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4 Querschnittsaufgaben 4 Querschnittsaufgaben 4 Querschnittsaufgaben 94 QUERSCHNITTSAUFGABEN GEFAHRSTOFFRECHT Chemikaliengesetz (ChemG) vom 25.Juli 1994 (BGBl. I 1994 S. 1703;.1994 S. 1963; 1994 S. 2705; 1997 S. 1060; 1998 S. 950; 2000 S. 1045, 2048; 2001 S. 843, 2001 S. 2331) Chemikalien-Verbotsverordnung-ChemVerbotsV vom 19. Juli 1996 (BGBl. I 1996 S. 1151, 1498; 1998 S. 3956; 1999 S. 2056; 2000 S. 747, 933) Verordnung zum Schutz vor gefährlichen Stoffen - Neufassung vom 15. November 1999 Gefahrstoffverordnung-(GefStoffV) (BGBl. I 1999 S. 2233; 2000 S. 739, 747, 932, 1045) PCP-Verbotsverordnung (BGBl. I 1989, S. 235) IMMISSIONSSCHUTZRECHT Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) vom 14. Mai 1990 (BGBl. I S. 880, 1193; ...; 1997 S. 808; 1998 S. 510, S. 3178; 2000 S. 632, 2048; 2001 S. 1550; 27.7. 2001 S. 1950, 2001 S. 2331; 2785 Art. 49) 4. Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum BImSchG (Ermittlung von Immissionen in Untersuchungsgebie- ten) GMBl, S. 827, 26.11.1993 22. Verordnung zur Durchführung des BImSchG - Verordnung über Immissionswerte - 22. BImSchV vom 26. Oktober 1993 BGBl. I S. 1819; 1994 S. 1095 23. Verordnung zur Durchführung des BImSchG - Verordnung über die Festlegung von Konzentrati- onswerten - 23. BImSchV - vom 16. Dezember 1996 BGBl. I 1996 S. 1962 LABORZULASSUNG Untersuchungsstellen-Zulassungsverordnung (UstZU-V) vom 17.12.1997 (GVBl. II/98, S. 38) Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Raumordnung für das Land Bran- denburg zum Vollzug der Klärschlammverordnung (AbfKlärV) vom 26.03.1996 ABl. 23/96 S. 498 Änderung der Verwaltungsvorschrift zum Vollzug der Klärschlammverordnung - Bestimmung von Un- tersuchungsstellen vom 01.03.2000 (ABl. 14/00 S. 190) Gesetze, Richtlinien, Erlasse, Verordnungen Gesetzliche Grundlagen, vgl. auch Kapitel 3 Wasser – Seite 44 bis 46 5 Abfall – Seite 138 6 Altlasten – Seite 166 7 Boden – Seite 180 Gesetzliche Grundlagen, vgl. auch Kapitel 3 Wasser – Seite 44 bis 46 5 Abfall – Seite 138 6 Altlasten – Seite 166 7 Boden – Seite 180

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4 Querschnittsaufgaben4 Querschnittsaufgaben4 Querschnittsaufgaben

94 QUERSCHNITTSAUFGABEN

GEFAHRSTOFFRECHTChemikaliengesetz (ChemG) vom 25.Juli 1994

(BGBl. I 1994 S. 1703;.1994 S. 1963; 1994 S. 2705;1997 S. 1060; 1998 S. 950; 2000 S. 1045, 2048; 2001S. 843, 2001 S. 2331)

Chemikalien-Verbotsverordnung-ChemVerbotsVvom 19. Juli 1996 (BGBl. I 1996 S. 1151, 1498; 1998S. 3956; 1999 S. 2056; 2000 S. 747, 933)

Verordnung zum Schutz vor gefährlichen Stoffen -Neufassung vom 15. November 1999

Gefahrstoffverordnung-(GefStoffV) (BGBl. I 1999S. 2233; 2000 S. 739, 747, 932, 1045)

PCP-Verbotsverordnung (BGBl. I 1989, S. 235)

IMMISSIONSSCHUTZRECHTBundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) vom

14. Mai 1990 (BGBl. I S. 880, 1193; ...; 1997 S. 808;1998 S. 510, S. 3178; 2000 S. 632, 2048; 2001S. 1550; 27.7. 2001 S. 1950, 2001 S. 2331; 2785 Art. 49)

4. Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum BImSchG(Ermittlung von Immissionen in Untersuchungsgebie-ten) GMBl, S. 827, 26.11.1993

22. Verordnung zur Durchführung des BImSchG -Verordnung über Immissionswerte - 22. BImSchVvom 26. Oktober 1993 BGBl. I S. 1819; 1994 S. 1095

23. Verordnung zur Durchführung des BImSchG -Verordnung über die Festlegung von Konzentrati-onswerten - 23. BImSchV - vom 16. Dezember 1996BGBl. I 1996 S. 1962

LABORZULASSUNGUntersuchungsstellen-Zulassungsverordnung

(UstZU-V) vom 17.12.1997 (GVBl. II/98, S. 38)Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Umwelt,

Naturschutz und Raumordnung für das Land Bran-denburg zum Vollzug der Klärschlammverordnung(AbfKlärV) vom 26.03.1996 ABl. 23/96 S. 498

Änderung der Verwaltungsvorschrift zum Vollzugder Klärschlammverordnung - Bestimmung von Un-tersuchungsstellen vom 01.03.2000 (ABl. 14/00 S. 190)

Gesetze, Richtlinien, Erlasse, Verordnungen

Gesetzliche Grundlagen, vgl. auch Kapitel3 Wasser – Seite 44 bis 465 Abfall – Seite 1386 Altlasten – Seite 1667 Boden – Seite 180

Gesetzliche Grundlagen, vgl. auch Kapitel3 Wasser – Seite 44 bis 465 Abfall – Seite 1386 Altlasten – Seite 1667 Boden – Seite 180

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4 Querschnittsaufgaben 94

4.1 Landschaftswasserhaushalt 96

4.1.1 Stabilisierung und Verbesse-

rung des Landschaftswasser-

haushaltes 96

4.1.2 Landschaftswasserhaushalt

und Landwirtschaft 99

4.1.3 Nutzung von Meliorationsalt-

daten zum Feuchtgebiets-

schutz 103

4.2 Dauerbeobachtungen/

Messnetze 106

4.2.1 Umweltindikatoren 106

4.2.2 Integrierende Ökologische

Dauerbeobachtung 107

4.2.3 Niederschlagsdeposition

im Land Brandenburg 115

4.2.4 Biologische Parameter

der Spree 117

4.3 Stoffe in der Umwelt 119

4.3.1 Verkehrsbedingte

Immissionen - Palladium 119

4.3.2 Benzininhaltsstoff Methyl-

tert-butylether (MTBE) 121

4.3.3 Umweltmonitoring von

sauren Herbiziden in

aquatischen Systemen 125

4.3.4 Arzneimittelbefunde 129

4.3.5 Beeinflussung von Umwelt-

medien durch Fischarznei-

mittel 133

4.4 Umweltrecht 135

4.4.1 Länderübergreifende

Kompetenzfeststellung

im Wasserrecht 135

95UMWELTDATEN BRANDENBURG 2002

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96 QUERSCHNITTSAUFGABEN

4 Querschnittsaufgaben4 Querschnittsaufgaben4 Querschnittsaufgaben

Literatur Seite 202

4.1 Landschaftswasser-haushalt

4.1.1 Stabilisierung und Verbesse-rung des Landschaftswasser-haushaltes

Einem Vorschlag der Projektgruppe Landschafts-wasserhaushalt im Geschäftsbereich des MLUR fol-gend, wurden vom Agrar- und Umweltministeriumzwei Instrumente zur Planung und Durchführung vonMaßnahmen zur Stabilisierung und Verbesserungdes Landschaftswasserhaushaltes geschaffen. DasLandesumweltamt war an der Vorbereitung zu beidenFinanzierungsinstrumenten fachlich beteiligt und hatden Ausarbeitungsprozess begleitet. Dies geschah,entsprechend des fachübergreifenden Ansatzes desThemas "Landschaftswasserhaushalt", fachabtei-lungsübergreifend.

Zum Einen gibt es von 2001 bis 2003 eine spezielleAgrarstrukturelle Entwicklungsplanung AEP "Land-schaftswasserhaushalt/Landnutzung" mit dem Ziel,die Agrarstruktur in Zusammenhang mit der Stabili-sierung des Landschaftswasserhaushaltes zu ver-bessern. Mit diesem Instrument sollen die bisherigenDefizite bei wasserwirtschaftlichen, ökologischen undhydrologischen Planungen auf Einzugsgebietsebenereduziert und entsprechende Grundlagendatengemäß den Forderungen der WRRL verdichtet wer-den. Daher finden die Planungen auf der Ebene vonEinzugsgebieten statt. Die AEP "Landschaftswasser-haushalt/Landnutzung" verfolgt folgende Hauptziele:

• Verbesserung der Agrarstruktur

• Ermittlung und Reduzierung der Defizite der Agrar-struktur und der Landnutzung

• Erhalt bzw. Verbesserung der Wirtschafts-, Wohn-und Erholungsfunktion sowie der ökologischen Leis-tungsfähigkeit ländlicher Räume

• Verbesserung der Standortbedingungen für die Fi-schereiwirtschaft

• Stabilisierung der ökologischen Funktionen derLandschaft

• Vergleichmäßigung des innerjährlichen Abflussge-schehens entsprechend der natürlich gegebenenDynamik, Sicherung von Mindestabfluss in Nied-rigwasserzeiten

• Erhaltung und Verbesserung der Bodenfunktionen

• Verbesserung der Beschaffenheit von Grund- undOberflächenwasser

• Wiederherstellung von Binneneinzugsgebieten,Trennung von Teileinzugsgebieten

• Hochwasserschutz

• Verbesserung der ökologischen Funktionen vonGewässern

Die Finanzierung erfolgt zu 100 % durch die Ämter fürFlurneuordnung und ländliche Entwicklung. EinenVorschlag kann jeder Projektinitiator einreichen, wenneine Umsetzung von Maßnahmen z.B. über die Land-schaftswasserhaushaltrichtlinie vorgesehen ist. EineAEP sollte also bereits mit realen Umsetzungsabsich-ten gekoppelt sein. Dazu muss eine grobe Leistungsbe-schreibung erstellt werden, die von der zuständigenRegionalen Arbeitsgruppe geprüft und bewertet wird.

Im Jahr 2001 wurden, den drei Regionalbereichendes Landesumweltamtes entsprechend, für Pots-dam, Frankfurt (Oder) und Cottbus Arbeitsgruppenzur fachlichen Stellungnahme und Bewertung einge-richtet. Mitglieder dieser regionalen Arbeitsgruppensind neben dem Landesumweltamt die Wasser- undBodenverbände, Ämter für Flurneuordnung und länd-liche Entwicklung, die zuständigen Behörden derKreise sowie Naturschutz- und Umweltverbände undSachverständige. Geprüft wird insbesondere der Nut-zen von Maßnahmen und Planungen für die Verbes-serung des Landschaftswasserhaushaltes und dasEinvernehmen mit anderen Interessen. Die regiona-len Zuständigkeitsbereiche sind kartographisch dar-gestellt.

Die formale und fachliche Antragsbearbeitung erfolgtim zuständigen Regionalbereich des Landesumwelt-amtes, die Auftragsvergabe und Entscheidung überdie Förderfähigkeit obliegt den zuständigen Ämternfür Flurneuordnung und ländliche Entwicklung. Ver-antwortlich für die fachliche Ausarbeitung der Leis-tungsbeschreibung und die fachliche Begleitung derAEP ist wiederum der Regionalbereich des Lan-desumweltamtes (Übersicht). Große Bedeutungkommt der guten Zusammenarbeit beider Ämter beider Erarbeitung der AEP’en zu.

Als zweites Instrument wurde für die Unterstützungvon Umsetzungsmaßnahmen eine Förderrichtliniezur "Förderung der Verbesserung des Landschafts-wasserhaushaltes" für die Periode von 2002 bis 2006ins Leben gerufen. Die neue Richtlinie von 12/2001ging aus der ehemaligen Richtlinie zur "Förderungder Sanierung und naturnahen Entwicklung von Ge-wässern sowie von Baumaßnahmen an wasserwirt-schaftlichen Anlagen" hervor.

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97UMWELTDATEN BRANDENBURG 2002

ter für Landwirtschaft mit der Feststellung des Agrar-bezuges beauftragt.

Um die Wirksamkeit der Richtlinie im Sinne einernachhaltigen Stabilisierung des Landschaftswasser-haushaltes zu stärken, sind für die Zukunft noch ei-nige Verbesserungen erforderlich: Stiftungen undVerbände sollten in die Förderungen einbezogen unddie Möglichkeit des Flächenkaufs sollte vorgesehenwerden. Gerade der Flächenkauf bietet eine wichtigeGrundlage für die Erarbeitung von Konfliktlösungen,durch die sich wirkungsvolle Effekte für den Land-schaftswasserhaushalt erzielen lassen. Dessen Ver-besserung ist die gemeinsame Zielstellung von Land-nutzung, Ökologie und Wasserwirtschaft, die sich nurdann erreichen lässt, wenn die Interessen aller Be-troffenen gleichermaßen gewahrt bleiben.

Bis 2006 stehen dafür jährlich ca. 10 Mio. EUR zurVerfügung. Zuwendungsempfänger sind die Wasser-und Bodenverbände, Landkreise und Gemeinden.Gefördert werden folgende Maßnahmenpakete:

• Maßnahmen an Gewässern mit den Zielen– Verringerung des Abflusses und Verbesserung des

Wasserrückhaltes– Erhaltung und Wiederherstellung von Bodenfunk-

tionen– Verringerung von Grundwasserflurabständen und

Bodenwasserstandsschwankungen– Verbesserung der Ertragsfähigkeit von Böden

• Maßnahmen an wasserwirtschaftlichen Anlagenzur

– Optimierung und Steuerung des Wasserabflussesentsprechend den Anforderungen des Landschafts-wasserhaushaltes unter Beachtung von Nutzungs-interessen

– Reduzierung von Betriebs- und Unterhaltungs-kosten

– Herstellung der Betriebssicherheit von Anlagen– Beseitigung von Migrationshindernissen für Was-

serorganismen– Anpassung technischer Parameter an die natür-

liche Wasserführung der Gewässer– Verbesserung der Ertragsfähigkeit von Böden

• Sonstige Maßnahmen zur Reduzierung von Stoff-flüssen oder Errichtung maßnahmenbezogenerGrundwassermesssysteme

– Verbesserung des Wasserrückhaltes in der Fläche– Reduzierung von Nährstoffeinträgen in Gewässer– Erfolgskontrolle von Maßnahmen– Erweiterung von Retentionsräumen

Die Antragsbearbeitung erfolgt in den örtlich zustän-digen Ämtern für Flurneuordnung und ländliche Ent-wicklung. Voraussetzung für die Förderfähigkeit desProjektes ist neben den üblichen verfahrensrechtli-chen Genehmigungen ein positives Votum der Re-gionalen Arbeitsgruppe unter Leitung des zuständi-gen Bereichs des Landesumweltamtes.

Eine weitere Voraussetzung für die Förderung vonAnträgen ist die Herstellung des Agrarbezuges. DerAgrarbezug beruht auf der Verordnung der Europäi-schen Union Nr. 1257/1999 zur nachhaltigen Ent-wicklung des ländlichen Raumes. Er ist für die För-derung gemäß des Durchführungserlasses 02/2002des MLUR zur Richtlinie unbedingte Voraussetzung.Im Durchführungserlass wurden die zuständigen Äm-

Zuständigkeitsbereiche der Regionalen Arbeitsgruppen Landschaftswasserhaushaltund derÄmter für Flurneuordnung und ländliche Entwicklung

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98 QUERSCHNITTSAUFGABEN

Ablaufschema zur Förderung von Maßnahmen für die Stabilisierung und Verbesserung des Land-schaftswasserhaushaltes

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99UMWELTDATEN BRANDENBURG 2002

Zu den im Teil B gestellten Fragen wurden Antwortenin Form einer Wertungsskala vorgegeben. Von den63 kontaktierten Betrieben beteiligten sich 17 an vorOrt durchgeführten Befragungen. Weitere 15 sandtenausgefüllte Fragebögen zurück.

Die in die Auswertung eingehenden Betriebe lassensich nach der Betriebsform einteilen in 12 Markt-frucht-, 14 Futterbau-, fünf Gemischt- und einenVeredlungsbetrieb. Drei Betriebe wirtschaften nachden Regeln des ökologischen Landbaus.

Alle 32 Betriebe bewirtschaften zusammen 47.115 halandwirtschaftlich genutzte Fläche (LF), das entspricht3,5 % der LF von Brandenburg. Die mittlere Be-triebsgröße beträgt 1.472 ha LF (min. 40 ha, max.3.835 ha), der mittlere Grünlandanteil an der LF be-trägt 17,3 % und der mittlere Viehbesatz liegt bei0,47 GV/ha. Die Ackerflächen werden durchschnitt-lich zu 53,6 % mit Getreide, zu 16,7 % mit Feldfuttersowie zu 12,9 % als Stilllegungsflächen genutzt.

In der Stichprobe der Landwirtschaftsbetriebe sindweitgehend alle Landschaftstypen vertreten. Überre-präsentiert sind allerdings sickerwasserbestimmteLehmplatten bzw. Decksandplatten vornehmlich derUckermark und in Märkisch-Oderland sowie dasOderbruch mit besseren Böden. Die Dominanzsickerwasserbestimmter Ackerstandorte ist auf diekonzentrierte Auswahl von Betrieben mit Trocken-schäden im Jahr 2000 zurückzuführen. Mit 36 % ander LF liegt der Anteil der Niederungsstandorte etwasunter dem Landesmittel (ca. 45 %). Zudem ist hierbeiein überproportionaler Anteil von Ackerböden aufAuenstandorten enthalten, da drei der fünf Betriebemit >75 % Niederungsflächenanteil grünlandarmeOderbruchbetriebe darstellen.

Angesichts des kleinen Stichprobenumfangs wurdennur solche Fragen und Aspekte ausgewertet, die aus-reichend gesicherte Aussagen zulassen. Bei der Be-antwortung der Fragen im Teil B spielten häufig nichtnur die entsprechenden standörtlichen und betriebli-chen Gegebenheiten eine Rolle, sondern auch sub-jektive Bewertungen der befragten Landwirte. Insge-samt sind die Ergebnisse der Befragungen aufgrundMethodik und Stichprobenumfang nur als Tendenzenanzusehen.

4.1.2.3 Ergebnisse

• Situation der Wasserregulierung und desWasserrückhaltes

Der Umfang der Wasserregulierung ist in den Betrie-ben entsprechend der natürlichen Standortverhält-nisse und der Ausstattung mit meliorativen Anlagensehr differenziert. 61 % der LF (davon 70 % des Acker-

4.1.2 Landschaftswasserhaushaltund Landwirtschaft– Ergebnisse einer BefragungBrandenburger Agrarbetriebe –

4.1.2.1 Einleitung

Das Landesumweltamt Brandenburg (LUA) und dieLandesanstalt für Landwirtschaft (LfL) führten zu Be-ginn des Jahres 2001 gemeinsam eine Betriebsbe-fragung zur Wasserproblematik in der Landwirtschaftdurch. Den Auftrag erteilte die Projektgruppe Land-schaftswasserhaushalt des Ministeriums für Land-wirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung (MLUR)zur Fundierung von Handlungsoptionen für die Sta-bilisierung und Verbesserung des Landschaftswas-serhaushaltes in Brandenburg.

Ziel der Befragung war es, nähere Informationen überdie Wirkung des Ertragsfaktors Wasser in Abhängig-keit von sonstigen Standortfaktoren und über die Si-tuation des Wassermanagements in landwirtschaftli-chen Betrieben zu erhalten. Gleichzeitig wurden dieLandwirte nach ihrer Meinung zu möglichen Maß-nahmen eines verbesserten Wasserrückhaltes undRessourcenschutzes befragt.

4.1.2.2 Methode

Für die Befragung wurden die Landwirtschaftsbe-triebe gezielt ausgewählt. Auswahlkriterien waren ei-nerseits stärkere Trockenschäden im Jahre 2000 (An-träge auf Beihilfen) und andererseits eine möglichstweitgehende Standortrepräsentanz. Um mit wenigAufwand einen möglichst hohen Flächenumfang zuerreichen, wurden vornehmlich größere Betriebe an-geschrieben.

Der von den Landwirtschaftsbetrieben zu beantwor-tende Fragebogen gliederte sich in zwei Hauptbestand-teile und umfasste folgende Themenschwerpunkte:

Teil A – Betriebscharakteristika

• Charakterisierung des Betriebes und seiner Stand-ortbedingungen, Anwendung von Agrarumwelt-maßnahmen,

• Erträge, Ertragsschwankungen und Trockenheits-schäden,

• Situation von Wassermanagement, Gewässer- undAnlagenunterhaltung sowie

Teil B – Ertragsfaktor Wasser

• betrieblichen Bedeutung des ProduktionsfaktorsWasser,

• eingetretene Wirkungsveränderungen wasserrele-vanter Faktoren,

• Wirkung und Effizienz von Maßnahmen des Was-serrückhalts/-managements, eigene Vorschläge.

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100 QUERSCHNITTSAUFGABEN

landes) der befragten Betriebe weisen keine Was-serregulierung bzw. keinen Überflutungseinfluss auf(Tab. 1). Auf dem überwiegenden Teil des Grünlandes(80 %) werden wasserregulierende Maßnahmendurchgeführt. Überflutungsgrünland ist zu 3 % ver-treten, 17 % der Grünlandfläche sind nicht regulier-bare Standorte.

Waren in den 80er Jahren lt. Grünlandbonitur von1987 im Mittel noch rund ein Drittel des Grünlandeszweiseitig wasserreguliert (Ent- und Bewässerung),finden diese Maßnahmen gegenwärtig nur noch sel-ten statt. Ursachen für diese Entwicklung sind nebenKostenfragen der Mangel an zusätzlichem Wasser imSommer. Hieraus ergibt sich heute noch mehr dieNotwendigkeit, das Wasser vom Winterhalbjahr so-weit wie möglich zurückzuhalten. Problematisch istdiesbezüglich der Zustand der Stauanlagen anzuse-hen. Von 21 Betrieben gaben vier Betriebe voll funk-tionstüchtige Stauanlagen an, während 13 BetriebeLandnutzungsflächen mit vereinzelt defekten Stau-anlagen aufwiesen. Vier Betriebe sind von über 50 %defekten Stauanlagen betroffen.

Die getroffenen Einschätzungen zu den sommer-lichen Grundwasserflurabständen (GWFA) in denNiederungen sind aus Sicht des Bodenschutzes undauch der Ertragssicherheit alarmierend.

In Betrieben mit einer Dominanz der Grünlandes aufNiedermoorstandorten werden sie in der Vegetati-onsperiode für mehr als die Hälfte der Fläche auf tie-fer 8 dm eingeschätzt. Für die Bewirtschaftung opti-male GWFA von 4 – 8 dm sind lediglich auf ca. 35 %der Fläche zu verzeichnen. Flächen mit Grundwas-serflurabständen weniger 4 dm (12 – 13 %) konzen-trieren sich auf die Nieplitz-Niederung, das UntereRhinluch und die Havelniederung.

Bei 13 von 26 Betrieben fallen Gräben im Sommerhäufig trocken. Im Winterhalbjahr werden in Betrie-ben mit mindestens 50 % Niedermooranteil am Grün-land aber immerhin über 60 % der Gräben auf 2 dmunter Geländeoberkante (GOK) und darüber ange-staut.

Die abgestimmte Organisation der Stauhaltung imRahmen von Staubeiräten hat im Vergleich zu früherdeutlich abgenommen. Von 25 betroffenen Betriebengibt es bei 10 Betrieben funktionierende Staubeiräte.Weitere 11 Betriebe geben an, dass sie in der Ver-gangenheit Staubeiräte hatten. Keine Erfahrung mitStaubeiräten meldeten vier Betriebe. Die Stauhaltungerfolgt zu knapp 50 % in Regie der Wasser- und Bo-denverbände (WBV), zu 14 % durch die Landwirteselbst. Bei weiteren 29 % erfolgt die Stauhaltung ge-meinsam durch WBV und Landwirte, bei 9 % derStaubeiräte sind Dritte beteiligt (LUA, Angler).

Die Einschätzungen der Betriebe, bei denen frühereStaubeiräte nicht mehr bestehen, lassen eine Reak-tivierung von Staubeiräten sinnvoll erscheinen. DieMehrzahl der Betriebe mit existierenden Staubeirätenhält deren Arbeitsweise allerdings für nicht bzw. we-nig effizient. Die Notwendigkeit und Effizienz vonStaubeiräten ist von den jeweiligen Standort-, Nut-zungs- und Eigentumsverhältnissen abhängig unddavon, ob bestehende Interessengegensätze bezüg-lich der Stauziele einvernehmlich zu lösen bzw. ab-zubauen sind.

• Einschätzung wasserabhängiger Ertragsaus-wirkungen

Die Landwirte messen dem Produktionsfaktor "Was-ser" eine sehr hohe Bedeutung für die Rentabilitäts-sicherung bei und haben ein starkes Interesse an ei-ner bestmöglichen Nutzung des vorhandenen Was-serdargebotes.

Witterungsbedingte Ertragsauswirkungen sind starkvon Standortfaktoren wie Bodenbonität, Bodenwas-serverhältnissen, Betriebsorganisation und Zustandder Wasserregulierung/-bereitstellung abhängig.

Für den Großteil der befragten Landwirtschaftsbe-triebe hat sich die Gesamtwirkung des Produktions-faktors "Wasser" auf Ertrag und Ertragsstabilitätverschlechtert (12) oder blieb unverändert (10). DieVerschlechterung der Wassersituation wird überwie-gend auf die fehlende Bereitstellung von Zusatzwas-

Betriebsauswahl Angaben Mittlere Flächenanteile (%) mit GWFA von

nach Grünlandstandorten < 4 dm 4 - 8 dm 8 - 12 dm > 12 dm

100 % GW-Standorte und

mind. 50 % Niedermoor 9 13 36 23 28

33 - 75 % GW-Standorte 5 12 32 26 30

Auenstandorte (Oderbruch) 2 0 40 10 50

> 90 % GW-fernen Standorte 3 0 0 0 100

Tab. 1: Geschätzte Grundwasserflurabstände des Grünlandes im Mittel von Mai-September

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101UMWELTDATEN BRANDENBURG 2002

• Einschätzungen von Maßnahmen zum verbes-serten Wasserrückhalt und Ressourcenschutz

Allgemein werden Maßnahmen zum verbessertenWasserrückhalt befürwortet (Risikominimierung beiTrockenheit, ertragserhöhende Wirkung auf Acker-land, qualitätsverbessernde Wirkung bei Ackerfrüch-ten) (Tab. 2). Über 75 % der Betriebe bewerten dieertragssteigernde bzw. ertragssichernde Wirkungwasserrückhaltender Maßnahmen bezüglich derGrünlandaufwüchse im Sommer und die Bedeutungfür den Natur- und Umweltschutz positiv, wohingegen50 % der Betriebe die Futterqualitätsminderung beim1. Grünlandaufwuchs als negativ ansehen. Die Er-tragseinbußen durch Wasserhaltungsmaßnahmenauf Grünland werden insgesamt höher als die Tro-ckenheitsschäden bei fehlender Wasserhaltung ein-geschätzt. Auf dem Ackerland kehrt sich diese Ein-schätzung um. Die Landwirte halten besonders sol-che Maßnahmen für sinnvoll und umsetzbar, die einenverstärkten Wasserrückhalt mit verbesserten Erträ-gen/höherer Ertragssicherheit, geringem Flächen-verlust und geringen Bewirtschaftungseinschränkun-gen verbinden.

Den Ausbau von Bewässerungsmöglichkeiten (Spei-cher, Einstau etc.) bei entsprechender Kostenbetei-ligung halten von 21 befragten Betrieben 12 Betriebefür wirkungsvoll, während neun Betriebe damit keineeffektive Reduzierung von Wasserdefiziten verbin-den. Wasserrückhalt durch höheren und längerenAnstau bzw. vermindertes Schöpfen wird von denmeisten Betrieben als tolerierbar bzw. effizient ange-sehen. Damit verbundene Ertragseinbußen solltenaus Sicht der meisten Betriebe durch direkten Ein-kommensausgleich honoriert werden. Auch Flurneu-ordnung und Flächentausch zur Reduzierung vonNutzungskonflikten werden als effiziente Regelungangesehen.

ser zurückgeführt. Betrieb und Funktionserhalt derMeliorationsanlagen (Schöpfwerke, Staue, Dräna-gen und Gräben) werden als entscheidende Ertrags-faktoren und Hauptgründe für eingetretene Wir-kungsänderungen genannt. Der Grabenunterhaltungwerden überwiegend positive Einflüsse auf die Er-tragsentwicklung zugeschrieben, während sich nachMeinung der Landwirte die Wirkung der Dränagenund Staue eher verschlechtert hat.

Grundwassereinfluss und bessere Bodenbonität wir-ken bei Trockenheit ertragsstabilisierend und min-dern das Auftreten von Trockenschäden. Nieder-moor- und Anmoorstandorte werden als am wenigs-ten von Trockenheitsschäden betroffen eingestuft(höherer Umfang an Stauhaltung). Die geringsten Er-tragsschwankungen weisen Wintergetreide und Grün-land auf (Winterfeuchte, höheres Grundwasserdar-gebot, lange Wachstumsperiode), die größten Er-tragsschwankungen zeigen dagegen Sommergersteund Kartoffeln. In den vergangenen 10 Jahren kames insgesamt zu stärkeren negativen als positiven Er-tragsabweichungen.

Die künftige Entwicklung der Wasserversorgung wirdüberwiegend (75 %) pessimistisch eingeschätzt.Gründe hierfür sind insbesondere die von einer brei-ten Öffentlichkeit wahrgenommenen Klimaprogno-sen, aber auch territoriale Besonderheiten (z.B.Braunkohletagebau). Die Mehrheit der Betriebe siehtnur sehr begrenzte Möglichkeiten, ihre Betriebsorga-nisation unter den gegebenen Standortbedingungensowie den sozioökonomischen und politischen Rah-menbedingungen mit wasserbedarfsrelevanter Wir-kung verändern zu können. Trotz der verhaltenenEinschätzung betrieblicher Reserven sehen 80 % derBetriebe - wenn z.T. auch nur geringe - Potenziale zurVerbesserung der Wasserressourcennutzung. Hierzeigt sich ein möglicher Handlungsspielraum zur Er-höhung der Effizienz von Wassernutzungen.

Wirkungen (Vorgabe) Antworten Antworten

Insgesamt Ja Nein

Verringerung des Ertragsrisikos bei Trockenheit 30 29 1

positive Ertragseffekte auf Grünland 22 17 5

positive Ertragseffekte auf Ackerland 28 27 1

Futterqualitätsminderung des Grünlandaufwuchses im Frühjahr 23 12 11

Futterqualitätserhöhung des Grünlandaufwuchses im Sommer 22 19 3

Erhöhung der Qualität der Ackerfrüchte 26 22 4

große Bedeutung für Natur- und Umweltschutz 26 20 6

insgesamt höhere Ertragseinbußen als Schadensverringerung

bei Trockenheit durch verstärkte Wasserhaltung

auf Grünland 20 12 8

auf Ackerland 22 9 13

Tab. 2: Bewertung der Wirkungen von Maßnahmen zur/zum verbessertenWasserhaltefähigkeit/Wasserrückhalt

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102 QUERSCHNITTSAUFGABEN

Der Rückbau von Regulierungsanlagen incl. Gräbenund ihre verminderte Unterhaltung werden unter denheutigen Bewirtschaftungsbedingungen strikt abge-lehnt. Ein Wegfall von Förderungen bzw. eine stärkerebetriebliche Kostenbeteiligung und eine differenzier-tere Kostenumlage nach dem Verteilsprinzip führt hin-gegen zu einer völlig anderen, deutlich positiveren Be-wertung der Effizienz dieser Maßnahmen.

Von 18 Landwirtschaftsbetrieben auf Niedermoor haltensechs Betriebe Moorvernässungen zur Verbesserungdes Wasserrückhaltes für akzeptabel, sieben Betriebefür tolerierbar und fünf Betriebe für unakzeptabel. Ge-ringe Akzeptanz finden Revitalisierungsmaßnahmenan Fließgewässern und Auen. Hierbei sprechen sichvon 15 befragten Betrieben fünf dafür aus, weiteredrei würden Maßnahmen dieser Art tolerieren. KeineAkzeptanz finden diese Maßnahmen bei sieben Be-trieben. Vorausgesetzt wurde jeweils die Einbezie-hung von Ausgleichsmaßnahmen.

Im Rahmen von KULAP werden die Förderung einererhöhten Wasserhaltung auf Grünland sowie die Aus-weitung der Anwendung bodenschonender, humus-mehrender Verfahren überwiegend befürwortet. DieUmstellung auf ökologischen Landbau wird aber vonder Mehrzahl der Betriebe nicht als effiziente Maß-nahme zu einem verbesserten Wasserrückhalt in derLandschaft angesehen.

Zur Förderung alternativer Verfahren für Nassflächen(z.B. Schilferzeugung/-verarbeitung) äußerten sich14 Betriebe. Die Einführung derartiger Methoden hal-ten davon sechs Betriebe für effizient bis sehr effizi-ent, drei Betriebe noch für tolerierbar. Keine Chancesehen nur fünf Betriebe für alternative Wirtschaftsfor-men auf Nassflächen. Das offensichtlich bestehendeInteresse an derartigen alternativen Erwerbsquellensollte in der Förderpolitik entsprechende Berücksich-tigung finden. Gleiches trifft für Spezialtechnik zur Be-wirtschaftung von Nassflächen zu.

Die Bewertung der Betriebsberatung zur Nutzung undzum Schutz der Wasserressourcen ist als Votum dafüranzusehen, diese zu verbessern bzw. zu intensivieren.

4.1.2.4 Fazit für Maßnahmen zur Verbesserungdes Landschaftswasserhaushaltes

Die Befragungsergebnisse liefern ein erstes Bild ausSicht der Landwirte zur Gesamtproblematik Land-schaftswasserhaushalt.

Deutlich wurde das starke Interesse der Landwirte aneiner sparsamen, bestmöglichen Nutzung der vor-handenen Wasserressourcen. Maßnahmen zur Ver-besserung des Landschaftswasserhaushaltes - auchim Interesse des Umwelt- und Naturschutzes - wer-

den von der Mehrheit der Befragten als bedeutsamund erforderlich angesehen. Gleichwohl bestimmenwirtschaftliche und soziale Belange maßgebend dieBewertung ihrer Wirksamkeit und Akzeptanz.

Bei der Umsetzung von wirkungsvollen Maßnahmenerweisen sich die Landwirte als kooperationsbereitePartner, wenn ihre Einkommenssituation nicht gefähr-det, sondern erhalten bzw. verbessert wird. So habenvornehmlich solche Maßnahmen des verstärktenWasserrückhalts eine Chance auf Umsetzung, die ins-gesamt die Erträge und Ertragssicherheit verbessern.Dabei werden ggf. auch Flächenverluste oder Bewirt-schaftungseinschränkungen auf Teilflächen in Kaufgenommen, so sie in vertretbarem Rahmen bleiben.Ohne begleitende Maßnahmen zum Ausgleich derEinkommenseinbußen durch Bewirtschaftungsein-schränkungen, zur Förderung alternativer Nutzungs-verfahren z.B. auf Nassflächen, zur Honorierung öko-logischer Leistungen oder zur Flurneuordnung mitFlächenkauf wird nicht auszukommen sein, wennflächenhaft relevante, positive Wirkungen erzielt undbestehende Nutzungskonflikte gelöst werden sollen.

Von den Landwirten bezüglich Wasserverhältnisse,Rahmenbedingungen und Förderungen genannteVorschläge sind u. a.:• Bedarfsgerechtes Wassermanagement und Re-

konstruktion von Stauanlagen.• Angebot von mittel- bis langfristigen Förderungen

auf ertragssicheren Standorten.• Förderung von standortangepasster Spezialtechnik

für Grundwasserstandorte und alternativen Land-nutzungsverfahren bei hoher Wasserhaltung.

• Förderung wassersparender Bewässerungstechnik.• Förderung von transpirationseffizienten Nutzpflan-

zen, humusmehrenden Verfahren und pflugloserBodenbearbeitung auf Hochflächen.

• Ausbau der Beratung von Betrieben (standortan-gepasste Landnutzung, alternative Verfahren etc.).

• Verstärkter Anbau von Winterkulturen zur Nutzungder Winterfeuchtigkeit.

• Reduzierung der Bodenbearbeitung im Frühjahr.

Die Ergebnisse zeigen, dass eine großflächige Ver-besserung des Landschaftswasserhaushalts nur mitden Landwirten umgesetzt werden kann. Der Erfolgvon Planungen und Maßnahmen wird entscheidenddavon abhängen, ob alle Betroffenen und Interes-senvertreter frühzeitig am Prozess beteiligt werdenund die zukünftige Wasserbewirtschaftung nicht ein-zelnen Nutzerinteressen untergeordnet wird.

Offensichtlich wurde, dass durch Öffentlichkeitsar-beit, Betriebsberatung und landespolitische Schwer-punktsetzung noch eine erhebliche Akzeptanzsteige-rung für Maßnahmen des Wasserrückhaltes erreichtwerden kann.

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103UMWELTDATEN BRANDENBURG 2002

reichender Datenlage treffen. Da eine neue flächen-deckende Datengrundlage mittelfristig nicht zur Ver-fügung stehen wird, hat sich das Landesumweltamtentschieden, Altdaten nach ihrer Nutzbarkeit prüfen,aufbereiten und aktualisieren zu lassen, um sie alsPlanungsgrundlage unkompliziert zur Verfügung stel-len zu können. Ein großer Fundus wertvoller Gelän-dedaten und Kartierungen wurde bis in die 80er Jahrezur Vorbereitung von Meliorationsprojekten angelegt.Diese Daten sind oft 20 bis 40 Jahre alt, und lagernverstreut in verschiedenen öffentlichen bzw. privatenArchiven. Sämtliche Daten liegen nur analog vor. DerZugriff für Antragsteller und Projektträger wird auchdurch die schlechten Verfügbarkeit der Datenbe-stände erschwert. Die Nutzung der Daten ist daherkostenintensiv und zeitraubend. Das hat zur Folge,dass ein wertvoller Fundus an Informationen zu Bo-den, Hydrologie, Wasserwirtschaft und Naturraum fürheutige Planungen nur noch eingeschränkt genutztwird und langsam in Vergessenheit gerät.

Im Rahmen eines aufzubauenden Fachinformations-systems Ökologie (FISÖK) soll eine Informations-plattform zum Feuchtgebietsschutz geschaffen wer-den. Diese soll Informationen zu Feuchtgebietengebündelt bereithalten, Schnittstelle zu weiteren Infor-mationsebenen sein und Datengrundlagen zur Verfü-gung stellen. Ziel des Informationssystems wird es sein,Initiatoren von Projekten in Feuchtgebieten sachkun-dige Informationen rund um den Feuchtgebietsschutzbieten zu können. Bestandteil des FISÖK sind allge-meine Angaben von der Beantragung der Fördermit-tel bis zur Bedeutung der Feuchtgebiete sowie spe-zielle flächenscharfe Fachinformationen. Weiterhinist die Möglichkeit des schnellen Informationsaustau-sches bei speziellen Fragen vorgesehen. Ein weite-rer Bestandteil des FISÖK werden aufbereitete Melio-rationsdaten mit Karten und Tabellen sein, die An-wendern zu Verfügung gestellt werden sollen. ZurAufbereitung der Daten im Jahr 2001 wurde ein er-ster Auftrag für einen Teil der brandenburgischenMoorfläche vergeben. Die Daten wurden dazu nachihrer Nutzbarkeit für Planungen bewertet und für dieAnwendung aufbereitet. Soweit Neukartierungen ver-fügbar waren, wurden diese Daten mitaufgenommen.

Meliorationsunterlagen sind in sehr detaillierter Form indrei Arbeitsschritten erarbeitet worden. Die sogenannten"Grundsatzentscheidungen, Aufgabenstellungen undProjekte" enthalten eine große Anzahl von hydrologischen,geomorphologischen, bodenkundlichen und anderenDaten, die auch 20 bis 40 Jahre später gute Planungs-ansätze liefern. Die genannten drei Planungsphasen un-terscheiden sich in der Regel nicht wesentlich in denInhalten. Spätere Veränderungen an den im Komplexgeplanten Entwässerungssystemen stellen in der RegelErgänzungen dar, die den grundsätzlichen Bestand anAnlagen und deren Funktion nicht in Frage stellen.

4.1.3 Nutzung von Meliorationsalt-daten zum Feuchtgebietsschutz

Seit den 90er Jahren werden kleinere Renaturierungs-maßnahmen in brandenburgischen Feuchtgebietendurchgeführt. Zu diesem Zeitraum waren Änderun-gen am Wasserhaushalt der Landschaft auf Boden-melioration und Verbesserung der Bedingungen fürLand- und Gewässernutzer ausgerichtet. Dem Erhaltvon Feuchtgebieten galt nicht das Hauptaugenmerkdieser Maßnahmen. Demzufolge existieren aus der Zeitvor 1990 nur wenig Erfahrungen mit der Vorbereitungund Durchführung von Renaturierungsprojekten.

Zur Einschätzung der Bedeutung von Feuchtgebieten fürNaturschutz bzw. Ökologie geben flächendeckend z.B.Biotopkartierungen, das Seenkataster bzw. das Sys-tem sensibler Fließgewässer Auskunft. Ein weitererwichtiger Flächendatensatz ist die MittelmaßstäbigeLandwirtschaftliche Standortkartierung (MMK) aus denJahren 1974 bis 1981, die in den 90er Jahren digitali-siert wurde. Sie stellt heute für diese Maßstabsebene(1:25 000) den wichtigsten digital verfügbaren Da-tenbestand der Standortskunde auf landwirtschaftlichgenutzten Flächen dar. Speziell für Moorböden istz.B. die digitale Moorkarte des Landesumweltamteszu nennen, in der Aussagen zur Moormächtigkeit,zum ökologischen Bodenwert und zum Zustand bzw.Handlungsbedarf aus Sicht des Moorschutzes erfasstsind. Die Nutzbarkeit dieses Datenbestandes liegt imMaßstabsbereich von 1:25 000 bis 1:300 000.

Für spezielle Fragestellungen zum Feuchtgebiets-schutz, z.B. bei der Erarbeitung von Zielzuständen,der Planung konkreter Renaturierungsmaßnahmenoder bei Machbarkeitsanalysen, benötigt man oft ge-nauere Standort- und Flächeninformationen. Dafürsind in der Regel konkrete Geländedaten in einemMaßstab von mindestens 1:10 000 erforderlich, de-ren Erhebungen oft kostspielig und deshalb nur lokaldurchführbar sind. Zudem fehlen oft wichtige Infor-mationen, wie z.B. Angaben über Relief, Boden undwasserwirtschaftliche Anlagen.

Das Fehlen solider Grundlagendaten bremst bzw.blockiert die Beantragung und Durchführung insbe-sondere solcher Projekte, bei denen mit Auswirkungenauf die Land- oder Gewässernutzer zu rechnen ist. Dassind gerade die größeren Projekte mit deutlicher Flä-chenwirkung. Da mit Beginn des Jahres 2002 im MLUReine Förderrichtlinie zur Verbesserung des Landschafts-wasserhaushaltes eingerichtet wurde, ist es dringendnotwendig, potenziellen Projektantragstellern geeig-nete Grundlagendaten zur Verfügung zu stellen.

Behörden müssen z.T. vielerorts Entscheidungen zumThema Landschaftswasserhaushalt auf Basis unzu-

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104 QUERSCHNITTSAUFGABEN

Die hier behandelten Unterlagen wurden aufgrundder in der DDR gültigen Normen und Standards in un-tereinander vergleichbarer und in den Datenschwer-punkten einheitlicher Form erarbeitet. Demzufolge kannvon akzeptablen und vergleichbaren Datenvorlagenausgegangen werden, die keine sehr aufwendige Nach-bearbeitung erfordern. Überprüfungen in Einzelfällensind aber erforderlich. Es gibt auch Informationen, diemit rein historischem Wert behaftet sind, heute jedochkeine verwendbaren Flächeninformationen mehr dar-stellen. Dazu gehören bei Moorflächen:

• Landnutzung• Bodenentwicklungsstufe

Die aktuelle Landnutzung kann im Übersichtsverfah-ren mittels Biotopkartierungen festgestellt werden.Bodenentwicklungsstufen lassen sich in der genauenflächenmäßigen Ausdehnung nur durch Neukartie-rung erkennen. Die Tiefentwässerung der Moore hatdie Degradierungsprozesse im Oberboden erheblichbeschleunigt. Durch empirische Verfahren (Nutzung,Grundwasserflurabstand, Biotoptyp/Vegetation) kön-nen aber erste Schätzungen zur Bodenentwick-lungsstufe erfolgen.

Andere Inhalte, wie die Ausgrenzung von Teilein-zugsgebieten, Bauwerkskataster, Reliefvermessun-gen, botanische und geologische Ansprachen, histo-rische Gebietsbeschreibungen und Darstellung vonVorteilsflächen sind ein nutzbarer Datenbestand,dessen Neuerfassung mit hohem Aufwand verbun-den wäre. Die Genauigkeit der Datenerhebung ist fürviele aktuelle Planungen ausreichend. Auch die Ak-tualisierung der Daten würde oft wenig Zugewinnbringen. Eine völlige Neukartierung wäre finanziell miteinem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbundenund ist daher gegenwärtig nicht leistbar.

Die Nutzung der nahezu flächendeckend vorhan-denen Projektunterlagen mit paralleler Überprüfungbestimmter Parameter kann mit geringem Zeit- undKostenaufwand kurzfristig fachlich wertvolle Grund-lagendaten liefern. Durch die Einstellung der Daten indas geplanten Fachinformationssystem Ökologie(FISÖK), wird ein einheitlich verwendbarer und fach-lich geprüfter Datenbestand bereitgehalten. Vorpla-nungen, Studien und Entwürfen sind dann ohne um-fangreiche Datenerhebungen im Feld leistbar.

In einigen Niederungsgebieten sind aus verschiede-nen Gründen in den letzten 10 Jahren umweltrele-vante Untersuchungen durchgeführt worden, die einewertvolle Ergänzung bzw. Korrektur der Projektunter-lagen darstellen. Derartige Unterlagen werden, so-weit verfügbar, mit berücksichtigt.

In tabellarischer Form sind die aufgeführten Parame-ter zu den naturräumlichen und standortbeschrei-benden Verhältnissen aus der Zeit der Projekterstel-lung verfügbar.

Darüber hinaus sind in einigen Fällen standortbedingtzusätzliche Gutachten zur Flächeneinschätzung vor-genommen worden, die geologische und hydrogeo-

Welche Parameter lassen sich nahezu flächendeckend aus den Meliorationsprojekten ermitteln?

➠ Rasterartige Reliefvermessungen mit einer sehr hohen Messdichte➠ Verbreitungsgrenzen angetroffener Bodentypen einschließlich der Benennung bodenphysikalischer

und bodenchemischer Analysen➠ Ausgrenzung von Teileinzugsgebieten, deren Detailliertheit über die Angaben zu den regionalen Vor-

flutern hinausgeht➠ Darstellung von Anlagen und Bauwerken mit Angaben zur Ent- und Bewässerungswirkung in der Fläche➠ Allgemeine hydrologische Angaben zu Wasserständen und Abflüssen in den zentralen Vorflutern

Naturraum-beschreibenderFaktor

Relief

Boden

Hydrologie

Geologie,Hydrogeologie*

Anlagenbestand

Standortanalysen*

Parameter

– Höhenpunkte in Dezimetergenauigkeit– Höhenlinien in 25cm - Schritten– Festpunkte

– hydrogenetischer Moortyp– Substratverteilung– Lage der Bohrpunkte– Schichtenverzeichnisse– Betonaggressivität– Bodentypen nach TGL– Kf -Werte*– Glühverluste*

– Wasserwirtschaftliche Hauptzahlen vonden Z-Vorflutern

– Niederschlagshöhen– Ausgrenzung von Teileinzugsgebieten– Vorteilsflächen– Staukonzepte– Gebietswasserbilanz

– Beschreibung der Landschaftsgenese– Naturräumliche und geologische Einordnung– Strömungsdynamik

– Grabendichte und -ausbaugrößen– Lage und Funktion der Bauwerke– Regulierungsempfehlungen

– Vegetationsuntersuchungen– Feuchtezahlen/Wasserstufen– Torfart und Torfzersetzungsgrad– Nährstoffverhältnisse

* nicht zwingend flächig vorhanden, teilweise in Sondergutachten enthalten

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105UMWELTDATEN BRANDENBURG 2002

• Naturschutzpotenzial,

• Potenziale und Schwerpunkte für Extensivierungs-programme,

• Ertragsfähigkeit,

• Auswirkungen von Änderungen des Wasserhaus-haltes auf Land- und Gewässernutzer,

• Wirksamkeit und Bedeutung des Ent- bzw. Bewäs-serungssystems

• Gebietsabgrenzung für Projekte.

Im Folgenden sollen am Beispiel des Gartzer Bruchsdrei Karten mit einer Auswahl an Flächeninformationenvorgestellt werden. Die Abbildung 1 stellt das heutevorhandene Geländerelief dar, das nicht mit den Ver-hältnissen von 1965 identisch ist. Die Höhendatenmussten in diesem Fall nicht aus den Meliorations-unterlagen abgeleitet werden, da aktuelle Ergebnissevon Goldschmidt vorlagen. EntwässerungsbedingteMoorbodenverluste auf den organogenen Standortenführten zu beträchtlichen Verlusten in den Gelände-höhen (Abb. 2). Solche Veränderungen haben un-mittelbare Auswirkungen auf Stauhöhen und auf dievon Staumaßnahmen bevorteilten Flächen. Abbil-dung 3 zeigt das Entwässerungssystem mit seinenHydromeliorationsanlagen und den Staukomplexen.

logische Schwerpunkte besitzen und auch Untersu-chungen zu Vegetationsausprägungen und Boden-feuchtestufen enthalten.

Um diesen Datenbestand für Anwender verfüg- undnutzbar zu machen, müssen die Altdaten fachlich ge-prüft und aufbereitet werden. Für viele Anwendungenist die aktuelle Geländehöhe ein sehr bedeutenderParameter. Es ist vorgesehen, alle Reliefkarten durchrepräsentative Neuvermessungen und unter Nutzungempirischer Verfahren kostensparend zu korrigieren.Dadurch lassen sich neben heutigen Geländehöhenauch aktuelle Informationen zu Moorbodenschwund,Moormächtigkeit und Moorausdehnung gewinnen.Weiterhin ist eine Ausweitung des Datenbestandesauf Auengebiete vorgesehen.

Die Übernahme aller derartiger Flächendaten in einenentsprechenden GIS-Pool ermöglicht einen einfa-chen Zugriff verschiedener Fachdisziplinen für Be-wertungen und Stellungnahmen. Dem Nutzer des Da-tenbestandes sind zukünftig folgende Einschätzun-gen zu Feuchtgebieten ganz oder teilweise möglich:

• Vernässbarkeit/Renaturierungspotenzial,

• Ökologischer Wert von Boden und Vegetation,

Abb. 1: Gartzer Bruch – Relief Abb. 2: Gartzer Bruch – Moorschwund 1961 – 1995

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106 QUERSCHNITTSAUFGABEN

Die damalige Ausgrenzung der Staukomplexe muss-te leicht korrigiert werden. Bereits mit diesen Inhalten,den maximalen Stauzielen und den Reliefkorrekturenkönnen konkrete Aussagen zum Wasserrückhalt inder Landschaft und deren Wirkungen auf Nutzungengetroffen werden. Die Praktikabilität dieser Vorge-hensweise und der methodische Ansatz wurden inmehreren Niederungsgebieten wiederholt überprüftund für sinnvoll befunden. Wenn die begonnene Ar-beit in den nächsten Jahre fortgesetzt wird, könnte inca. 5 bis 7 Jahren ein beinahe vollständiger Daten-bestand zu ca. 80 bis 90 % der brandenburgischenMoore und Auen digital zur Verfügung stehen.

4.2 Dauerbeobachtungen/Messnetze

4.2.1 Umweltindikatoren

Auf der Konferenz für "Umwelt und Entwick-lung” der Vereinten Nationen (UN) 1992 in Riode Janeiro wurde die Nachhaltige Entwicklungals Leitbild der Agenda 21 beschlossen. Um die

Umsetzung dieses Leitbildes zu dokumentie-ren, ist eine laufende Überwachung des Zu-standes von Umwelt, natürlichen Ressour-

cen und Lebensbedingungen durch Indikatorenerforderlich. Eine erste Bilanz ist auf der Rio-Nach-folgekonferenz im November 2002 in Johannesburgzu erwarten.

Ein Indikator ist ein Kenngröße, die zur Darstellungnicht offensichtlicher oder komplexer Sachverhaltedient. Als Nachhaltigkeitsindikatoren bezeichnet manKenngrößen für die Trendbeschreibung zentraler Pro-blemfelder einer nachhaltigen Entwicklung in der öko-logischen, ökonomischen und sozialen Dimension.Umweltindikatoren sind Mess- oder Kenngrößen fürdie Bewertung und Trendbeschreibung der Umwelt-situation. Mit wenigen Schlüsselgrößen werden Be-lastungen sowie der Zustand der Umwelt in einerkomprimierten und generalisierten Form dargestellt.

Nachhaltigkeits- und Umweltindikatoren sind im euro-päischen und nationalen Maßstab Gegenstand inten-siver Entwicklungsarbeit. Daran beteiligt sind bei-spielsweise die OECD (Organisation für wirtschaftlicheZusammenarbeit und Entwicklung), die EEA (Euro-päische Umweltagentur), EUROSTAT (StatistischesAmt der europäischen Union) und selbstverständlich

die UN/CSD (Kommission für nachhaltige Entwicklungder Vereinten Nationen).

Im nationalen Maßstab sind an erster Stelle die seit1997 laufenden Aktivitäten des BMU (Bundesminis-terium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-heit) zu nennen, um den UN/CSD-Indikatorensatz inDeutschland zu erproben. Der 1999 der UN/CSD vor-gelegte Zwischenbericht enthielt 250 Indikatoren,circa die Hälfte mit umweltpolitischem Bezug und da-von wiederum 55 ökologische Indikatoren. Im Um-weltbundesamt liegt das Hauptaugenmerk insbeson-dere auf den Umweltindikatoren. Dabei hat der Deut-sche Umweltindex DUX, in den solche Größen wieBodenverbrauch, Luftverunreinigungen, Klimagase,Wasserqualität, Energie- und Rohstoffverbrauch ein-gehen, durch die Präsentation im Zweiten DeutschenFernsehen den größten Bekanntheitsgrad erlangt.Darüber hinaus beobachtet man in den Bundeslän-dern verschiedene Initiativen, die insbesondere inBaden-Württemberg und Bayern bereits weit fortge-schritten sind.

Umweltindikatoren sollen den Zustand und die Ent-wicklung der Umwelt langfristig und kontinuierlich do-kumentieren, die komplexe Aussagevielfalt reduzie-ren, Nutzungs- und Planungsentscheidungen er-leichtern sowie den Erfolg und die Effizienz vonUmweltpolitik messen. Strukturiert werden Umweltin-dikatoren nach Umweltmedien, Problembereichen,Sektoren, räumlichen Dimensionen oder als gene-relle Indikatoren, wobei der Bezug zum Verursacherdes Problemfeldes stets beachtet werden soll.

Abb. 3:Hydromeliorationsanlagen

im Gartzer Bruch

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107UMWELTDATEN BRANDENBURG 2002

4.2.2 Integrierende ÖkologischeDauerbeobachtung

4.2.2.1 Ausgangssituation

Vor drei Jahren wurde im Jahresbericht das Konzeptfür eine ökosystemare Umweltbeobachtung in Bran-denburg vorgestellt - "Die Integrierende ÖkologischeDauerbeobachtung (IÖDB)".

Ziel dieses Monitoringprogramms ist es, die diversenumweltrelevanten Daten aus den medienbezogenensektoralen Messnetzen zusammenzuführen und me-dienübergreifend zu betrachten. Damit wird einer For-derung des Rates der Sachverständigen für Umwelt-fragen nachgekommen, eine ökosystemare Betrach-tungsweise in die Umweltbeobachtung einzuführen.Außer in Brandenburg laufen auch in mehreren an-deren Bundesländern, wie in Baden-Württemberg,Bayern, Nordrhein-Westfalen und in Schleswig-Hol-stein Aktivitäten zum Aufbau einer ökosystemar aus-gerichteten Umweltüberwachung. Auf Bundesebenehaben das Umweltbundesamt eine Konzeption füreine ökosytemare Umweltbeobachtung vorgelegtund der Arbeitskreis "Naturschutzorientierte Umwelt-beobachtung" unter Federführung des Bundesamtesfür Naturschutz eine gleichnamige Fachkonzeptionerarbeitet.

Auf insgesamt 12 Dauerbeobachtungsflächen inBrandenburg (Karte) soll fallstudienartig eine intensi-vierte Umweltbeobachtung betrieben werden. Damitwerden die wichtigsten, für Brandenburg typischenÖkosysteme und Lebensräume wie Grünland aufNiedermoor und in Flussauen, Äcker und Wald sowieSonderstandorte in Form von nicht mehr genutztenTruppenübungsplätzen, Bergbaufolgelandschaften

Bei der Auswahl von Umweltindikatoren bestehengrundsätzlich zwei Möglichkeiten. Es können im so-genannten BOTTOM – UP – Verfahren vorhandeneBasisdaten aggregiert werden oder anders herum imTOP– DOWN – Verfahren Zielgrößen festgelegt und diedafür erforderlichen Basisdaten aufgeschlüsselt bzw.erhoben werden. Je nach Hintergrund und Zielstel-lung wird die Anwendung beider Methoden sinnvoll sein.

Im Land Brandenburg sind Umweltindikatoren als eigen-ständiges Problemfeld bisher nicht bearbeitet wor-den. Kürzlich hat sich ein Bund-Länder-Arbeitskreis(BLAK) "Nachhaltige Entwicklung" konstituiert, der sicheine bundesweite Abstimmung von Umweltindikato-ren und entsprechenden Umweltqualitätszielen zurAufgabe gestellt hat. Im Vorfeld hatten sich bereitsmehrere Bundesländer auf eine Umweltindikatoren –Vergleichsliste verständigt und dieser Indikatorensatzsoll in dem Arbeitskreis weiter entwickelt werden. SeitDezember 2001 werden vom Landesumweltamt inZusammenarbeit mit Partnern aus anderen Berei-chen (z.B. Landwirtschaft, Forsten, Gesundheit) dieDaten zur Darstellung der Umweltindikatoren auch imLand Brandenburg mit dem Ziel einer integriertenUmweltberichterstattung zusammengetragen.

Ein weiterer Indikatorensatz zur umweltseitigen Be-gleitung der EU-Strukturfondsförderung soll im Rah-men der laufenden Arbeiten zu den Umweltindikato-ren durch die LUA-Arbeitsgruppe einen hohen Stel-lenwert erhalten, da hier einerseits umfassendeBerichtspflichten gegenüber der EU bestehen undandererseits dieser Indikatorensatz bereits zwischenden Umweltverwaltungen der deutschen Ziel-1-Ge-biete (Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpom-mern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen) abge-stimmt ist.

a) Grundprogramm Luft für alle Kernflächen

Gase Staubniederschlag Schwebstaub

Sauerstoff

Kohlenstoff (CO)

Stickstoff NOx NO3-, NH4

+

Phosphor

Schwefel SO2, (H2S) SO42-

Silicium

Halogene Cl-, F-

Alkalimetalle Na+, Ca2+,

Metalle/Schwermetalle (Fe), (Mn), (Al), As, Cd, (Fe), (Mn), (Al), As, Cd, (Cu), Ni, Pb, (Zn) (Cu), Ni, Pb, (Zn)

Oxidantien Ozon

Organische Stoffe VOC PAK

Radionuclide

Medienübergreifende Parameterübersicht zur Stoffbilanzierung

Literatur Seite 203

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108 QUERSCHNITTSAUFGABEN

und ehemaligen Rieselfeldern abgedeckt. Die IÖDB-Flächen sollten da eingerichtet werden, wo schonmöglichst mehrere Messnetzeinrichtungen vorhan-den waren. Diese brauchten aber nicht lokal konzen-triert zu sein, sondern konnten sich in einem weiterenRadius befinden, wenn die erhobenen Daten auch fürdie ausgewählte Fläche repräsentativ waren. Die Ent-fernungen können sehr unterschiedlich sein: Immis-sionsmessungen eines Telub-Messcontainers spie-geln die Situation eines viele Quadratkilometer gro-ßen Gebiets wider, während sich der Bodenzustandoder die Vegetation sehr kleinräumig unterscheidenkönnen. Ein weiteres Kriterium für die Flächenaus-wahl war der möglichst problemlose Ausbau zum voll-ständigen Parametersatz sowie leichte Zugänglich-keit und dauerhafte Verfügbarkeit. Die Einrichtungund Inbetriebnahme der Dauerbeobachtungsflächenerfolgt sukzessive.

b) Grundprogramm Boden für alle Kernflächen

Mobile Fraktion Gesamtgehalt

Sauerstoff

Kohlenstoff DOC Corg

Stickstoff Nmin, NO3-, NH4

+ Nges

Phosphor P Pges

Schwefel Smobil Sges

Silicium

Halogene Cl, F

Alkalimetalle Ca2+, Mg2+ Na, K, Ca, Mg

Metalle/Schwermetalle Fe2+/3+, Al, As, Cd, Cu, Pb, Zn, Fe, Mn, Al, As, Cd, Cu, Pb, Zn, Hg(B, Mo, Se, Hg, Tl)

Oxidantien

Organische Stoffe PAK, AOX

Radionuclide bei Verdacht

c) Grundprogramm Wasser für alle Kernflächen*

Niederschlag Bodensickerwasser Grundwasser

Sauerstoffgehalt ja ja

Kohlenstoff TOC, HCO3- TOC, HCO3- TOC, HCO3-

Stickstoff NO3-, NO2

-, NH4+ NO3

-, NO2-, NH4

+ NO3-, NO2

-, NH4+

Phosphor Pges, o-PO43- Pges, o-PO4

3- Pges, o-PO43-

Schwefel SO42- SO4

2- SO42-

Halogene Cl-, F- Cl-, F- Cl-, F-

Silicium SiO4 SiO4 SiO2-Si

Alkalimetalle Na+, K+, Ca2+, Mg2+ Na+, K+, Ca2+, Mg2+ Na+, K+, Ca2+, Mg2+

Metalle/Schwermetalle Fe2+/3+, Cd, Cu, Fe2+/3+, Al, As, Cd, Fe2+/3+, Al, As, Cd,Pb, Zn Pb, Zn, (B, Mo, Se, Hg, Tl) Cu, Pb, Zn, (B, Hg)

Oxidantien

Organische Stoffe PAK, AOX PAK, AOX PAK, AOX

Radionuclide bei Verdacht bei Verdacht bei Verdacht

* Oberflächenwasser wird aus Kapazitätsgründen noch nicht berücksichtigt

Lage der Kernflächen der Integrieren-den Ökologischen Dauerbeobachtungin Brandenburg

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109UMWELTDATEN BRANDENBURG 2002

4.2.2.2 Stand der Umsetzung des Konzepts

Von den zwölf geplanten sind derzeit acht Flächenganz oder zumindest größtenteils eingerichtet, so inPaulinenaue, Zützen, Vierraden, Hasenholz, Schön-hagen, Neuglobsow, Kienhorst und Weitzgrund.

1.) PaulinenauePaulinenaue ist ein Grünlandstandort auf flachgründigemNiedermoor im havelländischen Luch. Die sandunterlagerteTorfschicht ist zwischen 55 und 80 cm, stellenweise bis120 cm dick. Als Beobachtungsschwerpunkte sind nebender allgemeinen Entwicklung dieses Ökosystems die Aus-wirkungen von Veränderungen des Wasserhaushalts undvon Wasserdefiziten sowie der Moordegradierung zu nen-

Paulinenaue Zützen Vierraden Hasenholz

Standortcharakteristik + + + -

Emittentenaufnahme (+) (+) (+) (+)

Nutzungsaufnahme + + + -

Immissionsmessung + + + +

Staubniederschlag + + + -

Deposition + + + +

Meteorologie + (ZALF, Premn.) + (Schwedt) + (Schwedt) +

Bodenmerkmale + + + -

Bodenprozesse - 0 - -

Grundwasser + - (+) -

Radioaktivität + + (+) -

Vegetationsaufnahme (+) (+) (+) -

Walddauerbeobachtung 0 0 0 0

Moosmonitoring - - - -

Faunauntersuchung (+) (+) (+) -

Schönhagen Neuglobsow Kienhorst Weitzgrund

Standortcharakteristik + + + +

Emittentenaufnahme (+) (+) (+) (+)

Nutzungsaufnahme + + + +

Immissionsmessung + + + +

Staubniederschlag - + + +

Deposition + + + +

Meteorologie + + + +

Bodenmerkmale + 0 0 0

Bodenprozesse + + + +

Grundwasser + + + +

Radioaktivität (+) + + +

Vegetationsaufnahme (+) + + +

Walddauerbeobachtung 0 + + +

Moosmonitoring - + + +

Faunauntersuchung (+) (+) (+) (+)

+ vorhanden (+) bedingt vorhanden- nicht vorhanden 0 nicht erforderlich

Bestandserfassung der Messnetzeinrichtungen und Untersuchungen

nen. Auch die Eutrophierung der Landschaft und der Ein-trag und Verbleib von Schadstoffen aus der Atmosphäre sollnachvollzogen werden. Einen erheblichen Einfluss auf öko-systemare Prozesse haben auch nutzungsbedingte Struk-turveränderungen. Die Flächen in Paulinenaue wurden langeZeit intensiv landwirtschaftlich genutzt, nach der Wendewurde extensiviert. Das ZALF (Zentrum für Agrarland-schafts- und Landnutzungsforschung) betreibt seit mehre-ren Jahren Forschungen zur Auswirkung extensiver Wei-dewirtschaft auf das Niedermoor. Dies beinhaltet langfris-tige Vegetationsuntersuchungen auf Dauerquadraten sowieArtenaufnahmen auf den Weideflächen. Außerdem befindetrologische Messstation. Depositionssammler und eineSchwebstaubmessstelle wurden vor Ort installiert, ein Im-missionsmesscontainer steht in Nauen. Pegel zur Erfas-sung der oberflächennahen Grundwasserstände auf den

Literatur Seite 203

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110 QUERSCHNITTSAUFGABEN

Versuchsflächen wurden vom ZALF eingebaut. Außerdemexistieren zwei Grundwasserbeschaffenheitsmessstellen(Ober- und Unterpegel). Es fehlt noch eine Bodensicker-wassermessstelle. Das LUA wird eine tiefenabgestufteBrunnenanlage zur Beschaffenheitsmessung von Grund-und Bodensickerwasser im Jahr 2002 einbauen lassen.

Im Herbst 1999 und im Frühjahr 2000 wurden Laufkäfer-und Spinnenuntersuchungen auf der Kernfläche durchge-führt. Im selben Zeitraum wurde auch die Lumbricidenfaunauntersucht. In einem größeren Gebiet um die Kernflächeherum wurde 1998 ein ca. 11 km langer Transekt für die Wie-senbrütererfassung festgelegt. Die Brutvogelaufnahmenerfolgten jeweils im Frühjahr 1999 und 2000.

2.) ZützenDie IÖDB-Fläche Zützen ist ein Grünlandstandort in einerFlussaue. Sie liegt in einem Überflutungspolder im National-park Unteres Odertal. Die Flutungen erfolgen bei Bedarf undentsprechen daher nicht unbedingt der natürlichen Auendy-namik eines Flusses. Der Untergrund besteht hauptsäch-lich aus tonigen Flussschlickböden (Auengley). Besondersgroßen Einfluss auf dieses Ökosystem haben die regelmä-ßigen Überschwemmungen und die damit einher gehendenAblagerungen von Nähr- und Schadstoffen aus der Oder.Der Schutzstatus schafft besondere Bedingungen für die land-wirtschaftliche Nutzung. Einen gewissen Einfluss haben auchEmissionen aus der in der Nähe gelegenen PCK Schwedt.Neben einer Bodendauerbeobachtungsfläche befinden sichhier eine Depositionsmessstelle (einschließlich Staubnieder-schlag). Eine Immissionsmessstation steht in Schwedt. Me-teorologische Daten werden ebenfalls erhoben. Grundwas-ser- und Bodensickerwasseruntersuchungen sind im Polderaufgrund der durch regelmäßige Überflutungen geprägtenbesonderen hydrologischen Verhältnisse nicht sinnvoll. Inden Jahren 1999 und 2000 wurden Untersuchungen der Re-genwurmfauna auf der Kernfläche durchgeführt.

3.) VierradenDiese Kernfläche liegt auf einem Acker in unmittelbarer Nähedes Industriestandortes Schwedt (PCK) im Rückland derMecklenburgischen Seenplatte. Die Immissionsbelastung durchdie Industrieanlage ist sicher neben der landwirtschaftlichenNutzung der größte Einflussfaktor. Der Bodentyp ist einegrundwasserbeeinflusste, sandige Braunerde. Die schonvorhandene Bodendauerbeobachtungsfläche und Depositi-ons- und Staubniederschlagserfassung waren ausschlagge-bend für die Auswahl dieser Fläche. Immissionsdaten werdenin Schwedt erhoben. Grundwasserstandspegel befinden sichim näheren Umkreis. Untersuchungen zum Regenwurmvor-kommen auf dem Acker wurden 1999 und 2000 durchgeführt.

4.) HasenholzAuch dieser IÖDB-Standort ist eine Ackerfläche, die in derMärkischen Schweiz liegt und von Immissionen aus demGroßraum Berlin beeinflusst wird. Das ZALF betreibt hierWasserhaushaltsuntersuchungen. Die Einrichtung einerBodendauerbeobachtungsfläche ist für 2002 geplant, ein Im-missionsmesscontainer wurde am Rand der Fläche aufge-stellt. Deposition und meteorologische Daten werden eben-falls erfasst. Da es sich hier um einen grundwasserfernenStandort handelt, wäre der Bau einer Grundwasserbe-schaffenheitsmessstelle mit zu hohen Kosten verbunden.

5.) SchönhagenDiese konventionell bewirtschaftete Ackerfläche liegt ineinem Reinluftgebiet im Nordwesten Brandenburgs und ist,außer durch die Landwirtschaft, allenfalls durch die allge-meine Hintergrundbelastung beeinflusst. Hier lassen sichalso ohne nennenswerte anderweitige Einwirkungen die

Entwicklungen und der Stoffhaushalt im Agrarökosystemuntersuchen. Als Bodentyp herrscht hier Parabraunerdevor. Eine Bodendauerbeobachtungsfläche war vorhanden,ebenso Einrichtungen des Grundwassermessnetzes. EineStaubniederschlagsmessstelle befindet sich im nahe gele-genen Schrepkow. Immissionmessstationen des Umwelt-bundesamtes liegen in der weiteren Umgebung in Witten-berge, Neuruppin und Neuglobsow. Im Jahr 2001 beganndas ZALF mit Unterstützung des LUA ein Forschungsvor-haben zur Abschätzung der Sickerwassermengen und zurStoffauswaschung aus der Wurzelzone. Es wurde eine An-lage für bodenhydrologische Messungen eingebaut.

6.) Neuglobsow (Beerenbusch)Diese Fläche ist eine der sechs Brandenburger Walddau-erbeobachtungsflächen, die 1994 im Rahmen des europäi-schen Level-II-Programms eingerichtet wurden. Hier wer-den intensive Untersuchungen zur Ernährungs- und Belas-tungssituation der Bäume sowie zum Wasserhaushalt undzu Stoffflüssen im Ökosystem durchgeführt. Das Level-II-Programm beeinhaltet darüber hinaus Immissions- und De-positionsmessungen und langfristige Untersuchungen derVegetation des Waldbodens. In der Nähe befindet sich dieImmissionsmessstelle Neuglobsow, die zum Luftgütemess-netz des Umweltbundesamtes gehört.Die Fläche Beerenbusch liegt im nordbrandenburgischenWald- und Seengebiet und ist ein natürlicher Buchenstand-ort, aber wie das gesamte Waldgebiet mit Kiefern bestockt.Auf der eingezäunten, vor Wildverbiss geschützten Flächeist ein verstärkter Aufwuchs von Jungbuchen zu beobach-ten. In diesem Jahr wurden hier wie auch auf den beidenanderen Walddauerbeobachtungsflächen faunistisch-öko-logische Untersuchungen zu epigäischen Arthropoden(Spinnen und Laufkäfern) und zu den Enchytraeenzönosenim Waldboden durchgeführt.

7.) KienhorstDiese mit Kiefern bestockte Level-II-Fläche befindet sich imBiosphärenreservat Schorfheide-Chorin. Die Ausstattungund das ökologische Untersuchungsspektrum einschließ-lich der Arthropoden- und Enchytraeenerhebungen ent-spricht der Fläche Beerenbusch. Neben der atmosphäri-schen Belastung ist hier wie auf den anderen Walddauer-beobachtungsflächen die zunehmende Versauerung einUntersuchungsschwerpunkt. Die natürliche Vegetationwürde hier überwiegend aus kontinental geprägten Eichen-mischwäldern bestehen; der Laubbaumjungwuchs ist abernur spärlich vorhanden.

8.) WeitzgrundAuch diese Level-II-Fläche liegt in einem großen Kiefern-forstgebiet im Fläming. In der Krautschicht sind vereinzelteEichen als Jungaufwuchs vorhanden. Immissionsdatenwerden im näheren Umkreis erfasst. Die Belastungssitua-

IÖDB-Fläche Hasenholz

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111UMWELTDATEN BRANDENBURG 2002

Die Stickoxidwerte der Region werden am Immissi-onsmesscontainer in Nauen erhoben. Die Monats-mittelwerte der letzten zwei Jahre für NO2 lagen zwi-schen 10 und 32 µg/m3 (NOx 2001: 24 µg/m3). Da essich hier um eine verkehrsbeeinflusste Messstellehandelt, waren die Konzentrationen am verkehrsfer-nen Standort Paulinenaue mit Sicherheit noch nied-riger und lagen deutlich unter dem Grenzwert zumSchutz der Vegetation von 30 µg NOx/m3 als Jahres-mittelwert.

tion entspricht wie bei den beiden anderen Waldstandortender allgemeinen geringen Hintergrundbelastung. Auch hierwerden die ökosystemaren Untersuchungen gemäß demLevel-II-Programm durchgeführt. Die Erfassung der Spin-nen- und Laufkäferfauna sowie der Enchytraeenzönosenwurde in diesem Jahr ebenfalls durchgeführt.

Das europaweite Level II-Programm ist ein gegenü-ber der Waldzustandskontrolle (Level I) intensiviertesMonitoring im Rahmen der forstlichen Umweltkon-trolle. Gemessen werden Deposition, Bodenfeuchte,Wasserhaushaltsbilanz und Streufall. Ferner werdenSicker- und Grundwasser auf Inhaltsstoffe analysiert,eine biochemische Vitalitätsdiagnose durchgeführt,Schaderreger, Zuwachs, Kronenzustand, Bodenve-getation und Meteorologie erfasst sowie eine Stoffbi-lanz aufgestellt. Diese Daten sollen Aufschluss gebenüber Prozesse und Entwicklungen in Waldökosyste-men, wobei der Einfluss von Luftverunreinigungen ei-nen Beobachtungsschwerpunkt darstellt. In Bran-denburg existieren insgesamt sechs Level II-Flächenin Kiefernforsten, die von der LandesforstanstaltEberswalde (LFE) eingerichtet und betreut werden.Die Ergebnisse aus 10 Jahren forstlicher Umwelt-kontrolle in Brandenburg wurden von der LFE in ei-nem umfangreichen Bericht veröffentlicht.

4.2.2.3 Erste Ergebnisse der IÖDB in Paulinenaue

Paulinenaue ist die IÖDB-Fläche, die bisher am läng-sten und am intensivsten untersucht wurde und fürdie die meisten Daten vorliegen. Deshalb soll hier amBeispiel dieser Fläche eine medienübergreifendeDarstellung der Ergebnisse aus den sektoralen Mes-sungen versucht werden.

4.2.2.3.1 Abiotische Parameter

• Parameter Luft

Die Immissions- und Depositionsmengen entspre-chen den Hintergrundwerten für unbelastete oderhöchstens schwach belasteten Gebiete.

IÖDB-Fläche Weitzgrund

a) Inhaltsstoffe des Schwebstaubes

(Mittelwerte in ng/m3)

1999 2000 2001

Schwebstaub (µg/m3) 31 26 25

Arsen 2,2 2,1 1,3

Blei 18 20 12

Cadmium 0,3 0,4 0,3

Chrom 2,2 2,1 0,9

Eisen 423 265 –

Kupfer 12 76 –

Mangan 14 8 –

Nickel 2,9 2,3 1,4

Titan 19 – –

Vanadium 1,3 1,5 1,7

Zink 38 108 –

Projektgruppe Ökologische Grundsatz-und Querschnittsangelegenheiten

Diese PG ÖGQ ist ein medienübergreifender Fach-beirat, der Umweltschutzfragen aus einer komple-xen, ökologischen Sichtweise betrachtet. Das Zielist die laufende Verbesserung der ökologischenQuerschnittsarbeit im Landesumweltamt und mitder Landesanstalt für Großschutzgebiete.

Projekte:– Integrierende Ökologische Dauerbeobachtung(IÖDB)– Rieselfeldmanagement– Landschaftswasserhaushalt (LWH)– Tourismus und Umweltschutz– Kranichschlafplatz Nauen

Literatur Seite 203

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112 QUERSCHNITTSAUFGABEN

• Parameter BodenSchwermetallgehalte, pH-Wert und Humusgehaltder BDF

Alle Werte beziehen sich nur auf die oberste Boden-schicht bis maximal 25 cm Tiefe und liegen im Bereichder normalen Gehalte der oberen Erdkruste. DieQuecksilberwerte sind nicht mit aufgeführt, da sie imBereich der Nachweisgrenze, zumindest aber unter 1mg/kg lagen.

• Parameter Grundwasser

Die Grundwasserbeschaffenheitswerte des Ober-und Unterpegels liegen für mehrere Jahre vor, wobeiaber nicht alle Parameter durchgehend gemessenwurden. Im Zeitraum von 1995 bis 2000 konntenkeine anthropogenen Belastungen des oberflächen-nahen Grundwassers festgestellt werden. DieSchwermetallgehalte lagen größtenteils unter der Be-stimmungsgrenze, ebenso wie die organischen Spu-renstoffe (LHKW, Aromaten, PAK, PCB). Jedochweist das Grundwasser infolge geogener Versalzungsehr hohe Leitfähigkeitswerte sowie Natrium- undChloridkonzentrationen auf.

Alle Werte geben die Schwankungsbreite der zwei-mal jährlich gemessenen Parameter wieder. Eindeu-tige Tendenzen aufwärts oder abwärts wurden nichtfestgestellt.

4.2.2.2.2 Parameter Biota

a) Regenwürmer als Bioindikatoren

Als Bioindikatoren bezeichnet man Pflanzen undTiere, die auf Veränderungen oder besondere Belas-tungen ihrer Umwelt eindeutig reagieren. Die Reak-tion kann sich auf verschiedenen Weise äußern: Mitder Akkumulation von Schadstoffen, Verhaltensän-derungen, Verschiebungen im Artenspektrum oderdem Verschwinden einzelner Arten oder ganzer Bio-zönosen.

Die Blei- und Cadmiumgehalte der Regenwürmerweisen zwar eine Spannbreite bis zum Achtfachenzwischen den Konzentrationen an den verschiede-nen Standorten auf, liegen aber insgesamt auf sehr

b) Staubniederschlag 1999

(Gesamtstaub und Inhaltsstoffe pro m3 und Tag)

Gesamtstaub 67,0 mg

Arsen 0,3 µg

Blei 7,0 µg

Cadmium 0,1 µg

Chrom 2,2 µg

Mangan 22,0 µg

Nickel 1,6 µg

Zink 66,0 µg

a) Grundparameter (Oberpegel, Auswahl)

PH-Wert 7,18 – 7,58

Leitfähigkeit 2.310 – 5.030 µS/cm

Säurekapazität 6,0 – 7,3 mmol/l

Natrium 430 – 762 mg/l

Kalium 6,48 – 12 mg/l

Calcium 57,9 – 132 mg/l

Magnesium 13,1 – 34 mg/l

Chlorid 676 – 1.383 mg/l

Fluorid <0,05 – 0,34 mg/l

HCO3 365,9 – 445,1 mg/l

SO4 21 – 121 mg/l

o-PO4-P 0,02 – 0,19 mg/l

NO3-N <0,01 – 0,14 mg/l

NO2-N <0,01 – 0,03 mg/l

NH4-N 1,31 – 2,16 mg/l

Härte (Ca + Mg) 1,98 – 4,48 mmol/l

AOX <5,0 – 71 µg/l

TOC 8,2 – 18,0 mg/l

b) Metalle

(Oberpegel, Standard- und Sonderprogramm)

Gesamt-Eisen 2,43 – 6,7 mg/l

Mangan 0,18 – 0,39 mg/l

Aluminium 5,5 – 11µg/l

Arsen 0,7 – 1,1 µg/l

Blei 0,24 – 1,4 µg/l

Bor 0,2 – 0,4 mg/l

Chrom 0,27 – 0,39 µg/l

Zink 1,3 – 5,9 µg/l

Andere Metalle kein Nachweis

Cadmium 0,5 mg/kg

Chrom 16 mg/kg

Blei 27 mg/kg

Nickel 9 mg/kg

Kupfer 8 mg/kg

Zink 32 mg/kg

pH-Wert 6,0

Humusgehalt 60 %

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113UMWELTDATEN BRANDENBURG 2002

In den Jahren 1999 und 2000 wurden diese Erhe-bungen wiederholt. Die Probenahme erfolgte zwei-mal im Jahr jeweils im Herbst und im Frühjahr.

Die größeren Spannbreiten bei der Erhebung 2000resultieren daher, dass in diesem Jahr die Probe-nahme an drei verschiedenen Stellen erfolgte, die ei-nen Feuchtigkeitsgradient aufwiesen. Sowohl dieAbundanz als auch die Biomasse waren am trocke-nen Standort am niedrigsten, gefolgt vom feuchtenStandort und an der Probenahmestelle mit mittlererFeuchtigkeit am höchsten. Im Herbst 1999 warennach einer sehr langen Trockenperiode nur zwischen15 und 25 Tiere pro m3 gefunden worden. Der großeUnterschied zum darauffolgenden Jahr mit wesent-lich mehr Niederschlägen sowohl im Winter als auchim Spätsommer und Herbst macht die spontane Re-aktion der Regenwurmzönosen auf veränderteFeuchtebedingungen deutlich. Die Dominanz sowohlgrünlandtypischer Arten wie Lumbricus rubellus alsauch ackertypischer Arten wie Aporrectodea caligi-nosa in beiden Erhebungsjahren spiegelt die unter-schiedliche Nutzung der Fläche Paulinenaue wider,die bis vor etwa 10 Jahren von Ackerbau geprägt war.

b) Spinnen und Laufkäfer als Bioindikatoren

Die auf der Bodenoberfläche lebenden und jagendenLaufkäfer und Spinnen stellen bestimmte Ansprüchean ihren Lebensraum hinsichtlich Nahrungsangebot,Vegetationsstruktur und Feuchtigkeit. Entsprechenddiesen Ansprüchen an Feuchtigkeit und Vegetationkann man viele Arten ökologischen Typen zuordnen.Man unterscheidet den eurytopen Typ (eu), der keinefeste Habitatbindung hat und fast überall zurecht-kommt, hygrophile, d.h. feuchteliebende Arten, dieentweder auf Freiflächen (h) oder in feuchten Wäl-dern (hw) leben und xerpohile Tiere, die überwiegendim trockenen offenen Gelände (x) oder in trockenenWäldern (xw) vorkommen. Darüber hinaus habenmanche Spinnen- und Laufkäferarten ihr Schwer-punktvorkommen in bestimmten Pflanzenformatio-nen. Findet man beispielsweise eine Art fast aus-schließlich auf Nasswiesen oder in Röhrichten, so giltsie als stenotop und ist als Indikator für die Qualitätdieses Habitattyps geeignet. Für das Ökosystem Nie-dermoor als solches gibt es unter den epigäischenArthropoden keine speziellen Bioindikatoren. Aller-dings kann man davon ausgehen, dass ein gehäuf-tes Vorkommen hygrophiler, stenotoper Arten derNasswiesen, Moore oder auch der Röhrichte undeutrophen Verlandungsgesellschaften ein Indiz fürrelativ intakte Niedermoorbiotope ist.

niedrigem Niveau, so dass man nicht von einer Belas-tung sprechen kann. Auffallend ist auch, dass amfeuchten Standort die Werte höher liegen als an denbeiden trockeneren Probenahmestellen. Die relativgroßen Schwankungen zwischen den beiden Jahrenresultieren wahrscheinlich aus den sehr unterschied-lichen Witterungsverhältnissen.

Die bodenbewohnenden Regenwürmer nehmen eineSchlüsselstellung im Ökosystem ein. Sie tragen ent-scheidend zum Abbau organischer Substanz und zurNeubildung und Verbesserung des Bodens bei. Dasie beim Graben ständig Bodenmaterial aufnehmen,reichern sie vorhandene Schadstoffe wie Schwerme-talle oder Pestizide in ihrem Körper an. Außerdemreagieren sie recht empfindlich auf Veränderungen ih-res Habitats, wie z.B. Änderungen der Bodennutzung,der Feuchtigkeit, der Vegetation und des pH-Werts.Man unterscheidet drei Gruppen entsprechend ihrerLebensweise: Die epigäischen Arten halten sich nahan der Oberfläche auf und suchen dort auch ihre Nah-rung, die endogäischen leben und fressen in mittle-ren Bodenschichten und die anektischen graben sehrtief, holen sich die Nahrung aber an der Oberfläche undziehen sie in tiefe Bodenschichten hinunter. Dadurchsorgen sie für eine gute Durchmischung des Bodensmit organischem Material. Zu den letztgenanntengehört auch die wohl bekannteste Regenwurmart Lum-bricus terrestris. Die Anzahl und die Artenzusammen-setzung der Regenwürmer sind also je nach Boden-charakteristik unterschiedlich und lassen Rückschlüsseauf den Zustand und die Qualität des Standorts zu.

Im Zuge der Einrichtung der Bodendauerbeobach-tungsflächen 1994/95 wurde auf dem IÖDB-StandortPaulinenaue auch die Lumbricidenfauna untersucht.

Standort Blei Cadmium

1999 2000 1999 2000

trocken 1,34 1,6 1,60 1,0

feucht 2,13 2,1 4,86 0,6

mittel (BDF) 1,02 1,9 1,05 1,2

Blei- und Cadmiumgehalte in Regenwürmernin mg/kg Trockensubstanz

1995 2000

Abundanz (Individuen/m2) 77 – 100 12 – 80

Biomasse (g/m2) 16 – 36 6 – 59

Artenzahl 5 – 6 1 – 9

Lumbricidenfauna in Paulinenaue

Blei Cadmium

in mg/kg TS in mg/kg TS

< 5 Keine Belastung < 5

5 – 10 Geringe Belastung 5 – 10

10 – 50 Mittlere Belastung 10 – 15

50 – 100 Hohe Belastung 15 – 50

> 100 Sehr hohe Belastung > 50

Bewertung von Blei- und Cadmiumgehaltenin Regenwürmern

Literatur Seite 203

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114 QUERSCHNITTSAUFGABEN

Im Herbst 1999 und im Frühjahr 2000 wurden dieSpinnen- und Laufkäferuntersuchungen auf derIÖDB-Fläche an drei unterschiedlich feuchten Stellendurchgeführt. Die folgenden Abbildungen oben zei-gen die Verteilung der Spinnen und Laufkäfer auf dieökologischen Typen.

Die Ergebnisse zeigen, dass die hygrophilen Laufkä-fer an allen Standorten am zahlreichsten vertretensind. Dennoch sind die Anteile der verschiedenenökologischen Typen je nach Feuchtigkeitsstufe un-terschiedlich. Während am Trockenstandort wenigerhygrophile als am feuchten und nassen Standort zufinden waren, kehrt sich das Zahlenverhältnis bei denxerophilen Arten um. Dieses Bild findet sich auch beiden Spinnen wieder, wenn auch weniger ausgeprägt,da hier die eurytopen Arten den größten Anteil stel-len.

Unter den vorgefundenen Spinnen waren einige cha-rakteristische Nasswiesenarten: Allomengea scopi-gera, Allomengea vidua, Arctosa leopardus, Tiso va-gans sowie der Laufkäfer Pterostichus vernalis, dieallerdings nicht stenotop sind. Insgesamt weist dasArtenspektrum überwiegend Vertreter einer typi-schen Ackerfauna auf.

c) Wiesenbrüter

Vögel werden aufgrund der oft sehr engen Bindungan ihre Habitate als Bioindikatoren eingesetzt. DasVorkommen bzw. das Fehlen bestimmter Arten sindaussagekräftige Indizien für die Qualität und die Na-turnähe ihres Lebensraums. Für das Ökosystem Nie-dermoor kommen hauptsächlich wiesenbrütende Vo-gelarten in Frage, die auf offenes, relativ feuchtes bisstark vernässtes Grasland angewiesen sind. Mankennt zwar die Avifauna des Havelländischen Luchsvor Beginn der großflächigen Trockenlegungen nichtgenau, doch lässt sich das natürliche Artenspektrummit Hilfe historischer ornithologischer Quellen und

aufgrund regelmäßiger Beobachtungen in den letztenJahrzehnten recht gut rekonstruieren. Basierend aufdiesem Hintergrundwissen wurde folgende Liste wie-senbrütender Indikatorarten für Niedermoore erstellt:

– Knäkente (Anas querquedula) – Kornweihe (Cygnus cyaneus) – Wiesenweihe (Cygnus pygargus)– Wachtelkönig (Crex crex)– Bekassine (Gallinago gallinago)– Großer Brachvogel (Numenius arquata)– Uferschnepfe (Limosa limosa)– Rotschenkel (Tringa totanus)– Kampfläufer (Philomachus pugnax)– Sumpfohreule (Asio flammeus)– Schafstelze (Motacilla flava)– Wiesenpieper (Anthus pratensis)– Braunkehlchen (Saxicola rubetra)– Rohrammer (Emberiza schoeniclus)

Da Vögel einen viel größeren Raumanspruch als Re-genwürmer oder Laufkäfer haben, wurde das Unter-suchungsgebiet um einen ca. 11 km langen Transektüber die eigentliche Kernfläche hinaus ausgedehnt.Hier wurden in zwei aufeinander folgenden Jahren je-weils sieben der 14 Indikatorarten beobachtet, imFrühjahr 1999 Braunkehlchen, Rohrammer, Schaf-stelze, Wiesenpieper, Bekassine, Großer Brachvogelund Kampfläufer, im Frühjahr 2000 Bekassine, Ufer-schnepfe, Großer Brachvogel, Wiesenpieper, Schaf-stelze, Braunkehlchen und Rohrammer. WeitereBrutvogelarten waren meist Singvögel, die in den Bü-schen und Bäumen an den Weg- und Grabenrändernnisten. Außerdem wurden noch Durchzügler und Win-tergäste, z.B. Kiebitze und Goldregenpfeifer, beob-achtet. Dies unterstreicht die Bedeutung der Flächenals Rastgebiet zahlreicher gefährdeter Vogelarten.

Das Niedermoorgebiet um Paulinenaue ist noch voneinigen typischen an feuchtes Grünland gebundenenWiesenbrütern besiedelt, doch ist ebenso das Fehlen

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115UMWELTDATEN BRANDENBURG 2002

denburg" erschienen, die diese Lücke schließt. Eswerden hier retrospektiv die Befundsituation beiderMessnetze dargestellt. Auf diesem Wege wird die dras-tische Veränderung der Umweltsituation nach 1989 inzeitlich und sachlich zusammenhängender Weisedokumentiert.

Das Niederschlagsdepositions-Messnetz des Lan-des Brandenburg besteht aus den Freiland-Mess-stellen des Landesumweltamtes sowie den Mess-stellen der forstlichen Umweltkontrolle, die im Rahmendes sog. "Level II"-Messnetzes in einem europaweitharmonisierten Programm betreiben werden. Es wur-den in den letzten Jahren Messreihen an 12 Orten ge-wonnen. Die Art der Messungen variiert dabei deut-lich hinsichtlich der Ausstattung der Messflächen (z.B.Bulk- und Wet-only-Erfassung, Bestand- und Frei-landmessung) als auch bezüglich des Umfanges derim Niederschlag erfassten Hauptkomponenten, Spu-renelemente und Organica. In der Studie werden diefür den Zeitraum 1991 bis 1999 verfügbaren Befundezusammengefasst und bewertet, wobei die Auswer-tungen vielfach mit Bezug auf die fünf Planungsre-gionen des Landes aggregiert wurden. Die wichtigs-ten Ergebnisse werden nachfolgend dargestellt.

Anhand der längsten, im Land Brandenburg verfüg-baren Messreihe (Messstelle Lauchhammer seit1983) wird die Entwicklung der Gesamtmineralisationder Niederschläge, des Säure-Base-Zustandes so-wie der Konzentration der maßgeblich emissionsbe-dingten Schadstoffe Sulfat, Nitrat und Ammoniumexemplarisch dargestellt.

Die Konzentration des Sulfates zeigt insbesonderebis Mitte der 90er Jahre eine deutlich sinkende Ten-denz. Dabei wurde eine hohe Korrelation zwischender regionalen SO2-Immission und der SO4-Konzen-tration in der Niederschlagsdeposition von Lauch-hammer nachgewiesen. Ferner besteht ein enger Zu-sammenhang mit den Calciumgehalten im Nieder-schlag.

Die Schwefelfrachten waren spätestens ab 1995 anden meisten Messstellen deutlich gesunken und hat-ten sich 1999 auch räumlich weitgehend nivelliert.Während 1994 im Mittel aller Messstellen die SO4-S-Jahresfracht bei Wet-only-Messungen mit 7 kg/haund bei Bulk-Messungen mit 12 kg/ha festgestelltwurde, lagen 1999 diese Werte bei 3,5 kg/ha bzw. 4,8kg/ha. Noch Anfang der 90er Jahre wurde eine deut-liche Zunahme der Schwefeldeposition von Nordnach Süd beobachtet.

Während sich der Median des pH-Wertes von 1983bis 1991 dank hoher Staubimmissionen noch zwi-schen 5,4 und 6,5 bewegte, lag er von 1991 bis 1996immerhin im Bereich bei 4,5 bis 5,1. Das bedeutet,

vieler ursprünglich hier vorkommender Arten zu ver-zeichnen. Der Bruterfolg ist außerdem oft durch früheMahdtermine gefährdet. Zur Wiederherstellung einesintakten Niedermoorökosystems wären Maßnahmenwie Verbot einer zu frühzeitigen Mahd sowie ganz-jährige Anhebung des Grundwasserstandes und Sta-bilisierung des Landschaftswasserhaushalts insge-samt unbedingt erforderlich.

4.2.2.2.3 Vegetation

Die Vegetation besteht aus Dauergrünland, das 1987zum letzten Mal umgebrochen und mit Rohrschwin-gel (Festuca arundinacea) angesät wurde. Seit 1991untersucht das ZALF die Auswirkung extensiver Be-weidung mit Rindern (Robustrassen) auf die Nieder-moorentwicklung. Nach vier Jahren wurde eine flä-chendeckende Vegetationskartierung durchgeführtund eine erste Bilanz gezogen. Es hatte sich ein rechtheterogenes Mosaik aus etwa zehn verschiedenenVegetationseinheiten mit insgesamt ca. 150 Arten ge-bildet. Die Heterogenität ist auf das Oberflächenreliefmit feuchten Senken, trockenen Kuppen und anderenStandorten verschiedener Feuchtestufen zurückzu-führen, aber auch die Beweidung hat einen entschei-denden Einfluss auf die Artenzusammensetzung.Stellenweise haben sich auch stickstoffliebendePflanzen wie Brennessel und Ackerkratzdistel starkausgebreitet, andere Teile werden immer noch vonFestuca arundinacea und Agropyron repens domi-niert. In den feuchten Senken herrscht Flutrasen (vorallem Alopecurus geniculatus und Agrostis stoloni-fera) vor, auf den trockeneren Kuppen eine Nacht-nelken-Queckenflur mit Poa pratensis, Bromus mol-lis, Linaria vulgaris und Silene alba als charakteristi-schen Arten. Besonders trittempfindlich sind sehrnasse und sehr trockene Regionen. In den von denRinderhufen getretenen Vegetationslücken sind Pflan-zenarten mit kurzer Keim- und Entwicklungsdauer imVorteil.

4.2.3 Niederschlagsdepositionenim Land Brandenburg

Im Land Brandenburg wurde im Verlaufe der letztenzehn Jahre systematisch der Eintrag von Fremdstof-fen aus der Atmosphäre erfasst und bewertet. Die Be-funde partikulärer Luftverunreinigungen (Staubnie-derschlag) wurden in regelmäßigem Abstand in denLuftqualitätsberichten des Landes Brandenburg ver-öffentlicht währenddessen die Ergebnisse der Nie-derschlagsuntersuchungen (nasse Deposition) bis-lang nicht zusammenhängend publiziert worden sind.Vor kurzem ist in der Schriftenreihe "Studien und Ta-gungsberichte" als Band 36 die Studie "Staubnieder-schlag und Niederschlagsdepositionen im Land Bran-

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116 QUERSCHNITTSAUFGABEN

dass die Niederschläge zwischenzeitlich erheblichsaurer geworden waren, da die Fortschritte bei deraufwändigen Rauchgasentschwefelung wenigerschnell griffen als dies bei der Sanierung der Ent-staubungsanlagen der Fall war. Allerdings warenauch der effektive Protonenüberschuss und somitdas Versauerungspotenzial der Niederschläge deut-lich zurückgegangen. Die Protonenfrachten lagenvon 1996 bis 1999 in der Bulk-Deposition des Frei-landes zwischen 0,25 und 0,35 kg/(ha · a) und über-stiegen somit systematisch die als "Critical Loads" be-zeichneten akzeptablen maximalen Langfrist-Ein-tragsraten für empfindliche Ökosysteme. ImLandesmaßstab wurde eine von Nord nach Süd zu-nehmende Belastung festgestellt.

Die Entwicklung der Nitrat- und der Ammoniumkon-zentrationen zeigte hingegen nur einen schwach sin-kenden Trend. Dabei blieb der mittlere NO3

-/NH4+ –

Quotient mit 2,5 im genannten Betrachtungszeitraumnahezu unverändert. Die festgestellten Stickstoff-frachten lagen vielfach über den Critical Loads.

Die Frachten des anorganischen Stickstoffs unterla-gen während des Untersuchungszeitraumes deutli-chen Schwankungen, da sie merklich der Entwick-lung der jährlichen Niederschlagshöhe folgten. ImMittel aller Messstellen wurde die N-Jahresfracht (ausNO3-N + NH4-N) 1996 mit etwa 8 kg/ha bei Wet-only-Probenahme und 12 kg/ha bei Bulk-Probenahme er-mittelt; 1999 lagen die Werte bei beiden Probenah-mearten bei je 7 kg/ha. Damit wurden die CriticalLoads für Kiefernwälder, Moore u. ä. sensible Öko-systeme in Brandenburg nahezu flächendeckendüberschritten. Insbesondere in den Wäldern, in de-nen die Einträge gegenüber den Freiland-Frachtennoch beträchtlich höher liegen, war eine erheblicheStickstoff-Überversorgung gegeben.

Exemplarisch wurden unter Zuhilfenahme meteoro-logischer Daten Untersuchungen zu den Herkunfts-räumen der Frachten von Hauptinhaltsstoffen an denMessstellen Lauchhammer und Kienhorst (Schorf-heide) in den Jahren 1998/99 vorgenommen. Siedeuten darauf hin, dass gegenwärtig die Sulfatfrachtin beachtenswerter Höhe auch aus polnischen undtschechischen Einträgen resultierte. Die Calcium-Fracht wurde dagegen vor allem aus Staubquellen imregionalen Umfeld gespeist, was wahrscheinlichauch für den Eintrag organisch gebundenen Kohlen-stoffs zutraf. Ein Vergleich der Herkunftsbereiche vonNitrat-Fracht und NO2-Immission zeigte hingegenkeine prägnante Übereinstimmung.

An sieben Messstellen wurden seit 1996 neben derüblichen Messung von Schwermetallen nach derBERGERHOFF-Methodik auch die löslichkeitsver-fügbaren Spurenelementanteile in der Niederschlags-

deposition analysiert. Die jährlichen Bulk-Frachten la-gen im Freiland bei Arsen in der Größenordnung von3 - 7 g/ha, bei Blei im Bereich 20 - 40 g/ha und beiCadmium bei 0,5 - 2,5 g/ha. Weiterhin wurden Chrom,Mangan, Nickel, Eisen, Molybdän, Selen und Kupferanalysiert.

An fünf Messstellen wurden seit 1997 organischeSpurenstoffe in der Niederschlagsdeposition unter-sucht. Hierbei wurde das Messprogramm iterativ ent-sprechend der Befundlage modifiziert. Die Probe-nahmemetodik konnte anhand der praktischen Er-fahrungen entscheidend verbessert werden, wasletztlich in der Entwicklung eines eigenen Sammel-gerätes mündete. Die im Messzeitraum für vieleStoffe sinkenden Konzentrationen führten zu gerin-geren Befundhäufigkeiten oberhalb der Nachweis-grenze, weswegen die Angabe von Stofffrachten inder Regel problematisch ist. Die rechnerisch ermit-telbaren Frachten zeigten nur in Ausnahmefällen einehohe Relevanz für das Grundwasser.

Ausblick

Die mittelfristige Entwicklung der Schadstoffeinträgeüber die Niederschlagsdeposition im Land Branden-burg wird nicht nur durch die Emissionsentwicklungin Brandenburg und in der Bundesrepublik, sondernauch durch die Entwicklung im europäischen Raumbestimmt. Unter Berücksichtigung der aus den EU-und UN-ECE-Verpflichtungen zu erwartenden Emis-sionsminderungen (insbesondere in osteuropäi-schen Ländern) lässt sich prognostizieren, dass sichbis 2010 die Schadstofffrachten generell weiter ver-ringern werden. Dabei werden jedoch die Stickstoff-und Schwermetallfrachten nur in relativ geringemUmfang zurückgehen und die versauernde Wirkungder Niederschläge wird geringfügig abnehmen.

Der erreichte Kenntnisstand zu den Inhaltsstoffen derNiederschlagsdeposition in Brandenburg ermöglichtzukünftig eine Reduzierung der Messprogramme,wobei auch für die Zukunft eine hinreichende Ver-laufskontrolle gewährleistet werden muss. Nebendem Aspekt der Dokumentation und fachwissen-schaftlichen Begleitung aktueller und zukünftiger Um-weltveränderungen gewinnen die erhobenen Dateneine zunehmende Bedeutung als Entscheidungs-grundlage; beispielsweise für die Ableitung von tole-rablen nutzungsbedingten Zusatzbelastungen inFFH-Gebieten oder im Kontext mit Programmen zueiner integrierten, ökosystembezogenen Umweltbe-obachtung.

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117UMWELTDATEN BRANDENBURG 2002

Die Spree von Leibsch bis Spreeau kann der GüteklasseII - mäßig verschmutzt - zugeordnet werden. Dies ent-spricht einer beta - mesosaproben Saprobiestufe. DieEinzelwerte sind tabellarisch und graphisch dargestellt.

Die Messstellen uh. Dehmsee und uh. Fürstenwaldezeigen eine Tendenz zur Güteklasse II bis III, d.h. betabis alpha - mesosaprobe Saprobiestufe, was einer kri-tischen Belastung entspricht. Diese Erhöhung der Sa-probie ist wahrscheinlich auf die anthropogene Be-einflussung des Dehmsees bzw. die Abwässer derStadt Fürstenwalde zurückzuführen. In diesen Ab-

4.2.4 Biologische Parameterder Spree

2001 wurde die Spree von Leibsch bis Spreeau zur Be-stimmung der Gewässergüte biologisch auf die Parameter

• Saprobienindex (Makrozoobenthos),

• Chlorophyll a und

• Koloniezahl untersucht.

4.2.4.1 Der Saprobienindex

Die Saprobie, definiert als Intensität sauerstoffzeh-render Prozesse durch Mineralisation organischer Ver-bindungen im Gewässer, ist ein wesentlicher Was-sergüteparameter. Der Nachweis des Auftretens vonIndikatorarten des Makrozoobenthos, am Gewässer-grund lebender makroskopisch sichtbare Wirbellose,ermöglicht die Berechnung des Saprobienindex unddamit eine biologische Güteklassifizierung von Fließ-gewässern.

Unter Benthos ist die Gesamtheit aller Organismen zuverstehen, die für ihren Lebensablauf ständig oder zeit-weise an ein festes Substrat gebunden sind und imBenthal, d.h. in der Bodenregion des Wassers leben.

Für die Bestimmung des Saprobienindex wurde dasVerfahren DIN 38 410-M2 angewendet.

Die einzelnen Messstellen wurden viermal pro Jahruntersucht und für die Gütebeurteilung wurde ein„maßgeblicher Wert“ bestimmt, der die Messstellezuverlässig charakterisiert.

Messstellen

Sap

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118 QUERSCHNITTSAUFGABEN

schnitten der Spree treten vermehrt Indikatorartender Gruppe Turbellaria, Gastropoda, Lamellibran-chiata und Hirudinea auf. Im weiteren Verlauf stellensich wieder stabile Verhältnisse für Indikatorarten derGewässergüte II ein.

4.2.4.2 Chlorophyll a

Chlorophyll a gilt als essentielles Photosynthesepig-ment aller Hydrophyten. Die Bestimmung des Chlo-rophyll a – Gehaltes liefert für das gesamte photosyn-theseaktive Phytoplankton annähernd eine Vorstellungüber seine Biomasse bzw. Photosyntheseleistung.Die Bestimmung des Chlorophyll a- Gehaltes ist ge-eignet, um Aussagen über den Stoffwechsel im Ge-wässer zu treffen.

Die Untersuchungen der Spree von Leibsch bis Spreeauwurden nach DIN 38 412 L16 durchgeführt. Sie er-gaben eine Dynamik der Chlorophyll a-Konzentra-tion. Die Ergebnisse sind ebenfalls tabellarisch(S. 177) und graphisch dokumentiert.

An den Messstellen unterlag das Chlorophyll a einerausgeprägten Jahresdynamik

• mit Frühjahrblüte von Februar bis Mai,

• Klarwasserstadium im Juni,

• erneut anwachsender Konzentration im Sommervon Juli bis September und

• geringen Werten im Winter von November bis De-zember.

Von Leibsch bis Trebatsch ist diese Dynamik nurschwach ausgeprägt, mit geringen Chlorophyllkon-zentrationen. Von Beeskow bis Spreeau lässt sichaufgrund der hohen Chlorophyllwerte das prinzipielleMuster der Dynamik besonders gut herauslesen. DieHauptursache dafür liegt im Einfluss des Schwie-lochsees, in dem sehr gute ökologische und physio-logische Wachstumsbedingungen für Phytoplanktonherrschen, die sich zur Zeit des Sommermaximumsauch im Fluss fortsetzen.Der Wertebereich der Chlorophyll a-Konzentrationenreichte von 1,5µg/l bis 8,6µg/l in Leibsch, in Beeskow von5,9µg/l bis 71 µg/l und in Spreeau von 4,1µg/l bis 81µg/l.

Das gemessene Minimum beträgt <1µg/l am13.06.2001 und 06.11.2001 in Trebatsch und dasMaximum an Chlorophyll a wurde mit 81 µg/l am11.09. 2001 in Spreeau gemessen.

4.2.4.3 Koloniezahl

Die Koloniezahl ist die Zahl der aus 1 ml Wasserprobeauf Nähragar bei 20°C in 44+/-4h wachsenden zähl-baren Kolonien saprophytischer Bakterien(AMW bzw.EN ISO 6222 K5).

Die ermittelte Koloniezahl lässt Rückschlüsse zu aufdie Verunreinigung von Wasser mit organischen Stof-fen, Fremdwassereinbrüche und u.a. auf die Wirk-samkeit von durchgeführten Desinfektionsmaßnah-men. Sie ist deshalb eine effektive Methode zur Über-wachung der Wasserqualität. Die Koloniezahl vonLeibsch bis Spreeau und die dazugehörigen Analy-senergebnisse sind in Bild (links unten) und Tabelle(S. 117 aufgezeigt.

An den Messstellen Neubrück, uh. Fürstenwalde, uh.Dehmsee und Spreeau lassen sich im Januar erhöhteKoloniezahlen erkennen. Das Maximum lag bei 970Kolonien/ml am 16.01.01 in Spreeau. Des Weiterengab es auf der gesamten Fließstrecke im Juli einenAnstieg der Koloniezahlen zu verzeichnen. Am17.07.01 konnte ein Maximum mit 730 Kolonien/ml inNeubrück nachgewiesen werden.

Zu beiden Zeitpunkten waren auch die ermitteltenTOC-Werte der Spree erhöht, was auf eine organi-sche Gewässerverschmutzung hinweist. Der Anstiegder Koloniezahlen ist ein Ausdruck für den Abbau derorganischen Substanzen im Gewässer.

Chlorophyll a Spree 2001

Koloniezahl Spree 2001

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119UMWELTDATEN BRANDENBURG 2002

nahme, dass emittierte Pd-Partikel aus Automobil-katalysatoren eine höhere Wasserlöslichkeit undchemische Mobilität besitzen und demzufolge ins-gesamt höhere Konzentrationen an gelöstem Palla-dium in den verschiedenen Umweltmedien im Ver-gleich zu Pt und Rh zu erwarten sind. Die ausBodenfrachten (Deutschland, Sommer 1995) be-rechneten Palladium-Emissionsraten dürften beivollständiger Substitution von Platin durch Palla-dium und unter Berücksichtigung der Tatsache, dassbei Verwendung von Palladium etwa 1,5 bis 4 malmehr katalytisch aktives Metall als beim klassischenPlatin/Rhodium-Katalysator zum Einsatz kommt,heute mindestens 150 bis 400 ng/km betragen.

Anhand dieser Emissionsraten (400 ng/km) und un-ter Berücksichtigung der in einem Jahr in Deutsch-land von allen Pkw mit Ottomotoren erbrachtenFahrleistung (454 Mrd. km/a) wird ein Eintrag vonkatalysatorbürtigem Palladium in die Umwelt von ca.180 kg/a abgeschätzt.

90 % der Platingruppenmetalle (PGM) aus dem Ka-talysator werden vermutlich in unmittelbarer Nähe derStraßen und im Boden innerhalb von 4 m neben derAutobahn abgelagert. Die feineren Teilchen werdenmit der Atmosphäre verbreitet und gelangen so direktin die Atemluft des Menschen. Neben dem Eintrag indie terrestrische Umwelt gelangen PGM auch mitdem Regenwasserabfluss direkt in aquatische Öko-systeme und Sedimente oder über die Straßenent-wässerung (fester Rückstand) in den Klärschlamm.Die Palladiumimmissionskonzentrationen der Fein-staubfraktion (PM 10) lagen 1999 und 2000 zwischen2,9 bis 70 pg/m3, im Land Brandenburg betrugen dieMittelwerte der Schwebstaubfraktion 2,7 pg/m3 (2000)bzw. 16,61 pg/m3 (2001).

Der Mittelwert 2000 wurde durch Probenahme an ei-ner Messstelle mit einem Abstand von 8 m vomStraßenrand unter PM 10 - Bedingungen erhalten,wozu Quarzfilter im High-Vol-Sampler eingesetzt wur-den. Die Probenahme erfolgte über einen Zeitraumvon vier Wochen. Die QF-Filter hatten einen rel. ho-

4.3 Stoffe in der Umwelt

4.3.1 Verkehrsbedingte Immissionen- Palladium

4.3.1.1 Ausgangsposition

1986 wurde die Automobilkatalysatortechnik zur Min-derung der Abgase von Schadstoffen, wie Kohlen-wasserstoffen, Kohlenmonoxid und Stickstoffoxideneingeführt.

Automobilkatalysatoren bestehen aus einem waben-förmig aufgebauten Keramikkörper mit einem die Ober-fläche enorm vergrößernden Überzug aus Aluminiu-moxid oder Kohlenstoff, auf dem die katalytisch aktivenPlatingruppenmetalle (PGM) fein verteilt werden (Abb.).Im Jahr 2000 lag der Ausstattungsgrad von Kraft-fahrzeugen mit Abgaskatalysatoren in der Bundesre-publik bei 86 %. Aus wirtschaftlichen und technischenGründen erfolgt eine ständige Weiterentwicklung derAutomobilkatalysatoren.

4.3.1.2 Untersuchungsergebnisse

Neben den positiven Effekten des Katalysators hatman parallel dazu festgestellt, dass zunehmendhochpersistente Stoffe, vorwiegend die Elemente derPlatingruppenmetalle Platin (Pt), Rhodium (Rh) undPalladium (Pd) in die straßennahe Umgebung emit-tiert werden. Dies zeigt, dass eine detaillierte Risiko-abschätzung zu den Auswirkungen auf die verschie-denen Umweltkompartimente (Boden, Wasser, Luft)und den Menschen im Vorfeld der Einführung neuerTechniken/Materialien in der Regel nicht vorgenom-men wird. So wird ab Mitte der 90er (1993) Jahre derklassische Platin-Rhodium-Katalysator zunehmenddurch Drei-Wege-Katalysatoren auf der Basis vonPalladium und Rhodium ersetzt, ohne dass deren hu-man- und ökotoxikologische Relevanz hinreichenderforscht ist.

In Analogie zu den Platinemissionen wird davon aus-gegangen werden, dass die Palladiumemissionen inForm sehr feiner Teilchen, wenige Mikrometer groß(ca. 2 µm), erfolgen und mit steigender Geschwin-digkeit und Abgastemperatur zunehmen. Im Rahmeneines europäischen Projektes (CEPLACA-Projekt ➾assessment of environmental contamination risk byplatinum, rhodium and palladium from automobil ca-talyst) zur Untersuchung des Einflusses von Auto-mobilkatalysatoren auf die Umwelt wurden in Schwe-den Abgasstäube gesammelt und analysiert.

Die partikulären Palladiumemissionen bewegtensich zwischen 67 und 319 ng/km. Durch verschie-dene Forschungsprojekte verdichtet sich die An-

Schema eines Drei-Wege-Katalysatorsfür Ottomotoren mit Aufbau der Katalysator-schicht

Literatur Seite 203/204

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120 QUERSCHNITTSAUFGABEN

hen Pd-Blindwert, so dass von einer Messunsicher-heit von 50 % auszugehen ist. Der Mittelwert 2001wurde aus Proben von drei verkehrsnahen Mess-punkten (Potsdam, Cottbus und Frankfurt (Oder)) imunmittelbaren Straßenbereich (Fahrbahnrand) ausWochenproben (zwei Wochenproben - ein Ergebnis)ermittelt. Hierbei konnte keine PM 10-Fraktion-Pro-benahme eingehalten werden. Die Mittelwerte 2000und 2001 sind demnach nicht vergleichbar.

Die Palladiumbelastung von deponierten Stäubenim Straßenbereich liegt wegen der Anreicherung re-gelmäßig im µg/kg-Bereich. Palladium-Gehalte von20 µg/kg in Stäuben an stark befahrenen Straßenwerden als normal eingeschätzt.

Im Ergebnis einer umfassenden Literaturstudie zuPGM-Expositionen wurden Palladium-Bodenbelas-tungen zwischen 1990 und 1995 im Mittel von 2 bis19 µg/kg ermittelt. Die aus den Automobilkatalysa-toren stammenden Palladium-Gehalte im Klär-schlamm dürften nach dem gegenwärtigen Erkennt-nisstand höchstens den µg/kg-Bereich erreichen undwerden durch die Belastung aus anderen Bereichen(Dentalbereich, Schmuckindustrie) überlagert. DieAbbildung (rechts) gibt einen Überblick über den ge-genwärtigen Kenntnisstand zu verkehrsbedingtenPalladiumemissionen und -immissionen sowie öko-und humantoxikologischen Expositionsdaten.

Konkrete Untersuchungen zur Wirkung von ver-kehrsbürtigem Palladium auf den Menschen sindgegenwärtig nicht bekannt. So wird nachfolgend überBefunde aus in vitro-Untersuchungen, Tierversuchensowie über Wirkungsuntersuchungen von Palladium-verbindungen auf den Menschen berichtet:

Teilchen mit einem aerodynamischen Durchmesser>15 µm werden nach inhalativer Exposition im Be-reich Nase, Rachen und Kehlkopf zurückgehalten,Partikel ≤10 µm gelangen in die Bronchien - währendPartikel ≤4 µm (Feinstaub-Bereich) alveolengängigsind und die tiefen Lungenabschnitte erreichen. HoheAnteile der Palladiumemissionen wurden in der eina-tembaren aber auch in der alveolengängigen Fraktiongefunden. Die Wirkung eingeatmeter fein verteilterPalladium- oder Palladiumoxid-haltiger Partikel aufden Menschen ist bisher nicht untersucht worden. An-zunehmen ist, dass die Reinigungsmechanismen desoberen Atemtraktes sowie die Makrophagentätigkeitin den tieferen Lungenwegen durch den Partikelver-bund Palladium/Trägermaterial gestört werden.

Als möglicher Mechanismus der Partikelwirkung werdenEntzündungen in den Alveolen mit anschließender Frei-setzung von Mediatoren, die die Blutgerinnung und da-mit die Anzahl Herz-Kreislaufbedingter Todesfälle er-höhen, diskutiert. In Tierversuchen konnten für ver-

schiedene Palladiumverbindungen (Palladiumchlorid,Palladiumhydrochlorid und einige Komplexverbindun-gen) sensibilisierende Effekte beobachtet werden. Nachderzeitigem Kenntnisstand wird für Palladium eine Al-lergie vom Typ IV (Kontaktallergie) angenommen.

Mutagenitätstests mit Palladiumsalzen erbrachtennegative Resultate. Obwohl die Untersuchungen zurKanzerogenität von Pd noch nicht abgeschlossensind, liegen Hinweise auf eine mögliche kanzerogeneWirkung vor. Aufgrund fehlenden Datenmaterials zumöglichen Wirkungsschwellen der verschiedenenSchutzgüter in Boden und Wasser und insbesonderefür den Menschen können gegenwärtig keine Wir-kungsschwellen (PNEC´s predicted no effect con-centration) formuliert und damit keine wirkungsseitigbegründeten Begrenzungen von Palladiumimmissio-nen aus Automobilkatalysatoren abgeleitet werden.Wegen des vermehrten Einsatzes von Palladium inden Automobilkatalysatoren besteht allerdings drin-gender Forschungsbedarf zur Quantifizierung derEintragspfade in die Umwelt, zum umweltchemischenVerhalten der Palladiumemissionen und insbeson-dere zur Wirkung katalysatorbürtiger, palladiumhalti-ger Feinstäube nach inhalativer Aufnahme auf denMenschen.

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121UMWELTDATEN BRANDENBURG 2002

nen) eingesetzt worden. Von dort stammen auch diemeisten Messbefunde für MTBE in verschiedenenUmweltkompartimenten. Ein Expertengremium derU.S.EPAhat im März 2000 erste Schritte zu einer Ver-wendungsbeschränkung von MTBE in den USA er-griffen. Im LAI- Unterausschuss Verkehrsimmissio-nen wird gegenwärtig diskutiert, ob MTBE auch fürdie Bundesrepublik Deutschland ein Umweltproblemdarstellt und eine Umweltüberwachung erforderlichist. Im Land Brandenburg liegen bereits erste Mess-ergebnisse vor, die diese Diskussion bereichern sol-len.

MTBE gelangt beim Betanken sowie aus dem fah-renden Kraftfahrzeug (Verdunstung und unverbrann-tes Benzin in den Abgasen, vor allem in der Kalt-startphase) in die Umwelt. In unverbleiten Kraftstof-fen findet man MTBE in Konzentrationen von 0,2 %(Normal), 1,7 % (Super) und 8,7 % (Super Plus). Eswurde, basierend auf Daten aus 1992/93, ein bun-desweiter Gesamtverbrauch von 467.000 t errechnet.Die insgesamt in die Umwelt eingetragene MengeMTBE wird auf etwa 2 % des Gesamtverbrauchs ge-schätzt, das wären ungefähr 9.000 t pro Jahr.

Aufgrund der hohen Flüchtigkeit (Dampfdruck: 333 hPabei 20 °C ) gelangt MTBE sofort in die Luft, wo es miteiner Halbwertzeit von 3,5 bis 5,5 Tagen durch Hy-droxylradikale abgebaut wird. Die Wirkungsschwellefür schädliche Effekte von MTBE auf den Menschenliegt im oberen mg/m3- Bereich und wird durch dieUmweltkonzentrationen (Offenbach 1997 ca. 1 µg/m3)um Größenordnungen unterschritten. Insofern bestehtzur Zeit kein Handlungsbedarf hinsichtlich der inha-lativen Aufnahme von MTBE durch den Menschen,vorbehaltlich neuerer Erkenntnisse über kanzero-gene Wirkungen der Verbindung, für die nach Auf-fassung der Internationalen KrebsforschungsbehördeIARC momentan die Datenlage nicht für eine Bewer-tung ausreicht.

Durch Regenereignisse wird MTBE aus der Luft aus-gewaschen (Regenwasser, USA: 0,2 – 8,7 µg/l;Frankfurt/Main: 5 – 10 ng/l) und in den Boden sowieOberflächengewässer eingetragen. Für Oberflächen-gewässer spielt jedoch der direkte Eintrag ausBootsmotoren eine weitaus größere Rolle. Im Bodenist MTBE außerordentlich persistent und adsorbiertin sehr geringem Maße an die Bodenmatrix (Log-Koc: 1,0). Durch diese hohe Mobilität ist ein unge-hinderter Durchtritt in das Grundwasser und letztlichin das Trinkwasser gegeben. So hat in den USA imZusammenhang mit Havarien MTBE im Grundwas-ser Konzentrationen bis in den Milligramm pro LiterBereich erreicht. Da im Grundwasser weder Austragnoch Abbau stattfinden, ist eine Anreicherung anzu-nehmen.

4.3.2 Benzininhaltsstoff Methyl-tert-butylether (MTBE)

4.3.2.1 Ausgangssituation

Der Einsatz von MTBE in den USA und Europa alsAntiklopfmittel begann Ende der 70er Jahre. DerMTBE-Verbrauch erfuhr in den USA einen massivenAnstieg mit der Festsetzung eines Mindestsauer-stoffgehaltes im Benzin zur Verringerung der Emis-sionen an CO und VOC (volatile organic compounds).In der EU wird MTBE als Substituent für Aromaten fa-vorisiert, deren Gehalt im Kraftstoff in den kommen-den Jahren deutlich reduziert werden soll. Die als Aro-matenersatz zugesetzten MTBE-Mengen variierenvon Land zu Land stark. In Deutschland wurde eindurchschnittlicher Anteil von 1,3 Vol-% MTBE in Otto-kraftstoffen errechnet.

Die Bestimmung von MTBE wird derzeit in Deutsch-land weder für die Grundwasserüberwachung nochfür die Erkundung von Schadensfällen gefordert. Wiejedoch an Hand von Studien nachgewiesen wurde,können Schadensfälle mit MTBE-haltigem Benzinweitreichende Verunreinigungen des Grundwassersverursachen, da der Benzininhaltsstoff im Grundwas-serleiter kaum zurückgehalten und extrem langsambiologisch abgebaut wird. MTBE ist wegen seiner ho-hen Wasserlöslichkeit (ca. 50 g/l) und schwachenAdsorption an die Bodenmatrix im Untergrund sehrmobil. Schon geringe Konzentrationen des Ethers(20 – 40 µg/l) machen aufgrund des äußerst unan-genehmen Geruchs und Geschmacks Trinkwasserungenießbar.

Um einen Überblick zum tatsächlichen Ausmaß anMTBE-Kontaminationen im Land Brandenburg zugewinnen, wurde MTBE in das Monitoringprogrammaufgenommen. Innerhalb einer Frühjahrs- und Herbst-kampagne 2001 wurden ausgewählte Grundwasser-proben, routinemäßig anfallende Oberflächenge-wässer- und Niederschlagsproben auf MTBE mit-tels Purge und Trap, anschließender gaschromato-graphischer Bestimmung mit FID-Detektion unter-sucht.

4.3.2.2 Methyl-tert-butylether MTBE –ein Umweltschadstoff?

Im Zuge der Verringerung verkehrsbedingter Emis-sionen durch Einführung des geregelten Dreiwege-katalysators wird seit Mitte der 80er Jahre in Deutsch-land anstelle von Bleiverbindungen MTBE (CAS1643-04-4) als Kraftstoffadditiv zur Erhöhung der Ok-tanzahl verwendet. In den USA war dieser Schrittschon Mitte der siebziger Jahre erfolgt und es sindinsgesamt größere Mengen MTBE (bis zu 30 %zwecks Reduzierung von Kohlenmonoxidemissio-

Literatur Seite 204

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122 QUERSCHNITTSAUFGABEN

Es können sich bei einem Eintrag von 10 ng/l MTBEim Niederschlagswasser in empfindlichen Gebietenohne schützende Grundwasserüberdeckung Grund-wasserkonzentrationen von 1 - 5 ng/l einstellen. We-gen des ausgeprägten Geruchs von MTBE kann dasGrund-/Trinkwasser bereits bei niedrigen Konzentra-tionen (ab 13 bzw. 20 µg/l) sensorisch beeinträchtigtund für die Verwendung als Lebensmittel unbrauch-bar werden.

Entgegen der allgemeinen Auffassung, dass dieTankstellen die Haupteintragsquelle sind, geht ausU.S.amerikanischen Abschätzungen hervor, dass derrollende Verkehr den größten Beitrag liefert. Dies wirdunterstützt durch die Angaben des Beratergremiumsfür umweltrelevante Altstoffe der Gesellschaft Deut-scher Chemiker, dass lediglich 5,1 % der Benzinin-haltsstoffe beim Betanken emittiert werden, dagegenjedoch 39,3 % durch Verdampfung und 47 % über dieAbgase in die Umwelt gelangen. In Übereinstimmungdamit zeigen erste sporadische Messbefunde ausdem Land Brandenburg, dass MTBE auch weit ent-fernt von Tankstellen nachgewiesen wird. Auch in denUSA wurde durch Monitoringprogramme ein flächen-hafter Eintrag von MTBE ins Grundwasser aufge-zeigt.

Eine Fortführung der MTBE-Analytik in den MedienRegenwasser, Oberflächenwasser und Grundwasserliefert eine solide Datenbasis, um zukünftig die in denBoden eingetragenen Frachten quantifizieren undmögliche Grundwasserbelastungen prognostizierenzu können. Darüber hinaus können Spuren vonMTBE im Grundwasser, welches ausschließlich an-thropogener Herkunft ist, als Tracer für über die Lufteingetragene Kohlenwasserstoffe dienen und so dieBeurteilung von Messbefunden erleichtern.

4.3.2.3 Untersuchungsprogramm: Standorte,Probenahme, Analytik

Um einen ersten Überblick zum tatsächlichen Aus-maß an Kontaminationen mit MTBE im Land Bran-denburg zu erhalten, wurde der Benzininhaltsstoff imJahr 2001 in das Monitoringprogramm des Landes-umweltamtes Brandenburg aufgenommen.

Für das Medium Grundwasser wurden während derFrühjahrskampagne 33 problemorientiert ausgewähl-te Grundwasserproben untersucht. Aus der Herbst-kampagne stehen bereits 30 weitere Messergebnissezur Verfügung. Als Kriterien zur Auswahl der Stand-orte galten Tankstellennähe, Grundgewässer in Sied-lungs- und in naturbelassenen Gebieten.

• Bei der Probenahme für Grund- und Oberflächen-

wasser ist auf absolute Sauberkeit der Gerätetech-nik und Schutz vor Blindwertkontamination zu achten.Nach Abfüllen der Proben vor Ort in 50 ml Flaschen(randvoll) werden diese sofort luftdicht mit Alu-Se-als verschlossen. Die Oberflächenwasseruntersu-chungen wurden an drei Standorten im SüdenBrandenburgs durchgeführt: Pößnitz-Mündung,Schwarze Elster (SE) Ruhland und SE Schwarz-

Der "wet-only" ist ein sensorgesteuerter Nieder-schlagssammler. Die Proben werden durch Tem-perierung in einem engen Temperaturbereich ge-halten, wodurch chemische Ab- und Umbaupro-zesse weitestgehend vermieden werden. DieErfassung nur nasser Niederschläge (Regen,Schnee) und ihrer Inhaltsstoffe mit wet-only-Sammlern und die Erfassung der Gesamtdeposi-tion (trockene und nasse Niederschläge) mit bulk-Sammlern wird durch wöchentliche Probenahmeparallel durchgeführt.

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Abb. 1: MTBE (ng/l) im Grundwasser an 33 Pegelmessstellen im Frühjahr und Herbst 2001

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123UMWELTDATEN BRANDENBURG 2002

heide. Hier wurden in regelmäßigen Zeitabständeninsgesamt 29 Proben entnommen und analysiert.

• Zur Untersuchung der Ablagerung des MTBE ausder Atmosphäre wurden die derzeit fünf durch dasLandesumweltamt betriebenen Messstellen zurÜberwachung der atmosphärischen Deposition ge-nutzt (Lauchhammer, Lebus, Cumlosen, Waldsie-versdorf und Kienhorst). Diese Messstellen sind mitspeziell für die Gewinnung von Probenmaterial zurorganischen Spurenanalytik entwickelten bulkSammlern sowie mit wet-only Sammelgeräten vomTyp NSA 181 KE ausgestattet.

Die Analyse von MTBE erfolgte zusammen mit denBTX-Komponenten in Regen-/Grund- bzw. Ober-flächengewässern mittels Purge und Trap zur Pro-benanreicherung (Tekmar LSC 2000) in Kombinationmit einem Gaschromatographie/FID-System.

4.3.2.4 Ergebnisse

An Hand der relativ wenigen Probenzahlen und der ge-ringen MTBE-Konzentrationen in den verschiedenenUntersuchungsmedien lassen sich keine definiertenTrends im Laufe des Untersuchungsprogramms ableiten.

• Grund- und Oberflächenwasser

In Deutschland mangelt es bisher an systematischenStudien zur Verteilung von MTBE in der Umwelt. DieUntersuchung der Grund- und Oberflächengewässerin unserem Monitoringprogramm soll Aufschluss dar-über geben, ob sich das MTBE aufgrund seiner ho-hen Wasserlöslichkeit, Mobilität und geringen Ab-baubarkeit tatsächlich im Grundwasser oder auch inFließgewässern anreichert. Quellen für den MTBE-Eintrag können dabei Schadensfälle mit MTBE-halti-gem Benzin sowie Emissionen aus Kraftfahrzeugensein. Die Ergebnisse (Abb. 1 u. 2) zeigen, dass dieVerwendung von MTBE und der damit verbundeneflächenhafte Eintrag auch im Land Brandenburg zunachweisbaren Konzentrationen im Grund- undOberflächenwasser geführt hat:

– Von 33 Grundwasserproben, die während derFrühjahrskampagne analysiert wurden, weisen11 MTBE-Konzentrationen im Bereich zwischen40 (NWG) und 160 ng/l auf. In Analogie dazuwurden von 30 Proben aus der Herbstkampagnein 4 MTBE-Werte zwischen 50 und 90 ng/l gefunden.

– Bei den Oberflächengewässern wurden 29 Probenim Zeitraum März bis Dezember untersucht und in8 wurden MTBE-Konzentrationen zwischen 40 und180 ng/l nachgewiesen.

– Die bisher in Deutschland gemessenen MTBE-Konzentrationen in Fließgewässern bewegen sichzwischen 20 und 400 ng/l. In oberflächennahenGrundwasserleitern kann man von antropogen ver-

ursachten Hintergrundwerten von bis zu mehreren100 ng/l in urbanen Gebieten ausgehen.

Grundwassermonitoringprogramme in den USA ha-ben weitaus höhere Werte nachgewiesen. Dort liegendie MTBE-Werte in 5 – 27 % der Proben in Konzentra-tionsbereichen vorwiegend zwischen 0,2 und 20 µg/l(max. 47 µg/l).

In der Literatur sind ebenfalls MTBE-Grundwasserwertebei Schadensfällen in Deutschland zu finden. Der ma-ximale Wert von Untersuchungen in Sachsen-Anhalt,Bayern und Baden-Württemberg lag bei 185.000 µg/lim Grundwasser auf dem Gelände der ehemaligenLeuna-Werke, wo MTBE auch produziert wurde.

• Deposition

Die Depositionsuntersuchungen von Februar bis Novem-ber 2001 geben Aufschluss über das Ausmaß des Über-gangs der Schadstoffkomponente aus der Luft in denNiederschlag. Die Ergebnisse, die an den o.g. Mess-stellen im Land Brandenburg erzielt wurden, sind gra-phisch (Abb. 3, S. 124) dargestellt.

Von den insgesamt 300 untersuchten Niederschlags-proben wurde in 135 (45 % der Proben) MTBE nach-gewiesen. Der Konzentrationsbereich erstreckt sichvon 50 - 500 ng/l. Dabei ist sowohl bezüglich der Häu-figkeit der Befunde als auch der Höhe der gefunde-nen Konzentrationen der Standort Waldsieversdorf(Nähe Berlin) auffällig. Die Messstelle Lebus befindetsich 6 km nördlich von Frankfurt direkt an den Oder-hängen und gilt als eher unbeeinflusst, was sich deut-lich auch in der Höhe und Häufigkeit der Befundezeigt. Auffällig ist auch, dass an den StandortenLauchhammer (Südbrandenburgisches Siedlungs-gebiet) und Cumlosen (Elbedeich Nähe Wittenberge)die höheren Konzentrationen in den Bulk-Sammlerngefunden wurden, was auf eher regionale Einflüsseschließen lässt. An den Messstellen Waldsieversdorfund Kienhorst (beide Umfeld Berlin) dominieren dienassen Depositionen.

Literatur Seite 204

Abb. 2: MTBE (ng/l) im Oberflächenwasser imMärz bis Dezember 2001

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124 QUERSCHNITTSAUFGABEN

Eine umfassende Interpretation istaufgrund der wenigen Messergeb-nisse noch nicht möglich. Zumin-dest zeigen die Ergebnisse, dassein Eintrag von MTBE über dieDeposition vorhanden ist. DiesesMaß wurde bisher als gering ein-geschätzt. Erste Messungen inDeutschland (Frankfurt/Main) er-gaben MTBE-Konzentrationen imRegenwasser im Bereich von 5 -10 ng/l. In den USAfand man in 6 %der in 16 Städten zwischen 1991und 1996 gewonnenen "Sturm-wasser"-Proben MTBE im Bereichzwischen 0,2 und 8,7 µg/l.

4.3.2.5 Schlussfolgerungen

Der Eintrag von MTBE in Luft, Was-ser und Boden stellt nach jetzigemKenntnisstand kein Immissions-schutzproblem bzw. Problem fürden Trinkwasserschutz dar. Die imRegen-, Grund- und Oberflächen-wasser gemessenen Konzentra-tionen liegen im ng/l-Bereich unddamit 1 bis 2 Größenordnungenunter dem Wert von 30 µg/l, beidem durch die Geruchsbelästigungeine Ungenießbarkeit des Trink-wassers angegeben wird.

Aufgrund der relativ geringen Da-tenlage zum Ausbreitungs- undAkkumulationsverhalten von MTBEist es zweck- und verhältnismäßig,die Untersuchungen zum Regen-,Grund- und Oberflächenwasserweiterzuführen. Liegen ausreichendDaten vor, die erkennen lassen,dass MTBE sich in Umweltmedien(Grund-/Trinkwasser) anreichert,wird über ein zusätzliches Mess-programm zu entscheiden sein.

27.0

2.01

06.0

3.01

13.0

3.01

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27.1

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Lauchhammer

Lebus

Cumlosen

Waldsieversdorf

Kienhorst

Abb. 3.:MTBE im Niederschlag

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125UMWELTDATEN BRANDENBURG 2002

4.3.3 Umweltmonitoring von saurenHerbiziden in aquatischenSystemen– Bestimmung Strukturisomerer vonChlorphenoxyalkancarbonsäuren –

4.3.3.1 Einleitung

Herbizide Wirkstoffe aus der Stoffgruppe der Chlor-phenoxyalkancarbonsäuren, wie beispielsweise

• 2,4-D (2,4-Dichlorphenoxyessigsäure),

• MCPA (4-Chlor-2-methylphenoxyessigsäure),

• Mecoprop (2-(4-Chlor-2-methylphenoxy)propion-säure, MCPP) und

• Dichlorprop (2-(2,4-Dichlorphenoxy)propionsäure,2,4-DP)

gehören auch im Land Brandenburg zu den ammeisten eingesetzten Pflanzenbehandlungsmitteln.Der Jahresumsatz 1998/99 ausgewählter Vertreterdieser Wirkstoffe wird für Brandenburg wie folgt an-gegeben:

• 2,4-D 4.890 kg

• Dichlorprop 17.150 kg

• MCPA 23.440 kg

• Mecoprop 14.340 kg.

Eingesetzt werden diese Wuchsstoffherbizide gegenWildpflanzen in Getreide- und Futterkulturen.Die allgemeine Strukturformel dieser Wirkstoffe zeigt,dass der Phenylring stets in 4-Stellung mit Chlor be-legt ist, während die anderen beiden SubstituentenWasserstoff, Methyl oder Chlor sein können.

Chlorphenoxyalkancarbonsäuren sind in Abhängig-keit von ihrem Chlorierungsgrad leicht bis mäßig ab-baubar, relativ gut wasserlöslich und besitzen einehohe Mobilität. Für 2,4-D liegen ausführliche Unter-suchungen zum Abbauverhalten vor. Die Halbwerts-

zeit in der Luft beträgt 24 Stunden, im Oberflächen-wasser 12 bis 50 Tage und im Boden 4 bis 15 Tage.Als Metaboliten entstehen vorwiegend 2,4- Dichlor-phenol sowie 2- und 4- Chlorphenol. 2,4-D wird alsNa- oder Ammoniumsalz sowie als Ester und häufigim Gemisch mit anderen Herbiziden eingesetzt.Bekannt sind frühere Kombinationspräparate mit2,4,5-T (2,4,5- Trichlorphenoxyessigsäure).

O COOHCL

R1

R2

xR1 = H oder CLR2 = CH3 oder CLx = -CH2-, -CH2(CH3)-, -CH2-CH2-CH2-

Analysenbedingungen➠ 1 l Wasserprobe, mit H2SO4 auf pH 2 einstellen und filtrie-

ren, Zugabe von 50 µl einer Lösung 2,4-Dichlorphenyles-sigsäure [10 ng/µl] als interner Standard,

➠ HRP [200 mg] Kartuschen von Macherey Nagel mit 10 mlMethanol und 5 ml Wasser konditionieren, Aufgabe der Was-serprobe mit 0,5 l/h, waschen mit 2 ml H2SO4, 1 h unter N2

trocknen, Derivatisierung durch Aufgabe von 3 x 2 ml ethe-rischer Diazomethanlösung

➠ Einengen der aufgefangenen Extrakte auf 100 µl

GC/MS-System: AS/Finnigan GCQInjektor: SL, 250 °C isothermProbenaufgabe: 2 µl, splitlosDruck: konstante Gasgeschwindigkeit

= 30 cm/sec.Temperaturprogramm: 80 °C, 1 Min isotherm

20 °C /Min auf 150 °C3 °C/Min auf 200 °C

25 °C/Min auf 300 °C,3 Min isotherm

Massenspektrometer: Scan-Mode: full scan 50 – 350 0,4 s/scan

Quantifizierungsmassen: 2,4-D 175, 199, 2342,4-DP (Dichlorprop) 162, 189, 248MCPP (Mecoprop) 142, 169, 228MCPA 141, 155, 2142,4,5-T 233, 235, 2682,4,5-TP (Fenoprop) 196, 198, 282MCPB[4-Chlor-2-methylphenoxy-buttersäure] 162, 242, 2442,4-DB[2,4-Dichlor-phenoxybuttersäure] 162, 231, 233

Totalionenstrom-chromatogrammeiner Kalibrierlösung

Literatur Seite 204

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126 QUERSCHNITTSAUFGABEN

Die Stoffgruppe der Chlorphenoxyalkancarbonsäu-ren wurde ab dem Jahr 2000 in das laufende Mess-programm des Landesumweltamtes Brandenburgzur Überwachung der Beschaffenheit von Grund- undOberflächenwasser aufgenommen.

4.3.3.2 Analyseverfahren

Die analytische Bestimmung erfolgte zunächst alsSäure mittels Hochdruck-Flüssig-Chromatographieund UV- Detektion. Aufgrund von Matrixproblemenund Unsicherheiten bei der Identifizierung erfolgtendie Messungen ab dem Jahr 2001 mit Hilfe der GC-MS nach Anreicherung durch Festphasenextraktionund nachfolgender Derivatisierung mittels Diazome-than bzw. Methanol/Schwefelsäure zu den Methyl-estern. Als massenselektiver Detektor kam ein Ion-Trap-Gerät [GCQ] zum Einsatz.Die Trennung der Methylester erfolgte auf einer un-polaren Kapillarsäule [DB5-MS bzw. DB-XLB] mit30 m Länge und einer Filmdicke von 0,25 µm.

Zur Identifizierung der einzelnen Verbindungen wur-den die ermittelte Retentionszeit der jeweiligen Sub-stanz im Totalionenstromchromatogramm und cha-rakteristische Molekül- und Fragmentionen herange-zogen. Die Quantifizierung erfolgte durch Bezug derFlächeneinheiten ausgewählter Ionen der Einzelstoffejeweils auf die eines internen Standards. Diese Ver-

fahrensweise hat den Vorteil, dass einerseits für eineGesamtbetrachtung des Chromatogramms derProbe das Totalionenstromchromatogramm mit denvollständigen Massenspektren der Substanzen zurVerfügung steht und andererseits für die Identifizie-rung und Quantifizierung Einzelmassenchromato-gramme verwendet werden, die eine niedrige Nach-weisgrenze ermöglichen. Die chromatographischeTrennung der Methylester ist als Totalionenstrom-chromatogramm graphisch (Abb. S. 125) dargestellt.

4.3.3.3 Problemstellung

Bei der Auswertung der Chromatogramme einiger Ober-flächenwasserproben ergab sich bei den Einzelmas-senchromatogrammen für 2,4-D ein auffälliges Peak-muster. Das Einzelmassenchromatogramm für 2,4-Dist nachfolgend graphisch dargestellt. Es zeigt deut-lich einen weiteren Peak mit sehr viel höherer Intensi-tät und verkürzter Retentionszeit. Dieser 2. Peak trat nurin bestimmten Proben aus dem Grenzfluss Oder undimmer im Zusammenhang mit positiven Befunden von2,4-D auf. Die Konzentrationen dieses unbekanntenStoffes wurden anhand der Kalibrierdaten von 2,4-Dauf ungewöhnliche 6 - 200 µg/l geschätzt. Der Kon-zentrationsverlauf korrelierte mit dem von 2,4-D. DasEinzelmassenchromatogramm bezogen auf 2,4,5-Tder gleichen Flussprobe zeigte nach näherer Prüfungebenfalls einen Vorpeak mit verkürzter Retentionszeit

Chromatogramm einer Probe ausder Oder und das zu 2,4-D unddem unbekannten Peak dazu-gehörige Massenspektrogramm

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127UMWELTDATEN BRANDENBURG 2002

Die Vermutung lag nahe, dass es sich bei den unbe-kannten Stoffen um Nebenprodukte der Herbizidher-stellung handeln könnte. Dagegen sprachen aller-dings die sehr hohen Konzentrationen.

4.3.3.5 Aufklärung

Zur weiteren Strukturaufklärung wurde eine Probeaus der Pößnitz verwendet. Zunächst wurden diedarin enthaltenen Chlorphenoxyalkancarbonsäurenund die unbekannten Stoffe zusammen über HRP-Kartuschen angereichert und der Extrakt anschlie-ßend zur Spaltung der Chlorphenoxyalkancar-bonsäuren mit Pyridinium-Hydrochlorid behandelt.Die dabei entstehenden Chlorphenole geben durchVergleich mit vorhandenen Bezugssubstanzen Aus-kunft über die Struktur der ehemaligen Chlorphe-noxyalkancarbonsäuren. Dabei zeigte sich, dass ne-ben den zu erwartenden 4-Chlor-2-methylphenol und2,4-Dichlorphenol auch 6-Chlor-2-methylphenol und2,6-Dichlorphenol sowie 2,4,6-Trichlorphenol ent-standen waren. Es musste sich also um Strukturiso-mere handeln, die in 2,6- und 2,4,6-Stellung am Ben-zolring substituiert sind. Eine Veröffentlichung vonWITTMANN & WEBER (1990) erhärtete diese Ver-mutung. Hier wurden in einem Grundwasserpegel ne-ben Dichlorprop ebenfalls Strukturisomere gefundenund diese als 2-(2,6-Dichlorphenoxy)-propionsäureund 2-(2,4,6-Trichlorphenoxy)-propionsäure identifi-ziert. Durch den Vergleich der Retentionszeiten undMassenspektren mit Bezugssubstanzen, die durchdie Firma Dr. Ehrenstorfer hergestellt wurden, konn-ten folgende Strukturisomere identifiziert werden:

In der Oder neben dem Herbizid 2,4-D– 2,6-Dichlorphenoxyessigsäure [2,6-D]– 2,4,6-Trichlorphenoxyessigsäure * [2,4,6-T].

und identischem Massenspektrogramm, wobei das Her-bizid selbst nicht gefunden werden konnte. Die Kon-zentrationen dieses zweiten unbekannten Stoffes lagendeutlich niedriger im Bereich zwischen 0,03 - 3,7 µg/l.

Die Prüfung von weiteren Proben aus Oberflächen-und Grundwasser im Land Brandenburg ergab, dasses auch zu anderen Chlorphenoxyalkancarbonsäu-ren solche Vorpeaks gibt. So wurden in den Probenaus den Flüssen Pößnitz und Schwarze Elster im Sü-den Brandenburgs Vorpeaks zu den Herbiziden Me-coprop, Dichlorprop und Fenoprop (2-(2,4,5-Trichlor-phenoxy)propionsäure; 2,4,5-TP) gefunden.

Auch hier wurde, wie in der Oder, im Falle des 3fachchlorierten Herbizids [Fenoprop] nur der Vorpeak,nicht aber das Herbizid selbst festgestellt.Die Verhältnisse der Konzentrationen der unbekann-ten Stoffe zu den jeweiligen Herbiziden waren hier al-lerdings völlig andere. So traten die unbekanntenStoffe zunächst nur in Konzentrationen von ca. einemZwanzigstel im Vergleich zu Mecoprop und Dichlor-prop auf. Dies änderte sich im Zeitraum Mai bis Au-gust 2001, als sich die Verhältnisse umkehrten unddie unbekannten Stoffe die 10- bis 15fache Konzen-tration von denen der Herbizide erreichten.

Der Vergleich der Massenspektrogramme der unbe-kannten Peaks mit jeweils dem des Herbizids ergabÜbereinstimmung. Es konnte sich daher nicht um be-kannte Metaboliten oder im Säureteil anders struktu-rierte Chlorphenoxyalkancarbonsäuren handeln. DieVermutung lag nahe, dass es sich jeweils um Struk-turisomere des 2,4-D, Dichlorprop, Mecoprop, 2,4,5-T und 2,4,5-TP handeln könnte.

4.3.3.4 Herstellung

Die Herstellung der Herbizide 2,4-D und Dichlorproperfolgt aus 2,4-Dichlorphenol, welches durch Chlo-rierung von Phenol gewonnen wird und die Herstel-lung von Mecoprop aus 4-Chlor-2-methylphenol, wel-ches aus 2- Methylphenol durch Umsetzung mit Sul-furylchlorid entsteht. Je nach Reinheitsgrad derhergestellten Chlorphenole können bei der nachfol-genden Reaktion mit Chloressigsäure oder Chlorpro-pionsäure weitere Chlorphenoxyessigsäuren undChlorphenoxypropionsäuren entstehen. Die Herstel-lung von 2,4,5-T und 2,4,5-TP dagegen erfolgt aus1,2,4,5-Tetrachlorbenzol und Natronlauge. Die wei-tere Umsetzung erfolgt mit den entsprechendenChloralkansäuren im basischen zu den Trichlorphe-noxyalkansäuren. Bei hohen Temperaturen kann esdabei zur Bildung von 2,3,7,8-Tetrachlordibenzo-p-di-oxin kommen. Für die Wirkstoffe 2,4,5-T und 2,4,5-TP besteht daher in der Bundesrepublik ein vollstän-diges Anwendungsverbot.

Elutionsreihenfolge der Herbizide und ihrerIsomeren auf einer DB- XLB- Kapillarsäule

* Die Identifizierung dieser beiden Stoffe erfolgt nicht über Be-zugssubstanzen, sondern über Vergleich und Interpretationder Massenspektren

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128 QUERSCHNITTSAUFGABEN

MST Pößnitz, Mündung Schwarze Elster (ng/l)

Datum MCPP 6-CMPP 2,4-DP 2,6-DP 2,4,5-TP 2,4,6-TP

08.01.01 <9 <9 <13 <13 <12 n.b.

05.02.01 <9 <9 <13 <13 <12 n.b.

07.03.01 <9 <9 <13 <13 <12 n.b.

03.05.01 <9 <9 <13 <13 <12 n.b.

29.05.01 6.670 290 6.384 366 <12 n.b.

21.06.01 13.000 1.271 12.500 1.155 <12 n.b.

26.06.01 570 1.048 430 1.283 <12 n.b.

24.07.01 79 1.168 20 1.379 <12 1.600

06.08.01 218 2.635 270 2.860 <12 1.925

10.08.01 559 1.565 454 1.585 <12 933

22.08.01 33 1.218 <13 816 <12 428

17.09.01 3967 <9 2.684 702 <12 454

14.11.01 <9 <9 <13 <13 <12 <12

10.12.01 70 30 10 10 <12 <12

11.12.01 84 <16 <5 <5 <19 58

MST Oder bei Frankfurt (ng/l) MST Oder bei Hohenwutzen (ng/l)

Datum 2,4-D 2,6-D 2,4,5-T 2,4,6-T* Datum 2,4-D 2,6-D 2,4,5-T 2,4,6-T*

02.01.01 <17 <17 <28 <28 03.01.01 <17 <17 <28 <28

29.01.01 8.095 202.000 <28 3.490 30.01.01 <17 7265 <28 390

26.02.01 5.078 114.000 <28 2.872 27.02.91 <17 <17 <28 <28

26.03.01 1.399 13.800 <28 707 28.03.01 1.056 10.100 <28 571

23.04.01 759 6.329 <28 713 24.04.01 633 8.500 <28 310

21.05.01 <17 <17 <28 <28 22.05.01 <17 <17 <28 <28

18.06.01 110 <17 <28 <28 19.06.01 56 <17 <28 <28

16.07.01 62 49 <28 <28 17.07.01 51 36 <28 <28

13.08.01 <17 <17 <28 <28 14.08.01 <17 <17 <28 <28

10.09.01 72 88 <28 <28 11.09.01 78 88 <28 <28

08.10.01 162 82 <28 31 10.10.01 93 34 <28 <28

05.11.01 <17 <17 <28 <28 07.11.01 <17 <17 <28 <28

03.12.01 1.280 35.685 <11 3.688 04.12.01 1.168 29.108 <11 3.456

18.02.02 198 2.378 <11 405 19.02.02 259 4.189 <11 536

* 2.4.6-T nur bezogen auf 2.4.5.-T, da keine Bezugssubstanz vorhandenn. b. nicht bestimmt< Werte unterhalb der Bestimmungsgrenze

Messergebnisse der Herbizide und ihrer strukturisomeren Nebenprodukte in Oder und Pößnitz

Parameter MCPP 6-CMPP 2,4-DP 2,6-DP 2,4,6-TP MCPB Nebenprodukt 2.4-DBIn µg/l MCPB

GWM 1 9.545 433 6.257 367 240 16 188 <0,1

GWM 2 781 28 773 61 7 18 48 3

Ergebnisse der Beprobung der Grundwassermessstellen (GWM) am 6. August 2001

In der Pößnitz neben den Herbiziden Mecoprop undDichlorprop– 2-(6-Chlor-2-methylphenoxy)propionsäure [6-CMPP]– 2-(4,6-Dichlor-2-methylphenoxy)propionsäure*

[4,6-DCMPP]– 2-(2,6-Dichlorphenoxy)propionsäure [2,6-DP]– 2-(2,4,6-Trichlorphenoxy)propionsäure [2,4,6-TP]

Alle so identifizierten Chlorphenoxyalkancarbonsäurenlassen sich eindeutig dem Herstellungsprozess derHerbizide 2,4-D [2,6-D und 2,4,6-T], Mecoprop [6-CMPPund 4,6-DCMPP] sowie Dichlorprop [2,6-DP und 2,4,6-TP] als technologisch bedingte Nebenprodukte zuordnen.

4.3.3.6 Ergebnisse

Die Konzentrationen der Herbizide und ihrer 2,6- und2,4,6-Strukturisomeren an drei Messstellen sind ta-bellarisch zusammengefasst.

• MST PößnitzDie Pößnitz ist ein kleines Fließgewässer in derNähe von Schwarzheide und mündet in dieSchwarze Elster. In der Firma SynthesewerkSchwarzheide wurden bis ca. 1990 u.a. die herbizi-den Wirkstoffe MCPA, Mecoprop, Dichlorprop,MCPB und 2,4-DB hergestellt und unter dem Namen

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129UMWELTDATEN BRANDENBURG 2002

anhand der vorliegenden Messergebnisse noch nichtsausgesagt werden. Eine anwendungsbedingte Ursa-che scheint hier aber sehr unwahrscheinlich zu sein.

4.3.3.7 Zusammenfassung undSchlussfolgerungen

Mit der Identifizierung der unbekannten Chlorphen-oxycarbonsäure als 2,6- und 2,4,6-Strukturisomereder bekannten Herbizide ist es sicher, dass es sichum produktionsbedingte Nebenprodukte handelt.Aus der dargestellten Befundlage ergibt sich die Ver-mutung, dass Chlorphenoxyalkancarbonsäuren, diein 6-Stellung am Phenylring chloriert sind, schwererabbaubar sind als die eingesetzten Herbizide undsich daher nach Herstellungs- und Anwendungspro-zessen durch höhere Persistenz in der Umwelt an-reichern können.

Diese Annahme kann zur Zeit nicht untersetzt wer-den, da es in den uns zugänglichen Datenbanken keineInformationen zu chemischen, physikalischen undökotoxikologischen Eigenschaften der in 2,6- und 2,4,6-substituierten Chlorphenoxyalkancarbonsäuren gibt.

In Brandenburg werden ab sofort diese Strukturiso-meren in das laufende Messprogramm zur Umwelt-überwachung aufgenommen und deren Vorkommenin den aquatischen Systemen weiter beobachtet.

4.3.4. Arzneimittelmessbefunde

Seit etwa 10 Jahren wird die Bedeutung von in derUmwelt nachgewiesenen Arzneimittelrückständen inFachkreisen diskutiert. An dieser Diskussion beteiligtsich auch das Landesumweltamt Brandenburg. Eshat eine Erhebung von Arzneimittelwirkstoffen vorge-legt, die in großen Mengen im Land Brandenburg ver-wendet werden. Gegenwärtig wird ein Bericht überdie ökotoxikologische Bewertung dieser Arzneimittel-wirkstoffe im Referat Q2 erarbeitet. Die dabei recher-chierten Daten ermöglichen auch die Interpretationerster Messbefunde im Land Brandenburg.

4.3.4.1 Messbefunde des BLAC für das LandBrandenburg

Die 47. Umweltministerkonferenz beauftragte im De-zember 1996 den Bund-Länder-Arbeitskreis Chemi-kaliensicherheit (BLAC), ein Konzept zur Beurteilungmöglicher Auswirkungen von Arzneimitteln in der Um-welt zu erarbeiten. In ihrem ersten Bericht empfehlendie Autoren dem Gesetzgeber ein bundesweites Mo-nitoringprogramm der Haupteintragspfade auf Arz-neimittelwirkstoffrückstände bzw. Arzneimittelmeta-boliten. Inzwischen ist ein derartiges Untersuchungs-

SYS 67 in verschiedenen Formulierungen angebo-ten. Die Produktion wurde 1990 eingestellt.

Ab Mai 2001 wurde mit einem Sanierungsprojekt aufdem Gelände dieses Standortes begonnen. Dazuwurde das mit den Herbiziden und anderen chemischtechnologischen Rückständen belastete Grundwas-ser nach mehreren Reinigungsstufen über die be-triebliche Kläranlage in die Pößnitz geleitet. Damitkonnte die Herkunft der Herbizide und Nebenpro-dukte sowie der zeitliche Beginn der positiven Be-funde in der Pößnitz eindeutig diesem Sanierungspro-jekt zugeordnet werden. Zu klären waren noch die un-gewöhnlichen Konzentrationsverhältnisse zwischenden Herbiziden und deren Nebenprodukten. Dazuwurden im August 2001 zwei Grundwassermessstel-len beprobt, die sich direkt im kontaminierten Bereichbefinden.

Die Ergebnisse zeigen, dass die strukturisomerenNebenprodukte im Grundwasser der Altlast vorhan-den sind, allerdings nur mit einem Anteil von 1 - 8 %im Vergleich zum jeweiligen Herbizid. Zusätzlich wur-den hier auch die Buttersäurederivate MCPB und 2,4-DB sowie ein Nebenprodukt des MCPB gefunden. Eshandelt sich dabei wahrscheinlich um die 6-Chlor-2-methylphenoxybuttersäure.Da diese Grundwässer u.a. über eine biologische Ab-wasserbehandlung in die Pößnitz gelangen und sichdie Konzentrationsverhältnisse hier umkehren, ist da-von auszugehen, dass der biologische Abbau derHerbizide in der Kläranlage stattfindet, der Abbau der2,6- und 2,4,6-Strukturisomeren aufgrund ihrer höhe-ren Stabilität aber nicht in gleichem Maße erfolgt. Ausdiesem Grunde wurden die Nebenprodukte im Zeit-raum Juni bis August 2001 in konstant höheren Kon-zentrationen gefunden.

Die beiden erhöhten Werte für Dichlorprop und Me-coprop am 21. Juni und 17. September sind auf zeit-weilige Abbauminderungen der Kläranlage zurückzu-führen.

• MST Oder Frankfurt und Hohenwutzen Die Beschaffenheit der Oder als Grenzgewässer derBundesrepublik Deutschland und der Republik Polenwird seit mehreren Jahren aufmerksam untersucht.So wurden beispielsweise 1996 in einem umfassen-den Projekt Untersuchungen der Sediment-, Schweb-stoff- und Wasserphase durchgeführt. Die höchstenKonzentrationen (bis 10 µg/kg) wurden damals für2,4-DB an der Messstelle Hohenwutzen festgestellt.Zu weiteren, unbekannten Chlorphenoxyalkancar-bonsäuren wurden keine Aussagen getroffen.

Auffällig bei den aus dem Jahre 2001 dargestellten Be-funden ist, dass die hohen Konzentrationen nur im Win-terhalbjahr festgestellt wurden. Über die Herkunft kann

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130 QUERSCHNITTSAUFGABEN

programm geplant und durchgeführt worden. DasLand Brandenburg hat sich nicht mit eigener Analytikan diesem Programm beteiligt. Da auf dem branden-burgischen Territorium jedoch interessante Messstel-len liegen, konnten zwei LAWA-Messstellen der Ha-vel mit in dieses Monitoringprogramm einbezogenwerden. Die Analytik wurde dankenswerter Weise inAmtshilfe durch das Landesumweltamt Nordrhein-Westfalen ausgeführt.

Bei diesen beiden Messstellen handelt es sich zumeinen um die Messstelle Havel bei Henningsdorf undHavel bei Potsdam (Abb. 1). Die Messstelle Havel beiHenningsdorf ist durch brandenburgische Abwässersowie durch eine Altlast (Arzneimittelwerk Oranien-burg) charakterisiert. Die zweite Messstelle HavelPotsdam/Humboldtbrücke widerspiegelt in hohemMaße Einträge aus Berliner Abwasserbehandlungs-anlagen. Die Probenahmen fanden 2001 am 02.01.,26.02., 23.04., 18.06. und 13.08. statt.

4.3.4.2 BLAC - Messergebnisse

Aus der Wirkstoffgruppe der Betablocker und Bron-chospasmolytika lagen viele Analyten an beidenMessstellen unterhalb der Bestimmungsgrenze von60 ng/l. Das waren im Einzelnen Terbutalin, Clenbute-rol, Salbutamol, Nadolol, Betaxolol, Fenoterol und Ca-razolol. Auch die Hormone Estradiol, Estron, Ethiny-lestradiol und Mestranol unterschritten an beidenMessstellen die Bestimmungsgrenze von 1 ng/l. DieAnalgetika Ketoprofen, Ibuprofen und Dimethyl-aminophenazon sowie das Antiepileptikum Diaze-pam konnten ebenfalls weder in Henningsdorf noch inPotsdam oberhalb der Bestimmungsgrenze von 25 ng/ldetektiert werden.

An der Messstelle Havel Potsdam/Humboldtbrückewurden einige Analyten einmalig knapp oberhalb derBestimmungsgrenze gefunden. Dies betrifft den Be-tablocker Bisoprolol (61 ng/l), den Lipidsenkerme-taboliten Fenofibrinsäure (41 ng/l) und das Analgeti-kum Indometacin (26 ng/l).

Die mehrfach positiven Messbefunde sind graphischdargestellt (Abb. 2)

Die Lipidsenker Bezafibrat und Clofibrinsäure zei-gen sich nur an der Messstelle Potsdam, die auchdurch Berliner Abwässer charakterisiert ist, und zwarüber den gesamten Untersuchungszeitraum in einemvergleichbaren Konzentrationsverlauf. Der MessstelleHenningsdorf sind Brandenburger Abwässer aus ei-nem Einzugsbereich von etwa 80.000 Einwohnernzuzuordnen. Der entsprechende Verbrauch von Li-pidsenkern der ersten Generation führt hier offen-sichtlich nicht zu nachweisbaren Mengen im Fließge-wässer.

Das Analgetikum Naproxen wurde nur zweimal knappüber der Bestimmungsgrenze an der MessstellePotsdam gefunden. Dagegen war der aus der gleichenGruppe stammende Wirkstoff Diclofenac in Potsdamin Mengen von mehreren Hundert Nanogramm pro Li-ter gleichmäßig über alle Probenahmen zu finden.Auch in dieser Wirkstoffgruppe führte der Eintrag al-lein aus Brandenburger Abwässern nicht zu positivenFließgewässermessbefunden.

Das Analgetikum Phenazon lag an der MessstelleHenningsdorf in weitaus größeren Konzentrationen vor,als in Potsdam. Verursacht wird dieser Befund durcheine Grundwasser – Altlast im Arzneimittelwerk Orani-enburg, das diesen Wirkstoff lange Zeit produziert hat.

Besondere Aufmerksamkeit verlangt das Antiepilep-tikum Carbamazepin, das sowohl in Potsdam als auchin Henningsdorf nachgewiesen wurden. Dabei lagendie Konzentrationen in Henningsdorf etwa eine Grö-ßenordnung niedriger als in Potsdam. Da dieser Wirk-stoff im Arzneimittelwerk Oranienburg keine Rolle spielt,muss diese Umweltbelastung aus dem Arzneimittel-verbrauch der 80.000 Personen im Einzugsbereichder anliegenden Klärwerke resultieren. Das bedeutet,das das Carbamazepin unabhängig vom Eintrag Ber-liner Abwässer Brandenburger Fließgewässer belastet.Auffällig sind auch die Messwerte für den Betablok-ker Metoprolol. Die neben Befunden unterhalb bzw.dicht an der Bestimmungsgrenze ermittelten maxima-len Konzentrationen von 1,4 µg/l bzw. 1,8 µg/l erschei-nen unerwartet hoch: Mit Hilfe eines einfachen Expo-

Abb. 1: Probenahmestellen für das BLAC-Arzneimittelmonitoring im Land Brandenburg

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131UMWELTDATEN BRANDENBURG 2002

No Effect Concentration, PNEC) sollte nach dem bis-herigen Stand der Erkenntnis zu keinen schädlichenEffekten im aquatischen Ökosystem führen. Schließ-lich wird durch Quotientenbildung der im Fließgewäs-ser gemessenen Höchstkonzentration mit der entspre-chenden PNEC eine Aussage zur Umweltrelevanz mög-lich. Ist dieser Quotient kleiner 1, ist derzeit nicht voneinem akuten Umweltrisiko auszugehen. Bei einemQuotienten >1 oder ~1 muss unter Umständen vonnachteiligen Wirkungen auf aquatische Organismenausgegangen werden. Für die Wirkstoffe Diclofenac,Clofibrinsäure, Phenazon, Naproxen und Carbama-zepin ist eine orientierende Bewertung nach der be-schriebenen Verfahrensweise möglich. Die Ableitungdes Verhältnisses von gemessener Maximalkonzen-tration zur PNEC ist tabellarisch dargestellt.

Somit ergibt sich für Clofibrinsäure bei einem Verhält-nis Konzentration im Fließgewässer : PNEC von ~1,dass schädliche Effekte auf aquatische Organismen(Daphnien) nicht auszuschließen sind. Für die Wirk-stoffe Carbamazepin, Phenazon, Naproxen und Dic-lofenac ergibt sich derzeit kein wirkungsseitig begrün-detes ökotoxikologisches Risiko. Da die vier letztge-nannten Wirkstoffe jedoch als schwer abbaubar gelten

sitionsmodells lässt sich die Umweltkonzentration fürFließgewässer des Landes Brandenburg abschätzen(Predicted Environmental Concentration: PEC).

Die daraus resultierende PEC betrug lediglich ca.0,06 µg/l für Metroprololtartrat. Andererseits wurdenauch in anderen deutschen Fließgewässern Konzen-trationen für Metoprolol von 1,54 µg/l ermittelt, allerdingsals Ausreißer (Medianwerte lagen bei 0,031 µg/l).

4.3.4.3 Ökotoxikologische Bewertung derBLAC-Messergebnisse

Zur Bewertung der ermittelten Messbefunde bezüg-lich einer möglichen Umweltrelevanz für Fließgewässerwerden die analytisch bestimmten Wirkstoffkonzen-trationen (jeweils höchster Messwert) mit bekanntenEffektkonzentrationen oder No-Effektkonzentrationenauf aquatische Organismen verglichen. Diese Effekt-bzw. No-Effektkonzentrationen müssen wegen vielerUnwägbarkeiten (nicht ausreichende Datenlage, Über-tragung von Labortestdaten auf das Freiland, Extrapo-lation von Daten zur akuten Toxizität auf chronischeWirkungen) durch Sicherheitsfaktoren dividiert werden.Die so berechnete Wirkstoffkonzentration (Predicted

Abb. 2: Messergebnisse des BLAC-Arzeimittel-monitorings im Land Brandenburg

PEC-Abschätzung für brandenburgische Fließgewässer➠ Jährliche Verbrauchsmenge für das Land Brandenburg = 993 kg Metoprolol

➠ Prüfung auf Plausibilität anhand der Daten von Österreich:Jährliche Verbrauchsmenge in Österreich = 2442 kg Metoprolol

➠ Umrechnung auf die Einwohnerzahl des Landes Brandenburg ergibt 814 kg

➠ Berücksichtigung des Humanmetabolismus (max. 10 %) unveränderte Ausscheidung

➠ Berücksichtigung der Kläranlageneliminierung (67 %)

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132 QUERSCHNITTSAUFGABEN

und somit eine gewisse Persistenz aufweisen, kannzum jetzigen Zeitpunkt bezüglich eines potenziellenUmweltrisikos keine Entwarnung gegeben werden.

Die Wirkstoffe Metoprolol und Bezafibrat könnenderzeit nicht abschließend bewertet werden, weil fürbeide Stoffe keine ökotoxikologischen Wirkungsda-ten bekannt sind. Hinsichtlich des Abbauverhaltensgibt es für Metoprolol Hinweise auf einen photoly-tischen Abbau. Für Bezafibrat liegen keine Angabenzum Abbauverhalten vor. Eine mögliche Umweltrele-vanz von Bezafibrat wird neben einem anzunehmen-den Bioakkumulationspotential auch durch eine ausModellrechnungen abgeleitete hohe Grundtoxizitätfür Fische (LC 50 = 6,0 mg/l) indiziert. Chronisch-toxische Wirkungen auf den Säugerorganismus sindfür Bezafibrat (Kanzerogenität in hohen Dosen anRatte und Maus, nicht aber für Metoprolol beschrie-ben.

4.3.4.4 Messbefunde für Clofibrinsäure

Clofibrinsäure ist der Hauptmetabolit verschiedenerblutfettsenkender Arzneimittelwirkstoffe. Diese Ver-bindung gehört wie verschiedene Pestizide zurGruppe der Phenoxyalkancarbonsäuren, die einerlaufenden analytischen Überwachung im aquati-

schen Bereich unterliegt. Dadurch konnte dieser Pa-rameter ohne zusätzlichen Aufwand aus dem Grund-und Fließgewässermessprogramm gewonnen wer-den. Im Grundwasser wurde Clofibrinsäure einmal in ei-ner Konzentration von 195 ng/l (Pegel Rauen) nach-gewiesen. In Fließgewässern war die Clofibrinsäurein der Schwarzen Elster auffällig (Abb. 3). An derMessstelle Schwarzheide wurden 5 – 38 ng/l, an derMessstelle Ruhland 48 – 130 ng/l und an der Mess-stelle Bad-Liebenwerda 18 – 23 ng/l festgestellt.

In der Firma BASF Schwarzheide wurden bis zurWende verschiedene Phenoxyalkancarbonsäuren,wie Mecoprop, Dichlorprop und MCPB hergestellt. Dadie Herstellung dieser Herbizide als Quelle wahr-scheinlich nicht in Frage kommt und alle bisherigenUntersuchungen durch das Landesumweltamt imGrundwasser und im Vorfluter der Schwarzen Elster(Pößnitz) für Clofibrinsäure negativ waren, ist eineKontamination durch den Grundwasserabstrom vomBASF-Gelände auszuschließen. Erste hydrologischePrüfungen des Grundwasserabstroms unterstützendiese Aussage.

Auch die Tatsache, dass bereits der Pegel vor der Ein-leitung der BASF (Messstelle Schwarzheide) konta-miniert ist (Abb. 3), spricht für eine Clofibrinsäurebe-lastung aus dem Arzneimittelsektor. Berücksichtigtman den Fakt, dass die Abwässer von ca. 80 000 Ein-wohnern der nordsächsischen Stadt Hoyerswerdaund ihrer näheren Umgebung ebenfalls in dieSchwarze Elster eingeleitet werden, kann mit Hilfeeinfacher Expositionsmodelle der Jahresverbrauchder Arzneimittelwirkstoffe, aus denen Clofibrinsäureentsteht, rückgerechnet werden (Textfeld links). Dem-zufolge lassen sich die in der Schwarzen Elster er-mittelte Clofibrinsäurewerte allein aus der Anwen-dung entsprechender Lipidsenker erklären.

Wirkstoff Clofibrinsäure Carbamazepin Phenazon Diclofenac Naproxen

Höchste gemesseneKonzentration in µg/l 0,133 0,670 0,400 0,470 0,038

Niedrigste bekannte Effekt-konzentration in µg/l a) 10 b) 85.000 c) > 500.000 d) 18.000 e) 140.000

Sicherheitsfaktor 100 5.000 25.000 500 5.000

Resultierende PNECin µg/l 0,100 17 < 20 36 28

Verhältnis Höchstkonzentrationim Oberflächengewässer : PNEC 1,33 0,039 < 0,020 0,013 0,0014

a) Daphnientoxizität , NOEC Reproduktion b) Algentoxizität, EC 50, Desmodesmus subspicatusc) Fischtoxizität, LC 50, 96 h, Brachidanio rerio d) Daphnientoxizität, EC 0, 24 he) Daphnientoxizität, EC 50, 24 h, Daphnia magna

Bewertung der Umweltrelevanz von Arzneimittelwirkstoffen in Brandenburger Fließgewässernanhand ökotoxikologischer Wirkungsdaten

Expositionsabschätzung fürClofibrinsäure in der Schwarzen Elster

➠ Annahme: Jährliche Verbrauchsmenge von ca. 10 kg Fibraten

➠ Plausibilitätsbetrachtung anhand von Daten aus Österreich

➠ Einwohnerzahl Österreichs (7,8 Mio.) korreliert mit ca. 620 kgJahresverbrauch

➠ Umrechnung auf 80 000 Einwohner ergibt ~ 6,4 kg jährlicheVerbrauchsmenge

➠ Berücksichtigung des Humanmetabolismus(90 %-ige Ausscheidung angenommen)

➠ Berücksichtigung der Kläranlageneliminierung (51 %)

➠ Ergebnis: Fließgewässerkonzentration etwa 100 ng/l

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133UMWELTDATEN BRANDENBURG 2002

4.3.5.1 Material und Methoden

Als Versuchsanlage wurde eine geschlossene Kreis-laufanlage im Land Brandenburg ausgesucht, in derWelse gezüchtet werden. Geschlossene Kreislaufan-lagen sind Systeme, in denen das ProduktionsmediumWasser durch Kreislaufführung über einen Reinigungs-teil und einer Vorrichtung zur Wiederanreicherung mitSauerstoff zur vollständigen Wiederverwertung nutz-bar gemacht wird. Der Frischwasserverbrauch be-schränkt sich auf den Ausgleich von unvermeidlichenWasserverlusten (Spritz- und Verdunstungswasser,Reinigungsverluste) und liegt pro Tag normalerweiseunter 10 % des Anlagevolumens. Der Wels ist ein ty-pischer Vertreter für die Züchtung in Kreislaufanla-gen. Zur Fütterung wurde verschreibungspflichtigesvorgefertigtes Fütterungsarzneimittel (Chlortetracyc-lin (CTC)) genutzt. Die Analysen des Antibiotikums er-folgten im SVLA Frankfurt (Oder).

4.3.5.2 Versuchsablauf

Über einen Zeitraum von 10 Tagen wurde im Septem-ber/Oktober 2001 einer Welspopulation (120 Tiere ein-gesetzt) ein CTC-haltiges Fütterungsarzneimittel ver-abreicht und nach einem vorgegebenen Probenah-meschema die CTC-Gehalte im Wasser, Sediment undden Fischen analysiert. Zum Beginn der Versuchs-durchführung wurde eine Nullprobe aller Untersu-chungsmatrices entnommen und vom 1. bis zum 10. Tag0,75 % CTC-haltiges Fütterungsarzneimittel bezogenauf die Fischmasse verabreicht. Ab dem 11. Tag kam 1 %Normalfutter bezogen auf die Fischmasse zum Einsatz.Insgesamt wurden an 10 Tagen die Medien beprobt.

4.3.5.3 Ergebnisse

a) CTC-Gehalte im Wasser der Kreislaufanlage An den jeweiligen Probetagen wurden 2 x 1 l Wasserentnommen. Dabei ergab sich für die jeweiligen Pa-rallelproben mit Ausnahme des 2. Tages annäherndder gleiche CTC-Gehalt. Vom Applikationsbeginn biszum 8. Tag konnte ein stetiger Anstieg der CTC-Kon-zentration im Wasser (Maximalwert 35 µg/l) ver-

4.3.5 Beeinflussung von Umwelt-medien durch Fischarzneimittel

– Teilbericht zum Forschungsvorhaben des Um-weltbundesamtes FKZ: 360 14 002: Modellvorha-ben - "Antibiotischer Fischarzneimitteleinsatz ineiner Kreislaufanlage" –

Die Problematik von Arzneimitteln in der Umwelt hatin den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung ge-wonnen. Als Ursache für die Umweltexposition durchArzneimittel wird überwiegend deren bestimmungs-gemäße Anwendung als Human- und Tierarzneimit-tel sowie Futtermittelzusatzstoff angenommen. Phar-maka werden nach dem bestimmungsgemäßen Ge-brauch unverändert oder in Form von Metabolitenausgeschieden und über den Wasser- bzw. Güllepfadin die einzelnen Umweltkompartimente eingetragen.Fischarzneimittel werden vorwiegend in Form vonFütterungsarzneimitteln (Pellets) bestimmungsgemäßdirekt in den Wasserkörper von Fischaufzuchtsanla-gen eingebracht. Arzneimittelrückstände könnenüber das Ablaufwasser von Aquakulturen in Absetz-teiche oder direkt in die Umwelt gelangen. Beim Ein-satz von Arzneimitteln in der Fischzucht sind somitneben Arzneimittelrückständen im verzehrbaren Teildes Fisches auch Einträge in Sediment und Wasser-körper von Oberflächengewässern zu erwarten, sodass eine eingehende Auseinandersetzung mit die-ser Thematik zum Schutz der Umwelt dringend ge-boten ist. Ein besonderes Problem für den gesund-heitlichen Verbraucherschutz stellt in diesem Zusam-menhang die Zunahme von Antibiotika-Resistenzenin pathogenen Keimen infolge der intensiven Ver-wendung von Antibiotika in der Tierhaltung dar.

Zielstellung der Studie war, in einem kontrolliertenVersuch die Verteilung eines Arzneimittels – Antibio-tikum – im Fisch, Sediment und Wasser nach undwährend der Fütterung in einer Kreislaufanlage nachder bestimmungsgemäßen Anwendung an der Fisch-art Wels zu untersuchen und die gefundenen Datenggf. ökotoxikologisch zu bewerten.

Abb. 3: Lage der Kläranlagen und Messstellen an der Schwarzen Elster

Literatur Seite 205

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134 QUERSCHNITTSAUFGABEN

zeichnet werden. Nach dem 8. Tag ist tendenziell eineAbnahme des CTC-Gehaltes im Wasser zu ver-zeichnen, welche sich ab dem 22. Tag asymptotischder Nachweisgrenze nähert. Für die extreme Verrin-gerung des CTC-Gehaltes vom 8. zum 10. Ver-suchstag (also noch vor Ende der Applikation) gibt esderzeit keine schlüssige Erklärung.

b) CTC-Gehalte im Sediment aus der KreislaufanlageDie Sedimentfraktion wurde durch Abzentrifugierenaus einer Probe gewonnen. Der sehr steile Anstiegder Sedimentkonzentration bezüglich CTC bereitsam 2. Versuchstag könnte mit der anfänglich verrin-gerten Futteraufnahme der Fische (viele Futterresteim Schlamm sichtbar) erklärt werden. Ähnlich demKonzentrationsverlauf im Wasser wird die Maximal-konzentration im Sediment (479 mg CTC/kg) eben-falls am 8. Versuchstag erreicht, während am 10. Ver-suchstag - analog zum Wasser - eine überproportio-nale Abnahme zu verzeichnen ist. In der Tendenzlässt sich auch für das Sediment eine asymptotischeAbklingkurve nach Applikationsende feststellen, wo-bei sich die CTC-Konzentration zwischen dem 8. und12. Versuchstag nahezu halbiert (t 1/2 = 4 d).

c) CTC-Gehalte im Fisch -Verzehrbarer AnteilDie durchschnittliche Schwankungsbreite des CTC-Gehaltes im verzehrbaren Fischanteil innerhalb derParallelbestimmungen (von Fisch zu Fisch an einemProbenahmetag) beträgt während der Applikations-zeit etwa 20 µg/kg (ca. 16 % des Maximalwertes),kann aber, wie am 4. und 12. Versuchstag, auch deutlichhöher sein. Tendenziell zeichnet sich eine schnelle

Konzentrationszunahme ab dem 2. Versuchstag mitder Erreichung der Maximalgehalte (125 µg/kg) am 8.Versuchstag ab. Danach kommt es zu einem im Ver-gleich zu den Kompartimenten Wasser und Sedimentjedoch deutlich verlangsamten Abklingen der CTC-Konzentration im Fisch. Dieses Verhalten beruht of-fensichtlich auf den bekannt geringen Exkretionsra-ten bei poikilothermen Organismen. Der am 4. Ver-suchstag stark absinkende CTC-Gehalt kann amehesten durch die anfangs beobachtete, deutlich ver-ringerte Futteraufnahme der Fische erklärt werden.Aus der durchgeführten Untersuchung geht hervor,dass 20 d nach Applikationsende noch merkliche CTC-Gehalte im verzehrbaren Fischanteil messbar waren.

d) CTC-Gehalte in den Eingeweiden von Fischen auseiner Kreislaufanlage

Der maximale CTC-Gehalt im Eingeweide (440 µg/kg)wurde bereits am 4. Versuchstag festgestellt, wäh-rend danach im weiteren Verlauf eine Verringerungdes CTC-Gehaltes bis zum Erreichen der Bestim-mungsgrenze am 22. Versuchstag zu verzeichnenwar. Im Vergleich zum verzehrbaren Anteil fällt beiBetrachtung der CTC-Gehalte der Eingeweide nachApplikationsende ein beschleunigtes Abklingverhal-ten auf. Auch der relativ hohe Messwert am 15. Ver-suchstag, der durch Mittelwertbildung zweier starkstreuender Einzelwerte entsteht, ändert nichts an derbeschriebenen Tendenz. Möglicherweise ist der andiesem Versuchstag festgestellte erste Einzelwert von149,79 µg/kg als Ausreißer zu betrachten. Eine wesent-liche Fehlerquelle bei der Betrachtung der CTC-Ge-halte der Eingeweide stellt deren vorab nicht durch-geführte Entkotung dar. Somit sind tatsächlich im Ge-

CTC-Gehalte im Fisch im verzehrbaren Teil in µg/kg je TagCTC-Gehalte im Wasser der Kreislaufanlage in µg/l je Tag

CTC-Gehalte im Eingeweide von Fischen in µg/kg je Tag

CTC-Gehalte im Wasser der Kreislaufanlage in µg/l je Tag

Literatur Seite 205

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135UMWELTDATEN BRANDENBURG 2002

fensichtlich nicht zu rechnen. Ein Vergleich des CTC-Gehaltes im verzehrbaren Fischanteil mit dem Maxi-mum Residue Limit (MRL-Wert als maximal duldbareRückstandsmenge entsprechend der EG-Verord-nung 2377/90) von 100 µg/kg zeigt, dass dieser Wertnur zum Ende der Applikationszeit (8. Versuchstag)überschritten und am letzten Versuchstag (26 d nachApplikationsende) deutlich unterschritten wurde. Dievom Hersteller für das verwendete Fütterungsarznei-mittel angegebene Absetzzeit von 30 d ist unter denBedingungen der Versuchsdurchführung offensicht-lich ausreichend.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass dieHauptmenge des applizierten CTC im Sediment ver-bleibt und dort, ähnlich dem OTC, bei den ermitteltenMaximalkonzentrationen möglicherweise negativeEffekte (Resistenzbildung von Sedimentbakterien,Beeinflussung der Reproduktion der Bodenorganis-men) verursachen kann. Zur Charakterisierung dieseru.U. ökotoxikologisch relevanten Effekte sind jedochweitere eingehende Untersuchungen für das CTCselbst erforderlich. Aufgrund der geringen Beständig-keit des CTC im neutralen und alkalischen Mediumist für das Kompartiment Wasser nicht mit dauerhafthohen Expositionskonzentrationen zu rechnen. Dajedoch die Effektkonzentrationen von CTC für aqua-tische Organismen nicht bekannt sind, kann derzeitkeine Risikoabschätzung für dieses Kompartiment er-folgen. Für den verzehrbaren Fischanteil erfolgt of-fensichtlich eine ausreichende Abreicherung desCTC innerhalb der vom Hersteller angegebenen Ab-setzfrist von 30 d, so dass von einer Gefährdung desMenschen beim Verzehr von Fischen, die unter denbeschriebenen Versuchsbedingungen mit CTC be-handelt wurden, nicht auszugehen ist.

4.4 Umweltrecht

4.4.1 LänderübergreifendeKompetenzfeststellungim Wasserrecht

Klassische Regelungsgebiete im Umweltrecht, in de-nen private Laboratorien nach einer staatlichen Noti-fizierung (Zulassung) tätig werden können, sind nebenden Bekanntgaben auf der Grundlage des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) die Zulassun-gen zum Vollzug wasserrechtlicher Vorschriften (z.B.Abwasserabgabengesetz – AbwAG, Brandenburgi-sches Wassergesetz – BbgWG) sowie die Bestim-mungen nach Abfallrecht (Klärschlammverordnung –AbfKlärV, Bioabfallverordnung – BioAbfV).

webe resorbierte CTC-Anteile nicht von denen der alsun- oder halbverdaute Nahrung im Darmlumen ent-haltenen zu unterscheiden. Als Folge muss mit mehroder weniger großen, von der momentanen Nah-rungsaufnahme abhängigen Inhomogenitäten beimso ermittelten CTC-Gehalt der Eingeweide gerechnetwerden. Auch das bereits beschriebene vergleichs-weise schnellere Abklingen der CTC-Gehalte könntezumindest teilweise mit hohen, nicht tatsächlich re-sorbierten CTC-Anteilen erklärt werden.

e) CTC-Gehalte im Fisch -Gesamt- aus einer Kreis-laufanlage

Die CTC-Gehalte im Gesamtfisch wurden als ge-wichtetes arithmetisches Mittel aus allen Einzelge-halten des verzehrbaren Anteils und der Eingeweideberechnet. Der am 8. Versuchstag im Gesamtfisch er-mittelte Maximalgehalt beträgt 128,38 µg CTC/kg Ge-samtgewicht. Mögliche Ursachen für den maximalenCTC-Gehalt nicht zum Zeitpunkt des Applikations-endes sondern bereits zwei Tage davor wurden be-reits in Pkt. 6.1 diskutiert. Ansonsten ist eine eindeu-tige Zunahme der CTC-Gehalte im Fisch währendder Applikation und deren stetige Abnahme nach Ab-setzen des Antibiotikums ersichtlich. Selbst am 36. Ver-suchstag (26 d nach Applikationsende) liegt der CTC-Gehalt bezogen auf den Gesamtfischgehalt nochdeutlich oberhalb der Bestimmungsgrenze.

4.3.5.4 Zusammenfassung

Die CTC-Konzentrationen im Wasser (ermittelter Ma-ximalwert ca. 35 µg/l) sind im Vergleich zur einge-brachten CTC-Menge relativ niedrig. Als Ursache fürdie analytisch ermittelten viel geringeren Konzentra-tionen ist die bereits erwähnte Instabilität des CTC imneutralen und alkalischen Milieu zu sehen. Des Wei-teren ist vom chemisch sehr ähnlichen OTC einestarke Anreicherungstendenz im schlammigen Sedi-ment bekannt. Die ermittelten CTC-Gehalte im Sedi-ment (Maximalwert 479 mg/kg), also mehr als das10.000fache des CTC-Gehaltes im Wasser, bestäti-gen diese Akkumulationstendenz auch für das CTC.Aufgrund fehlender Wirkungsdaten für CTC auf aqua-tische Organismen kann die ökotoxikologische Be-deutung von CTC für das Kompartiment Wasser der-zeit nicht eingeschätzt werden. Mit dauerhaft hohenExpositionskonzentrationen im Wasser ist jedoch of-

CTC-Gehalte im Gesamtfisch in µg/kg je Tag

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136 QUERSCHNITTSAUFGABEN

Dabei liegt die Regelungskompetenz für Notifizierun-gen in der Hand der Bundesländer, was in der Ver-gangenheit immer wieder zu von Land zu Land un-terschiedlichen Verfahren mit unterschiedlichen An-forderungen an private Labore führte. Insbesondereder wasserrechtliche Zulassung wurde von den Län-dern sehr unterschiedlich gehandhabt, da abgesehenvom AbwAG (in Verbindung mit der Abwasserverord-nung - AbwV) das Wasserrecht Ländersache ist. Eineländerübergreifende Anerkennung von Notifizierun-gen war dadurch sehr erschwert.

Ein erster Schritt zur Harmonisierung wurde 1989 vonder Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) ge-tan und mit der Erarbeitung und Herausgabe vonMerkblättern zur Analytischen Qualitätssicherung be-gonnen. Diese Merkblätter, von denen bisher 31 er-schienen sind (Tab. S. 137 oben), dienen vor allemdem Zweck, die Anwendung genormter Verfahrendurch konkrete Hinweise zur Qualitätssicherung zuuntersetzen. Neben den 23 parameterspezifischenMerkblättern wurden acht zu Gebieten, wie z.B. derLaborzulassung, der Durchführung und Auswertungvon Ringversuchen oder der Organisation der Qua-litätssicherung im Labor erstellt. Die Bedeutung derMerkblätter zeigt sich unter anderen darin, dass ihreAnwendung mittlerweile auch in anderen Rechtsnor-men verbindlich festgelegt wurde.

Besondere Bedeutung hatte die Verabschiedung desMerkblattes A-12 "Laborbegutachtung als Kompe-tenzfeststellung für die Notifizierung" für die länderü-bergreifende Vereinheitlichung von Notifizierungs-verfahren, weil darin sehr detailliert die Anforderun-gen an Untersuchungsstellen fixiert worden sind. Zuder in Brandenburg 1997 erlassenen Untersu-chungsstellen-Zulassungsverordnung (UstZulV), dieden rechtlichen Rahmen für eine Zulassung vorgibt,stellt das Merkblatt A-12 eine wichtige Grundlage fürdie fachliche Bewertung von privaten Laboren dar.

Neben diesen praktischen Maßnahmen verstän-digten sich die Bundesländer zu einer verbindlicheländerübergreifenden Vereinheitlichung des Kompe-tenznachweises im gesetzlich geregelten Umweltbe-reich und schlossen dazu eine Verwaltungsvereinba-rung ab. Diese Verwaltungsvereinbarung trat nachUnterzeichnung aller Bundesländer am 16. Januar2001 in Kraft. Zur Untersetzung des formalen Rah-mens wurden eine Reihe von Fachmodulen, geglie-dert nach den Umweltmedien Abfall, Boden, Luft undWasser, erstellt. Darin sind noch einmal die konkre-ten personellen und materiell-technischen Anforde-rungen, der Verfahrensablauf der Notifizierung sowiedie zu beherrschenden Untersuchungsmethoden fi-xiert worden. Mit der Einführung der Fachmodule indas Verwaltungshandels wird in Zukunft ein Kompe-tenzbescheinigung aus Bayern der aus Niedersach-

sen und eine aus dem Saarland der aus Brandenburgentsprechen. Sowohl für Behörden als auch für dieprivaten Labore kann dadurch in Zukunft der Aufwanderheblich gesenkt werden, da der aufwendigste Teilder Notifizierung nur einmal zu absolvieren ist unddeutschlandweit Gültigkeit hat.

Wie bereits früher ausgeführt sind Ringversuche seitJahren ein wesentliches Instrument zur Kontrolle undBewertung von Laboratorien im Vollzug umweltrecht-licher Vorschriften. Daher wurde mit der praktischenUmsetzung des Konzeptes der länderübergreifendenKompetenzfeststellung gerade auf diesem Gebiet be-gonnen. Die innerhalb der LAWA zuständige Arbeits-gruppe bereitete 1998 einen ersten länderübergrei-fenden Abwasserringversuch vor und führte ihndeutschlandweit nach einheitlichen Kriterien durch.Seine Ergebnisse wurden von allen Bundesländernanerkannt. Die Erfahrungen mit diesem und dem sich1999 anschließenden 2. Ringversuch waren so er-mutigend, dass beschlossen wurde, dieses Instru-ment als ständiges Angebot für Zulassungsverfahrenaufrecht zu erhalten. Mittlerweile ist die Zahl dieserländerübergreifenden Ringversuche auf sechs ge-stiegen (Tab. S. 137 unten), zwei weitere Ringversu-che stehen 2002 auf dem Programm.

Da kein Veranstalter allein mehr als 500 Labore imRahmen eines Ringversuches mit Probenmaterialversorgen kann, arbeiten pro Ringversuch stets dreibis vier Landesbehörden zusammen. Vor Beginn wer-den alle Randbedingungen (Probenzahl, Konzentra-tionsniveaus, Probenkonservierung, Probenvertei-lung, Gebühren usw.) abgestimmt, Die Ausgabe derProben, die Bearbeitung und die Abgabe der Ergeb-nisse ist für alle Teilnehmer einheitlich festgelegt,wodurch eine maximale Vergleichbarkeit der Ergeb-nisse gewährleistet wird.

Mit den gesammelten Erfahrungen konnte dasLAWA-AQS-Merkblatt A-3 "Ringversuche zur exter-nen Qualitätssicherung" novelliert werden, so dassalle Regelungen für Ringversuche im Vollzug gut do-kumentiert sind und jederzeit nachvollziehbar vorlie-gen. Die Kooperation zwischen den Ländern führtewie beabsichtigt zu nicht unerheblichen Einsparun-gen. Einerseits kann die Zahl der Teilnehmer für jedender technischen Veranstalter entsprechend seinenKapazitäten optimiert werden, andererseits mussnicht jedes Bundesland die recht teure Technik zurHerstellung der Ringversuchsproben vorhalten. Vondem zweiten Umstand konnte auch Brandenburgprofitieren, da angesichts der in anderen Bundes-ländern vorhanden Kapazitäten eine Investition vonca. 25.000 EUR nicht vorgenommen werden musste.

Literatur Seite 205

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137UMWELTDATEN BRANDENBURG 2002

LAWA-AQS-Merkblätter (Stand IV/2001)

Jahr Parameter Matrix Teilnehmer Teilnehmer- insgesamt - - Brandenburg -

1998 Schwermetalle Abwasser 524 24

1999 Nährstoff/Summenparameter Abwasser 568 30

2000 Schwermetalle Abwasser 562 29

2000 Kationen/Anionen Grundwasser 593 26

2001 Pflanzenschutzmittel Grundwasser 225 10

2001 Summenparameter Abwasser 518 25

Länderübergreifende Ringversuche der LAWA 1998 – 2001

Nr. Titel Jahr

A-1 Hinweise für die Zulassung von Untersuchungsstellen 1991

A-2 Kontrollkarten 1991

A-3 Ringversuche zur externen Qualitätsprüfung von Untersuchungsstellen 2001

A-4 Plausibilitätskontrolle 1989

A-9 Rahmenvertrag für die Vergabe von Analysenaufträgen an externen Untersuchungsstellen 1991

A-10 Hinweise zur Erstellung eines QS-Handbuches zur Dokumentation eines QS-Systemsim Analytischen Labor 1996

A-11 Verzeichnis gleichwertiger Verfahren zur Abwasserverordnung (AbwV) 2001

A-12 Laborbegutachtung als Kompetenzfeststellung für die Notifizierung 2001

P-1 Chemischer Sauerstoffbedarf (CSB) in Abwässern 1989

P-2 Biochemischer Sauerstoffbedarf in 5 Tagen (BSB5) nach dem Verdünnungsprinzip in Abwässern 1989

P-3/1 Bestimmung der Elemente in Wässern in ICP-OES 1993

P-3/2 Bestimmung von ausgewählten Elementen in Wässern mittels Graphitrohr-AAS 2001

P-3/4 Bestimmung von Gesamt-Quecksilber in Wässern mittels AAS 1997

P-3/5 Bestimmung von Arsen in Wässern mittels AAS (Hydridverfahren) 2001

P-4 Photometrische Bestimmung von Ammonium, Nitrat und Nitrit in Wässern 1998

P-5 Adsorbierbare organisch gebundene Halogene (AOX) in Wässern 1998

P-8/1 Probenahme von Abwasser 1993

P-8/2 Probenahme von Grundwasser 1995

P-8/3 Probenahme von Fließgewässern 1998

P-9/1 Bestimmung der nicht akut giftigen Wirkung von Abwasser gegenüber Fischenmit Verdünnungsstufen 1994

P-9/2 Bestimmung der nicht akut giftigen Wirkung von Abwasser gegenüber Daphnienüber Verdünnungsstufen 2000

P-9/3 Bestimmung der nicht akut giftigen Wirkung von Abwasser gegenüber Grünalgen(Scenedesmus-Chlorophyll-Fluoreszenstest) über Verdünnungsstufen 1998

P-9/4 Bestimmung der Hemmwirkung von Abwasser auf die Lichtemission von Photobacterium hosphoreum – Leuchtbakterien-Abwassertest mit konservierten Bakterien 1998

P-9/5 Bestimmung der Hemmwirkung von Abwasser auf die Lichtemission von Photobacteriumphosphoreum – Leuchtbakterien-Abwassertest, Erweiterung des Verfahrens 1998

P-9/6 Bestimmung des erbgutverändernden Potentials von Wasser- und Abwasserinhalts-stoffen mit dem umu-Test 1998

P-10/1 Bestimmung von leichtflüchtigen halogenierten Kohlenwasserstoffes in Wässernmit GC-ECD nach flüssig-flüssig-Extraktion 1996

P-11 Bestimmung von Chlorid, Nitrat, Sulfat und Sulfit in Wässern mit der Ionenchromatographie 1994

P-12 Bestimmung von Gesamt-Stickstoff in Wasser 1994

P-13 Bestimmung von ortho-Phosphat und Gesamtphosphor in Wässern 1995

P-14 Bestimmung des gesamten organisch gebundenen Kohlenstoffs (TOC) in Wasser 1995

P-15 Sedimentuntersuchung 1997