

L = μ ·r ·v · sin ϕ = μ ·b ·v0

und

E0 = 1

2μv2

0 ⇒ L2 = 2μb2 · E0

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2.8. Die Struktur von Atomen 61

durch Anfangsenergie E0 und Stoßparameter b ein-deutig bestimmt ist, läßt sich (2.108) auch schreibenals:

ϑ(E0, b) = π −b

∞∫rmin

dr

r2[1− b2

r2 − Epot(r)E0

]1/2 .

(2.109)

Man sieht aus (2.109), daß der Ablenkwin-kel ϑ durch das WechselwirkungspotentialV(r) ∝ Epot(r), durch den Stoßparameter b unddurch die Anfangsenergie E0 bestimmt wird.

Um die Integrationsgrenze rmin zu bestimmen, be-nutzen wir die Tatsache, daß für r = rmin die zeitlicheAbleitung r = 0 wird. Aus (2.106) ergibt sich damit:

rmin = b[1− Epot(rmin)/E0

]1/2 . (2.110)

Man beachte:

• Für r = rmin wird der Integrand in (2.108) unendlich.Ob das Integral selbst endlich bleibt, hängt von derForm des Wechselwirkungspotentials ab.

• Für b = 0 wird L = 0 und damit ϑ = π. Teilchen,die zentral stoßen (Stoßparameter b = 0), werden indie Einflugrichtung reflektiert.

• Wenn ϑmin der kleinste noch meßbare Ablenkwinkelist, dann gelten alle Teilchen ϑ < ϑmin als nicht ge-streut. Dies sind alle Teilchen, deren Stoßparameterb > bmax(ϑmin) ist. Der integrale Streuquerschnitt istin diesem Fall σ = πb2

max. Man sieht, daß bei die-ser Definition der Streuquerschnitt σ , der ja nur vonatomaren Größen abhängen sollte, von der Meß-apparatur abhängt. Dieser Mißstand wird in derquantenmechanischen Behandlung beseitigt.

• Für monotone Potentiale V(r) (z. B. rein ab-stoßende Potentiale) gibt es bei vorgegebenerAnfangsenergie E0 zu jedem b einen eindeutig de-finierten Ablenkwinkel ϑ (Abb. 2.80a). Dies giltnicht für nichtmonotone Potentiale (Abb. 2.80b),wo z. B. für zwei Stoßparameter b1, b2 der gleicheAblenkwinkel auftreten kann.

(a)r

b

r

(b)

bb1 b2

a/2E0

E (r)potE r a

rpot ( )=

ϑϑππ

Abb. 2.80a,b. Qualitativer Zusammenhang zwischen Wech-selwirkungspotential und Ablenkfunktion ϑ(b). (a) Monoto-nes Potential; (b) nichtmonotones Potential

Trägt man bei monotonem V(r) für eine feste An-fangsenergie E0 den Ablenkwinkel ϑ gegen denStoßparameter b auf, so erhält man qualitativ dieKurven ϑ(b) der Abb. 2.80, deren genaue Form vomPotential V(r) und der Anfangsenergie E0 abhängt.

Die Meßgröße im Experiment ist der vomStreuwinkel ϑ abhängige differentielle Streuquer-schnitt. Der Stoßparameter b kann nicht direktgemessen werden!

Wie erhält man nun aus den gemessenen Streuquer-schnitten die Ablenkfunktion ϑ(b), um gemessene mitberechneten Werten zu vergleichen?

Wir betrachten einen parallelen Strahl von Teil-chen A mit der Flußdichte NA = nA ·vA, die auf einedünne Schicht von ruhenden Teilchen B fallen. AlleTeilchen A, die durch einen Kreisring mit Radius b undBreite db um ein Atom B laufen, werden bei kugel-symmetrischem Wechselwirkungspotential VAB(r) umden Winkel ϑ ± dϑ/2 abgelenkt (Abb. 2.81). Durch die-sen Kreisring laufen bei einer Teilchendichte nA proSekunde NA(b)dF = nA ·vA ·2πb db Teilchen A. Voneinem streuenden Teilchen B in Abb. 2.81 wird daher

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62 2. Entwicklung der Atomvorstellung

B

R

Av0

b

db

r

Detektorfläche dAD

dA R dR d d

D = ⋅= ⋅ ⋅ ⋅

2

sinϑ ϑ φ

Fläche: 2 b dbπ ⋅

ϑ

φdφ

Abb. 2.81. Zum Zusammenhang zwischen Ablenkfunk-tion ϑ(b) und differentiellem Streuquerschnitt dσ/dΩ

der Bruchteil

dNA(ϑ ± 12 dϑ)

NA= 2πb db = 2πb · db

dϑdϑ

der pro Flächen- und Zeiteinheit einfallenden Teil-chen A in den Winkelbereich ϑ ± dϑ/2 gestreut.Davon gelangt auf den Detektor mit der Fläche AD =R2 dΩ = R2 sin ϑ dϑ dφ im Abstand R vom Streuzen-trum, d. h. in den Raumwinkel dΩ = sin ϑ dϑ dφ derBruchteil

dNA

NA· dφ/2π = b · db

dϑdϑ dφ ,

der durch das Flächenelement b · db · dφ des Kreisringeseinfällt.

Von nB · V streuenden Teilchen B im StreuvolumenV = F ·Δx wird deshalb der Bruchteil

dNA(dΩ)

NA · F= nB ·Δx ·b · db

dϑdϑ dφ (2.111)

aller einfallenden Teilchen in den Detektor gestreut.Der Vergleich mit der Formel (2.100) für

den differentiellen Streuquerschnitt ergibt wegendΩ = sin ϑ dϑ dφ

dΩ= b · db

dϑ· 1

sin ϑ, (2.112)

so daß wir (2.111) auch in der Form (2.100) schreibenkönnen als

dNA(dΩ)

NA · F= nB ·Δx · dσ

dΩdΩ . (2.113)

Der integrale Streuquerschnitt wird dann mit (2.112)wegen ϑ(b = 0) = π und ϑ(bmax) = ϑmin

σ =∫

dΩdΩ =

ϑmin∫ϑ=π

2π∫φ=0

dΩsin ϑ dϑ dφ ,

wobei ϑmin der kleinste noch nachweisbare Ablenk-winkel ist. Mit (2.112) erhält man nach Integrationüber φ:

σ = 2π

ϑmin∫ϑ=π

b

sin ϑ

∣∣∣∣ db

∣∣∣∣ sin ϑ dϑ

= +2π

bmax∫b=0

b db = πb2max . (2.114)

BEISPIEL

Stoß harter Kugeln mit gleichen Durchmessern D. DasWechselwirkungspotential ist hier:

V(r) =⎧⎨⎩∞ für r ≤ D ,

0 für r > D.

Aus Abb. 2.82 liest man ab:

sin ϕmin = b

D

⇒ nur für b ≤ D findet ein Stoß statt.

ϕmin = π

2− ϑ

2

b(ϑ) = D · sin ϕmin = D · cosϑ

2∣∣∣∣ db

∣∣∣∣= D

2sin

ϑ

2

dΩ= b

sin ϑ

db

dϑ= D · cos ϑ

2

sin ϑ· D

2sin

ϑ

2= D2

4

σ =∫

dΩdΩ = 4π

D2

4= πD2.

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2.8. Die Struktur von Atomen 63

Abb. 2.82a–c. Stoß von harten Kugeln mit Durchmesser D.(a) Ablenkung beim Stoßparameter b < D; (b) Potential V(r);(c) Ablenkfunktion ϑ(b)

Die Ablenkfunktion ϑ(b) für harte Kugeln (Abb. 2.82c)ist

ϑ = π −2ϕmin = π −2 arcsin(b/D) ,

wie bereits in Bd. 1, Abschn. 4.3.1 für den allgemeinenFall D1 = D2 gezeigt wurde.

2.8.3 Bestimmung der Ladungsverteilung im Atomaus Streuexperimenten

Um die Ladungsverteilung in den Atomen zu be-stimmen, ist es zweckmäßig, bei Streuexperimentenelektrisch geladene Partikel A mit der Ladung q1

als Sonden zu verwenden, weil dann die bekannteCoulombwechselwirkungskraft

FC(r) = 1

4πε0

q1 ·q2

r2r

zwischen dem Teilchen A und der Ladung q2 = �el ·ΔVim Volumenelement ΔV des Atoms die Ablenkungvon A bewirkt und man deshalb aus der gemesse-nen Winkelverteilung NA(ϑ) auf die Ladungsverteilung�el(r) schließen kann. Dies wollen wir uns im folgendengenauer ansehen.

Zu Anfang dieses Jahrhunderts standen außer denKathodenstrahlen (Elektronen) als natürlich geladeneProjektile die von radioaktiven Substanzen emittiertenα-Teilchen mit der Ladung q1 = +2e, der Masse mHe

und der Energie Ekin = 1−9 MeV zur Verfügung.Schießt man diese Teilchen auf Atome B, so werden

die Elektronen der Atome wegen ihrer kleinen Massenur sehr wenig zur Ablenkung der α-Teilchen beitra-gen (siehe Bd. 1, Kap. 4). Die Ablenkung wird alsoim wesentlichen durch die Verteilung der masserei-chen positiven Ladungsträger bewirkt. Die gemesseneWinkelverteilung N(ϑ) der gestreuten α-Teilchen gibtdeshalb Informationen über die räumliche Verteilungder positiven Ladung im Atom. Die Berücksichtigungder Elektronen gibt lediglich eine kleine Korrektur.

2.8.4 Das Thomsonsche Atommodell

J.J. Thomson hatte auf Grund seiner und anderer Ex-perimente (siehe Abschn. 2.5) geschlossen, daß jedesAtom aus Z Elektronen der Ladung −Z · e und Zpositiven Ladungen mit der Ladung +Z · e bestehtund daher insgesamt neutral ist, in Übereinstimmungmit den Beobachtungen. Für die räumliche Verteilungdieser Ladung schlug er als einfaches Modell seinRosinenkuchen-Modell vor, bei dem alle Ladungen sta-tistisch gleichmäßig über das gesamte Atomvolumenverteilt sind (Abb. 2.83). Wie läßt sich ein solchesModell überprüfen?

Bei einer homogen geladenen Kugel mit Ra-dius R und Gesamtladung Z · e ist das elektrischeFeld E im Abstand r vom Kugelzentrum (siehe Bd. 2,Abschn. 1.3.4)

E = Z · e ·r4πε0 R3

r . (2.115)

Auf ein Elektron würde im elektrischen Feld dieserpositiven gleichmäßig verteilten Ladung (bei Ab-wesenheit aller anderen negativen Ladungen) dieKraft

F = −eE = −kr mit k = Ze2

4πε0 R3(2.116)

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64 2. Entwicklung der Atomvorstellung

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++++

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++ --

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-

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++++

-++

--++

++++

--

++

2R

n nRe = =+

3Z4 3π

Abb. 2.83. Thomsonsches Ro-sinenkuchenmodell für dieVerteilung der positiven undnegativen Ladungen im Atom

wirken, die bei einer radialen Auslenkung zu ei-ner harmonischen Schwingung des Elektrons mit derFrequenz

ω =√

k

me

führt. Nun haben wir bisher nicht die anderen (Z −1)

Elektronen berücksichtigt. Bei einer gleichmäßigenVerteilung von positiver und negativer Ladung mit einerElektronendichte

ne = Z43 πR3

können alle Elektronen kollektiv gegen die viel schwe-reren positiven Ladungsträger schwingen mit dersogenannten Plasmafrequenz

ωP =√

ne · e2

ε0 ·m=√

3Ze2

4πε0me R3, (2.117)

die sich von der oben berechneten Frequenz nur umeinen Faktor

√3 unterscheidet.

Würden die Thomsonschen Atome mit Lichtbestrahlt, so würde man Resonanzen im Absorptions-spektrum bei der Frequenz ωP und ihren Harmonischenerwarten. Die energetisch angeregten Atome solltendann als schwingende Dipole auch Licht mit diesenFrequenzen emittieren.

Die aus dem Thomsonschen Atommodell ab-geschätzten Absorptions- bzw. Emissionsfrequenzenstimmen jedoch nicht mit den im Experiment beob-achteten atomaren Frequenzen überein.

Das stärkste Argument gegen das ThomsonscheAtommodell wird durch die Ergebnisse von Streuexpe-rimenten geliefert, die nicht die vom Modell erwartete

Winkelverteilung liefern. Dies soll mit Hilfe einereinfachen Abschätzung gezeigt werden:

Dazu betrachten wir in Abb. 2.84 die Streuung ei-nes α-Teilchens der Ladung q = 2e an einer positivenhomogenen Ladungsverteilung mit der Gesamtla-dung Q = Z · e. Wegen ihrer kleinen Masse spielen dieElektronen für die Ablenkung der schweren α-Teilchenpraktisch keine Rolle. Sie sorgen jedoch dafür, daß dasAtom insgesamt elektrisch neutral ist. Da das Atomwegen seiner Neutralität für α-Teilchen, die mit einemStoßparameter b > R an ihm vorbeifliegen, nur einevernachlässigbar kleine Ablenkung bewirkt, berück-sichtigen wir nur die Ablenkung für Abstände r ≤ Rdes Projektils vom Zentrumr = 0 der Ladungsvertei-lung. Diese Abschätzung liefert eine obere Grenzefür den maximalen Ablenkwinkel ϑmax, weil dieAnwesenheit der negativen Ladungen im Thomson-schen Atommodell die Gesamtablenkung noch etwasverkleinert.

Ein Projektil, das mit dem Impuls m · v0 inx-Richtung fliegt, wird beim Durchlaufen der Ladungs-verteilung um einen Winkel ϑ abgelenkt, dessen Größevom Stoßparameter b abhängt. Die Ablenkung kommtdadurch zustande, daß an jedem Punkt der Teilchen-bahn innerhalb der Ladungsverteilung auf das Teilchendie Kraft

Fy = F(r) · cos β

wirkt, die zu einer Impulsänderung

Δpy =∫

Fy dt (2.118)

y

x

R

0

Fx

Fy

v0

b

px

pyϑ

β

Q Z e= + ⋅

ϑ

p→

F→

rq e= 2

Abb. 2.84. Streuung an einer kugelförmigen homogenenLadungsverteilung

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2.8. Die Struktur von Atomen 65

führt. Die Kraft F = q · E im Abstand r vom Zentrumder Ladungsverteilung wird durch das elektrische FeldE bestimmt. Nähert man cos β ≈ b/r und setzt (2.116)für E ein, so ergibt sich für die gesamte Impulsände-rung Δpy des α-Teilchens mit der Ladung 2e währendder Vorbeiflugzeit T am Atom mit der positiven LadungZ · e

Δpy = 2Ze2 ·b

4πε0 R3· T . (2.119)

Für eine Abschätzung der Flugzeit T können wir dieAblenkung (die bei großen Energien der α-Teilchen sehrklein ist, wie unten gezeigt wird) vernachlässigen unddie Durchquerungsstrecke d = 2 ·√R2 −b2 setzen, sodaß die Durchflugzeit

T = 2 ·√R2 −b2

v0

wird. Der übertragene Impuls ist dann

Δpy ≈ 4Zkb

v0

√R2 −b2

mit

k = e2

4πε0 R3.

Da Δpy px gilt, können wir px ≈ p als konstantansehen, so daß gilt:

Δpy

px≈ Δpy

p= tan ϑ = 4Zkb

mv20

√R2 −b2 . (2.120)

Der Ablenkwinkel ϑ hängt vom Stoßparameter b ab.Man erhält den maximalen Wert ϑmax, wenn ϑ(b) nach bdifferenziert und die Ableitung gleich Null gesetzt wird.Dies liefert mit tan ϑ = ϑ

db= 4Zk

mv20

[√R2 −b2 − b2

√R2 −b2

]= 0 ,

woraus folgt:

b(ϑmax) = R√2

und ϑmax = 2ZkR2

mv20

. (2.121)

Wir können noch den durchschnittlichen Ablenk-winkel ϑ definieren durch

ϑ =R∫

b=0

ϑ · 2πb

πR2db = 8Z · k

mv20 R2

R∫0

√R2 −b2b2 db

= π

2

ZkR2

mv20

= π

4ϑmax = Z · e2

8ε0 R ·mv20

. (2.122)

Der mittlere Ablenkwinkel wird also näherungs-weise durch das Verhältnis von potentieller EnergieEpot = 2Ze2/(4πε0 R) beim Abstand R zur kineti-schen Anfangsenergie (m/2)v2

0 gegeben. Setzt manR = 0,1 nm als typischen Atomradius ein, so erhältman für α-Teilchen (q = 2e) der Energie 5 MeV, diean Goldatomen (Z = 79) gestreut werden:

ZkR2 = 2,3 ·103 eV, mv2 = 107 eV ,

⇒ ϑ ≈ 1,8 ·10−4 rad ≈ 0,63′ .

Dies ist ein extrem kleiner Ablenkwinkel, der nichteinfach zu messen ist.

Bisher haben wir die Ablenkung durch ein ein-zelnes Atom betrachtet. Im Experiment werden dieα-Teilchen durch eine Folie geschossen und deshalban vielen Atomen gestreut. Für einen Atomdurch-messer von 0,2 nm und eine Foliendicke von 10 μmsind dies etwa 5 ·104 Atomlagen. Da die Stoßpara-meter des α-Teilchens, bezogen auf die Zentren dereinzelnen Atome statistisch verteilt sind, werden auchdie durch diese Atome bewirkten Ablenkwinkel ϑ

statistisch verteilt sein (Abb. 2.85). Deshalb ist der stati-stische Mittelwert der Ablenkwinkel 〈ϑ〉 der α-Teilchennach m Streuungen an einzelnen Atomen (siehe Bd. 1,Abschn. 1.8)⟨

ϑ⟩= √

m ·ϑ . (2.123)

Die Winkelverteilung der statistisch gestreuten α-Teilchen für das Thomsonsche Atommodell ist analogzum Random-walk-Problem, bei dem jemand nach je-dem Schritt in x-Richtung eine Münze wirft und danachentscheidet, ob er einen Schritt Δy in die +y-Richtungoder die −y-Richtung geht. Die Wahrscheinlichkeit,

Goldfolie

α-Teilchen

a) b)

N( )ϑ

ϑ e−⎛⎝⎜

⎞⎠⎟ϑ

ϑ

2

1e

ϑ

v→

0

Abb. 2.85. (a) Vielfachstreuung im Thomsonschen Atommo-dell. (b) Erwartete Winkelverteilung

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66 2. Entwicklung der Atomvorstellung

nach m Schritten die Strecke y von der x-Geraden ab-gekommen zu sein, wird dann durch die Gaußverteilung(Bd. 1, Abschn. 1.8.4)

P(y) = C · e−y2/(m·Δy2)

gegeben (Abb. 2.85b). Analog erhält man hier für dieZahl der um den Winkel ϑ abgelenkten α-Teilchen:

N(ϑ) = N0 · e−(ϑ/〈ϑ〉)2

= N0 · e−ϑ2/(m·ϑ2) . (2.124)

BEISPIEL

Für m = 5 ·104 wird 〈ϑ〉 ≈ 4 ·10−2 rad, und die Gauß-verteilung, die bei ϑ = 0 ihr Maximum hat, hateine volle Halbwertsbreite von (Δϑ)1/2 ≈ 3 ·10−2 rad= 1,8◦.

2.8.5 Rutherfordsches Atommodell

Um das Thomsonsche Atommodell zu testen, führ-ten Rutherford und seine Mitarbeiter Geiger undMarsden ausführliche Streumessungen durch [2.50].Die von ihnen benutzte Apparatur ist schematischin Abb. 2.86 gezeigt. Die von dem radioaktiven Gas

M S

F

R

P

A A

C C

T

Drehdurchführung

D

Abb. 2.86. Versuchsaufbau für die Rutherford-Streuung

Tabelle 2.5. Gemessene Zählraten für verschiedene Ablenk-winkel [2.50]

Ablenkwinkel ϑ Zählrate dN dN · sin4 ϑ/2

15◦ 132 000 38,430◦ 7 800 35,045◦ 1 435 30,860◦ 477 29,875◦ 211 29,1

105◦ 70 27,7120◦ 52 29,1135◦ 43 31,2150◦ 33 28,7

Radium-Emanation (Radon) im Röhrchen R emittiertenα-Teilchen werden durch den Blendenkanal D kolli-miert und an der Goldfolie F gestreut. Die auf einenLeuchtschirm S treffenden gestreuten α-Teilchen erzeu-gen Lichtblitze, die durch das Mikroskop M beobachtetund gezählt werden. Mikroskop und Schirm sind zu-sammen mit der Vakuumkammer auf einem Glasschliffdrehbar gegen die α-Quelle angeordnet, so daß man denganzen Winkelbereich ϑ der gestreuten α-Teilchen be-obachten kann. Die Experimente (Tabelle 2.5) zeigten,daß auch sehr große Streuwinkel bis ϑ = 180◦ beobach-tet wurden; ein Ergebnis, das Marsden bereits früher beider Untersuchung der Reichweite von α-Strahlen ge-funden hatte. Rutherford war darüber sehr überrascht,weil dies dem Thomsonschen Atommodell völlig wi-dersprach. Er sagte: ,,Dies ist so unwahrscheinlich, alsob man mit einer Pistole auf einen Wattebausch schießt,und die Kugel prallt zurück“.

Nach langen Diskussionen, Nachdenken und derPrüfung mehrerer in der Literatur vorgeschlagener Mo-delle gelangte Rutherford dann zu der Erkenntnis, daßdie positive Ladung des Atoms in einem sehr klei-nen Volumen im Zentrum des Atoms komprimiert seinmußte. Dieses Volumen, in dem auch fast die gesamteMasse des Atoms (abzüglich der geringen Masse derElektronen) vereinigt ist, nannte er den Atomkern. Dieα-Teilchen werden praktisch nur vom Atomkern abge-lenkt, weil die Massen der Elektronen sehr klein sindgegen die des α-Teilchens. (m1/m2 ≈ 1,36 ·10−4).

Rutherford leitete aus dieser Vorstellung seineberühmte Streuformel her, die in quantitativer Über-einstimmung mit den experimentellen Ergebnissensteht.

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2.8. Die Struktur von Atomen 67

2.8.6 Rutherfordsche Streuformel

Wenn die α-Teilchen im Wesentlichen nur am Atom-kern gestreut werden, dessen Ausdehnung sehr kleinist gegen den Durchmesser des Atoms, können wirdie theoretische Behandlung der Streuung zurückführenauf die Streuung des α-Teilchens im Coulombpotentialeiner (praktisch) punktförmigen Ladung Q = Z · e, diebereits in Bd. 1, Abschn. 4.3.1, behandelt wurde. Dasdort abgeleitete Ergebnis war die Beziehung

cotϑ

2= 2Ekin

Epot= 4πε0

q · Q·μ ·v2

0 ·b (2.125)

mit q = 2e, Q = Z ·e zwischen Ablenkwinkel ϑ undStoßparameter b, wobei μ = mα ·mK/(mα +mK) diereduzierte Masse des Systems α-Teilchen-Goldkern ist.

BEISPIEL

b = 2 ·10−12 m (≈ 1/100 Atomdurchmesser), μv20 =

10 MeV = 1,6 · 10−12 J, q = 3,2 · 10−19 C, μ =3,92 AME, Q = 1,26 ·10−17 C ⇒ ϑ = 1,3◦. Für b = 2 ·10−13 m (≈ 1/1000 Atomdurchmesser) wird ϑ = 13,2◦und für b = 2 ·10−14 m (≈ 10−4 Atomdurchmesser ⇒ϑ = 51◦.

Man sieht aus diesem Beispiel, daß fürStreuwinkel ϑ > 1◦ die Wirkungsquerschnitteσ = πb2 ≈ 10−4πr2

A sehr klein gegen den Atom-querschnitt πr2

A werden. Dies bedeutet, daß trotzder vielen Atome mit Atomradius rA in der Fo-lie, zumindest für Ablenkwinkel ϑ > 1◦, jedesα-Teilchen nur einmal gestreut wird!

Um jetzt den Bruchteil aller in das StreuvolumenΔV = F ·Δx einfallenden Teilchen zu bestimmen, diein den Winkelbereich ϑ ± 1

2Δϑ gestreut wird und denDetektor mit der Fläche

ΔAD = (R · sin ϑ) · R ·Δϑ ·Δφ = R2 ·ΔΩ

erreicht (Abb. 2.87), benutzen wir die Definition (2.112)für den differentiellen Streuquerschnitt

dΩ= b · db

1

sin ϑ.

Durch Differentiation von (2.125) ergibt sich:

db

dϑ= 1

2

q · Q

4πε0μv20

1

sin2 ϑ/2,

Folie

ΔAD

R

φΔϑ⋅sinR

ϑΔ⋅R

ϑΔ

ϑ

Abb. 2.87. Zur Definition des Raumwinkels ΔΩ und derDetektorfläche ΔAD = R2ΔΩ

woraus wir mit (2.125) und der Relation sin ϑ =2 sin(ϑ/2) · cos(ϑ/2) den differentiellen Streuquer-schnitt für die Streuung eines Teilchens der Ladung qund der reduzierten Masse μ im Coulombfeld derLadung Q erhalten zu:

dΩ= 1

4

(q · Q

4πε0μv20

)2

· 1

sin4 ϑ/2. (2.126)

Daraus ergibt sich mit (2.100) für den Bruchteil allereinfallenden Teilchen, die den Detektor mit der FlächeΔAD = R2ΔΩ erreichen, die berühmte RutherfordscheStreuformel, wenn wir noch μ ·v2

0 ≈ 2Ekin setzen (weilμ ≈ mα):

ΔN

N0 · F= nGold ·Δx

4R2

(q · Q

8πε0 Ekin

)2ΔAD

sin4 ϑ/2.

(2.127)

Die gemessene Streuverteilung stimmt mit (2.127) gutüberein (Abb. 2.88). Nur bei sehr großen Streuwinkeln,also sehr kleinen Stoßparametern, treten Abweichungenauf (Abb. 2.89), die Rutherford bereits richtig dar-auf zurückführte, daß der Atomkern zwar eine kleineAusdehnung r ≤ rK hat, aber nicht punktförmig ist.

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68 2. Entwicklung der Atomvorstellung

Abb. 2.88. Vergleich zwischen den experimentellen Ergebnis-sen Rutherfords (Kreise), dem berechneten Wirkungsquer-schnitt für Coulombstreuung und dem Streuquerschnitt desThomson-Modells

Für Stoßparameter b < rK hat man keine Cou-lombstreuung mehr, sondern eine Ablenkung ϑ, diedurch (2.122) beschrieben wird. Außerdem treten fürr < rK zusätzlich zu den elektrostatischen Kräften kurz-reichweitige Kernkräfte auf (siehe Bd. 4), die zu einerVeränderung der Ablenkfunktion ϑ(b) führen. Aus die-ser Abweichung der gemessenen Streuverteilung von(2.127) kann der Radius rK des Atomkerns abgeschätztwerden.

Abb. 2.89. (a) Bahn von an einem Goldkern gestreutenTeilchen für ϑ = 60◦ und verschiedene Teilchenenergien;(b) Abweichung vom Coulombstreuquerschnitt für ϑ = 60◦bei höheren Energien Ekin; (c) Abweichung bei festerTeilchenenergie für ϑ > 100◦

Man erhält Werte von

rK ≈ r0 · A1/3 , (2.128)

wobei A die Massenzahl (in AME) des Kerns undr0 ≈ 1,3 ·10−15 m ist. Das Volumen des Atomkernsmacht demnach nur den Bruchteil (r0/rA)3 ≈ 10−15 desAtomvolumens aus.

• Die anfangs verschwommene Atomvorstellunghat sich im Laufe der letzten 200 Jahre durchimmer bessere verfeinerte Experimentiertechnikkonkretisiert zu einem quantitativen Atommodell,das die meisten Beobachtungen richtig beschreibt.

• Typische Atomradien sind 0,1 nm=10−10 m bis0,3 nm. Sie werden bestimmt aus den Wirkungs-querschnitten bei Stoßprozessen und mit Hilfe derRöntgenbeugung an Kristallen.

ZUSAMMENFASSUNG

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Übungsaufgaben 69

• 1 mol ist eine Stoffmengeneinheit, die sovielAtome bzw. Moleküle enthält wie 0,012 kg Koh-lenstoff 12C; oder: die soviele Gramm einesStoffes enthält, wie seine atomare bzw. mole-kulare Massenzahl (in atomaren MasseneinheitenAME) angibt.

• Die Avogadro-Konstante NA = 6,022 ·1023/molgibt die Zahl der Atome bzw. Moleküle pro Molan.

• Jedes neutrale Atom besteht aus Z Elektronen derMasse me = 1/1836 AME und der Ladung −e =−1,6 ·10−19 C und einem wesentlich schwererenKern mit der Ladung +Z · e und der Masse A (inAME).

• Freie Elektronen können erzeugt werden durchGlühemission aus heißen Metallen, durch Felde-mission aus Metallspitzen im elektrischen Feld,durch Elektronenstoßionisation freier Atomeund durch Photoionisation bei der Lichtab-sorption durch freie Atome oder feste Stoffe(Photoeffekt).

• Neutrale Atome können ionisiert werden durchElektronenstoß, Photonenabsorption, durch Stößemit schnellen Ionen, durch Ladungsaustausch undu. U. auch durch Stoß von Elektronen oder Io-nen mit Oberflächen fester Stoffe. Ein Atom, dasn Elektronen verloren hat, heißt n-fach ionisiert.

• Negative Ionen entstehen durch Anlagerung vonElektronen an neutrale Atome. Sie haben einenElektronenüberschuß.

• Das Ladungs-Masse-Verhältnis e/m von Ionenkann mit Hilfe von Massenspektrometern be-stimmt werden, die entweder auf der Ablenkungder Ionen in elektrischen und/oder magnetischenFeldern basieren oder auf der Flugzeit der durcheine Spannung U beschleunigten Ionen.

• Die Elementarladung mißt man durch neue Ver-sionen des Millikanschen Öltröpfchenversuches.

• Untersuchungen der Streuung von α-Teilchen anGoldkernen und moderne Varianten dieser Ver-suche mit schnellen Elektronen und Protonenbestätigen das Rutherfordsche Atommodell, indem der weit überwiegende Teil der Atommasseim Atomkern vereinigt ist, dessen Kernradius mit(1−5) ·10−15 m aber fast um fünf Größenordnun-gen kleiner ist als der Atomradius RA ≈ 10−10 m.Das Volumen des Atomkerns beträgt deshalb nuretwa 10−14−10−15 des Atomvolumens.

• Die positive Ladung Z · e des Atomkerns wirdin neutralen Atomen genau kompensiert durchdie negativen Ladungen −Z · e der Z Elektronen.Für mögliche Unterschiede Δq zwischen positi-ver und negativer Ladung läßt sich experimentelleine obere Schranke Δq/q < 10−21 angeben.

1. In 1 m3 Luft gibt es bei Normalbedingun-gen (p = 101 325 Pa = 1 atm und T = 273,2 K =0 ◦C) etwa 2,6 ·1025 Moleküle. Wie groß sinda) der mittlere Abstand zwischen zwei Molekü-len,b) der Raumausfüllungsfaktor, wenn die Mo-leküle durch Kugeln mit Radius r = 0,1 nmbeschrieben werden,c) die mittlere freie Weglänge Λ?

2. Die Hauptbestandteile der Luft sind: 78% N2,21% O2, 1% Ar. Berechnen Sie daraus dieMassendichte der Luft unter Normalbedingungen.

3. Wieviele Atome enthaltena) 1 g 12

6C,b) 1 cm3 Helium bei 105 Pa Druck und T = 273 K,

c) 1 kg Stickstoff N2,d) eine Stahlflasche mit 10 dm3 H2-Gas bei106 Pa?

4. Im interstellaren Raum ist die mittlere Dichte derH-Atome etwa 1/cm3 und die mittlere Temperaturetwa 10 K. Welcher Druck (in Pascal) herrschtdort? Warum kann man diesen Druck nicht aufder Erde erreichen?

5. Stellen Sie sich vor, eine internationale Kommis-sion hätte eine neue Temperaturskala definiert, beider der absolute Nullpunkt bei 0 ◦N und der Eis-punkt bei 100 ◦N liegen. Welches wäre dann derneue Wert der Boltzmann-Konstante k in Joulepro ◦N? Wo läge der Siedepunkt des Wassers aufder neuen Skala?

ÜBUNGSAUFGABEN

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70 2. Entwicklung der Atomvorstellung

6. Verifizieren Sie die in Abschn. 2.2.3b angege-bene Relation vS = vPh = (κRT/M)1/2 zwischenSchallgeschwindigkeit vS, Molmasse M undTemperatur T . Wie groß sind die Frequenzen derradialen Eigenresonanzen in einem sphärischenakustischen Resonator mit Radius r0?

7. In seinen Versuchen über die Dichteverteilungvon Kolloidteilchen in Wasser fand Perrin einemittlere Zahl von 49 Teilchen pro Flächenein-heit in der Höhe h und 14 Teilchen in der Höheh +60 μm. Die Massendichte der Kolloidteilchenwar dabei �T = 1,194 kg/dm3 und ihr Radiusr = 2,12 ·10−7 m. Wie groß sind nach diesenErgebnissen die Masse der Teilchen, die Avoga-drokonstante und die Molmasse der Teilchen?

8. a) Unter welchem Winkel muß Röntgenstrahlungmit λ = 0,5 nm auf ein Beugungsgitter (siehe Ab-schn. 7.5.5 und Bd. 2, Abschn. 10.5 mit 1200 Stri-chen/mm fallen, damit man die erste Beugungs-ordnung unter dem Winkel β1 = 87◦ beobach-ten kann? Wo liegt die zweite Beugungsordnung?Wie groß muß α sein, damit β1 −β2 ≥ 0,75◦ ist?b) Die erste Beugungsordnung von Röntgenstrah-len mit λ = 0,2 nm, die Braggreflexion an einerKubusseitenfläche eines NaCl-Kristalls erfahren,erscheint bei einem Glanzwinkel von 21◦. Wiegroß ist die Gitterkonstante des NaCl-Kristalls?Wie groß ist die daraus berechnete Avogadro-Konstante (�NaCl = 2,1 kg/dm3)?c) Wie groß sind Radius und Volumen vonAr-Atomen in einem kalten Ar-Kristall (kubisch-flächenzentriertes Gitter = engste Kugelpackung),wenn bei der Braggreflexion von Röntgenstrah-len der Wellenlänge λ = 0,45 nm, die unterdem Winkel ϑ gegen die Netzebene paral-lel zu den Würfelkanten einfallen, das ersteReflexionsmaximum bei ϑ = 43◦ auftritt?

9. Man kann die Gasgleichung für ein Mol einesrealen Gases in der Form einer Taylorreihe nachPotenzen von 1/VM entwickeln als

p · VM = R · T

(1+ B(T )

VM+ C(T )

V 2M

+· · ·)

.

Vergleichen Sie die Virialkoeffizienten B(T ),C(T ) mit den Konstanten a und b der van-der-Waals-Gleichung (2.24) und diskutieren Sie ihrephysikalische Bedeutung.

10. Leiten Sie (2.25) und (2.26) her.11. Wie genau läßt sich das Verhältnis e/m für Elek-

tronen bestimmena) im magnetischen Längsfeld, wenn die Elek-tronen in der Fokalebene durch eine Blende mitdem Durchmesser 1 mm treten und der auf denDetektor fallende Strom mit einer Genauigkeitvon 10−3, das Magnetfeld B und die Beschleuni-gungsspannung U mit 10−4 und der Abstand Lzwischen Eintritts- und Austrittsblende mit 2 ·10−3 gemessen werden kann?b) im Wienfilter, wenn Ein- und Austritts-spalt mit dem Abstand d = 10 cm die Breiteb = 0,1 mm haben und die Beschleunigungsspan-nung U = 1 kV ist, bei Meßunsicherheiten wieunter a)?

12. Ar+-Ionen fliegen mit einer Energie von 103 eVdurch ein magnetisches 60◦-Sektorfeld. Wie großmuß das Magnetfeld B sein, damit die Brennweitef = 80 cm ist?

13. Das elektrische Potential entlang der Achse einerzylindersymmetrischen Elektronenlinse sei φ =φ0 +a · z2 für 0 ≤ z ≤ z0 und φ = φ0 für z ≤ 0,φ = φ0 +az2

0 für z ≥ z0. Elektronen treten mit derGeschwindigkeit v0 = √

2eφ0/m in die Linse ein.Wie groß ist die Brennweite?

14. In einer Schicht der Breite b = 2 mm in derMitte zwischen zwei Netzblenden im Abstandvon d = 30 mm, zwischen denen eine SpannungU = 300 V liegt, werden Ionen der Masse m er-zeugt und in ein Flugzeit-Massenspektrometerbeschleunigt.a) Wie groß ist die Laufzeitverschmierung in einer1 m langen feldfreien Driftstrecke? Können zweiMassen m1 = 110 AME und m2 = 100 AMEnoch getrennt werden?b) Ionen im Geschwindigkeitsintervall v0 ±Δv/2fliegen als Parallelstrahl der Breite b = 1 mm inein 180◦-Massenspektrometer. Wie groß ist dieBreite des Bündels am Ausgang? Wie groß ist dasMassenauflösungsvermögen?c) Zeigen Sie, daß beim Reflektron die Mas-senauflösung gegenüber dem einfachen Flugzeit-spektrometer bei gleicher Länge L erhöht wird.Wovon hängt der Verbesserungsfaktor ab?

15. α-Teilchen mit Ekin = 5 MeV werden in einerGoldfolie gestreut. �

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Übungsaufgaben 71

a) Wie groß ist der Stoßparameter b bei einemStreuwinkel ϑ = 90◦?b) Wie groß ist rmin für Rückwärtsstreuung(ϑ = 180◦)?c) Welcher Bruchteil aller α-Teilchen wirdum Winkel ϑ ≥ 90◦ gestreut bei einer Gold-folie mit Dicke 5 · 10−6 m (� = 19,3 g/cm3,M = 197 g/mol)?d) Welcher Bruchteil wird in den Winkelbereich45◦ ≤ ϑ ≤ 90◦ gestreut?

16. Man vergleiche bei einer Winkelauflösung dϑ =1◦ die relativen Streudaten für (1±0,5)◦ und

(5 ± 0,5)◦ für das Thomson-Modell und dasRutherford-Modell des Goldatoms für die Foliein Aufg. 2.13c.

17. Protonen fallen auf eine 12 μm dicke Kupferfolie.a) Wie hoch muß die Protonenenergie sein, damitrmin beim zentralen Stoß gleich dem KernradiusrK = 5 ·10−15 m wird?b) Für rmin < rK erwartet man eine Abweichungder Streukurve N(ϑ) von der Rutherford-Formel.In welchem Winkelbereich ϑ wird dies bei einerProtonenenergie von 9,5 MeV auftreten?