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4. Vorlesung Fuzzy Systeme Fuzzy Inferenz Soft Control (AT 3, RMA)

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4. Vorlesung

Fuzzy Systeme

Fuzzy Inferenz

Soft Control

(AT 3, RMA)

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84 WS 17/18 Georg Frey

4. Vorlesung im Aufbau der Vorlesung

1. Einführung Soft Control: Definition und Abgrenzung, Grundlagen

"intelligenter" Systeme

2. Wissensrepräsentation und Wissensverarbeitung (Symbolische KI)

Anwendung: Expertensysteme

3. Fuzzy-Systeme: Umgang mit unscharfem Wissen

Anwendung: Fuzzy-Control

1. Fuzzy-Mengen

2. Fuzzy-Inferenz

4. Konnektionistische Systeme: Neuronale Netze

Anwendung: Identifikation und neuronale Regler

5. Genetische Algorithmen, Simulated Annealing, Differential Evolution

Anwendung: Optimierung

6. Zusammenfassung & Literaturhinweise

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85 WS 17/18 Georg Frey

Inhalt der 4. Vorlesung

1. Relationen

1. Logisches Schließen

2. Fuzzy-logisches Schließen

2. Fuzzy-Linguistik

1. Linguistische Variablen und Terme

2. Linguistische Regeln (Fuzzy-Implikation)

3. Fuzzy-Inferenz

1. Prämissenauswertung

2. Aktivierung

3. Akkumulation

4. Zusammenfassung

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86 WS 17/18 Georg Frey

Logisches Schließen (Relationen)

• Beispiel: Zusammenhang zwischen Farbe und Reifegrad einer

Tomate:

Menge der Farben: X = {grün, gelb, rot}

Vektoren: grün = (1 0 0); gelb = (0 1 0); rot = (0 0 1)

Menge der Reifegrade: Y = {unreif, halbreif, reif}

Vektoren: unreif = (1 0 0); halbreif = (0 1 0); reif = (0 0 1)

Farbe-Reifegrad-Relation: R1 gegeben durch Relationstabelle bzw. Matrix

Relationen eignen sich zur Modellierung von WENN-DANN-Regeln

• Interpretation der Relationsmatrix:

WENN eine Tomate grün ist, DANN ist sie unreif (grün ◦ R1 = unreif)

WENN eine Tomate gelb ist, DANN ist sie halbreif (gelb ◦ R1 = halbreif)

WENN eine Tomate rot ist, DANN ist sie reif (rot ◦ R1 = reif)

R1: x \ y unreif halbreif reif

grün 1 0 0

gelb 0 1 0

rot 0 0 1

100

010

001

R1

normale

Matrizenmultiplikation

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87 WS 17/18 Georg Frey

Fuzzy-logisches Schließen (Fuzzy-Relationen)

• Beispiel: Zusammenhang zwischen Farbe und Reifegrad einer

Tomate:

Farbe-Reifegrad-Relation: Diesmal als Fuzzy-Relation R2 gegeben durch

Relationstabelle bzw. Matrix

• Interpretation der Relationsmatrix:

WENN eine Tomate grün ist,

DANN ist sie wahrscheinlich unreif, höchstens aber halbreif

grün ◦ R2 = (1 0,5 0)

WENN eine Tomate gelb ist,

DANN ist sie wahrscheinlich halbreif, eventuell aber auch unreif oder reif

gelb ◦ R2 = (0,3 1 0,3)

WENN eine Tomate rot ist,

DANN ist sie wahrscheinlich reif, mindestens aber halbreif

rot ◦ R2 = (0 0,6 1)

R2: x \ y unreif halbreif reif

grün 1 0,5 0

gelb 0,3 1 0,3

rot 0 0,6 1

16,00

3,013,0

05,01

R2

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88 WS 17/18 Georg Frey

Fuzzy-logisches Schließen mit Fuzzy-Eingangswerten

• Am Beispiel kann man erkennen, dass eine Erweiterung auf

unscharfe Eingangswerte möglich ist

• Annahme: Eine Entscheidung zwischen grün und gelb kann nicht

getroffen werden:

• Farbe liegt zwischen grün und gelb: x = (0,5 0,5 0)

• (0,5 0,5 0) ◦ R2 = (0,5 0,5 0,3)

• Die Tomate ist sehr wahrscheinlich halbreif oder unreif, sie könnte

aber auch reif sein

Fuzzy-Implikation

aber zunächst einige Begriffsdefinitionen

Fuzzy-Matrizenmultiplikation

z.B.: Produkt = MIN, Summe = MAX

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89 WS 17/18 Georg Frey

Linguistische Variablen und Terme

• Ziel: Problemstellungen, die sich verbal beschreiben lassen, in algorithmische Berechnungsverfahren zu überführen.

• Herkömmliche (scharfe, exakte) Variable X Darstellbar in der Form: X = Zahlenwert * Einheit

Beispiele: Gewinn = 25 €; Temperatur = 20,73°C; Distanz = 0,73982625 m

Die Menge der Zahlenwerte ist im Allgemeinen nicht endlich

• Linguistische Variable X Darstellbar in der Form: X = linguistischer Term

Beispiele: Gewinn = klein; Temperatur = mittel; Distanz = kurz

Die Menge der linguistischen Terme ist endlich (auch bei unbeschränkter Grundmenge)

Jeder linguistische Term wird durch eine Fuzzy-Menge dargestellt

Linguistische Variable: Größe, deren Werte linguistische Terme sind

(VDI/VDE 3550)

Linguistischer Term: Natürlichsprachliche Bezeichnung, um Eigenschaften

einer Größe zu charakterisieren (z.B. „hoch“, „warm“)

(VDI/VDE 3550)

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90 WS 17/18 Georg Frey

Beispiel: Linguistische Variable Temperatur

• Linguistische Variable: Temperatur

• Linguistische Terme: sehr niedrig, niedrig, mittel, hoch , sehr hoch

1

0

μ

T/°C

50 100 0

sehr niedrig niedrig sehr hoch hoch mittel

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91 WS 17/18 Georg Frey

Definition linguistischer Variablen

• Im Allgemeinen werden die Fuzzy-Mengen am Rand des

Definitionsbereichs als Trapez angenommen

• Im Zwischenbereich werden oft dreiecksförmige Fuzzy-Mengen benutzt

• Die Anzahl der linguistischen Terme hängt vom Anwendungsfall ab,

typische Werte liegen zwischen 3 und 7

je weniger Terme, desto einfacher ist die Festlegung und der spätere Aufbau von

Regeln

je mehr Werte, desto schwieriger ist die Festlegung; es muss mehr Wissen über das

System verfügbar sein (hohe Granularität des Wissens)

• Im Allgemeinen sind die Fuzzy-Mengen so angeordnet, dass es zu

Überlappungen kommt ein scharfer Signalwert kann gleichzeitig zu

mehreren Mengen gehören

• Sinnvollerweise ist für jeden exakten Wert im Definitionsbereich der

Zugehörigkeitsgrad zu mindestens einer Fuzzy-Menge größer 0

• Oft wird zusätzlich gefordert, dass die Summe aller

Zugehörigkeitsgrade für einen scharfen Wert immer 1 ergibt

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92 WS 17/18 Georg Frey

Linguistische Regel

Allgemein spricht man beim Schließen von

• einer Implikation (WENN-DANN-Regel)

• einem gegebenen Faktum (aktueller Wert der Prämisse)

• einem Schluss (resultierender Wert der Konklusion)

Beispiel

• Implikation: WENN die Tomate rot ist DANN ist sie reif

• Faktum: Die gegebene Tomate ist rot

• Schluss: Die gegebene Tomate ist reif

WENN-DANN-Regel mit Prämisse (Bedingung, WENN-Teil) und Konklusion

(Schlussfolgerung, DANN-Teil), wobei zumindest die Prämisse linguistisch

sein muss

(VDI/VDE 3550)

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93 WS 17/18 Georg Frey

Fuzzy-Implikation

Allgemeine Beschreibung der Implikation:

• WENN die Aussage A gilt, DANN gilt die Aussage B

Oder

• A B

Forderung:

• Wahrheitsgehalt der Konklusion soll nicht größer sein als derjenige

der Prämisse

Zugehörigkeitsfunktion der Regel R: A B

• Diskreter Fall:

μR(x, y) = μxy(x, y) = μ1(x) μ2(y) = μ1T(x) ◦ μ2(y) (x, y) G1 G2

Hierbei ist ein Fuzzy-Matrizenprodukt zu verwenden (z.B. MIN-MAX)

• Kontinuierlicher Fall

μR(x, y) = μxy(x, y) = μ1(x) · μ2(y) (x, y) G1 G2

μR(x, y) = μxy(x, y) = min(μ1(x), μ2(y)) (x, y) G1 G2

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94 WS 17/18 Georg Frey

Linguistische Regel (formal)

Formal (diskret)

• Implikation: μR(x, y) = μxy(x, y) = μx(x) μy(y) = μxT(x) ◦ μy(y)

• Faktum: μx‘(x)

• Schluss: μy‘(y) = μx‘(x) ◦ μR(x, y) = Fuzzy-Inferenzbild

Formal (kontinuierlich Bsp.: MIN-MAX)

• Implikation: μR(x, y) = min(μx(x), μy(y))

• Faktum: μx‘(x)

• Schluss: μy‘(y) = max(min(μx‘(x), μR(x, y))) Maximum über alle x

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95 WS 17/18 Georg Frey

Linguistische Regel: Beispiel Erhitzen von Wasser (1)

• Beispiel: Erhitzen von Wasser nach der Regel R

R: WENN Temperatur T = niedrig DANN Wärmezufuhr W = hoch

0

μW

W/%

60 100

hoch

0,5

1

0

μT

T/°C

30 50

niedrig

0,5

1

80 10

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96 WS 17/18 Georg Frey

Linguistische Regel: Beispiel Erhitzen von Wasser (2)

• Diskretisierung der Grundmengen und der Fuzzy-Terme:

G1 = {10, 20, 30, 40, 50} G2 = {60, 70, 80, 90, 100}

μT(T) = (0 0,5 1 0,5 0) μW(W) = (0 0,5 1 0,5 0)

• Relationsmatrix: μR(T, W) = μTT(T) ◦ μW(W) = min(μT(T), μW(W))

T \ W 60 70 80 90 100

10 0 0 0 0 0

20 0 0,5 0,5 0,5 0

30 0 0,5 1 0,5 0

40 0 0,5 0,5 0,5 0

50 0 0 0 0 0

0

μW

W/%

60 100

hoch

0,5

1

0

μT

T/°C

30 50

niedrig

0,5

1

80 10

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97 WS 17/18 Georg Frey

Linguistische Regel: Beispiel Erhitzen von Wasser (3)

• Diskretisierung des Faktums über G1 = {10, 20, 30, 40, 50} μT‘(T) = (1 0,5 0 0 0)

• Berechnung des Schlusses:

• μW‘(W) = μT‘(T) ◦ μR(T,W) = max(min(μT‘(T), μR(T,W))) = (0 0,5 0,5 0,5 0) Maximum über alle T

T \ W 60 70 80 90 100

10 0 0 0 0 0

20 0 0,5 0,5 0,5 0

30 0 0,5 1 0,5 0

40 0 0,5 0,5 0,5 0

50 0 0 0 0 0

0

μW

W/%

60 100

hoch

0,5

1

0

μT

T/°C

30 50

niedrig

0,5

1

80 10

unangenehm

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98 WS 17/18 Georg Frey

Linguistische Regel: Beispiel Erhitzen von Wasser (4)

• Grafische Interpretation: Das Ergebnis der Inferenz bei einer Regel ist die „geköpfte“ Fuzzy-Menge der Konklusion, deren Höhe durch den Erfüllungsgrad der Prämisse gegebenen ist. (NICHT α-Schnitt)

• Sei H der Erfüllungsgrad der Prämisse, dann gilt

• μW‘(W) = H ◦ μW(W) = min(H, μW(W))

• Kann man auch rechnerisch zu dem Ergebnis kommen?

0

μW

W/%

60 100

hoch

0,5

1

0

μT

T/°C

30 50

niedrig

0,5

1

80 10

unangenehm

0,3

H =

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99 WS 17/18 Georg Frey

Einschub: Berechnung des Schlusses

Berechnung des Schlusses:

μW‘(W) = μT‘(T) ◦ μR(T,W) = max( min(μT‘(T), μR(T,W)))

über T

μW‘(W) = μT‘(T) ◦ (μTT(T) ◦ μW(W)) = max( min(μT‘(T), min(μT(T), μW(W)) ) )

über T

μW‘(W) = μT‘(T) ◦ μTT(T) ◦ μW(W) = max ( min(μT‘(T), μT(T), μW(W) ) )

über T

μW‘(W) = (μT‘(T) ◦ μTT(T)) ◦ μW(W) = min( max( min(μT‘(T), μT(T))), μW(W) )

über T

μW‘(W) = H ◦ μW(W) = min(H, μW(W))

H = μT‘(T) ◦ μTT(T) = max( min(μT‘(T), μT(T)))

über T

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100 WS 17/18 Georg Frey

Linguistische Regel: Beispiel Erhitzen von Wasser (5)

Grenzwert für exakte Eingangsgrößen: Beispiel T = 20 °C

Interessant:

• Verschiedene Fakten können bei der Implikation zum gleichen Schluss führen

• Wichtig ist lediglich der Erfüllungsgrad der Prämisse

0

μW

W/%

60 100

hoch

0,5

1

0

μT

T/°C

30 50

niedrig

0,5

1

80 10

0,3

H =

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101 WS 17/18 Georg Frey

Zwischenstand und weiteres Vorgehen

• Bisher erreicht:

Abbildung verbaler Aussagen durch Fuzzy-Logik

Möglichkeit der Verarbeitung einfacher WENN-DANN-Regeln

Eingang und Ausgang sind Fuzzy-Variablen

• Probleme:

Zur Behandlung komplexer Fragestellungen ist die gleichzeitige

Verarbeitung mehrerer Regeln notwendig

Einzelne Regeln müssen auch die Verwendung zusammengesetzter

Prämissen erlauben (WENN A UND B UND C DANN D)

Die Ein- und Ausgangsgrößen bei technischen Systemen

(Fuzzy-Control) sind exakte Größen (keine linguistischen)

• Weiteres Vorgehen:

Erweiterung der Regelverarbeitung

Fuzzy-Inferenz

Definition eines Systems, das exakte Größen verarbeitet und liefert

Fuzzy-System

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102 WS 17/18 Georg Frey

Inferenz

• engl.: inference

Auswertung der Regelbasis, wodurch aus fuzzifizierten Eingangsgrößen eine

Fuzzy-Menge der Ausgangsgröße erzeugt wird. Die Teilschritte der Inferenz

sind die Prämissenauswertung, die Aktivierung und die Akkumulation

(VDI/VDE 3550)

Prämissenaus-

wertung

(Aggregation)

Aktivierung

(Komposition) Akkumulation

Inferenz

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103 WS 17/18 Georg Frey

Prämissenauswertung

• engl.: aggregation

• Synonym: Aggregation

Prämissenaus-

wertung

(Aggregation)

Aktivierung

(Komposition) Akkumulation

Bestimmung des Zugehörigkeitsgrads der Prämisse einer linguistischen

Regel, durch Verknüpfung der Zugehörigkeitsgrade aller linguistischen

Teilprämissen mittels Fuzzy-Operatoren

(VDI/VDE 3550)

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104 WS 17/18 Georg Frey

Linguistische Prämisse und Teilprämisse

• engl.: premise, linguistic condition

• Synonym: komplexe linguistische Aussage

• Bsp.: Temperatur ist warm und Druck ist hoch

Linguistische Prämisse: Bedingung (WENN-Teil) einer linguistischen Regel,

der sich aus der Verknüpfung mehrerer linguistischer Teilprämissen

zusammensetzen kann

(VDI/VDE 3550)

• engl.: linguistic subcondition

• Synonym: linguistische Elementaraussage

• Bsp.: Temperatur ist warm

Linguistische Teilprämisse: Teilaussage in einer Prämisse, einer

linguistischen Regel, in der nur eine linguistische Variable und ein

linguistischer Term vorkommen (VDI/VDE 3550)

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105 WS 17/18 Georg Frey

Mehrere Prämissen in einer Regel

WENN A UND B DANN C

• Sei HA der Erfüllungsgrad der Teilprämisse A und HB der

Erfüllungsgrad der Teilprämisse B dann können diese über einen

Fuzzy-UND-Operator zum Erfüllungsgrad der Prämisse verbunden

werden

• Bsp: MIN-Operator; Das Minimum der Erfüllungsgrade liefert im

Falle mehrerer Prämissen den Erfüllungsgrad der Regel

WENN A ODER B DANN C

• Sei HA der Erfüllungsgrad der Teilprämisse A und HB der

Erfüllungsgrad der Teilprämisse B dann können diese über einen

Fuzzy-ODER-Operator zum Erfüllungsgrad der Prämisse verbunden

werden

• Bsp.: MAX-Operator; Das Maximum der Erfüllungsgrade liefert im

Falle mehrerer Prämissen den Erfüllungsgrad der Regel

Vereinfachung: Regeln deren Prämissen mit oder verknüpft sind können in

mehrere Regeln aufgespalten werden

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106 WS 17/18 Georg Frey

Beispiel zur Prämissenauswertung

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107 WS 17/18 Georg Frey

Aktivierung

• engl.: activation, composition

• Synonym: Komposition

• Gebräuchliche Funktionen: Minimum, Produkt

Bestimmung des Zugehörigkeitsgrads der Konklusion einer linguistischen

Regel aus dem Zugehörigkeitsgrad der Prämisse und einem eventuell

vorhandenen Wichtungsfaktor

(VDI/VDE 3550)

Prämissenaus-

wertung

(Aggregation)

Aktivierung

(Komposition) Akkumulation

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108 WS 17/18 Georg Frey

Beispiel zur Aktivierung

Sei H der Erfüllungsgrad der Prämisse, dann gilt mit MIN

• μW‘(W) = H ◦ μW(W) = min(H, μW(W))

Alternativ: Benutzung des Produkts bei der Aktivierung

• μW‘(W) = H ◦ μW(W) = H ·μW(W)

0

μW

W/%

60 100

hoch

0,5

1

0

μT

T/°C

30 50

niedrig

0,5

1

80 10

unangenehm

0,3 0,3 H =

0

μW

W/%

hoch

0,5

1

0

μT

T/°C

niedrig

0,5

1 unangenehm

0,3 0,3 H =

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109 WS 17/18 Georg Frey

Akkumulation

• engl.: accumulation

• Bei der Akkumulation werden die Konklusionen der einzelnen

Regeln (Fuzzy-Mengen) zusammengefasst (Vereinigung, ODER)

Verwendung einer der definierten ODER-Funktionen; üblich:

Max

algebraische Summe

Summe

(falls im Anschluss der Übergang zu einem scharfen Wert erfolgt ist es

hinnehmbar, dass die hier resultierende Zugehörigkeitsfunktion eventuell Werte

größer eins annimmt)

Zusammenfassung der Zugehörigkeitsgrade der Konklusionen aller

linguistischen Regeln zu einer Fuzzy-Menge der Ausgangsgröße

(VDI/VDE 3550)

Prämissenaus-

wertung

(Aggregation)

Aktivierung

(Komposition) Akkumulation

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110 WS 17/18 Georg Frey

Beispiel zur Akkumulation

• Zwei Regeln:

WENN T = niedrig DANN W= hoch

WENN T = mittel DANN W = mittel

• Faktum: T = 45 °C

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111 WS 17/18 Georg Frey

Regelbasis

• Synonym: Regelwerk (VDI/VDE 3550)

• engl.: rule base

• Allgemeine Form:

R1: WENN x1 = A11... ...UND xn = A1n DANN y = B1

Rj: WENN x1 = Aj1... ...UND xn = Ajn DANN y = Bj

Rm: WENN x1 = Am1... ...UND xn = Amn DANN y = Bm

Eingangsgrößen: x1, ..., xn

Ausgangsgröße: y

linguistische Terme der Eingangsgröße xi: A1i, A2i,..., Ami

linguistische Terme der Ausgangsgröße y: B1, B2,..., Bm

Die Gesamtheit der linguistischen Regeln, die das vorhandene Wissen zum

Erreichen bestimmter Ziele beschreiben

(VDI/VDE 3550)

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112 WS 17/18 Georg Frey

Auswertung der Regelbasis

• Allgemeine Form:

R1: WENN x1 = A11... ...UND xn = A1n DANN y = B1

Rj: WENN x1 = Aj1... ...UND xn = Ajn DANN y = Bj

Rm: WENN x1 = Am1... ...UND xn = Amn DANN y = Bm

Eingangsgrößen: x1, ..., xn

Ausgangsgröße: y

linguistische Terme der Eingangsgröße xi: A1i, A2i,..., Ami

linguistische Terme der Ausgangsgröße y: B1, B2,..., Bm

• Sei Hi der Erfüllungsgrad der Regel Ri, dann gilt (MAX-MIN):

yi = min(Hi, Bi) Zugehörigkeitsgrad der Konklusion von Ri

y = max(yi) Zugehörigkeitsgrad der Ausgangsgröße i = 1...m

y = max(min(Hi, Bi)) i = 1...m

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113 WS 17/18 Georg Frey

Charakterisierung von Inferenz-Methoden

• Zur Beschreibung einer Inferenz-Methode müssen die in den drei

Schritten Prämissenauswertung, Aggregation und Akkumulation

verwendeten Operatoren festgelegt werden

Prämissenauswertung: Operatoren für UND und ODER

(t-Norm und s-Norm)

Aktivierung: Operator für den Schluss von Prämisse auf Konklusion (t-Norm)

Akkumulation: Operator für die Zusammenfassung der einzelnen Regelausgänge

(ODER, s-Norm)

• Vereinfachung

Im Allgemeinen geht man davon aus, dass in den Prämissen nur UND-

Verknüpfungen vorkommen

Festlegung des ODER-Operators für die Prämissenauswertung entfällt

Üblicherweise verwendet man für den UND-Operator in der Prämissenauswertung

die t-Norm, die auch in der Aktivierung verwendet wird

• Folgerung

Die Festlegung der Operatoren für Aktivierung und Akkumulation ist in den meisten

Fällen ausreichend

Gebräuchliche Methoden sind MAX-MIN-Inferenz, MAX-Prod-Inferenz und Sum-

Prod-Inferenz

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114 WS 17/18 Georg Frey

MAX-MIN-Inferenz

• Aktivierung über MIN

• Akkumulation über MAX

• y = max(min(Hi, Bi)) i = 1...m

• Üblicherweise wird hier der Minimum-Operator für die

Prämissenauswertung verwendet

• Maximum und Minimum-Operator bilden ein zusammengehöriges

Paar aus t-Norm und s-Norm

Inferenz, die den Minimum-Operator in der Aktivierung und den Maximum-

Operator in der Akkumulation verwendet

(VDI/VDE 3550)

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SC

115 WS 17/18 Georg Frey

MAX-Prod-Inferenz

• Aktivierung über Produkt

• Akkumulation über MAX

• y = max(Hi ·Bi)) i = 1...m

• Üblicherweise wird hier der Produkt-Operator für die

Prämissenauswertung verwendet

• Es handelt sich hier zwar um eine Kombination aus t-Norm und s-

Norm

• ABER Maximum und Produkt-Operator bilden kein

zusammengehöriges Paar aus t-Norm und s-Norm

Inferenz, die den Produkt-Operator in der Aktivierung und den Maximum-

Operator in der Akkumulation verwendet

(VDI/VDE 3550)

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SC

116 WS 17/18 Georg Frey

Sum-Prod-Inferenz

• Aktivierung über Produkt

• Akkumulation über Summe

• y = Hi ·Bi i = 1...m

• Üblicherweise wird hier der Produktoperator für die

Prämissenauswertung verwendet

• Der Summen-Operator ist keine s-Norm

• Allerdings (Vorgriff auf die Anwendung):

Bei der Sum-Prod-Inferenz entsteht bei geeigneter Wahl der

Zugehörigkeitsfunktionen und der Defuzzifizierungsmethode ein

stückweise lineares Kennfeld, dies kann bei einem Fuzzy-Regler

vorteilhaft sein

Inferenz, die den Produkt-Operator in der Aktivierung und den Summen-

Operator in der Akkumulation verwendet

(VDI/VDE 3550)

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SC

117 WS 17/18 Georg Frey

Ausblick

• Die Vor- und Nachteile der einzelnen Inferenz-Methoden werden in der

Anwendung auf konkrete Probleme sichtbar.

• Speziell bei Fuzzy-Controllern können diese durch Ermittlung eines

entsprechenden Kennfeldes illustriert werden

Einführung von Fuzzy-Controllern in der nächsten Vorlesung

Gegenüberstellung der verschiedenen Methoden anhand eines

konkreten Beispiels in der übernächsten Vorlesung (Übung)

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SC

118 WS 17/18 Georg Frey

Zusammenfassung und Lernkontrolle zur 4. Vorlesung

Begriffe der Fuzzy-Linguistik kennen

Eine Regelbasis aufstellen können

Vorgehen bei der Inferenz erläutern können

Prämissenauswertung (Aggregation)

Aktivierung (Komposition)

Akkumulation

Verschiedene Inferenz-Methoden anwenden können

MAX-MIN

MAX-PROD

SUM-PROD