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Gisela Boeck Online-Version In der eRef 3., unveränderte Auflage IThieme

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3., unveränderte Auflage

IThieme

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Auf einen Blick

1 Allgemeine Grundlagen und chemische Bindung

2 Chemische Reaktionen und chemisches Gleichgewicht

3 Grundlagen der organischen Chemie

4 Stoffklassen der organischen Chemie

5 Chemie wichtiger Naturstoffklassen

6 Anhang

35

1

85

123

163

197

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Kurzlehrbuch

Chemie

Gisela Boeck

2., überarbeitete Auflage

146 Abbildungen67 Tabellen

Georg Thieme VerlagStuttgart · New York

Kurzlehrbuch

Chemie

Gisela Boeck

2., überarbeitete Auflage

146 Abbildungen67 Tabellen

Georg Thieme VerlagStuttgart · New York

KurzlehrbuchChemie

Gisela Boeck

3., unveränderte Auflage

146 Abbildungen67 Tabellen

Georg Thieme VerlagStuttgart ● New York

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Dr. rer. nat GiselaInstitut für Chemie an derUniversität RostockAlbert-Einstein-Str. 3a18059 Rostock

Grafiken: Ruth Hammelehle, Kirchheim;Wolfgang Zettlmeier, Barbing

Klinische Fälle als Kapiteleinstieg:Lehrbuchredaktion Georg Thieme Verlag mitFachbeirat Dr. med. Johannes-Martin HahnLayout: Künkel u. Lopka, Heidelberg

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diesePublikation in der Deutschen Nationalbibliografie;detaillierte bibliografische Daten sind im Internet überhttp://dnb.d-nb.de abrufbar.

Hinweises kann also nicht geschlossen werden, dass es sichum einen freien Warennamen handele.Das Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrecht-lich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Gren-zen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung desVerlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere fürVervielfältigungen, Ûbersetzungen, Mikroverfilmungen unddie Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Sys-temen.

Wichtiger Hinweis: Wie jede Wissenschaft ist die Medizinständigen Entwicklungen unterworfen. Forschung und klini-sche Erfahrung erweitern unsere Erkenntnisse, insbesonderewas Behandlung und medikamentöse Therapie anbelangt.Soweit in diesemWerk eine Dosierung oder eine Applikationerwähnt wird, darf der Leser zwar darauf vertrauen, dassAutoren, Herausgeber und Verlag große Sorgfalt darauf ver-wandt haben, dass diese Angabe dem Wissensstand beiFertigstellung des Werkes entspricht.Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applika-tionsformen kann vom Verlag jedoch keine Gewähr über-nommen werden. Jeder Benutzer ist angehalten, durchsorgfältige Prüfung der Beipackzettel der verwendeten Prä-parate und gegebenenfalls nach Konsultation eines Spezia-listen festzustellen, ob die dort gegebene Empfehlung fürDosierungen oder die Beachtung von Kontraindikationengegenüber der Angabe in diesem Buch abweicht. Eine solchePrüfung ist besonders wichtig bei selten verwendeten Prä-paraten oder solchen, die neu auf den Markt gebracht wor-den sind. Jede Dosierung oder Applikation erfolgt auf ei-gene Gefahr des Benutzers. Autoren und Verlag appellierenan jeden Benutzer, ihm etwa auffallende Ungenauigkeitendem Verlag mitzuteilen.

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Boeck

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1. Auflage 20032. Auflage 2008

© 2003, 2019 Georg Thieme Verlag KGRüdigerstr. 1470469 StuttgartDeutschlandwww.thieme.de

Printed in Germany

Satz: primustype Robert Hurler GmbH, Notzingengesetzt in UltraXML

Druck: Westermann Druck Zwickau GmbH, Zwickau

DOI 10.1055/b-006-161654

ISBN 978-3-13-242832-4

Auch erhältlich als E-Book:eISBN (epub) 978-3-13-242834-8eISBN (PDF) 978-3-13-242833-1

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Vorwort zur 2. AuflageViele angehende Medizinerinnen und Mediziner ha-ben sich erfolgreich mit dem Kurzlehrbuch durch dieChemie hindurchgearbeitet und die Hürde des erstenAbschnitts der Ärztlichen Prüfung genommen. In-zwischen ist die Zeit reif für eine neue Auflage. Dasich seit der ersten Auflage keine Änderungen imHinblick auf den Gegenstandskatalog Chemie/Bio-chemie ergeben haben, wurden in dieser Auflagedie inhaltliche Struktur und die didaktische Gestal-tung beibehalten. Hingegen wurden einige Stolper-steine und Fehler ausgemerzt. Für entsprechendekonstruktive Hinweise bin ich insbesondere meinenStudentinnen und Studenten, aber auch Kolleginnenund Kollegen zu Dank verpflichtet. Frau PD Dr. B.

Tiefenbach (Institut für Toxikologie und Pharmako-logie der Universität Rostock) hat mir zahlreiche In-formationen zu Überarbeitung der klinischen Bezügezur Verfügung gestellt, auch dafür mein herzlicherDank.Möge diese zweite Auflage, die in bewährter Zusam-menarbeit mit dem Georg Thieme Verlag entstand,die Chemie verständlich und begreifbar machen,denn zur Medizin gehört heute ein gutes naturwis-senschaftliches Fundament.

Gisela Boeck

Rostock, im Juli 2008

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Vorwort zur 1. AuflageDer Mensch – das ist komplexe, angewandte Chemie.Chemische Vorgänge laufen in jeder Zelle ab. Es gibtkeinen Bereich unseres Lebens, der ohne Chemiefunktioniert, auch wenn Ihnen das gar nicht bewusstist.Selbst zum Lernen brauchen Sie Chemie: So über-trägt z. B. Stickstoffmonoxid in den Spalten zwischenden Nervenzellen Signale, die wir für Lernprozessebenötigen.Mit der Umsetzung der neuen Approbationsordnungfür Ärzte wird sich der Stundenanteil der Chemie-ausbildung im vorklinischen Abschnitt deutlich re-duzieren. Das bedeutet aber nicht, dass das Niveauder Chemiefragen in der Ärztlichen Vorprüfung sin-ken wird. Auch die zu bestehenden Klausuren undTestate werden nicht leichter werden. Andererseitsist das aus der Schule mitgebrachte naturwissen-schaftliche Fundament angehender Medizinerinnenund Mediziner oft nicht ausreichend gefestigt. Etwa40% von Ihnen hatten in der 10. bzw. 11. Klasse letzt-malig Chemieunterricht. Dadurch sind zwar meistnoch Kenntnisse in der Allgemeinen Chemie vorhan-den, in der organischen Chemie ist das Vorwissenjedoch oft deutlich geringer. Wir wissen aber auch,dass die Mehrheit von Ihnen der Ansicht ist, dasschemische Kenntnisse für das Medizinstudium nütz-lich sind und diese in der ärztlichen Praxis benötigtwerden. Das bedeutet für Sie als Studierende, sich inkürzester Zeit in ein naturwissenschaftliches Fachhineinzudenken, sich umfangreiches chemischesWissen anzueignen, das man nicht auswendig lernenkann, sondern verstehen und sich im ChemischenPraktikum auch experimentell erschließen muss.Das vorliegende Buch kann und soll das exponenziellgewachsene Wissen zur Chemie nicht vollständigwiedergeben. Der Inhalt orientiert sich an der 4. Auf-

lage des Gegenstandskatalogs für den schriftlichenTeil der Ärztlichen Vorprüfung (2001).Mit dem vorliegenden Buch wollen wir Ihnen eineHilfe in die Hand geben, das in der Vorlesung Gehörtenachzulesen, zu festigen und anzuwenden. An eini-gen Stellen wurden didaktische Vereinfachungenvorgenommen, um Sachverhalte verständlich darzu-stellen. Die Lerncoaches und Check-ups am Anfangund Ende der Kapitel sollen Ihnen als roter Fadendurch die Stofffülle dienen. In den Kapiteln zur orga-nischen Chemie stellenwir Ihnen viele Verbindungenvor. Vielleicht wird Sie die große Anzahl von Formelnzu Beginn verunsichern, aber wir hoffen, dass kon-krete Beispiele Ihnen das Verständnis der zweifels-ohne komplizierten Zusammenhänge erleichtern.Schließlich sollen Ihnen die klinischen Bezüge zei-gen, dass wir die Chemie nicht zum Selbstzweck be-treiben, sondern Grundlagen für die Biochemie, Phy-siologie, Pharmakologie und die Klinische Chemieschaffen.Viele haben bei der Entstehung dieses Buches mitge-wirkt, ihnen allen sei für ihr Verständnis, für diehilfreichen Diskussionen und Anregungen gedankt.Besonders möchte ich mich bei Herrn Prof. Dr. Chris-tian Vogel bedanken, der mir nicht nur ein sehr hilf-reicher Kritiker war, sondern mir auch die Möglich-keit schuf, selbst umfangreiche Erfahrungen in derLehre zu sammeln.Weiterhin bedanke ich mich bei Frau Dr. Eva-CathrinSchulz und Frau Dr. Christina Schöneborn vom GeorgThieme Verlag für die gute Zusammenarbeit, sie ha-ben mir stets mit Rat und Tat zur Seite gestanden.

Gisela Boeck

Rostock, Juni 2003

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Inhalt

1 Allgemeine Grundlagen undchemische Bindung 3

1.1 Die Einteilung der Materie 31.1.1 Elemente, Verbindungen und Stoffe 3

1.2 Der Atombau 71.2.1 Die atomaren Dimensionen 71.2.2 Die Avogadro-Zahl und die Stoffmenge 71.2.3 Die Atombausteine 71.2.4 Die moderne Elementdefinition 81.2.5 Die Radioisotope 9

1.3 Die Elektronenhülle 111.3.1 Vorbemerkung 121.3.2 Das Bohr'sche Atommodell 121.3.3 Das wellenmechanische Atommodell 12

1.4 Das Periodensystem der Elemente(PSE) 16

1.4.1 Die Einteilung im Periodensystem 161.4.2 Die Periodizität der Eigenschaften 161.4.3 Kurzinformationen zu wichtigen Gruppen

mit ihren Elementen 17

1.5 Die chemische Bindung 231.5.1 Der Überblick 231.5.2 Die Oktettregel 231.5.3 Die metallische Bindung 231.5.4 Die Ionenbindung 231.5.5 Die kovalente Bindung (= Atombindung) 261.5.6 Die koordinative Bindung 311.5.7 Die Wasserstoffbrückenbindungen 311.5.8 Die Van-der-Waals-Wechselwirkungen 321.5.9 Die hydrophoben Wechselwirkungen 321.5.10 Zusammenfassung 32

2 Chemische Reaktionen undchemisches Gleichgewicht 37

2.1 Die Stöchiometrie chemischerReaktionen 37

2.1.1 Der Überblick 372.1.2 Die grundlegenden Gesetze für

chemische Reaktionen 372.1.3 Die chemische Gleichung 372.1.4 Die Gehalts- und Konzentrationsgrößen 39

2.2 Die Thermodynamik chemischerReaktionen 40

2.2.1 Der Überblick 402.2.2 Abgeschlossene, geschlossene und

offene Systeme 412.2.3 Die innere Energie und die Enthalpie 412.2.4 Der freiwillige Ablauf von Reaktionen 432.2.5 Das thermodynamische Gleichgewicht 44

2.3 Die Kinetik chemischer Reaktionen 482.3.1 Der Überblick 482.3.2 Die Reaktionsgeschwindigkeit 482.3.3 Die Katalyse 51

2.4 Die Lösungen und Elektrolyte 542.4.1 Der Überblick 542.4.2 Die Einteilung der Elektrolyte 542.4.3 Die Löslichkeit und das

Löslichkeitsprodukt 55

2.5 Die Säuren und Basen 572.5.1 Der Überblick 572.5.2 Die Einführung 572.5.3 Der pH-Wert 572.5.4 Die Säure-Base-Theorie von Brønsted 582.5.5 Die Säure-Base-Theorie von Lewis 592.5.6 Die Autoprotolyse des Wassers 592.5.7 Die Säuren- und Basenstärke 592.5.8 Die Neutralisation 612.5.9 Die Messung des pH-Wertes 622.5.10 Die Säure-Base-Titrationen 622.5.11 Die Puffer 64

VII

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2.6 Die Komplexbildung 662.6.1 Der Überblick 662.6.2 Die Nomenklatur 672.6.3 Die Gleichgewichtskonstante von

Komplexbildungsreaktionen 67

2.7 Die Oxidation und die Reduktion 692.7.1 Der Überblick 692.7.2 Die Theorie von Oxidation und Reduktion 692.7.3 Die quantitative Beschreibung von

Redoxvorgängen 72

2.8 Die heterogenen Gleichgewichte 772.8.1 Der Überblick 772.8.2 Die Einteilung 772.8.3 Die Löslichkeit eines Feststoffes 782.8.4 Die Verteilung einer Substanz zwischen

zwei Flüssigkeiten 782.8.5 Die Löslichkeit eines Gases in einer

Flüssigkeit 792.8.6 Die Adsorption 792.8.7 Gleichgewichte an Membranen 80

3 Grundlagen derorganischen Chemie 87

3.1 Die Bindungsverhältnisse amKohlenstoffatom 87

3.1.1 Der Überblick 873.1.2 Die Eigenschaften des Elements

Kohlenstoff 873.1.3 Das Hybridisierungsmodell 873.1.4 Das Modell der s- und der π-Bindung 883.1.5 Die konjugierten Doppelbindungen 90

3.2 Die Einteilung und die Nomenklaturorganischer Verbindungen 92

3.2.1 Der Überblick 923.2.2 Die Klassifizierung organischer

Verbindungen 933.2.3 Die Strukturdarstellung 933.2.4 Die Nomenklatur 97

3.3 Die Stereochemie organischerVerbindungen 100

3.3.1 Der Überblick 1003.3.2 Die Isomerie 100

3.3.3 Die Konstitutionsisomerie 1003.3.4 Die Stereoisomerie 101

3.4 Die Strukturaufklärung organischerVerbindungen 112

3.4.1 Die Reindarstellung einer Substanz 1123.4.2 Die Charakterisierung der reinen

Substanz 114

3.5 Die Reaktionstypen organischerVerbindungen 116

3.5.1 Die Systematisierung organisch-chemischer Reaktionen 116

3.5.2 Die Reaktionstypen 118

4 Stoffklassen derorganischen Chemie 125

4.1 Die Kohlenwasserstoffe 1254.1.1 Der Überblick 1254.1.2 Die gesättigten Kohlenwasserstoffe 1254.1.3 Die ungesättigten Kohlenwasser-

stoffe 1274.1.4 Die aromatischen Kohlenwasserstoffe

(Arene) 1304.1.5 Die Halogenkohlenwasserstoffe 131

4.2 Die Alkohole, die Phenole unddie Ether 132

4.2.1 Der Überblick 1324.2.2 Die Alkohole 1324.2.3 Die Phenole 1364.2.4 Die Ether 137

4.3 Die Thiole und die Thioether 1384.3.1 Der Überblick 1384.3.2 Die Thiole 1384.3.3 Die Thioether 140

4.4 Die Amine 1414.4.1 Die Einteilung 1414.4.2 Die physikalischen Eigenschaften 1414.4.3 Die chemischen Reaktionen 141

4.5 Die Aldehyde und die Ketone 1444.5.1 Der Überblick 1444.5.2 Die Einteilung 144

VIII Inhalt

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4.5.3 Die physikalischen Eigenschaften 1444.5.4 Die chemischen Reaktionen 144

4.6 Die Carbonsäuren und derenDerivate 150

4.6.1 Der Überblick 1504.6.2 Die Eigenschaften der Carbonsäuren 1504.6.3 Die Carbonsäurederivate 154

4.7 Die Heterocyclen 1584.7.1 Der Überblick 1584.7.2 Die Einteilung 1584.7.3 Die 5-Ring-Heterocyclen 1584.7.4 Die 6-Ring-Heterocyclen 1594.7.5 Die mehrkernigen Heterocyclen 160

5 Chemie wichtigerNaturstoffklassen 165

5.1 Die Aminosäuren, die Peptide unddie Proteine 165

5.1.1 Der Überblick 1655.1.2 Die Aminosäuren 1655.1.3 Die Peptide 1695.1.4 Die Proteine 170

5.2 Die Kohlenhydrate 1745.2.1 Der Überblick 1745.2.2 Die Klassifizierung 1745.2.3 Die Monosaccharide 1745.2.4 Die Disaccharide 1815.2.5 Die Oligosaccharide 1825.2.6 Die Polysaccharide 183

5.3 Die Lipide 1855.3.1 Der Überblick 1855.3.2 Die Klassifizierung 1865.3.3 Die Fettsäuren und Fette 1865.3.4 Die Wachse 1885.3.5 Die Phospholipide und die Sphingolipide1885.3.6 Die Isoprenoide 190

5.4 Die Nukleinsäuren 1925.4.1 Der Überblick 1925.4.2 Der Aufbau der Nukleinsäuren 1925.4.3 DNA und RNA 194

6 Anhang 199

6.1 Lösungen 199

6.2 Wichtige Zahlen und Formeln 2036.2.1 Angabe von Zahlenwerten als

Zehnerpotenzen 2036.2.2 Einheiten und ihre Vielfachen 2036.2.3 Naturkonstanten und Basisgrößen 2046.2.4 Beispiele für abgeleitete SI-Einheiten 2046.2.5 Rechnen mit Potenzen und

Logarithmen 2056.2.6 Säure- und Basenkonstanten 206

6.3 Geschichte im Überblick 207

Quellenverzeichnis 217

Sachverzeichnis 218

IXInhalt

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Kapitel1

Allgemeine Grundlagen undchemische Bindung

1.1 Die Einteilung der Materie 3

1.2 Der Atombau 7

1.3 Die Elektronenhülle 11

1.4 Das Periodensystem der Elemente(PSE) 16

1.5 Die chemische Bindung 23

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Freibad statt Radtour

Sauerstoff ist vielleicht das wichtigste Element. Die

Elemente sind im Periodensystem zusammengestellt,

über das Sie im nächsten Kapitel mehr erfahren wer-

den. Ohne Sauerstoff hätten sich die heutigen Lebens-

formen auf der Erde nicht entwickeln können. Die

meisten Elemente des Periodensystems sind für den

Organismus wichtig oder sogar unersetzlich, bei-

spielsweise Phosphor gebunden als Phosphat als Be-

standteil der Knochen oder Iod als Baustein der

Schilddrüsenhormone. Doch viele Elemente, die in

niedriger Konzentration vom Körper benötigt wer-

den, sind in größeren Mengen giftig, beispielsweise

Arsen oder Quecksilber. O3, Ozon, kann in hoher Kon-

zentration die Atemwege schädigen. Die 16-jährige

Petra gehört zu den Menschen, die im Sommer unter

ozonbedingten Atemwegsproblemen leiden.

Brustschmerzen, Husten und KurzatmigkeitPetra kann nicht mehr. Sie hat Schmerzen in der Brust

und bekommt kaum noch Luft. Ständig muss sie husten.

Die 16-Jährige flucht innerlich darüber, dass sie mit ihren

beiden Brüdern diese Radtour macht. Bei dem tollen

Wetter hätte sie auch prima im Freibad faulenzen kön-

nen. Stattdessen tritt sie hier auf dem Feldweg in die

Pedale. Bei der nächsten Rast bemerken ihre Brüder, dass

es Petra nicht gut geht. Obwohl sie nun im Gras liegt, ist

sie kurzatmig. Wenn sie versucht, tiefer einzuatmen, tut

ihr der ganze Brustkorb weh. Erst am Abend geht es

Petra besser.

Viel Sonnenschein, viel OzonZwei Wochen später hilft Petra ihren Großeltern bei der

Gartenarbeit. Als sie wieder Atemprobleme bekommt,

bringt ihre Oma sie zum Arzt. Dieser untersucht das

Mädchen gründlich. Er kann nichts Auffälliges finden.

Dennoch hat er eine Vermutung, woher Petras Be-

schwerden kommen könnten: Möglicherweise ist sie be-

sonders ozonempfindlich. Bei schönem Wetter ist die

Ozonkonzentration besonders hoch: Die UV-Strahlung

wandelt das hauptsächlich aus Autoabgasen stammende

NO2 (Stickstoffdioxid) in NO (Stickstoffmonoxid) und

1 Sauerstoffatom um. Letzteres verbindet sich dann mit

O2 zu O3, dem Ozon. So kann die Ozonbelastung der Luft

auf bis zu 80ppb (ppb = parts pro billion) ansteigen.

Normalerweise liegt sie bei etwa 20 ppb. In der Nacht

wird das Ozon wieder abgebaut.

Obstruktion durch OzonManche Menschen sind gegenüber Ozon besonders

empfindlich und leiden an Thoraxschmerzen, Kurzatmig-

keit und Hustenreiz. Die Ursache der erhöhten Ozon-

empfindlichkeit ist nicht geklärt. Sicher ist jedoch, dass

es beim Einatmen von Ozon zu einer Entzündung der

Atemwege kommt. Dadurch steigt der Atemwegswider-

stand, d. h., die Betroffenen haben – ähnlich wie Asth-

matiker – Probleme, die eingeatmete Luft wieder aus-

zuatmen. Diese sog. Bronchialobstruktion kann man

auch in einer Lungenfunktionsprüfung ermitteln: Die Pa-

tienten müssen tief einatmen und dann die Luft so

schnell wiemöglich in ein Messgerät ausatmen. Je stärker

die Obstruktion, desto weniger Luft kann in einer Se-

kunde ausgeatmet werden. Bei manchen Menschen ist

diese sog. Einsekundenkapazität bei hohen Ozonwerten

verringert. Lässt die Ozonbelastung jedoch nach, sind die

Atemwege wieder voll funktionsfähig.

Welche Konsequenzen hat dies für Petra? An Tagen mit

hoher Ozonkonzentration sollte sie körperliche Anstren-

gung meiden. Denn die Menge des aufgenommenen

Ozons hängt nicht nur von der Konzentration in der

Luft, sondern auch vom Atemminutenvolumen ab, dem

Luftvolumen, das in einer Minute eingeatmet wird. Und

das ist bei Belastung natürlich höher. Petra hat also allen

Grund, im Freibad zu faulenzen, wenn ihre Brüder an-

strengende Fahrradtouren unternehmen.

2 Klinischer Fall

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1 Allgemeine Grundlagen undchemische Bindung

Was ist Chemie?Die Chemie ist eine Naturwissenschaft und befasstsich mit der Zusammensetzung, der Charakterisie-rung und der Umwandlung von stofflicher Materie.Der Ursprung des Wortes „Chemie“ ist bis heute nichtzweifelsfrei geklärt. Es kann sowohl vom ägyptischenWort „chmi“ für schwarz als auch vom arabischenBegriff „chemi“ abgeleitet sein, der den schwarzen,fruchtbaren Humusboden des Nildeltas beschreibt.Auch ein Zusammenhang mit dem griechischen„chyma“ für Metallguss ist möglich.Diese verschiedenen Deutungen zeigen sehr an-schaulich den Einfluss der Chemie auf das Lebendes Menschen: Alles, was uns umgibt, jegliche Mate-rie, die unser Auge sehen oder die mithilfe von Ge-räten sichtbar gemacht werden kann, ist Chemie.Jeden Tag führen wir – größtenteils unbewusst – che-mische Reaktionen durch. Chemische Verbindungensind in Benzin ebenso vorhanden wie in Milch,Waschmittel oder Zahnpasta. Trotzdem ist die Che-mie eine eher unbeliebte Naturwissenschaft, über diein der Bevölkerung relativ wenig bekannt ist. Diesmag mit der ungeheuren Komplexität chemischerProzesse zusammenhängen: Chemische Reaktionenwie Milch Säuern, Bier Brauen oder die Herstellungvon Metall aus Erz sind schon seit der Urzeit bekannt,konnten aber nicht erklärt werden, da das entspre-chende Instrumentarium fehlte. Auch Heilpflanzenwerden seit der Antike eingesetzt, die Inhaltsstoffeund deren Wirkungen konnten jedoch erst in derheutigen Zeit analysiert werden.Erst Ende des 18. Jahrhunderts gelang es, ein wissen-schaftliches Fundament für die Chemie aufzubauenund so deren außerordentliche Entwicklung zu er-möglichen. Das Verständnis für Chemie hat sich je-doch nicht im erwünschten Maß entwickelt, wassicher auch damit zusammenhängt, dass die Erklä-rungen für chemische Vorgänge auf atomarer Ebeneerfolgen und dadurch sehr abstrakt sind.

1.1 Die Einteilung der Materie

LerncoachDieses erste Kapitel ist vielleicht etwas müh-sam zu lernen, denn es enthält viele Defini-tionen, die Sie verstehen und richtig anwen-den können sollten. Im Laufe des Lernenswerden Sie häufiger auf diese Definitionenzurückgreifen müssen – verschaffen Sie sichalso hier zumindest einen Überblick über denInhalt, damit Sie später wissen, wo Sie nach-lesen können.

1.1.1 Elemente, Verbindungen und Stoffe1.1.1.1 Die ElementeDie griechischen Naturphilosophen vermutetenschon im 6. Jh. v. Chr., dass die Materie aus unver-änderlichen, einfachsten Grundstoffen besteht. DieseGrundstoffe bezeichneten sie als Elemente. NachLavoisier ist ein Element ganz pragmatisch und an-wendungsorientiert ein Stoff, der durch chemischeMittel nicht weiter zerlegt werden kann.Dalton konkretisierte den Elementbegriff und bezogihn auf den atomaren Aufbau: Chemische Elementebestehen aus kleinen, elektrisch neutralen, mit che-mischen Mitteln nicht weiter zerlegbaren Teilchen,den Atomen (atomos griech. unteilbar). Alle Atomeeines Elementes sind einander gleich, besitzen alsogleiche Masse und gleiche Gestalt. Atome verschie-dener Elemente haben unterschiedliche Eigenschaf-ten. Heute sind mehr als 115 Elemente bekannt,88 kommen in fassbarer Menge in der Natur vor.Tab. 1.1 zeigt einige für den menschlichen Körperwichtige Elemente.Sowohl die Definition von Lavoisier als auch die vonDalton werden heute noch verwendet, obwohl mitbesseren Kenntnissen des Atombaus eine moderneElementdefinition eingeführt wurde. Dabei wird derBegriff Element synonym mit der durch die Proto-nenzahl gekennzeichneten Atomart benutzt (s. S. 3).Stoffe, die aus nur einer Atomart bestehen, nenntman auch Elementsubstanzen (z. B. H2, S8).

Die SymboleDie Elemente erhielten schon immer Symbole, dieheute gebräuchlichen gehen auf Berzelius zurück,

1 Allgemeine Grundlagen und chemische Bindung Die Einteilung der Materie 3

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der den Anfangsbuchstaben des lateinischen Ele-mentnamens verwendete. Bei gleichen Anfangs-buchstaben der Elementenamen fügte er bei einemder beiden Elemente den zweiten Buchstaben hinzu.Waren diese ebenfalls gleich, wurde der erste nichtgemeinsame Konsonant angefügt (Tab. 1.2). Oft gehendie Bezeichnungen auf mythologische Ausdrückeoder das Heimatland des Entdeckers zurück.Heute haben diese Symbole eine dreifache Bedeu-tung: Sie bezeichnen das einzelne Atom, eine defi-nierte Anzahl dieser Atome und den Stoff. So stehtz. B. Fe nicht nur für das fassbare Metallstück Eisen(= Stoff), sondern auch für ein Atom Eisen und für6 · 1023 Eisenatome (s. S. 7).

1.1.1.2 Die VerbindungenChemische Verbindungen sind aus verschiedenenAtomarten aufgebaut und lassen sich chemisch inElementsubstanzen zerlegen. Man unterscheidetMolekül- und Ionenverbindungen.

Die kleinste Baueinheit der Molekül-verbindungen ist das Molekül, ein Teilchen, indem zwei oder mehrere Atome fest verknüpftsind (z. B. H2O, C2H5OH).Ionenverbindungen bestehen aus Ionen (iongriech. wandernd) (z. B. NaCl, KBr). Ionen entste-hen durch Elektronenaufnahme oder Elektronen-abgabe aus den Atomen. Positiv geladene Ionensind Kationen, weil sie zur Kathode (–) wandern(kathodos griech. Hinabweg, nach der Vorstellung,dass Elektronen am Minuspol der Stromquelleaustreten). Negativ geladene Ionen werden alsAnionen bezeichnet, weil sie zur Anode (+) (ano-dos griech. Eingang) wandern.

MERKE

Der Begriff Element wird sowohl auf makroskopi-scher als auch atomarer Ebene verwendet. Der Be-griff Stoff bezieht sich immer auf die makroskopi-sche Ebene.

1.1.1.3 Die StoffeDer AggregatzustandMan unterscheidet zwischen dem festen, dem flüssi-

gen und dem gasförmigen Zustand der Materie.Im festen Aggregatzustand (f = fest oder s = solid)hat die Materie den höchsten Ordnungszustand.Feste Stoffe zeichnen sich durch eine stabile äu-ßere Form und ein definiertes Volumen aus.Flüssigkeiten besitzen keine stabile Form, aber eindefiniertes Volumen. Der flüssige Aggregatzu-stand von Stoffen wird häufig durch fl (flüssig)oder l (liquid) als Fußnote an der Formel ver-merkt.Gase (g) füllen den zur Verfügung stehendenRaum immer vollständig aus, sie haben also keinstabiles Volumen und keine stabile Form. Für dieAbleitung vieler Gesetzmäßigkeiten ist die An-nahme eines Idealzustandes wichtig. Unter ei-nem idealen Gas versteht man Gasmoleküle oderAtome, die sich völlig regellos bewegen und keineWechselwirkung aufeinander ausüben. Die Stößeder Teilchen sind völlig elastisch und das Eigen-volumen der Gasteilchen ist vernachlässigbarklein. Unter physiologischen Bedingungen han-delt es sich tatsächlich jedoch immer um reale

Gase, bei denen zwischen den Teilchen eine

Die Einteilung der Materie 1 Allgemeine Grundlagen und chemische Bindung4

Tabelle 1.1

Wichtige Elemente im menschlichen Körper

Element Symbol Massenanteil in %

Sauerstoff O 63

Kohlenstoff C 20

Wasserstoff H 10

Stickstoff N 3

Calcium Ca 1,5

Phosphor P 1,0

Schwefel S 0,2

Kalium K 0,25

Natrium Na 0,15

Chlor Cl 0,15

Magnesium Mg 0,04

weitere Spurenele-mente (z. B. Mangan,Zink)

0,71

Tabelle 1.2

Beispiele für Elementsymbole

deutscher Namedes Elements

lateinischer Namedes Elements

Symbol

Eisen Ferrum Fe

Schwefel Sulfur S

Kohlenstoff Carbon C

Kupfer Cuprum Cu

Zinn Stannum Sn

Antimon Stibium Sb

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Wechselwirkung auftritt. Bei realen Gasen mussauch das Eigenvolumen berücksichtigt werden.Durch Einfügen von Korrekturgliedern könnendie Gesetzmäßigkeiten idealer Gase jedoch auchauf reale angewendet werden.

Zwischen den einzelnen Aggregatzuständen sindÜbergänge (Phasenumwandlungen) in Abhängigkeitvon Temperatur und Druck möglich (Abb. 1.1). Wich-tige Charakteristika der Stoffe sind ihre Schmelz- undSiedepunkte.Neben den klassischen Aggregatzuständen gibt esweitere, die nur unter extremen Bedingungen auf-treten. So spielt Plasma, häufig als der vierte Aggre-gatzustand bezeichnet, in dem freie Elektronen undionisierte Atome vorkommen, bei Energiesparlam-pen eine Rolle. In der Biosphäre gibt es aber keinnatürliches Plasma, es muss – z. B. durch Gasentla-dungen – erzeugt werden. Niedertemperaturplas-men führen zu geringen thermischen Belastungenund sind deshalb auch auch für medizinische undbiotechnologische Anwendungen interessant: Be-schichtung von Knochenimplantaten zur Biologisie-rung und Verschleißminderung, zur Dekontaminie-rung oder Funktionalisierung von Oberflächen.

Die reinen Stoffe und die StoffgemischeSowohl Elemente (Elementsubstanzen) als auch Mo-lekül- und Ionenverbindungen sind reine Stoffe, d. h.sie besitzen eine definierte Zusammensetzung undkonstante physikalische Eigenschaften. Reine Stoffekönnen durch chemische Methoden in Element-substanzen überführt werden, aus Stoffgemischenkann man sie durch physikalische Methoden erhal-ten (zur quantitativen Angabe s. S. 37, zu Trennver-fahren s. S.112).Alle anderen Stoffe sind sog. Gemische, die aus meh-reren reinen Stoffen in unterschiedlichen Verhältnis-sen bestehen. Gemische werden unterteilt inhomogene Systeme (homogene Gemische) (ho-mos griech. gleichartig): Sie erscheinen einheit-lich. Homogene Systeme sind Stoffe in nur einemAggregatzustand, Gasmischungen, Lösungen undLegierungen. So ist die uns umgebende Luft ho-mogen, da wir die unterschiedlichen Luftbestand-teile nicht wahrnehmen. Bei Anwesenheit einesRauchers wird das uns umgebende System jedochheterogen, da wir die Rauchschwaden sehen.

heterogene Systeme (heterogene Gemische) (he-teros griech. verschiedenartig, genea griech. Ab-stammung): Sie bestehen erkennbar aus unter-schiedlichen Teilen. Heterogene Systeme sindentweder reine Stoffe, die in verschiedenen Ag-gregatzuständen nebeneinander bestehen odermehrere reine Stoffe, die sich nicht ineinanderlösen. Es handelt sich also bei stillem Wasser,das durch ein Stück Eis gekühlt wird, um einheterogenes System.

Eine Phase ist ein Stoffsystem, das nach außen ein-heitlich aussieht und in genau einem Aggregatzu-stand vorliegt. Ein homogenes System besteht auseiner, ein heterogenes System aus mehreren Phasen.Für einige heterogene Systeme haben sich spezielleBezeichnungen eingebürgert (Tab. 1.3).

1 Allgemeine Grundlagen und chemische Bindung Die Einteilung der Materie 5

Abb. 1.1 Die Änderungen des Aggregatzustands

Tab. 1.3

Einteilung der heterogenen Systeme

Aggregatzustände Name Beispiele

fest-fest Gemenge,Konglomerat

Terrazzo-Platten,Ostseesand1

fest-flüssig Aufschlämmung,Suspension

Penicillin-Suspensionen

flüssig-flüssig Emulsion Cremes

fest-gasförmig Aerosol Rauch, Inhalations-präparate

flüssig-gasförmig Aerosol Nebel, Inhalations-präparate

1Ostseesand enthält neben Siliciumdioxid noch andere anor-ganische und organische Bestandteile.

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MERKE

Ob ein System als homogen oder heterogen zucharakterisieren ist, hängt auch davon ab, ob manes mit dem bloßen Auge, dem Licht- oder demElektronenmikroskop betrachtet.

Klinischer Bezug

Aerosole werden zur Inhalationstherapie verwendet,z. B. bei Asthma bronchiale oder Angina pectoris. Unteranderem kommen Dosieraerosole (Medikament inTreibgas gelöst) oder Trockenaerosole (Medikamentin Pulverform) zur Anwendung. Diese besondere The-rapieform bezweckt eine direkte Deposition von Me-dikamenten am Zielorgan, d. h. in den tiefen Atem-wegen. Sie eignet sich daher in erster Linie zurBehandlung von Erkrankungen im Oropharynx, beiBronchialerkrankungen und von Erkrankungen der Al-veolen. Der Vorteil der Inhalation eines Medikamentesanstelle seiner Verabreichung als Tablette oder mittelseiner Spritze besteht darin, dass die Substanz rasch denWirkungsort erreicht und an anderen Organen keinenennenswerte Wirkung bzw. Nebenwirkung entfaltet.

Eine Lösung ist ein homogenes Gemisch aus mindes-tens zwei Komponenten gleichen oder ursprünglichverschiedenen Aggregatzustandes Man spricht auchvon echten Lösungen, wenn der gelöste Stoff nieder-molekular ist (d. h. Teilchengröße < 3 nm). In diesemFall liegt ein sogenanntes molekular-disperses

System vor (dispergere lat. zerstreuen, ausbreiten).Am häufigsten sind flüssige Lösungen. Die im Über-schuss vorhandene Komponente bezeichnet man alsLösungsmittel, die andere/n Komponente/n gelöste/rStoff/e. Makromoleküle in der Größenordnung3–200 nm bilden kolloidale Lösungen (kollao griech.leim-artig), deren Zuordnung zum Begriff homogenoder heterogen umstritten ist. Das System wird auchals kolloidal-dispers bezeichnet.Wenn die in einer Flüssigkeit verteilten Teilchen mitdem Lichtmikroskop zu erkennen sind, handelt essich um ein grobdisperses System, das selbstver-ständlich als heterogenes System eingestuft werdenmuss.Abb. 1.2 fasst die Einteilung der stofflichen Materiezusammen.

Check-up4 Verdeutlichen Sie sich noch einmal, was unter

dem Begriff Aggregatzustand zu verstehen istund welche Aggregatzustände vorliegenkönnen.

4 Wiederholen Sie Beispiele für Molekül- undIonenverbindungen sowie Elementsubstan-zen.

4 Machen Sie sich die Charakteristika für homo-gene und heterogene Stoffe bzw. Stoffgemi-sche und Reinstoffe nochmals klar! Sie könnenauch nach weiteren Beispielen aus Ihrem täg-lichen Umfeld suchen; die Entscheidung wirdaber nicht immer leicht sein.

Die Einteilung der Materie 1 Allgemeine Grundlagen und chemische Bindung6

Abb. 1.2 Einteilung der stofflichen Materie

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1.2 Der Atombau

LerncoachDie Kenntnis der nachfolgenden Fakten überdie atomaren Dimensionen, die Stoffmengeund die Bausteine der Atome sind wichtigeVoraussetzungen für das Verständnis allerweiteren Kapitel. So wird Ihnen z. B. die Avo-gadro-Zahl immer wieder bei verschiedenenBerechnungen begegnen.

1.2.1 Die atomaren DimensionenBestimmte Geräte erlauben Einblicke in die atoma-ren Dimensionen (z. B. Elektronenmikroskope inmanchen Fällen), eine Veranschaulichung ist jedochaußerordentlich schwer möglich, da die Größenan-gaben für uns nicht fassbar sind.So ist z. B. die Anzahl der Atome in einem Stecknadel-kopf nicht vorstellbar – tatsächlich handelt es sichum etwa 1020 Atome!Vielleicht hilft Ihnen bei der Vorstellung atomarerDimensionen auch der folgende Vergleich: Sie feiernIhren 20. Geburtstag. Bis zu diesem Tag haben Sie630 720 000 Sekunden (Schaltjahre nicht berück-sichtigt) gelebt. Für jede Sekunde wünschen Siesich ein Goldatom. Das sind aber nur 2 · 10-13 g,was kein Juwelier abwiegen kann. Und selbst wennSie eine Milliarde Goldatome für jede Sekunde er-halten, haben Sie nur ein Stückchen Blattgold(0,2 mg) in der Hand, aber vielleicht ein Gefühl dafürbekommen, in welchen Dimensionen wir uns bewe-gen, wenn wir uns um das atomare Verständnis be-mühen.

1.2.2 Die Avogadro-Zahl und die Stoffmenge12 g des Kohlenstoff-Isotops 12

6 C enthalten gerade6,02 · 1023 Atome. Diese Zahl wird auch als Avo-gadro-Zahl N0; bezeichnet. Früher wurde sie auchoft Loschmidt-Zahl genannt. Um den Umgang mitdiesen großen Teilchenanzahlen zu vereinfachen,wurde eine Einheit eingeführt: Man fasst diese6,02 · 1023 Teilchen zu einer Zähleinheit zusammenund bezeichnet sie als Stoffmenge Mol mit der SI-Einheitmol (SI = Système International d'Unités). AlsTeilchen kommen infrage: Atome, Ionen, Moleküleoder sog. Formeleinheiten, die bei Ionenverbindun-gen verwendet werden und die kleinste, aber che-misch sinnvolle Kombinationsmöglichkeit von Ionenbeschreiben.Die Avogadro-Konstante NA ermöglicht die Berech-nung von absoluten Atommassen Ma. Mr ist die mo-lare Masse, also die Masse, die 6,02 · 1023 der be-trachteten Teilchen haben.NA = N0 mol-1

1.2.3 Die AtombausteineDie Existenz von Atomen ist heute gesichert. Endedes 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts erkannteman, dass eine weitere, wenn auch physikalischeAufspaltung der Atome in Elementarteilchenmöglichist. Heute sind einige Hundert Elementarteilchen be-kannt, von denen uns aber nur die drei wichtigstenBestandteile des annähernd kugelförmigen Atomsinteressieren (Tab. 1.4):Protonen und Neutronen als KernbausteineElektronen in der Atomhülle.

Das Neutron ist ein ungeladenes, also elektrischneutrales Teilchen, das Proton trägt die positive(+e), das Elektron die negative Elementarladung (–e).

1 Allgemeine Grundlagen und chemische Bindung Der Atombau 7

Tabelle 1.4

Eigenschaften von Elementarteilchen

Elementarteilchen Elektron Proton Neutron

Symbol e p n

Ort Atomhülle Atomkern Atomkern

Masse (in kg) 0,91095 · 10–30 kg 1,67265 · 10–27 kg 1,67495 · 10–27 kg

(in u) 5,48577 · 10-4 u 1,00727 u 1,00866 u

Ladung –e +e keine

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Der Atombau 1 Allgemeine Grundlagen und chemische Bindung8

Diese bislang kleinste bekannte elektrische Ladungbeträgt:

e = 1,6022 · 10-19 As

Protonen und Neutronen besitzen annähernd diegleiche Masse, das Elektron nur ca.1/1800 davon.Im atomaren Bereich gibt man Massen in atomarenMasseneinheiten an. Eine atomare Masseneinheit istals 1/12 der Masse eines Atoms des Kohlenstoff-nuklids 12

6 C definiert (zum Begriff Nuklid s. u.) undbeträgt:

1 u = 1,66057 · 10-27 kg

Die Masse eines Atoms 126 C muss also 12 u betragen!

Das Atom hat einen ungefähren Durchmesser von10-10 m, der Atomkern von 10-15 m. Wenn also einStecknadelkopf (1 mm Durchmesser) dem Atomkernentspricht, müsste er sich in einem dem Atom ent-sprechenden Ball von etwa 100 m Durchmesser be-finden. Bedenken Sie dabei, dass die Masse desAtoms aber fast vollständig durch die Masse desKerns bestimmt wird.Die Summe der Protonen im Atomkern ergibt dieKernladungszahl (KLZ). Im Periodensystem der Ele-mente sind die Elemente nach dieser KLZ geordnet.Sie entspricht dort der Ordnungszahl (OZ) der Ele-mente (s. S.16).Da Atome nach außen hin neutral sind, muss dieLadung des Atomkerns durch die Ladung der Elektro-nen in der Atomhülle ausgeglichen werden, die Zahlder Protonen muss folglich mit der Zahl der Elektro-nen übereinstimmen. Wenn die Elektronenzahl vonder Protonenzahl abweicht, liegen Ionen vor.

MERKE

Für ein Atom gilt: Kernladungszahl = Ordnungszahl= Zahl der Protonen im Atomkern = Zahl der Elekt-ronen in der Atomhülle.

Protonen und Neutronen zusammen werden alsNukleonen (nucleus lat. Kern) bezeichnet. Die Massedes Atoms ergibt sich aus der Masse der Nukleonen,

d. h. die Nukleonen- oder Massenzahl ist die Summeaus der Anzahl der Protonen und Neutronen. DieNukleonenzahl und die Ordnungszahl werden häufigvor dem Elementsymbol mit angegeben, denn einAtom ist erst durch diese vollständig charakterisiert(Abb. 1.3). Ein so eindeutig charakterisiertes Atomwird auch als Nuklid bezeichnet.

1.2.4 Die moderne ElementdefinitionDa sich Atome trotz gleicher Ordnungs- und Proto-nenzahl in ihrer Neutronenzahl unterscheiden kön-nen, hat man die Definition des Elements noch ein-mal konkretisiert: Ein chemisches Element bestehtaus Atomen mit gleicher Protonenzahl, die Neutro-nenzahl kann aber unterschiedlich sein.Damit ist der Begriff „Element“ auf atomarer undnicht mehr auf stofflicher Ebene definiert. Es wirdaber wie gesagt nicht streng zwischen diesen Auf-fassungen unterschieden. Nuklide des gleichen che-mischen Elements mit gleicher Kernladungszahl undunterschiedlicher Neutronenzahl bezeichnet man alsIsotope (isos griech. gleich, topos griech. Ort,Stelle). 1

1H, 21H (Deuterium) und 3

1H (Tritium) sindz. B. Isotope des Elements Wasserstoff. Die Isotopeeines Elements besitzen gleiche chemische Eigen-schaften.Die meisten Elemente sind Mischelemente, die ausmehreren Isotopen bestehen. Diese kommen in un-terschiedlicher Häufigkeit vor. Reinelemente beste-hen dagegen in ihrem natürlichen Vorkommen nuraus einer Nuklidsorte (Tab. 1.5).Die Atommasse eines Elements ergibt sich aus denAtommassen der Isotope unter Berücksichtigung dernatürlichen Isotopenhäufigkeit. Da es sich um sehrkleine Zahlen handelt, bezieht man sich wiederumauf 1/12 der Masse des Nuklids 12

6 C und spricht des-halb von der relativen Atommasse. Die Zahlenwertesind folglich identisch mit den in atomaren Massen-einheiten angegeben Massen.Für die Anzahl auftretender Isotope gibt es keineGesetzmäßigkeit. Jedoch wächst mit steigender Ord-nungszahl die Anzahl der Isotope und bei Elementenmit gerader Ordnungszahl treten mehr Isotope auf.Das Verhältnis Neutronenzahl zu Protonenzahlwächst mit steigender Ordnungszahl von 1 aufetwa 1,5 an.Isotope sind nicht nur natürlichen Ursprungs, siekönnen auch künstlich hergestellt werden. Sie sindentweder stabil oder instabil.

Abb. 1.3 Eindeutig charakterisiertes Atom (= Nuklid)

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1.2.5 Die RadioisotopeInstabile Atomkerne versuchen, sich durch die Ab-gabe von Strahlung zu stabilisieren. Sie werden alsRadioisotope oder Radionuklide bezeichnet. 1896 be-obachtete Becquerel, dass Uranverbindungen spon-tan Strahlung aussenden, Marie Curie untersuchtedieses Phänomen bei Uranverbindungen. Die Eigen-schaft der Eigenstrahlung wurde als Radio-aktivität (radiare lat. strahlen) bezeichnet.

1.2.5.1 Die StrahlungsartenDer Atomkern von natürlichen radioaktiven Nukli-den kann drei Strahlungsarten emittieren:

α-Strahlen: positiv geladene 42He-Kerne

β-Strahlen: Elektronen, die im Atomkern durchden Zerfall eines Neutrons in ein Proton und einElektron entstehen (auch β--Strahlen)γ-Strahlen: energiereiche elektromagnetischeStrahlung mit kurzer Wellenlänge.

Inzwischen gewinnt auch der Einsatz von Positro-nenstrahlern in der Nuklearmedizin an Bedeutung(z. B. Positronenemissionstomographie [PET] zumNachweis von Stoffwechselstörungen des Gehirns).Positronen sind Teilchen mit der Masse eines Elekt-rons, die jedoch eine positive Elementarladung besit-zen (β+).

MERKE

Reichweite und Durchdringungsfähigkeit der Strah-lungen nehmen in der Reihenfolge α, β, γ stark zu.

Z. B. können α-Strahlen durch eine 0,05 mm dickeAluminiumfolie oder durch ein Blatt Papier zurück-gehalten werden. Zum Schutz vor β-Strahlen ist eine0,5 mm dicke Aluminiumfolie nötig. Vor γ-Strahlenschützen nur dicke Bleiplatten.α-Strahlen und β--Strahlen werden von Luft absor-biert. Deshalb beträgt ihre Reichweite auch nur 2,5bis 9 cm (α-Strahlen) bzw. 8,5 m (β--Strahlen). γ-Strahlen werden hingegen von Luft nicht absorbiert.Kernprozesse können mithilfe von Kernreaktions-gleichungen formuliert werden:

α-Zerfall: 22688 Ra † 222

86 Rn + 42He

β-Zerfall: 4019 K † 40

20 Ca + 0–1e

Die Summe der Nukleonenzahlen und die Summeder Kernladungszahlen müssen auf beiden Seiten ei-ner Kernreaktionsgleichung gleich sein.

Kontrollieren Sie, ob Sie die exakte Kenn-zeichnung von Nukliden verstanden haben undmachen Sie sich klar, was die Zahlen vor den Ele-mentsymbolen bedeuten.

Die beim β--Zerfall emittierten Elektronen stammennicht aus der Elektronenhülle, sondern aus demKern. Im Kern wird ein Neutron in ein Proton undein Elektron umgewandelt, das Elektron wird ausdem Kern herausgeschleudert, während das Protonim Kern verbleibt. Dadurch erhöht sich die Kernla-dungszahl um 1.

1 Allgemeine Grundlagen und chemische Bindung Der Atombau 9

Tabelle 1.5

Nuklide der ersten 5 Elemente

OZ1 = KLZ2 Element Nuklidsymbol Protonen-zahl

Neutro-nenzahl

Nukleo-nenzahl

Nuklidmassein u

natürlicheHäufigkeitin %

mittlereAtommassein u

1 Wasserstoff 11 H21 H31 H

111

012

123

1,0078252,01410

99,9850,015Spuren

1,0080

2 Helium 32 He42 He

22

12

34

3,016034,00260

0,0001399,99987

4,0026

3 Lithium 63 Li73 Li

33

34

67

6,015127,0160

7,4292,58

6,941

4 Beryllium 94 Be 4 5 9 9,01218 100 9,01218

5 Bor 105 B115 B

55

56

1011

10,0129411,00931

19,7880,22

10,81

1OZ = Ordnungszahl; 2KLZ = Kernladungszahl

1

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1.2.5.2 Die HalbwertszeitRadioaktive Elemente haben eine begrenzte Lebens-dauer. Man definiert die Halbwertszeit (t1/2) als die-jenige Zeit, in der gerade die Hälfte einer bestimmtenZahl radioaktiver Isotope zerfallen ist. Das in derBalneologie eingesetzte natürliche Isotop 222

86Rn hatbeispielsweise eine Halbwertszeit von 3,8 Tagen.Von 1000 Atomen dieses Elements wären also nach3,8 Tagen noch 500, nach weiteren 3,8 Tagen noch250 Atome vorhanden. Die andere Hälfte zerfälltunter Abgabe von Strahlung letztlich in das stabile206

82Pb. 22286Rn wird ebenso wie 226

88Ra (t1/2= 1622 a)durch den Zerfall des langlebigen 238

92U (t1/2=4,5 · 109 a) nachgebildet.

1.2.5.3 Die Messung der RadioaktivitätMenschliche Sinnesorgane können radioaktiveStrahlung nicht registrieren. Zum Feststellen oderMessen werden fotografische Techniken (Film-schwärzung) verwendet, die aber nicht sehr genausind und vor allem für die strahlenhygienische Do-kumentation (Dosimeter) eingesetzt werden. Szintil-lationszähler (scintilla lat. Funke) enthalten Stoffewie Zinksulfid oder Natriumiodid/Thallium, die dieradioaktive Strahlung in sichtbare Strahlung (Licht-blitze) umwandeln. Diese werden dann photoelekt-risch registriert, z. B. in der Nuklearmedizin mithilfe

von Gammakameras. Weitere Messgeräte sind dieWilson'sche Nebelkammer und das Geiger-Müller-Zählrohr, die Sie in der Physik kennen lernen.Für quantitative Angaben wird die Aktivität A oderdie Zerfallsrate, die die Zahl der Kernumwandlungenpro Sekunde in s-1 oder Becquerel (Bq) angibt, ver-wendet. Um die biologische Wirksamkeit, also dasIonisationsvermögen zu beschreiben, benutzt mandie Ionendosis I. Das ist der Quotient aus Ionenladungund Masse der Luft in einem festgelegten Messvolu-men, die Angabe erfolgt in C · kg-1. In der Strahlen-biologie wird die einwirkende Energiedosis in Gray(Gy) gemessen. Darunter versteht man die Energie-menge, die pro Masseneinheit des Körpers absorbiertwird. Im Strahlenschutz ist die Äquivalentdosis D · qgebräuchlich, ein Faktor aus der Energiedosis D (Quo-tient aus Energie W und Masse m mit der EinheitJ · kg-1) und einem dimensionslosen Bewertungsfak-tor, als Einheit ergibt sich ebenfalls J · kg-1, hier wirdaber meist Sievert (Sv) benutzt.Natürliche und künstliche Isotope spielen in der bio-chemischen und medizinischen Forschung einegroße Rolle (Tab. 1.6). In der Tumordiagnostik wirddas kurzlebige 18

9F (Halbwertszeit 100 min.) als Posit-ronstrahler verwendet.

Klinischer Bezug

In der Forschung werden Radionuklide vor allem ver-wendet, um den Abbau von Molekülen im Stoffwechselverfolgen zu können. Bei diesen so genannten Tracer-Methoden (tracer engl. Spur) ersetzt man in den zuuntersuchenden Molekülen stabile Isotope durch ra-dioaktive und kann so den Weg der Moleküle in denOrganen durch Messung der Radioaktivität verfolgen.In der medizinischen Diagnostik wird die Tatsacheausgenutzt, dass sich radioaktiv markierte Wirkstoffein bestimmten Organen und Geweben anreichern. Ausder von außen gemessenen Strahlung können so Rück-schlüsse auf Störungen der Morphologie und der Funk-tion von Organen gezogen werden. So können z. B.Stoffwechselstörungen der Schilddrüse festgestelltwerden. Abb. 1.4 zeigt ein Szintigramm der Schilddrüsenach Injektion von 80MBq 99m

43 Tc. Im linken Schild-drüsenlappen ist ein autonomes Adenom (knotige,gutartige Geschwulst der Schilddrüse, die autonomIod speichert und Schilddrüsenhormone synthetisiertund sezerniert) zu erkennen. In der Diagnostik wird das

Der Atombau 1 Allgemeine Grundlagen und chemische Bindung10

Tabelle 1.6

Beispiele für medizinisch relevante Isotope

Isotop Halbwertszeit Strahlung Anwendung146C 5730 a β Altersbestim-

mung3215P 14,4 d β Strahlentherapie

(metabolisch)6027Co 6,2 a β, γ Strahlentherapie

(extern)99m43Tc 6 h γ Szintigraphie

12353I 13 h γ Szintigraphie13153I 8,4 d β, γ Diagnostik und

Therapie derSchilddrüse(metabolisch)

15362Sm 1,9d β, γ Strahlentherapie

(metabolisch)19277Ir 74 d β Strahlentherapie22286Rn 3,8 d α Bade- und Trink-

kuren22688Ra 1660 a α Strahlentherapie

1

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metastabile Technetium 99m43 Tc am häufigsten einge-

setzt. Es geht in relativ kurzer Zeit durch γ-Strahlungin 99

43 Tc über, das als weicher β-Strahler nicht mehrgefährlich ist und eine längere Halbwertszeit hat.Strahlentherapie: Die Strahlentherapie wird haupt-sächlich zur Behandlung maligner Erkrankungen ein-gesetzt. Mit der externen Strahlentherapie wird vonaußen versucht, eine maximale Schädigung des Tu-morgewebes zu erreichen. Um jedoch das gesundeGewebe zu erhalten, müssen dabei Einstrahlwinkelund Eindringtiefe optimiert werden.Bei der interstitiellen Radiotherapie werden Radio-nuklide direkt in das Tumorgewebe eingebracht.Bei der metabolischen Strahlentherapie werden Ra-dionuklide wie z. B. 13153 I meistens intravenös verab-reicht und so in den Metabolismus eingebracht. Siekonzentrieren sich dann im Tumorgewebe (also z. B.in der Schilddrüse, wo der Iod-Stoffwechsel stattfin-det).Strahlenbelastung: Der Mensch ist ständig einer ge-ringen natürlichen Radioaktivität durch kosmische undterrestrische Strahlung ausgesetzt. Auch der mensch-liche Körper selbst besitzt eine Eigenstrahlung. Durchden Einsatz von Radionukliden in der Medizin, kern-technische Anlagen, PC, TV, Flugverkehr und Tabak-rauch tritt eine radioaktive Belastung auf, an die sichder menschliche Organismus jedoch gewöhnt hat. Erststärkere Belastung wird kritisch.

Durch unkontrollierte Reaktionen in Atomreaktorenoder durch eine Atombombe können große Energie-mengen freigesetzt werden. Dadurch entstehen Ra-dioisotope, die wichtige Elemente im Körper ersetzen.So ersetzt 13755Cs Kalium und 90

38 Sr Calcium (beide Ra-dioisotope haben eine sehr lange Halbwertszeit). DieseIsotope haben sich 1986 nach dem Unglück in Tscher-nobyl z. B. sehr stark in Maronen (Pilzsorte) angerei-chert, weshalb man auch heute noch von einem über-mäßigen Genuss absehen sollte.

Check-up4 Machen Sie sich nochmals klar, aus welchen

Elementarteilchen ein Atom besteht.4 Wiederholen Sie, welche wichtigen Eigen-

schaften die Elementarteilchen besitzen. Ler-nen Sie hierfür keine Zahlen auswendig, aberdenken Sie an die Verhältnisse von Masse undAusdehnung.

4 Rekapitulieren Sie nochmals die Definitionender Begriffe Kernladungszahl und Nukleo-nenzahl sowie die Symbolschreibweise.

4 Wiederholen Sie die natürlichen radioaktivenStrahlungsarten und deren Charakteristika.

1.3 Die Elektronenhülle

LerncoachIm folgenden Kapitel lernen Sie Vorstellungenvom Bau der Elektronenhülle kennen. Um z. B.das wellenmechanische Atommodell im Detailzu verstehen, muss man sich mit den mathe-matischen und physikalischen Zusammen-hängen beschäftigen. Für Sie ist es aus-reichend, wenn Sie sich die grundlegendenBegriffe wie Orbital und Quantenzahlen undderen Aussagen merken (s. u.).Für das Verständnis der nachfolgenden Kapitel(z. B. die Anordnung der Elemente imPeriodensystem) ist es wichtig, dass Sie dieElektronenkonfiguration angeben können.

1 Allgemeine Grundlagen und chemische Bindung Die Elektronenhülle 11

Abb. 1.4 Szintigrammder Schilddrüse nach Injektion von 99m43Tc(Adenom linksseitig)

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1.3.1 VorbemerkungFür das Verständnis chemischer Reaktionen interes-sieren uns weniger die Vorgänge im Kern als viel-mehr die Veränderungen in der Elektronenhülle. DieElektronen, die sich in der Atomhülle befinden, sindfür chemische Bindungen, chemische Reaktionenund Strahlungsabsorption maßgebend.

1.3.2 Das Bohr'sche AtommodellMit der Erkenntnis, dass Atome Elektronen enthal-ten, mussten Vorstellungen entwickelt werden, wiediese Elektronen angeordnet sind. Während Thom-son noch annahm, dass die Atome Masseteilchendarstellen, bei denen negativ geladene Elektronenin eine positiv geladene Grundmaterie eingebettetsind, schloss Rutherford aus seinen Versuchen zurStreuung von α-Teilchen an einer dünnen Goldfolie,dass ein Atom ein positives Massezentrum und einenegativ geladene Atomhülle besitzen muss, in der dieElektronen auf Bahnen ähnlich den Planeten denKern umkreisen. Vom Standpunkt der klassischenPhysik aus ist diese Anordnung instabil, denn aufgekrümmten Bahnen kreisende Teilchen geben ihreEnergie als elektromagnetische Strahlung ab.Schließlich müssten sie in den Kern fallen.Dieses Modell wurde 1913 durch Bohr anhand vonErgebnissen aus der Analyse von Spektrallinien wei-terentwickelt. Er verwendete ebenfalls die Vorstel-lung von Kreisbahnen, vertrat aber die Meinung, dasssich die Elektronen nicht auf beliebigen, sondern nurganz bestimmten, diskreten (discretus lat. abgeson-dert, getrennt) Bahnen strahlungsfrei bewegen. DerEnergieunterschied ΔE zwischen zwei solchen Bah-nen beträgt:

E2 – E1 = ΔE = h · ν.(h ist das Planck'sche Wirkungsquantum, ν die Fre-quenz).

Durch die Festlegung auf konkrete Bahnen, die manauch als „Quantelung“ bezeichnet, konnte das Auf-treten diskreter Atomspektren erklärt werden. Sieentstehen durch Anregung von Valenzelektronen,die dadurch auf höhere Bahnen gelangen. UnterEnergieabgabe erfolgt der Übergang in die ursprüng-lichen Bahnen. Mithilfe des Bohr'schen Modellswurde die Linienfolge des Wasserstoffspektrumsphysikalisch interpretiert. Auch die Entstehung der

kurzwelligen Röntgenstrahlung kann durch diesesModell als Folge von Elektronenübergängen in inne-ren Bahnen verstanden werden.Wie jedes Modell hat auch dieses seine Grenzen. Esversagte bei der Interpretation von Spektren derAtome, die mehr als ein Elektron haben.

1.3.3 Das wellenmechanische Atommodell1.3.3.1 Der Welle-Teilchen-DualismusElektronen weisen zum einen Welleneigenschaftenauf und zum anderen verhalten sie sich wie kleinePartikel. Damit erreichen wir die Grenze unseres andie Gesetze der klassischen Physik gewöhnten Vor-stellungsvermögens. Wenn nicht zwangsläufig erfor-derlich, werden wir daher auf der Vorstellung vomElektron als Teilchen, das sich auf einer Bahn bewegt,aufbauen. Aber an dieser Stelle müssen wir auch überdas Elektron als Welle sprechen: Das Elektron istdann stabil, wenn sich die Elektronenwelle nicht ver-ändert, d. h. wenn es sich also um eine stehendeWelle handelt.Solche stehenden Wellen kennen Sie aus der Musik.Wenn eine Saite auf beiden Seiten fest eingespanntist, können Sie für kurze Zeit stabile Schwingungenmit einer ortsfesten Schwingungsphase erzeugen. Siestellen nichts anderes dar als reine Töne. Stellen wiruns den Umlauf eines Elektrons auf einer ebenenBahn vor, muss der Wellenzug am Anfang wiederrichtig anschließen, da sonst keine zeitliche Stabilitäterreicht wird (Abb. 1.5).In der Quantentheorie verwendet man zur Beschrei-bung der Elektronenbewegungen daher auf Vor-schlag von Schrödinger bestimmte Differenzialglei-chungen und sucht als erlaubte Elektronenzuständediejenigen Lösungen heraus, die zu zeitlich unver-änderlichen Schwingungen führen, den so genann-

Die Elektronenhülle 1 Allgemeine Grundlagen und chemische Bindung12

Abb. 1.5 Die Eigenschwingungen einer Saite (a) und die sche-matisierte Eigenschwingung einer Elektronenwelle auf einerKreisbahn (b)

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ten Eigenwerten. Hierzu zählen ganz bestimmteFunktionen, die als Eigenfunktionen bezeichnet wer-den. Natürlich sind die tatsächlichen Verhältnisseund deren mathematische Beschreibung sehr vielkomplizierter, denn die Elektronen schwingen nichtlängs einer eindimensionalen Bahn, sondern in dendrei Dimensionen des Raumes.

1.3.3.2 Die UnbestimmtheitsbeziehungNach Heisenberg ist es überdies unmöglich, den Im-puls p = m · v (m = Masse, v = Geschwindigkeit) undden Ort eines Elektrons gleichzeitig zu bestimmen.Um ein Elektron zu orten, benötigt man sehr kurz-welliges Licht. Dieses hat jedoch eine hohe Frequenzund ist sehr energiereich. Wenn es das Elektron trifft,wird seine Geschwindigkeit verändert, und das wirktsich wegen der kleinen Masse atomarer Objekte so-fort auf den Impuls aus. Für gewöhnliche Objekte giltdiese Unbestimmtheitsbeziehung zwar auch, aberwegen der vergleichsweise großen Masse hat dieEinwirkung von energiereichem Licht auf den Impulsdieser Objekte keine Bedeutung.

MERKE

Für Elektronen können wir folglich nur mit einerbestimmten Wahrscheinlichkeit einen bestimmtenOrt angeben, an dem es im Atom anzutreffen ist.

1.3.3.3 Die OrbitaleDie wellenmechanische Beschreibung des Elektronsentspricht der Vorstellung einer über das Atom ver-teilten Elektronenwolke. Die Gestalt der Elektronen-wolke gibt den Raum an, in dem sich das Elektron mitgrößter Wahrscheinlichkeit aufhält. Abb. 1.6 zeigt dieElektronenwolke des Wasserstoffatoms im Grundzu-stand: Sie ist kugelsymmetrisch. An den Stellen mitgroßer Aufenthaltswahrscheinlichkeit hat die La-dungswolke eine größere Dichte, die Sie anhandder größeren Punktdichte erkennen können. Die La-dungswolke hat nach außen keine scharfen Grenzen.Man wählt willkürliche Grenzflächen (z. B. eine Ku-gel, die mit 90 %iger Wahrscheinlichkeit die Ladungdes Elektrons enthält). Mit einer gewissen, wennauch geringen Wahrscheinlichkeit, kann sich dasElektron auch außerhalb der Kugel aufhalten.Stellen Sie sich einfach vor, dass die Verteilungswolkeeiner Fotografie des sich bewegenden Elekrons ent-

spricht, das mit großer Belichtungsdauer aufgenom-men wurde.Diese räumliche Ladungsverteilung kann natürlichauch rechnerisch ermittelt werden, es ist aber aus-reichend sich zu merken, dass das Elektron durcheine mathematische Funktion, die Wellenfunktion,beschrieben werden kann.Das Quadrat der Wellenfunktion ist ein Maß der obenbesprochenen Aufenthaltswahrscheinlichkeit einesElektrons in einem bestimmten Volumenelement.Anstelle von Wellenfunktion ist auch der Begriff Or-bital (orbis lat. Kreislinie, Kugel) üblich, der reinsprachlich die Verbindung zu den Bahnen der vor-hergehenden Modelle aufrechterhält.

MERKE

Orbitale sind Wellenfunktionen. Das Quadrat dieserWellenfunktionen gibt die Räume an, in denen sichdas Elektron mit größter Wahrscheinlichkeit aufhält.

Bei der oben dargestellten kugelsymmetrischen La-dungsverteilung spricht man von s-Orbitalen (s =

1 Allgemeine Grundlagen und chemische Bindung Die Elektronenhülle 13

Abb. 1.6 Verschiedene Darstellungen des Elektrons eines Was-serstoffatoms im Grundzustand

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sharp). Es gibt auch andere Zustände des Elektronsim Wasserstoffatom, p-, d- und f-Orbitale (p = prin-cipal, d = diffus, f = fundamental; die Bezeichnungens, p, d, f stammen aus der Spektroskopie). Die räum-liche Darstellung der p-Orbitale, genauer gesagt, dieBereiche, in denen die Aufenthaltswahrscheinlich-keit größer als 90 % ist, sehen Sie in Abb. 1.7.

1.3.3.4 Die QuantenzahlenEs sind also immer nur bestimmte Elektronenzu-stände erlaubt. Diese Quantelung ist an bestimmteZahlen gebunden, die Quantenzahlen.Hauptquantenzahl: Die Hauptquantenzahl n be-stimmt die möglichen Energieniveaus. Dafür ver-wendet man auch den Begriff „Schale“, die mitden großen Buchstaben K, L, M, N bezeichnetwerden. Die Energiewerte nehmen in dieser Rei-henfolge zu. Durch die Hauptquantenzahl könnenimmer 2 n2 Elektronen beschrieben werden.

Nebenquantenzahl: Die Nebenquantenzahl l

nimmt Werte zwischen (n–1) und 0 an, sie be-schreibt die Gestalt der Orbitale. Wenn l = 0 ist,handelt es sich um ein kugelsymmetrisches s-Or-bital. p-Orbitale sind durch l = 1 charakterisiert.Man bezeichnet gelegentlich die energetischäquivalenten Sätze der s-, p- und d-Orbitale alsUnterschalen.Magnetquantenzahl: Auch die räumliche Orien-tierung der Orbitale ist gequantelt. Sie wird durchdie Magnetquantenzahl m beschrieben, die dieganzzahligen Werte von –l über 0 bis +l anneh-men kann.Spinquantenzahl: Die Spinquantenzahl (spin engl.drehen) kann die Werte + 1/2 und –1/2 anneh-men, sie beschreibt die Eigenrotation des Elekt-rons.

Zu den Beziehungen zwischen den Quantenzahlen s.Tab. 1.7.

Die Elektronenhülle 1 Allgemeine Grundlagen und chemische Bindung14

Abb. 1.7 Die räumliche Darstel-lung der p-Orbitale

Tabelle 1.7

Die Beziehung zwischen den Quantenzahlen

Hauptquanten-zahl n (Schale)

Neben-quantenzahl l

Magnet-quantenzahl m

Elektronen-konfiguration

Spin-quantenzahl

Elektronenpro Orbital

Elektronenpro Schale (2n2)

1 (K) 0 (s) 0 1 s ±1/2 2 2

2 (L) 0 (s) 0 2 s ±1/2 2 8

1 (p) + 1 2px ±1/2 2

0 2py ±1/2 2

-1 2pz ±1/2 2

3 (M) 0 (s) 0 3 s ±1/2 2 18

1 (p) + 1 3px ±1/2 2

0 3py ±1/2 2

-1 3pz ±1/2 2

2 (d) + 2 3dxy ±1/2 2

+1 3dxz ±1/2 2

0 3dyz ±1/2 2

-1 3dx2-y2 ±1/2 2

-2 3dz2 ±1/2 2

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