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4.9 Eisengusswerkstoffe 249 gend durch die Elemente Wolfram, Chrom, Molyb- dän, Vanadium gebildet werden. Der Kohlenstoff- gehalt muss daher relativ groß sein; er beträgt min- destens 0,8 %. Das Gefüge ist im Wesentlichen lede- buritisch. Es besteht aus Sondercarbiden (statt Fe 3 C bei unlegierten Stählen) und Austenit, der im Allge- meinen zum größeren Teil in Martensit (evtl. Bainit) umgewandelt ist. Die Ursache der hervorragenden Schneidfähigkeit auch bei größeren Temperaturen beruht auf der bemerkenswerten Anlassbeständig- keit und dem hohen Gehalt an Sondercarbiden. Zum Härten sind wegen der schwerlöslichen, sta- bilen Carbide sehr hohe, z. T. direkt unter Solidus liegende (1200 °C bis 1320 °C), Austenitisierungs- temperaturen erforderlich. Temperatur und die Hal- tedauer müssen wegen der Grobkornbildung sehr genau eingehalten werden. Um Verzug und Rissbil- dung zu vermeiden, müssen diese spröden Werk- stoffe in mehreren Stufen, meistens im Salzbad, auf Härtetemperatur erwärmt werden. Nach dem Härten besteht der Stahl aus ca. 70 % Martensit, 10 % Carbiden und wegen des hohen Le- gierungsgehaltes aus ca. 20 % Restaustenit. Ein An- lassen bei Temperaturen um 550 °C führt zur Aus- scheidung der stark härtesteigernden feinverteilten Sondercarbide. Die Überlagerung der Härte des zer- fallenen Martensits und des zusätzlichen Härtege- winns durch diese Ausscheidungshärtung ergibt das charakteristische Anlassverhalten (siehe Vergütungs- schaubilder) der Schnellarbeitsstähle (Bild 4.114). Carbide scheiden sich beim Anlassen nicht nur aus dem Martensit, sondern auch aus dem Restaustenit aus, wodurch dessen Gehalt an Kohlenstoff und Le- gierungselementen abnimmt. Beim Abkühlen wan- delt daher ein großer Teil des Restaustenits in (nicht angelassenen) Martensit um, wodurch eine weitere Härtesteigerung erzielt wird. Die diffusionskontrollierten Vorgänge beim Anlas- sen verlaufen sehr träge. Daher wird in vielen Fäl- len, vor allem bei einem hohen Gehalt an nicht an- gelassenem Martensit, zwei- oder dreimal angelas- sen. Bild 4.115 zeigt den Temperaturverlauf beim Härten und Anlassen. Es muss ausdrücklich betont werden, dass die Dau- erwarmhärte mit zunehmender Betriebstemperatur – insbesondere oberhalb der Anlasstemperatur (> 550 °C) in jedem Fall abnimmt (Bild 4.116). Durch ein Beschichten mit Hartstoffen (TiC, TiN) werden Verschleißwiderstand und Standzeit wesent- lich erhöht (siehe S. 333). 4.9 Eisengusswerkstoffe 4.9.1 Begriff, Bedeutung, Einteilung Der Begriff Gusswerkstoffe geht auf das Formge- bungsverfahren zurück. Der Werkstoff wird im flüs- sigen Zustand (Schmelze) in Formen vergossen. Das Werkstück erhält bei der Erstarrung die so vorge- gebene äußere Gestalt, die im Allgemeinen nur noch mittels spanabhebender Bearbeitungsverfahren ver- ändert wird. Die Bedeutung der Gusswerkstoffe beruht neben den spezifischen guten Eigenschaften dieser Werk- stoffgruppe, z. B. gute Korrosionsbeständigkeit und hohes Dämpfungsvermögen von Grauguss, im We- Bild 4.115 Zeit-Temperatur-Verlauf beim Härten und Anlassen von Schnellarbeitsstählen Temperatur J 1000 500 °C Zeit t Abschrecken in Öl Abkühlen in Luft Anlassen Anlassen Bild 4.116 Verlauf der Dauerwarmhärte eines kobaltlegierten Schnell- arbeitsstahles (nach BICKEL) Härte 800 600 400 200 0 0 120 240 360 480 min Zeit t 400 °C 500 °C 580 °C 620 °C 600 °C 640 °C 660 °C 700 °C HV

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gend durch die Elemente Wolfram, Chrom, Molyb-dän, Vanadium gebildet werden. Der Kohlenstoff-gehalt muss daher relativ groß sein; er beträgt min-destens 0,8 %. Das Gefüge ist im Wesentlichen lede-buritisch. Es besteht aus Sondercarbiden (statt Fe

3C

bei unlegierten Stählen) und Austenit, der im Allge-meinen zum größeren Teil in Martensit (evtl. Bainit) umgewandelt ist. Die Ursache der hervorragenden Schneidfähigkeit auch bei größeren Temperaturen beruht auf der bemerkenswerten Anlassbeständig-keit und dem hohen Gehalt an Sondercarbiden.

Zum Härten sind wegen der schwerlöslichen, sta-bilen Carbide sehr hohe, z. T. direkt unter Solidus liegende (1200 °C bis 1320 °C), Austenitisierungs-temperaturen erforderlich. Temperatur und die Hal-tedauer müssen wegen der Grobkornbildung sehr genau eingehalten werden. Um Verzug und Riss bil-dung zu vermeiden, müssen diese spröden Werk-stoffe in mehreren Stufen, meistens im Salzbad, auf Härtetemperatur erwärmt werden.

Nach dem Härten besteht der Stahl aus ca. 70 % Martensit, 10 % Carbiden und wegen des hohen Le-gierungsgehaltes aus ca. 20 % Restaustenit. Ein An-lassen bei Temperaturen um 550 °C führt zur Aus-scheidung der stark härtesteigernden feinverteilten Sondercarbide. Die Überlagerung der Härte des zer-fallenen Martensits und des zusätzlichen Härtege-winns durch diese Ausscheidungshärtung ergibt das charakteristische Anlassverhalten (siehe Vergütungs-schaubilder) der Schnellarbeitsstähle (Bild 4.114).

Carbide scheiden sich beim Anlassen nicht nur aus dem Martensit, sondern auch aus dem Restaustenit aus, wodurch dessen Gehalt an Kohlenstoff und Le-gierungselementen abnimmt. Beim Abkühlen wan-delt daher ein großer Teil des Restaustenits in (nicht angelassenen) Martensit um, wodurch eine weitere Härtesteigerung erzielt wird.

Die diffusionskontrollierten Vorgänge beim Anlas-sen verlaufen sehr träge. Daher wird in vielen Fäl-len, vor allem bei einem hohen Gehalt an nicht an-gelas senem Martensit, zwei- oder dreimal angelas-sen. Bild 4.115 zeigt den Temperaturverlauf beim Härten und Anlassen.

Es muss ausdrücklich betont werden, dass die Dau-erwarmhärte mit zunehmender Betriebstemperatur – insbesondere oberhalb der Anlasstemperatur (>550 °C) – in jedem Fall abnimmt (Bild 4.116).

Durch ein Beschichten mit Hartstoffen (TiC, TiN) werden Verschleißwiderstand und Standzeit wesent-lich erhöht (siehe S. 333).

4.9 Eisengusswerkstoffe

4.9.1 Begriff, Bedeutung, EinteilungDer Begriff Gusswerkstoffe geht auf das Formge-bungsverfahren zurück. Der Werkstoff wird im fl üs-sigen Zustand (Schmelze) in Formen vergossen. Das Werkstück erhält bei der Erstarrung die so vor ge-gebene äußere Gestalt, die im Allgemeinen nur noch mittels spanabhebender Bearbeitungsverfahren ver-ändert wird.

Die Bedeutung der Gusswerkstoffe beruht neben den spezifi schen guten Eigenschaften dieser Werk-stoffgruppe, z. B. gute Korrosionsbeständigkeit und hohes Dämpfungsvermögen von Grauguss, im We-

Bild 4.115Zeit-Temperatur-Verlauf beim Härten und Anlassen von Schnell arbeitsstählen

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Bild 4.116Verlauf der Dauerwarmhärte eines kobaltlegierten Schnell-arbeitsstahles (nach BICKEL)

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sentlichen auf der Freizügigkeit bei der Gestaltung von Bauteilen, die von keinem anderen Fertigungs-verfahren erreicht wird. So können kleinste, kompli-ziert geformte Teile ebenso hergestellt werden wie große Gusskonstruktionen mit kompakten Quer-schnitten oder in Zellenbauweise. Das erfordert aber die Beachtung einiger verfahrensbedingter Grund-sätze, z. B.– Einsatz von Legierungen mit möglichst naheu-

tektischer Zusammensetzung (siehe S. 74),– Berücksichtigen des Schwindens (siehe S. 73),– Auswahl des geeigneten Gießverfahrens,– Vermeiden von Materialanhäufungen,– Vorsehen der zum Entformen notwendigen Bau-

teilschrägen.

Die Zusammensetzung der Schmelze (Legierungs-elemente) und die Abkühlbedingungen beim Erstar-ren bestimmen die Gefügeausbildung im festen Zu-stand und damit im Wesentlichen auch die mechani-schen Eigen schaften der Gusswerkstoffe auf Eisen-basis.

Das wichtigste Legierungselement der Eisenwerk-stoffe ist Kohlenstoff (siehe S. 143 ff.). Die tempera-tur- und konzentrationsabhängigen Zustandsfor men der Kohlenstoffphasen im Gleichgewichtszustand sind näherungsweise dem Eisen-Kohlenstoff-Schau-bild zu entnehmen (siehe Bild 4.4). Der Koh lenstoff-gehalt und die bei Gebrauchstemperatur vor liegende Art und Vertei lung der Phasen im Grundgefüge be-ein fl ussen maßgeblich die mecha nischen Eigen schaf-ten des Werkstoffs und dienen daher gleichzei tig als Kriterien für die Ein teilung der Eisengusswerkstof-fe.

Bis zu einem Gehalt von maximal 2 % ist der Koh-len stoff bei metastabiler 1) Erstarrung in der interme-diären Phase Fe

3C ( Zementit) gebunden, soweit er

nicht im Mischkristall des Eisens (Austenit, Ferrit) gelöst wird. Eisenwerkstoffe dieser Zusammenset-

zung sind warm- und – bei niedrigem Kohlenstoff-gehalt besser als bei hohem – kaltumformbar. Wer-den derart verformbare Werkstoffe gießtechnisch verarbeitet, dann spricht man von Stahlguss.

Eisenwerkstoffe mit einem Kohlenstoffgehalt über 2 % werden im Normalfall nicht mehr geschmiedet (Ausnahme Temperguss, siehe S. 267). Die Formge-bung erfolgt üblicherweise durch Gießen. Diese Werkstoffgruppe wird unter dem allgemeinen Ober-begriff Gusseisen zusammengefasst.

Bei beschleunigter Abkühlung aus der Schmelze erstarrt Gusseisen ebenfalls nach dem metastabilen System, d. h., der Kohlenstoff ist im Zementit ge-bun den. Nach der hell schimmernden Bruchfl äche heißen diese Sorten weißes Gusseisen. Wegen des ho hen Zementitanteils ist »weiß« erstarrtes Gussei-sen (Hartguss) hart, spröde und schwer zu bearbei-ten. Es wird in diesem Zustand nur selten als Kon-struktionswerkstoff verwendet.

Durch eine nachträgliche Glühbehandlung der fer-tigen Gussteile kann ein Zerfall der harten Zemen-titphase herbeigeführt werden, wobei der nicht mehr gebundene Kohlenstoff als Grafi t in ferritischer oder perlitischer Matrix eingelagert ist. Ein derart behan-delter weißer Guss zeichnet sich durch eine wesent-lich er höhte Zähigkeit und stark verbesserte Bear-beitbarkeit aus und ist als Temperrohguss bekannt geworden. Wird der Temperrohguss in entkohlen-der (oxi dierender) Atmosphäre geglüht, erhält man Temperguss mit weißem Bruchgefüge, den so ge-nannten weißen Temperguss. Nach einem Glühen in neutra ler Atmosphä re entsteht dagegen der heu-te kaum noch verwende te schwarze Temperguss,dessen Bruch fl äche wegen der zahlreichen Grafi tein-schlüsse dunkel (»schwarz«) erscheint.

Zu einer Ausscheidung des Kohlenstoffs in elemen-tarer Form kommt es auch bei sehr langsamer Abküh-lung kohlenstoffreicher Schmelzen, die Erstar rung erfolgt dann nach dem stabilen System. Durch die in der Eisenmatrix eingelagerten Grafi tbereiche er-scheint die Bruchfl äche dunkel, was zu der Bezeich-nung graues Gusseisen oder Grauguss geführt hat. Grauguss kann wegen der oft grob ausgebildeten Grafi teinschlüsse Zugbeanspruchungen nur begrenzt aufnehmen und ist außerdem nur wenig ver formungs-fähig. Dagegen lässt sich Grauguss sehr gut zerspa-nen und besitzt hervorragende Dämpfungs- und Gleiteigenschaften.

1) Die Unterscheidung »metastabil« bzw. »stabil« ist ther-modyna misch begründet. Bei langen Glühzeiten zerfällt Zementit in Ferrit und elementaren Kohlenstoff. Nach allgemein gültigen physikalischen Gesetzen muss daher das System Fe–C ein geringeres Energieniveau besitzen als das System Fe–Fe

3C und sich in seinen Reaktionen

stabiler ver halten. Die Energie- oder »Stabilitätsunter-schiede« sind allerdings klein, wie auch aus der nur gering-fügigen Ver schiebung der Gleichgewichtslinien des me-tastabilen Systems gegenüber dem stabilen System (siehe Bild 4.4) hervorgeht.

4.9 Eisengusswerkstoffe 251

Graues Gusseisen wird nach der Form der Grafi t-bereiche im Gefüge weiter unterteilt in– Gusseisen mit Lamellengrafi t (lamellenförmig

ausgebildeter Grafi t),– Gusseisen mit Kugelgrafi t (globulitisch vorlie-

gender Grafi t),– Gusseisen mit Vermiculargrafi t (»würmchenför-

mig« vorliegender Grafi t).

Sondergusseisen hat durchschnittlich einen um et-wa 1 % niedrigeren Kohlenstoffgehalt als weißes oder graues Gusseisen. Die besonderen Eigenschaf-ten dieser Sorten werden durch Legieren mit zu-meist Silicium, Chrom und Aluminium erzielt. Die Kurzbe zeichnung der Eisengusswerkstoffe wird in den folgenden Abschnitten erläutert.

Bild 4.117 zeigt zusammenfassend die Einteilung der Eisengusswerkstoffe nach den wichtigsten Grup-pen mit ihren charakteristischen Merkmalen.

4.9.2 StahlgussStahlguss ist in Formen vergossener Stahl, der kei-nem nachträglichen Formgebungsverfahren außer Zerspanen unterworfen wird. Im Gegensatz dazu wird der in Blöcken gegossene Stahl durch Warm- und Kaltumformung (Walzen, Schmieden, Pressen) bildsam weiterverarbeitet.

Stahlguss wird im Elektroofen erschmolzen. Er wird stets beruhigt vergossen werden, um Hohlräume zu vermeiden, die sonst beim Erstarren durch Gasbla-senbildung hervorgerufen werden. Bei Block- oder Strangguss können diese Hohlräume durch die nach-folgenden Warmumformungen nicht verschweißt wer den (siehe S. 70).

Im Gusszustand werden Stahlgussteile nur selten verwendet, da sich bei der Erstarrung ein charak-teristisches grobes WIDMANNSTÄTTENsches Gefüge, Bild 4.118 mit niedrigen Werten für die Bruch deh-nung und Kerbschlagzähigkeit einstellt. Ein dem Stahl entsprechendes Gefüge mit vergleichbaren Ei-genschaften erhält der Stahlguss erst durch eine Wär-menachbehandlung (Normalglühen, Vergüten) mit der dabei auftretenden Kornverfeinerung durch Ge-fü geumwandlung (siehe Bilder 4.63 bis 4.65). Stahl-guss wird verwendet:– wenn die Festigkeit von Grauguss oder Tem-

perguss nicht ausreicht,– wenn die Herstellung der Bauteile wegen ver-

wickelter Form oder zu großer Abmessungen

nur gießtechnisch möglich oder wirtschaftlich ist (außergewöhnliches Beispiel: Walzenständer mit 7 m Höhe und einer Gießmasse von über 400 000 kg),

– wenn hochlegierte Qualitäten mit gleichzeitig hohem Kohlenstoffgehalt erzeugt werden, die we gen ihrer schlechten plastischen Verformbar-keit nicht für eine Warmumformung geeignet sind, z. B. so genannter Chromguss mit 30 % Chrom und 1,5 % Kohlenstoff.

Stahlguss ist härter als Gusseisen und zeichnet sich im Vergleich zu Grauguss mit Lamellengrafi t durch hohe Zugfestigkeiten aus mit Werten bis etwa– 700 N/mm2 bei unlegierten Sorten,– 1300 N/mm2 bei legierten Sorten.

Gleichzeitig ist eine hohe Streckgrenze gewährleis-tet. Stahlguss lässt sich im normalgeglühten und im vergüteten Zustand warm- und kaltumformen. Die Bruchdehnung liegt abhängig vom Legierungsge-halt zwischen 25 % und 8 %. Wegen der guten Zähig-keit sind Stahlgussteile besonders geeignet, wenn im Betrieb neben schwingender Beanspruchung auch Stoß- und Schlagbelastungen auftreten.

Bauteile aus Stahlguss sind erheblich teurer als aus Grau- oder Temperguss. Dazu tragen bei:– Die erhöhten Ansprüche an Reinheit und Genau-

ig keit der Schmelzenzusammensetzung,– die hohe Schmelztemperatur von etwa 1500 °C,

die leistungsfähige Schmelzöfen und hochhitze-beständige Formen erfordert,

– die zur Ausbildung eines geeigneten Gefüges unumgängliche Wärmebehandlung der fertigen Gussstücke.

Hinzu kommen spezifi sche Eigenschaften der Stahl-gussschmelze, die den Herstellungsprozess ungüns-tig beeinfl ussen:– Die Schmelze ist sehr zähfl üssig und füllt die

Form nur schlecht aus. Abhilfe ist nur durch star-kes Überhitzen der Schmelze möglich. Bei Stahl-gussteilen ist eine Mindestwanddicke von 5 mm erforderlich.

– Durch das große Schwindmaß von 2 % bis 2,5 % bei unlegiertem und von 3 % bei legiertem Stahl-guss ist die Gefahr der Lunker- und Rissbildung (siehe S. 73) gegeben, der konstruktiv und gieß-technisch entgegengewirkt werden muss. Diese Maßnahmen schränken die freie Gestaltungs-mög lichkeit von Stahlgussteilen ein.

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Bild 4.117Einteilung der Eisengusswerkstoffe

4.9 Eisengusswerkstoffe 253

Diese Gründe führen dazu, dass Stahlguss, soweit nicht hohe Ansprüche an Festigkeit und Verformbar-keit zwingend dagegen sprechen, durch das billige-re Gusseisen und den beschränkt schmiedbaren Tem-perguss weitgehend ersetzt wird.

4.9.2.1 StahlgusssortenEine Übersicht über die mechanischen Eigenschaften genormter Stahlgusssorten enthält Tabelle 4.25. Man beachte, dass die Werkstoffbezeichnungen zum Teil noch der alten DIN 17006 (siehe S. 199) entspre-chen.

Stahlguss (unlegierter, legierter) für allgemeine Ver-wendung ist in DIN 1681 genormt. Er wird nach der vom Hersteller zu gewährleistenden Mindestzug-festigkeit in Güteklassen eingeteilt, die durch das Symbol GS mit der angehängten Zugfestigkeitskenn-zahl bezeichnet wer den und von GS-38 bis GS-60 reichen. Die Sorteneinteilung nach DIN EN 10293 (Ent wurf 11.2004) erfolgt nach der Mindeststreck-grenze (siehe Tabelle 4.25).

Bis auf die vorangestellte Gusskennzeichnung (GS- bzw. G-) unterscheiden sich die Bezeichnungen le-gierten Stahlgusses nicht von denen der Stähle. Auch beeinfl ussen Legierungselemente allgemein die Ei-genschaften von Stahlguss und Stahl in gleicher Weise.

Ein Beispiel ist Manganhartstahl mit 1,2 % C, 12 % Mn und 1,4 % Cr, dessen Härte und Verschleißfestigkeit auf die Bil-dung von Chromcarbiden zurückzuführen ist. Gleichzeitig weist Manganhartguss wegen des hohen Mangangehalts bei Raum temperatur ein austenitisches Gefüge mit verbesserter Zähig keit auf und wird daher z. B. für Brechbacken, Hämmer und Auskleidungen von Brechern und Mühlen verwendet, bei de ren Betrieb Schlag- und Stoßbelastungen auftreten.

Für höhere Anforderungen an die Festigkeit wird ver-güteter Stahlguss eingesetzt, dessen chemische Zu-sam mensetzung den Vergütungsstählen (siehe S. 216) entspricht. Man unterscheidet dabei in DIN 17205 bei gleichem Werkstoff verschiedene Festig keits stu-fen.

Stahlguss für allgemeine Verwendung ist bis etwa 400 °C warmfest (R

ml konst.) Bei höheren Ansprü-

chen an die Warmfestigkeit werden im Tem peratur-bereich von 300 °C bis 600 °C warmfeste fer ritische Stahlgusssorten eingesetzt, deren Streckgrenze bis 550 °C gewährleistet ist. In Normen sind zusätz lich Anhaltswerte für Zeitdehngrenzen und Zeitstand fes-tigkeiten in Abhängigkeit von der Temperatur ange-geben. Erreicht wird die gute Warmfestigkeit durch Zulegieren von Molybdän bis 1,2 % und Chrom bis 12 %. Sorten höchster Warmfestigkeit enthalten au-ßerdem Vanadium und/oder Wolfram (jeweils klei-ner 1 %) sowie Ni ckel. Vor allem Stahlguss für Druck-behälter (DIN EN 10213) erfordert oft höhere Warm-festigkeit, weil er z. B. geeignet für Dampfturbinenge-häuse, Düsenringe, Heißdampfarmaturen und Rohr-stutzen eingesetzt wird.

Ein Einsatz bei noch höheren Temperaturen erfor-dert Hitze- und Zunderbeständigkeit von Stahlguss. Dies wird durch Legieren mit Chrom (bis zu 29 %), Nickel (bis zu 25 %) und Silicium (etwa 2 %) er-reicht (DIN EN 10295). Hitzebeständiger Stahlguss wird bis etwa 1000 °C für Herdplatten, Einsatzkäs-ten, Transportroste und Herdschienen in Durch-lauföfen u. a. verwendet. Für höhere Temperaturen eignen sich nur noch Legierungen auf Nickel- oder Cobaltbasis mit jeweils ca. 28 % Cr (Tabelle 4.25).

Zulegieren von Chrom verbessert die Korrosions be-ständigkeit von Stahlguss. Nichtrostender Stahl-guss nach DIN EN 10213, DIN EN 10283 entspricht in der Zusammen setzung und in den Eigenschaften nichtrostendem Stahl (siehe S. 232). Eingesetzt wer-den diese Sorten für Armaturen, Leitungen, Pum-pengehäuse und Laufräder in der chemischen In-dustrie, im Nah rungs mittel- und Textilbereich so-

Bild 4.118Mikrogefüge eines Stahlgusswerkstoffs GC25E (GS-Ck25) im Anlieferzustand, KV (Raumtemperatur) = 14 J, HV 1 = 127, 2 % HNO

3, V = 500:1.

Deutlicher ist das WIDMANNSTÄTTENsche Gefüge z. B. in der Grobkornzone von Schweißverbindungen ausgebildet, siehe z. B. Bild 4.33.

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254 4 Eisenwerkstoffe

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4.9 Eisengusswerkstoffe 255

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256 4 Eisenwerkstoffe

wie im Bergbau bei der Kaligewinnung, also über-all dort, wo aggressive Me dien bei hoher Tempera-tur verarbeitet werden.

Der Entwurf von DIN EN 10293 sieht unter ande-rem vor, die in verschiedenen Normen erfassten Stahlgusssorten zusammenzufassen.

4.9.2.2 Schweißen von StahlgussNach den gängigen Regelwerken (DIN EN 1559) ist das Schweißen an Stahlgussstücken erlaubt und wird als Produktionsschweißung (= Fertigungs- und Ver-bindungsschweißen) bezeichnet. Schweiß arbei ten an Stahlguss werden aus unterschiedlichen Grün-den durchgeführt:

Unter Fertigungsschweißen sind Schweiß arbeiten zu verstehen, die zum Beseitigen fertigungsbeding-ter Fehlerstellen – z. B. Lunker, Risse, Oberfl ächen-fehler – am Gussstück notwendig sind. Mit ihnen wird die ge wünschte/erforderliche äußere und in-nere Beschaffenheit des Gussstücks erreicht. Die Schweißzusatzstoffe und die Schweißbedin gungen müssen so gewählt werden, dass ein möglichst art-gleiches Schweißgut herstell bar ist.

Werkstoffe mit C-Gehalten unter 0,20 % werden mit basischen Stabelektroden geschweißt. Ein Normal-glühen vor dem Schweißen ist wegen der schlech-ten Zähig keit des WIDMANNSTÄTTENschen Gussge-füges (Rissgefahr durch spröden Werkstoff) drin-gend zu empfehlen und bei Koh lenstoff gehalten über 0,20 % in jedem Fall vorzuse hen. Ein Spannungs-armglühen nach dem Schwei ßen soll bei Bauteilen aus normalgeglühten Sorten bei 600 °C bis 640 °C und bei den aus vergütetem Stahlguss mindestens 20 K bis höchstens 50 K unter der Anlasstempera-tur der Vergütungsbehandlung erfolgen.

Betriebsschäden an Bauteilen durch das Ein wirken mechanischer und korrosiver Bean spruchungen wer-den durch das Instandsetzungsschweißen besei-tigt. Die hierbei zu be achtenden schweißtechnischen und fertigungstechnischen Maßnahmen sind ähn-lich wie bei jeder anderen Reparaturschweißung an Stahl. Dazu gehören das Ausarbeiten der fehler haf-ten Stelle(n) und die Kontrolle auf evtl. noch nicht vollständig beseitigte Risse mit zerstörungsfreien Prüfverfahren (das Farb eindringverfahren wird we-gen seiner einfa chen Handhabung und leichten Verfüg bar keit oft verwendet) sowie die Fugen vorbe-reitung.

Große Bauteile werden häufi g aus kleineren Einzel-teilen, die aus gleichen oder unter schiedlichen Werk-stoffen (z. B. Plattieren) be stehen können, durch das Konstruktionsschweißen her gestellt. Da im Ge-gensatz zum Fertigungs schweißen dieser Fertigungs-ablauf im Vor aus festgelegt wird, lassen sich zum Errei chen der im Folgenden genannten techni schen und wirtschaftlichen Vorteile optima le Vorausset-zungen schaffen:– Verbundkonstruktionen mit einer hohen Bau-

teilsicherheit, bestehend aus Gussteilen ver-schweißt mit Walzprofi len, Schmie destücken, Blechen und Rohren, sind wirt schaftlich herstell-bar.

– Große Bauteile lassen sich fertigungs technisch einfacher, prüftechnisch bes ser und mit gerin-gerem Ausschuss her stellen.

– Die Lage der Schweißnähte lässt sich beanspru-chungs- und gießgerecht wählen, und die erfor-derlichen Nahtformen kön nen bereits angegos-sen werden.

– Die Herstellung wird erleichtert und beschleu-nigt.

– Eine ausreichende Schweißeignung der Werk-stoffe kann einfach sichergestellt werden.

Stahlgusssorten für allge meine Verwendung, die eine verbesserte Zähigkeit und eine besonders gute Schweißeignung haben, sind in DIN 17182 ge-normt.

4.9.3 Gusseisen – ÜbersichtGusseisen hat über 2 % Kohlenstoff und ist ohne Nachbehandlung nicht schmiedbar. Die meisten Guss eisensorten enthalten 2 % bis 5 % Kohlenstoff, liegen also nahe bei der eutektischen Zusammen-setzung des Fe-C-Systems. Entsprechend niedrig sind die Schmelztemperaturen von etwa 1250 °C bis 1150 °C. Die Schmelze ist dünnfl üssig und zeichnet sich durch sehr gutes Formfüllungsvermögen aus. Das Schwind maß von ungefähr 1 % ist gegenüber Stahlguss klein. Die Dichte von Gusseisen liegt zwi-schen 7,2 g/cm3 bei dickwandigen und 7,4 g/cm3 bei dünnwandigem Guss.

Infolge der naheutektischen Zusammensetzung hat Gusseisen ein feinkörniges Gefüge ohne eine bevor-zugte Kornorientierung. Maßgebenden Einfl uss auf die Art der bei der Erstarrung des Gusseisens entste-hen den Kohlenstoffphasen haben die Begleitele-mente Kohlenstoff und Silicium, die beide die Grafi t-ausschei dung begünstigen.

4.9 Eisengusswerkstoffe 257

4.9.3.1 GusseisendiagrammeAuskunft über die Gefügeausbildung von Gusseisen in Abhängigkeit vom Kohlenstoff- und Siliciumge-halt gibt das MAURER-Diagramm (Bild 4.119).

Die Linien des Schaubilds münden auf der Kohlen-stoffachse im eutektischen Punkt des Fe-C-Systems bei 4,3 % Kohlenstoff und unterteilen das Diagramm in drei Hauptfelder:– Feld I: weißes Gusseisen (Hartguss),– Feld II: graues Gusseisen mit perlitischem

Grundgefüge,– Feld III: graues Gusseisen mit ferritischem

Grundgefüge.

Die Übergangszonen weisen Gusseisensorten mit meliertem Gefüge (Gemisch aus weißem und grau- em Gusseisen, Feld IIa) und Grauguss mit ferritisch-perlitischem Grundgefüge (Feld IIb) aus. Festigkeit und Härte des Gusseisens nehmen mit fallendem Kohlenstoff- und Siliciumgehalt zu. Hochwertige Gusseisensorten haben also eine Zusammensetzung, die jeweils dem linken unteren Bereich der betref-fenden Felder entspricht. Die Aussagen des MAU-RER-Diagramms gelten allerdings nur für Proben mitt leren Durchmessers (30 mm), die in trockene For men vergossen werden und lassen den Einfl uss der Abkühlgeschwindigkeit unberücksichtigt.

Dicke Gussteile kühlen im Kern langsamer ab als an der Oberfl äche. Die Abhängigkeit der Gefüge-ausbildung von Gusseisen von den Abkühlbedin gun-gen und damit von der Wanddicke wird im Guss ei-sendiagramm nach GREINER-KLINGENSTEIN zusätz-lich erfasst (Bild 4.120)

Da Kohlenstoff und Silicium gleichartig auf die Gra-fi tausscheidung einwirken, ist in diesem Schaubild der Summengehalt von Kohlenstoff und Sili cium über der Wanddicke aufgetragen. Die Feldbe zeich-

nungen entsprechen denen des MAURER-Diagramms (Bild 4.119). Der Knickpunkt der oberen Begrenzungs-linien deutet darauf hin, dass der Sum menge halt von Kohlenstoff und Silicium unter etwa 5,5 % lie-gen sollte. Das Diagramm nach GREINER-KLINGEN-STEIN gibt im Zusammenhang mit dem MAURER-Di-agramm den besten Überblick über die Gefügeausbil-dung von Gusseisen.

4.9.3.2 Bezeichnung von GusseisenDas Bezeichnungssystem von Gusseisen ist in DIN EN 1560 festgelegt. Alle Bezeichnungen beginnen mit der Buchstabengruppe EN-GJ (Europäische Norm – Guss Iron), die um mindestens einen weite-ren Buchstaben ergänzt wird:– L = lamellarer Grafi t,– M = Temperguss (m = malleable = formbar),– N = Hartguss,– S = Kugelgrafi t (s = sphärolithisch),– V = Vermiculargrafi t.

Ein weiterer Buchstabe bezeichnet ggf. die Gefü-geausbildung, z. B.:– A = austenitisch,– B = schwarz (black),– W = weiß.

Daran schließt sich entweder die Festigkeitsklasse oder die chemische Kurzbezeichnung an. Bei den Festigkeitsklassen wird – im Gegensatz zu Stahl – der Mindestwert der Zugfestigkeit in N/mm² ange-geben. Die Bezeichnungen der chemischen Zusam-mensetzung entsprechen denen bei Stahl.

Zur Abkürzung kann die Gruppe EN- auch wegge-lassen werden.

Bild 4.119 Gusseisendiagramm (nach MAURER)

Koh

lens

toffg

ehal

t

3

Siliciumgehalt5 6 743210

1

2

4

5

%

%

GusseisengefügeI weißIIa meliertII perlitischIIb perlitisch - ferritischIII ferritisch

I II IIb IIIIIa

Bild 4.120Gusseisendiagramm (nach GREINER-KLINGENSTEIN)

(C �

Si)

- Geh

alt

Wanddicke t

5

4

6

7

0 10 20 30 40 50 60 70mm

III

Perlit � CGL L� � �P

I II

Bereich für Formguss

IIa IIb

%

Ferrit � � CGF � P � CG

GusseisengefügeI weißIIa meliertII perlitischIIb perlitisch-ferritischIII ferritisch

258 4 Eisenwerkstoffe

Abkühlung der Oberfl äche kann erzwungen wer den, indem Schreckplatten in die Form eingelegt werden, die einen raschen Wärmeentzug bewirken.

Derartige Gussteile weisen eine harte, verschleißfes-te Oberfl äche bei verbesserter Zähigkeit im Kern auf und können daher Stoß- und Schlagbeanspru chun-gen in höherem Maße auffangen. Für Walzen wird häufi g Schalenhartguss verwendet. Weitere Anwen-dungsbeispiele sind: Eisenbahnräder, Stempel, Zieh- ringe und Verschleißplatten in Mahlanlagen, deren Vorderseite abriebfest, deren Rückseite jedoch we-gen der Einpassmöglichkeit bearbeitbar sein muss.

4.9.5 Graues Gusseisen Graues Gusseisen enthält 2,5 % bis 5 % Kohlenstoff und 0,8 % bis 3 % Silicium. Bei langsamer Abküh-lung erstarrt eine Schmelze dieser Zusammenset-zung überwiegend nach dem stabilen System, so dass es zur Ausscheidung festigkeitsmindernder Gra fi tbe-reiche im Grundgefüge kommt. Graues Gusseisen ist deshalb weniger fest, dafür aber auch etwas weni-ger schlagempfi ndlich als weißes Gusseisen.

Die mechanischen Eigenschaften hängen darüber hinaus noch stark von der Wanddicke der Gussteile ab. Dünnwandige Gussstücke erstarren rasch, es wird wenig Grafi t ausgeschieden, der zudem meis-tens fein im Gefüge verteilt ist. Gussstücke mit gro-ßen Gießquerschnitten kühlen naturgemäß langsa-mer ab. Durch die verbesserten Diffusionsbedingun-gen für den Kohlenstoff (längeres Verweilen bei ho-hen Temperaturen) ergibt sich eine erhöhte Gra fi t-bildung, wobei sich der freie Kohlenstoff in groben Be reichen ansammelt.

4.9.5.1 Grafi tformenDie Eigenschaften von grauem Gusseisen werden durch zwei Einfl üsse bestimmt:– Die Art des metallischen Grundgefüges und– die Ausbildung des Grafi ts.

Der Einfl uss des Grundgefüges entspricht dem bei Stahl: perlitische Gefüge haben höhere Festigkeit als ferritische. Bei den Grafi tausbildung sind es ne-ben Menge und Verteilung vor allem Größe und Ge-stalt der Grafi tausscheidungen, die die mechanischen Eigenschaften bestimmen.

Grafi t hat durch seine hexagonale Schichtstruktur (siehe S. 328) die Tendenz plattenförmig zu kristalli-sieren. Es entstehen die so genannten Lamellen.

BeispieleEN-GJL-300

Graues Gusseisen, Zugfestigkeit bei 30 mm Wand-dicke mindestens 300 N/mm².

EN-GJS-400-18Graues Gusseisen mit Kugelgrafi t, Zugfestigkeit mindestens 400 N/mm², Bruchdehnung mindes-tens 18 %.

GJV-450Graues Gusseisen mit Vermiculargrafi t, Zugfes-tigkeit zwischen 450 N/mm² und 525 N/mm². Bei GJV entfällt EN-, weil diese Werkstoffe noch nicht genormt sind.

EN-GJMW-360-12Weißer Temperguss, Zugfestigkeit beträgt mindes-tens 360 N/mm², Bruchdehnung mindestens 12 % bei 12 mm Wanddicke.

EN-GJLA-XNiCuCr15-6-2Austenitisches Gusseisen mit Lamellengrafi t, le-giert mit 15 % Ni, 6 % Cu und 2 % Cr.

4.9.4 HartgussUnlegierter Hartguss enthält bei etwas verringer-tem Kohlenstoff gehalt um 3 % nur wenig Silicium (0,5 % bis 1,5 %), dafür aber bis 1,2 % Mangan, das die Carbidbildung begünstigt. Wegen des hohen Ze-mentitanteils im Gefüge ist weiß erstarrtes Gussei-sen sehr hart, daher verschleißfest. Bei legiertem Hart guss wird vor allem bis zu 30 % Chrom zule-giert und dadurch ein hoher Anteil von Chromcarbi-den erzeugt (DIN EN 12513). Hartguss ist deshalb für Bauteile gut geeignet, die bei ho hem Druck auf Reibung beansprucht werden, z. B. Sandstrahldü-sen.

Die Anwendbarkeit ist allerdings durch die äußerst schwierige Bearbeitbarkeit stark eingeschränkt. Au-ßerdem ist das spröde Gefüge sehr stoß- und schlag-empfi ndlich und erreicht nicht die hohen Zugfestig-keitswerte von martensitischem Stahlguss. Im Ma-schinenbau werden daher Gussteile, die über den gesamten Querschnitt weiß erstarren (so genannter Vollhartguss) nur wenig und dann fast ausschließ-lich im unbearbeiteten Zustand verwendet, z. B. für Ge wichte.

Größere Bedeutung hat dagegen der Schalenhart-guss, bei dem die Abkühlung so gesteuert wird, dass die Randschicht weiß (nach dem metastabilen System, siehe S. 145) erstarrt, im Kern jedoch wegen der verzögerten Abkühlung der Kohlenstoff zumin-dest teilweise als Grafi t vorliegt. Die beschleunigte

4.9 Eisengusswerkstoffe 259

Diese unterbrechen den Kraftfl uss im Werkstoff und wir ken darüber hinaus als innere Kerben (Bild 4.121a). Eine erste Abminderung dieses negativen Einfl usses wird durch lokale Konzentration kleinerer Grafi tlamellen zum so genannten Nestergrafi t er-reicht. Durch Sonderbehandlungen der Schmelze führt diese Konzentration schließlich zu Formen, die man als Vermiculargrafi t und Kugelgrafi t be-zeichnet (Bild 4.122).

Wegen der geringen Eigenfestigkeit des Grafi ts sind dabei grobe Grafi tausscheidungen unabhängig von der Gestalt schlechter als feine. Bildreihen in DIN EN ISO 945 ermöglichen eine Klassifi zierung des Grafi ts nach Form, Verteilung und Größe.

4.9.5.2 Gusseisen mit Lamellengrafi tGusseisen mit Lamellengrafi t, kürzer auch Grau-guss genannt, wird aus Roheisen, zum Teil zusam-men mit Gussbruch, Stahlschrott und weiteren Zu-sätzen (z. B. Ferromangan), meist im Kupolofen er-schmol zen, in Formen vergossen und im Allgemei-nen nicht nachbehandelt.

4.9.5.2.1 Mechanische EigenschaftenGrauguss ist in DIN EN 1561 genormt. Die Güte-klasse kann entweder mit der – Zugfestigkeit oder der

– Brinellhärteangegeben werden.

Die Einteilung der Festigkeitsklassen geht von 100 N/mm2 (früher GG-10) bis 350 N/mm2.

Die Festlegung der Güteklasse von Grauguss mit der BRINELLhärte erfolgt vorzugsweise für Guss stü cke, die auf Verschleiß beansprucht werden. In der Be-zeichnung wird an Stelle der Festigkeitskennzahl die Härte angegeben, z. B. EN-GJL-HB215 (GG-220HB). Die Sorteneinteilung geht von EN-GJL-HB155 bis EN-GJL-HB255, wobei die Sorten in etwa den Sor-ten EN-GJL-100 bis EN-GJL-350 ent sprechen.

Die Festigkeit von Grauguss ist abhängig von der Dicke des gegossenen Querschnitts (Wanddicke). Deshalb sind bei der Ermittlung der Zugfestigkeit vorgegebene Randbedingungen genau einzuhalten. Erfahrungswerte für die Festigkeiten in Gussstü-cken zeigt Bild 4.123. Auch die BRINELLhärte ist von der Wanddicke abhängig.

Ursache für die Wanddickenabhängigkeit der Fes-tigkeit ist vor allem die geringe Abkühlgeschwin-

Bild 4.121Verlauf von Spannungslinien in Abhängigkeit von der Grafi t-ausbildung (schematisch)a) Grauguss mit lamellarem Grafi tb) Grauguss mit globularem Grafi t

a) b)

a) b)

c) d)Bild 4.122 Grafi tformen nach DIN EN ISO 945 (schematisch)a) Lamellenb) Nestergrafi tc) Vermiculargrafi td) Kugelgrafi t

260 4 Eisenwerkstoffe

digkeit bei großer Wanddicke. Bei langsamer Ab-küh lung werden die Grafi tlamellen größer und die Grundmasse wird eher ferritisch als perlitisch.

Die geringe Festigkeit von Grauguss erklärt sich aus dem heterogenen Gefügeaufbau. Der bei der Erstar-rung ausgeschiedene Grafi t ist in einer »stahlähn-lichen« ferritischen oder perlitischen Grundmasse in Form mehr oder weniger grober Lamellen ein-gelagert, der im Schliffbild (Bild 4.124) als Adern erscheint.

Die Grafi tlamellen können nur kleine Zugkräfte übertragen und sind im Gefüge als innere Kerben an zusehen, die den tragenden Querschnitt schwä-chen und an deren Enden zusätzlich Spannungsspit-zen auftreten. Die Zugfestigkeit wird durch die kom-bi nierte Wirkung dieser Einfl üsse stark herabge-setzt. Als Leichtbauwerkstoff ist Grauguss wegen seiner geringen Festigkeit daher nicht geeignet. Die Verfor mungsfähigkeit von Grauguss wird durch das hetero gene Gefüge ebenfalls sehr beeinträchtigt, die Bruch dehnung liegt unter 1 %. Dagegen können die weit gehend inkompressiblen Grafi tlamellen Druck-belas tungen in höherem Maß aufnehmen. Die Druck-fes tigkeit von Grauguss liegt um den Faktor 3 bis 4,5 über der Zugfestigkeit.

Das gegenüber Zug und Druck stark unterschiedli-che Verhalten von Grauguss prägt sich auch im Elas-tizitätsmodul aus. Der Elastizitätsmodul hängt so-

wohl von der Festigkeit der Graugusssorte als auch von der Art und Höhe der Beanspruchung ab:– Er ist um so größer, je höher die Festigkeit der

Graugusssorte ist und liegt bei kleinen Spannun-gen, d. h. in der Nähe des Ursprungs im Span-nung-Dehnung-Schaubild (sog. Ursprungmo-dul), zwischen 70 000 und 140 000 N/mm2.

– Im Zugbereich wird der Elastizitätsmodul mit steigender Spannung zunehmend kleiner, weil die an den Enden der Grafi tlamellen auftretenden Spannungsspitzen ein örtlich begrenztes Flie-ßen hervorrufen.

– Im Druckbereich ist der Elastizitätsmodul weni-ger spannungsabhängig.

Das HOOKEsche Gesetz gilt demnach bei Grauguss nicht. Bild 4.125 gibt das mechanische Verhalten von Grauguss im Zug- und Druckbereich schema-tisch wieder.

Diesen negativen Einfl üssen der Grafi tlamellen auf Festigkeit und Verformungsfähigkeit stehen jedoch auch positive Eigenschaften des heterogenen Ge-fü-ges gegenüber, denen Grauguss weitgehend seine große Bedeutung als Konstruktionswerkstoff ver-dankt.

Grauguss ist kerbunempfi ndlich. Da die im Gefüge eingelagerten Grafi tlamellen innere Kerben darstel-len, wirken sich zusätzliche, konstruktiv bedingte äußere Kerben nicht mehr so stark aus wie etwa beim homogenen Stahlguss. Die Gestaltfestigkeit von Graugussteilen bei schwingender Beanspru-chung wird daher durch die äußere Form kaum be-einfl usst.

Darüber hinaus zeigt Grauguss ein hervorragendes Dämpfungsverhalten. Im Vergleich zu Stahlguss klin gen im Grauguss Schwingungen in etwa ein

Bild 4.124Grafi tlamellen im Graugussgefüge

0 1, mmBild 4.123Mittelwerte der Zugfestigkeit von Grauguss in Abhängigkeit von der Wanddicke des Gussstückes

5 10 20 50 100 500mm

Wanddicke

Zug

fest

igke

it R

m

400

0

300

Nmm2

200

100

GJL - 350

GJL - 300

GJL - 250

GJL - 200

GJL - 150(GJL - 100)

4.9 Eisengusswerkstoffe 261

Vier tel der Zeit ab. Grauguss absorbiert in hohem Maß Schwingungsenergie, ohne dass es zu einer Er-mü dung des Werkstoffs auch bei Dauerbean spru-chung kommt, solange die Belastung nicht die Festig-keit des Gefüges übersteigt. Wegen der guten Dämp-fungseigenschaften und natürlich auch wegen des niedrigen Preises werden z. B. Fundamentplatten, Maschinenbetten, Getriebegehäuse und Zylinder-blöcke oft aus Grauguss hergestellt.

Als Werkstoff für Gleitpaarungen ist Grauguss eben-falls gut geeignet. Die Grafi teinschlüsse bewirken eine Selbstschmierung bei jeder Art von Bean spru-chung. Gleitlager aus Grauguss haben z. B. gute Not-laufeigenschaften, wenn es bei Versagen der Ölzu-fuhr zu metallischer Berührung zwischen Lager-scha le und Zapfen kommt.

Auch die Zerspanbarkeit von Grauguss wird durch die reibmindernde Wirkung der Grafi tlamellen güns-tig beeinfl usst. Wegen des heterogenen Gefüges er-gibt sich ein kurz brechender Span. Allgemein lässt sich Grauguss sehr gut spanabhebend bearbeiten. Mit zunehmendem Perlitanteil (Härtesteigerung) wird die Zerspanung allerdings schwieriger.

4.9.5.2.2 Einfl uss der ZusammensetzungBegleit- und Legierungselemente beeinfl ussen die Eigenschaften von Grauguss grundsätzlich in glei-cher Weise wie bei Stahl.

Die Eisenbegleiter Schwefel und Phosphor wirken sich bei Grauguss allerdings nicht so schädlich aus wie bei Stahl oder Stahlguss. Das besonders bei hochwertigem Grauguss reichlich vorhandene Man-gan bindet Schwefel an sich. Die entstehenden Man- gansulfi deinschlüsse verursachen im ohnehin hete-ro genen Graugussgefüge keine weitere Verschlech-terung der mechanischen Eigenschaften.

Phosphor fördert durch die Reaktion

Fe3C + P → Fe

3P + C

zunächst die Grafi tbildung. Das Eisenphosphid Fe3P

bildet dann mit Eisen und Kohlenstoff ein ternäres Eutektikum, das Steadit, das erst bei etwa 950 °C er starrt. Die phosphorhaltige Schmelze ist sehr dünn-fl üssig und deshalb für dünnwandige Teile, z. B. für Heizkörper, besonders geeignet. Die bei der Erstar-rung entstehende Phosphidphase ist hart und sprö-de. Sie bewirkt eine Erhöhung der Härte und Ver-schleiß fes tigkeit mit zunehmendem Phos phor gehalt, erschwert aber gleichzeitig die weitere Bearbeitung. Bild 4.126 zeigt ein Graugussgefüge mit Phosphid-eutektikum (hell), Perlit und eingela gerten Grafi t la-mellen.

Solange die Phosphidphase im Gefüge fein verteilt bleibt, steigt auch die Zugfestigkeit mit dem Phos-phorgehalt. Bei Anteilen über 0,3 % bis 0,4 % P bil-den die eutektischen Phosphideinschlüsse ein zu sam-menhängendes Netzwerk im Graugussgefüge, das einen Abfall der Zugfestigkeit und der Kerb schlag-zähigkeit zur Folge hat. Der Phosphorgehalt wird daher auch bei Zier- und Kunstguss (hier ist eine möglichst dünnfl üssige Schmelze erforderlich) un-ter 1,3 % gehalten. Bei hoch beanspruchten Teilen sollte er 0,5 % nicht über schreiten.

Grauguss weist aufgrund seines Siliciumgehalts ei-ne gute Witterungsbeständigkeit auf, die mit wach-sen dem Siliciumanteil weiter verbessert wird. An der Oberfl äche bilden sich beständige Silicate und Oxi-de. Die Gusshaut sollte daher nach Möglichkeit nicht abgearbeitet werden. Hochsäurebeständig, z. B. ge-gen heiße Schwefelsäure und heiße Salpetersäure,

Bild 4.125Spannung-Dehnung-Diagramm von Grauguss (schematisch)

Dehnung e

Sp

annu

ng s

Zug

Druck

Bruch

Bild 4.126Grauguss mit Phosphideutektikum, Perlit und Grafi tlamellen

0,1 mm

262 4 Eisenwerkstoffe

ist Grauguss mit 18 % Silicium, er kann allerdings wegen der außerordentlich hohen Härte dann nur noch durch Schleifen bearbeitet werden.

Grauguss ist bis zu etwa 400 °C warmfest. Bild 4.127 zeigt den Verlauf der Zugfestigkeit verschiedener Gusseisensorten über der Tem peratur.

Bei Temperaturen über 400 °C tritt vor allem bei län geren Glühzeiten ein Zerfall der im Gefüge vor-han denen Zementitphase ein:

Fe3C → 3 Fe + C.

Das Volumen des freien Kohlenstoffs ist etwa drei-mal so groß wie das Volumen des im Zementit ge-bundenen. Beim Zerfall des Zementits vergrößert sich das Volumen der Gussteile, wodurch das Ge-füge aufgelockert wird. In das so aufgelockerte Ge-füge diffundiert Sauerstoff längs der Oberfl äche der Grafi tlamellen ein und verzundert bei Temperaturen oberhalb etwa 550 °C die Eisen- und Siliciumpha-sen im Innern des Gefüges. Mit dieser Verzunde-rung ist eine Versprödung und weitere Volumenver-größerung verbunden, die auch als Wachsen be-zeichnet wird und in ungünstigen Fällen bis zu 8 % des ursprünglichen Volumens ausmachen kann. Das Wach sen von Grauguss wird durch Silicium stark, durch Kohlenstoff weniger begünstigt. Mangan als ein die Carbidbildung förderndes Element wirkt der Volu menvergrößerung entgegen. Ein dichtes Gefü-ge mit fein verteiltem Grafi t, z. B. perlitischer Grau-guss, ist empfi ndlicher gegen die Wachstumsre aktion als groblamellarer Grauguss.

Das Verspröden durch das Wachsen wirkt sich sehr nach teilig auf wärmebeanspruchte Graugussteile aus, z. B. Kolbenringe und Zylinderköpfe von Ver-bren nungsmotoren. Durch Zulegieren von Chrom (carbidbildend) und Aluminium (sauerstoffbin dend) wird Grauguss hit zebeständig (bis 1000 °C).

Das in DIN EN 13835 genormte hochlegierte auste-nitische Gusseisen zeigt sehr gute Warmfestigkeit und zugleich eine stark erhöhte Korrosionsbeständig-keit gegen Alkalien, verdünnte Säuren, Seewasser und Salzlösungen. Sein Hauptlegierungselement ist Nickel (bis 36 %) mit Zusätzen bis jeweils höchs-tens 7,5 % Silicium, Mangan, Chrom und Kupfer. Der Kohlen stoffgehalt ist mit 2,2 % bis maximal 3 % gegenüber ferritischem und perlitischem Grauguss nie drig. Ver wendet werden die warmfesten und hitze-beständi gen austenitischen Qualitäten z. B. für Pum-pen, Ven tile, Laufbuchsen, Abgasleitungen und Ofen-bau teile. Die korrosionsfesten Sorten werden in der Nah rungs mittel-, Kunstseide- und Kunststoffi ndustrie für Leitungen und Kessel eingesetzt.

Austenitisches Gusseisen mit etwa 35 % Nickel hat ei nen extrem niedrigen Wärmeausdehnungskoeffi -zienten von ungefähr 5⋅10−6 K−1 im Bereich von 20 °C bis 200 °C. Es ist besonders für maßhaltige Teile von Werkzeugmaschinen, wissenschaftlichen Instru-menten oder für Pressformen bei der Glas- und Kunst-stofferzeugung geeignet, bei denen sich Maß änderun-gen durch Wärmedehnung während der Verarbei tung schädlich auswirken.

Wärmebehandlungen zum Verbessern der mecha ni-schen Eigenschaften werden bei gewöhnlichem Ma-schinenguss fast nie angewendet. Grundsätzlich ist Grauguss bei genügend hohem Perlitanteil im Gefü-ge härtbar. Dabei wird die stahlähnliche Grund-masse zwar durchgehärtet, wegen der weichen Grafi t-lamel len wird jedoch die Härte eines Stahls eutektoi-der Zusammensetzung bei weitem nicht erreicht. Außerdem ist das lamellare Graugussgefüge nur be-dingt in der Lage, die sowohl beim Erwär men auf als auch beim Abschrecken von der Härte tem peratur auftretenden Wärmespannungen aufzu neh men.

Festigkeits- und härtesteigernde Maßnahmen zie-len beim Grauguss daher mehr auf eine feinere Ver-teilung und eine geometrisch günstigere Form der Gra fi t aus scheidungen im Grundgefüge ab. Die größ-te Bedeutung hat dabei die Entwicklung von Grau-guss mit kugelförmigem Grafi t erlangt.

Bild 4.127Warmverhalten von Grauguss

Zug

fest

igke

it R

m

500

400

300

200

100

00 100 200 300 400

Temperatur J

GJL - 350

GJL - 300

GJL - 250

GJL - 200

GJL - 150

GJL - 100

°C

4.9 Eisengusswerkstoffe 263

Artfremdes Schweißen ( Gusseisenkaltschweißen)Bei dieser Methode wird ohne Vorwärmen (oder mit einer geringen Vorwärmung von 100 °C bis 200 °C) mit artfremdem Schweiß zusatz geschweißt. Es werden Nickel, Nickel-Eisen-Legierungen und Nickel-Kupfer verwendet. Diese Zusätze ergeben ein sehr verformbares Schweißgut. Im Gegensatz zum Warm schweißen sind die mechanischen Eigen-schaf ten der Schweißverbindung immer schlechter als die des unbeeinfl ussten Gusswerkstoffs.

Durch die leichte Plastifi zierbarkeit des zähen Schweiß-guts lassen sich die gefährlichen rissauslösenden Ei-gen span nungen leichter abbauen. Außerdem hat Ni-ckel eine sehr geringe Löslichkeit für Kohlen stoff und bildet keine Carbide. Beim Erstarren wird der Kohlenstoff daher in Form von Grafi t ausgeschie-den und vergrößert dadurch das Schweiß gutvolumen, wodurch die Schrumpfspannungen deutlich verrin-gert werden und die Neigung zur Rissbildung wei-ter abnimmt.

Bei Verwendung der üblichen hochnickel haltigen Zusatzwerkstoffe wird die Spanbarkeit durch den sich immer bildenden hochgekohlten Nickelmarten-sit stark beeinträchtigt. Dieser lässt sich auch durch eine Hoch temperaturglühung kaum beseitigen.

Zusatzwerkstoffe auf der Basis der auste nitischen Cr-Ni-Stähle sind nicht empfeh lenswert, weil sich spröde Chromcarbide bil den. Außerdem begünstigt der große Unter schied in den Wärmeausdeh nungs-koeffi zien ten Schweißgut/Gusseisen sehr stark die Rissbildung.

4.9.5.3 Gusseisen mit Kugelgrafi tGusseisen mit Kugelgrafi t, auch sphärolithischer Guss oder kurz Sphäroguss® genannt, ist in DIN EN 1563 und DIN EN 1564 genormt. Gusseisen mit Ku gelgrafi t wird wie Stahlguss und Grauguss in Fes-tigkeitsklassen eingeteilt, wobei die Zugfestigkeits-werte zwischen 350 N/mm2 und 1400 N/mm2 lie gen. Die Bezeichnung besteht aus dem Werkstoff kurzzei-chen und der Zugfestigkeit in N/mm2 und der Bruch-dehnung in Prozent, z. B. EN-GJS-450-10 (frü her GGG-45). Für die Gusssorten EN-GJS-350-22 und EN-GJS-400-18 können durch Erweiterung der Be-zeichnung mit den Buchstaben RT oder LT zusätz-lich Kerbschlagzähig keiten bei Raumtemperatur (RT) bzw. tiefen (Low) Temperaturen (LT) gewähr-leistet werden, z. B. EN-GJS-350-22-LT.

4.9.5.2.3 Schweißen von GraugussGrauguss kann wegen des hohen Kohlenstoffgehalts nur unter Schwierigkeiten geschweißt werden. Da-her werden Konstruktionsschweißungen wie bei den anderen Eisen-Gusswerkstoffen in kei nem Fall durch-geführt. Allerdings ist die Re para turschweißung we-gen der in den mei sten Fällen unmöglichen Wie der-beschaff barkeit des Bauteils weit verbreitet und er-fahrungsgemäß bei einiger Sorgfalt auch er folg-reich.

Grundsätzlich werden die folgenden bezüg lich der werkstoffl ichen Vorgänge und des zu betreibenden Aufwands sehr unterschied lichen Technologien an-gewendet:– Schweißen mit artgleichen Zusatzwerkstoffen

( Gusseisenwarmschweißen ),– Schweißen mit artfremden Zusatzwerk stoffen

(Gusseisenkaltschweißen ).

Artgleiches Schweißen (Gusseisenwarmschweißen)Bei dieser Schweißtechnologie wird das voll ständig und sehr langsam (Eigenspannungen müssen klein gehalten werden!) auf etwa 650 °C vorgewärmte Bauteil mit artgleichen oder art ähnlichen Zusatz-werkstoffen geschweißt. Bei einem teilweisen (par-tiellen) Vorwärmen spricht man vom Halbwarm-schweißen.

Die Fehlstellen (Risse, Poren, Lunkerstel len, ver-schlissene Bereiche) müssen vollstän dig ausgearbei-tet werden und der Schweißnahtbereich muss frei von jeder Art Verunrei nigung (Fett, Farben, Rost) sein. Die sehr dünnfl üssige nah eutektische Schweiß-schmelze muss z. B. mit Formkohleplatten an einem ungewollten Fortlaufen gehindert werden. Für die Rissfreiheit des Bauteils ist ein ausreichend lang-sames Aufheizen (15 K/h bis 50 K/h) von größter Wichtigkeit. Beim Gas- und auch beim Lichtbogen-schweißen werden zum Beseitigen der vorhandenen bzw. beim Schweißen neu gebildeten Oxide Fluss-mittel verwendet, die sich in der Elektro den um hül-lung befi nden bzw. die man beim Gasschweißen auf das Schweißbad aufschüt tet. Die Schweißstäbe (Stab-elektroden) haben Durchmesser zwischen 4 mm und 12 mm, bei großen Schweißgutmas sen bis 20 mm. Die mechanischen Eigenschaften der ord nungsge-mäß warmgeschweißten Verbindung entsprechen weitgehend denen des unbeeinfl ussten Gusswerk-stoffs. Der schweiß- und fertigungs tech nische Auf-wand ist aber sehr groß.

264 4 Eisenwerkstoffe

Gusseisen mit Kugelgrafi t wird aus Sonderroheisen und Stahlschrott im Kupolofen erschmolzen und im Elektroofen verfeinert. Die Legierungen enthal ten 3,2 % bis 3,8 % C, 2,4 % bis 2,8 % Si, weniger als 0,5 % Mn und müssen besonders rein sein. Damit sich der Grafi t globulitisch ausbildet, sind besonde-re Verfahren entwickelt worden, bei denen die Schmel-ze etwa 0,5 % Cer oder ungefähr 0,5 % Magnesium (bil liger) und zur Keimbildung zusätzlich Ferro si-licium zugesetzt werden. Bild 4.128 zeigt die durch diese Behandlung erzielte kugelförmige Ausschei-dung des freien Grafi ts.

Bei gleichem Rauminhalt hat die Kugel gegenüber anderen geometrischen Formen das günstigste, d. h. kleinste Verhältnis von Oberfl äche zu Volumen. Daher ist der tragende Querschnitt des stahlähnli-chen Grundgefüges bei Gusseisen mit Kugelgrafi t größer als bei Grauguss mit lamellar ausgebildetem Grafi t. Die globulitische Form des eingelagerten Grafi ts wirkt sich bei äußerer Beanspruchung gün-stig auf die Spannungsverteilung im Innern des Gussstücks aus. Bild 4.121 zeigt in einer schema-tischen Gegenüberstellung den von der Grafi tausbil-dung abhängigen Verlauf von Spannungslinien bei Grauguss mit Lamellengrafi t und Grauguss mit Ku-gelgrafi t.

Insgesamt ist die innere Kerbwirkung durch die Gra-fi teinschlüsse bei globulitischem Grauguss gegen-über Grauguss mit Lamellengrafi t stark verrin gert. Das Dämpfungsvermögen von globularem Grau-guss ist allerdings um den Faktor 2 niedriger als das von la mellarem Grauguss.

Als Folge der geometrisch günstigen Ausbildung der Grafi tbereiche im Gefüge zeichnet sich Gussei-sen mit Kugelgrafi t durch gute Gestaltfestigkeit, ho- he Zugfestigkeit bis 900 N/mm2 und große Bruch-deh nung bis 22 % aus. Im Spannung-Dehnung-Dia-gramm zeigt globulitisches Gusseisen einen aus-geprägten HOOKEschen Bereich. Der Elastizitätsmo-dul erreicht abhängig von der Werkstofffestigkeit Werte bis 180 000 N/mm2.

Gusseisen mit Kugelgrafi t ist warm- und begrenzt kaltumformbar und erträgt neben Schwing- und Bie-gebeanspruchungen auch Stoßbelastungen. Es er-setzt in Anwendungsbereichen, in denen hohe Fes-tig keit bei gleichzeitig guter Zähigkeit gefordert wer-den, vielfach Temper- oder sogar Stahlguss.

Globularer Grauguss lässt sich gut zerspanen, wo-bei zusammenhängende Fließspäne entstehen.

Verschleißfestigkeit, Korrosionswiderstand und Zun-derbeständigkeit sind besser als bei Grauguss. We-gen der relativ kleinen Oberfl äche der sphäroli-thischen Grafi tbereiche neigt Gusseisen mit Kugel-grafi t kaum zur Volumenvergrößerung (Wachsen) bei erhöhten Temperaturen.

Die mechanischen Eigenschaften können durch Wär-mebehandlung zum Teil noch erheblich verbes sert werden. Beim Weichglühen zerfällt die Zemen-titphase des Gefüges, der frei werdende Koh lenstoff lagert sich dabei an die bereits vorhandenen Sphä-rolithe an. Es entsteht ein besser bearbeitbares Ge-füge mit erhöhter Verformungsfähigkeit, aber ge-ringerer Festigkeit. Durch Vergüten wird die im Gusszustand vorliegende perlitische Matrix umge-wandelt, so dass Kugelgrafi t in einem Vergütungs-gefüge hoher Fe stigkeit und guter Zähigkeit einge-bettet ist. Durch eine Wärmebehandlung steigen al-lerdings die Her stellkosten.

Diese Kosten lassen sich bei der Verwendung bai-nitischen Gusseisens (DIN EN 1564) reduzieren. Die Erzeugung des bainitischen Gefüges erfolgt durch einen Zeit-Temperatur-Verlauf entsprechend Kurve 3 in Bild 4.70 (S. 184). Das entstehende Ge-füge ist nadeliger Ferrit in einer mit Kohlenstoff übersättigten Austenitmatrix und wird als Ausfer-rit bezeichnet (Bild 4.129). Bei der Ferritbildung reichert sich der verbleibende Austenit mit Kohlen-stoff an und wird so stabilisiert. Die Haltedauer bei der Umwandlungstemperatur wird so gewählt, dass

Bild 4.128Grafi tausbildung bei Gusseisen mit Kugelgrafi t

0,2 mm

4.9 Eisengusswerkstoffe 265

nach Abkühlung auf Raumtemperatur die maximal mögliche Menge an stabilisiertem Austenit vorliegt. Eine Martensitbildung durch zu frühe Abkühlung auf Raumtemperatur muss auf jeden Fall vermie-den werden.

4.9.5.3.1 Schweißen von Gusseisen mit Kugelgrafi t

Für das art fremde Schweißen werden Zusatzwerk-stoffe der Ty pen Ni und NiFe verwendet. Die Vor-wärm temperaturen liegen zwischen 100 °C und 300 °C, abhängig vom Eigenspan nungszu stand und der Werkstofffestigkeit.

Von großer technischer und wirtschaftlicher Bedeu-tung sind Gussverbund-Schweißkonstruktionen be-stehend aus Baustahl und Gusseisen mit Kugelgra-fi t. Zunehmende Anwendung fi nden hier die Press-schweißverfahren Reibschweißen und das Verfah-ren mit magnetisch bewegtem Lichtbogen (MBL- Verfahren, auch als Magnetarc-Verfahren bekannt). Sie bieten die Vorteile, dass die zu verbindenden Tei-le fest eingespannt sind und die Pressung erst nach Erreichen der Schweißtemperatur erfolgt. Dadurch wird eine hohe Maßgenauigkeit des Schweißteils er-reicht. Mit dem Magnetarc-Verfahren las sen sich ge-genwärtig Fügeteile bis 200 mm Durchmesser und einer maximalen Wand dicke von 7 mm, mit dem Reibschweißen sol che bis 300 mm Durchmesser und 18 mm Wanddicke schweißen. Beide Verfahren bie-ten eine hohe Seriensicherheit und sind leicht in den Fertigungsprozess integrierbar.

Die Pressschweißverfahren bieten den entscheiden-den Vorteil, dass die beim Schweißprozess entste-hende Schmelze vollständig aus dem Spalt herausge-drückt wird, d. h., der hochgekohlte, spröde Marten-sit kann aus der Schweißschmelze nicht entstehen.

Bild 4.130Mikrogefüge aus dem Bereich der Schmelzgrenze einer Schweißverbindung aus EN-GJS-400-15 und einem unlegier-ten C-Mn-Stahl (nach IRMER und LEONIDOV)

0,1 mm

Bild 4.129Bainitisches Gusseisen mit Kugelgrafi t: EN-GJS-1000-5 (nach KLÖPPER u. a.)

0,02 mm

Bainitisches Gusseisen mit Kugelgrafi t zeichnet sich durch sehr gute Gießbarkeit aus, wodurch maßge-naues Gießen komplizierter Formen möglich ist. Die erreichbare hohe Festigkeit von 1400 N/mm² ermöglicht Gussteile, deren Festigkeit-Dichte-Ver-hältnis günstiger ist als bei Al-Legierungen. Die mit geschmiedetem Stahl vergleichbare Dauerfestigkeit lässt einen sicheren Langzeitbetrieb von Bauteilen zu. Bei starken Verschleißbeanspruchungen, z. B. bei Erdbewegungsmaschinen, kommt zum Tragen, dass sich der Widerstand gegen Verschleiß durch die Verfestigungsneigung des Austenits weiter er-höht. Diese Neigung erfordert aber andererseits bei einer spangebenden Bearbeitung ein sorgfältiges Einhalten der Bearbeitungsbedingungen.

Das bainitische Gusseisen mit Kugelgrafi t wird auch als ADI-Eisen (Austempered Ductile Iron) bezeich-net.

Austenitische Gusseisensorten mit Kugelgrafi t sind bei einer den lamellaren Qualitäten entspre-chenden Ero sions-, Wärmeschock-, Hitze- und Kor-rosions beständigkeit erheblich höher mechanisch be lastbar. Sie sind, wie die austenitischen Sorten mit Lamellengrafi t, in DIN EN 13835 genormt.

Gusseisen mit Kugelgrafi t wird für kleine und große Gussstücke verwendet. Beispiele sind: Kurbelwel-len, Kolben, Ventile, Ofenklappen, kaltbiegbare Roh-re, Gesenke und Walzen.

266 4 Eisenwerkstoffe

Die Voraussetzung für den wirtschaftlichen Ein satz des gerätemäßig sehr aufwändigen Reibschweißver-fahrens ist die Großserie.

Für kleinere Stückzahlen ist das MAG-Verfahren (Metall-Aktiv-Gasschweißen) und vor allem das Impulslichtbogenverfahren mit Fülldrahtelektroden anwendbar. Bild 4.130 zeigt, dass der Bereich der Schmelzgrenze (von rechts unten bis oben Mitte verlaufend) bei diesem mit einem sehr geringen Wärmeeinbringen arbeitenden Verfahren praktisch vollständig martensit- und ledeburitfrei ist. Ledig-lich ein schmaler Ledeburitsaum im Bereich der Grafi tkugeln ist erkennbar. Ein Vorwärmen kann in den meisten Fällen entfallen, not wendig ist aber ei-ne Wärmenachbehand lung, weil sich in der Regel ein rissbegünsti gender schmaler ledeburitisch-mar-ten si ti scher Gefügebereich neben der Schmelz grenze bildet. Die Gütewerte sind nicht mit den beim Press-schweißen erreichbaren vergleichbar.

4.9.5.4 Gusseisen mit Vermiculargrafi tWird einer Schmelze, die im Übrigen der Zusammen-setzung von Gusseisen mit Kugelgrafi t entspricht, Magnesium in geringen Mengen (ca. 0,1 %) sowie Titan und/oder Aluminium zugesetzt, entstehen kei-ne Grafi tkugeln sondern (vereinzelte) Lamellen mit eher rundlicher Struktur. Die Grafi tausbildung liegt damit zwischen Lamellengrafi t und Kugelgrafi t.

Im Schliffbild ist das Aussehen der Grafi tverteilung häufi g den Fraßkanälen von Würmern ähnlich (Bild 4.131), woraus sich die Bezeichnung herleitet: Ver-miculargrafi t = »Wurmgrafi t«. Gusseisen mit Ver-

miculargrafi t darf gewisse Anteile an Grafi tkugeln enthalten, jedoch keine Grafi tlamellen1).

Der Grafi tausbildung entsprechend liegen auch die Eigenschaften zwischen denen von unlegiertem Grauguss und denen von unlegiertem Gusseisen mit Kugelgrafi t. Die Mindestzugfestigkeiten der Sor-ten nach VDG-Merkblatt W50 betragen zwischen 300 N/mm² und 500 N/mm². Sie sind damit durch-schnittlich mindestens 50 % höher als bei herkömm-lichem Grauguss, gepaart mit deutlich besse rer Ver-formungsfähigkeit.

Ein um ca. 30 % höherer Elastizitätsmodul gestat-tet geringere Wanddicken bei gleicher Steifi gkeit und damit leichtere Gusskonstruktionen. Die Festig-keit ist ebenfalls von der Wanddicke abhängig, aber nicht so stark wie bei Gusseisen mit Lamellengra-fi t. Gegenüber diesem ist auch die thermische Stabi-lität besser, d. h., ein potenzielles Wachsen bei Hoch-temperatureinsatz ist weniger ausgeprägt. Gegen-über Gusseisen mit Kugelgrafi t sind die bessere Gießbarkeit und ein höheres Dämpfungsvermögen von Vorteil.

Wegen dieser Kombination von Eigenschaften wird Gusseisen mit Vermiculargrafi t vor allem in Kraft-fahrzeugen für Motorblöcke, Zylinderköpfe, Getrie-begehäuse oder Abgaskrümmer verwendet.

Wegen der Ähnlichkeit der Grafi tausbildung von Vermicular- mit Kugelgrafi t sind die Schweißvor-schriften und Empfehlungen ähnlich wie die beim Gusseisen mit Kugelgrafi t.

4.9.6 TempergussTemperguss, manchmal auch »schmiedbarer« Guss genannt, ist in DIN EN 1562 genormt. Danach ver- steht man unter Temperguss eine FeC-Legierung, die in ihrem Kohlenstoff- und Siliciumgehalt so ein-gestellt ist, dass die Gussstücke grafi tfrei erstarren, der Kohlenstoff also vollständig in Zementit gebun-den ist.

Dieser Temperrohguss wird wegen der durch den relativ niedrigen Kohlenstoffgehalt bedingten ho-hen Schmelztemperatur (1300 °C bis 1450 °C, je nach Kohlenstoffanteil) meist im Elektroofen er-

Bild 4.131Mikrogefüge von Gusseisen mit Vermiculargrafi t (GJV-300), ungeätzt

100 μm

1) Manchmal werden auch feinste Grafi tlamellen, die sich zu »Wurmnestern« konzentriert haben, fälschlicherweise als Vermiculargrafi t bezeichnet.

4.9 Eisengusswerkstoffe 267

schmol zen. Die Schmelze ist dünnfl üssig, besitzt al-so gutes Formfüllungsvermögen. Das Schwindmaß liegt zwischen 1 % und 2 %. Die Dichte beträgt et-wa 7,4 g/cm3. Die Gussstücke weisen eine saubere Oberfl äche auf. Die größte gießbare Wanddicke be-trägt im Normal fall etwa 40 mm. Sie wird von der Forderung bestimmt, dass das Gefüge auch im Kern grafi tfrei sein muss. Aus dem gleichen Grund sind die Guss teilmas sen bei Temperguss im Vergleich zu Grauguss oder Stahlguss begrenzt. Die Hauptmen-ge der Temper gussteile entfällt auf Stückmassen bis 1 kg. Damit bei der folgenden Wärmebehand lung eine möglichst gleichmäßige Gefügeausbildung er-reicht wird, sind für die Gussstücke gleich bleiben-de Wanddicken vorzusehen.

Seine charakteristischen Eigenschaften erhält Tem-perguss erst durch eine Tempern genannte Glühbe-handlung. Dabei bestimmen die Zusammensetzung des Rohgusses sowie die Umgebungsatmosphäre und die Temperaturführung beim Glühvorgang den Gefügeaufbau von Temperguss, der hinsichtlich der Festigkeit und der Verformungsfähigkeit eine Mit-telstellung zwischen Grauguss und Stahlguss ein-nimmt. Nach dem Bruchaussehen der getemperten Teile werden weißer und schwarzer Temperguss un-ter schieden. Bild 4.132 zeigt den Verlauf der Glüh-temperatur über der Glühzeit für weißen und schwar-zen Temperguss.

4.9.6.1 Weißer TempergussTemperrohguss mit 2,8 % bis 3,4 % C und 0,8 % bis 0,4 % Si (die Summe von Kohlenstoff und Silicium soll 3,8 % nicht übersteigen) wird bei etwa 1000 °C in schwach oxidierender Atmosphäre geglüht. Da-zu werden die Gussteile entweder zusammen mit sau erstoffabgebenden Mitteln, z. B. Fe

2O

3, in Tem-

pertöpfen eingesetzt oder in gasdichten Öfen mit ge-regelter Atmosphäre (Gemisch aus Kohlenmonoxid und Kohlendioxid mit Luft/Wasserdampf-Zufuhr zur Regulierung) getempert. Durch die Einwir kung des Sauerstoffs zerfällt zunächst der Zementit in der Randschicht:

Fe3C + O

2→ 3 Fe + CO

2.

Bei Fortdauer des Glühvorgangs fi ndet über die Reaktion

CO2

+ C → 2 CO

eine Entkohlung des Temperrohgusses statt. Die Entkohlungstiefe hängt von der Glühdauer ab, die je nach Dicke der Gussteile 2 bis 6 Tage beträgt. Die entkohlte Schicht erreicht im Allgemeinen ei-ne Dicke von höchstens 7 mm.

Dünne Gussstücke mit Wanddicken unter 5 mm wei-sen daher über den ganzen Querschnitt ein fer riti-sches Gefüge auf. Bei großen Wanddicken (über 10 mm) besteht nur die Randschicht aus Ferrit, wäh-rend der Kern mehr oder weniger perlitisch ist, durchsetzt mit in Nestern zusammengeballter Tem-perkohle. Dazwischen liegt ein Übergangsgefüge aus Ferrit, Perlit und Temperkohle. Bei dicken Guss- teilen ist das Gefüge also über den Querschnitt un-terschiedlich ausgebildet. Damit werden auch die Festigkeitseigenschaften von entkohlend geglüh ten Temperguss wanddickenabhängig.

Hinweise auf die wanddickenabhängige Gefügeaus-bildung von weißem Temperguss erhält man durch eine mit dem Gussstück zusammen getemperte keil-förmige Probe (Bild 4.133).

Kernzone: Perlit + (Ferrit) + Temperkohle

Übergangszone: Perlit + Ferrit + Temperkohle

Randzone: Ferrit

Bild 4.133Keilprobe zur Ermittlung der wanddickenabhängigen Gefü-geausbildung von weißem Temperguss, nach DIN EN 1562 (schematisch)

Bild 4.132Temperaturführung beim Tempern (schematisch)1: weißer Temperguss2: schwarzer Temperguss

Tem

per

atur

J

1200

1000°C

800

600

400

200

00 20 40 60 80 100

Zeit t

1

2

h

268 4 Eisenwerkstoffe

Nach DIN EN 1562 erhält weißer Temperguss das Kurzzeichen EN-GJMW und wird nach der an Pro-bestäben mit 12 mm Durchmesser ermittelten Zug-festigkeit in 5 Güteklassen eingeteilt (EN-GJMW-350-4 bis EN-GJMW-550-4). Der Kennzeichnung ist neben der Zugfestigkeit (1. Zahl, angegeben in N/mm2) auch der Zahlenwert der Bruchdehnung zu entnehmen (2. Zahl, angegeben in Prozent). Der Wanddickeneinfl uss wird nach DIN EN 1562 an Pro-bestäben mit Durchmessern von 9, 12 und 15 mm ermittelt. Tabelle 4.26 gibt als Beispiel die Zahlen-werte für die Zugfestigkeit und die Bruch dehnung (L

0= 3 ⋅d

0) in Abhängigkeit vom Proben durchmes-

ser für EN-GJMW-450-7 wieder.

Die Zerspanbarkeit von weißem Temperguss ist bei dicken Teilen wegen des Perlitanteils schwieriger als bei dünnen, kann aber durch Weichglühen ver-bessert werden.

Weißer Temperguss wird vorwiegend für dünnwan-dige Teile verwendet. Beispiele sind: Schlüssel, Be-schlagteile, Rohrverbinder (Fittings), Ketten, He-bel, Schraubzwingen, Muffen und Bremstrom meln.

Weißer Temperguss mit Wanddicken bis etwa 10 mm lässt sich gut schweißen, weil das Gefüge in ei nem Oberfl ächenbereich von etwa 5 mm bis 6 mm prak-tisch einem wei chen (C ≤ 0,30 %) unlegierten Koh-lenstoffstahl entspricht. Allerdings kann sich durch die Anwesenheit von Temperkohle, Bild 4.134, (das gilt vor allem bei größeren Wand dicken!) durch Rück lösen harter, sehr sprö der Ledeburit bilden, der sich aber durch ein nachträgliches Glühen bei 900 °C bis 950 °C beseitigen lässt. Die wichtige Sonderqua-lität EN-GJMW-360-12 W mit verringertem Koh-len stoffge halt lässt sich ohne jede ther mi sche Vor-behandlung der Fügeteile (Vorwär men) schweißen. Auf die Schweißeignung weist das ange hängte W (W = weldable) besonders hin. Alle Temperguss-sorten las sen sich hart- und weichlöten.

Wegen der sehr begrenzten Stückmassen (≤ 20 kg) der aus weißem Temperguss herstell baren Werkstü-

cke werden Konstruktions schweißungen mit dem hierfür entwickelten EN-GJMW-360-12W sehr häu-fi g, Reparatur schweißungen dagegen sehr selten durchge führt.

In Bild 4-135 ist eine Rohrgelenkwelle als Guss ver-bundkonstruktion dargestellt, die aus EN-GJMW-360-12W (GTW-S 38-12) und ei nem Rohr aus un-legiertem Stahl besteht. Die umlaufende Schweiß-naht wurde mit dem MAG-Verfahren hergestellt.

4.9.6.2 Schwarzer TempergussZur Herstellung von schwarzen Temperguss wird Tem perrohguss, der gegenüber Rohguss für weißen Temperguss im Mittel 0,4 % weniger Kohlenstoff, dafür aber 0,5 % bis 0,6 % mehr Silicium enthält, in neu traler Atmosphäre geglüht. Früher wurden die Gussstücke in Tempertöpfen mit Quarzsand oder Grau gussspänen abgedeckt und geglüht. Bei moder-neren Verfahren wird der Rohguss unter Schutzgas, z. B. Stickstoff, in gasdichten Öfen getempert.

Tab. 4.26: Zugfestigkeit und Bruchdehnung der weißenTempergusssorte EN-GJMW-450-7 in Abhän-gigkeit vom Probendurchmesser

471012%A3

480450400330N/mm2Rm

151296mmd0

Bild 4.134Gefüge von weißem Temperguss EN-GJMW-400-5. In die ferritisch-perlitische Grundmasse sind Temperkohleknoten eingelagert.

0,1 mm

Bild 4-135Rohrgelenkwelle als Verbundkonstruktion aus un le giertem Stahl P235G1TH (St 35.8) und dem weißem Temperguss EN-GJMW-360-12W (GTW-S 38-12) (nach Georg Fischer AG)

Stahlrohr P235G1TH (St 35.8)

Gabelkopf EN-GJMW-360-12W (GTW - S 38 - 12)

4.9 Eisengusswerkstoffe 269

1800600EN-GJMB-800-1

4550340EN-GJMB-550-4

10350200EN-GJMB-350-10

Schwarzer Temperguss

4550340EN-GJMW-550-4

5450220EN-GJMW-400-5Werte gelten für eine

Wanddicke von 12 mm

4350−EN-GJMW-350-4

Weißer Temperguss

Temperguss nach DIN EN 1562

10370200EN-GJSA-XNiSiCr35-5-2

7370210EN-GJSA-XNiCr20-2

15390210EN-GJSA-XNiMn13-7

170EN-GJLA-XNiCuCr15-6-2

140EN-GJLA-XNiMn13-7

Austenitisches Gusseisen nach DIN EN 13835

114001100EN-GJS-1400-1

21200850EN-GJS-1200-2

8800500EN-GJS-800-8

Bainitischer Grauguss mit Kugelgrafit nach DIN EN 1564

2900600EN-GJS-900-2

7800320EN-GJS-500-7

240EN-GJS-400-18-LT18400

250EN-GJS-400-18-RT

Werte gelten fürWanddicken bis 30 mm

22350220EN-GJS-350-22-LT

Grauguss mit Kugelgrafit nach DIN EN 1563

0,5500 bis 575380 bis 455GJV-500

1,0450 bis 525340 bis 415GJV-450

1,0400 bis 475300 bis 375GJV-400

1,5350 bis 425260 bis 335GJV-350

Festigkeit in Gussstücken istabhängig von der Wanddicke

1,5300 bis 375220 bis 295GJV-300

Grauguss mit Vermiculargrafit nach VDG-Merkblatt W50

350 bis 450EN-GJL-350

250 bis 350EN-GJL-250

150 bis 250EN-GJL-150 Festigkeit in Gussstücken istabhängig von der Wanddicke

100 bis 200EN-GJL-100

Grauguss mit Lamellengrafit nach DIN EN 1561

%N/mm2N/mm2

BemerkungenBruchdehnungA (min)

ZugfestigkeitRm (min)

0,2-GrenzeRp0,2 (min)

WerkstoffKurzname

Tab. 4.27: Mechanische Eigenschaften von Gusseisen

270 4 Eisenwerkstoffe

sen mit Ku gelgrafi t sowie Gusseisen mit Vermicu-largra fi t preiswerter erfüllt werden.

In Tabelle 4.27 sind einige mechanische Eigenschaf-ten verschiedener Eisengusswerkstoffe zusammen-gestellt.

Schulze, G.: Die Metallurgie des Schweißens, VDI-Buch, 3. Aufl age, Springer-Verlag, Berlin 2004

Schumann, H.: Metallografi e, 13. Aufl age, Deutscher Verlag für Grundstoffi ndustrie, Leipzig 1991

Wever/Rose/Peter/Straßburger/Rademacher: Atlas zur Wärmebehandlung der Stähle, Verlag Stahl-eisen, Düsseldorf, 1954 ... 1976

Werkstoffkunde Stahl, Band I: Grundlagen, 1984, Band II: Anwendung, 1985, Hrsg. Verein Deut-scher Eisenhüttenleute, Springer-Verlag, Berlin, Verlag Stahleisen, Düsseldorf

Wirtz/Boese/Werner: Verhalten der Stähle beim Schweißen:

Band I: Grundlagen, 1995, Band II: Anwendung. Deutscher Verlag für Schweiß-

technik (DVS), Düsseldorf, 2001

Ergänzende und weiterführende Literatur

Berns, H.: Stahlkunde für Ingenieure, Springer-Verlag, Berlin 1998

Dahl, W. (Hrsg.): Band I: Eigenschaften und An -wen dungen von Stählen, Band II: Stahlkunde, Verlag der Augustinus Buchhandlung, Aachen 1993

Eckstein, H-J.: Wärmebehandlung von Stahl, 2. Aufl age, Deutscher Verlag für Grundstoffi ndus-trie, Leipzig 1970

Hougardy, H. P.: Die Darstellung des Umwand -lungs verhaltens von Stählen in ZTU-Schaubil-dern. Härterei-Tech. 33 (1987), S. 63/70

Roesch/Zeuner/Zimmermann: Stahlguß, 2. Aufl age, Verlag Stahleisen, Düsseldorf 1982

Schatt/Worch: Werkstoffwissenschaft, 8. Aufl age, Deutscher Verlag für Grundstoffi ndustrie, Leip-zig 1996

Die Gefügeumwandlung fi ndet in zwei Stufen statt. In der ersten Glühstufe zerfällt bei etwa 950 °C der im Ledeburit eingelagerte Zementit in Austenit und Temperkohle. Durch langsames Absenken der Glüh-temperatur um einige Grad pro Stunde im Bereich zwischen 800 °C und 700 °C zerfällt in der zweiten Glühstufe der Austenit weiter zu Ferrit und Temper-kohle. Die Glühdauer beträgt mehrere Tage, ist i. Allg. wegen des höheren die Grafi taus schei dung be-günstigenden Siliciumgehalts jedoch kürzer als bei weißem Temperguss (Bild 4.132, Kurve 2).

Im Endzustand liegt bei schwarzem Temperguss im Gegensatz zu weißem Temperguss über den gesam-ten Querschnitt des Gussteils ein gleichmäßiges Ge-füge aus Ferrit mit eingelagerter, fl ockig ausge bil-deter Temperkohle vor. Die mechanischen Eigen-schaften von nicht entkohlend geglühtem Temper-guss sind daher unabhängig von der Wanddicke. Bild 4.136 zeigt den Gefügeaufbau von schwarzem Temperguss.

Die Bedeutung von schwarzem Temperguss ist seit dem Ende der 60er Jahre stark zurückgegangen, weil die möglichen Anforderungen durch Gussei-

Bild 4.136Gefügeausbildung von schwarzem Temperguss