50 · Das Neue in der Alten Musik Eintausend Jahre Musikgeschichte umfasst die Zeitsp anne der so...

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Originalausgabe© WDR Köln 2005Alle Rechte vorbehaltenCO N CERTO VERLAG Johannes JansenGestaltung: Johannes RitterHerstellung: Steinmeier, NördlingenISBN 3-9803578-5-6

50 Jah r e Alt e Mu sik im WDR 1954–2004

H er au sgegeb en vo n

T h o m as Syn o fzik , Bar b a r a Sch wen d o wiu s u n d Rich a r d Lo r b er

unter Mitarbeit von Tilla Stöhr, Gela Birckenstaedt und Susanne Rump

mit Beiträgen von Christoph Wolff, Christoph Prasser, Dieter Gutknecht,Thomas Synofzik, Jan Reichow, Robert von Zahn, Peter Wollny,Barbara Schwendowius, Eva Küllmer, Wolfgang Sandberger, Thomas Daun,Klaus Pietschmann, Klaus L Neumann, Richard Lorber, Susanne Ockelmannund Friedemann Hellwig

im CO N CERTO VERLAGin Coprodu kt ion m it demWestdeu t sch en Ru n dfu n k

Das Neue in der Alten Musik

Eintausend Jahre Musikgeschichte umfasst die Zeitspanne der so genannten ›Alten Musik‹: Vom Gregorianischen Choral und den Troubadours des Mittelalters bis hin zu Richard Wagner, den wir bereits als modern einzustufen gewohnt sind.

Eintausend Jahre – das sind etwa fünfzig Generationen von Musikern und Komponisten, Instrumentenbauern, Notenstechern, Flötisten, Streichern, usw. – und ebenso viele Generationen von Musikfreunden, von gewogenen und weniger gewogenen Zuhörern, von Rezipienten, Rezensenten, von Begeisterten und Unzufriedenen, kurzum von Publikum. Produzenten und Rezipienten der Musik haben sich in diesen eintausend Jahren gravierend verändert. Auch die Orte, an denen Musik aufgeführt und wahrgenommen wurde, haben sich gewan-delt. Am gravierendsten aber ist der Wechsel der ›Medien‹, über die sich die Musik verbreitet hat. Die Erfi ndung der ›drahtlosen‹ Telefonie, wie sich der Rundfunk in seiner Frühzeit nannte, und die Entwicklung der Schallaufzeichnung mithilfe von Walzen, Wachs- und Schellackplatten, die späterhin vom Magnettonband und heu-te von den Möglichkeiten der Digitaltechnik abgelöst oder sagen wir besser: ergänzt wurden (denn niemals bislang ist ein Medium vollständig verschwunden) – sie alle haben zu einer Veränderung der Musikwahrnehmung beigetragen, über deren Konsequenzen wir uns heute noch kein abschließendes Bild machen können.

›Radio‹, dieses Medium des Nur-Hörbaren, kaum fünf Generationen alt, nicht einmal hundert Jahre. Dennoch hat die ›Alte Musik‹ in diesem ›neuen‹ Medium (das immer noch meistgenutzte der Welt) eine besondere Heimat und hohe Aufmerksamkeit gefunden. Seit den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts hat sich der Westdeutsche Rundfunk neben seinem Engagement für die ›Neue Musik‹ auch auf dem Gebiet der ›Alten Musik‹ stark gemacht. Es gilt als gesichert, dass die heute weit verbreitete historische Aufführungspraxis der ›Alten Musik‹ wesentliche Impulse und Förderung durch die Aktivitäten und Musiksendungen des WDR erhalten hat.

Unser Publikum hat Geschmack an der faszinierenden Klangwelt histo-rischer Instrumente und an der Vielstimmigkeit früher Vokalmusik gefunden. Sei ner Begeisterung ging die Faszination der Musiker und Produzenten voraus, ohne die der Funke nicht hätte überspringen können. Von dieser Begeisterung, aber auch von der Mühe, die mit der Einlösung eines hohen künstlerischen Anspruchs verbunden ist, wird in diesem Buch manches zu spüren sein. Es schaut und hört hinein in die fünfzig jährige (also noch vergleichsweise junge) Geschichte der ›Alten Musik‹ im WDR und führt vor, was für die Literatur längst eine Selbstverständlichkeit ist: ›Alte‹ Werke erweisen sich mitunter als ausgesprochen ›jung‹!

Ich wünsche Ihnen bei der Lektüre und beim Hineinhören in die beige-fügten CDs viele belebende und begeisternde Momente, ganz ähnlich jenen, die unsere Redakteure, unsere Musiker und unsere Hörer über 50 Jahre hinweg erlebten.

Prof. Karl Karst, Programmleitung WDR 3

Grußwort

Mit großem Vergnügen trage ich zu dieser Jubiläumsschrift Alter Musik im WDR bei. Deren Verantwortliche haben ein besonders eindrucksvolles Beispiel gegeben, in welcher Art öffentlich-rechtlicher Rundfunk die Entwicklung kulturellen Geschmacks anregen und leiten kann. Konsequent hat die Alte-Musik-Abteilung des WDR in die Förderung musikalischer Talente investiert und ist dabei ihrem Grundsatz, Musik früherer Epochen in historisch informierter Aufführungspraxis auf originalen Instrumenten darzubieten, treu geblieben.

Ein Charakteristikum der WDR-Strategie ist die klare Erkenntnis, dass musikalische Aktivitäten keine nationalen Grenzen kennen. Das kontinuierliche Programm von Studioaufnahmen bindet zahllose britische, holländische, bel-gische, französische und italienische Musiker ein. Allein schon die Vielzahl von Schallplattenpreisen, welche die in Coproduktion mit der Schallplattenindustrie entstandenen Aufnahmen erhalten haben, ist untrüglicher Beweis dafür, dass hier ein fast unfehlbares Gespür bei der Suche nach neuen Talenten am Werk war. Teil der internationalen Aktivitäten war die enge Verbindung zwischen dem WDR und dem York Early Music Festival im Norden Englands – eine Verbindung, die aus den Gründungsjahren des Festivals herrührte. Dort hatte ich Klaus L Neumann zum ersten Mal getroffen, der mir schnell ein enger Kollege und Freund wurde.

Alte Musik im WDR zeigt zudem, wie eine öffentliche Rundfunkanstalt effektiv in ihrer Region arbeiten kann: So fungiert die Ruhrgebietsstadt Herne als einer der Brennpunkte des Musikjahres, indem hier die Tage alter Musik als regelmäßiges Ereignis etabliert werden konnten. Über die European Broadcasting Union (EBU) werden diese Aufnahmen aus Herne – die von der Stadt Herne auch auf CD veröffentlicht werden – ein in ganz Europa verbreiteter Schatz; die Stadt Herne erhielt ihren festen Platz auf der musikalischen Landkarte. Ich hatte das Glück, dieses Festival einmal ›vor Ort‹ erleben zu können und konnte mich lebhaft erfreuen an der Atmosphäre dieses in einer städtischen Gemeinde verwurzelten Festivals, das höchsten internationalen musikalischen Standards gerecht wurde.

Alte Musik im WDR hat uns mit einem wichtigen Modell öffent licher Rundfunkarbeit ausgestattet: Einerseits fest in der Region verankert, setzte man sich andererseits über nationale Grenzen hinweg und widmete sich der Entwicklung junger Talente und neuer Ideen.

Dass sich Klang und Inhalt unserer Kulturkanäle im Lauf der Zeit verän-dern und entwickeln, ist unvermeidlich. Wichtig dabei aber ist, dass sie weiterhin denselben – von aufklärerischer Entdeckerlust gestützten – Mut zeigen, für die heutigen Zuhörer neue musikalische Welten zu öffnen.

Graham Dixon, BBC Radio 3Vorsitzender der EBU Music Group

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Inhalt

Einleitung 7

Ch r ist oph Wol f f : Die Cappella Coloniensis und ihr wegweisender Klang

Eine autobiographische Skizze 9

Ch r ist oph Pr asser : »Ein Orchester – einzigartig in der Welt«

Die ›Gründerjahre‹ der Cappella Coloniensis 15

Diet er Gut knech t : August Wenzinger in seinen Beziehungen

zum (Nord-)Westdeutschen Rundfunk 41

Th omas Synofzik: Collegium musicum und Collegium aureum

oder: Vom Rundfunk zur Schallplatte 51

Jan Reich ow: Wie alte Musik neu wurde und ferne Musik allmählich näher kam

Ein Rückblick auf 50 Lehrjahre 75

Th omas Synofzik: Stagnation und Erneuerung. Die Cappella Coloniensis 1976–1998 91

Rober t von Zah n: Europa in Köln – Köln in Europa

Die Inter-Nationalität der Alten Musik im WDR 101

Pet er Wol l ny: Geistliche Musik der Bach-Familie

Die Wiederentdeckung eines vergessenen Repertoires in der persönlichen Erinnerung 129

Bar bar a Schwendowius: Orgelreisen im In- und Ausland 137

Bildteil: Plakate von Heinz Edelmann zu den Tagen alter Musik in Herne 159

Eva Kül l mer : Tage alter Musik in Herne

Ein Festival für Neugierige, Liebhaber und Kenner 163

Wol fgang Sandber ger : Musik an westfälischen Adelshöfen

Eine Konzertreihe mit einzigartiger Authentizität (1991–1995) 189

Th omas Daun: Mittelalterliche Musik im Programm des WDR 199

Kl aus Piet sch mann: Der Beitrag des WDR zur Renaissance der Musik

des 15. und 16. Jahrhunderts 213

Kl aus L Neumann: Opern- und Oratorienproduktionen 231

Rich ar d Lor ber : Das Neuartige der Musik noch einmal vergegenwärtigen

Musiktheaterproduktionen der Cappella Coloniensis 1999–2004 245

Susanne Ockel mann: Wie sag ich’s – Refl exionen über das Sendungsbewusstsein 259

Fr iedemann Hel lwig: Bemerkungen zu den alten Musikinstrumenten des WDR 269

Th omas Synofzik, Susanne Rump: Diskographie 287

Th omas Synofzik: CD I/II – Produktionsdaten und Kommentare 303

Register 313

Bildnachweise 320

Das nebenstehende Symbol verweist auf Musikbeispiele der beiliegenden CDs.

Einleitung

Am 18. September 1954 gab die Cappella Coloniensis im Kölner Funkhaus am Wallrafplatz ihr Gründungskonzert und war damit das erste Orchester, das sich zur Wiedergabe ›alter‹ Musik konsequent des Instrumentariums und der Spielpraktiken ihrer Zeit bediente. Die jüngere Vergangenheit hatte Deutschland in kurzem Abstand zweimal in den Krieg geführt, Köln lag noch immer zu großen Teilen in Trümmern darnieder. Die etablierten deutschen Orchester krankten am Verlust der jüdischen Musiker. Nun besann man sich zurück auf eine (vermeint-lich) goldene Vorvergangenheit – entsprechend taufte später WDR-Mitarbeiter Alfred Krings ein von ihm betreutes Barockorchester auf den Namen Collegium aureum. Fast postmodern mutet es an, wenn WDR-Hauptabteilungsleiter Edmund Nick 1954 die Cappella-Gründung der um sich greifenden Technisierung in Form von Überschallgeschwindigkeit, Atombombe und Fernsehen gegenüberstellte.

Was zuvor nur durch Hilfe adeliger oder industrieller Mäzene möglich gewesen war, machte sich nun der Rundfunk zu eigen. Der hatte Sendebedarf. Auch wenn nicht alle ›Knabenblütenträume‹ – wie die Festanstellung der Cappella-Musiker oder die parallele Gründung eines Knabenchors – reiften, so kann doch die Prophezeiung des Gründungsmemorandums der Cappella Coloniensis (zum 1. Januar 1953) aus heutiger Sicht als erfüllt gelten: »Nach der Struktur des heutigen Musiklebens ist überhaupt nur der Rundfunk imstande, einen solchen Plan zur Durchführung zu bringen, denn es bedarf einer längeren Anlaufzeit und geldlicher Mittel, wie sie heutzutage eben nur dem Rundfunk zur Verfügung stehen. Dafür wird derjenige Sender, der es fertig bringt, ... sich das größte Ansehen erwerben ... Wir können mit der systematischen Produktion dieser Musik uns eine Ausnahmestellung schaffen.«

Durch die so in Nordwestdeutschland verbreiteten neuen Klangwelten gewann ›alte‹ Musik auf einmal eine jugendliche Kraft, die junge und alte Hörer in ihren Bann zog. Schnell war auch das Interesse der Schallplattenindustrie erwacht: Das auf Produktionen mit Alter Musik spezialisierte Label der Archiv Produktion der Deutschen Grammophon-Gesellschaft führte schon am 21. Juni 1955 eine erste eigene Produktion mit der Cappella Coloniensis durch.

Kaum weniger bedeutsam als der Aspekt der Spielweise war jener der Erschließung unbekannter Repertoire-Bereiche: 50 Jahre Alte-Musik-Arbeit im Westdeutschen Rundfunk hat unbekannte Schätze ans Licht treten lassen. Teilweise stammten diese aus nordrhein-westfälischen Sammlungen wie im Falle der hochbedeutenden Santini-Sammlung in Münster oder der fürstlichen Musiksammlungen in Rheda und Herdringen oder sie hatten rheinländischen Bezug wie die vom WDR gemeinsam mit der Schallplattenindustrie vorgelegte Einspielung des Gesamtwerks der rheinischen Mystikerin Hildegard von Bingen. Noch häufi ger aber wurden auch entlegene Quellen beispielsweise aus Bibliotheken �

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der DDR, aber auch aus London, Berlin, Wien und Brüssel als Mikrofi lm bestellt und in der Redaktion in moderne Notation übertragen.

Lag der Endpunkt dessen, was als Alte Musik defi niert wurde, zunächst bei 1800, so wurde schon früh die Schwelle zum 19. Jahrhundert durchbrochen. Die Cappella Coloniensis, das frühere ›Barockorchester des Westdeutschen Rundfunks‹ nimmt heute Wagner-Opern auf, die belgischen Kuijken-Brüder (seit 1966 dem WDR durch Produktionen verbunden) sind bei Debussy ange-kommen. Die romantische Spielweise, von der sich die Alte-Musik-Bewegung in ihren Anfängen zu distanzieren suchte, muss inzwischen neu entdeckt werden – der historisierende Ansatz ist damit auf einer neuen Stufe angelangt. Das WDR Sinfonieorchester Köln veranstaltet seit der Saison 2002/03 einen festen Zyklus mit Gastdirigenten aus dem Bereich der Alten Musik (Klassik heute). Konzentrierte man sich hier zunächst auf das Repertoire des 18. Jahrhunderts, so werden bei an-deren Radio-Sinfonieorchestern die Grundsätze historischen Aufführungspraxis auch für jüngeres Repertoire nutzbar gemacht: von John Eliot Gardiner, der schon ab 1979 mit der Cappella Coloniensis arbeitete, 1991–94 mit dem NDR-Sinfonieorchester und von Roger Norrington mit dem Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR. Viele der Konventionen, die die Cappella Coloniensis seit 1954 zu überwinden suchte, entstanden erst zu Anfang des 20. Jahrhunderts: das kon-tinuierliche Vibrato, die Besaitung der Streichinstrumente mit Stahlsaiten und die Bevorzugung von Metallfl öten gegenüber den traditionellen Holzfl öten.

Die Arbeit an unserem Buch-Projekt förderte immer wieder Über-raschendes zutage, löste Erstaunen aus über das, was schon in den 50er und 60er Jahren geleistet oder zumindest angedacht wurde. Verschollen geglaubte Schätze konnten im WDR-Schallarchiv wieder aufgefunden werden – und sind auf den beiliegenden CDs erstmals zugänglich gemacht. Wichtige Vorarbeiten zu den hier dokumentierten Forschungen in Form von Interviews und Aufarbeitung von Archivmaterialien leistete ein von Thomas Synofzik an der Hochschule für Musik Köln durchgeführtes Hauptseminar zum Thema »Alte Musik in Köln« im Sommersemester 2003. Zu danken ist allen Autoren, aber auch jenen, die das Projekt durch Ideen, Anregungen und tatkräftige Hilfe unterstützt haben. Nicht zuletzt gilt unser Dank dem Verleger Johannes Jansen, der diese Publikation mit viel Sachverstand und großem Engagement begleitet hat.

Die HerausgeberThomas Synofzik, Barbara Schwendowius, Richard Lorber

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D ie Cap p ella Co lo n ien sis u n d ih r wegweisen d er Klan g

Eine autobiographische Skizze

Christoph Wolff

Es war eine Tradition meiner Schule, des altsprachlichen Wilhelm-Dörpfeld-Gymnasiums zu Wuppertal, dass die Abiturienten einen handschriftlichen Lebenslauf verfassten, der mit einer kurzen Beschreibung von Studienwunsch und Berufsziel abzuschließen hatte. Ich erinnere mich noch sehr genau, was ich sei-nerzeit an den Schluss des verlangten Textes setzte. Wörtlich kann ich es natürlich nicht wiedergeben, doch ich schrieb sinngemäß, ein Studium der Kirchenmusik und des Orgelspiels aufnehmen zu wollen. Entscheidende Anregungen dazu hatte ich von meinem damaligen Orgellehrer Helmut Kahlhöfer erhalten, dessen Schüler ich im Alter von Vierzehn geworden war. Ich schrieb aber auch, dass ich die praktische Ausbildung mit einem Studium der Musikwissenschaft verbinden wollte.

Wie kam es zu Letzterem? Was weiß schon ein Abiturient von der akademischen Disziplin Musikwissenschaft? Wohl hatte ich einige Musikbücher gelesen, darunter zum Beispiel Albert Schweitzers J. S. Bach. Aber es war keines-wegs die Lektüre, die mich auf die Idee brachte, mich mit Musikwissenschaft zu befassen. Vielmehr war es – wie es auch mein zum Abitur verfasster Lebenslauf darstellte – das brennende Interesse an historischen Instrumenten und an der Aufführungspraxis alter Musik, das den entscheidenden Anstoß gab. Und dieses Interesse war dadurch geweckt worden, dass in der Immanuelskirche in Wuppertal-Oberbarmen, an der ich 1954 mit dem Orgelüben begann, die im selben Jahr gegründete Cappella Coloniensis und verschiedene Alte-Musik-Ensembles des (N)WDR mit regelmäßigen Rundfunkaufnahmen begannen, die mich zunehmend faszinierten, gelegentlich vom Orgelüben abhielten, vor allem aber immer wieder zum Schuleschwänzen anregten.

Eigentlich war es kein richtiges Schwänzen, denn zumeist besorg-te ich mir eine offi zielle Dispensation. Wer immer im Ü-Wagen saß, Eduard Gröninger oder Alfred Krings, bestätigte in einem Handschreiben auf offi ziellem Briefbogen, dass meine Assistenz bei den Funkaufnahmen erwünscht sei, so etwa zum Notenumwenden bei Professor Fritz Neumeyer oder zu ähnlich wichtigen Aufgaben. Mein gymnasialer Musiklehrer Werner Bauermann, später Schulmusik-Professor der Detmolder Musikhochschule, bestätigte (vielleicht schmunzelnd, doch ohne es mich merken zu lassen) die Notwendigkeit solcher Assistenz und mein Oberstudiendirektor gab die offi zielle Genehmigung, weil er mir dankbar dafür war (wie er später einmal sagte), dass ich im wöchentlichen Schulgottesdienst regelmäßig die Orgel spielte. Jedenfalls verbrachte ich zwischen 1954 und 1960

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winzigen Löcher der ventil-losen Trompete (er baute mir als Fünfzehnjährigem dann ein Krummhorn). Ich war voller Neugier und von allem hellauf begeistert – natür-lich und glück licherweise ohne jegliche Ahnung, dass weder der Gesangsstil eines Helmut Krebs, noch Steinkopfs ›Lochtrompeten‹ Authentizität beanspruchen konnten. Aber das tat nichts zur Sache, auch nicht der Jux, den Ulrich Grehling und Ulrich Koch anzettelten, als eines Freitagmittags der Zahlmeister des Rundfunks nicht mit der Bargeldkasse erschien. Sie gaben im Orchester die Parole aus, aus Protest nun ohne Vibrato zu spielen. Nach kaum fünf Minuten stürmte Gröninger aus dem Ü-Wagen, erschien wütend auf der Kirchenempore und monierte, die Cappella klänge so jämmerlich wie ein Schulorchester.

Freilich würden wir heute sagen, dass der vibratolose Klang so ganz falsch nicht gewesen sein konnte, aber es waren damals andere Zeiten und erste, aber durchaus entscheidende Gehversuche im Umgang mit der alten Musik. Denn Spielweise und Gesangsstil hatten sich gegenüber der Vorkriegspraxis nicht oder nur unwesentlich geändert – man spielte mehr oder weniger so wie immer, vertauschte nur die modernen gegen historische Instrumente. Auch waren es großenteils die gleichen Spieler wie in den 1920er und 30er Jahren, die noch mit Curt Sachs, dem 1933 von den Nazis vertriebenen Leiter der Berliner Musikinstrumenten sammlung, gearbeitet hatten: Gustav Scheck, August Wenzinger, Fritz Neumeyer, Ferdinand Conrad und andere ihrer Generation. Grundsätzlich neu gegenüber allem zuvor war allerdings das große Orchester und das sich damit erstmals eröffnende ›neue‹ Repertoire des Spätbarock. Einen Klangapparat wie die Cappella Coloniensis hatte es vor 1954 nirgendwo gegeben. Es besteht kein Zweifel daran, dass die Alte-Musik-Abteilung des WDR, die als solche vor 1976 noch nicht bestand und heute leider nicht mehr existiert, mir seinerzeit den Berufsweg gewiesen hat, indem sie meine wissenschaftliche Neugier weckte; indem sie mir Fragestellungen bewusst machte, die sich vornehmlich um den Klang der alten Musik drehten; indem sie meinen Horizont über die mit sechzehn Jahren erpilgerte norddeutsche Landschaft der Schnitger-Orgeln erweiterte. Es sind Fragestellungen, die mich letztlich bis heute nicht loslassen: Fragen nach der Vielfalt und Differenziertheit der Klänge, nach vokalen und instrumentalen Klangqualitäten; nach dem Verhältnis von Klang und Ausdruck; nach dem Zusammenhang von Notation und Klang; lokalen, regio-

viele Tage (insgesamt wohl mehrere Wochen) bei den Funkaufnahmen der Cappella und anderer Ensembles mit historischen Instrumenten, die sich vor-nehmlich der Kirchenmusik des 17. und 18. Jahrhunderts widmeten.

In besonderer Erinnerung sind mir die seinerzeit aufgenommenen Solokantaten von Buxtehude, mit einem Ensemble, das unter anderen Helmut Krebs (Tenor), Ulrich Grehling (Violine), Hannelore Mueller (Cello bzw. Viola da gamba), Johannes Koch (Violone) und Hans Heintze (Orgel) einschloss. Heintze spielte aus der Gesamtausgabe nach Generalbassziffern und ich blieb dann, wenn etwa die Musiker eine Essenspause einlegten, zurück und probierte am Orgelpositiv anhand der noch aufgeschlagenen Partitur eifrig das Spielen nach Ziffern. Besonders spannend wurde es dann, wenn Helmut Kahlhöfers Kantorei Barmen-Gemarke – wie es öfter geschah – mit der Cappella zusammen musizierte – etwa bei Bach-Kantaten, wobei mich damals Walter Holys Trompetenspiel besonders in den Bann schlug. Otto Steinkopf, der in der Cappella Fagott spielte, aber vor allem Instrumentenbauer war, zeigte und erklärte mir die nadelkopf-

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Im NWDR-

Ü-Wagen:

Eduard Gröninger

und Tontechniker

Albert Wegener

(links) anlässlich

der Aufnahme

von Händels

Concerto grosso

B-dur op. 3,2 in

der Bielefelder

Oetkerhalle

(Leitung August

Wenzinger), 1956

Walter Holy

demonstriert nach

einem Konzert

der Cappella

Coloniensis im

Juni 1961 die

neu entwickelten

›Lochtrompeten‹

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nalen und nationalen Klangstilen; nach dem Einfl uss historischer Werkzeuge, Werkstoffe und Bauweisen; nach musikalischer Temperatur und Stimmtonhöhen; nach dem Zusammenhang von Komposition, Theorie, Aufführungspraxis und Klang – eine beliebig zu ver-längernde Kette von Fragen, auf die es jeweils keine simplen und vor allem keine defi nitiven Antworten gibt. Aber gerade darin liegt das spannende Moment von ›hands-on musicology‹, einer Musikwissenschaft, die sich in wesentlichem Maße den Musikern ver-pfl ichtet weiß. Ich habe das große Glück gehabt, die im Alter von 17–18 Jahren gefassten Studienpläne weitgehend in die Tat umsetzen zu können, auch wenn sich relativ früh eine Akzentverschiebung von der Praxis in Richtung Wissenschaft ergeben hat. Doch das kirchenmusi kalische A-Examen und vor allem den Orgelunterricht bei Michael Schneider möchte ich bis heute nicht missen. Und die Kirchenmusikabteilung der Hochschule für Musik Berlin bot damals an

ihrem Ort die Chance, die durch das Wirken von Curt Sachs einfl ussreichste Musikinstrumentensammlung ausgiebig kennenlernen zu können. Besonders be-eindruckte mich damals der alte Restaurator Friedrich Ernst, der mir detailliert den sogenannten Bach-Flügel der damals im Schloss Charlottenburg untergebrachten Sammlung erklärte. Ernsts Erkenntnisse wurden dann sehr bald als abwegig vom Tisch gewischt, bis sie dann in jüngerer Zeit wieder aktuell wurden, als man die Provenienz des alt-thüringischen Flügels aus dem ehemaligen Besitz des Grafen Voß-Buch feststellte und sie über Wilhelm Friedemann Bach auf den Vater zurück-verfolgte.

Als ich nach der Berliner Zeit in die Freiburger Cembaloklasse Fritz Neumeyers eintrat, dem ich als kleiner Pennäler bei Funkaufnahmen der Cappella oftmals die Noten umwendete, hatte ›Oncle Fritz‹ – wie wir ihn nannten – bereits ein schlechtes Gewissen, uns auf seiner Kopie des Berliner Bach-Flügels spielen zu lassen. Ja, schließlich verkaufte er das Instrument, weil eben das 16-Fuß-Register angeblich nicht historisch war – tempora mutanda. ›Oncle Fritz‹ bildete für mich über Jahre hin ein wichtiges, wenngleich lockeres Bindeglied zur Cappella. Und keiner wusste so gut wie er, welche Rolle das Orchester für mich gespielt hatte. Am ehesten vielleicht noch Eduard Gröninger. Als die Cappella 1972 eine Amerika-Tournee unternahm, besuchten mich die beiden väterlichen Freunde am Abend vor dem Carnegie Hall-Konzert in New York, wo ich seit 1970 an der Columbia University eine Professur für Musikwissenschaft bekleidete. Oncle Fritz wohnte in den Tagen ohnehin bei uns (meine Frau hatte auch bei ihm studiert) und natürlich

kamen wir auf ›alte Zeiten‹ und die Immanuelskirche in Oberbarmen zu sprechen.

Eine eigentlich professio-nelle Verbindung mit der Cappella ließ allerdings bis 1986 auf sich warten, als mich der damalige Kulturdezernent der Stadt Duisburg zum Programmberater für das dorti-ge Bachfest bestellte und ich die Idee hatte, eine moderne Erstaufführung von Johann Adolph Hasses Oper Cleofi de zu realisieren. 1733 hatte Bach mit seinem ältesten Sohn der Dresdner Uraufführung der Oper beigewohnt. Mit meinem Harvard-Seminar hatte ich die betreffenden Quellen und den musikalischen Kontext studiert. Ein Bachfest bot den idealen Anlass zu einem solch gewagten Unternehmen, das sich jedoch nur mit Hilfe einer Institution wie dem WDR zustande bringen ließ. Gröninger war im Ruhestand, doch Klaus L Neumann griff den Plan begeistert auf und ließ so-gleich nach den Dresdner Originalquellen das Notenmaterial für die Aufführung herstellen. Der Harvard-Absolvent William Christie dirigierte die konzertante Aufführung und bot damit den künstlerischen Höhepunkt des Duisburger Bachfestes. Für mich persönlich war die Sache vor allem durch das Mitwirken der Cappella ein unglaubliches Erlebnis, knüpfte es doch unmittelbar an deren für mich wegweisende Funktion an: Mit Aufführung der Hasse-Oper kamen Wissenschaft und Praxis zusammen.

Für mich war die Cappella 1986 bereits Geschichte geworden. Oncle Fritz, inzwischen über 80, war nicht mehr dabei. Eduard Gröninger, von schwerer Krankheit gezeichnet, sah ich nach der Aufführung ein letz-tes Mal. Er wusste sehr wohl, was sie für mich bedeutete. Und Bill Christie nahm interessiert zur Kenntnis, welch ganz persönlichen Stellenwert das von ihm dirigierte Orchester für mich hatte – ein wegweisender Klang im wahrsten Sinne. Und obgleich für mich Geschichte geworden, machte die Cappella auf ihre Weise immer noch Musikgeschichte.

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Fritz Neumeyer,

Mitbegründer

der Cappella

Coloniensis, am

Cembalo

Hasses »Cleofide«

mit Emma Kirkby,

Derek Lee Ragin

und der Cappella

Coloniensis unter

der Leitung von

William Christie

bei Aufnahmen in

Lindlar, Mai 1986

Immanuelskirche

Wuppertal

Fritz Neumeyer

und Eduard

Gröninger in

New York, 1972

»Ein O r ch est er – ein zigar t ig in d er Welt «1

Die ›Gründerjahre‹ der Cappella Coloniensis

Christoph Prasser

Als 1954 beim NWDR in Köln ein neues Orchester ins Leben gerufen wurde, das sich vornehmlich der Musik »bis in die Anfänge von Beethovens sinfoni-scher Arbeit«2 widmen sollte, ahnte vielleicht kaum einer der Beteiligten, dass dieses Orchester einmal Musikgeschichte schreiben würde. Tatsächlich gibt es wohl kein vergleichbares Orchester in der Welt, das durch seinen spezifi schen Klang einen so gewaltigen Umbruch in der Musikrezeption einerseits und in der Konzertproduktion andererseits auslöste wie die Cappella Coloniensis, das Barockorchester des Westdeutschen Rundfunks. Sie war das erste ›Barockorchester‹ des 20. Jahrhunderts3 und erreichte damit eine neue Stufe in den vielfältigen theo-retischen und praktischen Bemühungen um die Rekonstruktion so genannter ›alter‹ Musik.

Die Cappella Coloniensis war aber durchaus keine Erscheinung aus dem Nichts, sondern stellte zu jener Zeit bereits einen vorläufi gen Höhepunkt auf dem Gebiet der praktischen Rekonstruktion Alter Musik dar: Ihre Mitglieder rekru-tierten sich aus den erfahrensten und engagiertesten Protagonisten einer ›Szene‹, die sich um größeres Wissen, Bekanntmachung und Verbreitung Alter Musik auf dem ihr zugehörigen Instrumentarium bemühte. Diese Bemühungen führten schließlich zur Gründung der Cappella Coloniensis, wo die Ideen und Aktivitäten gebündelt, institutionalisiert und weiterentwickelt werden konnten.

In mühevoller Basis- und Pionierarbeit tastete sich das Orchester Schritt für Schritt an sein selbst gestecktes Ziel: historische Musik in historischer Musizierpraxis nach zeitgenössischen Quellen auf originalen Instrumenten neu zu beleben. Und dieses Ziel sollte eine Bewegung in Gang setzen.

D ie Id ee d er Cap p ella Co lo n ien sisDie Idee, ein Barockorchester »nach dem Vorbild der Dresdner Hofkapelle«4 im (N)WDR zu installieren, geht zurück auf den Musikwissenschaftler Eduard Gröninger (1909-1990), später von den Cappella-Mitgliedern stets liebevoll als ›Vater‹ tituliert.5 Zwar hatte es zuvor schon vereinzelt ähnliche Versuche und Forderungen auch außerhalb des Kölner Senders gegeben, doch wurden diese aus Kostengründen nie weiter verfolgt. Mit dem Auftreten Gröningers verstärkten sich die Aktivitäten des NWDR auf dem Feld der Alten Musik erheblich. Bei den Vorbereitungen zu einer Sendereihe Von alter Musik musste Gröninger 1951 fest-stellen, dass die wenigen zur Erläuterung dieser Vorträge verfügbaren Aufnahmen nicht seinen klanglichen und stilistischen Vorstellungen hinsichtlich eines histo-

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überwältigendes Erlebnis: »zum ersten Mal hatten sie jene originalen Instrumente gehört, die ihnen bislang nur aus schriftlicher Überlieferung bekannt waren. [...] Die Instrumente waren zum Teil Leihgaben aus den Museen von Hamburg, Berlin und Schweizer Privatsammlungen, zum anderen Teil Nachbildungen nach Originalen aus dem 16. und 17. Jahrhundert.«8

Noch vor dem Schütz-Fest hatte Gröninger mit seinen Kollegen im Funk die Möglichkeiten eines Orchesters für alte Musik diskutiert und bereits Anfang Januar 1953 hatte Edmund Nick in seiner Funktion als Leiter der Hauptabteilung Musik dem damaligen Intendanten Hanns Hartmann ein wahrscheinlich von Gröninger erarbeitetes »Memorandum« vorgelegt, in welchem die Möglichkeiten eines der authentischen Aufführungspraxis verpfl ichteten Orchesters skizziert wurden.

D as Gr ü n d u n gsm em o r an d u mNachdem nun im damaligen NWDR die ersten positiven Erfahrungen mit der Produktion Alter Musik gesammelt worden waren und die Gespräche und Planungen über die Gründung eines Barockorchesters die konkrete Umsetzung möglich scheinen ließen, stellte sich die Aufgabe, die Intendanz des Senders für das geplante Vorhaben zu gewinnen, um die beträchtlichen fi nanziellen Mittel zur Durchführung der Idee genehmigt zu bekommen. Die spezifi sche rundfunkpo-litische und verwaltungstechnische Situation des damaligen NWDR, insbeson-dere die Konkurrenzsituation zwischen den Funkhäusern Köln und Hamburg, begünstigte dabei die Entscheidungsfi ndung der Verantwortlichen in nicht uner-heblichem Maße.

In dem erwähnten Memorandum, das dem Intendanten Hanns Hartmann zum 1. Januar 1953 vorgelegt wurde, entwickelt Edmund Nick Perspektiven zur Etablierung eines rundfunkeigenen »Kammerorchesters für alte Musik«9; es handelt sich um ein emphatisches Plädoyer für die Aufführung barocker und frühklassischer Musik auf historischen Instrumenten mit dem Ziel, das authentische Klangbild der Alten Musik wieder zu beleben. Bereits in der Eingangsformulierung des Memorandums fi ndet sich eine Anspielung auf die Rivalität der Funkhäuser: »Mit nachfolgenden Ausführungen unterbreite ich Ihnen einen Vorschlag für die Ausgestaltung des Musikprogramms, für den ich deshalb besondere Beachtung erbitte, weil er mir geeignet erscheint, dem Funkhaus Köln des NWDR zu vermehrtem Ansehen und neuer Geltung auf mu-sikalischem Gebiete zu verhelfen. Es handelt sich um ein Kam m er o r ch est er fü r a lt e Mu sik .«10

Im Anschluss werden der Aufgabenkreis eines solchen Orchesters und die spezifi schen Erfordernisse des Instrumentariums skizziert. Demnach müs-se sich das zu gründende Orchester um die Wiedergabe von »komponierten Konzerte[n], Tafelmusiken, Suiten, Kammersinfonien, Barockopern, Kantaten,

risch authentischen Klangbildes entsprachen: »Es lag deshalb nahe, den Versuch zu machen, hier zu einer Verbesserung, und zwar auf breitester Basis, zu gelangen. Sehr schnell stellte es sich allerdings heraus, dass es leich-ter war, einen solchen Plan zu fassen als ihn zu verwirklichen. Die künstlerischen Kräfte mussten gefunden werden, die bereit und in der Lage waren, sich [...] mit der Artikulation, der Verzierungs- und Diminutionspraxis der verschiedenen Epochen, wie sie vor allem in alten Lehrbüchern dargestellt ist, zu befassen und auch einwandfrei anzuwenden [...].«6

Die Umsetzung dieser Idee er-forderte zunächst einmal erste elementare und praktische Erfahrungen im Produktionsbereich – und nur wenn man hier zu positiven und verwert-baren Ergebnissen gelangte, konnte dies auch eine Forderung nach einem Barockorchester legitimieren. Dabei lag es nahe, die Zusammenarbeit mit den-jenigen zu suchen, die auf diesem Gebiet über die größte Erfahrung verfügten.

Zur gleichen Zeit fanden im Sender bereits zahlreiche Versuche und Aufnahmen mit alter Musik in der Kammermusikabteilung unter Kurt Seidler statt, teilweise jetzt auch unter Gröningers Beteiligung. Hervorzuheben sind hier besonders erste Produktionen mit dem Flötisten Gustav Scheck, dem Gambisten August Wenzinger sowie dem Cembalisten Fritz Neumeyer, die allesamt später Gründungsmitglieder der Cappella werden sollten. Die hier zum Teil schon mit Originalinstrumenten eingespielten Aufnahmen konnten erste Maßstäbe setzen und dadurch Hoffnungen auf Größeres nähren.

Im Sommer 1953 übernahm Gröninger neben Wilhelm Ehmann, dem Leiter der Kirchenmusikschule Herford, die Leitung des sechsten Heinrich-Schütz-Festes in Herford, wo deutsche und italienische Madrigale von Heinrich Schütz, Johann Hermann Schein und Claudio Monteverdi sowie Chor- und Instrumentalmusik aus der Zeit von Schütz aufgeführt wurden – unter Verwendung eines »frühbarocken Instrumentariums [...] wie es wohl bisher noch nicht zu hören war.«7 Für die Anwesenden war der ›neue‹ alte Klang ein völlig

Edmund Nick,

1956

Eduard Gröninger,

ca. 1970

1716

� I,1

etc.« verschiedenster vorklassischer Komponisten bemühen, wobei die Aufführung dieser Musik und die dabei verwendeten Instrumente nicht »im Widerspruch mit der Aufführungspraxis der früheren Zeit« stehen dürften. Die Kriterien hierfür werden nachfolgend aufgelistet: »Die Aufführung dieser Musiken auf unseren mit Stahlsaiten bespannten, scharf und kalt klingenden Geigen, die nach dem heute üblichen Kammerton hochgestimmt sind, steht im Widerspruch mit der Aufführungspraxis der früheren Zeit, die den grellen, gröberen Klang unserer Musik noch nicht kannte, sondern durch die süßeren, gedämpfteren und wär-meren Töne der damals benutzten Instrumente ein Tonkolorit erzielte, das uns heute fremd geworden ist.« Wenn die Kenntnis über diesen Sachverhalt durch »ständige Pfl ege der Musik in der hierfür angemessenen Instrumentalbesetzung wiedergeweckt« würde, könne die alte Musik für den Rundfunkhörer »gewiß einer der sympathischsten Zweige des musikalischen Programms werden«. Wie dieses angemessene Instrumentarium beschaffen sein sollte, wird ebenfalls genauer erläutert. Die Geigen beispielsweise sollten mit Darmsaiten bespannt sein und den ursprünglichen Mensuren entsprechen. Aus genannten Gründen müssten die zu beschaffenden Instrumente »neu angefertigt werden, und zwar die Streichinstrumente durch Umbau (Verkürzung des Halses alter Instrumente), die Holz- und Blechblasinstrumente als Kopien der zeitgenössischen Instrumente.«

Interessanterweise ist hier noch die Rede von einem »Kammerorchester«.11 Erst seit 1962 wird stattdessen der Ausdruck Barockorchester verwendet12 und zuweilen explizit darauf hingewiesen, dass die Cappella Coloniensis nicht zur Gattung der Kammerorchester gehöre.13 Nachdem Hanns Hartmann seine

Zustimmung zu dem Projekt signalisiert hatte, wurde ihm am 17. Januar 1953 ein »Nachtrag« zum Memorandum über-reicht,14 in welchem Instrumentarium und Besetzungsstärke mit genauer Kostenkalkulation aufgeführt wurden und auch noch einmal eine Ausweitung erfuhren.

»Hartmann war ein un-gewöhnlich musikalischer Mensch. Dem Symphonieorchester galt seine ganze Liebe. Wenn der Rundfunkchor Zuwachs erhielt, hörte er dem Vorsingen in seinem Dienstzimmer zu. Mehr als einmal war sein Votum für neue Engagements ausschlaggebend. Als ich ihm [...] ein Memorandum über die Gründung eines mit altmensurierten

Instrumenten spielenden Orchesters unterbreitete, worin der Satz stand, daß andere Rundfunkanstalten ihr Ansehen der vordringlichen Pfl ege avantgardis-tischer Musik verdankten, Köln aber die Chance hätte, sich durch ein solches Barockorchester einen Namen zu machen, denn so etwas gäbe es noch nicht, horchte er auf. (Was der Mehrung des Rufes seines Senders diente, fand bei ihm ein williges Ohr.) Dann rang er sich drei Worte ab: Wat kost’ das?«15

Die in dem Nachtrag überreichte Aufstellung des Personals und des Instrumentariums (das nun auf 54 zu beschaffende Instrumente aufgestockt worden war) ergab die für damalige Verhältnisse beträchtliche Gesamtsumme von knapp 236.000 DM, wovon allein knapp 172.000 DM für die Instrumente veranschlagt worden waren. Dieser erste Kostenvoranschlag war Hartmann zu hoch, ein zweiter erhielt jedoch sein Placet.16 Für das erste Etatjahr wurden schließlich 33.000 DM bewilligt, die für die Anschaffung von alten Bögen, Blas- und Tasteninstrumenten verwendet wurden.17 Dass ein solches künstlerisches und vor allem auch wirtschaftliches Experiment wie die Gründung der Cappella Coloniensis überhaupt grundsätzlich möglich war, lag an der überaus glücklich zu nennenden fi nanziellen Folgeerscheinung der geplanten Teilung des NWDR: »Die fi nanziellen Auswirkungen einer Teilung des NWDR hatte dessen Finanzdirektor Georg Hubrich schon 1952 errechnet; für Köln ergab sich ein Überschuß in Höhe von 11,1 Millionen DM, für Hamburg und Hannover ein Fehlbetrag von 3,2 Millionen DM. [...] Tatsächlich wurden in den ersten Jahren nach Gründung des WDR bis 1960 etwa 30 Millionen DM aus dem Gebührenaufkommen für kul-turelle Zwecke ausgeschüttet«.18

Angelo Viale,

Ulrich Koch und

Eduard Gröninger

bei Aufnahmen

der Cappella

Coloniensis,

Bielefeld ca. 1955

Die Cappella

Coloniensis

als ›Kölner

Kammerorchester‹,

Moskau 1961

1918

neuen Göttinger Bach-Gesamtausgabe des Johann-Sebastian-Bach-Instituts gestanden haben. Da dies auch der erste öffentliche Auftritt der Cappella Coloniensis werden sollte, hatte man »gerade noch rechtzeitig«20 einen Namen für das Orchester gefunden.

D ie Mu siker su ch eDa es zur Zeit der Cappella-Gründung bis auf vereinzelte Ausnahmen weder Ausbildungsstätten und -kurse noch umfangreiche Speziallehrgänge für Alte Musik gab, fehlte es erst einmal an einer ausreichenden Anzahl von speziali-sierten Musikern. Der Lüdenscheider Musikwissenschaftler und Hymnologe Konrad Ameln, einer der wichtigsten Förderer des Projekts eines rundfunkeige-nen Barockorchesters, beschrieb die Situation in einem Vortrag beim Kongress der Gesellschaft für Musikforschung in Bamberg 1953: »Zunächst fehlt es nach wie vor an zahlreichen Instrumenten, die für eine originalgetreue Wiedergabe unerläßlich sind. Doch ließe sich diesem Mangel abhelfen. Viel schwerer wiegt der Umstand, daß die alte Spielweise der Instrumente noch wenig erschlossen ist; dies hängt wiederum eng damit zusammen, daß es eine zusätzliche Belastung des Künstlers bedeutet, wenn sie genötigt sind, die alte und die moderne Spielweise ständig nebeneinander anzuwenden. Das Spiel auf alten Instrumenten allein bietet ihnen keine Existenzgrundlage, so daß sie gezwungen sind, beide neben-einander zu gebrauchen. Hinzu kommen das Mißtrauen des praktischen Musikers gegen die technische ›Unvollkommenheit‹ der alten Instrumente, seine mangeln-de Bereitschaft, auf die gewohnten modernen Spielhilfen zu verzichten, und schließlich seine Sorge, durch die Beschäftigung mit dem alten Instrument seine Fertigkeit auf dem modernen Instrument einzubüßen.«21

Nachdem der möglicherweise ursprüngliche Plan, die Mitglieder der Cappella Coloniensis eben-so wie die der anderen Klangkörper des Kölner Senders fest anzustellen,22 letztlich nicht realisierbar war, wurden diese nur produktionsbezogen als freie Mitarbeiter engagiert. Deshalb musste Gröninger bei vielen Musikern den Kompromiss in Kauf neh-men, dass sie parallel zu ih-rer Tätigkeit in der Cappella auch in Orchestern mit mo-dernem Instrumentarium

Somit traf das künstlerisch ambitionierte Projekt auf die günstigen öko-nomischen Rahmenbedingungen der beginnenden Wirtschaftswunderjahre, so dass nach der erfolgten Zustimmung Hartmanns auch der Rundfunkrat auf einer Sitzung in Hamburg Ende 1953 defi nitiv seine Unterstützung zusagte.

D ie Ko n st i t u ier u n g d er Cap p ella Co lo n ien sisNachdem man nun die Zustimmung der Intendanz und die Genehmigung des Rundfunkrates verzeichnen konnte, standen vorerst bei der Realisierung des Vorhabens so elementare Aufgaben wie die der Suche nach geeigneten Musikern und Instrumenten an. Da die anfänglich anvisierte Hauptaufgabe des noch namenlosen Orchesters laut Memorandum in der »apartesten klanglichen Bereicherung der Sendungen« bestand, um »über viele Programmnöte hinwegzu-helfen«, musste man sich zunächst um die Produktion geeigneten Sendematerials bemühen – dies natürlich vor dem Hintergrund, die enorme Anschubfi nanzierung des Senders zumindest teilweise zu amortisieren und somit das Interesse der Intendanz weiterhin aufrecht zu erhalten. Die Schwierigkeiten indes, die vor allem bei der Musikerauswahl und Instrumentenbeschaffung auftraten, verzögerten die Zusammenstellung des Orchesters, so dass zwischen Genehmigung des Vorhabens und der ersten Rundfunkaufnahme am 10. Mai 1954 mehr als ein halbes Jahr ver-ging. Erst danach kam es zur Bezeichnung ›Cappella Coloniensis‹, wie Gröninger später Edmund Nick berichtete: »Als die Cappella Coloniensis im Mai 1954 ihre ersten Aufnahmen machte, hatten wir für dieses Orchester noch gar keinen Namen, und wir haben ja monatelang darüber nachgedacht, wie wir dieses Kind taufen sollten. Erst im Spätsommer 1954, anlässlich eines Besuches von Vötterle in Köln, muss er gesagt haben: ›Nennen Sie doch das Orchester Cappella Colonia‹. Darauf sollen Sie erwidert haben: ›Colonia, ganz unmöglich; dann muss es schon heissen

Cappella Coloniensis‹. – Bei diesem Namen ist es dann geblieben.«19

Wie aus dem Brief weiter hervorgeht, bestand der Kontakt mit Karl Vötterle, dem Gründer des Bärenreiter-Musikverlages, seit dem Sommer 1953. Der Besuch in Köln dürfte dann schon im unmittelbaren Zusammenhang mit dem ge-planten Festakt im Funkhaus anlässlich des Erscheinens der ersten Bände der

Das Trio

Gustav Scheck,

Fritz Neumeyer

und August

Wenzinger,

um 1940

Konzertmeister

Ulrich Grehling,

1967

2120

der Trompeter Walter Holy und der Pauker Christoph Caskel, die im Rundfunk-Sinfonie-Orchester des WDR fest angestellt waren. Als großer Vorteil sollte sich herausstellen, dass man mit Musikern wie z. B. Otto Steinkopf und später mit Helmut Finke in Herford nicht nur gute Instrumentalisten, sondern auch her-vorragende Instrumentenbauer für das Orchester gewonnen hatte, so dass die im Musizieren gewonnenen Erkenntnisse sofort instrumententechnisch umgesetzt werden konnten.

D ie In st r u m en t e d er Cap p ella Co lo n ien sisWar die Suche nach geeigneten Musikern für die Cappella schon ein schwieriger Auftakt, so weitete sich die Beschaffung der geeigneten ›originalen‹ Instrumente zu einer problematischen Ouvertüre. Was so ein Vorhaben zur Gründungszeit der Cappella Coloniensis bedeutete, ist heute angesichts der selbstverständlich gewordenen Präsenz ähnlich gearteter Unternehmungen kaum mehr vorstellbar (vgl. den instrumentenkundlichen Beitrag von Friedemann Hellwig, S. 269ff.). So fehlte es zuerst einmal an historischen Instrumenten in ausreichender Zahl. Darüber hinaus musste man sich überhaupt erst die nötigen Kenntnisse über den Originalzustand von umgebauten, ›modernisierten‹ alten Klangkörpern aneig-nen, um diese in Zusammenarbeit mit geeigneten Instrumentenbauern wieder

spielten, was wiederum Nachteile für das Spiel in der Cappella mit sich brachte. So ergab sich bei der Auswahl der Musiker eine gewisse personelle Teilung: Die Mitglieder des Scheck-Wenzinger-Kreises bildeten den Kern von erfahrenen Musikern, um den herum das neue Ensemble auch durch Musiker komplettiert wurde, die bislang eher wenig Erfahrung mit Alter Musik und dem Spiel auf histo-rischen Instrumenten aufweisen konnten.

Neben Musikern des Basler Kreises um Wenzinger, des Freiburger Kreises um Scheck und Neumeyer sowie des Berliner Kreises um den Fagottisten Otto Steinkopf kamen aus Nordrhein-Westfalen Musiker vor allem aus Ostwestfalen (wie der Detmolder Oboist Helmut Winschermann) und aus Köln. Konzertmeister der Cappella Coloniensis wurde der Geiger Ulrich Grehling, der während des Zweiten Weltkriegs nach seinem Studium an der Berliner Hochschule unmittelbar als Konzertmeister in das Berliner Philharmonische Orchester beru-fen worden war und nach 1945 zum Professor an der Freiburger Hochschule für Musik ernannt wurde.23 Grehling hatte als Mitglied der Saarbrücker Vereinigung für Alte Musik ebenfalls reichlich Erfahrung mit der Interpretation Alter Musik gesammelt und empfahl sich überdies als Spitzengeiger. Da fast alle genannten Musiker Professorentätigkeiten an diversen Musikhochschulen ausübten, wurde

die Cappella Coloniensis anfäng-lich in der Presse auch gerne als »Professorenorchester« bezeich-net. Die Lehrtätigkeiten dieser Musiker brachten hinsichtlich der Cappella-Besetzung den Vorteil, dass man von den in den ver-schiedenen Ausbildungsstätten (wie Schola Cantorum Basiliensis, Freiburger Hochschule für Musik, etc.) vorhandenen Kontakten profi tieren konnte. So war z. B. Gründungsmitglied Hans-Martin Linde von 1947–1951 Schüler von Gustav Scheck in Freiburg gewesen. Ein weiterer Teil der Mitglieder der Cappella kam aus Orchestern der verschie-denen Rundfunkanstalten, so z. B. der Bratschist Ulrich Koch, der seit 1949 1. Solobratschist im Sinfonieorchester des Südwestfunks war, oder auch

Fagottgruppe

der Cappella

Coloniensis mit

Otto Steinkopf

Oboengruppe im

Jahr 1967, von

rechts: Gernot

Schmalfuß, Otto

Winter, Helmut

Winschermann,

Horst Schneider,

Hans-Georg

Renner und

Heinz Haas

2322

gehörigen Paukenschlägel, und ich guckte sie an und dachte: Die sind ja sonder-bar, die hatten so einen Stiel, aber etwas dicker, und am Ende war keine Holzkugel, sondern eine Holzscheibe. Dann hab‘ ich noch mal geguckt und gemerkt, man ist ja blöd, alte Bilder, überall wo Sie Darstellungen sehen von Musikern, alte Holzschnitte oder Stiche, wo ein Pauker drauf abgebildet ist: Da sieht man Schlägel mit einer Scheibe vorne. Da bin ich hier zu einem Drechslermeister ge-gangen und habe mir so etwas nachmachen lassen [...] Dann hatte ich die, und siehe da, das spielt sich sehr gut, federt ganz wunderbar ab. Das hat sich sehr gut bewährt, und es gab sehr schnell Ensembles auch in Wien, Brüssel, die sich auch alte Pauken besorgt hatten, auch das mit der Scheibenform der Schlägel sprach sich sehr schnell herum.«27

›zurückzubauen‹ oder als Kopie nachzubauen. Gröninger machte sich daher mit Unterstützung von Wenzinger mit großem Elan auf die Suche nach historischen Instrumenten.24

»Sie stöberten in Museen, um Muster zu fi nden, nach denen Kopien ge-baut werden konnten. Sie übernahmen Leihgaben aus Sammlungen und kauften alte Geigen, die im 19. Jahrhundert umgebaut worden waren, um sie in den alten Zustand zurückversetzen zu lassen. Gleichzeitig konfrontierten sie die Musiker mit den ungewohnten Instrumenten und gelangten so nach vielen Mühen zu ver-wertbaren Ergebnissen«,25 die man aber je nach gerade aktuellem Wissensstand oder klanglichem Resultat auch wieder verwarf. Von Anfang an ergab sich so auch eine enge Zusammenarbeit mit den verschiedensten Instrumentenbauern. Gemeinsam mit diesen versuchte man die aus alten Quellen erarbeiteten Instrumentenkenntnisse und die aus praktischen Musizierversuchen gewonne-nen Vorgaben instrumentenbaulich umzusetzen. Der experimentelle Charakter der Ergebnisse sowie der unumgängliche Kompromiss zwischen historischer Authentizität und spieltechnischer Praktikabilität war daher in der Anfangsphase der Cappella Coloniensis bestimmend.

M it Pau ken u n d Tr o m p et enEinen guten atmosphärischen Eindruck von der aufwändigen und zum Teil abenteuerlichen Suche nach geeigneten historischen Instrumenten und deren authentischen Spielpraktiken vermitteln die Schilderungen des Paukers Christoph Caskel: »Wir haben zuerst Aufnahmen mit Pauken gemacht, die nicht ganz origi-nal waren. Sie waren nicht von 1740, sondern von 1880, aber auch Kupferkessel mit Spannknebelchen – da hatte sich nichts verändert. Es waren keine moder-nen Pedalpauken o.ä. Irgendwann, nachdem das schon ein Jahr oder zwei lief, meldete sich Gröninger ganz begeistert: ein Antiquitätengeschäft hätte ihm Original-Pauken angeboten, und sie hätten die kurzerhand gekauft. Da müssten aber neue Felle drauf. Dann kamen die zu mir nach Hause; Fellreifen und schöne Felle wurden in der Badewanne eingeweicht (die müssen ja in Wasser eingeweicht werden) und dann aufgespannt. Dann war man sehr gespannt, wie das nun klang. Gröninger kam natürlich sofort mit Praetorius ›Syntagma musicum‹ in der Hand und sagte: ›Ja, da steht doch: Pauken sind ein kupferner Kessel mit einem Fell aus Kalbs- oder Eselshaut (Eselshaut ist heutzutage aber schwer zu bekommen), und darauf schlägt man mit hölzernen Schlegeln. Wie klingt denn das?‹ Dann habe ich alte Trommelstöcke mit ganz dicken Holzköpfen probiert, das klang ganz gut.«26

Auf eine bessere Art von Schlägeln stieß Christoph Caskel während ei-ner Konzertreise mit Karlheinz Stockhausen in Stockholm: »Dann war ich aber zufällig in Stockholm, Stockholm hat eine der größten Musikinstrumentensamm-lungen Europas. Da standen auch wunderschöne alte Pauken, vom schwedischen Königshofe aus dem Jahre 1700, und in einem Schränkchen lagen auch die dazu-

Christoph Caskel

2524

2

Eine der größten Schwierigkeiten in der Anfangszeit der Cappella Coloniensis lag beim Einsatz der ›Naturtrompeten‹, die wie wenige andere Instrumente mit der Klangpracht des Barocks in Verbindung gebracht werden. Im Gegensatz zu der heutigen Trompete mit Ventilen bringt der Bläser bei der ventillosen Naturtrompete eine durch die Bauart festgelegte Reihe von Tönen hervor, die so genannte Naturtonreihe, die er allein durch seine Lippenspannung kontrolliert. Eduard Gröninger beschrieb das Problem und seine Lösung in einem Aufsatz für das Essener Bachfest 1961: »Alle Versuche, die alte Kunst des Clarin-Blasens auf nachgebauten Naturtrompeten wieder erstehen zu lassen, schienen trotz steten Bemühens zum Scheitern verurteilt. Die alten Meister verwendeten in ihren Trompetenpartien vorzugsweise die vierte Oktave der Naturtonreihe,

in der die Töne einander im Sekundabstand folgen; diese hohe Lage wird als Clarinlage bezeich-net. Bei den ersten Versuchen zur Bewältigung dieser Clarinlage schlugen die Töne [...] ständig um, weil die Naturtöne hier allzu eng beieinander liegen. [...] Durch einen glücklichen Zufall fand Otto Steinkopf [...] in Frankfurt eine alte Naturtrompete, deren Röhre ein kreisrundes Loch etwa von der

Größe eines Stecknadelknopfes aufwies. Dieses Loch war offensichtlich schon in alter Zeit gebohrt worden. [...] Dann erschien in einer englischen Fachzeitschrift für historische Musikinstrumente die Beschreibung einer alten Trompete, die ganz ähnliche Löcher hatte wie das Frankfurter Instrument. [...] Nach zahlrei-chen Versuchen und Berechnungen stellte Otto Steinkopf fest, daß die Löcher dort angebracht sind, wo sich zum Spielen der Trompete Schwingungsknoten bilden. Öffnete man das eine Loch, dann war es unmöglich, g[e]radzahlige Naturtöne hervorzubringen, ließ man das zweite Loch offen, dann wurden alle ung[e]radzahligen Naturtöne ausgeschaltet. Mit Hilfe dieser Löcher war es nun möglich, die Clarinlage mit Sicherheit zu spielen, denn die Gefahr des Umschlagens in einen nächsthöheren Naturton war damit behoben.«28

Mit diesem von Steinkopf und Finke entdeckten ›Trick‹ konnten nun erstmals schwierige Partien der Trompeten sendefähig bewältigt werden. Die erste Aufnahme mit diesem Instrument fand im Juni 1960 in der Bielefelder Oetker-halle statt: Der Trompeter Walter Holy spielte als Solist die Sonata für Trompete und Streicher in D-dur von Georg Philipp Telemann auf einer kreisgewundenen ›Clarin‹-Trompete in D29 und wurde in der Folge zu einem der international ge-fragtesten Clarin-Trompeter.

Konzertplakate in

Stockholm, Mai

1963: Cappella

Coloniensis, Van

Cliburn und

Sixten Ehrling

26

� II,5

Clarinengruppe

mit Walter Holy,

Helmut Finke

und Edward Tarr

Eduard Gröninger

mit Albert Wege ner

im Ü-Wagen,

23.6.1956

1

Ko n zer t e , To u r n een u n d ö ffen t lich e Reso n an zDer erste öffentliche Auftritt der Cappella Coloniensis fand am Abend des 18. September 1954 im Sendesaal des Kölner Funkhauses statt. Anlass war das Erscheinen des ersten Bandes der Johann-Sebastian-Bach-Gesamtausgabe. Die Cappella Coloniensis spielte die Kantate »Schwingt freudig euch empor« BWV 3630 sowie die C-dur-Ouvertüre BWV 1066. Im Saal saßen neben den lokalen Ehrengästen, Pressevertretern und Musikwissenschaftlern aus dem In- und Ausland auch der damalige Bundespräsident Theodor Heuss sowie Wirtschaftsminister Ludwig Erhard.

Das Erscheinen der Cappella Coloniensis und der erstmals in solch großer Besetzungsstärke dargebotene silbrig transparente Klang der historischen Instrumente war ein Ereignis, das von Anfang an in den Rang einer Sensation gehoben wurde – Vergleichbares hatte es bislang noch nicht gegeben. Der zudem von Anbeginn entscheidende Faktor war die Einbindung in den Sendebetrieb, in welchem der beispiellose Klang des Orchesters und dessen künstlerische Intention einer breiten Zuhörerschaft vermittelt werden konnte. Die Bedeutung

der Radioprogramme für die kulturelle und politische Aufbauarbeit in Deutschland nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges ist kaum zu überschätzen. Unangefochten konnte der Hörfunk damals noch den Anspruch behaupten, Hegemon der häuslichen Freizeit zu sein und als Massenmedium in einem wich-tigen Wechselverhältnis zur Gesellschaft zu stehen. Dieser ›Radio-Boom‹ hielt sich bis zum Siegeszug des Fernsehens Anfang der 60er Jahre. So war die Cappella Coloniensis bald jedem Radiohörer ein Begriff. Das hierdurch erweckte Interesse in der Öffentlichkeit brachte der Cappella Coloniensis schon bald einen enormen Publikumszulauf in ihren Konzerten und Konzertreisen.

29

� I,3

Aufnahmeliste

der Cappella

Coloniensis

(August 1957) mit

handschriftlichen

Vermerken der

Bandnummern

und Sendedaten

von Eduard

Gröninger

Bach-Festakt

unter der

Leitung von

Karl Richter im

Großen Sendesaal

des WDR am

18.9.1954

det. Aber auch die bisweilen unbefriedigenden Ergebnisse der Blechbläser entgin-gen dem Publikum nicht (»... die Hörner hatten es nicht leicht«). Allgemein aber sah man in den beiden Konzerten der Cappella Coloniensis den »herausragenden Höhepunkt«. So war es auch nach diesen Konzerten nicht verwunderlich, »daß wahrer Enthusiasmus die Zuhörer von den Stühlen riß«.34

Der ungeheure Erfolg von Kassel konnte in der Folge in verschiedenen weiteren deutschen Städten wiederholt werden: am 19. Oktober 1956 während des 10. Düsseldorfer Schütz-Festes,35 am 3. Januar 1957 beim zweiten öffentlichen Auftritt im Kölner Funkhaus und im Oktober 1957 in der Bielefelder Oetkerhalle, in der die Cappella aber schon zuvor wegen ihrer hervorragenden Akustik regel-

mäßig für Rundfunkaufnahmen gastierte. Bereits im Memorandum von 1953 war die problematisch gewordene Rezeption der gleichzeitig vom WDR vorangetrie-benen Neuen Musik in ein musikpolitisches Argument für das Cappella-Projekt umgemünzt worden;36 nun fi ndet sich diese Gegenüberstellung tatsächlich oft-mals auch in den Konzertbesprechungen wieder und wird dort meist bestätigt:»An anderer Stelle haben wir dargelegt, daß in der Barockmusik, so, wie sie Wenzinger praktiziert, eine ›Dritte Kraft‹ steckt; eine künstlerische Macht, die sich in den letzten Jahren immer überzeugender zwischen die extremen Gegensätze unseres Musikbetriebes eingeschoben hat: die Gegensätze der alten, zum Teil wirklich überalterten Konzertsaalpraxis mit gedankenlos immer wieder abge-leierten ›Standard‹-Programmen – und jener ›Musik gegen das Publikum‹, die aus der Garküche der Elektronik oder aus Probierstuben der nicht-leben-und-nicht-sterbenkönnenden ›Musica nova‹ stammt. Von dieser echten Kraft der Mitte wird uns ein gewisses Heil kommen [...].«37

31

Der Auftritt während des Festaktes im Funkhaus im September 1954 sollte jedoch zunächst für lange Zeit das einzige Konzert der Cappella Coloniensis bleiben, die ja noch mit den genannten Problemen der Anfangszeit zu kämpfen hatte. Ein ›inoffi zieller‹ Auftritt in Hitzacker an der Elbe im Juli 1955, dem im Monat zuvor ein Privatkonzert anlässlich einer Festsitzung im Bundestag zum Tag der Deutschen Einheit vorausgegangen war, sowie ein ebenfalls nicht öf-fentliches Konzert im Benrather Schloss bei Düsseldorf Anfang 1956 waren die einzigen Konzerte der Cappella Coloniensis während der ersten zweieinhalb Jahre.31 Bei den vom 5.–8. Oktober 1956 stattfi ndenden 13. Kasseler Musiktagen stellte sich das Barockorchester schließlich in zwei Konzerten erstmals wieder der Öffentlichkeit vor. »Der Festsaal der Stadthalle war so überfüllt, daß Besitzer der teuersten Karten, die knapp vor Beginn kamen, einfach stehen mußten«.32 Ein Artikel der Kasseler Post vom 8. Oktober beschreibt den fulminanten Erfolg der Konzerte: »Die Kasseler Musiktage 1956 konnten mit einer künstlerischen Ueberraschung aufwarten, die […] unserer Stadt ein ganz besonderes Gepräge gaben. Das erste öffentliche Auftreten der Cappella Coloniensis, die uns bislang nur aus Rundfunkübertragungen bekannt war, war der erhebende, beifallum-rauschte Auftakt der Konzerte. Dieser Klangkörper ermöglicht es uns, zum ersten Male die symphonische Klangwelt von Bach und Händel bis zu Mozart, die wir nur unvollkommen nach den kammermusikalischen Hochleistungen des

Scheck-Wenzinger-Kreises ahnen konnten, in ihrer wirklichen Gestalt zu hören. Wahrlich ein Ereignis, das die Herzen der Musikfreunde schon vorher mächtig bewegte. Man ist ja, nachdem man im Orgelbau zu barocken Mensuren zurückgefunden hatte, Cembalo und Klavichord ihre Renaissance erfuhren, Blas- und Streichinstrumente auf alte Weise nachgebaut wurden, dem Geist der Alten im kammermusikalischen Bereich längst näher gekom-men. Das Klangbild des großen barocken Orchesters mußte ein Wunschtraum bleiben, denn wer konnte und wollte das Risiko eingehen, einen solchen Klangkörper aufzubauen [...]. Man kann dem Westdeutschen Rundfunk nicht dankbar genug sein, daß er den Wagemut (und das Geld) aufbrachte, das unmöglich Scheinende zu realisieren [...].«33

Neben den in allen zukünftigen Artikeln der frühen Jahre wiederkehrenden Beschreibungen des Instrumentariums nebst seinen Besonderheiten ist es immer wieder der einzigartige Klang der Cappella, der in besonderer Weise Erwähnung fi n-

Programmheft

der Kasseler

Musiktage 1956

mit Namenszug

Eduard Gröningers

30

Konzert in

Stockholm am

31.5.1963 mit

Joh. Chr. Bachs

Sinfonie E-dur für

Doppelorchester

rund auf eine Weise, die ein modernes Orchester niemals zustande bringen kann. Schließlich: Die Weichheit ging nicht auf Kosten der Klarheit, im Gegenteil. Jede Stimme stieg kristallklar und frei klingend aus dem Tongewebe hervor.«39

Bereits ein halbes Jahr später, am 8. Januar 1959, präsentierte August Wenzinger das von ihm geleitete Barockorchester erstmals in seiner Heimatstadt Basel, was der Auftakt zu einer Reihe von Konzerten in Freiburg, Düsseldorf, Neuss, Kassel und Münster wurde. Für Wenzinger war der Auftritt in Basel zugleich ei-ner seiner letzten als Dirigent der Cappella, denn musikalische und persönliche Auseinandersetzungen bewogen ihn, in der Folge der Cappella Coloniensis den Rücken zu kehren.

Die Nachfolge Wenzingers übernahmen in den nächsten Jahren vor-nehmlich Ferdinand Leitner, dem Hans-Martin Linde später bescheinigte, »aus einem Ensemble interessanter Individualisten ein wirklich präzise funktionie-rendes Orchester«40 gemacht zu haben, und der als WDR-Redakteur für das Kölner Rundfunk-Sinfonie-Orchester zuständige Eigel Kruttge – beide waren im Gegensatz zu Wenzinger keine Spezialisten für Alte Musik und historische Aufführungspraxis. Dies tat aber der Popularität, die die Cappella Coloniensis inzwischen erreicht hatte, zunächst keinen Abbruch, im Gegenteil, zur zweihun-dertsten Wiederkehr von Händels Todestag konnte sie einen ihrer denk würdigsten Erfolge feiern: Die konzertante Aufführung der Oper Alcina am 15. Mai 1959 unter Leitner im Kölner Funkhaus wurde als »das Ereignis des Händel-Jahres«41

Aufführung von

Händels »Alcina«

im Großen

Sendesaal des

WDR, 15.5.1959

33

Den Beweis, dass die Cappella Coloniensis »alle Voraussetzungen bietet, zum angesehensten Gremium seiner Art in Europa aufzurücken«,38 konnte das Orchester bei seinem ersten Auslandsaufenthalt bei den Stockholmer Festspielen im Juni 1958 antreten, nachdem man bis dahin eine weitere Reihe von fünf Konzerten im Sendegebiet

des WDR äußerst erfolgreich absolviert hatte. Der von der Cappella Coloniensis dargebotene Auftritt wurde allgemein als »Sensation ersten Ranges und einzigar-tiges Erlebnis« aufgenommen und einmal mehr wurde der Cappella-Klang in den Mittelpunkt der Rezensionen gestellt: »Das bisher erreichte Ergebnis braucht man nicht in subtilen Nuancen zu messen. Schon die ersten Takte des Konzertes hatten beinahe eine schockartige Wirkung. [...] Erstens blieb die Lautstärke, die man bei ›tutti‹ mit 30 Instrumenten erwartet, ganz aus. Ferner: der Klang war weich und

August

Wenzinger

als Dirigent

der Cappella

Coloniensis,

Oetkerhalle

Bielefeld,

um 1970

Oetkerhalle

Bielefeld

32

Tournee, wo man elf erfolgreiche Konzerte in Rio de Janeiro, Buenos Aires, Lima und Mexiko-City absolvierte, die von Günther Wich geleitet wurden. Dieser hatte in Polen seinen Dirigier-Einstand bei öffentlichen Konzerten der Cappella Coloniensis gegeben. Weitere große Gastspielreisen führten 1967 nach Skandinavien (Kopenhagen, Helsinki, Stockholm und Uppsala) und im April und Mai 1968 zur ersten USA-Tournee, der 1972 eine weitere folgen sollte. Zuvor wurden noch der Balkan und Nahe Osten bereist. Da die Cappella Coloniensis mittlerweile sogar die Berliner Philharmoniker an Popularität überfl ügelt hatte,43 wurde das Barockorchester auf persönlichen Wunsch des persischen Kaiserhauses auch nach Teheran eingeladen, um dort die vielfältigen Zeremonien zum 2500-jährigen Bestehen des persischen Kaiserreiches zu eröffnen.44 So reisten die Musiker der Cappella also in ihnen unbekannte Länder, um dort den Menschen ihnen unbekannte Musik vorzustellen.

Weitere Gastspiele führten das Barockorchester wieder in die Schweiz und nach Italien (März 1974), sowie auf eine neuerliche Tournee nach Süd-Amerika (Juli 1975), die auch die letzte große Konzertreise außerhalb des deutsch-sprachigen Raumes werden sollte. Mittlerweile war der Cappella nämlich, nicht zuletzt aufgrund ihres eigenen Erfolges, eine enorme Konkurrenz entgegengetre-ten, die nicht nur die Einmaligkeit des Orchesters in Frage stellte, sondern darüber hinaus auch Zweifel an der Aktualität des Interpretationsansatzes aufkommen ließ: »Die in den siebziger Jahren gemäßigt fortgesetzte Tourneen-Flut hatte etwas

Konzertplakat

Hongkong 1964

35

aufgenommen. Neu war hier die Besetzung mit mehreren General-bassinstrumenten wie Cembali, Lauten und Theorben, sowie die chorisch eingesetzten Oboen und Fagotte. Die Aufführung und Direktsendung wurde sofort als staunenswerte Pioniertat des Rundfunks gewürdigt und fand ein immenses Presse-Echo.

Es folgte eine lange Phase ausgedehnter Reisetätigkeit, die das Orchester rund um den Erdball führte. Nachdem August Wenzinger als Abschluss einer Konzerttournee durch die Städte Bielefeld, Neuss und Wuppertal in Basel am 14. Februar 1960 im Musiksaal des Stadtcasinos zum endgültig letzten Male in einem Konzert der Cappella

Coloniensis vorgestanden hatte, brach das Orchester im Februar 1961 mit Ferdinand Leitner zu einer dreiwöchigen Konzertreise nach Russland auf, die sie durch die Städte Moskau, Leningrad, Smolensk und Minsk führte. Nach Angaben von WDR-Korrespondenten in Moskau hoben Musikkenner und -kritiker in den sowjetischen Gastspielstädten das Auftreten der Cappella Coloniensis als das »bis-her größte Ereignis im Rahmen des deutsch-sowjetischen Kulturaustausches«42 hervor.

Die durch diesen neuerlichen Erfolg unter Beweis gestellte Qualität der Cappella Coloniensis hatte zur Folge, dass das Orchester zu einem der be-gehrtesten Klangkörper für Alte Musik wurde und in den 60er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts seine größten Tourneen unternahm: 1963 gastierte es erneut beim Stockholm-Festival, 1964 in sieben Städten Italiens sowie im Mai desselben Jahres in Japan. Dort wurde das zehnjährige Jubiläum der Cappella während eines Auftrittes beim Osaka-Festival gefeiert, zu dem das Orchester bemerkenswerterweise als erstes und einziges deutsches Rundfunkorchester eingeladen wurde. Die ›Rückreise‹ brachte weitere Konzerte in Hongkong, Neu Delhi und Athen. Eine weitere Bereicherung für die Zuhörer bedeutete mittler-weile auch die Repertoireerweiterung auf Solo-Werke mit Naturtrompeten, die die Griffl ochinnovation von Steinkopf/Finke mit sich gebracht hatte. Konzerte in Deutschland wurden zur Ausnahme, statt dessen konzertierte man im März 1966 in Warschau, Łodz und Posen, gefolgt von einer dreiwöchigen Südamerika-

Ferdinand

Leitner

34

� II,2

Rep er t o i r eDie Cappella Coloniensis hatte von Gründungsbeginn bis heute die vorrangige Aufgabe, das Sendeangebot des WDR mit jenen Aufnahmen zu bereichern, die laut Gründungsmemorandum nicht durch »wohlklingende« Beispiele vorhanden oder bekannt waren. Schon vor der Gründung der Cappella Coloniensis verfolgte die Kammermusikabteilung des NWDR dieses Ziel, und Ähnliches lässt sich auch in der Programmpolitik der Cappella Coloniensis erkennen: Das Repertoire des Orchesters – rund 900 Werke von 125 Komponisten – beeindruckt vor allem in seiner enormen Breite. Beginnend mit der Musik des frühen 17. Jahrhunderts erstreckt es sich mit der jüngst eingespielten Aufnahme des Fliegenden Holländer von Richard Wagner mittlerweile bis zur musikalischen Romantik.

Die Cappella Coloniensis, deren Musiker heute in der Regel frei tätige Spezialisten ihres Faches aus ganz Europa sind, kam damals wie heute drei- bis sechsmal im Jahr zusammen, um in ein- oder zweiwöchigen Sitzungen die jewei-ligen Kompositionen zu erarbeiten. Ein wichtiges Merkmal in der Erarbeitung des Repertoires der Cappella Coloniensis bleibt dabei die Tatsache, dass der größte Teil der eingespielten Orchester- und Kammermusikwerke nicht in modernen Noten-Editionen vorliegt, sondern erst nach Studien verschiedener, überwiegend ungedruckter Quellen in Bibliotheken und anderen Institutionen abgeschrieben und speziell für die Aufführung erstmals eingerichtet wird.

Viele der Aufnahmen mit der Cappella Coloniensis wurden in der Frühzeit des Orchesters aus akustischen Gründen im Saal der Bielefelder Oetkerhalle eingespielt. Eduard Gröninger nahm dabei auch die Tätigkeit des Tonmeisters wahr, bis der WDR mit dem Einzug der Stereophonie 1966 diese Aufgabe Otto Nielen übertrug, der bereits das Kölner Rundfunk-Sinfonieorchester als Tonmeister betreute.

Kurt Equiluz,

Otto Nielen, Karl

O. Koch, Hans-

Martin Linde und

Eduard Gröninger,

um 1963

37

verborgen, daß die aufführungspraktische Entwicklung in London, in manchen belgischen und holländischen Städten und auch in der Heimatstadt Köln an der Cappella vorbeizog. Nicht wenige der Cappella-Musiker der ersten Stunde hatten seit den sechziger Jahren an Hoch- und Musikschulen Lehraufträge erhalten, bekleideten [...] Professuren und vermittelten ihre Ideen weiter. Obwohl sich gerade in den späten Sechzigern und den Siebzigern der Standardvorwurf gegen-über dem Original-Instrumenten-Konzertwesen, hier würden sich mittelmäßige Instrumentalisten in einer Nische profi lieren, in einigen Fällen bewahrheitete, gab es neben der Cappella doch bald etliche Instrumentalisten, deren Können diese These Lügen strafte, von denen jedoch auch die einstmals innovativen Thesen und Versuche des Scheck-Wenzinger-Kreises, Gröningers und anderer wiederum in Frage gestellt, an den Quellen überprüft und revidiert wurden.«45

Diese Entwicklung dürfte nicht überraschend gekommen sein, denn be-reits in einer Rezension eines Konzertes am 8. Oktober 1971 im Kölner Funkhaus beklagte der Rezensent der Neuen Rhein-Zeitung den nicht voll besetzten Saal. Das war die Cappella bislang nicht gewohnt.46 Auch der Umstand, dass dem Orchester nach August Wenzinger vielfach Dirigenten vorstanden, die zwar populär, aber keineswegs Spezialisten in Sachen Aufführungspraxis Alter Musik waren, be-schleunigte diese Entwicklung. Hinzu kam, dass mit der Förderung vielerorts neu entstandener Alter-Musik-Ensembles durch den WDR eine starke Konkurrenz auch aus dem eigenen Hause erwuchs, die die Bedeutung der Cappella Colonien-

sis zunehmend schmäler-ten. So wurde es immer ruhiger um die Cappella Coloniensis, ein Umstand, der sich radikal auch in den Konzertaktivitäten des Orchesters widerspiegelt: Nach 1975 gab es keine längeren Konzerttourneen mehr, und bis auf einige Auftritte im benachbarten Ausland beschränkten sich von nun an die Auftritte der Cappella meist auf das Sendegebiet des WDR. Der Schwerpunkt der Orchesterarbeit verlagerte sich nun wieder auf die Rundfunkaufnahmen.

Konzertplakat

São Paolo 1966

36

An m er ku n gen

1 Schlagzeile der Hessischen Nachrichten vom 5.10.1956, kurz vor dem ersten öffentlich zugänglichen

Konzert der Cappella Coloniensis bei den Kasseler Musiktagen.

2 Memorandum über die Aufstellung eines Kammerorchesters für alte Musik vom 31.12.1952. Historisches

Archiv des WDR, Standort 4117, vgl. Abb. S. 52.

3 Ein Jahr vor der Gründung der Cappella Coloniensis gründete Nikolaus Harnoncourt seinen Concentus

Musicus Wien, der jedoch zu diesem Zeitpunkt ein nicht ausschließlich auf Alte Musik konzentriertes

Kammermusikensemble war und zudem sein erstes öffentliches Konzert erst 1957 nach vier Jahren

der Vorbereitung gab, vgl. Nikolaus Harnoncourt, »Die frühen Jahre. Dieter Gutknecht im Gespräch mit

Nikolaus Harnoncourt«, in: CONCERTO [4.] Jg. Nr. 4 (1987), S. 20.

4 Klaus L Neumann, »40 Jahre Cappella Coloniensis«, in: Cappella Coloniensis [Programmheft zu Konzerten

13., 14. und 15. Mai 1994 in Köln, Bielefeld und Corvey], Köln 1994, S. [7].

5 Alfred Sous, »Eduard Gröninger zum achtzigsten Geburtstag«, in: Tibia 14 (1989), S. 595.

6 Eduard Gröninger/Alfred Krings, »ERFAHRUNGEN MIT ALTER MUSIK IM HÖRFUNK dargestellt am

Beispiel des WDR Köln«, in: 50 Jahre Musik im Hörfunk. Beiträge und Berichte, hg. von Kurt Blaukopf,

Siegfried Goslich und Wilfried Scheib, Wien 1973, S. 106.

7 ebd., S. 108.

8 Vgl. Christiane Bernsdorff-Engelbrecht: »›... De Wilde De Orgelen Lüstich Maket Thom Bede‹ – Herford

als ein Zentrum lebendiger Musikgeschichte«, in: [Programmheft] Westfälisches Musikfest 1990, Köln

1990, S. 45.

9 Vgl. Dieter Gutknecht, »Zur Geschichte der Aufführungspraxis Alter Musik. Tradition als Hypothek: Die

Cappella Coloniensis (1954–1994)«, in: CONCERTO [11. Jg.] Nr. 96 (1994), S. 25.10 Memorandum über die Aufstellung eines Kammerorchesters für alte Musik vom 31.12.1952, a.a.O.11 Vgl. gleichlautend auch noch die Ensemblebiographie im Programmheft zum Konzert der Cappella

Coloniensis am 10. Februar 1960 in Bielefeld, o. Pag.12 Programmheft zu einem Konzert bei den Wiener Festwochen am 22. Juni 1962, Programmheftsammlung

der Cappella Coloniensis, Historisches Archiv des WDR (bis 2004 Redaktionsbestand).13 Vgl z.B. Eduard Gröninger, Die Cappella Coloniensis. Das Barockorchester des Westdeutschen Rundfunks.

– Panorama der grossen Sinfonieorchester. Eine Sendereihe der Europäischen Rundfunkunion [13.6.1968].

Maschinengeschriebenes Manuskript, Historisches Archiv der Stadt Köln, Bestand 1445. 14 Nachtrag zum Memorandum . Historisches Archiv des WDR, Standort 4117.15 Edmund Nick, »Lebensdaten. Drei Versuche über Hanns Hartmann«, in: Aus Köln in die Welt. Beiträge zur

Rundfunkgeschichte, hg. von Walter Först (= Annalen des Westdeutschen Rundfunks 2), Köln und Berlin

1974, S. 520.16 ebd.17 Vgl. den Brief von Kurt Seidler an Hanns Hartmann vom 19. Januar 1953, Historisches Archiv des WDR,

Standort 4117 (Hinweis von Thomas Synofzik).18 Hans Bausch, »Rundfunkpolitik nach 1945«, in: Rundfunk in Deutschland, Bd. 3, hg. von Hans Bausch,

München 1980, S. 210 f.19 Brief Eduard Gröninger an Edmund Nick vom 29. Juni 1963, Historisches Archiv der Stadt Köln, Bestand

1445. Gröninger fügt hinzu, dass er von dieser Taufe nur durch Nick erfahren hatte: »Diese Geschichte mit

der Namensgebung haben Sie selbst mir einmal erzählt.« Eine alternative These zur Namensfi ndung im

Artikel von Thomas Synofzik, »Collegium musicum und Collegium aureum«, S. 53 und 66.20 Dieter Gutknecht, »Zur Geschichte der Aufführungspraxis Alter Musik. Tradition als Hypothek...«, a.a.O.,

S. 25, S. 27.21 Konrad Ameln, »Historische Instrumente in der gegenwärtigen Musikpraxis. Aus der Arbeit des

Nordwestdeutschen Rundfunks Köln, mit Vorführungen«, in: Bericht über den internationalen

musikwissenschaftlichen Kongress Bamberg 1953, hg. von Wilfried Brennecke, Willi Kahl und Rudolf

Steglich, Kassel/ Basel 1954, S. 97.

39

Es ist das Verdienst der Cappella Coloniensis, die heute zur Selbstverständlichkeit gewordene Forderung, Alte Musik auf originalen Instrumenten unter Berücksichtigung historischer Aufführungspraktiken zu spielen, wie keine zweite Unternehmung erstmals ins Bewusstsein einer breiten Öffentlichkeit gebracht und dort verankert zu haben. Die durch ihre Anbindung an den WDR ideale Ausgangsposition des Orchesters ermöglichte es, den von der Cappella Coloniensis verkörperten Interpretationsansatz auch weiterzutragen und zu verbreiten. Dass heute dieser Interpretationsansatz zur Selbstverständlichkeit geworden ist und kaum mehr in Frage gestellt wird, ist zweifellos vor allem auf die grundlegende Pionierarbeit dieses Barockorchesters der ersten Stunde zurück-zuführen.

38

Eduard Gröninger,

Ruth Nielen, Doris

Wolff-Malm und

Hans-Martin Linde

bei einer Tournee

der Cappella

Coloniensis,

Anfang der 1970er

Jahre

22 Darauf deutet der in monatlichen Kosten berechnete Personaletat im ursprünglichen Kostenvoranschlag,

vgl. Anm. 14.23 Programmheft zum Konzert der Cappella Coloniensis am 10. Februar 1960 in Bielefeld, o. Pag.24 Vgl. Robert von Zahn, »Eduard Gröninger (1909–1990). Zum Tode des ›Vaters‹ der Cappella Coloniensis«,

in: CONCERTO [7. Jg.] Nr. 65 (1990), S. 11.25 ebd.26 Interview mit Christoph Caskel, zit. nach Robert von Zahn, »Geburt zweier Szenen. Neue und Alte Musik

in Köln«, in: Kunst und Kultur in Köln nach 1945, hg. vom Historischen Archiv der Stadt Köln, Köln 1996,

S. 73.27 Interview mit Christoph Caskel vom 22.6.2003, zit. nach Irina Funk-Würden, »Das WDR-Barockorchester

Cappella Coloniensis (Schwerpunkt: Interviews)«. Hausarbeit zum Hauptseminar: »Alte Musik in Köln«,

Hochschule für Musik Köln, Sommersemester 2003.28 Eduard Gröninger, »Die Kunst des Clarin-Blasens«, in: Eduard Gröninger, Texte zur Alten Musik,

eingeleitet und hg. von Robert von Zahn, Köln 1991, S. 138-140.29 WDR-Schallarchiv I-53360.30 Vgl. CD 1, Tr. 3.31 Vgl. Produktionsunterlagen der Cappella Coloniensis, Programmgruppe Alte Musik, WDR.32 Frankfurter Abendpost vom 9.10.1956.33 Kasseler Post vom 8.10.1956.34 Frankfurter Abendpost vom 9.10.1956.35 Die Welt vom 24.10.1956.36 Vgl. Dieter Gutknecht, »Zur Geschichte der Aufführungspraxis Alter Musik. Tradition als Hypothek...«,

a.a.O., S. 26.37 Hans Schnoor, »So hörten Bach und Mozart Musik«, in: Westfalen-Blatt vom 4.10.1957.38 Freie Presse vom 4.10.1957.39 Svenska Dagbladet vom 13.6.1958.40 Hans-Martin Linde, »Gedanken zum vierzigjährigen Bestehen der Cappella Coloniensis«, in: Cappella

Coloniensis [Programmheft zu Konzerten 13., 14. und 15. Mai 1994 in Köln, Bielefeld und Corvey], Köln

1994, S. [6].41 Westfälische Zeitung vom 20.5.1959.42 Freie Presse vom 23.2.1961.43 Mit den Berliner Philharmonikern vergleichbar waren im Übrigen auch die Gagen, vgl. den Brief von

Ursula Klein (Deutsche Grammophon Gesellschaft mbH Archiv Produktion) an Eduard Gröninger vom

27. April 1965: »Da die Honorare der Capella ungefähr an die der Berliner Philharmoniker heranreichen,

würde eine reduzierte Besetzung die Kosten etwas niedriger halten.« (Historisches Archiv des WDR, Alte

Musik: Allgem. Korrespondenz, F-K, Nr. 22, o. Sign., bis 2004 Redaktionsbestand).44 Vgl. Kölnische Rundschau vom 26. Oktober 1971; ebd.: »Zum Konzert hatte sich der Schah mit seiner

Familie angesagt, aber da er nicht kam, da er, wie er mitteilen ließ, von den Feierlichkeiten völlig

erschöpft war, blieb auch die Hofprominenz fern – und die Logen blieben unbesetzt.«45 Robert von Zahn, »Eduard Gröninger und die Cappella Coloniensis«, in: Eduard Gröninger, Texte zur Alten

Musik, Köln 1991, S. 39f.46 Vgl. Norbert Stich, »Piccolo und Naturhörner«, in: Neue Rhein-Zeitung vom 16.10.1971.

40

Au gu st Wen zin ger in sein en Bezieh u n gen

zu m ( No r d - ) West d eu t sch en Ru n d fu n k

Dieter Gutknecht

Die Verantwortlichen beim damaligen NWDR taten gut daran, August Wenzinger als Berater und Musiker zu engagieren, als es darum ging, das erste ›bestallte‹ Barockorchester unserer Zeit zu gründen. Es gab nach dem Zweiten Weltkrieg keinen Musiker, der so viel Erfahrung mit Alter Musik aufzuweisen hatte wie er.

August Wenzinger, 1905 in Basel geboren, hatte das humanistische Gymnasium seiner Heimatstadt absolviert und studierte zunächst zwei Jahre Altphilologie, Philosophie und Musikwissenschaft. Mit zehn Jahren erhielt er an der Basler Musikschule Cellounterricht bei Willy Treichler, später dann bei Hermann Beyer-Hané. Nach Abschluss dieser Studien ging er 1927 für zwei Jahre nach Köln, um bei Paul Grümmer seine Cello-Ausbildung zu komplettieren und bei Philipp Jarnach Komposition zu studieren. Anschließend führte ihn sein Weg nach Berlin, wo er bei dem großen Cellisten Emanuel Feuermann studierte. Fünf Jahre war Wenzinger dann Solocellist des Städtischen Orchesters in Bremen.

Auf Anregung des Basler Musikwissenschaftlers Karl Nef beschäftigte sich Wenzinger seit 1925 nebenbei mit der Viola da gamba, und dieses Instrument soll-te bei ihm alsbald das Violoncello fast ganz verdrängen. Denn auch während sei-ner Studien bei Paul Grümmer, der selbst Gambe spielte, z. B. mit Paul Hindemith (Viola d’amore), wurde die Viola da gamba unterrichtet. Vielleicht war auch 1928 das Zusammentreffen mit Hans Eberhard Hoesch wegweisend, jenem Hagener Fabrikanten, der als begeisterter Originalklang-Anhänger alte Instrumente sam-melte oder nachbauen ließ und ab Ende der zwanziger Jahre bei den von ihm ver-anstalteten Kabeler Kammermusiken einsetzte.1 August Wenzinger war bei allen Konzerten als Cellist, Gambist, ja auch als Blockfl ötist tätig.

In der neutralen Schweiz hatte er während der gesamten Zeit des Nationalsozialismus und des Krieges ohne Einschränkungen auf alten Instrumenten musizieren und sich so ununterbrochen mit ihren Problemen und Herausforderungen auseinandersetzen können. Auch für Wenzinger bot sich mit der Cappella Coloniensis eine große Chance, da eine solche Orchestergründung das bis dahin auf dem Gebiet historischer Aufführungspraxis Erreichte weit übertreffen konnte. Zwar hatte Wenzinger bereits Erfahrungen in barockem Orchestermusizieren erwerben können, da auch bei den Kabeler Kammermusiken 1933 bereits so viele Musiker zusammenkamen, dass ein Barockorchester mit altem Instrumentarium nach dem Vorbild der Dresdner Hofkapelle auftreten konnte. Diese Vereinigung fand sich jedoch nur sporadisch zusammen, war also kein fest etabliertes Unternehmen. Die Kernzelle der Hagener Musiker

41

Telemann Namen wie Kurt Schäffer und Wolfgang Marschner als Spieler der ominösen ›Kurzhalsgeige‹, eine Instrumentenbezeichnung, die in dieser Frühzeit der Rekonstruktionsbewegung des öfteren anzutreffen war.6 Schäffer und Marschner waren bekannte Geiger, natürlich auf dem modernen Instrument. Der Erstgenannte war später Dozent am Düsseldorfer Robert-Schumann-Konservatorium, Marschner Konzertmeister im Rundfunk-Sinfonie-Orchester des NWDR. Das Ensemble komplettierten Gustav Scheck, Flöte, August Wenzinger, Viola da gamba, und Fritz Neumeyer, Cembalo, und der aus Berlin stammende Lautenist Walter Gerwig, der dann später eine Professur an der Kölner Musikhochschule bekleiden sollte.

Fanden diese Aufnahmen mit kleinem Ensemble teils noch im alten Funkhaus in der Dagobertstraße (dem Gebäude, in dem später bis 1975 die Kölner Musikhochschule untergebracht war), teils im 1952 eingeweihten Funkhaus am Wallrafplatz, dem ehemaligen Monopol-Hotel, statt, so wurden größer besetzte Werke in der Oetkerhalle in Bielefeld produziert, ein Ort, zu dem die Cappella Coloniensis später immer wieder zurückkehren sollte, so auch im März 1954 mit einem Programm mit dem 6. Brandenburgischen Konzert von Johann Sebastian Bach und Werken von Johann Rosenmüller, Samuel Scheidt, Johann Hermann Schein, Melchior Franck u. a.7

Die Cellistin und Gambistin Hannelore Mueller, als Mitwirkende seit der ersten Stunde, weiß zu berichten, dass nach solchen Aufnahmephasen re-gelmäßig von Wenzinger und Gröninger, der damals als freier Mitarbeiter (1951–1955) die Aufnahmen Alter Musik be-treute, über das gemeinsame Projekt der Gründung eines Barockorchesters, der späteren Cappella Coloniensis, gespro-chen wurde. Eine Fülle von Problemen war zu lösen: Nach der Antragstellung und Genehmigung bedurfte es einer so-liden wissenschaftlich-praktischen Basis. Geeignete Spieler mussten gefunden werden, Repertoire musste ausgewählt

bildete später den Scheck-Wenzinger-Kreis, eine 1936 bis 1943 existierende Kammermusikvereinigung, die sich auf ›originalem‹ Instrumentarium der Alten Musik verschrieben hatte. Neben August Wenzinger und Gustav Scheck gehörte dazu der Cembalist Fritz Neumeyer. Weitere Mitglieder des Kabeler Ensembles waren Dozenten der Essener Folkwang-Hochschule wie der Geiger Karl Glaser oder der Cembalist und Blockfl ötist Waldemar Woehl, die begabte Studenten mitbrachten.

Wenzingers Zusammenarbeit mit dem (Nord-)Westdeutschen Rundfunk begann wahrscheinlich im Jahr 1951,2 als er im Mai als Solist und im Juli mit dem Gambenquartett der Schola Cantorum Basiliensis erstmals nach dem Zweiten Weltkrieg wieder in Köln auftrat. Mit dem Quartett wurden Kompositionen von William Byrd, Orlando Gibbons, Giovanni Gabrieli, Girolamo Frescobaldi u. a. produziert.3 Im Mai hatte Wenzinger verschiedene Solowerke für Viola da gamba und Cembalo aufgenommen, darunter auch Johann Sebastian Bachs Sonate in G-dur BWV 1027.4 Mitglieder des Gambenquartetts der Schola Cantorum Basiliensis waren in den Anfangsjahren August Wenzinger, Diskantgambe, Marianne Majer und Hannelore Mueller, Tenorgambe, und Gertrud Flügel, Bassgambe. Später

nahm dann Johannes Koch die Bass-Position ein. Bereits in diesem Ensemble taucht der Name von Hannelore Mueller auf, die, neben Wenzinger, aus diesem Ensemble kommend, direkt als Cellistin in die Cappella übernommen wurde.

Wenzinger und Mueller wa-ren auch an anderen Aufnahmen Alter Musik vor der Cappella-Gründung beteiligt – gemeinsam mit anderen Kollegen, die später zum Teil ebenfalls Mitglieder der Cappella Coloniensis wurden oder auch nur zeitweilig bei einzelnen Produktionen mitwirkten. So fi nden sich bei einer Produktion vom Januar/Februar 19525 mit Werken u. a. von Carl Philipp Emanuel Bach, Louis Couperin und Georg Philipp

4342

Gambenklasse von

Paul Grümmer

an der Kölner

Musikhochschule

um 1928 mit

August Wenzinger

(3. von rechts)

� I,15

Hannelore Mueller Altes Funkhaus

(später Musik-

hochschule)

in der Kölner

Dagobertstraße

August Wenzinger

und sein Gamben-

quartett mit

Marianne Majer,

Johannes Koch und

Hannelore Mueller

� I,1

und in den meisten Fällen erst zur Aufführung bzw. Aufnahme eingerichtet werden, historische Streich-, Blas- und Tasteninstrumente waren zu rekonstruieren oder zu kopieren.

Während Fritz Neumeyer aus sei-ner Saarbrücker Zeit und der von ihm gegrün-deten Saarbrücker Vereinigung für Alte Musik Instrumentalisten wie den Bratscher Günther Lemmen und den Geiger Ulrich Grehling in den Personalstamm der Cappella Coloniensis einbringen konnte, bildete den Kern der Cappella eine Gruppe von Musikern, die Wenzinger aus Basel mitbrachte. Dabei ist vor allem an italienische Musiker wie den Geiger Rodolfo Felicani und den Hornisten Umberto Baccelli zu denken. Sie

hatten sich bereits in der italienischen Konservatoriumsausbildung mit den alten, zumeist barocken Techniken ihrer Instrumente beschäftigen müssen.8 Für Geiger bedeutete das einen anderen Bogengriff und z. B. einen Bogenstrich, der mehr aus dem Unterarm mit an den Körper gelegtem Ellbogengelenk geführt wird (Leopold Mozart bildet das hoch angehobene Ellbogengelenk in seiner Violinschule ausdrücklich als Fehler ab)9. Die Hornisten hatten schon in ihrer Ausbildung auch das Naturhorn geblasen und beherrschten so die Technik der ventillosen Instrumente.10

Andere Cappella-Mitglieder rekrutierten sich aus den Barock-musikensembles der Hochschule für Musik in Freiburg/Breisgau unter der Leitung von Gustav Scheck, des Konservatoriums Mainz unter der Leitung des Geigers Günther Kehr, der später eine Kammermusik-Professur an der Hochschule in Köln erhalten sollte, und aus dem Berliner Bläserkreis für Alte Musik unter Otto Steinkopf.

Aus zahlreichen Berichten über die Frühzeit der Cappella Coloniensis geht immer wieder hervor, dass vor und während der Proben häufi g über die mög-liche Ausführung einer Passage disku-tiert wurde – ein Zeichen dafür, dass vor allem von den erfahrenen Mitgliedern, allen voran wohl sicherlich Wenzinger und Neumeyer als denjenigen, die über eine annähernd dreißigjährige Erfahrung verfügten, erspieltes und praktisch erar-beitetes Wissen eingebracht werden musste, um die unerfahrenen Spieler allmäh-lich an Spielgewohnheiten der Alten Musik heranzuführen. Hannelore Mueller weiß zu berichten, dass einige Spieler, die aus den Berufsorchestern kamen, teilweise fürchteten, dort pejorativ als ›Spezialisten für Alte Musik‹ abgestempelt zu werden. Ferner teilt sie mit, dass bei den ersten Aufnahmen ein besonderer ›Teamgeist‹ herrschte. Zwar verstand sich das Ensemble als Solistenvereinigung, jedoch musste sich ein jeder dem gefor-derten Umsetzungsideal unterordnen: »Wenzinger als Primus inter pares verstand es wie kein Zweiter, kriselnde Situationen zu entschärfen. Sei es durch einen Scherz am richtigen Ort, eine freundliche Aufmunterung oder auch eine Einladung zu einer Runde Kaffee mit belegten Broten in der Pause. Er verlor fast nie die Geduld, selbst wenn eine besonders gut gelungene Aufnahme wegen eines Vogelgezwitschers, dem Geräusch einer geplatzten Saite oder ei-nes knarrenden Stuhls kurz vor Schluss

4544

Die Oetkerhalle

in Bielefeld aus

der Fish-eye-

Perspektive

August Wenzinger

und Eduard

Gröninger beim

Abhören

Fagottisten

der Cappella

Coloniensis (Otto

Steinkopf und

Heinrich Göldner)

in Stockholm,

31.5.1963

August Wenzinger

als Gambenspieler

der Sitzung wiederholt werden musste.«11 Weniger schätzte er die Kritik an der Wahl seiner (von der Aufnahmeleitung hie und da als zu schnell empfundenen) Tempi. Vor allem, wenn sie anhand eines konstant laufenden Metronoms im Aufnahmewagen kontrolliert wurden. Auch unerbetene Ratschläge in Bezug auf Fingersätze und Bogenstriche von Technikern (die auch ein wenig Klavier spielen konnten) an die Solisten empfand er als Zeitverlust.12

Das Bestreben Eduard Gröningers und August Wenzingers war in der Anfangszeit der Cappella Coloniensis vornehmlich auf unbekannte, noch nicht im Druck erschienene Werke der Alten Musik gerichtet. Das bedeutete vor allem für Wenzinger, aus seinem reichhaltigen Reservoir an von ihm selbst spartierter Literatur Aufführungsmaterial mit Hilfe der zuständigen Mitarbeiter des NWDR – hier vornehmlich Eduard Gröningers – erstellen zu lassen. »Denn wir werden beglückend inne, dass die wirklichen Meisterwerke aller Zeiten unvergänglich jung und unmittelbar bleiben, wenn sie uns nur unverfälscht entgegentreten.«13 Das war das Movens der gesamten Arbeit mit der Cappella Coloniensis, auch wenn es heute ein wenig euphemistisch erscheint. Vier Jahre lang prägte August Wenzinger als Hauptdirigent den Aufführungsstil in zahllosen Aufnahmen und Konzerten, Programme, die nicht nur, wie in der späteren Arbeit des Orchesters, Werke vornehmlich des 17. und 18. Jahrhunderts enthielten, sondern bereits im

16. bei Giovanni Gabrieli einsetzten und im frühen 17. mit Claudio Monteverdi fortgesetzt wurden.

Seit 1958 traten neben Wenzinger zu-nehmend andere Dirigenten ans Pult der Cappella Coloniensis.14 Bis 1965 blieb Wenzinger regelmä-ßiger Gastdirigent neben Marcel Couraud, Paul Sacher und einer Reihe anderer Dirigenten, die nicht unbedingt als Alte-Musik-Spezialisten gelten konnten. Danach trat Wenzinger vornehmlich als Leiter des Ensembles der Basler Schola Cantorum in Erscheinung, mit dem er vornehmlich vokal-in-strumentale Werke des 17. Jahrhunderts aufnahm. Wenn er auch nach 1958 weniger oft am Pult der Cappella Coloniensis stand, so wurde Wenzinger doch weiterhin als Gambensolist für vokal-instru-mentale Produktionen wie z. B. Bach-Kantaten unter der Leitung von Hans Thamm (Dirigent des Windsbacher Knabenchors)15 oder Werken von Schütz, Crüger und Telemann eingeladen.16 Oder er reiste, wie 1962, mit dem Konzertensemble der Schola Cantorum Basiliensis an, um Werke des unbekannteren 17. Jahrhunderts etwa von

4746

»L’Orfeo« in

Hitzacker, v.l.n.r.:

Gustav Scheck und

Thea von Sparr

(Blockflöte), Otto

Steinkopf und

Heinz Döring

(Zink), unten:

Fritz Wunderlich

bei Proben und

August Wenzinger

nach der Orfeo-

Aufführung im

Juli 1955

Claudio

Monteverdis

»L’Orfeo« in

Hitzacker,

Programmzettel

� II,2

� II,5

of Southern California, Saratoga Springs, und wird 1972 Musical Director des Baroque Performance Institute in Oberlin, Ohio, eine Position, die er bis 1988 innehaben sollte. Gastdozenturen für sein Instrument, die Viola da gamba, be-kleidete er in Hamburg (1974–1978) und Wien (1976–1982). 1960 verlieh ihm die Philosophisch-historische Fakultät der Universität Basel den Titel eines Doctor honoris causa, 1981 ebenso die University of Oberlin/Ohio, 1965 wurde er aus-wärtiges Mitglied der Königlich Schwedischen Akademie der Musik. – Wahrhaft ein Leben für die Alte Musik, das durch viele Ehrungen auch die würdige Anerkennung erhalten hat!

Bis zu seinem Tode 1996 ehrte der WDR den Gründungsdirigenten der Cappella Coloniensis immer wieder durch spezielle Sendungen. In einem Sendetext zu seinem 75. Geburtstag schreibt der Autor Klaus L Neumann über die Persönlichkeit Wenzingers: »Vor ein paar Jahren nahmen wir im Westdeutschen Rundfunk zur Erneuerung der langjährigen Zusammenarbeit sämtliche Gambenfantasien von Henry Purcell auf, und zwar mit dem von August Wenzinger gegründeten Viola-da-gamba-Quintett der Schola Cantorum Basiliensis, in dem er die kleinste, die Diskant-Viole spielt. Ich werde nie vergessen, wie ich ihn zu Beginn dieser Produktion zum ersten Mal traf. Die Probe hatte schon begonnen [...]; seine Mitspielerin Hannelore Mueller, die mich von Aufnahmen der Cappella Coloniensis kannte, hatte ihm wohl einen Wink gegeben: Er stand augenblicklich auf, bescheiden die Gambe vor sich haltend wie ein Schüler, der die Zensur eines Lehrers erwartet. Ich habe ihn auch in den kommenden Jahren nie anders als be-scheiden und überhaupt nicht schwierig erlebt, sondern als einen steten Sucher nach der wahren Aussage in alter Musik.«17

Etienne Moulinié, Matthew Locke oder Thomas Selle aufzu-nehmen. Eine Soloproduktion u. a. mit den Folia-Variationen von Marin Marais entstand im Zusammenhang eines Dort-munder Konzerts mit Edith Picht-Axenfeld am 13. Januar 1968.

Neben seiner Tätigkeit als Instrumentalist wirkte Wen zinger bis 1970 als Dozent an der Schola Cantorum Basiliensis für Viola da gamba, Ensemble-spiel und Verzierungs lehre. In Hannover-Herrenhausen und

Hitzacker leitete er von 1955 bis 1966 die Aufführungen barocker Opern (u. a. von Monteverdi, Händel und Scarlatti) bei den sommerlichen Festspielen. Von 1959 bis 1987 dirigierte er das Hamburger Kammerorchester.

Wenzinger gab sein umfangreiches Wissen zur Aufführungspraxis Alter Musik nicht nur in Basel weiter, sondern lehrte auch an der Harvard University (1953), an der Brandeis University (1954) in Aspen, an der University

4948

Die Cappella

Coloniensis mit

Ferdinand Leitner

in Osaka/Japan,

1964

August Wenzinger

als Dirigent

August Wenzinger,

Ingrid Stampa

und Hannelore

Mueller; am

Cembalo:

Gottfried Bach,

Kulturzentrum

Herne, Dezember

1980

An m er ku n gen

1 Dieter Gutknecht, Studien zur Geschichte der Aufführungspraxis Alter Musik, Köln 1993, S. 194, 21997,

S. 231.

2 In einem Interview gab Wenzinger an, schon 1949 zu ersten Produktionen für den NWDR verpfl ichtet

worden zu sein, vgl. »Der Gesamtüberblick fehlt«, August Wenzinger im Gespräch mit Dieter Gutknecht,

in: CONCERTO, 3. Jg., Heft 4 (Juni 1986), S. 22.

3 Die Produktion stand im Zusammenhang mit Gröningers 25teiliger Sendereihe Von alter Musik; deren

17. Folge war dem Thema Gambenmusik des 16. Jahrhunderts gewidmet (WDR-Schallarchiv III-15262/1,

vgl. beiliegende CD 1, Tr. 15), vgl. Thomas Synofzik, »›Der Name Bach auf dem Programm der Musikfeste

erscheinend, möchte von übler Wirkung sein‹ – Alte Musik in Köln«, in: Rheinisches Musikfest 1996

[Programmheft], S. 19.

4 Vgl. dazu das von Robert von Zahn edierte Sendemanuskript »Ein Flötenwerk für die Gambe«, in: Eduard

Gröninger, Texte zur Alten Musik, hg. v. Robert von Zahn, Köln 1991, S. 152–154.

5 Kopie des Verpfl ichtungsscheins vom 19. Januar 1952 für Hannelore Mueller im Besitz des Verfassers;

Bänder dieser Produktion sind im Schallarchiv des WDR nicht erhalten.

6 Zur Fragwürdigkeit der Bezeichnung vgl. Dieter Gutknecht, Studien zur Geschichte der Aufführungspraxis

Alter Musik, Köln 1993, S. 17.

7 Vgl. zu dieser Produktion den Beitrag von Thomas Synofzik, »Collegium musicum und Collegium aureum

oder: Vom Rundfunk zur Schallplatte«, S. 51ff.

8 Persönlicher Bericht von Hannelore Mueller; vgl. auch »Der Gesamtüberblick fehlt«, August Wenzinger im

Gespräch mit Dieter Gutknecht, a.a.O., S. 22.

9 Vgl. Leopold Mozart, Versuch einer gründlichen Violinschule, Augsburg 1756, Fig. III.ia.

10 Vgl. »Der Gesamtüberblick fehlt«, August Wenzinger im Gespräch mit Dieter Gutknecht, a.a.O., S. 18–27.11 Hannelore Mueller, Erlebnisbericht, im Besitz des Autors.12 ebd.13 Sendemanuskript Deutsche Welle vom 27. Februar 1956 (Kopie im Besitz des Verfassers), Die Capella [!]

Coloniensis.14 Vgl. den Brief Eduard Gröningers an August Wenzinger vom 19.12.1957: »Wir wollen es in Zukunft

so halten, dass ausser Dir noch weitere Dirigenten bei den Aufnahmen herangezogen werden.«

(Korrespondenzakten »August Wenzinger«, Historisches Archiv des WDR, bis 2004 Redaktionsbestand).15 WDR-Schallarchiv I-59664-61.16 WDR-Schallarchiv I-60767-61.17 Sendelaufplan vom 26.11.1980.

50

Co llegiu m m u sicu m u n d Co llegiu m au r eu m

oder: Vom Rundfunk zur Schallplatte

Thomas Synofzik

Ein Kam m er o r ch est er fü r Alt e Mu sik ( I I ) 1

Das dem Intendanten des NWDR Hanns Hartmann am 1. Januar 1953 unterbreite-te Memorandum über die Gründung eines rundfunkeigenen »Kammerorchesters für alte Musik« – der späteren Cappella Coloniensis – defi nierte als Repertoire »vorklassische Musik ... vom Beginn der Instrumentalmusik, also nach 1600 bis etwa 1800«.2 Unter den explizit genannten Komponisten waren auch frühbarocke Meister wie Johann Hermann Schein, John Dowland und Melchior Franck. Doch nur zweimal widmete sich die Cappella Coloniensis frühbarockem Repertoire: beim Düsseldorfer Schütz-Fest im Oktober 1956 (samt begleitender Produktion in Bielefeld) und bei einer Produktion mit dem Deller Consort im Juni 1958 im Zusammenhang eines Kongresses der Internationalen Musikgesellschaft.3 In bei-den Fällen lag die Leitung in den Händen August Wenzingers, im Zentrum stan-den jeweils eine szenische Madrigalkomposition von Claudio Monteverdi, darum herum gruppierten sich Canzonen von Massaino, Gabrieli und Scheidt, außerdem 1956 noch eine Suite von Johann Hermann Schein und 1958 Anchor che col partire von Cipriano de Rore.

Wohl speziell aus Anlass des Schütz-Festes 1956 hatte Eduard Gröninger am 22. Dezember 1955 für das Rechnungsjahr 1956/57 die Anschaffung jeweils ei-nes Satzes von vier Pommern und vier Dulzianen beantragt: »Da die bisher für die Cappella Coloniensis angekauften Instrumente vor allem für die stil- und klang-getreue Wiedergabe der Musik des Hochbarock in Frage kommen, soll durch die Anschaffung der oben aufgeführten beiden Sätze von Blasinstrumenten aus dem 16./17. Jahrhundert die Möglichkeit gegeben werden, das Produktionsprogramm der Cappella Coloniensis auf die Literatur der Spätrenaissance und des Frühbarock auszudehnen.«4

Bereits 1953 hatte der ursprüngliche (nicht genehmigte) Anschaffungsetat für das neu zu errichtende »Kammerorchester für alte Musik« auch Zinken, Posaunen und Blockfl öten vorgesehen.5 Und schon im März 1954, zwei Monate vor der später von Eduard Gröninger ausgewiesenen Erstlingsproduktion der damals noch namenlosen Cappella Coloniensis6 trat unter der Bezeichnung ›Collegium musicum des NWDR‹ in der Bielefelder Oetker-Halle ein auf his-torischen Instrumenten spielendes rundfunkeigenes Ensemble zusammen, um frühbarockes Repertoire zu produzieren. Anlass war der 300. Todestag von Samuel Scheidt, zu dem Eduard Gröninger ein 55-minütiges Feature Samuel Scheidt. Ein Meister der deutschen Musik – Bild seines Lebens und Schaffens zu

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August Wenzinger. Die Ensemblebesetzung mit vier Blockfl öten, einfach besetzten Streichern, Dulzian, vier Lauten, fünf Gamben und Cembalo orientierte sich an der Mehrchörigkeit des frühen 17. Jahrhundert und besetzte – den Anweisungen des Syntagma musicum von Michael Praetorius folgend9 – auch vier- und fünfstimmige Sätze im chorischen Wechsel, ähnlich wie das bereits im Vorjahr beim 6. Internationalen Heinrich-Schütz-Fest in Herford erprobt worden war: »... die aus der venezianischen Mehrchörigkeit abgeleitete frühba-rocke Praxis des ›per choros‹-Musizierens konnte an einer Suite zu vier und fünf Stimmen aus dem ›Banchetto Musicale‹ von Schein in der Besetzung mit je einem Chor von Blockfl öten, altmensu-rierten Violininstrumenten, Gamben und Lauten gezeigt werden.«10

Ein von Gröninger selbst erstelltes »Verzeichnis der mit der Cappella Coloniensis aufgenommenen Werke«11 belegt, dass Gröninger diese Produktion des als »Collegium musicum des NWDR« bezeichneten Ensembles am 10./11. März 1954 ein Jahr später mit zu den Cappella-Aufnahmen zählte.12 Als Erstsendedatum für die Kanzone über O Nachbar Roland von Samuel Scheidt ist der 24. März 1954 angegeben – Scheidts 300. Todestag. Innerhalb von nur zwei Wochen hat-te somit Eduard Gröninger die Aufnahme geschnitten und sendefertig gemacht. 50 Jahre später gab es am 27.3.2004 zum 350. Todestag Scheidts erneut eine spezielle Gedenksendung, in der erste Kostproben aus einer zwei Monate zuvor erfolgten WDR-Produktion mit Werken Scheidts vorgestellt werden konnten. Da technischer Anspruch und erhöhte Perfektion inzwischen zur Arbeitsteilung zwi-schen Redaktion (Barbara Schwendowius) und Tontechnik geführt haben, konnte dies nur durch besonderen Einsatz von Tonmeister Günther Wollersheim erreicht werden, der speziell für die Sendung die digitale Nachbearbeitung eines Teils der Produktion beschleunigt fertigstellte.

Offenkundig sollte das 1954 gegründete Barockorchester ursprünglich auf den Namen ›Collegium musicum‹ getauft werden. Die Bezeichnung verweist auf akademische Traditionen. Sowohl Eduard Gröninger als auch sein seit 1953 in derselben Redaktion (Kammermusik) als freier Mitarbeiter tätiger Kollege Alfred Krings hatten vor ihrer Rundfunktätigkeit als Assistenten am musikwis-

seinem 300. Todestage zusammengestellt hatte.7 Heinrich K. Strohm, offi ziel-ler Sendebeobachter des NWDR, lobte: »Ausgezeichnete Sendung! Dr. Eduard Gröninger legte sehr anschaulich den Werdegang des Komponisten dar, wertete seinen Aufenthalt bei Sweelinck in Holland und hob im einzelnen die Bedeutung des Wirkens Scheidts als Hoforganist, später als Hofkapellmeister in Halle hervor ... Die musikalischen Beiträge waren in der stilistischen Durchführung und in der sorgfältig ausgewählten Besetzung ausnahmslos von hoher Qualität. Das bezieht sich in vollem Maße auch auf die Chorleistungen der Kantoreien Spandau und Barmen-Gemarke. Im Hinblick auf die durch die Sendung vermittelten kulturhis-torischen Zusammenhänge war es sinnvoll, daß sie durch Beispiele des musikali-schen Schaffens der Zei[t]genossen Schütz und Schein abgeschlossen wurde.«8

Auf dem Programm der Produktion am 10./11. März standen nicht nur zwei Kompositionen von Samuel Scheidt, sondern überdies Werke der im Gründungsmemorandum aufgeführten Komponisten Schein und Franck. Leiter des Ensembles war der spätere Hauptdirigent der Cappella Coloniensis,

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Das

Memorandum

vom 31.12.1952

(Ausschnitt)

� I,1

Programm-

hinweis aus

»Hörzu«,

24.3.1954

senschaftlichen Institut der Kölner Universiät das dortige Collegium musicum ge-leitet. Derartige musikalische Kollegien gab es bereits im 17. Jahrhundert, an der Leipziger Universität etwa ist ein Collegium musicum seit 1657 belegbar.13 Es wur-de dort 1902 durch Hugo Riemann neu belebt,14 viele andere Universitäten folg-ten. Die Bezeichnung war daher im 20. Jahrhundert prädestiniert für Ensembles, die den Anspruch erhoben, musikwissenschaftliche Erkenntnisse in die Praxis umzusetzen. In Berlin hatte bereits um 1930 unter Leitung von Hermann Diener ein aus Studenten der Staatlichen Akademie für Kirchen- und Schulmusik gebil-detes Collegium musicum instrumentale neue Impulse für die Aufführungspraxis alter Musik gegeben.15 1951 war der Oboist Helmut Winschermann – später Gründungsmitglied der Cappella Coloniensis – mit seinem Collegium musicum der Nordwestdeutschen Musik-Akademie hervorgetreten und hatte Gröninger davon in einem Brief vom 24. Oktober 1951 berichtet.16

Die monatelangen Diskussionen um die Benennung des rundfunk-eigenen Barockorchesters17 sind auf dem Hintergrund der Doppelstruktur des NWDR zu sehen. Ähnlich wie bei den vorherigen Gründungen des Kölner Rundfunk-Sinfonie-Orchesters (heute WDR Sinfonieorchester) und des Kölner Rundfunkchores wurde nun auch beim Namen ›Cappella Coloniensis‹ klarge-stellt, dass es sich um eine Institution des Kölner Teils des NWDR handelte.

Aufgrund des Namenswechsels hin zur ›Cappella Coloniensis‹ kam das ›Collegium musicum des NWDR‹ über seine erste Produktion nicht hinaus. Nach der Liquidierung des NWDR und der Aufnahme eines selbständigen Programmbetriebs des WDR am 1. Januar 1956 griff jedoch Alfred Krings 1957 die ursprüngliche Namensform der Cappella Coloniensis auf, um mit einem als ›Collegium musicum des WDR‹ oder auch ›Collegium vocale et instrumentale des WDR‹ bezeichneten Ensemble in den folgenden Jahren Aufnahmen mit Musik vom Mittelalter bis zum frühen 17. Jahrhundert zu produzieren – höchstwahr-scheinlich unter Verwendung der im Vorjahr für die Cappella Coloniensis ange-schafften Renaissance-Instrumente.

Offenbar wurde diese Re-pertoireverteilung im Einvernehmen zwischen Gröninger und Krings ge-troffen. Gröninger widmete sich mit seiner Cappella Coloniensis fortan »der Orchestermusik von der Zeit Lullys bis hin zur Frühklassik.«18 Krings, der als freier Mitarbeiter in der Abteilung Kammermusik für Sendungen der Chor-,Volks- und geistlichen Musik zuständig war, legte seinen Schwerpunkt zunächst auf die früheren Epochen. Er hatte 1951 mit Untersuchungen zu den Messen mit Choralthemen von Ockeghem bis Josquin des Prez promoviert und in den 50er Jahren beim Kölner Arno Volk-Verlag mehrere Bände mit Vokalmusik des 16. Jahrhunderts veröffentlicht.19

5554

Eduard Gröninger

und Alfred Krings

am Schreibtisch

Hans-Martin

Linde und

Günther

Höller, unten:

Brief August

Wenzingers

an Eduard

Gröninger, 1956

Senfl , am 7. Oktober 1958 schloss sich eine Aufnahme der kompletten Madrigalkomödie L’Amfi parnaso von Orazio Vecchi an. Bei einer Produktion am 13. Oktober 1959 mit Werken von Dufay, Willaert und Gombert fi rmierte das Ensemble als ›Collegium musi-cum vocale et instrumentale des WDR‹. Wie auch schon beim Requiem von Pierre de la Rue wurden Knabenstimmen für die Ausführung der Oberstimme eingesetzt, Wil helm Schepping hatte sie aus seinen Schülern am Neusser Quirinus-Gymnasium ausgewählt.23

Seit Mai 1959 benutzte Krings die Ensemblebezeichnung ›Collegium musicum des WDR‹ auch für Produktionen geistlicher Musik des 18. Jahrhunderts. Da es sich bei den Instrumentalisten der bisherigen Renaissance-Aufnahmen vor-wiegend um Bläser gehandelt hatte, nun aber Streicher im Vordergrund standen, gab es einen Besetzungsstamm nur durch Rudolf Ewerhart, einmal am Regal, nun an der Orgel, und Johannes Koch, erst auf Blockfl öte und Krummhorn, nun am Violone. Dr. Rudolf Ewerhart, selbst von 1952–55 freier Mitarbeiter beim WDR, inzwischen aber an der Kirchenmusikschule in Münster tätig (deren Leitung er 1964 übernahm), hatte die Initiative zu dieser Aufnahme gegeben. Sie war bis dahin unbekannten Werken Georg Friedrich Händels gewidmet, die Ewerhart in den Beständen der Münsteraner Santini-Sammlung entdeckt hatte. Entsprechend fanden auch die Aufnahmen in Münster statt, als Sopranistin war Anna Moffo engagiert worden.

Beset zu n gsfr agenKoch und Ewerhart hatten als einzige der an dieser Münsteraner Produktion des Collegium musicum beteiligten Musiker nicht an der wenige Tage zuvor erfolgten Aufführung und Produktion von Händels Alcina mit der Cappella Coloniensis mitgewirkt. Solche minimalen Besetzungsunterschiede und die prinzipiell unterschiedliche Besetzungsstärke waren offenbar genügend Grund für die abweichende Ensemblebezeichnung. Als die Deutsche Grammophon-Gesellschaft 1958 die Bußpsalmen von Orlando di Lasso mit den Aachener Domsingknaben und einem 16-köpfi gen Instrumentalensemble aus Mitgliedern

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Vo m 16. zu m 18. Jah r h u n d er tDie erste Produktion des ›neuen‹ Collegium musicum fand am 6. Juni 1957 in der Klosterbasilika Knechtsteden statt und galt einem der bedeutendsten Werke der Musik um 1500: dem Requiem von Pierre de la Rue. Krings wählte eine gemischt vokal-instrumentale Besetzung: Zu den Gesangssolisten Bernhard Michaelis und Theo Altmeyer (Altus), Johannes Feyerabend und Ferdinand Koch (Tenor), Willy Gesell und Wilhelm Schäfer (Bass) traten Otto Steinkopf (Zink), Helmut Schmitt, Martin Pfi tzner und Alfred Stöneberg (Posaunen), Alfred Sous, Fritjof Fest (Diskant- und Altpommer), Heinrich Göldner und Gerhard Tuchtenhagen (Tenor- und Bass-Dulzian), Hans-Martin Linde und Johannes Koch (Blockfl öten und Krummhorn) und Rudolf Ewerhart (Regal) sowie ein Knabenchor. Die Leitung hatte Fritz Schieri (*1922), der von 1948–59 als Leiter des Seminars für Volks-und Jugendmusik an der Kölner Hochschule wirkte und mit Krings aus gemeinsamer Kriegsgefangenschaft befreundet war.20

Krings hatte bei seiner Besetzungsdisposition »eine kleine ›Hofkapelle‹ vor Augen« und zielte, wie er exemplarisch am fünfteiligen Sanctus erläutert, auf einen »scharfen Gegensatz der Klangkomplexe. [...] Sanctus und Osann[a] I und II schreiten im feierlich ruhigen Dreiertakt. Hier bleibt der Posaunenklang Grundlage. Um diesen großartigen Mittelpunkt des Requiems hervorzuheben, wurde hier aber zum einzigen Male das volle Werk eingesetzt. Extrem dagegen standen Pleni und Benedictus, die sich zudem mit ihren 4 Stimmen von der fünf-stimmigen Pracht der Teile I, III und V abhoben. Dem schnellen Dreiertakt des Pleni entsprach die Solobesetzung der Singstimmen kombiniert mit 2 Pommern und 2 Dulzianen. Das Benedictus wurde gesungen von 4 Männern, begleitet

durch die vier hellen Instrumente in 4’-Lage.«21 Trotz des wissenschaftlichen Ansatzes ging es nicht um bloße histo-rische Rekonstruktion, sondern um le-bendige Musikerfahrung: »Die Wahl der Besetzung hatte musikalische Folgen, die über das neue Erlebnis des Klanges weit hinausgingen. Das Spiel der Instrumente zwang die Sänger zu einer Intensität des Singens, die im abstrakten Spiel nieder-ländischer Musik gleicherweise die kom-plizierte Struktur der alten Polyphonie wie auch eine vital empfundene Kunst offenbarte.«22

Im November folgte eine Pro-duktion mit Werken von Du n stable, Ockeghem, Josquin Des prez und

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Klosterbasilika

Knechtsteden

Mitteilung von

Helmut Winscher-

mann an Eduard

Gröninger zu

Konzerten

des Collegium

musicum, Anfang

Dezember 1962

(vgl. S. 60)

Franzjosef Maier berichtet: »Gröninger kam auf Schäffer zu und sagte: ›Du musst in der Cappella Konzertmeister sein, und deine Leute setzen wir an die ersten Positionen.‹ Und da waren alle natürlich gleich sehr interessiert – man konnte da Geld verdienen. Das war verlockend. Ich stellte mich dagegen und sagte: ›Ich mach’ das nicht. Entweder wir spielen Quartett richtig, oder wir ›strippen‹, wie man so sagt: Geld verdienen, in einem grossen Orchester wie der Cappella, mit Dirigent – und man setzt sich rein und spielt mit.‹ Schäffer war sauer über meine Haltung und gab nach. Wir arbeiteten weiter im Quartett. Und er ist nicht Konzertmeister geworden. Grehling bekam diese Führungsposition, kam dann aus Freiburg mit seinen Leuten. So hat es sich entwickelt. Gröninger war immer ein bisschen auf mich sauer, glaube ich. Aber ich habe mich immer gut mit ihm verstanden. Er war ja ein sehr umgänglicher Mann. War ein lieber Mann.«27

Anfang der 60er Jahre musste Schäffer nach einem Zerwürfnis mit Maier sein Quartett neu formieren, und versuchte nun, auf Gröningers Angebot zurückzukommen. Gröninger engagierte Schäffers neue Quartettmusiker zu ein-zelnen Produktionen der Cappella Coloniensis, musste aber auf Widerstände der Cappella-Mitglieder hin auf ein regelmäßigeres Engagement von Geigerin und Bratschist verzichten: »Die Tatsache, dass ich im Februar und Mai Herrn Pataki an-stelle von Herrn Steeb eingeladen habe, hat in der Cappella bereits nicht unerheb-liches Aufsehen erregt, und man ist der Meinung, dass Herr Steeb doch eher einen

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des Steinkopf- und Wenzinger-Kreises produziert hatte und bei Eduard Gröninger anfragte, ob dieses Ensemble als Cappella Coloniensis bezeichnet werden dürfe, lehnte dieser ab, da die »angegebenen Künstler ... nur zum Teil in der Cappella Coloniensis« mitwirkten. »Darüberhinaus vermeiden wir selbst es sorgfältig, ähn-liche Instrumentalensembles so zu benennen«.24 Die Cappella Coloniensis war in der Regel mit zwölf Geigen besetzt, im Collegium musicum waren es acht oder – wie bei der Münsteraner Produktion – auch nur sechs. Aufgrund der kleineren Besetzung des Collegium musicum wurde dieses meist vom Konzertmeisterpult aus geleitet, spielte also ohne Dirigent.

Eine eigenständige Besetzung in der Streichergruppe des Collegium musicum kündigte sich jedoch bereits bei der nächsten Produktion dieses Ensembles an: Kirchensonaten von Wolfgang Amadeus Mozart standen am 9. Juni 1959 in der Düsseldorfer Maxkirche auf dem Programm. Hierzu wurden die Besetzungen zweier Streichquartettformationen vereint, die drei Jahre zuvor beim WDR auch bereits gemeinsam das Mendelssohn-Oktett produziert hatten: das Schäffer-Quartett mit seinen Geigern Kurt Schäffer und Franzjosef Maier sowie dem Cellisten Kurt Herzbruch und das Kruschek-Quartett mit Hans Kruschek und Josef Schnock sowie Rudolf Mandalka. Hinzu kamen noch die beiden Geiger Günter Vollmer und Werner Neuhaus, die Bratschisten hingegen wurden für Mozarts Sonaten nicht gebraucht. Außerdem spielten der Gürzenich-Kontrabassist Paul Breuer und der Maxkirchen-Organist Clemens Ingenhoven. Maier, Vollmer, Neuhaus, Mandalka und Breuer zählten dann auch später zur Stammbesetzung des Collegium musicum.

Franzjosef Maier war Schüler von Schäffer an der Kölner Hochschule gewesen. Er berichtet, dass schon Eduard Gröninger Anfang der 50er Jahre versuchte, das Schäffer-Quartett zum Grundstock der geplanten Cappella Coloniensis zu machen. Schäffer und Gröninger hatten gemeinsam die Schulbank gedrückt, Schäffers in den Gröninger-Korrespondenzakten des WDR erhaltene Briefe zeichnen sich durch das Privileg der Anrede »Lieber Edi« aus. 1951 nahm Gröninger ein geistliches Konzert von Erlebach mit Philipp Göpelt als Baritonsolist sowie Kurt Schäffer, Franzjosef Maier, Kurt Herzbruch und Joseph Neyses am Cembalo auf.25 Bei einem Schütz-Fest im November 1952 in Herford, das offenbar als Vorbereitung für das offi zielle sechste Schütz-Fest der Neuen Schütz-Gesellschaft im folgenden Jahr diente, hatte Gröninger Schäffer und Maier zusammen mit Johannes Koch und Arno Schönstedt als Instrumentalensemble für geistliche Konzerte von Bruhns, Buxtehude und Tunder engagiert.26

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Von Kurt Schäffer

eigenhändig

gezeichnete

Zusagekarte Eduard Gröninger

(links) mit

Johannes Koch

(2. v.r.) und Arno

Schönstedt (ganz

rechts)

WDR zurück. Das war kleiner besetzt als die Cappella Coloniensis, die Geiger und Bratscher gehörten in diesem Fall jedoch sämtlich zur Stammbesetzung der Cappella Coloniensis: Ulrich Grehling (Concertino, Violine I), Dieter Vorholz (Concertino, Violine II), Klaus Storck (Concertino, Violoncello), Rodolfo Felicani (Violine I), Ilse Brix-Meinert (Violine I), Susanne Lautenbacher (Violine II), Doris Spemann (Violine II), Ulrich Koch (Viola), Ruth Danz (Viola), Reinhold-Johannes Buhl (Violoncello), Johannes Koch (Violone), Rudolf Ewerhart (Orgel). Als Aufnahmeort war die Schlosskirche in Schleiden gewählt worden, Rudolf Ewerhart spielte auf der historischen Orgel von Ludwig König aus dem Jahr 1770. Produziert wurden zwei Concerti grossi von Arcangelo Corelli sowie Kirchensonaten Mozarts und die von Rudolf Ewerhart entdeckte und edierte Kantate Lauft ihr Hirten allzugleich von Michael Haydn. Beide Schallplatten er-schienen 1961 mit der Ensemblebezeichnung ›Collegium musicum des WDR‹.31 Unter den im übrigen komplett erhaltenen Verpfl ichtungsscheinen für das Collegium musicum des WDR32 ist diese Schleidener Produktion nicht nachweis-bar; Mozarts Kirchensonaten hatte das Ensemble – in gänzlich anderer Besetzung – ja auch gerade im Vorjahr produziert. Bis heute sind aus dieser Produktion des Collegium musicum des WDR weder die Mozart-Sonaten noch Corellis Concerto op. 6/3 im WDR-Schallarchiv vorhanden, die Haydn-Kantate und Corellis Concerto op. 6/1 wurden von Alfred Krings nach den Schallplattenveröffent-lichungen der Harmonia mundi umgeschnitten.

Als Eigel Kruttge, der stellvertretende Hauptabteilungsleiter und da-malige »Chefdirigent«33 der Cappella Coloniensis, von Krings’ eigenmächtiger ›Coproduktion‹ erfuhr, stand Krings’ WDR-Anstellung auf dem Spiel.34 Doch Krings konnte sich halten, wurde 1968 als Volksmusik-Redakteur fest angestellt und 1975 sogar selbst Hauptabteilungsleiter. Daneben aber war er weiterhin für die Harmonia mundi tätig, wo er als Kommanditist sogar Teilhaber war.35 Und wenn auch die Benutzung des Ensemblenamens ›Collegium musicum des WDR‹ verwehrt blieb, so konnte doch niemand die Verpfl ichtung derselben Musiker unter ande-rem Namen verbieten. Bevor es zum Skandal kam, waren 1960 und 1961 bereits weitere Aufnahmen mit mittelalterlicher und Renaissancemusik durchge-führt wurden, zum größten Teil Werke, die Krings bereits vorher

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Anspruch hat, eingeladen zu werden, als Herr Pataki. Über das bereits Gesagte hinaus, wird mir noch ein künstlerischer Einwand erhoben. Man fi ndet weder Frau Szabados, noch Herrn Pataki so überragend, dass etwa aus diesem Grunde eine ständige Berücksichtigung gerechtfertigt wäre ... Mir selbst tut es sehr leid, lieber Kurt, dass ich Deine Quartettgenossen, abgesehen von Herrn Racz, nicht zum Stamm der Cappella zählen kann ... Ich müsste bei der Zusammensetzung der Mitglieder diktatorisch verfahren, und das ist ohne schwerste Schäden nicht möglich.«28 Schäffers Quartett-Cellist Zoltán Rácz jedoch fand auf diesem Wege Aufnahme in die Cappella Coloniensis. Er blieb auch nach dem Ausscheiden von Schäffer 1964 und fungierte seit 1970 als Solocellist.

D o p p elgleisige Ar b ei tAuch Eduard Gröninger selbst griff bei einer Produktion mit anschließendem Konzert Anfang Dezember 1962 noch einmal zu der Bezeichnung Collegium musicum für »eine kleine Streicherbesetzung«.29 Als Spiritus rector wirkte wie-derum Rudolf Ewerhart, der von ihm edierte Bestände aus der Münsteraner Santini-Sammlung präsentierte – dem wohl größten Bestand an Handschriften italienischer Musik vor 1800 außerhalb Italiens. Alfred Krings hielt im Umfeld des Konzerts einen Vortrag; die Produktion wurde jedoch von Eduard Gröninger betreut, da es sich um weltliches Repertoire handelte.

Kurz zuvor war es im WDR zu einen Skandal um Alfred Krings und das Collegium musicum gekommen. Parallel zu seiner WDR-Tätigkeit wirkte Krings seit 1960 als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Produzent der von Rudolf Ruby gegründeten Schallplattengesellschaft Harmonia mundi. Am 13. Mai 1960 hatte sich Ruby nach vorherigen Gesprächen mit Krings und Gröninger an den Leiter der Hauptabteilung Musik des WDR, Karl O. Koch, gewandt, um sein Label vorzu-stellen und um Aufnahmen mit der Cappella Coloniensis zu werben: »Als wissen-schaftlichen Beirat und Programmleiter konnten wir für die im Herbst beginnen-de deutsche Produktion Herrn Dr. Krings gewinnen ... Für Aufnahmen im Jahre 1961 hätten wir gerne die Cappella Coloniensis des Westdeutschen Rundfunks gewonnen, ein Orchester, das durch seine hervorragende Musikalität und seine historische Aufführungspraxis bekannt ist. Für uns wäre es wünschenswert, wenn wir uns bei zwei oder drei Terminen, die die Cappella Coloniensis im kommenden Jahr in Bielefeld macht, mit jeweils zweitägigen Produktionen anschließen könn-ten. Als Dirigenten würden wir u. a. Herrn Marcel Couraud vorschlagen ... Damit die Aufnahmen künstlerisch und akustisch den Wünschen Ihres Hauses entspre-chen, würden wir Sie bitten, Herrn Dr. Eduard Gröninger unsere Aufnahmen leiten zu lassen.«30

Eine Antwort Kochs blieb aus. Da die angestrebte Kooperation mit der Cappella Coloniensis somit scheiterte, griff Krings im September 1960 ohne of-fi zielle Genehmigung auf sein ›eigenes‹ Ensemble, das Collegium musicum des

60

Konzertmeister

Ulrich Grehling,

ca. 1965

� II,2

dekorative Element, so sehr man rein musikalisch mit Verzierungen bei der ›alten‹ Musik zu tun hat, sondern an den Goldgrund als Farbunterlage im Vergleich zu dem helleren, eher silbern wirkenden Einheitsglanz des moderne-ren Orchesters.«37

Rundfunkaufnahmen erfolg-ten bis 1966 in Mono, die Harmonia mundi hingegen produzierte von Anfang an in Stereo. Deshalb waren verschiedene Produktionen notwendig. Das im Brief von Ruby an Karl O. Koch vorgeschlagene Modell, WDR-Produktion und Schallplattenproduktion direkt aneinander anzuschließen, wurde mit dem neuen Collegium-musicum/Collegium-aureum-Modell zeitlich entzerrt. Bei der Repertoireplanung gab es jedoch oft Überschneidungen. Werke, die in Kirchheim für Harmonia mundi produziert wurden, entstanden im Abstand weniger Monate häufi g auch an nordrhein-westfälischen Produktionsorten für den WDR. Dort nannte sich das Ensemble ›Collegium aureum‹, hier spielten dieselben Musiker unter der Bezeichnung ›Collegium musicum des WDR‹. Auch die Cappella Coloniensis profi tierte zuweilen von dieser Praxis, so als sie am 23. April 1967 mit Elly Ameling Bachs Kantate Non sà che sia dolore BWV 209 aufnahm, die die meisten der beteiligten Orchestermusiker als ›Collegium aureum‹ mit derselben Solistin bereits im Juni 1966 für Harmonia mundi aufgenommen hatten.

Per so n en u n d In st r u m en t eNicht zuletzt aufgrund der im WDR entstandenen Konfl ikte bemühte sich Krings jedoch um eine stärkere besetzungsmäßige Differenzierung von Collegium musicum/Collegium aureum und Cappella Coloniensis. Als Konzertmeister des Collegium aureum fungierte bald nicht mehr – wie noch bei der Schleidener Produktion 1960 – der Konzertmeister der Cappella Coloniensis, Ulrich Grehling, sondern Franzjosef Maier, der 1965 zum Professor

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– in übereinstimmender Besetzung – mit dem Collegium musicum des WDR produziert hatte: z. B. die wegweisenden Aufnahmen der drei- und vierstimmigen Organa aus der Notre Dame-Schule mit dem Deller Consort als Vokalsolisten. 1962 wurde mit dem Deller Consort nochmals die Madrigalkomödie L’Amfi parnaso von Orazio Vecchi aufgenommen, die Krings für den WDR bereits 1958 hatte produzieren lassen. Diese Aufnahme fand erstmals im Cedernsaal des Fuggerschlosses zu Kirchheim in Bayerisch-Schwaben statt, und hier entstand die von Mutter Notwendigkeit geborene Idee, aus dem Collegium musicum des WDR für die Schallplattenveröffentlichungen der Harmonia mundi nun das Collegium aureum zu machen. Markenzeichen der Collegium-aureum-Reihe waren die gol-denen Plattentaschen samt goldenen Etiketten auf den Langspielplatten selbst. Für die Publikation der Renaissance-Aufnahmen wurde nun die Formulierung »Mitglieder des Collegium aureum« gewählt, die Collegium-aureum-Reihe be-gann mit einer Einspielung von Streicherkonzerten Francesco Durantes.36 Eine aus dem Jahr 1969, wohl von Alfred Krings stammende Ensemblebiographie verschweigt die wahren Hintergründe der Namensgebung: »... als Harmonia mundi mit dem Collegium aureum seine Gedanken eines gerechten Klangbildes für Musik der Vergangenheit – also nicht nur der ganz ›alten‹ Meister, sondern bis in das 19. Jahrhundert hinein – immer deutlicher verwirklichen konnte, fand sich der Name der musizierenden ›Kollegen‹ wie von selbst – im Zeichen des goldenen Schnittes jenes aus der Renaissance stammenden Cedernsaales im Schloß Kirchheim: das goldene Collegium. Man dachte dabei nicht an das

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Schloss Kirchheim,

Cedernsaal

Max Engel,

Maultrommel-

Solist im Konzert

des Collegium

aureum, Kultur-

zentrum Herne,

Dezember 1983

Deller Consort

Chortonstimmung der alten Orgeln entsprechend verlangte diese meist eher ei-nen höheren als den tieferen Stimmton von a’=415 Hz. Die Verpfl ichtungsscheine für die Mitglieder des Collegium musicum spezifi zierten somit: »Stimmung a’’= 880, Darmsaiten, alter Bogen.«39 Die in der Cappella Coloniensis mitwir-kenden Musiker hatten den Vorteil zurückgebauter ›Originalinstrumente‹, Franzjosef Maier hingegen spielte bis 1965 auf seiner modernen, lediglich mit Darmsaiten bezogenen Vuillaume-Geige, bekam dann schließlich von einer Schwägerin des Harmonia-mundi-Geschäftsführers Rudolf Ruby ein 1725 erbau-tes Originalinstrument von Michele Deconetti als Dauerleihgabe. »Das haben wir bei dem Collegium musicum schon sehr früh angefangen – die kurzen Bögen ge-nommen und Darmsaiten aufgespannt auf die Geigen, die wir hatten. Wir haben die nicht zurückbauen40 lassen. Das hat aber die Cappella schon sehr früh begon-nen. Die hatten ja auch Geld. Die haben schöne Instrumente gekauft und hatten da bald ein Mordsinstrumentarium. Die wurden von der Cappella gespielt, aber der [Wolfgang] Neininger kam immer mit seinem Cappella-Instrument natürlich zu uns auch... Die konnte man denen ja nicht abnehmen. Die waren ja hoch ver-sichert vom WDR.«41

Kn ab en ch ö r eAm 8. Juli 1960 fand erstmals eine Collegium-musicum-Produktion mit dem Windsbacher Knabenchor statt, der Beginn einer über 25 Jahre währenden Zusammenarbeit. Das Repertoire entstammte hier mit Kompositionen von

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an der Kölner Musikhochschule ernannt wurde. Im Collegium musicum des WDR wechselten noch bis 1967 Grehling und Maier in der Konzertmeisterposition. Die bis 1965 noch immer regelmäßigen Renaissance-Produktionen des Collegium fanden jedoch grundsätzlich ohne Grehling statt, hier spielte Franzjosef Maier ›Fidel‹.

Mitte der 60er Jahre hatten das Collegium musicum des WDR und die Cappella Coloniensis jeweils eigenständige Stammbesetzungen entwickelt, wobei die Schnittmenge – abgesehen von den Bläsersolisten – auf die Geiger Wolfgang Neininger, Ruth Nielen, Doris Wolff-Malm und Adelheid Schäfer sowie die ›akademische‹ Bratschengruppe mit Prof. Ulrich Koch, Prof. Franz Beyer und Dr. Günter Lemmen beschränkt war. Charakteristisch für die Streichergruppe des Collegium musicum waren hingegen die Geiger Franzjosef Maier (der bis 1954 mit Gröninger produziert hatte), Werner Neuhaus (der 1954–59 Mitglied der Cappella Coloniensis gewesen war), Günter Vollmer, Gerhard Peters und Jan Reichow sowie die Cellisten Rudolf Mandalka, Horst Beckedorf und der Kontrabassist Paul Breuer. Ein hörbarer Unterschied zwischen den beiden rundfunkeigenen Ensembles war die Stimmtonhöhe: Die Cappella Coloniensis folgte von Anfang an den Theorien eines um einen halben Ton tieferen Stimmtons in der Barockzeit (Eduard Gröninger berechnete diesen auf »ca. 415,3 Hertz«38), das Collegium musicum musizierte auf a’= 440 Hz. Das hatte teils pragmatische Gründe, hing jedoch auch mit dem anfänglichen Schwerpunkt auf Renaissance-Repertoire und der Konzentration auf geistliche Musik zusammen: Der generell höheren

64

Bradford

Tracey, Rudolf

Mandalka

Franzjosef Maier

(vorn) bei

Aufnahmen mit

dem Colle gium

aureum und den

Regensburger

Domspatzen in

Salzburg, St. Peter,

September 1982

Knabenchor auftreten lassen zu können: »Die Dinge mit der Wiederbelebung der alten Aufführungspraxis (mit alten Instrumenten, Knabenchor usw.) sind hier in Köln doch nicht so schnell weiter gediehen, wie ich seinerzeit bei unseren ersten Verhandlungen annehmen konnte.«45 Konkretes schriftliches Dokument dieser Bestrebungen der Institutionalisierung eines Knabenchors ist eine Eingabe von Edmund Nick an den Intendanten Hanns Hartmann vom Juni 1956: »Lieber Herr Hartmann, diese Ausführungen gelten dem mit Ihnen wiederholt erörterten Gedanken, daß es möglich sein müsse, in der D.B.R., und zwar am besten in ihrem größten und reichsten Lande, Nordrheinwestfalen, ein Institut zu schaffen, dessen Hauptzweck die Gewinnung eines Auswahlchores von Knaben sein soll ... Mit der Überzeugung, daß die Gründung eines solchen Knabenchores für die stilgerechte Wiedergabe der Werke von Palestrina, Lasso, Vittoria, Gabrieli, Gallus, Haßler, Bach ect.[!] eine kulturelle Tat ersten Ranges wäre, verbinde ich als Rundfunkmusiker auch den Wunsch, endlich einen Klangkörper für den WDR zu gewinnen, der den musikalischen und musikwissenschaftlich begründeten Forderungen nach einem solchen Chor entspricht ... Es wird sicher auch in Nordrheinwestfalen Bauten geben, die den Erfordernissen des Betriebes angepaßt werden könnten und schon durch ihre geschichtliche Bedeutung eine dem musischen Charakter günstige Atmosphäre besitzen (Schloß Brühl?) ... Im Zeitalter von Rundfunk und Schallplatte und der erleichterten Reiseverhältnisse könnte sich der Chor sicher nach einer mehrjährigen Anlaufzeit selbst erhalten ... wenn es gelänge, die kultu-rell maßgebenden Persönlichkeiten von Bund und Staat für den Gedanken eines solchen Sängerknabenchores zu gewinnen und die für die Gründung ... einer eige-nen Anstalt erforderlichen großen Mittel fl üssig zu machen«.46

Wohl auch aufgrund der Ablösung Edmund Nicks durch den in solchen Fragen weit weniger engagierten Hauptabteilungsleiter Karl O. Koch blieben diese Bemühungen letztlich erfolglos, der WDR musste für seine Produktionen auf Knabenchöre aus anderen Bundesländern zurückgreifen. Hier war der Schwestersender NDR dem WDR voraus: in Hamburg wurde auf Initiative von Winfried Zillig 1960 von Horst Sellentin ein Knabenchor aufgebaut, der bis 1967 allein vom NDR getragen wurde, dann zur Entlastung des Rundfunks an St. Nicolai überging, jedoch in vertraglicher Verbindung mit dem NDR blieb.47

Auch nachdem WDR und NDR 1956 selbständig geworden wa-ren, betrieben beide Sender ihr erstes Programm weiterhin gemeinsam. Erst ab 30. Dezember 1973 bot der seit 1964 als tägliches Nachmittag- und Abendprogramm existierende Sender WDR III48 ein ganztägiges Programm an. Bis Ende 1973 verblieben die sonntäglichen Sendungen mit geistlicher Musik auf dem gemeinsamen Sender WDR/NDR I und wurden im wöchentlichen Wechsel aus Hamburg und Köln zusammengestellt. Diese direkte Konkurrenz mag einer der Gründe gewesen sein, mit dem Collegium musicum des WDR ein eigenes Ensemble für Produktionen geistlicher Musik als Markenzeichen zu etablieren.

67

Schelle, Stölzel, Goldberg und Kuhnau dem Umfeld Johann Sebastian Bachs. Im nächsten Jahr wurde dann erstmals eine Bach-Kantate mit dem Windsbacher Knabenchor aufgenommen,42 der frühe Actus tragicus BWV 106. Das hierzu erfor-derliche Solistenensemble wurde namentlich spezifi ziert und – obwohl es sich um Mitglieder von Collegium musicum bzw. Cappella Coloniensis handelte – nicht mit einer Ensemblebezeichnung versehen.

Offenbar von Anfang an waren die Bemühungen um alte Musik im ›Klanggewand ihrer Zeit‹ nicht nur auf Instrumente beschränkt gewesen, sondern hatten auch Bestrebungen zur Etablierung eines Knabenchors mit sich gebracht. Unter dem Namen ›Cappella Sancti Johannis Baptistae Coloniensis‹ (der sicher-lich bei der späteren Namensgebung des rundfunkeigenen Barockorchesters Cappella Coloniensis im Hintergrund gestanden haben dürfte) zog der freie Mitarbeiter Rudolf Ewerhart 1952–54 einen solchen Knabenchor heran. Die als Probenort dienende Kölner Kirche St. Johann Baptist fungierte als Namenspatron des ›Kapellchors‹.43 Doch als dessen erste ›Generation‹ zu mutieren begann, zeigte sich die Notwendigkeit einer Institutionalisierung. Gedacht war offenbar an eine Anbindung an das Dominikanerkloster St. Andreas, unweit vom Kölner Dom gele-gen.44 Ein Brief von Eigel Kruttge an Friedrich Smend im Zusammenhang des ge-planten ersten öffentlichen Auftritts der Cappella Coloniensis zur Präsentation des ersten Bands der Neuen Bach-Ausgabe deutet darauf hin, dass man ursprünglich gehofft hatte, nicht nur das Barockorchester, sondern auch den parallelen Kölner

66

Sendungen mit

der Cappella

S. Johannis

Baptistae

Coloniensis,

»Hörzu«

30.3.1954 und

23.12.1953

eine gemeinsame Produktion von Tölzer Knabenchor und Collegium musicum des WDR 1965, bereits im Vorjahr hatte es erste Aufnahmen von Bach-Kantaten mit dem Tölzer Knabenchor und dem Collegium musicum des WDR gegeben. Auch bei der Aufnahme der Johannes-Passion BWV 245 (1964/65) mit der Cappella Coloniensis war der Tölzer Knabenchor beteiligt, lange bevor 1973 Nikolaus Harnoncourt die Zusammenarbeit mit dem Chor für seine Gesamteinspielung des Bach’schen Kantatenwerks begann.

Pr eise d ein Glü cke. . .Während die Bekanntheit des Collegium musicum des WDR im wesentlichen auf das Sendegebiet beschränkt blieb (eine Tournee ins belgische Liège mit Gustav Leonhardt als Cembalosolist 1968 blieb eine Ausnahme), erreichte das Collegium aureum durch seine Plattenpublikationen weltweites Renommee und wurde bald vom Schallplattenorchester auch zum Tourneeorchester. Den Marktgesetzen fol-gend, wurde der Ensemblename durch die Erweiterung »auf Originalinstrumenten« ergänzt. Als Eduard Gröninger in der Korrekturfahne der Weihnachtswoche 1970 eine Sendung unter dem Titel »Barockmusik auf Originalinstrumenten« mit den Ensembles Collegium aureum und Concentus Musicus angezeigt fand, sah er sich zu einer Eingabe an Hauptabteilungsleiter Karl O. Koch gezwungen: »Da die Kollegen wissen, dass wir seit 16 Jahren ein hauseigenes Ensemble, das auf Originalinstrumenten spielt, besitzen, dessen Sendungen nicht mit diesem Hinweis versehen sind, fi nde ich diese Ankündigung, die doch den Eindruck des Aussergewöhnlichen machen soll, zumindest merkwürdig ...«.50

69

Bis 1966 erscheinen nur sporadisch Kantaten Johann Sebastian Bachs in diesen Programmen geistlicher Musik. Erst 1967 nimmt ihre Häufi gkeit zu, vor allem in den vom WDR bestückten Sendungen; mit der Umstellung zur wöchentlichen Geistlichen Musik auf WDR 3 ab 1974 werden sie zur Institution.

Bach kan t a t enSchon die Cappella Coloniensis hatte sich seit ihrer Gründung dem Vokalwerk Bachs zugewandt: Im Gründungskonzert anlässlich der Publikation des ersten Bandes der Neuen Bach-Ausgabe stand die Kantate BWV 36 Schwingt freudig euch empor auf dem Programm. Als Chor war die Wiener Hofmusikkapelle (= Wiener Sängerknaben) herangezogen worden, auch die solistischen Alt- und Sopranpartien wurden von Knabenstimmen übernommen. Diese Praxis wurde dann seit 1966 von Nikolaus Harnoncourt in seinen Bach-Aufnahmen auf-gegriffen, neuere musikwissenschaftliche Forschungen gehen inzwischen von Falsettisten nicht nur für die Altstimmen, sondern auch für die Sopranstimmen aus.49

Dieselben Ensembles wirkten auch 1956 zusammen, um unter Leitung von Fritz Lehmann die Kantaten Nr. 134 und 194 aufzunehmen – die Geigenbesetzung war hier ausnahmsweise auf acht Violinen reduziert. Die welt-liche Kantate BWV 202 Weichet nur betrübte Schatten hingegen wurde im Juni 1956 mit 12 Violinen aufgenommen. 1958 folgten Aufnahmen der Cappella Coloniensis mit der Kantorei Barmen-Gemarke unter Helmut Kahlhöfer von BWV 39 und BWV 72. Die Kantate BWV 18 wurde bereits 1959 mit einem so-listisch besetzten Sängerensemble aufgenommen. 1960 folgte eine Kooperation mit den Regensburger Domspatzen in den Kantaten BWV 45 und 102 und 1961 schließlich noch eine Produktion der Solokantate BWV 51. Danach wurden nur noch weltliche Kantaten sowie 1964/65 und 1969 die beiden Passionen von der Cappella Coloniensis aufgenommen; ab 1963 übernahm das Collegium musicum WDR-Produktionen geistlicher Bachkantaten.

Bis 1976 entstanden so insgesamt 85 WDR-eigene Aufnahmen Bach’scher Kantaten. Nur vereinzelt wurde dazu auf Chöre des Landes zurückgegriffen, so auf die Westfälische Kantorei Herford, den Madrigalchor der Musikhochschule Köln, den Aachener Domchor und die Kantorei Barmen-Gemarke. In der Regel begab man sich zu Produktionen nach Süddeutschland, um dortige Knabenchöre heranzuziehen, und zwar 25 Mal die Stuttgarter Hymnus-Chorknaben (mit de-nen Krings bereits seit 1955 produzierte), 21 Mal den Windsbacher Knabenchor und fünfmal den Tölzer Knabenchor. Die Beziehung zum Letzteren entstand über Franzjosef Maier. Maier war am Musischen Gymnasium in Frankfurt/Main Schüler von Kurt Thomas gewesen, der auch Lehrer von Gerhard Schmidt-Gaden, dem Gründer und Leiter des Tölzer Knabenchors, war. Kurt Thomas leitete dann

68

Der Windsbacher

Knabenchor unter

der Leitung von

Hans Thamm

im Münster

Heilsbronn, 1964

� I,3

� II,6

Obwohl in diesen Fällen der WDR beteiligt war, wurde der bekann-tere Name ›Collegium aureum‹ dem ursprünglichen ›Collegium musicum des WDR‹ vorgezogen – so auch bei einer Aufnahme der Bach’schen Motetten mit dem Knabenchor Hannover 1980, der seitdem zum bevorzugten Knabenchor für WDR-Produktionen geistlicher Musik wurde. Als Krings am 11. April 1987 starb, reisten die Hannoveraner an, um bei seiner Trauerfeier zu singen.

Die neben den frühen, illegalen Aufnahmen des Collegium musicum des WDR von 1960 einzigen kommerziell erschienenen Aufnahmen unter dieser Ensemblebezeichnung wurden 1994 als Übernahme der letzten WDR-Produktion mit dem Windsbacher Knabenchor aus dem Jahr 1986 durch die Schallplattenfi rma Rondeau veröffentlicht – es handelte sich zugleich auch um die letzte Aufnahme des Collegium musicum des WDR: Im Zusammenhang ei-nes WDR-Konzerts beim Duisburger Bachfest 1986 standen auf dem Programm – traditionsgemäß – zwei Kantaten von Johann Sebastian Bach: Dem Gerechten muß das Licht BWV 195 und Preise dein Glücke, gesegnetes Sachsen BWV 215.

An m er ku n gen

1 Vgl. den entsprechenden Abschnitt im Kapitel von Christoph Prasser, S. 15ff. 2 Memorandum über die Aufstellung eines Kammerorchesters für alte Musik zum 1. 1. 1953, Historisches

Archiv des WDR, Standort 4117. 3 WDR-Schallarchiv I-27473/1-6 (20.10.1956) und I-39302/1-8 und I-39302/1-5 (21.–24.6.1958). 4 Historisches Archiv des WDR, o. Sign., Nr. 21: Alte Musik: CC, Korresp., Im Hause, bis 2004

Redaktionsbestand. 5 Historisches Archiv des WDR, Standort 4117. 6 vgl. S. 53f. 7 Vgl. den durch Robert von Zahn (Eduard Gröninger, Texte zur Alten Musik, Köln 1991, S. 95–99) edierten

Entwurfstext zu dieser Sendung. 8 Historisches Archiv des WDR, Standort 5643, Heinrich K. Strohm, Programmbeobachtung 14.09.1952 bis

03.1954, S. 77. 9 Michael Praetorius, Syntagma musicum. Tomus Tertius, Wolfenbüttel 1619, S. 134 [recte: 114]; vgl. Arnold

Schering, Aufführungspraxis alter Musik, Leipzig 1931, S. 98.10 Eduard Gröninger/Alfred Krings, »ERFAHRUNGEN MIT ALTER MUSIK IM HÖRFUNK dargestellt am

Beispiel des WDR Köln«, in: 50 Jahre Musik im Hörfunk. Beiträge und Berichte, hg. von Kurt Blaukopf,

Siegfried Goslich und Wilfried Scheib, Wien 1973, S. 108f.11 Historisches Archiv des WDR, o. Sign., Nr. 23: Alte Musik: CC, Produktionen und Sendedaten, bis

2004 Redaktionsbestand. Dieselbe Aufstellung übersandte Edmund Nick am 2. Januar 1956 dem

Intendanten Hanns Hartmann »als Beweis für die bisher geleistete Arbeit«, von der er sagen zu dürfen

glaubte, das sie »sowohl die Anerkennung weiter Hörerkreise gefunden, wie auch den Neid der anderen

Rundfunkanstalten und Schallplattenfi rmen erregt hat«. (Historisches Archiv des WDR, Standort 4117).

71

Krings’ Konzept der Suche nach einem »gerechten« Klangbild »nicht nur der ganz ›alten‹ Meister, sondern bis in das 19. Jahrhundert hinein«51 führte frühzeitig zur Ausweitung des Repertoires. Schon 1967 produzierte Krings für die Harmonia mundi Lieder und Klavierstücke von Robert Schumann mit Elly Ameling und Jörg Demus an einem Graf-Hammerfl ügel von 1839. 1969 nahm das Collegium aureum Klavierkonzerte von Mozart und Haydn mit Demus am Hammerfl ügel auf. Mit Eckart Sellheim am Hammerfl ügel entstanden 1986 als Coproduktion zwischen WDR und Harmonia mundi Aufnahmen von Klavierkonzerten von Luigi Boccherini, Johann Schobert und John Field.

Ab Mitte der 60er Jahre traten Collegium musicum und Collegium aure-um auch als Kammermusikformation zusammen. Wurden bei einer Aufnahme des Beethoven-Sextetts mit dem Collegium musicum des WDR 1965 noch Stahlsaiten und ein modernes Ventilhorn benutzt, so spielte das Aureum-Quartett (auch: Quartett Collegium aureum) seit 1971 als erstes Streichquartett konsequent auf Darmsaiten und produzierte so z. B. die Ersteinspielung des Quartetts Der Tod und das Mädchen von Franz Schubert ›auf Originalinstrumenten‹.

Seitdem Krings 1976 Leiter der Hauptabteilung Musik des WDR gewor-den war, kam es zu häufi gen Coproduktionen zwischen dem WDR und deutschen oder internationalen Schallplattenfi rmen. Als Coproduktion mit der Harmonia mundi entstanden 1981/82 Aufnahmen von Mozarts Gran Partita KV 361 und britischen Volksliedern von Haydn und Beethoven mit Mitgliedern des Collegium aureum in kammermusikalischer Besetzung.

70

Bach-Festakt

mit den Wiener

Sängerknaben

im Großen

Sendesaal,

18.9.1954

Korrespondenzakten, Historisches Archiv des WDR, o. Sign., Nr. 22: Alte Musik: Allgem. Korresp., F–K, bis

2004 Redaktionsbestand.31 Harmonia mundi 25140 und 25141. Bei einer späteren Neuveröffentlichung der Corelli-Aufnahme 1967

(HMS 30681) wurde das Ensemble in ›Collegium aureum‹ umgetauft.32 Historisches Archiv des WDR, Kammermusik Verpfl ichtungsvorschläge [1955]–1995 (bis 2004

Redaktionsbestand).33 So August Wenzinger in einem Brief an Eduard Gröninger vom 1. Juli 1961 (Historisches Archiv des WDR,

o. Sign., Nr. 20: Alte Musik: CC, August Wenzinger, Korrespondenz, bis 2004 Redaktionsbestand).34 Die Karteikarte eines Umschnitts von Corellis Concerto grosso op. 6, Nr. 1 (I-102380-67) aus dem

Bestand der Redaktion Alte Musik trägt eine von Klaus L Neumann stammende handschriftliche Notiz:

»Dr. Krings wäre von Dr. Kruttge wegen dieser Aufnahme fast gechasst worden«; Grundlage dafür waren

laut frdl. Auskunft Klaus L Neumanns vom 19. Februar 2004 mündliche Berichte von Alfred Krings selbst

sowie von Eduard Gröninger.35 Brief der Firma Schimmelpfennig – Wirtschaftsauskünfte GmbH vom 18.8.1981 auf Basis des Eintrags

ins Handelsregister Freiburg HRA 2354 im Besitz von Karlheinz Steeb, dem ich für freundliche

Überlassung einer Kopie herzlich danke.36 Harmonia mundi 30.619. Aufgenommen im Januar 1962 in Stuttgart-Botnang, Besetzung Violine:

S. Lauterbacher, F. Maier, E. Melkus, W. Neininger, K. Steeb, G. Vollmer, D. Wolff-Malm; Viola: F. Beyer,

G. Lemmen, G. Schmied, Violoncello: A. May, H. Beckedorf, J. Buhl, Violone: J. Koch; Kontrabass: M. Gräser,

Cembalo: H. Ruf.37 Beilage zur Aufnahme von Johann Sebastian Bach, Brandenburgische Konzerte 1–6/Ouvertüren

1–4.,Collegium aureum, EMI 1C 4LP 197.38 Vgl. z. B. den Brief von Eduard Gröninger an Paul Köberle vom 24. November 1964 (Historisches Archiv

des WDR, o. Sign., Nr. 22: Alte Musik: Allgem. Korresp., F–K, bis 2004 Redaktionsbestand).39 Historisches Archiv des WDR, Kammermusik, Verpfl ichtungsvorschläge [1955]–1995, bis 2004

Redaktionsbestand.40 Zur Frage der Rekonstruktion alter Geigen vgl. die Überlegungen von Eduard Gröninger, »Von der alten

Violine« [aufgenommen am 2.3.1951], in: ders., Texte zur Alten Musik, hg. von Robert von Zahn, Köln

1991, S. 145f., und Walter Kolneder, Das Buch von der Violine, Zürich 1972, S. 205f.41 Franzjosef Maier im Interview mit Thomas Synofzik und Eberhard Unruh am 17. Juni 2003.42 Martin Elste, Meilensteine der Bach-Interpretation 1750–2000, Stuttgart/Kassel 2000, führt in seiner

Aufstellung der »ersten Aufnahmen mit Knabenchor« (S. 50f.) eine Aufnahme des Windsbacher

Knabenchors von 1962 als vermeintlich erste Kantatenaufnahme nach dem Zweiten Weltkrieg.43 Von den damals monatlichen Produktionen im NWDR scheinen nur eine Produktion mit

Weihnachtschorälen von Praetorius u. a. (III-23490-52/1-6) sowie das Proprium Omnium Sanctorum aus

dem Choralis Constantinus von Heinrich Isaac (III-22305-52) erhalten zu sein.44 Pers. Mitteilung von Prof. Dr. Rudolf Ewerhart, 2. April 2004.45 Historisches Archiv des WDR, Standort 2205, Brief vom 31. Mai 1954.46 Historisches Archiv des WDR, Standort 4117, Brief vom 26. Juni 1956. 47 z.r., »Zehn Jahre Knabenchor«, in: Hamburger Abendblatt, 5. Mai 1971 (frdl. Hinweis von Gabriele Hertz-

Eichenrode, NDR Hamburg).

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12 Vgl. Berthold Over, »La Westdeutscher Rundfunk Köln (WDR) e la Musica antica. Un Panorama«, in:

Ciquant’Anni di Produzioni e consumi della musica dell’età di Vivaldi 1947–1997, Florenz 1998, S. 370:

»Dopo una produzione preparatoria di danze, sonate e canzoni di M. Franck, J. C. Horn, S. Scheidt e

J. H. Schein, nel Marzo del 1954 sotto il nome di Collegium musicum, la Cappella Coloniensis – allora

ancora senza nome – fu uffi cialmente creata l’8 maggio 1954 e iniziò la sua attività il 10 maggio

1954«. Es erscheint sinnvoller, das Gründungsdatum der Cappella Coloniensis auf den ersten Auftritt

am 18. September 1954 zu verlegen; erst danach auch wurde das Orchester den Rundfunkhörern in

Sendungen präsentiert (vgl. die Einführung von Edmund Nick auf der beiliegenden CD I, Track 2).13 Arnold Schering, Musikgeschichte Leipzigs. Band II: Von 1650–1723, Leipzig 1926.14 Vgl. Michael Arntz, Hugo Riemann (1849–1919). Leben, Werk und Wirkung, Köln 1999, S. 104.15 Vgl. Martin Elste, Meilensteine der Bach-Interpretation 1750–2000, Stuttgart/Kassel 2000, S. 404.16 Historisches Archiv des WDR, Standort 2224 [Redaktion Kurt Seidler], Korrespondenz mit Künstlern von

Win–Wit 1946 bis 1954.17 Vgl. den Brief von Eduard Gröninger an Edmund Nick vom 29. Juni 1963 (: »wir haben ja monatelang

darüber nachgedacht, wie wir dieses Kind taufen sollten«), Historisches Archiv des WDR, bis 2004

Redaktionsbestand Alte Musik, Korrespondenzakten Eduard Gröninger; vgl. den Aufsatz von Christoph

Prasser, S. 20.18 Eduard Gröninger/Alfred Krings, »ERFAHRUNGEN MIT ALTER MUSIK IM HÖRFUNK ...«, a.a.O., S. 107.19 Deutsche Lieder [1956], Italienische Madrigale [1956], Englische Madrigale [1957], Musik und Wein:

gesellige Lieder [1959], Orlando di Lasso: Voce mea ad Dominum clamavi; Deus meus, in simplicitate cordis

mei; Concupiscit anima mea [1959]20 w[ilhelm] s[chepping], »Seine Liebe galt der Alten Musik. Der gebürtige Neusser Professor Dr. Alfred

Krings verstarb in Köln«, in: Rheinische Post/Neuss Grevenbroich, 15. April 1987.21 Alfred Krings, »Zur Aufführungspraxis von Kirchenmusik des Mittelalters und der Renaissance«, in:

IV. Internationaler Kongreß für Kirchenmusik in Köln. 22.–30. Juni 1961, hg. von Johannes Overath, Köln

1962, S. 129.22 Eduard Gröninger/Alfred Krings, »ERFAHRUNGEN MIT ALTER MUSIK IM HÖRFUNK ...«, a.a.O., S. 110.23 Pers. Mitt., 30.3.2004.24 Brief von Eduard Gröninger an die Deutsche Grammophon-Gesellschaft vom 16.12.1958, Historisches

Archiv des WDR, o. Sign., Nr. 22: Alte Musik: Allgem. Korresp., F–K, bis 2004 Redaktionsbestand.25 WDR Schallarchiv III-12488-51.26 WDR Schallarchiv III-22856-52.27 Franzjosef Maier im Interview mit Thomas Synofzik und Eberhard Unruh am 17. Juni 2003. Vgl. den

ähnlichen Bericht Maiers bei Robert von Zahn, »Geburt zweier Szenen. Neue und Alte Musik in Köln«,

in: Kunst und Kultur in Köln nach 1945 – Musik, Theater, Tanz, Literatur, Museen, hg. vom Historischen

Archiv der Stadt Köln, Köln 1996, S. 77.28 Brief von Eduard Gröninger an Kurt Schäffer vom 11. Juni 1963 (Historisches Archiv des WDR, o. Sign.,

Nr. 15: Alte Musik: Cappella Coloniensis, Scha, Korresp., bis 2004 Redaktionsbestand).29 Brief von Eduard Gröninger an Helmut Winschermann vom 30. August 1962 (Historisches Archiv des

WDR, o. Sign., Nr. 19: Alte Musik: Cappella Coloniensis, W–Z, Korresp., bis 2004 Redaktionsbestand).30 Die Eduard Gröninger übersandte Durchschrift des Schreibens befi ndet sich in den Gröninger-

72

48 Vgl. Fritz Brühl, »Funkhaus Wallraffplatz. Der Hörfunk zwischen Gefährdung und Renaissance«, in: Aus

Köln in die Welt. Beiträge zur Rundfunk-Geschichte, hg. von Walter Först, Köln/Berlin 1974, S. 422.49 Martin Geck, »Bachs Soprane«, in: CONCERTO [20. Jg.] Nr. 180 (2003), S. 13–1850 Brief von Eduard Gröninger an Karl O. Koch vom 20.11.1970 (Historisches Archiv des WDR, o. Sign.,

Nr. 21: Alte Musik: Korresp., Im Hause, bis 2004 Redaktionsbestand).51 Beilage zur Aufnahme von Johann Sebastian Bach, Brandenburgische Konzerte 1–6/Ouvertüren 1–4,

Collegium aureum, EMI 1C 4LP 197.

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Wie alte Musik neu wurde und ferne Musik allmählich näher kam

Ein Rückblick auf 50 Lehrjahre

Jan Reichow

Ich kann mich zwar genau erinnern, wann ich Bach lieben gelernt habe und wann sich Albert Schweitzer dazugesellte (sowohl als Urwaldarzt wie als Bach-Forscher und -Interpret, in meiner Phantasie gar nicht so weit entfernt von Capitaine Nemo und seiner Muschelorgel in der Nautilus), dann aber deren realer Stellvertreter an der Bielefelder Pauluskirche, der tüchtige Kantor und Straube-Schüler Eberhard Eßrich, der mich mit der realen Orgel, mit Kontrapunkt und Bach-Motetten ver-traut machte. Aber ›Alte Musik‹?

Völlig wirkungslos blieb ein Ausfl ug zur Burg Sternberg, wo man Peter Harlan inmitten einer Unmenge historischer Instrumente erleben konn-te, selbstgebaut womöglich, das war interessant, aber mit Mu sik hatte das für meine Begriffe gar nichts zu tun. Ein Schlüsselerlebnis war das Mendelssohn-Violinkonzert in der Oetkerhalle, vielmehr der 21jährige Christian Ferras: ein junger Gott, im Einvernehmen mit einem großen romantischen Orchester und einem großen Publikum, das ihn immer wieder hervorklatschte, bis er, nunmehr mutterseelenallein, mit vornehmer Inbrunst den ersten Satz einer Bach’schen Solosonate als Zugabe spielte – das war es! Noch acht Jahre Geige üben, dann bin ich 21 und stehe vielleicht auch so auf dem Podium…

In meiner Jugend habe ich Musik wohl, ohne es zu wissen, für ein Emanzipationsangebot und einen legitimen Fluchtweg gehalten – mit ihrer Hilfe konnte ich der Familie, der Schule und der Enge der 50er Jahre entrinnen, gleichzeitig aber damit Ehre einlegen. Noch das dumpfeste Ševcík-Üben galt als respektables Surrogat geistiger Arbeit, und mit dem Erwerb einer gewissen Virtuosität hatte man die offi zielle Berechtigung erworben, Gefühle vergangener Epochen auszudrücken. Das Tarnbild der Leidenschaft, die man aufwendete, hatte historischen Charakter, und kein Außenstehender ahnte, was in einem vorging, verkappte sexuelle Assoziationen blieben rein privat. Und schon tauchten Leute auf, die den fl eißigen Jungen in Spielkreise einzubinden suchten, was zu unange-nehmen Erfahrungen führen konnte, er fand sich z. B. in einem Ensemble wieder, das die näselnde Enge einer fabrikneuen Gambe, die zirpende Aura eines Neupert-Spinetts zum Maßstab aller Klänge machte; die Noten zu Ei, du feiner Reiter wur-den ausgebreitet, und im Refrain schlug die Jungkantorin gar ein Päukchen.

Theodor W. Adorno beschreibt schon früh das Phänomen der mu-sikalischen Regression und gibt nicht nur den Interpreten, sondern auch den alten Meistern die Schuld; letztlich macht er es sich zu einfach, indem er aus-schließlich Bach gegen seine Liebhaber verteidigt (1951), aber sein Essay blieb eine

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Das Collegium aureum (von Alfred Krings und der Freiburger Schallplattenfi rma Harmonia mundi 1963 gegründet, de facto vielleicht auch schon 1961) entwickelte sich in lockerer Symbiose mit dem Collegium musicum des WDR, einem frei zusammengestellten Orchester, das für die Produktionen geist-licher Musik zuständig war, also auch für die Bachkantaten am Sonntagmorgen. Das Collegium musicum des WDR wurde in den ersten Jahren noch vom

Cappella-Konzertmeister Ulrich Grehling angeführt. Wenn ich mich recht erinne-re, war er zum letzten Mal in Esslingen dabei, wo die Kreuzstabkantate mit Barry McDaniel aufgenommen wurde (18. April 1966). Helmut Winschermann (!) spielte die Solo-Oboe, natürlich eine moderne, er ließ sich schon lange nicht mehr auf »den alten Knochen« ein, aber er spielte hinreißend (zum »Endlich, endlich« ließ Barry seine Hüfte kreisen). Franzjosef Maier saß neben Grehling, eine fried-liche Zusammenarbeit, obwohl der Kompetenzunterschied offensichtlich war. Es überraschte niemanden, dass Maier wenig später auf Dauer Konzertmeister des Ensembles wurde (»der beste der Welt«, wie Krings sagte), und er hatte fortan entscheidenden Einfl uss auf die Besetzung – ein Glück für uns, seine Schüler, deren Unterricht sich sozusagen in freier Wildbahn fortsetzte. Ein Engagement für das Collegium aureum konnte auf folgende Weise stattfi nden: »Hier Krings, WDR. Wissen Sie eigentlich, dass Sie übermorgen früh in St. Maximin erwartet werden? Das liegt bei Aix-en-Provence! Mit Ihrem Käfer ist das leicht in einem Tag zu schaffen.« (Es war zu schaffen – in 21 Stunden non-stop.)

Übrigens hatte Krings jede Veranlassung, dafür zu sorgen, dass sich das Collegium musicum des WDR und erst recht das Collegium aureum deutlich von der Cappella Coloniensis unterschied, auf die er ja keinen Einfl uss hatte. Er

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Quelle produktiven Ärgers. Für mich gehörte der kritische Philosoph dann in die Aufbruchsstimmung der 60er Jahre – er schien den Schlüssel zur Moderne in Händen zu halten, was mich einerseits zu den Darmstädter Ferienkursen für Neue Musik brachte, andererseits nicht hinderte – im Anschluss an eine Tournee mit Günter Kehrs Kölner Studentenorchester –, die orientalische Perspektive zu bevorzugen: Die Tournee führte von Casablanca bis Kabul, und um ein Haar hätte ich mich auf eine Verpfl ichtung des Goethe-Instituts in Tripolis/Libanon eingelas-sen. »Was??? Sie wollen über Wagners Tristan promovieren? Glauben Sie mir: Es ist spannender, von hier aus in die Syrische Wüste zu fahren und Beduinenmusik zu erforschen!« Damit hatte der Leiter des Goethe-Instituts bei mir den rechten Nerv getroffen, ich wechselte gleich nach der Rückkehr zum Schwerpunkt arabische Musik/indische Musik: Fünf Jahre lang hören und notieren, das führte unweiger-lich zu lebenslanger Liebe. (Von Tripolis war nicht mehr die Rede, nachdem der Mob das Goethe-Institut gestürmt hatte.)

Parallel dazu wuchs das Interesse an der Aufführungspraxis alter Musik. Es hatte mit Franzjosef Maier in Köln eingesetzt: In ihm sah ich die rechte Balance zwischen Intellekt und Emotion, er wusste zu Vivaldi und Veracini ebensoviel zu sagen wie zu Debussy, Glasunow oder etwa Rudolf Petzold, dessen schwierige Solosonate er zur Uraufführung brachte. Und er befand sich selbst noch auf dem Weg, staunte ansteckend über die Ornamentierungskunst Carl Philipp Emanuel Bachs und begann, mit seinen Schülern – angefeuert von Dr. Alfred Krings, der ihn als Dozent zu den Kölner Kursen Alter Musik (1964) berief – die Spielweise des 17. Jahrhunderts zu erschließen. Er studierte (mit der Geige in der Hand) die Anweisungen Georg Muffats im Florilegium secundum und setzte sie mit uns um

– z. B. die geigerische Zumutung, vom Taktende zum nächsten Taktanfang zwei Abstriche hintereinander zu machen, wodurch sich die romantische Tugend, das Taktende quasi crescendierend zum nächsten Takt hinüberzuspannen, in Nichts aufl öste. Mit alten Bögen und Darmsaiten wurde es widersinnig, vom ›großen melodischen Bogen‹ zu reden, zumindest angesichts altfranzösischer Tänze. Dank der tänzerisch taktieren-den Bogen-Disziplin klang Terpsichore, die Sammlung französischer Tänze von Michael Praetorius (1612), plötzlich hinreißend und elegant, dank ›inegalen‹ Spiels der Achtel oder Sechzehntel sogar ein wenig jazzig.

76

Franzjosef Maier

Alfred Krings und

Mitglieder von

Sequentia in der

Kölner Kirche

Groß St. Martin,

Mai 1982

ihm zu tun hatte; zu vorgerückter Stunde konnte man erleben, wie der kenntnis-reiche alte Mann – unter Berufung auf seine Mutter – ein rührendes Bekenntnis zur Schönheit im Speziellen und Allgemeinen ablegte. Diesen Geist fi ndet man auch in vielen seiner Bearbeitungen Lothringischer Volkslieder, die Krings – wie-derum hellsichtig – herausbrachte: kunstvoll und liebevoll gestaltete Produkte, die in zahllosen Sendungen des WDR ihr Publikum fanden und heute zwischen allen Programmstühlen der Wiederentdeckung harren.

In Südfrankreich stieß der junge Karl-Heinz Steeb zu uns, der spätere Solo-Bratscher des WDR Sinfonieorchesters, er hatte eben seinen Mercedes in Straßburg zu Schrott gefahren, übte wie ein Besessener Hindemith für einen Wettbewerb und ließ noch nicht ahnen, dass er eines Tages in fast allen Alte-Musik-Ensembles schier unverzichtbar sein würde. Wir spielten Les Indes galantes von Rameau, so französisch es nur ging, und wir hörten zum erstenmal das Deller-Consort, mit dem wir Tirsi e Clori für Harmonia mundi (Deutschland und France?) auf-nahmen, im Konzert – ein über-wältigendes Erlebnis: Da saßen sie am Tisch unter Platanen, eine altmodische Runde im Schein einer kleinen Stehlampe, und sangen Monteverdi-Madrigale – solche Emotionen hatte bis-her noch niemand aus diesen Partituren herausgelesen!

Die Entstaubung der Alten Musik war überhaupt eine Tat denkender Interpreten, keine Tat der Historiker, zu de-nen Krings zwar von Haus aus ebenfalls zählte, er war jedoch durch seine Rundfunkarbeit auf die sinnlich erfahrbare Praxis eingeschworen, arbeitete seit Jahren als Programmgestalter, Ideenproduzent und Tonmeister für Horst Hempel, der die Abteilung Kammermusik leitete und auch für die Bach-Kantaten am Sonntagmorgen zuständig war. (Krings wurde erst 1968

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brauchte für Harmonia mundi ein tüchtiges Schallplattenorchester, das für seine Innovationen offen war, und er brauchte einen Künstler wie Franzjosef Maier, der sie auf ein praktikables Maß brachte. Trotzdem gab es auch in Franzjosef Maiers Collegium weiterhin kleine Cappella-Coloniensis-Clübchen, die zuweilen einen Erfahrungsvorsprung auszuspielen suchten und das Klima trübten. Diese Querelen waren bei meinem Einstieg (1965 bei den Händel-Orgelkonzerten mit Rudolf Ewerhart im westfälischen Körbecke) durchaus noch wahrnehmbar, z. B. in Gestalt eines prominenten Bratschers, der mit Blick auf seine neben mir geigen-de Freundin die Ideen des Konzertmeisters ironisch kommentierte. Beide habe ich damals zum letzten Mal gesehen.

Anderen gelang der loyale Spagat: Wolfgang Neininger, der hüben und drüben die zweiten Geigen anführte; der Gambist Johannes Koch, der bratschen-de Augenarzt Günter Lemmen, zuweilen auch noch der Altvater der Alten Musik Fritz Neumeyer (in der Collegiums-Aufnahme von Pergolesis La serva padrona kann man ihn als Vespone teufl isch lachen hören). Seine spontanen Schüttelverse kursierten allenthalben; aus einer Probe des Collegiums in der renovierten und weiß bestuhlten Lutherkirche in Saarbrücken, der Heimat Günter Lemmens, stammen die folgenden: »Unter all den Luther-Memmen – sieht man auch die Mutter Lemmen!« und »Hier auf diesen weißen Stühlen – sollen unsere Steiße wühlen?« Seine weinerlich-pastorale Stimme wird niemand vergessen, der mit

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Fritz Neumeyer

Oboengruppe der

Cappella Colo-

niensis (Helmut

Winschermann,

Horst Schneider,

Alfred Sous,

Helmut Hucke,

Fritjof Fest), 1956

Schlager-Repertoires an einen Tisch zu setzen.) Kein Wunder, dass er sofort begann, das Wort Volksmusik (bis dahin im we-sentlichen auf Volksliedkantaten, Chor- und Laienmusik be-schränkt) im weitesten Sinne zu verstehen – und zugleich auf die große Kunstmusik anderer Kulturen (»Musik der Völker«) zu beziehen; dort bedurfte es allerdings keiner aufführungs-praktischen Besinnung, dort ging es um Kenntnisnahme und Dokumentation des Vorhan-denen. Am 3. Januar 1969 schrieb er einen Brief program-matischen Charakters an seinen Programmdirektor Dr. Fritz Brühl: »Über alle politischen Zwiste hinweg rücken die Völker durch die technischen Mittler näher zusammen, es verstärkt sich das Interesse für benachbar-te und fremde Kulturen. Unserer Abteilung fallen hier bedeutende Aufgaben zu…«, und nun gelte es, schrieb er, wie immer nach den Sternen greifend, »Aufnahmen zu machen, die alles in den Schatten stellen, was es derzeit beim Rundfunk und auf Schallplatte gibt.« Schon im August desselben Jahres begannen die WDR-Expeditionen, zunächst nach Indonesien, 1970 und 1971 nach Nord- und Südindien, 1974 nach Afghanistan, eine letzte Bestandsaufnahme vor dem Desaster, das bis heute anhält, und die Tondokumente belegen, dass Krings seine qualitativen Erwartungen nicht zu hoch geschraubt hatte. Für ihn stand alles in einem großen Zusammenhang, der ja letztlich in seiner eigenen Person gegeben war; erstaunlich war nur, dass er auch seine Vorgesetzten für solche Ideen begeis-tern konnte. Seiner historischen Orientierung war es sicher zu verdanken, dass alle guten Knabenchöre Deutschlands der 70er und 80er Jahre im WDR-Archiv doku-mentiert sind, von den Aachener Domsingknaben zum Knabenchor Hannover, von den Stuttgarter Hymnuschorknaben zum Windsbacher Knabenchor und den Augsburger Domsingknaben. Ich vergesse nie, wie Krings mir eine mei-

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fest angestellt, als Leiter der Abteilung Volksmusik; eine Abteilung Alte Musik gab es noch nicht!) Diese Verbindung von Wissenschaft und Praxis war damals – ungeachtet der universitären Musizierkreise – seltener, als man meinen möchte. Gerade ein musizierender Laie lässt sich ungern seine einmal gefestigte Spielweise in Frage stellen, und das gilt auch für den tüchtigen Musikwissenschaftler, der einen Ausgleich in der Praxis sucht. Ein professioneller Instrumentalist dagegen wird lebenslang mit spieltechnischen Herausforderungen konfrontiert, so dass ihn dieser Aspekt nicht unbedingt schreckt, sobald er einmal auf die diesbezüglichen Quellen gestoßen ist und ihre Erschließung für musikalisch bedeutsam hält. In der Kölner Universität erinnere ich mich an einen jungen Wissenschaftler, der allerdings den Funken überspringen ließ, wenn er mit Akribie und lebendiger Belesenheit die Musik der Renaissance behandelte: Dietrich Kämper. Er ließ selbst die Entschlüsselung von Lautentabulaturen zu einem Abenteuer werden. Kein Wunder, dass er auch der einzige (angehende) Professor war, der in Vorlesungen ›gefühlsechte‹ LPs aufl egte – zum Beispiel mit Madrigalen des Deller-Consorts. Ein anderer, mein Doktorvater Marius Schneider, der die Abteilung Vergleichende Musikwissenschaft leitete, ließ uns mit bloßem Ohr algerische Nouba-Gesänge analysieren, durch Zählen und Notieren so unmittelbar wie möglich erfassen. In faszinierender Beredsamkeit gab er einen Begriff von der musikalischen Weite der Welt, von gewagten motivischen Zusammenhängen, sprang vom frühen Organum in den Kaukasus und sah Europa innerhalb eines Gürtels der Mehrstimmigkeit, der rund um den Globus geht. Er war es auch, der mich zu einem Symposium nach Beirut lockte. Bei Krings hatte er des öfteren erfolgreiche Sendungen pro-duziert, und sein Name wirkte dort wie ein Katalysator: Ich bekam am Tag vor Heiligabend 1968 ein WDR-Aufnahmegerät für die Libanonreise geliehen und hatte, gewissermaßen als Gegenleistung, eine Sendung über arabische Musik zu

liefern, die erste für den WDR (Am Fuße des Libanon, 7. Juli 1969).

Krings kannte kei-ne Grenzen zwischen Alter Musik und Neuer Musik, Jazz, Folk, Volksmusik und Außereuropäischer Kunstmusik. (Später schoss er auch übers Ziel hinaus, wenn er alte Volkslieder im Pop-Arrangement zu ak-tualisieren suchte oder allen Ernstes versuchte, Lyriker und Komponisten zur Kreation eines alternativen deutschen

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Witziges

Telegramm von

Fritz Neumeyer an

Eduard Gröninger

Alfred Deller

an einer Grenze der Leistungsfähigkeit (wie manche ›authentischen‹ Instrumente auch – hätte Bach nicht aus den diffi zilen Solo-Sonaten angenehme Duos machen können?), während die vollkommene Sängerin alle diesseitigen (musikalischen) Wünsche erfüllt – was beglückend genug sein kann, aber keine darüber hinaus-treibende Tätigkeit der Phantasie provoziert.

Einige der Bach-Kantaten, die heute noch am Sonntagmorgen in WDR 3 zu hören sind, existieren in zwei Fassungen, die eine wurde mit Knabensolisten des Tölzer Knabenchores für Harmonia mundi aufgenommen, die andere mit er-wachsenen Sängerinnen – der Leiter der Kammermusikabteilung im WDR, Horst Hempel, bevorzugte deren »reifere Vortragsweise« –, hervorzuheben ist aber, dass die wunderbare Elly Ameling eine Entdeckung von Alfred Krings war, der auch, als die Stimme der holländischen Sängerin in eine Krise kam, unbeirrt auf ihr Comeback setzte. Das hinderte ihn wiederum nicht, einen Kontratenor wie Paul Esswood zu favorisieren, an dessen Stimmgebung sich wahrhaftig die Geister schie-den: ein schnelles, fast zitterndes Vibrato und eine gewisse Schärfe, verbunden mit Koloraturfähigkeit und Intonationsgenauigkeit. Ich hatte es leicht, wenn ich an die Stimmtypen der Pekingoper dachte, aber damit hätte ich mir nicht einmal den Sänger selbst zum Freund machen können. Andererseits könnte man sagen, dass sich die heutigen Kontratenöre oder Altos so sehr vibratofreien Frauenstimmen angeglichen haben, dass man sie fast ohne Verluste wieder austauschen könnte. Aber auch im Instrumentalklang kehrte sinnliche Schönheit ja erst auf Umwegen zurück, vielleicht war dies der einzige Weg, das fett romantische Ideal abzustreifen: der Violino piccolo im Ersten Brandenburgischen hatte ja keinesfalls die befrei-ende Wirkung eines Originals, in das Lamento des rätselhaften Adagios brachte diese Diskantgeige einen kastratenhaft-perversen Reiz, während das Akkordspiel im notwendigen ›Jagd-Tempo‹ des darauf folgenden Satzes unweigerlich ruppig wirkte. Die Töne von Fagott und Englischhorn schienen allzeit in ihrer Stabilität ›bedroht‹, und so begeisternd die Oboen-Soli von Helmut Hucke auch wirkten, es wurde auch gemunkelt, er habe eine Klappe zuviel am Instrument. Andererseits wollte niemand mehr den Hinweis auf die alten Instrumente als Entschuldigung für Misslungenes gelten lassen; es galt als schlechthin unmöglich, dass eine ganze Epoche derart vollkommene Musik für ein defi zitäres Instrumentarium geschaf-fen haben sollte. Was für Mühen hat es gekostet, den geräuschhaften Ansatz der Naturhörner und Trompeten auf den verlässlich schönen Punkt zu bringen und auch die gestopften Töne in kantable Linien einzupassen! (Die Problemzeit war vorbei mit Musikern wie Walter Lexutt und Robert Bodenröder.) Was für ein Aufwand, wirklich die rechten Instrumente zu beschaffen oder rekonstruieren zu lassen! Zum Beispiel die Stadler-Klarinette, die zum ersten Mal erlauben sollte, das Mozart-Konzert in der Originalfassung zu spielen: Das erste von Rudolf Tutz entwickelte Instrument verfügte zwar über den richtigen Umfang, war aber ent-weder in der Tiefe sauber und in der Höhe unsauber oder umgekehrt, nie oben

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ner Lieblingsaufnahmen, die Psalmen Davids von Schütz mit den Regensburgern, ma-dig machte: »Die leiern doch! ›Ach Herr, strafe mich nicht in deinem Zorn‹. Solche Worte muss man erregt deklamie-ren!!« Nur in Ausnahmefällen, vielleicht auf Horst Hempels Betreiben, wurden gute gemisch-te Chöre wie der Madrigalchor der Musikhochschule Köln oder die Kantorei Barmen-Gemarke verpfl ichtet. Dem Tölzer Knabenchor und seinem Leiter Gerhard Schmidt-Gaden griff Krings in einer besonders schwierigen Zeit unter die Arme. Jedes Jahr fanden Produktionen in der Lenggrieser Pfarrkirche oder in Benediktbeuern statt, und der Chor, der vor überbor-dender Vitalität manchmal weni-ger homogen wirkte als etwa der Windsbacher, nahm eine atembe-raubende Entwicklung, die sich in Aufführungen wie denen der Kantate BWV 110 »Unser Mund

sei voll Lachens«1 oder der zwei Magnifi cats von Bach (Vater und Sohn), unver-gesslich manifestierte. Schmidt-Gaden war nicht nur ein ›Leuteschinder‹, sondern auch ein unentwegt Lernender, der sich – später auch durch die Zusammenarbeit mit Harnoncourt angespornt – in alle Höhen und Tiefen der Aufführungspraxis stürzte, selbst Härten in Kauf nahm, Überbetonungen in einfachen Chorälen, als gelte es, die Abstrichregel allenthalben durchzusetzen. Sein physiologisches Wissen und seine wachsende Erfahrung in der Stimmbildung brachten die Knabensolisten in immer jüngeren Jahren zu stupenden Leistungen, in manchen Fällen gelangen die schönsten Aufnahmen wenige Monate vor dem Stimmbruch. (Bachs ›origi-nale‹ Knabensolisten waren ja, so hieß es, dank später einsetzender Pubertät vier bis fünf Jahre älter.) Einwände lagen auf der Hand – ungewollte Verniedlichung, mangelnde Reife –, ließen sich aber auch zugunsten einer entsubjektivierten und zugleich vermenschlichten Darstellung aufl ösen. Der singende Knabe ist spürbar

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Der Tölzer

Knabenchor mit

dem Collegium

aureum (vorn die

Cellisten Rudolf

Mandalka und

Horst Beckedorf),

Pfarrkirche

Lenggries/Ober-

bayern, 1976

� II,6

Tag und Nacht, niemand hatte also bis dahin an eine solche Freiheit des Vortrags gedacht, aber es war kein Zweifel möglich: Dies war ein richtiger Weg, die starre Notation der Alten Musik in Geist und Leben zu verwandeln.

Es war aber ein Irrtum zu erwarten, dass diese Haltung gewissermaßen ins Collegium integrierbar sein könnte. Die ›Chemie‹ stimmte nicht, zudem hatte Sigiswald damals, wie er selbst sagte, von Orchesterdisziplin noch wenig Ahnung, und im Gegensatz zu Franzjosef Maier, der auf eine im klassischen Sinn kantable und auch virtuose Handhabung der Geige nicht verzichtet hätte, wirkte Sigiswalds Spiel eher salopp, im Gebrauch der leeren Saiten leicht provozierend. Es ist wohl ein Wunder von Krings’ Gnaden, dass eine schöne Schallplatte entstand, in der bei-de Geiger gemeinsam Bach spielen. Bald darauf gründete Kuijken – von Harmonia mundi unterstützt – La Petite Bande, ich war neugierig auf diese alternative Entwicklung und habe seit der ersten Aufnahme (Lully, Le Bourgeois Gentilhomme unter Gustav Leonhardt, 1972) für einige Jahre auch in diesem Ensemble mitge-wirkt. Der vibratofreie, entspannte Klang des Ensembles, der das Spottwort von den »Schlappseilartisten« aufbrachte, hat mich fasziniert, ebenso die lebendig-klein-gliedrige Behandlung des Barockbogens, die den Gesamtklang sehr durchsichtig machte, da alle kürzeren Töne nach dem Einschwingen abfallen, während die langen mit dem (oft bespöttelten) ›Bauch‹ versehen sind. Gerade diese Eigenarten, die man auch als Mechanisierung, Schematisierung, Entsubjektivierung gedeutet hat, da sie den Ausdruckswillen des Einzelnen zu beschränken schienen, versahen eine polyphone Struktur mit elegant springenden Akzenten, die mich parado-xerweise an das Prinzip der ineinander verzahnten westafrikanischen Rhythmen

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und unten gleichzeitig. Die erste Aufnahme entstand, als das Problem noch nicht ganz gelöst war: Die herrlichen tiefen Stellen mussten hineingeschnitten werden. Natürlich war niemand mit diesem Manöver glücklich. Das Unikum einer zweiten Aufnahme des Klarinettenkonzertes bei Harmonia mundi hatte seine Ursache in der unglaublichen Vervollkommnung dieses Instrumentes, das Bassettklarinette genannt wurde, und in der phänomenalen Aneignung durch Hans Deinzer.

Es war fast die Regel: Die Produktion eines Werkes, das in einer aufre-gend neuen Klanggestalt an die Öffentlichkeit sollte, erfolgte wegen fi nanziell en-ger Bedingungen immer unter Zeitdruck, d. h. es wurde mit allzu wenigen Proben auf Band gebracht und im Rahmen des abschließenden Festivals im Fuggerschloss Kirchheim zum ersten Mal als Ganzes gespielt. Ein halbes Jahr später ging das Collegium mit demselben Werk auf Tournee, und im Verlauf der Reise gewann die Interpretation derart an Überzeugungskraft, auch an Frische und Unmittelbarkeit, dass man die inzwischen veröffentlichte Aufnahme kaum noch kritiklos hören mochte. Anderen mag es ähnlich gegangen sein, und wir hörten natürlich auch die Konkurrenz, den Concentus Musicus Wien, bewunderten Harnoncourts eloquente Texte und fanden in der musikalischen Darstellung doch auch vieles demonstrativ überzeichnet, was vielleicht in Konzerten ganz anders heraus-kam. Franzjosef Maier war durch gesunden Menschenverstand und geigerische Überlegenheit vor manchen Übertreibungen und Sackgassen geschützt, im Herzen vielleicht immer an einem durch Haydn, Mozart und Beethoven vorgegebenen Maß orientiert, auch wenn er Muffat gut studiert hatte und der erste war, der eine ausgezeichnete Gesamtaufnahme aller Rosenkranz-Sonaten von Biber vorlegte. Um es einmal gesagt zu haben: Bestimmte Interpretationen des Collegiums wie die des 4. Klavierkonzertes von Beethoven mit Paul Badura-Skoda oder der Sinfonia concertante von Mozart mit Franzjosef Maier und Heinz-Otto Graf gehören zum eisernen Bestand der neueren Musikgeschichte. Aufbewahren für alle Zeit!

Erwähnenswert sind die fruchtbaren Spannungen, die damals mit den belgischen und holländischen Musikern auftauchten. Krings hatte sie für Deutschland entdeckt, stellte sie heraus und drang auf eine Auseinandersetzung, sie sollten letztlich auch im Ensemble Fuß fassen. Als Gustav Leonhardt in Kirchheim Continuo oder Solo spielte und mitdiskutierte, sah man die Cellistin Angelika May bald zum letzten Mal im Collegium; auch bei anderen erregte er Unwillen, wenn er etwa in Carl Philipp Emanuel Bachs Orgelkonzert von den Streichern verlangte, drei unter einem Bogen stehende Viertel dynamisch abfallen zu lassen, während zugleich die ›starre‹ Orgel unter seinen eigenen Händen den Gegenbeweis zu liefern schien. Das Alarius-Ensemble mit Sigiswald und Wieland Kuijken spielte Rosenmüller- und Biber-Sonaten hinreißend exzentrisch, rhetorisch deutlich und im Tempo so fl exibel, als sei alles improvisiert. Es war ein absolut neuer Stil, und ich habe diese Aufnahmen damals mit solchen des WDR-Archivs verglichen (die konnten nur von Cappella-Mitgliedern stammen) – es war ein Unterschied wie

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Das Collegium

aureum im Cedern-

saal des Schlosses

Kirchheim, Ende

der 1970er Jahre

mit Jan Reichow,

Werner Ehrhardt,

Franzjosef Maier,

Horst Beckedorf,

Heinz-Otto Graf,

Rudolf Mandalka,

Rudolf Schlegel,

Konrad Hünteler,

Christian Schnei-

der, Helmut Hucke,

Klaus Botzky und

Sabine Meyer

Bei der Produktion der Missa Salisburgensis (1973 in der Salzburger Kollegienkirche) tauchte zum ersten Mal ein junger Geiger im Collegium aureum auf, der sehr schnell sprach und stets wissenschaftliche Werke zur Barockmusik bei sich trug, die er in Aufnahmepausen verschlang, falls er nicht gerade seinem Unmut verbal Luft machte. Obwohl Maier-Schüler, war er nämlich eigentlich mit nichts einverstanden. Konsequenterweise gründete er etwa zu dieser Zeit ein eigenes Ensemble, das – nach etwas mühsamen Anfängen – immer mehr von sich reden machte. Charakteristisch war, dass es alle paar Jahre personell radikal runderneuert wurde: Reinhard Goebel mit Musica Antiqua Köln – in vielem kompromissloser als die belgisch-holländische Schule, auch im Blick auf die Außenwirkung: ›Verkrustungen aufl ösen‹ war fast wichtiger als ›Authentizität‹, daher auch manche scheinbar überspitzten Tempi; und darauf bezog sich Krings

vielleicht, wenn er anfangs, in einer Art Umkehrschluss, behauptete: »Goebel kann keine langsamen Sätze spielen.« Vielleicht hätte ihn auch Goebels ornamentierte Version der Air in der 3. Orchestersuite von Bach nicht vom Gegenteil überzeugt – ich fand es außerordentlich inspirierend, ab 1983 in dem auf Orchesterformation vergrößerten Ensemble bei Tourneen und in einigen Aufnahmen mitzuspielen, z. B. in den Kanons der ersten CD Kunst der Fuge oder in Telemanns Hamburger Ebb’ und Flut: Was hier an Präzision, Reinheit und Temperament herauskam, er-innerte mich an Qualitäten der indischen Musik, die solche Tugenden allerdings noch mit dem großen improvisatorischen Gestus verbindet. Erstaunlicherweise ging Goebel aber auch nicht mit einem fertigen interpretatorischen Konzept an die Arbeit, die besten Ideen schälten sich erst in der Praxis heraus.

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denken ließ. Sigiswald hatte auch keine Sperre gegen-über fremder und – Neuer Musik: Gemeinsam mit seinen Brüdern hob er Auftragskompositionen aus der Taufe. Nach unserer ers-ten Begegnung in Kirchheim vermittelte er ein Treffen mit dem blinden marokka-nischen Lautenisten Hassan Erraji in Brüssel, der 20 Jahre später plötzlich für eine gewisse Zeit Star der Weltmusikszene war und auch beim WDR in unserer Matinee der Liedersänger auftrat.

Ich habe für einige Jahre eine Hofmans-Geige von 1665 aus dem Brüsseler Instrumentenmuseum spie-len dürfen, wo Sigiswald freien Zugang hatte; bei ihm konnte ich mir auch auf ei-

nen Schlag wichtige Quellen zum alten Violinspiel kopieren: die Anweisungen von Geminiani, Monteclair, Corrette u.a. Ich kaufte mir den Wälzer von David Boyden über die Geschichte des Violinspiels, auch Roger North’s On Music, weil Lucy van Dael es studierte. Nach den Proben gab es in Sigiswalds Haus schon mal abendli-che Treffen, die einerseits anregend waren, andererseits auch etwas frühchristlich Verschworenes hatten: Er las uns z. B. den ganzen Großinquisitor von Dostojewsky vor, natürlich auf Flämisch, oder initiierte eine andächtige Schallplatten-Audition der ganzen 4. Sinfonie von Brahms. Letztlich habe ich mich nicht wirklich wohlge-fühlt in der Petite Bande; vor allem hatte ich Schwierigkeiten mit der für alle Geiger verbindlichen Haltung des Instrumentes: ohne Kinnhalter und – zumindest bei Lully, Rameau, Muffat – ohne Kinnkontakt mit dem Geigenkorpus. Das war nicht mit der ›modernen‹ Geigentechnik kompatibel, die ich nicht aufgeben wollte, und bedeutete für mich eine enorme technische Einschränkung, insbesondere beim Übergang in höhere Lagen. Dass Cellisten den Stachel verschmähten, schien mir ein viel kleineres Handicap, und im Collegium aureum sah man das alles ohnehin weniger streng: Darmsaiten und Barockbogen, nur das war verbindlich.

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Jean-Philippe

Rameaus

Tragédie lyrique

»Zoroastre«

(1756) mit La

Petite Bande und

dem Collegium

Vocale Gent,

Ltg. Sigiswald

Kuijken, in der

Begijnhofkerk

in Lier/Belgien,

Februar1983

Gustav Leonhardt,

1962

� II,7

April 1981 mit dem WDR, dem Ensemble Sequentia und dem Nouba-Ensemble Fez die Erinnerung an jene goldene Zeit christlich-maurisch-jüdischer Begegnung aufl eben ließ, die König Alfons der Weise in seinen Cantigas de Santa Maria dokumentiert hat. Eine gemeinsame Nachtmusik im Funkhaus Köln folgte am 18. April 1981, wenige Tage nach der vielstündigen Festaufführung in einem Privatpalast in Casablanca: »Mauren und Christen in Andalusien«.

Andere Ausblicke taten sich 1983 bei den Tagen alter Musik in Herne auf, als Klaus L Neumann das Thema Flöte nicht mit einem Angebot historischer Travers- und Blockfl ötenmusik erschöpfte, son-dern auch irische, iranische und indische Flötenvirtuosen einbezog. Das Ensemble Concerto Köln, 1985 gegründet, ver-wirklichte in den 90er Jahren, als sich das Collegium aureum allmählich aufl öste, auch dessen Träume, gipfelnd in fabelhaften Opernproduktionen, wie Così fan tutte – wobei der WDR wiederum beteiligt war. Und die Leitung hatte derselbe René Jacobs, der als Sänger bereits Anfang der 70er Jahre mit Alfred Krings zusam-mengearbeitet hat, z. B. in der Lully-Oper Le Bourgeois gentilhomme, dem ersten großen Projekt für La Petite Bande.

2003 begab sich auch Concerto Köln auf Orientkurs, in Zusammenarbeit mit dem wendigen Ensemble Sarband. Werner Ehrhardt, Gründer und Konzertmeister, war immer ein vielseitig interessierter Beobachter; in unserer gemeinsamen Zeit bei Musica Antiqua haben wir ebenso ausführliche Gespräche über Fragen der Ornamentierung geführt wie über die Gelbbauchunken, die er in seinem Garten züchtete. Er wurde auch als begeisterter Besucher grenzüber-schreitender Konzerte gesichtet wie dem West-Östlichen Violinfestival des WDR und der Romanischen Nacht in der Kirche St. Maria im Kapitol. Für mich ist es jedenfalls kein Zufall, dass sein Bruder Martin, der ebenfalls bei Concerto Köln Geige spielt, zugleich Gründer und Mitspieler eines ausgezeichneten javanischen Gamelan ist, eines Orchesters mit indonesischen ›Original-Instrumenten‹, Sitz in Leverkusen.

Jahr für Jahr öffneten sich solche Perspektiven: in die Tiefe der Geschichte, in die Weite der gegenwärtigen Welt. Köln war – nicht zuletzt dank WDR – über Jahrzehnte Brennpunkt und Quelle der Inspiration, mehr als Hamburg, Frankfurt, München oder Wien, vielleicht vergleichbar mit London, wo die BBC eine entscheidende Rolle spielte. Die Ensembles der Alten Musik waren

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Kein Wunder, dass Musica Antiqua Köln sich am 21. Januar 1989 beim dritten Geigenfestival des WDR nahtlos in ein Spektrum einfügte, das von Schottland über Polen und Ungarn bis Südindien reichte und neben Bibers böh-misch-barocker Musik auch Isang Yuns west-östliche Kontraste bot – für mich ein Versuch, alle meine musikalischen Interessen in ein em Tableau zusammenzufas-sen. 1984 hatte ich dergleichen in schriftlicher Form angestrebt, drei thematisch zusammenhängende Artikel in dem eben gegründeten Magazin für Alte Musik CONCERTO.3 Überschrift: »Ich mus meine Spielart gantz anders ändern« (der entgeisterte Ausruf eines Organisten, der einst Bach persönlich spielen gehört hatte). Untertitel: »Entfernte Musikkulturen, Aufführungspraxis und Zellen an-geschauter Wirklichkeit«.

Krings hatte schon 1974 versucht, einem der großen indischen Künstler beim Festival Alter Musik im Fuggerschloss Kirchheim ein Forum zu bieten, aber diese Matinee mit Imrat Khan blieb letztlich aus technischen Gründen un-befriedigend, weil nicht berücksichtigt wurde, dass ein indischer Künstler sein ›Originalinstrument‹ keineswegs ohne Beschallungsanlage spielen will, auch nicht im Zedernsaal, der für seine ideale Akustik berühmt ist – gerade dort nicht: In in-discher Musik geht es weniger um einen günstigen Raumanteil als um die deutliche Präsenz jedes Tones. Aber eine wunderbare Fotoserie entstand, eine entsprechend schöne Konzertaufnahme aus der Münchner Musikhochschule wurde veröffent-licht, andere Produktionen mit südindischer und iranischer Musik folgten. Sie fan-den leider im klassischen Sortiment von Harmonia mundi nicht die angemessene Beachtung: Die Szenen der Alten Musik Europas und der orientalischen Musik wa-ren damals noch zu weit voneinander entfernt. Erst in den 90er Jahren gab es junge Leute, die z. B. das Studium der barocken Traversfl öte sinnvoll ergänzten durch Kurse bei Meistern der indischen Bansuri-Flöte. Andererseits war es kein Zufall, dass die ersten WDR-Aufnahmen mit dem Ensemble Sequentia, dem Ensemble für mittelalterliche Musik, am 7. Dezember 1979 von der Abteilung Volksmusik durchgeführt wurden, die Krings inhaltlich ja bereits auf ›Weltempfang‹ eingestellt hatte, als ich sie 1976 übernahm. Sogar der Nachbau einer spanisch-maurischen Laute konnte in Auftrag gegeben werden. Im erweiterten Kreis des Ensembles wirkte der aus Südafrika stammende Komponist Kevin Volans mit, der wiederum unsern Blick für Afrika schärfte. Ein Zulu-Festival mit dem Chor Ladysmith Black Mambazo und dem ›schwarzweißen‹ Duo Juluka (erstmalig außerhalb des afri-kanischen Kontinentes) war die Folge. Und noch etwas: die Komposition Mbira von Kevin Volans, transkribiert nach einem traditionellen Stück der Shona in Zimbabwe, wurde am 20. April 1984 produziert – mit Robert Hill (!) und Kevin Volans an zwei altitalienischen, afrikanisch gestimmten Cembali (veröffentlicht 1991 auf der CD »Zimbabwe« in der World-Network-Serie bei Zweitausendeins).

Der Gedankenaustausch mit Sequentia hatte uns zwischenzeitlich so-gar gemeinsam nach Marokko geführt, wo das Goethe-Institut Casablanca im

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Imrat Khan im

Fuggerschloss

Kirchheim, 1974

im Gespräch mit Komponisten Neuer Musik, die Komponisten wiederum luden indische und afrikanische Musiker in ihre Studios ein, organisierten Weltmusik-Kongresse, begaben sich nach Kalkutta, in die Oase Siwa oder ins Schwarzen-Ghetto von Chicago (Johannes G. Fritsch, Klarenz Barlow, Walter Zimmermann), und ähnliche Wechselwirkungen wurden in neuesten Produktionen refl ektiert und diskutiert (Kagel, Stockhausen). Begegnung mit Indien, Begegnung mit Japan – das waren typische Veranstaltungsthemen der Neuen Musik, allerdings ohne jeden Crossover-Krampf. Solche Begegnungen waren möglich, weil alle Genres genügend Gelegenheit hatten, ihren immanenten Anspruch zu entfalten, und sie hatten redaktionellen Rückhalt im WDR: Von 1973 bis 2003 gab es kein Jahr ohne drei bis vier große Präsentationen indischer, arabischer, iranischer, afrika-nischer, japanischer Ensembles in WDR-Konzerten, bisweilen sogar eingegliedert in ein populäres Weltmusikfestival, das immerhin 25 Mal vom Fernsehen, oft als Eurovisionssendung, übertragen wurde. Der WDR spiegelte nicht nur, er bewegte etwas und stand im Zentrum musikhistorischer und weltmusikalischer Aktivitäten.

Inzwischen scheint vieles draußen und drinnen in Aufl ösung begrif-fen, die neuen Zeichen einer sich wandelnden Welt werden anders gelesen, möglicherweise fehlerhaft; denn es gibt in Politik und Gesellschaft zunehmend Entscheidungsträger, die schon die alten Zeichen nicht mehr lesen gelernt haben und mit den neuen entsprechend schnell fertig sind. Was nicht ins Bild passt, wird locker in den Elfenbeinturm gesteckt. Man braucht den Platz für den Tanz um die wirklich goldenen Event-Kälber.

Nichts gegen die Alte Musik, könnte jemand sagen, sie wird schon nicht untergehen. Die Hits des in 50 Jahren angesammelten Repertoires werden doch für weitere Jahrzehnte reichen!? (Der kluge Mensch ist auch mit Homer, Marcel Proust und einer Handvoll Hörbücher lebenslang gut versorgt, nicht wahr, wir können sogar das Radio aufl ösen.) Aber Weltmusik wird bleiben – zumal wenn sie tanzbar ist; sie befremdet nur minimal und gehört bereits zum Sound ganz hip-per Parties. Klar, WDR 3 bietet keinen Partyservice, und das Wort Kultur gilt hier nicht – wie anderswo – als quotensenkend. Aber soll man deshalb auf gesundes Wachstum da draußen verzichten? Kultur für alle bzw. alles ist Kultur! Alles ist im Fluss an Rhein und Ruhr, unser Ministerpräsident sieht die Ruhr-Triennale bereits in der ›Champions League‹ der Kultur. Und Hand aufs Herz: Wer wollte da nicht endlich mitspielen?

An m er ku n gen

1 Vgl. CD II, Track 6.

2 CONCERTO, 2. Jg. (1984), Nr. 5, S. 15–17; Nr. 6, S. 19–23; Nr. 7, S. 18–23.

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St agn at io n u n d Er n eu er u n g

Die Cappella Coloniensis 1976–1998

Thomas Synofzik

Als Klaus L Neumann am 1. Juli 1976 seine Redakteurstätigkeit als Nachfolger von Eduard Gröninger begann, fand am traditionellen Aufnahmeort in der Bielefelder Oetkerhalle gerade eine Produktion der Cappella Coloniensis statt. Aufnahmeleiter auf Redaktionsseite war noch Eduard Gröninger, am Pult stand Ferdinand Leitner. Produziert wurden Ouvertüren von Johann Christian Bach und Wolfgang Amadeus Mozart, Konzerte von Antonio Vivaldi und Carl Philipp Emanuel Bach sowie die Sinfonie Hob. I:75 von Joseph Haydn. Gerade dieses Werk erwies sich für Klaus L Neumann als Schlüsselerlebnis: »Das ist mir völlig unvergesslich geblieben, denn es hat eigentlich mein ganzes Weltbild verändert. Als erstes wurde die Haydn-Sinfonie Nr. 75 gespielt und aufgenommen, und ich kannte Haydn bisher nur so als ›Papa Haydn‹,1 der eher etwas langweilige Musik schrieb, und nun glaubte ich meinen Ohren nicht zu trauen, was für wunderbare Musik da gemacht wurde.«2

Dieses Initialerlebnis sollte fruchtbare Folgen haben: Insgesamt 46 Sinfonien von Joseph Haydn produzierte die Cappella Coloniensis in den folgenden 22 Jahren von Neumanns Tätigkeit unter verschiedenen Dirigenten. Zusammen mit den in Gröningers 22jähriger Produzententätigkeit entstande-nen Aufnahmen liegen so ca. 70 Haydn-Sinfonien, also mehr als zwei Drittel des Gesamtbestandes, in Aufnahmen mit der Cappella Coloniensis vor. Doch war es nicht nur der Repertoirewert, der Klaus L Neumann zu dieser Akzentsetzung veranlasste. Nicht minder wichtig waren Überlegungen, wie das einst nach dem Vorbild der Dresdner Hofkapelle um 1750 gebildete Orchester seine spezifi schen Qualitäten am besten umsetzen könnte.

1976 spielten noch viele Musiker der ›ersten Stunde‹: Die Geiger Ulrich Grehling, Wolfgang Neininger, Doris Wolff-Malm, Elfriede Kontarsky, Otto Schärnack und Dieter Vorholz, Ulrich Koch an der Bratsche, im Cello Hannelore Mueller und Wolfgang Eggers, Otto Steinkopf auf dem Fagott, am Cembalo Fritz Neumeyer. Grehling, Neumeyer und Koch, später auch der Cellist Wilfried Tachezi, der Oboist Helmut Hucke, der Flötist Günther Höller, der Pauker Wenzel Pricha und die Geiger Adelheid Schäfer und Dieter Vorholz bekleideten Professorenpositionen an deutschen und österreichischen Musikhochschulen. Gründungsmitglied Ulrich Grehling hatte 1975 nach einem Schlaganfall den Platz als Konzertmeister an seinen Pultnachbarn Dieter Vorholz abgegeben. Dieses ›Vermächtnis‹ blieb der Cappella Coloniensis auch nach dem Tode Grehlings 1977 erhalten. Insbesondere in der Streichergruppe musizierten

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� I,8

die Orchester wirkte, war die Verwendung von Stahlsaiten für die beiden höchs-ten Violinsaiten a’ und e’’ eine Neuerung des frühen 20. Jahrhunderts. Sie brachte einerseits eine bessere Stimmhaltung, andererseits eine neue Klangästhetik mit sich. Selbst ein Geiger wie Franzjosef Maier – bis 1954 in den Vorläuferformationen der Cappella Coloniensis, später als Konzertmeister von deren Schwesterensembles Collegium aureum/Collegium musicum des WDR tätig – zeigte sich überrascht von der Tatsache, dass die Umstellung von Darm- auf Stahlsaiten erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts erfolgt war: »Ich habe das in Spanien erfahren: Noch Joseph Joachim hat zeitlebens auf Darmsaiten gespielt. Und er hat das Brahms’sche Violinkonzert uraufgeführt. Fritz Kreisler hat als erster die Stahlsaite übernommen. Und der Spanier, den ich da kannte – ein sehr feiner Herr, der als junger Mann wohl einmal Geiger werden wollte – der erzähl-te, sein Professore, Antonio Fernandez Bordas, hätte auch immer auf Darmsaiten

einige der Musiker regelmäßig auch auf modernem Instrumentarium in anderen Ensembles, z. B. dem Mainzer Kammerorchester unter Günter Kehr, der selbst langjähriges Cappella-Mitglied gewesen war, oder in Rundfunk-Sinfonie-Orchestern des NDR, SWF und BR.

Eine Spezialisierung nur auf historisches Instrumentarium war in den 50er und 60er Jahren für einen Geiger praktisch unmöglich gewesen, da die Cappella Coloniensis lange Zeit ein Unikum war. Inzwischen aber hatte sich gerade in Köln eine eigen-ständige Alte-Musik-Szene entwickelt: angefangen von Schwesterensembles wie dem Collegium aure-um bis hin zu Ensembles der zweiten Generation wie der Musica Antiqua Köln von Reinhard Goebel, der als Jugendlicher in seiner Heimatstadt Siegen von den im Rundfunk zu hörenden Aufnahmen der Cappella Coloniensis geprägt worden war.3

Charakteristisch für diese Entwicklung sind Bemerkungen zum ver-wendeten Instrumentarium auf den Honorarverpfl ichtungsscheinen für die Streichergruppe der Cappella Coloniensis. Bei der ersten in den WDR-Akten durch Verpfl ichtungsscheine dokumentierten Cappella-Produktion im Juni 1955 beschränkte man sich auf die Formel: »Außerdem gibt er [der Künstler] die Zustimmung, bei den Aufnahmen ein altmensuriertes Streichinstrument mit Darmsaiten zu benutzen«.4 Schon bei der folgenden Produktion wurde auch das zu verwendende Bogenmaterial spezifi ziert und eine Konsequenz aus der Tatsache, dass Darmsaiten aufgrund ihrer geringeren Belastbarkeit beim Spiel häufi ger reißen als Stahlsaiten, gezogen: Nun verlangte man »die Zusicherung, ein altmensuriertes Streichinstrument mit Darmsaiten und einen Barockbogen zu benutzen, sowie Ersatzsaiten erster Qualität in ausreichender Anzahl bei sich zu führen«.5 Während Ensembles wie das Collegium aureum oft nur die höchste Violinsaite mit Darm bezogen, wurde seit 1986 auf den Verpfl ichtungsscheinen der Cappella Coloniensis auch noch eine Präzisierung des zu verwendenden Saitenmaterials vorgenommen: »Wir möchten bei dieser Gelegenheit die Streicher noch einmal daran erinnern, dass auf den Instrumenten Darmsaiten aufgezogen werden sollen, und zwar bei den Geigen nicht umsponnene d, a und e, bei den Bratschen und Celli d und a; auch die Kontrabässe sollten grundsätzlich mit Darmsaiten versehen sein. Die jetzt nicht genannten Saiten können umsponnen sein, sollten aber grundsätzlich aus Darm bestehen.«6 Während die Umspinnung tieferer Saiten mit dünnem Silberdraht bereits zu Ende des 17. Jahrhunderts in Italien aufkam und praktisch als Vorbedingung für den Einzug des Violoncello in

9392

Cappella-

Coloniensis-

Tonmeister

Otto Nielen und

Eduard Gröninger,

1977

Geigengruppe

der Cappella

Coloniensis

mit Dieter

Vorholz (oben),

Ruth Nielen

und Wolfgang

Neininger,

Oetkerhalle,

Bielefeld, 1976

Verpflichtungs -

scheine für

Cappella

Coloniensis-

Mitglieder

gespielt. Und damals wär’ dann der Fritz Kreisler gekommen und hätte auf Stahlsaiten gespielt und hätte ihm gesagt – zu dem Professore: ›Du, ich habe jetzt hier Stahlsaiten. Ich brauch’ nicht mehr nachzustimmen. Das ist herrlich. Das gan-ze Konzert über hält die E-Saite.‹ Der Professore hörte sich das Solo seines Freundes Kreisler an – und entschied spontan nach diesem ›Hörgenuss‹, seinen Violinschülern fortan die Nutzung einer Stahl-E-Saite strikt zu verbieten! Man sieht, dass seit der Einführung der Stahl-E-Saite Meinungsunterschiede über Darm oder Stahl bestanden!«7

Bildete mit den Sinfonien Haydns das Repertoire der Wiener Klassik einen Schwerpunkt in der Arbeit der Cappella Coloniensis, so er-

folgte gleich in den ersten Jahren der Tätigkeit Neumanns auch der Durchbruch ins 19. Jahrhundert: Die Cappella Coloniensis nahm von Gioacchino Rossini die Opern Tancredi, La Cenerentola und L’Italiana in Algeri auf. Die Initiative war von Italien ausgegangen, allerdings war eigentlich an eine Kooperation mit dem Kölner Rundfunksinfonieorchester gedacht gewesen. Doch da dieses auf Jahre hinaus ausgebucht war, kam Hauptabteilungsleiter Alfred Krings auf die Idee, das Projekt der Cappella Coloniensis auf ihren ›Originalinstrumenten‹ zu übertragen. Rückblickend kommentiert Klaus L Neumann: »Ich hatte mal gesagt, die spielen Alte Musik, als sei es Rossini, und von daher passte das ganz gut«.8 Für die Aufnahmen studierte Neumann Dokumente zur Aufführungspraxis bei Rossini. Als Grundlage für das Aufführungsmaterial wurden von der Fondazione Rossini di Pesaro kritische Editionen hergestellt, während die bis dahin vorlie-genden Einspielungen meist von korrupten Aufführungsversionen des späten 19. oder frühen 20. Jahrhunderts ausgingen. Tancredi wurde in der erst ein Jahr zuvor entdeckten Version Ferrara eingespielt. Durch die Zusammenarbeit mit Salvatore Caruselli und der Firma Italia (Fonit Cetra) konnten die Partien mit Gesangsstars der Mailänder Scala besetzt werden. Am Pult stand der damals noch junge Dirigent Gabriele Ferro.

Die 80er Jahre stellten die Cappella-Arbeit vor manche Zerreißprobe. Vor allem innerhalb des Ensembles, aber auch zwischen Ensemble und Redakteur gab es tiefgreifende stilistische Auffassungsunterschiede. Zudem zwangen Etatkürzungen zu einer Neuverteilung der Produktionsmittel und beschäfti-gungsrechtliche Überlegungen zu einer rigiden Produktionseinschränkung. Als Integrationsfi gur erwies sich in dieser Zeit Gründungsmitglied Hans-Martin Linde. Aufgrund seiner vielseitigen Qualifi kationen – neben seiner Tätigkeit als Flötist

war er als Sänger hervorgetreten,9 leitete nicht nur sein eigenes Kammerensemble, das Linde-Consort, sondern hatte auch vielfach als Chor- und Orchesterleiter gewirkt und unterrichtete eine Dirigierklasse an der Schola Cantorum Basiliensis – lud ihn Klaus L Neumann 1983 als Dirigent einer Produktion ein. Orchester und Redakteur wählten ihn daraufhin »zu einer Art Hauptdirigent«.10

Erst jetzt konnten perso-nell längst fällige stilistische Neu-orientierungen erfolgen. 1985/86 wirkte als Konzertmeisterin mehrfach Ingrid Seifert, die bereits seit 1978 durch Produktionen der Ensembles Musica Antiqua Köln, L’École d’Orphée und London Baroque mit Klaus L Neumann verbunden war. Auf Drängen ihres Mannes Charles Medlam gab sie jedoch schon bald ihren Ensemblepfl ichten bei London Baroque den Vorzug. Auf ihre Empfehlung hin kam 1987 Hiro Kurosaki ins Ensemble. Der 1959 geborene Japaner mit seinem charak-teristischen Wiener Akzent fungiert seitdem als Konzertmeister der Cappella Coloniensis und hat zahlreiche junge Spezialisten für das Ensemble ange-lockt. Als Anfang der 90er Jahre die

9594

Gabriele Ferro

bei Vivaldi-

Aufnahmen

der Cappella

Coloniensis,

Oetkerhalle

Bielefeld,

März 1978

Hiro Kurosaki,

Konzertmeister

der Cappella

Coloniensis,

Oktober 1999

Klaus L Neumann

und Hans-Martin

Linde, Studio

Stolberger Straße,

1997

Klaus L Neumann um Findung eines ›neuen‹ Cappella-Stils, dem jedoch »ein neuer ›alter‹ Geist«14 innewohnen soll-te. Lindes Bestreben ging nach »einem erneuerten Bewusstsein für Qualität, für eine sinnvolle Aufführungspraxis, für ein Ernst-Nehmen der Quellen«.15

Die Früchte dieser Arbeit wa-ren beispielsweise bei einem von der Cappella Coloniensis unter Leitung von Hans-Martin Linde gestalteten Eröffnungskonzert der Tage alter Musik in Herne 1993 zu erleben. Die Neue Musik-Zeitung konstatierte in ihrem Bericht: »Hans-Martin Linde stand mit ›seiner‹ Cappella ... als Garant für hohes Niveau.«16 Auf dem Programm stand u. a. eine von Richard Lorber für Hiro Kurosaki und die Cappella Coloniensis erstellte Aufführungsversion des D-dur-Violinkonzerts von Johann Georg Pisendel. Schon 35 Jahre zuvor hatte die Cappella Coloniensis mit ihrem da-maligen Kapellmeister Ulrich Grehling das Es-dur-Konzert Pisendels aufge-nommen. Das Auffi nden »von Werken abseits vom Mainstream-Repertoire«17 war seit jeher charakteristisch für die Repertoiregestaltung der Cappella Coloniensis. Vornehmlich Dresdner Repertoire stand auch auf dem Programm zweier von Linde geleiteter Konzerte, die die Cappella Coloniensis in Zusammenhang der Initiative Prä sentation von Kunst und Kultur aus Nord rhein-Westfalen am 9. und 10. November 1989 in Leipzig gab. Dieses grenzüberschreitende Ereignis fi el zusammen mit der überraschenden Ankündigung des DDR-Staatsrates am 9. November, die Grenzen seien geöffnet.

Zu Lindes besonderen Stärken zählte die Orchestermusik Georg Philipp Telemanns, der auch Neumann mehr Präsenz im Repertoire einräumen wollte. Insgesamt spartierte die Abteilung für die Cappella Coloniensis mehr als zwei Dutzend großbesetzte Orchesterouverturen Telemanns und nahm sie auf. Dies hatte wesentlichen Anteil daran, dass die Cappella Coloniensis im März 1996 den Magdeburger Georg-Philipp-Telemann-Preis für hervorragende Verdienste um Interpretation, Pfl ege und Erforschung von Leben und Werk Telemanns erhielt.

Neben Linde traten namhafte Gastdirigenten ans Pult, so John Eliot Gardiner, William Christie, Ulf Björlin, Nicholas Kraemer und Joshua Rifkin. An die Stelle des normalen Orchesterrepertoires traten oft große Opern- und

97

Neubesetzung der Barockgeigenprofessur an der Kölner Musikhochschule anstand, setzte die Berufungskommission Kurosaki auf den ersten Platz. Doch als sich das Verfahren durch die deut-sche Bürokratie dahinschleppte, zog dieser seine Bewerbung schließlich zurück.

1983 stand Linde bei einer Produktion mit Werken von Georg Friedrich Händel in Corvey erstmals am Pult ›seines‹ Orchesters,11 zehn Jahre später erhielt er für seine Verdienste um die Pfl ege des Händel’ schen Werks den Deutschen Händel-Preis. Rückblickend erinnert sich Linde an die zu leistende »Erziehungsarbeit«12: »Als ich die CaCo zum ersten Mal dirigierte in Corvey, musste ich – was die Erkenntnisse der Aufführungspraxis anbelangt – ziemlich von vorn beginnen. ... Es bleibt ... festzuhalten, daß wir damals von neu entstandenen Ensembles ›überholt‹ worden waren.«13 Durch Wahl passenden Repertoires und durch Einfl ussnahme auf die personelle Besetzung bemühten sich Hans-Martin Linde wie

96

William Christie

als Dirigent von

Johann Adolf

Hasses »Cleofide«,

1986

Hans-Martin Linde, Kulturzentrum Herne, Dezember 1983,

rechts: Oboen- und Fagottgruppe der Cappella Coloniensis

(Stefan Wimmer, Renate Hildebrand, Katharina Suske,

Georg Corall, Helmut Hucke, Britta Hinrichs,

Hans von Busch) in der Magdeburger Konzerthalle

»Georg Philipp Telemann«, 17.3.1996,

unten: Schloss Corvey

Flötengruppe

der Cappella

Coloniensis mit

Michael Schneider,

Konrad Hünteler,

Günther Höller

und Ulrich

Thieme, 1978

� I,13

An m er ku n gen

1 Ein Klischee des 19. Jahrhunderts, vgl. Robert Schumann, Gesammelte Schriften über Musik und Musiker,

Leipzig 5/1914, Bd. I, S. 137. 2 Klaus L Neumann im Interview mit Thomas Synofzik und Susanne Rump, 24. März 2004. 3 Reinhard Goebel im Interview mit Thomas Synofzik, 28.6.1995 (für das Feature »Alte Musik in Köln«,

DLR Köln 26.7.1995). 4 Historisches Archiv des WDR, bis 2004 Redaktionsbestand Alte Musik, Verpfl ichtungsvorschläge [1955]–

1995, erhalten sind zu dieser Produktion z. B. die Verpfl ichtungs-Vorschläge für Wolfgang Eggers und

Dieter Vorholz, Letzterer versah seinen Schein mit dem »N. B. Kurzhalsgeige nicht vorhanden!«. 5 ebd. Hier trägt der Schein von Eggers den handschriftlichen Zusatz: »Altmensuriertes Cello nicht

vorhanden, Barockbogen vorhanden«. 6 ebd.

99

Oratorienaufnahmen. Besonderer Aufwand wurde 1986 für die Einspielung der Oper Cleofi de von Johann Adolf Hasse unter William Christie betrieben. Im noch geteilten Deutschland verlangte es viel Ausdauer, um an die Dresdner und Leipziger Quellenbestände zu kommen. Aufsehen erregte der erste Einsatz eines männlichen Sopranisten in einer Barockopernproduktion. Dazu war Randall K. Wong engagiert worden, der bereits zuvor im Ensemble Chanticleer Aufnahmen für den WDR gemacht hatte.

Für eine weitere Produktion mit William Christie, die Aufnahme von Carl Philipp Emanuel Bachs Israeliten in der Wüste, entstand 1988 als Schwesterensemble zur Cappella Coloniensis die Chorgründung der Corona Coloniensis, die seitdem unter Leitung von Peter Seymour auftritt und Werke u. a. von Andrea Gabrieli, Sweelinck, Peter Philips, Mozart, Haydn sowie Vertonungen des 116. Psalms produziert hat.

Hatte es seit den 50er Jahren nur sporadisch Schallplattenveröffent-lichungen der Cappella Coloniensis gegeben, so erreichte Klaus L Neumann durch Initiierung der Cappella-Edition des Labels Capriccio eine verstärkte Präsenz des Rundfunkensembles auf dem Plattenmarkt. Von 1990 bis 1998 erschienen hier 24 CDs mit Aufnahmen der Cappella Coloniensis als Übernahmen aus Neumanns Produzententätigkeit.18 Auf diese Weise konnte die innere Erneuerung der Cappella Coloniensis auch nach außen ihre Wirkung entfalten.

98

Klaus L Neumann

im Gespräch mit

Ute Poetzsch und

Wolf Hobohm

vom Magdeburger

Telemann-

Zentrum bei den

13. Telemann-

Festtagen,

Magdeburg 1996

� II,16

Die Cappella

Coloniensis im

November 1989

in Fulda

7 Franzjosef Maier im Interview mit Thomas Synofzik und Eberhard Unruh am 3. Juli 2003. 8 Klaus L Neumann im Interview mit Thomas Synofzik und Susanne Rump am 24. März 2004. 9 Guillaume Dufay, Domweihmotette für Florenz. Harmonia mundi: 20 349; Aus dem Notenbüchlein für Anna

Magdalena Bach. Harmonia mundi 1966: 74727 (BASF/hm 20 29024-7).10 Hans-Martin Linde, »Gedanken zum vierzigjährigen Bestehen der Cappella Coloniensis«, in: Cappella

Coloniensis [Programmheft zu Konzerten 13., 14. und 15. Mai 1994 in Köln, Bielefeld und Corvey], Köln:

WDR 1994, S. [4]. 11 Die dort produzierten Werke wurden im folgenden Jahr auch auf Schallplatte veröffentlicht: Georg

Friedrich Händel, Feuerwerksmusik, Concerto a due cori, Concerto F-dur – Cappella Coloniensis/Hans-

Martin Linde EMI/Electrola 1C067-2701281 P1984.12 So Klaus L Neumann in einem Brief an Hans-Martin Linde vom 4. April 1994, Kopie im Besitz des

Verfassers.13 Hans-Martin Linde an Klaus-Dieter Bachmann und die Cappella Coloniensis, 2. April 1994, Kopie im

Besitz des Verfassers.14 Hans-Martin Linde, Memorandum für den Artikel zum Programmheft Mai 1994 (Ms.), Kopie im Besitz des

Verfassers.15 ebd.16 Carsten Dürer, in: Neue Musik-Zeitung 1994/1, S. 54.17 Vgl. Anm. 15.18 Die Edition wurde schließlich Opfer eines Richterspruchs, als bekannt wurde, dass sich eine kleine

Schallplattenfi rma den Namen »Cappella« für ein Seitenlabel hatte schützen lassen – und nun für jede

verkaufte CD der Cappella-Edition eine Lizenzzahlung von Capriccio forderte.

100

Eu r o p a in Kö ln – Kö ln in Eu r o p a

Die Inter-Nationalität der Alten Musik im WDR

Robert von Zahn

Der internationale Anspruch des Konzert- und Produktionswesens ist gerade im Bereich der Alten Musik selbstverständlich. In den meisten Ensembles arbeiten Musiker aus verschiedenen Ländern zusammen, spielen auf Nachbauten oder Originalinstrumenten aus unterschiedlichsten Regionen, von der vielfältigen Herkunft des Repertoires ganz zu schweigen. Wer die festen Musikergruppen, Kammerensembles, Bands und Combos aus allen musikalischen Sparten auf die Herkunft der Musiker hin untersucht, stellt fest, dass die personelle Internationalität der Alten Musik weit überdurchschnittlich ausfällt. Spielend kann sie mit dem Jazz mithalten, und die Gruppen der sogenannten Weltmusik wirken in ihrer Herkunft geradezu homogen, verglichen mit Barockensembles. Für diesen Stand sind die Rundfunkanstalten, allen voran der WDR, mit verantwortlich. Doch die Entwicklung dorthin verlief in den vergangenen Jahrzehnten nicht gradlinig.

1945 waren in Deutschland europäische Konzepte für die Aneignung der Alten Musik naheliegend, hätten sie doch dem Geist der reeducation ent-sprochen. Britische Offi ziere kontrollierten die Arbeit des Kölner Senders im NWDR. Die Akten des Historischen Archivs des WDR überliefern Protokolle von Besprechungen, in denen die Briten die Kölner Sendeleitung hart kritisier-ten.1 Doch um Inhalte ging es nicht. Immerhin musste der Funkbetrieb, der im September 1945 wiedereröffnet worden war, im Verbund mit dem größeren Hamburger Sender ein Programm auf die Beine stellen, in dem es quantitativ klar defi nierte Anteile gab. Obwohl der Kölner Part beträchtlich kleiner als der norddeutsche war, konnte er zwischen den Bombenkratern am Rhein oft nicht erarbeitet werden. Wenn dann doch ein Interesse an Alter Musik in der frühen Nachkriegszeit im Kölner Sender einsetzte, trug dieses weniger Züge der reedu-cation als die des allgemein umgehenden Positivismus. Der Nationalsozialismus und die Verbrechen der Deutschen hatten die kulturellen Werte Deutschlands diskreditiert. Das Rezept der notwendigen Neuorientierung bestand nun weniger in der Vermittlung von Werten anderer Kulturen als im Rückgriff auf die Wurzeln von deutscher Kunst. Musikwissenschaftler – die für den Zugang zur Alten Musik wichtig waren – rückten die Quelle als wichtigstes Instrument gegen die Ideologie wieder in den Vordergrund. Eine leidenschaftslose Autopsie der Quellen lieferte eine Bestandsaufnahme der positiven Leistungen deutscher Kunst und Kultur und entschlackte die künstlerischen Werte von ideologischer Verbrämung. Denkmälerausgaben deutscher Komponisten wurden eine Hauptaufgabe der deutschen Musikwissenschaft, und der NWDR war eng mit ihnen verknüpft.

101

als auch bei den Studien zur vokalen Praxis und zum Repertoire waren der Leiter der Hauptabteilung Musik, Edmund Nick, Eduard Gröninger und mit ihnen arbeitende Musiker auf den Blick über die Grenzen hinweg angewiesen. Sie kon-sultierten Ensembleleiter, Instrumentenbauer und -sammler Hollands, Belgiens und Frankreichs4 und arbeiteten in den 1950er Jahren mit den Erkenntnissen wie in einem Labor. Viele Sendungen des NWDR zeugten von Erfolgen, manche auch von Misserfolgen. In den 1960er und 1970er Jahren trug die Cappella in großen Tourneen die Ergebnisse wieder ins Ausland (siehe hierzu den Abschnitt Konzerte, Tourneen und öffentliche Resonanz im Beitrag von Christoph Prasser, S. 29ff.).

1951 bereitete Eduard Gröninger die Hörer mit einer 22-teiligen Sendereihe Von alter Musik (1951/52 wiederholt und auf 25 Folgen erweitert) darauf vor, dass Musiker und Ensembles nicht lediglich Notendrucke abspielen dürfen, sondern eingehendes Wissen über die Situation der Werkentstehung und die Bedingungen in der Zeit ihrer Aufführung benötigen. Viele Folgen galten der deutschen Musik der Vergangenheit, andere ertasteten das europäische Repertoire bestimmter Instrumente, musikalischer Stilrichtungen oder galten einzelnen Nachbarländern: Französische Musik des 14. Jahrhunderts (25.6.1951), Die italie-nische Musik des 14. Jahrhunderts (2.7.1951), Die ersten Niederländer in Italien (16.7.1951), Burgundische Chansonkunst (30.7.1951), Die niederländische Motette (13.8.1951), Das italienische Madrigal (1.10.1951) u. a.

Einzelne Produktionen wurden zum Experimentierfeld, auf dem sich die Funkmitarbeiter zu einer authentischen Spielpraxis vortasteten – immer auch mit Hilfe auswärtiger Musiker: Wertvolle Erfahrung war längst in der Schola

103

Mozart-Festakt

mit der Cappella

Coloniensis im

Großen Sendesaal

des Kölner

Funkhauses,

Januar 1955,

im Publikum

der damalige

Bundespräsident

Theodor Heuss

(2. v. l.) und Wirt-

schaftsminister

Ludwig Erhard

(6. v. l.)

Folgerichtig war es der Kölner Sender, der die Neue Bach-Ausgabe des Göttinger Bach-Instituts (in Verbund mit dem Leipziger Bach-Archiv) am 18. September 1954 mit einem feierlichen Festakt im Kölner Funkhaus eröffnete. Im selben Festakt stellte er erstmals seine ›Cappella Coloniensis‹ als erstes größeres Orchester der Bundesrepublik mit alten Instrumenten vor. Cappella und Bach-Ausgabe waren auch dadurch verbunden, dass Eduard Gröninger, einer der NWDR-Väter der Cappella, und der Forscher Friedrich Smend, Herausgeber der h-moll-Messe in der Neuen Bach-Ausgabe, zusammenarbeiteten. Die NWDR-Studios wurden Experimentierstätten für die aufführungspraktischen Thesen Smends – mit durchaus wechselndem Erfolg. So dass beim Festakt dann nicht die Messe, sondern die Kantate »Schwingt freudig euch empor« BWV 36 durch die Cappella erklang, weil die h-moll-Messe weder als Edition noch in der Aufführungspraxis bewältigt war. Gleichzeitig wurde der erste Band der Neuen Bach-Ausgabe mit dieser und anderen Kantaten vorgestellt.2

Auch die öffentliche Geburtsstunde der Neuen Mozart-Ausgabe, die Wissenschaftler in Salzburg und in Augsburg angingen, schlug mit der Präsentation ihres ersten Bandes am 26. Januar 1955 im Kölner Funkhaus. Noch im selben Jahr wurde in Duisburg das Joseph Haydn-Institut mit Sitz in Köln und dem Auftrag, eine Gesamtausgabe herauszugeben, gegründet. In seinem Falle lag die Verbindung zum Sender in derselben Stadt besonders nahe, und das Institut erarbeitete zum Haydn-Jahr 1959 mit dem WDR eine groß angelegte Sendereihe über Haydns Leben und Werk.3 Damit entstanden in Deutschland wichtige Grundlagen für die Wiederaneignung barocker und klassischer Musik. Die Verbindung des WDR zum Göttinger Bach-Institut, zum Leipziger Bach-Archiv, zum Kölner Haydn-Institut und dann auch zur Hallischen Händel-Ausgabe und zum Magdeburger Telemann-Zentrum blieb bis in die Gegenwart bestehen.

Doch die musikalische Umsetzung auch wissenschaftlich gesicherter Notentexte erfordert weiteres Wissen um die Aufführungspraxis der Zeit und um das Instrumentarium. Durch schiere Not kam so eine europäische Komponente in die Rundfunkarbeit: Sowohl bei den Recherchen zum Gebrauch alter Instrumente

102

Das Kölner

Funkhaus bei

der Einweihung,

21.6.1952

� I,15

bzw. WDR-Aufnahmen in Köln, Fröndenberg und Knechtsteden.

Auch Marcel Cou raud, später einer der wichtigsten Dirigenten der Cappella Coloniensis, traf spätestens 1952, vielleicht schon 1951, mit Eduard Gröninger zusammen. Zu den neu-en Folgen der Sendereihe Von alter Musik 1951/52 steuerte er bereits Musikbeispiele bei.8 1953 erhielten die Rund funkbestrebungen in Sachen Alter Musik sachkundigen Zuwachs: Der Musikwissenschaftler Alfred Krings begann ebenfalls als freier Mitarbeiter, Programme zu konzipieren. Gut zwei Jahrzehnte später sollte sein Aufstieg zum Leiter der Hauptabteilung Musik zur Einrichtung einer eigenen Abteilung für Alte Musik im Sender führen. Für Alfred Krings wurde das Deller Consort ein geschätz-ter Partner (dem 1969 nach dem Tode Dellers das Ensemble Pro Cantione Antiqua folgte). So legte Krings mit Deller Werke der Notre Dame-Schule 1959 in WDR-Aufnahmen vor (1960 als Schallplatte der Harmonia mundi).9

Deller und nach ihm Pro Cantione Antiqua entsprachen zu jener Zeit der These von Krings, dass die Briten ein Stimmideal bewahrt hätten, welches sich noch am ehesten mit der alten vokalen Aufführungspraxis trifft. 1961

105

Eduard Gröninger

am Schreibtisch

im Funkhaus am

Wallrafplatz,

ca. 1956

Kurzmitteilung

Alfred Dellers

an Eduard

Gröninger mit

der Angabe seines

Stimmumfangs

Cantorum Basiliensis vorhan-den, deren Mitbegründer August Wenzinger bereits 1949 im Sender Köln des NWDR aufnahm. Zuvor hatte er Aufnahmen bei der BBC gemacht und dort den englischen Kontratenor Alfred Deller kennen gelernt.5

Wenn sich die Rund-funkoffi ziere der Briten auch um die Sendeinhalte wenig kümmerten, so wurden die Programme der BBC und des BFN doch von den Deutschen aufmerksam verfolgt. NWDR-Errichter Hugh Carleton Greene hatte bereits die Organisation der Sender in Hamburg, Berlin und Köln nach dem Vorbild der BBC gefördert, und nun wünschten auch die Hörer immer deutlicher Programme nach dem Vorbild des BFN. Das galt nicht für Alte Musik, sondern vor allem für die BFN-Wunschsendungen, prägte aber die Gesamtstimmung. 1952

konnte der BFN bereits drei Millionen deutsche Hörer vorweisen. So waren die deutschen Rundfunkmacher an einem gewissen personellen und programmati-schen Fluss interessiert. Legendär wurde im Bereich der späteren Popmusik die Anwerbung des BFN-Moderators Chris Howland durch den NWDR-Hamburg zu einzelnen Sendereihen, die nur wenige Monate währten, dann durch den Kölner Sender, nachdem der BFN 1954 von Hamburg nach Köln-Marienburg wechsel-te. Auch im Funkhaus Wallrafplatz bestand durchaus Interesse an Programmen des BFN und der BBC.6 Im Zusammenhang damit ist wohl der Hinweis im Gründungsmemorandum der Cappella Coloniensis zum 1. Januar 1953 zu sehen, dass die Pfl ege Alter Musik durch den Rundfunk sonst nur in der BBC verankert sei.7 Und es war wohl kein Zufall, dass Alfred Deller nach der BBC-Begegnung mit Wenzinger schon 1952 im Kölner Funkhaus auftauchte. Er kam mit seinem Ensemble The Golden Age Singers, wodurch Gröninger von dessen jahrzehntelan-gen Studien authentischer alter Vokalpraxis profi tieren konnte. Deller bestritt mit seinen ›Singers‹, dann mit dem Deller Consort, bis 1967 nahezu jährlich NWDR-

104

August

Wenzinger,

um 1940

� II,1

� II,4

Meister der Improvisation, an die Orgel des Kölner Doms und in andere Kirchen, um dessen mehrsätzige Orgelsinfonien, aber auch Werke Johann Sebastian Bachs aufzunehmen. Auch andere Organisten lud Knäbel aus Europa nach Nordrhein-Westfalen ein, so Fernando Germani und Hans Haselböck. 1968 stellte Knäbel auch eine Folge über Orgeln in Siebenbürgen von dem dort geborenen Organisten Horst Gehann vor.14

107

Gustav Leonhardt

bei der Produktion

von Jean-Philippe

Rameaus »Zais«

mit dem Collegium

Vocale Gent und

La Petite Bande,

Brügge 1977

erläuterte Krings die Aufführungspraxis von Kirchenmusik des Mittelalters und der Renaissance: »Als Stimmideal galt vermutlich jene Art leicht nasal gefärbten, dabei scharfen Singens, wie sie heute noch im Mittelmeerraum üblich ist. Immerhin dürfen wir uns trösten mit der großartigen Gesangtradition der Engländer, die seit dem Mittelalter ein ›natürliches Singen‹ bevorzugten.«10

1954 geriet ein Cembalist in das Gesichtsfeld des Senders, der zu einem der wichtigsten Musiker der authentischen Praxis wurde: Gustav Leonhardt nahm zwei Französische Suiten von Johann Sebastian Bach in Köln auf.11 Der holländische Cembalist, Organist und Dirigent (geb. 1928) war 1947 bis 1950 von Eduard Müller an der Schola Cantorum Basiliensis ausgebildet worden. Ständig beschäftigte er sich mit dem Repertoire für Tasteninstrumente aus ganz Europa und mit ihren Spielweisen. Er gab Impulse in alle Richtungen weiter, unterrich-tete später in Professuren in Wien, Amsterdam, an der Harvard University und in Siena. Das Leonhardt-Consort mit seiner Frau Marie Leonhardt setzte ab 1955 Interpretationsmaßstäbe. Leonhardt kam ab 1952 nahezu jährlich zum NWDR bzw. WDR – eine Verbindung, die eine Tournee mit dem Collegium musicum des WDR 1968 einschloss und alle personellen Wechsel im WDR bis in die Gegenwart überdauerte.

1966 waren als Alarius-Ensemble die Brüder Kuijken erstmals in einem WDR-Konzert (mit Robert Kohnen) zu Gast. Sigiswald Kuijken (geb. 1944) hatte bereits als Siebzehnjähriger Musik der Renaissance gespielt. Der Schüler des Brüsseler Konservatoriums und Student von Maurice Raskin experimentierte ab 1969 mit dem kinnfreien Spiel auf der Barockvioline, das viele im Verlauf der 1970er Jahre von ihm übernahmen (wenn es sich auch gerade in der örtli-chen Umgebung des WDR nicht durchsetzte12). Von 1971 bis 1996 bildete er am Konservatorium in Den Haag Generationen von Musikern an der Barockvioline aus (seit 1993 auch am Brüsseler Konservatorium). 1972 gründete er auf Anregung der Deutschen Harmonia mundi das Barockensemble La Petite Bande, das er im Wechsel mit Gustav Leonhardt leitete. Auch mit anderen Formationen, zumal mit seinen Brüdern Barthold und Wieland Kuijken, zog er oft vor die Mikrophone des WDR; im November 2002 dirigierte er erstmals die Cappella Coloniensis.

Neben der Arbeit der Cappella wies die Sendetätigkeit im Bereich der Alten Musik bis in die 1970er Jahre keine geschlossene Struktur auf. Vielmehr bot die Hauptabteilung Musik, die seit 1956 von Karl O. Koch geleitet wurde, noch bis 1975 in dieser Hinsicht ein eher buntes Bild. Programme mit alter und geistlicher Musik bestritten Horst Hempel, der organisatorisch zur Kammermusik zählte, und Alfred Krings, der seit 1968 Leiter der Abteilung Volksmusik war. Für die Sendungen mit Orgelmusik sorgte Hans Knäbel, der gleichfalls der Kammermusik angegliedert war.13 Europa spielte vielleicht keine besondere Rolle, jedenfalls nicht in seinen Sendereihen Vergessene Orgelmeister der Romantik und Kirchenorgeln unserer Heimat. Doch brachte er mehrfach Marcel Dupré, den

106

� II,3

ersten Briefen der Agentur von Munrow, die ihm allerdings nur noch den frühen Tod des Künstlers mitteilen konnte. Das traf die fachliche Ausrichtung der neuen Abteilung, kaum dass die Arbeit be-gonnen hatte, und doch hatte Munrows Arbeit genügend Früchte getra-gen, dass auch der WDR davon profi tieren konnte. Neumann lud Schüler und Kollegen Munrows zu Aufnahmen ein, zuerst und vor allem Christopher Hog wood. Eine ins Auge gefasste länger fristige Zu - sam men arbeit mit Hog-wood und der Academy of Ancient Music scheiterte allerdings am Ein spruch der britischen Mu si ker-gewerkschaft, die ihrenMitgliedern die Zusammenarbeit mit Nicht-Mitgliedern, in die sem Fall mit dem Amerikaner Hogwood, zunächst untersagte und zudem sehr hohe Honorare für Einsätze beim ausländischen Sender WDR forderte. Für Aufnahmen au-ßerhalb Londons sollte der WDR den Gewerkschaftsmitgliedern einen dreifa-chen Sessionssatz zahlen zum Ausgleich für andere entgangene Möglichkeiten. Dennoch ließ sich die Mitwirkung britischer Musiker an Projekten außerhalb Großbritanniens in internationalen Ensembles nicht unterbinden.

Eine wichtige Kontaktstation war das erste York Early Music Festival, das Neumann im Mai 1977 besuchte. John Bryan, Alan Hacker, Peter Seymour und andere Musiker aus York hatten es in Zusammenarbeit mit Anthony Rooley (London) ins Leben gerufen. Zwei Wochen lang lernte Neumann in den mittel-alterlichen Kirchen und Bürgerhäusern der Stadt unbekannte Musikwerke und erstklassige Musiker kennen. Besonders fi elen ihm Emma Kirkby und Anthony Rooley auf, auch Christopher Page und Andrew Parrott. Bald reifte in ihm der Plan, das nächste Mal mit Übertragungstechnik anzureisen. Die BBC hielt sich noch fern. In einem metropolenzentrierten Land wie Großbritannien galt ein

109

Alfred Krings und

Klaus L Neumann

bei den Proben

zu Hildegard von

Bingens »Ordo

virtutum« in der

Kölner Kirche

Groß St. Martin,

Mai 1982

D er Um b r u ch 1976

1974 wurde Manfred Jenke Hörfunkdirektor. Eine seiner ersten personalpolitischen Aufgaben war, einen Nachfolger für Karl O. Koch als Leiter der Hauptabteilung Musik zu fi nden. Nach WDR-internen Turbulenzen konnte er Alfred Krings beim Verwaltungsrat durchsetzen. Für die Alte Musik stand damit eine wesentliche Weichenstellung an, denn Krings plante nach der Pensionierung von Eduard Gröninger 1976 nicht nur eine erhebliche Aufwertung dieses Bereichs, sondern auch die Zusammenführung der verzettelten Aktivitäten zu einem Sendebereich mit einem geschlossenen Profi l. So entstand 1976 die Abteilung für Alte Musik. Abteilungsleiter wurde Klaus L Neumann, bislang Leiter des WDR-Schallarchivs.

Neumann war mit Alter Musik im WDR bestens vertraut, hatte er doch schon 1954 als Student in Köln fasziniert die ersten Schritte der Cappella Coloniensis verfolgt und dann 1964 als Musikreferent des Deut schen Rundfunkarchivs (Frank-furt) Eduard Gröninger in Köln aufgesucht und eine Kooperation vereinbart. Regelmä ßig wurden seitdem die Cappella-Produktionen in Frankfurt dokumen-tiert. Neumanns Wechsel zum WDR-Schallarchiv hatte die Zusammenarbeit noch intensiviert. Als Abteilungsleiter Alte Musik war es nun seine Pfl icht,

die vereinzelten Tätigkeiten zusammenzuführen und ein in sich stimmiges System von Produktionen zu errichten. Hierbei spielte der Blick auf Europa eine Rolle. Neumann war der Überzeugung, »dass Musik als völkerverbindendes Element künftige Kriege unmöglich machen würde«.15 Zudem war ihm klar, dass die Kompetenz in der Aufführungspraxis Alter Musik vor allem in England, Belgien und den Niederlanden deutlich größer war als im Sendegebiet. Lernen wollte Neumann von Gustav Leonhardt und Sigiswald Kuijken sowie von David Munrow. Dieser junge englische Musiker schien den idealen Ausgangspunkt für einen Neuansatz zu Alter Musik im WDR zu bieten. So galt einer von Neumanns

108

La Petite Bande

(Wieland Kuijken,

Richte van der

Meer und Wouter

Möller, dahin-

ter Maarten van

der Heijden und

Nicholas Pap) in

Brügge 1977

� II,14

111

Matthew Lockes

»Cupid and

Death« mit Emma

Kirkby, Anthony

Rooley und

dem Consort of

Musicke, 1983

Das Jaye Consort

of Viols (Francis

und June Baines,

Peter Vel, Nicola

Cleminson und

Jane Ryan) in York

1978, rechts: WDR-

Techniker Heinrich

Dingel

Festival in einer entfernten Region als wenig relevant. So geriet der WDR, als er 1978 mit einem großen Übertragungswagen drei Wochen lang das Festival in York dokumentierte und in Sendungen für Köln aufbereitete, in die unglückliche Situation, von Festivalbesuchern in York und Yorkshire gegen die BBC ausge-spielt zu werden. Das änderte sich, als der WDR für die nachfolgenden Jahre die weniger auffällige Technik von BBC Manchester sowie einen BBC-Redakteur als Musicological Advisor heranzog. So wurde das Festival zu einem bevorzugten Partner des WDR, später auch Partner der BBC, und zu einem Impulsgeber des internationalen Alte-Musik-Lebens. Nicht zuletzt ging aus ihm der Wettbewerb Early Music Network International Young Artists Competition hervor.

Für Neumann folgten aus den ersten Begegnungen von 1977 viele Aufnahmeprojekte, noch im selben Jahr allein zwei Projekte mit Rooley. Neumann war vor allem an vokaler Ensemblepraxis interessiert, und Rooley bot mit seinem Consort of Musicke die Erfahrung langjähriger vokalpraktischer Studien. Rooley (geb. 1944), als Gitarrist ausgebildet an der Royal Academy of Music, als Lautenist ein Autodidakt, hatte 1969 zusammen mit dem Lautenisten James Tyler das Consort speziell für die Musik der Renaissance und des Barock gegründet, seit 1972 leitete er es allein. Im Kern bestand es aus ihm, David Thomas und ab 1973 Emma Kirkby, die seit 1971 im Taverner Choir gesungen hatte. Noch 1977 stand das Consort von der aufführungspraktischen Qualität her fast allein auf weiter Flur. Neumann garantierte dem zu gründenden Vokalensemble des Consorts zwei WDR-Produktionen pro Jahr, um für die weitere Arbeit eine sichere Grundlage zu legen.16 (Auch die ersten LPs des Hilliard Ensembles wurden in solcher Weise vom WDR initiiert und dann in Coproduktion mit der EMI realisiert.)

Alfred Krings setzte bei Produktionen, oft in Zusammenarbeit mit der Deutschen Harmonia mundi, seinem Stimmideal folgend auf Pro Cantione Antiqua, ein Ensemble, das Neumann noch von seiner Tätigkeit als Juror bei der Vergabe des Deutschen Schallplattenpreises her kannte. Krings schlug Neumann vor, auch dieses Ensemble mit einzubeziehen, doch Neumann lehnte ab. Er er-wartete eine Probenzahl und -intensität vor einer Aufnahme, die seiner Erfahrung nach bei Pro Cantione Antiqua nicht üblich war. Rooley hingegen war bereit, sie mit dem Consort of Musicke zu verwirklichen. Aufsehen erregte u. a. das Konzert seines Consorts bei den Tagen alter Musik in Herne im Dezember 1981, bei dem das Ensemble Werke des Komponisten Bartolomeo Tromboncino (um 1470–1535) und anderen Komponisten dieser Zeit mit frei wechselnder Besetzung inter-pretierte. Emma Kirkby und die Altistin Margaret Philpot (spätere Hauptsängerin bei Christopher Pages Ensemble Gothic Voices) demonstrierten ihre Auffassung von der Singpraxis um 1500. Für die Musiker im Sendegebiet kam dabei mehr heraus als anregende Interpretationen aus dem Radio. Rooleys Probenstätten wa-ren offene Foren, später institutionalisierte er diese Offenheit durch Workshops an Hochschulen, anfangs in Basel, dann auch in Köln, heute wieder in Basel.

110

� II,10

Kantaten-Projekt der Plattenfi rma Teldec und gründete 1977 das Concerto Vocale für die Musik des 17. und 18. Jahrhunderts. Spätestens, seit er 1978 eine Dozentur für barocke Gesangsinterpretation an der Schola Cantorum Basiliensis übernahm, holte die Abteilung Alte Musik des WDR immer wieder seinen Rat ein. Seit 1982 arbeitet er regelmäßig auch als Dirigent, meist von Barockopern, in WDR-Produktionen. Zwei jüngere Einspielungen seien stellvertretend genannt: 1993 leitete er bei den Salzburger Festspielen eine Aufführung von Monteverdis L’Orfeo mit seinem Concerto Vocale (das in seinem instrumentalen Teil im Wesentlichen aus Musikern von Concerto Köln bestand); sie entstand in Coproduktion mit dem WDR und erschien 1995 als aufwändige CD-Edition der Harmonia mundi France. Im April 2003 nahmen Jacobs, Concerto Köln und das Collegium Vocale Gent Mozarts Le Nozze di Figaro im Kölner Studio Stolberger Straße auf, erschie-nen 2004 bei Harmonia mundi France.

Ein wichtiger Partner wurde auch der Amerikaner William Christie (geb. 1944). Sein Werdegang spiegelt im besonderen Maße die Internationalität von Musik. Der Dirigent, Cembalist und Organist stammt aus Buffalo (New York) und lernte während seines Unterrichts bei Ralph Kirkpatrick französi-sche Barockmusik kennen. Nach seinem Studium an der Harvard und der Yale University zog er 1971 nach Frankreich. Bis 1975 konzertierte er u. a. mit dem Five Centuries Ensemble, das mit Alter und Neuer Musik experimentierte. So wirkte

113

The King’s Singers:

David Hurley, Bob

Chilcott, Philip

Lawson und

Stephen Connolly,

Kulturzentrum

Herne, November

1996

Diese Idee vertiefte Neumann noch mit den King’s Singers. Seit 1978 trat das hochkarätige Solistenensemble, 1968 am King’s College Cambridge gegründet, regelmäßig in Köln auf. Neumann bat die Sänger, im Gefolge ihrer Konzerte in der Kölner Musikhochschule auch Workshops zu veranstalten. Diese jährlichen Konzerte und Workshops wurden geradezu legendär, und ihre Nennung durch-zieht die Vitae von vielen Solisten der Gegenwart. Auch das Ensemble Janequin, das Dominique Visse 1978 in Paris für die Musik der Renaissance bildete, beein-fl usste durch WDR-Gesprächskonzerte viele Musiker.

Die Sendungen des WDR prägten eine Musikergeneration. Leitfi gur war neben Rooley Gustav Leonhardt, der zunehmend auch als Dirigent von Vokalwerken auftrat. Alfred Krings gab 1977 die Anregung, Leonhardt als Dirigent eines Opernprojekts zu verpfl ichten: Rameaus Pastorale héroïque »Zaïs« von 1748. Die Aufnahme gilt mittlerweile als eine der maßstabsetzenden Interpretationen dieses Genres. Was von Leonhardt auf die nachfolgende Musikergeneration und damit auch auf die Produktionen des WDR überging, war das Verständnis von barocker Musik aus der rhetorischen Tradition heraus. Das Spielen auf einem originalen Instrument ergab für ihn erst dann Sinn, wenn der Musiker die instru-mentale Artikulation vom Sprachduktus ableitete. Der Qualitätsausweis, Schüler Leonhardts zu sein, wurde in den Bewerbungsschreiben von Künstlern so obliga-torisch, dass Neumann mit Leonhardt ein Abkommen traf: Dieser meldete dieje-nigen seiner Schüler, zu denen er stand, regelmäßig an den Sender. So kamen Ton Koopman, Bob van Asperen, Eric Lynn Kelley, Glen Wilson, Irina Shneerova und andere zum WDR. Unter ihnen wurde vor allem Ton Koopman (geb. 1944) für den WDR wichtig. Von der Orgel kommend – bereits im Alter von 12 Jahren trat er in seiner Heimatstadt Zwolle eine Organistenstelle an –, gründete er noch wäh-rend seiner Studienzeit in Amsterdam das Ensemble Musica Antiqua Amsterdam, 1978 das Amsterdam Baroque Orchestra. Damit wurde er Teil jenes lebendigen Netzwerks der Alten Musik, das in seinem Falle vor allem nach Basel ausge-richtet war und in der Zusammenarbeit mit René Jacobs, mit Jordi Savall und mit Hopkinson Smith bestand. Lange vor seiner Gesamteinspielung von Bachs Kantatenwerk in den 1990er Jahren widmete er sich 1987 in WDR-Aufnahmen dem Vokalwerk Dietrich Buxtehudes.

So stammen die prägendsten künstlerischen Persönlichkeiten für die Abteilung aus England und aus Holland. Wo aber kommen andere Leitpersonen her? – Mit den Gebrüdern Kuijken und René Jacobs aus Belgien und dem Amerikaner William Christie aus Frankreich.

Der Countertenor und Dirigent René Jacobs (geb. 1946) bestritt seine erste Nachtmusik im WDR im Oktober 1976. Ausgebildet zunächst im Kathedralchor seiner Heimatstadt Gent, danach in Brüssel, Den Haag und Antwerpen, spezialisierte er sich vor allem auf Anregung Alfred Dellers auf das Fach des Countertenors. Er hatte Anteil an Leonhardts Aufnahmen für das Bach-

112

� II,7

� II,17

Gesucht wurden Instrumente, die der Sender ohne allzu großen Aufwand für Aufnahmen verwenden konnte. Es war vor allem Hans Knäbel, der den baulichen Zustand der Orgeln untersuchte, die Register aufnahm, die Raumakustik testete und akribische, anfangs noch handschriftliche Protokolle schrieb, die uns heute einen Einblick in die Orgellandschaft der späten 1950er Jahre geben.18 Oft wiesen die Kirchen noch erhebliche Kriegsschäden auf, die eine Produktion unmöglich machten.

1977 integrierte der WDR das Aufgabenfeld der geistlichen Musik in die Abteilung Alte Musik. Nach dem Tode Hans Knäbels richtete der Sender eine feste Redakteursstelle ein und berief 1978 Barbara Schwendowius. Schwendowius hatte keine sonderlichen Erwartungen an die Internationalität der Arbeit im WDR. Sie kam von der Archiv Produktion der Deutschen Grammophon Gesellschaft, die grundsätzlich international ausgerichtet war, und rechnete damit, dass ihre Arbeit nunmehr ganz auf die Musiker und Gegebenheiten des nordrhein-westfälischen Sendegebiets zugeschnitten sein würde. Zu ihrer Überraschung »wimmelte es in den WDR-Studios nur so von Engländern, auch von Holländern und Franzosen«.19 Schon in ihrem ersten Dienstjahr wurde sie zu Orgelaufnahmen nach Spanien ge-sandt, die noch von Krings vorbereitet worden waren. Ton Koopman und andere Organisten spielten dort auf Instrumenten rund um Zaragoza (vgl. den Beitrag über Orgelreisen im In- und Ausland von Barbara Schwendowius, S. 137–157).

115

René Jacobs bei

der Produktion

von Händels

»Alessandro«

HWV 21 mit La

Petite Bande unter

der Leitung von

Sigiswald Kuijken,

Doopsgezinde

Gemeente Kerk,

Haarlem/Nieder-

lande, 1984

Christie bei Erstaufführungen von Werken von Morton Feldman, Luciano Berio und Sylvano Bussotti mit. 1977 trat er ins Concerto Vocale von René Jacobs ein, 1979 gründete er sein eigenes Ensemble Les Arts Florissants. Wenn der WDR ihn oder Jacobs in Produktionen mit einem deutschen Chor zusammenbrachte, konnte man mit Verblüffung beobachten, wie schnell der Chor seinen Klang ver-änderte und die Lehren des Ensembleleiters aufnahm.

Ein Sonderfall ist Joshua Rifkin, den Neumann schon kurz nach der Veröffentlichung seiner Thesen zur Interpretation der Werke Bachs mit Einzelstimmen einlud, seine Theorien ausführlich zu erläutern. Rifkins Wortbeiträge nahm Neumann nach nächtelangen Diskussionen über die ange-messenen deutschen Übersetzungen im SFB auf.17 In der Folge dirigierte Rifkin mehrfach die Cappella Coloniensis mit Haydn-Sinfonien. Zur Auseinandersetzung forderten insbesondere seine schnellen Interpretationen der Menuette heraus.

›International‹ wurde ab 1978 auch die Arbeit des WDR in der Orgellandschaft. Stets hatte dieser besonderes Interesse gegolten, doch in den ers-ten Jahren des WDR ging dies nur selten über das Sendegebiet hinaus. Fachleute reisten Ende der 1950er und in den 1960er Jahren zu nordrhein-westfälischen Orgeln, über die man in Köln nicht viel wusste, und fertigten Expertisen an.

114

Ton Koopman,

Kulturzentrum

Herne, 4.12.1986

117

Mitglieder im

Ferrara Ensemble:

Marie Nichiyama

und Karl-Heinz

Schickhaus sowie

(unten v.l.n.r.)

Kathleen Dineen,

Eric Mentzel und

Stephen Grant,

Kreuzkirche Herne,

14.11.1999

Eu r o p ä isch e D im en sio n H er n e

Spätestens in Herne wurde die Internationalität der WDR-Arbeit offensichtlich (siehe hierzu den Beitrag von Eva Küllmer, S. 163–188). Während die Kommune alljährlich die historische Instrumentenausstellung und die ›Messe‹ der Instrumentenbauer ausrichtete, organisierte der Sender die Konzerte. Beide Seiten überschritten dabei mit großer Selbstverständlichkeit die Landesgrenzen. So eröff-nete 1982 der Münsteraner Orgelforscher Rudolf Reuter mit einem Vortrag über Europäische Orgellandschaften die städtische Ausstellung von Orgeln Westfalens und Spaniens. Entsprechend war das Leben im Umfeld der Konzertstätten ge-prägt. Im Foyer des Kulturzentrums zeigten 1984 bereits 41 Instrumentenbauer ihre Arbeiten, 17 davon aus dem europäischen Ausland, einer aus der DDR.20 Für manche war dieser Teil des Fests der eigentliche Anziehungspunkt, so dass die Stände stets dicht umlagert waren. Ständig mussten die Aussteller ihre Bauprinzipien diskutieren und dabei in Kauf nehmen, dass »ihre Erzeugnisse von den Scharen der Hobby-Musiker gehörig traktiert wurden«.21

1983 gab der WDR die Aufzeichnungen der acht Konzerte an zwan-zig internationale Rundfunkstationen weiter,22 später an über fünfzig.23 Die Westfälische Rundschau titelte ihren Vorbericht zu den Tagen von 1982: »Alte Musik aus Herne erklingt in ganz Europa«.24 Mehrfach standen fortan Länderthemen im Mittelpunkt, 1987 hieß das Thema Italien. Die Wahl konnte zunächst verwundern. Immerhin ist der bei weitem überwiegende Teil des Repertoires an Alter Musik, das seit dem 20. Jahrhundert wieder gespielt wird, italienischen Ursprungs. Aber in Bezug auf das aktuelle Musikleben ergab es einen anderen Sinn: Ensembles aus England, den Niederlanden, Belgien, Deutschland, Frankreich, Österreich und auch den USA machten Mitte der 1980er Jahre die internationalen Produktionen weitgehend unter sich aus. 1987 waren hingegen italienische Gruppen qualitativ ›im Kommen‹.

1988 stand Frankreich in Herne im Mittelpunkt, vor allem die konzer tante Aufführung des Ballet bouffon »Platée« von Rameau, gespielt von Les Musiciens du Louvre, dem Ensemble Vocal Françoise Herr sowie acht Vokalsolisten, geleitet von Marc Minkowski. Es war das Deutschland-Debüt der Musiciens. Insgesamt zehn Konzerte hatte der WDR unter dem Motto La France Enchanteresse zu einem musikalischen Profi l des Nachbarlandes zusammengestellt, auch hier war William Christie dabei, einmal mit Christophe Rousset an zwei Cembali, einmal mit Les Arts Florissants. 2003 ging es in Herne um das Improvisieren und damit auch um den Brückenschlag zum Jazz. War das Thema allein schon kulturenverbindend, gab es beim Festival noch eine besondere europäische Komponente: Es eröffnete mit einem Gastspiel des European Union Baroque Orchestra, in welchem junge Barockmusiker unter erfahrenen Dirigenten arbeiten. Es war 1985, einer Initiative der EU folgend, ins Leben gerufen worden.

116

� II,12

In t er n a t io n a le Pr o d u kt io n en

Für die Redaktion Alte Musik stellt das Fest in Herne einen großen Teil ihrer Außenwirkung dar, jedenfalls soweit sie als Feedback über die Printmedien ver-mittelt wird. Tatsächlich machte die Vorbereitung dieser Tage alter Musik aber nur einen sehr kleinen Teil des Arbeitsalltags aus. Der überwiegende Teil galt einzelnen Produktionen. Der WDR zog in den 1980er Jahren Musiker aus allen Ländern an, bereits anerkannte Spezialisten ebenso wie Nachwuchskünstler. Junge Musiker wurden oft samt dem von ihnen vorgeschlagenen Projekt einbezogen. Die Redakteure konnten so am ehesten erkennen, in welche Richtung sie diese künftig einsetzen würden. Gerne kombinierte Neumann deutsche Musiker mit Solisten des europäischen Auslands, früh kamen bei ihm Konrad Hünteler und Ton Koopman zusammen, eine Partnerschaft, die dem Sender viele hochwertige Produktionen eintragen sollte. Viele, später bekannt gewordene Ensembles wie Anonymous 4, La Reverdie, Chanticleer und Marcel Pérès25 mit seinem Ensemble Organum traten zu Beginn ihrer Tätigkeit in Aufnahmen im WDR auf und führ-ten sie dort über Jahre fort.

Eng war seit jeher die Zusammenarbeit mit der Schola Cantorum Basiliensis. August Wenzinger hatte nicht nur mit Eduard Gröninger die Cappella Coloniensis aufgebaut, sondern war auch Ideengeber für kammermusikalische Produktionen. Seit dieser Zusammenarbeit wusste man in Basel, dass die Ohren im Kölner Sender offen für gute Ideen waren. René Jacobs war oft in Köln zu Gast und brachte Musiker, vor allem Sänger und Sängerinnen, zu Produktionen mit. Auch das Ferrara Ensemble, Vox resonat und Labyrinto, die häufi g in WDR-Sendungen zu hören sind, zählen zur Schola Cantorum Basiliensis, mit Musikern, die aus bis zu fünf verschiedenen Ländern stammen.

Hatte die Hauptabteilung Musik stets den Grundsatz verfolgt, dass sich das Repertoire der Rundfunkproduktionen an den Lücken im Schallplattenmarkt orientiert, so galt das eigentlich auch 1976 für die neue Abteilung für Alte Musik. Vor allem drängte sie zu den Kompositionen des 17. und dann auch des 16. Jahrhunderts, die der allgemeine Konzertbetrieb und die Musikindustrie lange umgingen. Die angestrebte authentische Aufführungspraxis unterschied die Eigenproduktionen jedoch so grundsätzlich von den meis-ten Schallplattenaufnahmen ähnlicher Werke, dass die Abteilung auch eine Neuinterpretation der großen, oft aufgenommenen Werke Bachs auf Grundlage neuer musikwissenschaftlicher Erkenntnisse produzierte.

Die Redaktion unterhielt enge Kontakte zu Musikforschern im In- und Ausland. Besonders wichtig war die Beratung des britischen Forschers David Fallows (geb. 1945). Fallows hatte nach seiner Ausbildung am Jesus College in Cambridge und am King’s College in London zwei Jahre am Münchner Studio der frühen Musik gearbeitet, bevor er nach Kalifornien ging. In Professuren und

118

Carmen-Renate

Köper und Sarah

Cunningham

sowie (unten, im

Vordergrund)

Laurie Monahan,

Guillemette

Laurens und

Jill Feldman in

Hildegard von

Bingens »Ordo

virtutum« mit

Sequentia in der

Kölner Kirche

Groß St. Martin,

Mai 1982

119

� I,10

Eine andere Öffnung nach Europa zeichnete sich etwa 1984 ab, als die Grenzen in den Osten durchlässiger wurden. So gelangte bereits 1986 die Akademie für Alte Musik Berlin nach Herne. Jahrelange Vorbereitungen waren notwendig gewesen. Tschechische, polnische und slowakische Gruppen schlossen sich an. Mit Musica Petropolitana aus St. Petersburg arbeitet der WDR seit 1988 zusam-men. Nach der politischen Wende 1989 begannen die Landesrundfunkanstalten der alten Bundesländer mit denen der neuen zu kooperieren. Dem WDR fi el als Partner der Rundfunk in Brandenburg zu, was zur Folge hatte, dass er von Köln aus Veranstaltungen der Carl-Philipp-Emanuel-Bach-Feste in Frankfurt/Oder, Konzerte in Rheinsberg, in Potsdam und über die Grenze hinweg auch in Zielona Góra gestaltete. Zudem gab der WDR im Programmaustausch der Sender viele Aufnahmen Alter Musik in die neuen Bundesländer und nach Polen ab.

D er W D R in Eu r o p a

›International‹ musste die Arbeit der Redaktion auch deshalb sein, weil die Zahl der zu gestaltenden Sendeplätze kontinuierlich wuchs. 1976 sorgte die Abteilung für zwei bis drei Sendestunden pro Woche. Manches entstand nicht für eigene Reihen, sondern als Zulieferungen an Mosaik, Alte und neue Heimat und ähnli-che Serien. 1995 waren 14,5 Sendestunden pro Woche auf WDR3 vorzuberei-ten. Oft beauftragte die Redaktion ausländische Musikjournalisten, um so dem hiesigen Radiopublikum einen Eindruck von der Vielfalt der internationalen Anschauungen und Interpretationsstile zu vermitteln. Immer wieder führte die Abteilung Alte Musik Aufnahmen nicht im Funkhaus, sondern dort durch, wo die Ensembles ansässig waren. Dazu wiesen Ensembles auf geeignete Aufnahmestätten hin, so auf Kirchen, die nicht allzu weit vom Standort des Ensembles entfernt lagen, mit günstigen Unterkünften in der Umgebung. Es war im Falle größerer Besetzungen kostengünstiger, Redakteure, Tonmeister und Technik reisen zu lassen als z. B. ein ganzes Barockorchester. Meist war die Atmosphäre der gewähl-ten Kirchen und Villen für die Künstler auch weitaus inspirierender als die eines Aufnahmestudios.

Die Ensembles aus dem Umkreis der Schola Cantorum Basiliensis wur-den oft in der Seewener Kirche St. Germanus im Schweizer Kanton Solothurn aufgenommen. Schon die berühmte Einspielung der Lamentationes Jeremiae Prophetae von Jan Dismas Zelenka mit René Jacobs, Guy de Mey, Kurt Widmer u. a. entstand in Seewen (WDR und EMI/Harmonia mundi 1983). Die Aufnahmen mit La Petite Bande, dem Orchester von Sigiswald Kuijken, fanden zunächst im belgischen Brugge statt, dann im holländischen Haarlem. Barbara Schwendowius produzierte ein Oratorium Giovanni Maria Bononcinis in Modena, also an der Wirkungsstätte des Chorleiters, Organisten und Komponisten selbst, die zum

Gastprofessuren an ver-schiedenen amerikanischen Universitäten, in Paris, Basel, Wien, München und Budapest beschäftigte er sich mit Ciconia, Binchois, Dufay und Josquin und wurde für den WDR ein Gewährsmann vor allem für die Musik des 15. Jahrhunderts. Neumann lud ihn 1992 als musik-wissenschaftlichen Berater zur Josquin-Aufnahme der King’s Singers in Forde Abbey ein. Oft beriet auch Ludwig Finscher den WDR, ebenso Christoph Wolff samt seinen Studenten. So er-schlossen die Produktionen des Senders unter fachlicher Begleitung von Peter Wollny (vgl. dessen Beitrag, S. 129–136), Ulrich Leisinger u. a. ein beachtliches Repertoire an Werken der Bach-Familie.

Zu einem Partner wurde der argentinische Flötist Pedro Memelsdorff (geb. 1960) aus Buenos Aires, der sich über Jahre hinweg mit der ars subtilior beschäf-

tigte.26 1980 trat er in Jordi Savalls Hespèrion XX ein, ab 1982 spielte er im Duo mit dem Cembalisten Andreas Staier. In Kees Boeke fand er einen Gleichgesinnten in seinen Bemühungen um die Ars subtilior. War diese Kunst unter Musikologen eher als intellektuelles Gesellschaftsspiel verschrieen, gelang Memelsdorff und Boeke vor WDR-Mikrophonen der Nachweis, dass die rätselhaften Notationen nicht nur spielbar sind, sondern auch faszinierend klingen können. Die erste CD (Ars subtilior Ytalica, 1994 erschienen) machte sie mit dem Ensemble Mala Punica weithin bekannt, sechs weitere folgten bis 2002, sämtlich in Coproduktion mit dem WDR.

Pedro Memelsdorff,

Kulturzentrum

Herne, 14.11.1997

121120

Rundfunk. Langfristige Auswirkungen hatte ein Treffen von Radiofachleuten für Alte Musik verschiedener europäischer Länder, das Graham Dixon (BBC) im Juli 1995 anlässlich eines York Early Music Festivals initiierte. Unter den Teilnehmern war auch eine polnische Redakteurin, die im Juli 2001 ein zweites Treffen von Alte Musik-Spezialisten innerhalb der European Broadcasting Union in Warschau einberief, verbunden mit einem international besetzten Alte Musik-Kursus und ei-nem Festival im Schloss Wilanów (bei Warschau). Barbara Schwendowius staunte über die Begeisterungsfähigkeit des jungen polnischen Publikums und fühlte sich etwas wehmütig an die Aufbruchstimmung in der Alten Musik Ende der 1970er Jahre erinnert.

Die Technik des

WDR in der

Sakristei von

St. Germanus in

Seewen, 1997

Forde Abbey in

Südengland,

Aufnahmeort

zahlreicher WDR-

Produktionen

Zentrum eines mit dem WDR kooperierenden Festivals ge- wor den war, und reiste zur Aufnahme des L’Orfeo Barockorchesters ins öster-reichische Linz. Durch Michi Gaigg, seit 1996 Dozentin am dortigen Bruckner-Konservatorium, ist das Orchester mit Linz verbunden.

Manche der auf die-se Weise gefundenen Stätten erwiesen sich als so optimale Aufnahmeräume, dass sie in der Folge auch andere Firmen anzogen. Einige der klanglich besten Aufnahmen entstanden in Forde Abbey in Südengland, so die der Violinsonaten Mozarts mit Hiro Kurosaki und Linda Nicholson (als CD-Box bei ERATO) oder Nicholsons Clavichord-Recital mit Sonaten Carl Philipp Emanuel Bachs (von Capriccio

herausgebracht) und zahlreiche Aufnahmen z. B. mit dem Consort of Musicke, den King’s Singers, London Baroque, dem Trio Sonnerie, dem Rose Consort of Viols und dem Locatelli Trio. Neumann hatte die Great Hall von Forde Abbey 1981 gefunden. Seit der Spätrenaissance baulich nicht mehr verändert, lässt sie sich perfekt mikrophonieren. Während der Aufnahmen schweigen die landwirt-schaftlichen Maschinen, und selbst die Royal Air Force umfl iegt das Gebiet an WDR-Produktionstagen weiträumig. Aber auch in Deutschland fanden sich ideale Aufnahmeorte, so die Kirche St. Osdag in Mandelsloh bei Hannover, die 1981/82 für eine Gesamtaufnahme der Geistlichen Chormusik von Heinrich Schütz entdeckt wurde. Der Knabenchor Hannover nahm die Motetten in einer von Stück zu Stück wechselnden Besetzung auf, teilweise in mehreren Besetzungsvarianten. Die Redaktion Alte Musik besuchte St. Osdag noch für etliche Produktionen z. B. mit dem Amsterdam Baroque Orchestra, Chanticleer, La Stagione oder dem English Consort of Viols u. a. Auch Tonträgerfi rmen begannen, dort zu produzieren.

Von dem 1988 veranstalteten Festival Christian IV. und Europa27 sen-dete der WDR Konzertmitschnitte im Programmaustausch mit dem dänischen

St. Germanus

in Seewen

(Schweiz, Kanton

Solothurn)

123122

Musik in einem organisch gebündelten Studium an-zubieten. In unmittelbarer Nähe des WDR entstanden Ensembles für Alte Musik, die in kurzer Zeit interna-tionale Qualitätsstandards erreichten. Viele Musiker der Region sahen schon Ende der 1980er Jahre eine Zeit gekommen, in der der Sender nicht mehr regelmäßig britische, hol-ländische und französische Ensembles zu Produktionen einladen musste. Sie schätz-ten regionale Gruppen als ebenso geeignet ein und appellierten an die Verantwortung der Rund-funk anstalt, stärker für die aktiven Kräfte im Sendegebiet zu sorgen. Die Abteilung änderte ihre Politik der Internationalität jedoch nicht wesentlich. Da auch die Kommunen wenig zur Förderung dieser Kultursparte unternahmen, blieb es – gerade in der Musikstadt Köln – für die spezialisierten freien Ensembles schwer, regelmäßig aufzutreten und dauerhafte Foren zu gewinnen. Die Musiker lebten und leben gerne im melting pot am Rhein, der einen intensiven künstle-rischen Austausch und Raum für Experimentierlust bietet, sie spielen von dort aus überall in Europa, doch nur selten in Köln selbst, selten in WDR-Konzerten, selten in der Philharmonie, eher noch in einer der vielen Kirchen. Gleichwohl konnte der Sender stets darauf verweisen, dass es nicht Aufgabe einer öffentlich-rechtlichen Anstalt ist, mit Hörergeldern aus NRW eine eigene regionale oder gar lokale Kulturförderpolitik zu betreiben, zumal Kölner Ensembles wie Musica Antiqua Köln, Concerto Köln, Cantus Cölln, Camerata Köln oder die Musiker um Christoph Spering schon Exklusivkünstler bei Schallplattenfi rmen geworden waren. Solange die Musiker bei ihren Konzerten volle Häuser hatten und die Konzertagenturen für Auftrittsmöglichkeiten sorgten, wollte der WDR nur be-dingt als zusätzlicher Konzertveranstalter auftreten. Die Abteilung sorgte in Zeiten

Debra Gomez,

Mitglied im

Ferrara Ensemble,

Kulturzentrum

Herne, 7.12.1986

Die Innsbrucker Festwochen nutzten mehrfach den Impetus der Opernproduktionen, die im Vorfeld als WDR-Produktionen mit René Jacobs stattfanden: Zum ersten Mal geschah dies 1982 mit der Oper L’Orontea von Antonio Cesti, in der Jacobs nicht nur sein Debüt als Dirigent gab, sondern auch in Aufnahme und Konzert eine der Hauptrollen sang. Und solange es den Innsbrucker Radiopreis für die Interpretation alter Musik gab, gewann der WDR mit einer einzigen Ausnahme stets einen der drei Preise. Einigermaßen regelmäßig erhielt die Redaktion Alte Musik für ihre Veröffentlichungen internationale Preise zuerkannt, z. B. den Grand Prix du Disque und den Diapason d’Or, davon allein fast zwanzig Jahrespreise, einige Male auch den Grammy (USA), oft japanische, vereinzelt die englischen Awards.

D ie Wir ku n g d er In t er n a t io n a li t ä t in d er Regio n

Die internationale Ausrichtung der Redaktion Alte Musik ist zweifellos mit verant-wortlich für den Siegeszug von Alter Musik in authentischer Aufführungspraxis in Nordrhein-Westfalen und insbesondere der Kölner Region. Hier waren in den 1980er Jahren vor allem Kirchenmusiker für die Attraktivität des Standorts ver-antwortlich. Sie setzten bei den Engagements von Musikern für ihre Aufführungen früh auf solche mit ›alten‹ Instrumenten. Zudem boten Reinhard Goebel und seine Musica Antiqua Köln einen Magneten, der Künstler aus aller Welt an-zog. An der Musikhochschule sorgten Musiker der Cappella Coloniensis oder des Collegium aureum, die in Hochschulprofessuren berufen wurden, für eine kompetente Ausbildung, wenn sich die Institution auch sonst schwer tat, Alte

Linda Nicholsen,

Cembalo, und

Hiro Kurosaki,

Violine, anlässlich

ihrer Aufnahme

der Mozart-

Sonaten in Forde

Abbey, 1993

125124

An m er ku n gen

1 Historisches Archiv des WDR, Standort 9454, u. a. Schreiben von Music Supervisor Ken Bartlett an

Herbert Eimert, 21.6.1946.

2 Ebd. Vgl. CD 1, Track 3.

3 Aktennotiz Eigel Kruttges vom 31.1.1959; Historisches Archiv des WDR, Standort 4128.

Ferner: Karl O. Koch an Hanns Hartmann, 20.4.1959; Historisches Archiv des WDR, 10339.

4 Historisches Archiv des WDR, Akten Alte Musik Nr. 120–121, Instrumente.

5 »Der Gesamtüberblick fehlt!«, August Wenzinger im Gespräch mit Dieter Gutknecht, in: CONCERTO

[4. Jg.] (1986), S. 22, vgl. auch den Beitrag von Dieter Gutknecht in diesem Band, S. 41–50.

6 Vgl. Chris Howland, Nice Days? Erzählungen, Köln 1995, S. 115–118.

7 Vgl. Dieter Gutknecht, »Zur Geschichte der Aufführungspraxis Alter Musik. Tradition als Hypothek: Die

Cappella Coloniensis (1954–1994)«, in: CONCERTO [11. Jg.] Nr. 96, September 1994, S. 26.

8 Erstmals zu der am 11. Februar 1952 ausgestrahlten Folge Die französische Chanson (Hinweis von

Thomas Synofzik).

9 Harmonia mundi 30.823, WDR-Schallarchiv I-48219, vgl. beiliegende CD II, Track 4.10 Alfred Krings, »Zur Aufführungspraxis von Kirchenmusik des Mittelalters und der Renaissance«, in: IV.

Internationaler Kongreß für Kirchenmusik in Köln. 22.-30. Juni 1961, hg. von Johannes Overath, Köln 1962,

S. 129.11 Thomas Synofzik, »›Der Name Bach, auf dem Programm der Musikfeste erscheinend, möchte von übler

Wirkung sein‹. Alte Musik in Köln«, in: Rheinisches Musikfest [Programmheft], Köln 1996, S. 19.12 Vgl. den Artikel von Jan Reichow, S. 75–90.13 Vgl. zur Geistlichen Musik im WDR Anfang der 1970er Jahre, deren Aufnahmen bis 1976 redaktionell

von Horst Hempel betreut wurden und deren Aufnahmeleitung meist bei Alfred Krings lag, Barbara

Schwendowius, »Familie Bach in Nordrhein-Westfalen. Assoziationen zu einem Thema aus der Redaktion

Alte Musik des WDR«, in: Provokation und Tradition. Erfahrungen mit der Alten Musik, hg. von Hans-

Martin Linde und Regula Rapp, Stuttgart 2000, S. 290–292.14 WDR-Schallarchiv I-106142-68: Historische Orgeln in Siebenbürgen, Auftraggeber Knäbel, Sprecher und

Organist Horst Gehann.15 Interview mit Klaus L Neumann, 12.3.2004.16 Interview mit Klaus L Neumann, 12.3.2004.17 Interview mit Klaus L Neumann, 12.3.2004.18 Historisches Archiv des WDR, o. Sign. Nr. 115: Alte Musik, Orgel-Begutachtungen A-J, bis 2003

Redaktionsbestand.19 Interview mit Barbara Schwendowius, 17.3.2004.20 Diederich Lüken, »Dimensionen historischen Saitenspiels«, in: CONCERTO [3. Jg.] Nr. 2 (1985), S. 8.21 Hartmut Neumann, »Tage alter Musik in Herne«, in: Der Kirchenmusiker, Mai/Juni 1985, S. 89.22 Ders., Tage alter Musik in Herne, in: Musik und Kirche, Heft 6 (1983).23 Interview mit Klaus L Neumann, 12.3.2004.24 Westfälische Rundschau, 2.12.1982.25 Vgl. CD 1, Track 9.26 Vgl. hierzu den Beitrag von Klaus Pietschmann, S. 213–230, und Pedro Memelsdorff, »›Le grant desir‹.

Verschlüsselte Chromatik bei Matteo da Perugia«, in: Provokation und Tradition, a.a.O., S. 55–84.27 Christian IV og Europa. Den 19. Europarådudstilling, Kopenhagen 198828 Interview mit Barbara Schwendowius, 27.4.2004.29 Interview mit Matthias Hofmann, 18.4.2004.

günstiger fi nanzieller Möglichkeiten immerhin für jährlich 25 bis 50 Konzerte im ganzen Sendegebiet. Auch beteiligt sie sich stets an den Rheinisch-Westfälischen Musikfesten im Versuch, »gediegene Geschichte der Region mit besonders wert-vollen, internationalen Interpreten nahezubringen« (Barbara Schwendowius).28

Über Jahrzehnte trug der WDR dazu bei, dass derjenige, der auf hohem Niveau Alte Musik in mittleren oder großen Besetzungen bieten will, heute gera-dezu selbstverständlich international arbeitet. Und wer als freelancer vom authen-tischen Musizieren lebt, den führen die Engagements zwangsläufi g binnen kurzem in die Nachbarländer. »Mehr als zwanzig Prozent der Engagements spielen im europäischen Ausland«, stellt Matthias Hofmann fest, Violoncellist der Cappella Coloniensis und anderer Ensembles. Hofmann spielte in fast allen Ländern Europas und in anderen Kontinenten. Das Publikum der Alten Musik macht die Aufführungssituation ähnlicher als die Nationalität der Podien. Hofmann be-kennt: »Im Abonnementspublikum der Zürcher Oper fühlte ich mich viel fremder als bei einem Konzert mit Alter Musik in Bolivien.«29

Die Forderung eines verstärkten Engagements zugunsten von Musikergruppen der Region traf den sich stetig ausweitenden Produktions- und Sendebetrieb des WDR anfangs auch wenig, vermehrten sich doch eben gerade die Sendeplätze für die Alte Musik. Bis in die 1990er Jahre konnte für die meisten sich bewerbenden qualifi zierten Musiker irgendwann und irgendwo ein Platz gefunden werden. Doch dann reduzierte eine Serie von Hörfunkreformen die Stundenzahl der Fachsendungen wieder drastisch. Zum Teil wurde dies durch integrierte Programme kompensiert. Anderen Musiksparten im Sender erging es ähnlich, doch während sich die Künstler der Region im Bereich der Neuen Musik dagegen zu Wort meldeten, lösten diese Programmveränderungen bei den Aktiven der Alten Musik kaum Widerspruch aus. Längst war für diese Musiker die Großräumigkeit ihrer Arbeit und die notwendige Reisetätigkeit selbstverständlich geworden. Im Gegensatz zu den Künstlern der Neuen Musik empfanden sie den Landessender weniger als ›Mutter der Szene‹. Das mochte auch daher rühren, dass sich die Redakteure der Abteilung Alte Musik weniger als Personen in den Mittelpunkt gestellt hatten. Und die innovative Kraft, die von der Internationalität der Abteilung seit 1976 ausging, mag den Musikern heute als eine ebenso notwen-dige wie vergängliche historische Phase im Musikleben erscheinen.

127126

128

Titelblatt zu Georg

Christoph Bachs

Konzert »Siehe,

wie fein und lieb-

lich« aus dem

in Kiew wieder

aufgefundenen

»Alt-Bachischen

Archiv« der

Berliner Sing-

Akademie

Geist lich e Mu sik d er Bach - Fam ilie

Die Wiederentdeckung eines vergessenen Repertoiresin der persönlichen Erinnerung

Peter Wollny

Zu den prägenden Ereignissen meiner wissenschaftlichen Laufbahn gehörte ein Konzert des Ensembles Musica Antiqua Köln unter Reinhard Goebel im Rahmen der – für Freunde der ›Alten Musik‹ legendären – Reihe der Agrippina-Konzerte im Schnütgen-Museum am Kölner Neumarkt, das ich am 9. März 1982 kurz nach Abschluss des ersten Semesters meines Musikwissenschaftsstudiums besuchte. Gemeinsam mit dem Bassisten Michael Schopper musizierte die Gruppe in die-sem Passionskonzert vokale und instrumentale Lamenti des 17. Jahrhunderts; zum Schluss erklang das Lamento »Wie bist du denn, o Gott, im Zorn auf mich entbrannt« von Johann Christoph Bach, einem Vetter von Johann Sebastian Bachs Vater. Der Eindruck, den dieses Werk auf mich machte, ist mir noch heute in leb-hafter Erinnerung. Gleich am nächsten Tag ging ich daran, mich über diesen – mir bis dahin völlig unbekannten – Vorfahren Johann Sebastian Bachs zu informieren. Ich beschäftigte mich vor allem mit der vertrackten Genealogie der weitverzweig-ten Thüringer Musikerfamilie und verbrachte viele Stunden über den beiden dem Schaffen der älteren Bach-Familie gewidmeten Denkmälerbänden, die Max Schneider im ›Bach-Jahr‹ 1935 herausgegeben hatte.1 Mich faszinierten damals wie heute die knapp dreißig erhaltenen Motetten, Arien und Kantaten in ihrer seltsa-men Mischung aus Schlichtheit und Intensität; beim Durchblättern der Bände ver-weilte mein Blick immer wieder auch bei den Faksimilebeigaben, die einen kleinen Eindruck von den mit zierlichen Schriftzeichen übersäten alten Handschriften ga-ben. Schneider hatte seinerzeit erkannt, dass kein Geringerer als Johann Sebastian Bach selbst die meisten Stücke der Sammlung zusammengetragen und sorgsam als sein »Alt-Bachisches Archiv« gehütet hatte, wobei er sie gleichermaßen als Dokumente der musikalischen Leistungen seiner Familie schätzte wie als Proben des fruchtbaren Bodens, in der seine eigene Kunst wurzelte. Darüber hinaus wa-ren jedoch kaum gesicherte Informationen über die Werke und ihre Komponisten greifbar; offene Fragen gab es zuhauf. Mein neu entfachter Forschereifer stieß allerdings rasch an unüberwindbar scheinende Grenzen. So musste ich feststellen, dass die von mir auf den Abbildungen bewunderten handschriftlichen Quellen zum größten Teil seit dem Zweiten Weltkrieg verschollen waren. Kaum weniger frustrierend war der Umstand, dass praktisch keine Aufnahmen von Werken des Alt-Bachischen Archivs existierten, die die Wiederholung und Vertiefung dieses außerordentlichen musikalischen Erlebnisses ermöglicht hätten.

129

Doch gerade das sollte sich bald ändern. Denn das Feuer hatte nicht nur mich ergriffen: Der WDR begann in den folgenden Jahren, mit Musica Antiqua Köln einzelne der kleiner besetzten Stücke aufzunehmen, darunter auch das von mir bewunderte Lamento Johann Christoph Bachs und zwei Vokalkonzerte seines Bruders Johann Michael. Parallel dazu wurde weiteres, nicht in den Denkmäler-Bänden enthaltenes Material gesichtet, und langsam reifte der Plan, sämtliche erhaltenen Figuralstücke der älteren Bach-Familie für Rundfunk und Schallplatte aufzunehmen. Als Coproduktion zwischen dem WDR und der Archiv Produktion der Deutschen Grammophon wurde dieses Projekt schließlich nach einer längeren intensiven Vorbereitungsphase im Januar 1986 in der Wuppertaler Immanuelskirche realisiert. Ich war mittlerweile zur wissenschaftlichen Hilfskraft von Musica Antiqua Köln avanciert und mir fi el im Vorfeld die Aufgabe zu, eine noch unveröffentlichte Dialogkantate von Johann Christoph Bach zu spartieren. Wenige Tage vor dem Aufnahmetermin gelang es Barbara Schwendowius noch, eine im Straßburger Collegium Wilhelmitanum erhaltene Dialogkantate eines »Signor Bach« aufzustöbern,2 die ich mehr oder weniger über Nacht spartierte. Das Stück wurde dann noch mit aufgenommen, doch wurde uns beim Hören klar, dass es nicht aus dem Umfeld des Alt-Bachischen Archivs stammen konnte. Die Kantate kam entsprechend nicht auf die Schallplatte, bewährte sich aber in den seinerzeit samstags abends und sonntags morgens auf WDR 3 ausgestrahlten Sendungen mit Geistlicher Musik. Den nachhaltigsten Eindruck machten jedoch die eigentlichen Werke der alten Bäche. Neben den Musikern, den Technikern und Barbara Schwendowius als Produzentin saß ich als einziger Zuhörer auf einer der Seitenemporen der Immanuelskirche und lauschte gebannt den fremd-vertrauten Klängen. Die Ehrfurcht, mit der einst der zweitälteste Bach-Sohn Carl Philipp

130

Innenraum des

Schnütgen-

Museums in

Köln (ehemalige

Cäcilienkirche)

Emanuel dem Bach-Biographen Johann Nikolaus Forkel über diese alten Werke als lebendige Zeugen einer längst versunkenen Epoche berichtet hatte, pfl anzte sich unversehens auf uns fort.

Es waren diese Eindrücke, die meine Neugier wach hielten und mich nach Wegen Ausschau halten ließen, dem Rätsel um die Ursprünge des Alt-Bachischen Archivs beizukommen. Die Chancen auf Neuerkenntnisse verbesserten sich, als ich im Herbst 1993 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Bach-Archiv Leipzig wurde und dort nicht nur die größte Sammlung von Mikrofi lmen und Dokumenten zur Geschichte der Bach-Familie vorfand, sondern zugleich auch den nach der Wende wesentlich erleichterten Zugang zu den staatlichen und städtischen Archiven Thüringens nutzen konnte. So fand ich eines Tages – nach jahrelan-gen erfolglosen Rateversuchen und Hypothesen – beim erneuten Durchblättern meiner Sammlung von Quellenkopien das Ende eines Fadens, durch den sich Schritt für Schritt das gesamte undurchdringliche Knäuel entwirren ließ. Mir war nämlich aufgefallen, dass die Schriftformen eines Briefes des Arnstädter

131

Johann Christoph

Bachs Aria »Es

ist nun aus mit

meinem Leben«

aus dem in Kiew

wieder aufge-

fundenen »Alt-

Bachischen

Archiv« der

Berliner Sing-

Akademie

Organisten Heinrich Bach identisch waren mit denen einer Partitur der Motette »Lieber Herr Gott, wecke uns auf« von Johann Christoph Bach. Eine Durchsicht der Arnstädter Organisten- und Kantorenakten im Staatsarchiv Rudolstadt führte daraufhin schrittweise zur namentlichen Identifi zierung der wichtigsten Schreiber des Alt-Bachischen Archivs. Durch einen Vergleich der Dokumente mit den Faksimileproben des Denkmälerbands ergab sich, dass der größte Teil der Handschriften von dem Arnstädter Stadtkantor Ernst Dietrich Heindorff und nicht etwa von einem Mitglied der Bach-Familie angefertigt worden waren. Das Alt-Bachische Archiv bildete also den kleinen aber unschätzbaren Überrest eines Kantoreirepertoires. Die offenbar nach familiengeschichtlichen Aspekten vorgenommene Auswahl aus dem Nachlass Heindorffs könnte unmittelbar durch Johann Sebastian Bach veranlasst worden sein.3

All diese Ermittlungen waren noch einzig auf die wenigen verfügbaren Abbildungen und alten Fotos angewiesen; von den Handschriften selbst fehlte zunächst jede Spur. Doch auch dies sollte sich ändern. Im Sommer 1999 konnte mein Lehrer Christoph Wolff in Kiew das seit dem Zweiten Weltkrieg verschollene Musikarchiv der Sing-Akademie zu Berlin und mit diesem das lange vermisste Alt-Bachische Archiv lokalisieren. Und bereits im Oktober des Jahres konnte ich in Kiew als Mitglied eines von Wolff geleiteten Forscherteams die fragilen, doch er-

132

staunlich gut erhaltenen alten Blätter in die Hand nehmen; nach der Rückführung des Bestands nach Berlin folgte dann eine genauere Untersuchung. Im Herbst 2002 schließlich konnten wir im Bach-Archiv eine Sonderausstellung mit den schönsten Handschriften des Alt-Bachischen Archivs zeigen. Oft dachte ich dabei an die Impulse aus der Kölner Zeit zurück.

Das Engagement der Redaktion Alte Musik beschränkte sich allerdings von Anfang an nicht ausschließlich auf die ältere Bach-Familie. Parallel zu Musica Antiqua Köln erkundete Hermann Max mit seiner Dormagener Jugendkantorei (die heutige Rheinische Kantorei) und dem Ensemble Das Kleine Konzert die Kantaten von Bachs entferntem Vetter Johann Ludwig Bach, der lange Jahre als Kapellmeister in Meiningen wirkte. Für den WDR wurden einige der Werke pro-duziert, drei davon seinerzeit auch auf Schallplatte veröffentlicht. Der schon Mitte der 1980er Jahre diskutierte Plan, die große drei teilige doppelchörige Trauermusik Johann Lud wig Bachs aufzuführen, konnte erst viele Jahre später realisiert werden, als Werke von Johann Sebastian Bachs Familienmitgliedern nicht mehr als für den Plattenmarkt zu exotisch galten.

133

Hermann Max,

Leiter der

Rheinischen

Kantorei,

Kreuzkirche Herne,

13.11.1993

Reinhard Goebel

als Dirigent seines

Ensembles Musica

Antiqua Köln,

Kulturzentrum

Herne, 13.11.1993

Die Gelegenheit, auch das Schaffen der bis dahin immer ein wenig misstrauisch beäugten Bach-Söhne zu erkunden, bot sich im Vorfeld des 200. Todestags Carl Philipp Emanuel Bachs im Jahr 1988. Auf Anregung der Redaktion Alte Musik wurden Aufführungen sowie Rundfunk- und Schallplattenproduk-tionen von repräsentativen Werken des ›Hamburger‹ Bach organisiert, die meisten davon höchstens vom Titel her bekannt. Ich erinnere mich, dass ich in dieser Zeit kaum etwas anderes tat, als für die Produktionen große Mengen von Partituren und Stimmensätzen von Hand zu schreiben. Wer zu den regelmäßigen Hörern der von der Redaktion Alte Musik betreuten Sendereihe Geistliche Musik gehör-te, bemerkte in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre, wie sich der musikalische Horizont deutlich zu weiten begann. Während früher alles um die ›Bach-Kantate‹ kreiste, kamen nun gleichberechtigt auch die Generationen vor und nach Johann Sebastian Bach zu Gehör. Neben Carl Philipp Emanuel Bach stand bald auch dessen jüngerer Bruder Johann Christoph Friedrich, der ›Bückeburger‹ Bach auf dem Programm. Der Erfolg dieser Produktionen ermutigte mich, 1990 auch die Kantaten von Wilhelm Friedemann, dem ältesten Bach-Sohn vorzuschlagen, zu-mal ich diesen Komponisten zum Gegenstand meiner Dissertation gewählt hatte.

Um die Mitte der 1990er Jahre, knapp fünfzehn Jahre nach den ersten Erkundungen auf dem Terrain Geistliche Musik der Bach-Familie, begannen die noch unentdeckten Meister und Werke langsam rar zu werden. Hermann Max wagte sich immer weiter vor und befasste sich schließlich auch mit Wilhelm Friedrich Ernst Bach (1759–1845), dem Sohn des Bückeburger Bach, sowie mit dem nach ausgedehnten Reisen in Wuppertal sesshaften Johann Michael Bach. Ich denke, sowohl Musiker als auch Produzenten waren einhellig der Meinung,

134

hier absolutes musikali-sches Neuland zu betre-ten. Und auch ich wäre jede Wette eingegangen, dass sich in unserer Zeit noch niemand um eine Wiederentdeckung der Generation der Bach-Enkel bemüht hat – bis mir Thomas Synofzik einen an den WDR gerichteten Brief des Musikwissenschaftlers Martin Geck aus dem Jahr 1958 zeigte. Geck regte damals eine Sen-dung zum 200. Geburtstag Wilhelm Friedrich Ernst Bachs an und wies nach-drücklich auf das »fast alle musikalischen Gattungen umfassende Werk« dieses Meisters hin, das »in Musikforschung und -praxis nahezu unbeachtet geblieben« sei. Sein Vorschlag, einige der kammermusikalischen Werke aufzunehmen, stieß indes in der Hauptabteilung Musik des WDR auf eine eher zurückhalten-de Reaktion (Brief von Eduard Gröninger vom 5.2.1958), und so scheint die Anregung damals im Sande verlaufen zu sein. Die Zeit war offenbar noch nicht reif für derartige Entdeckungen.

135

Das Kleine

Konzert und

die Rheinische

Kantorei unter

der Leitung

von Hermann

Max in der

Immanuelskirche

Wuppertal,

April 1986

Innenraum der

Immanuelskirche

Wuppertal

Das Kleine

Konzert und

die Rheinische

Kantorei unter

der Leitung von

Hermann Max in

der Kreuzkirche

Herne, 12.11.1999

128

An m er ku n gen

1 »Altbachisches Archiv. Aus Johann Sebastian Bachs Sammlung von Werken seiner Vorfahren«, hg. von

Max Schneider, in: Das Erbe Deutscher Musik, Band 1–2, Leipzig 1935. 2 Ausgangspunkt war ein Hinweis von Friedhelm Krummacher, vgl. Barbara Schwendowius, »Familie

Bach in Nordrhein-Westfalen: Assoziationen zu einem Thema aus der Redaktion Alte Musik des WDR«,

in: Hans-Martin Linde/Regula Rapp (Hg.), Provokation und Tradition. Erfahrungen mit der Alten Musik,

Stuttgart/Weimar 2000, S. 287ff.

3 Näheres hierzu in meinem Aufsatz: »Alte Bach-Funde«, in: Bach-Jahrbuch 84 (1998), S. 137–148.

136

O r gelr eisen im In - u n d Au slan d

Barbara Schwendowius

Die Orgel ist ein ganz besonderes Instrument: Man kann es nicht mit sich herumtragen, man muss hingehen, wo immer es steht. Es gehört keinem Einzelnen, sondern meist Kirchen- oder Kommunalgemeinden, die entsprechend Einfl uss auf Inneres und Äußeres des Instruments nehmen, dadurch entspricht es immer irgendeinem Zeitgeist und -geschmack, nationalen und regionalen Stilen. Es ist Moden und Mehrheitsbeschlüssen unterworfen – früher auch einsamen Entschlüssen eines Patronats- oder geistlichen Herren. Es steht auf der Grenze zwischen Gebrauchsgegenstand und Kunstwerk. Es ist faszinierend im Inneren (dem technischen Kosmos der Pfeifen und Tonerzeugung) und im Äußeren, dem Prospekt, mit und hinter dem sich eine weite Kultur-Geschichte entfaltet. Die kulturelle Vielfalt Europas im Klang hereinzuholen und dazu oft ganz konkret Geschichte von Land und Leuten, Politik, Kunst, Krieg und Frieden – das war das Reizvolle an unseren Aufnahmen mit historischen Orgeln in Europa und an den Sendungen, die jeweils nach unseren Aufnahmereisen ab 1979 für WDR 3 entstanden sind.

Historische Orgeln mit ihrem authentischen Klang und ihrer spezifi -schen Literatur aufzunehmen, bedeutete im WDR auch ein Novum gegenüber den jahrelangen vorhergehenden Aufnahmen und Sendereihen Kirchenorgeln unserer Heimat und Vergessene Orgelmeister der Romantik. Darin waren fl ächen-deckend die Instrumente in Nordrhein-Westfalen vorgestellt worden, unter denen sich leider keine unverändert historischen befanden. Parallel zu den Bestrebungen der 1976 neu gegründeten Abteilung Alte Musik (»Musik auf historischen Instrumenten im Klanggewand ihrer Zeit«) sollte auch die Orgelmusik mit Originalklang vorgestellt werden.

Die erste Aufnahmeserie galt Orgeln in Spanien/Katalonien. Alfred Krings (Hauptabteilung Musik) hatte sie in Auftrag gegeben, noch bevor ich als Redakteurin in Köln antrat. Die Vorbereitung und Organisation lag bei dem katalanischen Organisten und Orgelsachverständigen Pere Casulleras, der an der Schola Cantorum Basiliensis studiert hatte und in Basel lebte. Zeiten, Orte und Spieler hatte er für zehn Tage im Herbst 1979 (27. September bis 6. Oktober) festgelegt. Das Aufnahmeteam von Sonart Milano mit Tonmeister und Technik (Thomas Gallia und Paul Dery) kam aus Mailand hinzu; bei Auslandsaufnahmen hatten sie schon viel für den WDR gearbeitet. Kleine Orte rings um Zaragoza (Cariñena, Daroca, La Almunia, Longares) und schließlich auch die Kathedrale in Zaragoza selbst waren das Ziel für die Organisten Ton Koopman (Amsterdam),

137

– seine ersten 20 Lebensjahre und die Lehrjahre bei Luzzaschi verbracht hatte. Die Restaurierungswerkstatt im Palazzo Pitti in Florenz konnten wir danach besichtigen. Man ging hier mit einer staunenswerten Akribie in Werkzeug und besonderen Materialien (weiches Ziegenleder!) um, so dass sie mehr ein klinisches Laboratorium zu sein schien. Der als Kunsthistoriker und Organist ausgebildete Restaurator Donati spielte für den WDR im folgenden Jahr (1981) auch an meh-reren Instrumenten aus der Zeit zwischen 1700 und dem frühen 19. Jahrhundert in seiner Werkstatt ein breites Repertoire ein.

Die Reise vom Juli 1981 galt im übrigen Orgeln in der Emilia-Romagna. Hier gab es für mich die erste Begegnung mit Instrumenten aus den berühmten italienischen Orgelbauerfamilien Serassi (in Guastalla bei Modena) und Callido (in Lugo di Ravenna), aber nicht weniger reizvoll war die kleine Orgel von 1670 (von Ottavio di Girolamo Fortoni da Soragna) in der Chiesa di San Bernardino in Carpi bei Modena, auf der Gian Paolo Ferrari Stücke von Marco Antonio Cavazzoni, Claudio Merulo und anderen spielte. Übrigens war vor ihm (1974) auch schon Gustav Leonhardt für eine Schallplattenaufnahme hier gewesen.

Im Jahr darauf, 1982, wollte ich, nach Informationen von Oscar Mischiati, eine zehntägige Aufnahmereise im Juli ins nördliche Veneto (Feltre, Bassano etc.) organisieren. Mit den Organisten war alles besprochen. Aber bei allen Orgelbauern, die ich zum Stimmen und Vorbereiten der Instrumente anfragen wollte, hörte ich: »Ja, gern, aber zu diesem Zeitpunkt kann ich es nicht machen, da bin ich in Bologna, S. Petronio, bei der Einweihung der beiden Chororgeln.« – Ein Jahrhundertereignis! Nach achtjähriger Restaurierungsarbeit, die von Tagliavini und Mischiati initiiert und wissenschaftlich beglei-tet worden war, konnten die beiden Orgeln aus den Jahren 1471/75 und 1596 wieder an den Chorwänden in der riesigen Kathedrale ihren Platz einnehmen und erklingen. Dazu gab es nicht nur Einweihungskonzerte, sondern auch einen großen Kongress der Restauratoren, Orgelwissenschaftler und Orgelbauer – deshalb war eben keine Hand mehr frei fürs Stimmen im Veneto.

Daraufhin baute ich unseren Auf-nahmeplan um: wenn alle Orgelbauer in Bologna waren, mussten wir eben auch nach Bologna gehen! Telefonisch vereinbarte ich mit

Philip Swanton (Basel), Montserrat Torrent (Barcelona) und José Luis González Uriol (Zaragoza). Die Instrumente aus unterschiedlichen Epochen waren in ei-nigermaßen restauriertem Zustand, vor und bei den Aufnahmen kontrollierte Pere Casulleras die Stimmung, und an einigen Instrumenten betätigte er sich auch als Bälgetreter. Die Kirchen waren meist in schwerem spanischem Barock ausgestattet; manchmal hatten wir Gelegenheit, mit dem Pfarrer in einer Sakristei besonders bedeutende Gemälde anzusehen. Mit der mobilen Technik konnte man sich oft in der Sakristei, manchmal aber auch nur in einer Rumpelkammer ein-richten, wo man nur mit Mühe etwas Platz freiräumen konnte, irgendwo musste es einen Stromanschluss geben. Trotz südlicher Gegend war es dort ungemütlich und kalt, besonders, wenn man nur nachts aufnehmen konnte (was das Los bei vielen Orgelaufnahmen ist, da die ›Kirchen im Dorf‹ stehen und tagsüber innen wie außen Betrieb herrscht).

Mit einer Ausbeute von mehreren Stunden spanischer Orgelmusik aus zwei Jahrhunderten, gespielt an jeweils entsprechenden Orgeln, kam ich zurück nach Köln – alle Aufnahmen waren bereits geschnitten und sendefertig, das war Prinzip und Markenzeichen bei Thomas Gallia und Paul Dery in der Zeit der Analog-Bänder. Sehr bald konnte ich also in unseren wöchentlich festge-setzten Orgelsendungen die neuen Aufnahmen in Form einer Sendereihe vor-stellen: den neuen Klang, das neue Repertoire, neue Spieltechnik. Dies verband ich mit Informationen zu den Orgeln, den Interpreten und Stücken, auch mit Beschreibungen der Örtlichkeiten und Besonderheiten bei den Aufnahmen.

In der Redaktion herrschte Übereinstimmung darüber, diese Orgel- und Orgelmusik-Entdeckungen weiterzuführen, und so bereitete ich die Orgelreisen in den nächsten Jahren vor. Am besten war Nord- und Mittelitalien ›bearbeitet‹: Hier hatten Luigi Ferdinando Tagliavini und Oscar Mischiati ein großes Feld doku-mentiert. Von dem Organologen Mischiati erfuhr ich den aktuellen Stand und die Bedeutung neuer Restaurierungen, so dass nach und nach in unseren Aufnahmen ein abwechslungsreiches Bild oder zumindest ein Mosaik der Orgeln in Italien zwischen Alpenrand und Umbrien entstand. In der beigegebenen Übersicht er-schließt sich die Folge und das Volumen der Orgelreisen von 1979 bis 2003.

Besondere Kontakte galten auch Restaurierungswerkstätten, die sich die alten Bautechniken und den Umgang mit den ursprünglichen Materialien wieder zu eigen gemacht hatten. So ging unsere erste italienische Aufnahmereise 1980 nach Ferrara, wo es im Teatro Comunale eine Ausstellung von restaurierten italienischen Tischorgeln und Portativen des 16. Jahrhunderts gab – Arbeiten und Dokumentationen aus der Werkstatt von Pier Paolo Donati (Gabinetto Restauro Organi, Palazzo Pitti, Firenze). Christopher Stembridge, ein zwischen Irland und Italien pendelnder Engländer, auf diese Musik spezialisiert, spiel-te hierauf u. a. die Bergamasca aus den Fiori musicali von Frescobaldi, der in Ferrara – nur wenige hundert Meter vom Aufnahmeort des Theaters entfernt

139138

San Petronio,

Bologna

Mischiati, das Einweihungskonzert in der Basilica di San Petronio mit Stefano Innocenti und Francesco Saverio Colamarino für den WDR aufzunehmen und in der Nacht danach gleich noch eine weitere Stunde Musik (störungsfrei) dazu. (Die RAI hatte sich zu diesem Ereignis nicht angemeldet.) So geschah es, die Aufnahmen dauerten bis vier Uhr morgens, wieder saß ich mit der Technik in ei-ner (diesmal sehr großen) Sakristei, und wir hatten die wunderbaren Instrumente in der herrlichen Akustik der Basilica als Erste für den WDR aufgenommen. Diese Aufnahmen habe ich noch viele Male in Sendungen verwendet, unter anderem in einer Reihe über Kaiser Karl V. – denn hier in San Petronio in Bologna hatte er sich 1530 vom Papst krönen lassen, und dabei erklang bereits die Orgel in cornu epistolae von Lorenzo da Prato (1471/75), die wir 1982 an derselben Stelle aufgenommen haben. Die weiteren Aufnahmen, die in diesem Jahr auf Bologna folgten, waren dann tatsächlich im nördlichen Veneto, und in dem Jahr danach im länderübergreifenden Tirol (von Ried und Patsch im Inntal bis Völs am Schlern und Bozen-Gries). Überall gab es neue Begegnungen: mit neuem Repertoire (z. B. leichtfüßigen Sonaten von Lucchesi und Cervellini, strengen Ricercaren von Merulo), neuen Orgelfarben, neuen Organisten, neuen Orgelbauern bzw. ihren Helfern (denen ich ihre Arbeitsstunden auf die Hand bezahlte), neuen Orten (wo oft erst ein Hotel gesucht werden musste, wenn eine Vorausbuchung nicht möglich war), neuen Sakristanen (d. h. Küstern) und Pfarrern, mit denen es oft hochinteressante Gespräche gab – all das fl oss dann in die Berichte bei den Sendungen ein.

Umgekehrt entstand die Orgelreise von 1984 ausgehend von einer geplanten Sendung über Orgelwerke von Johann Sebastian Bach in Früh- und Spätfassungen. Diese sechsteilige Sendefolge über vergleichende Darstellungen hatte ich geplant mit dem Musikwissenschaftler und Bachforscher Werner Breig, und da es für viele der hier neu vorgestellten Versionen keine Klangbeispiele gab, fragte ich bei Ewald Kooiman (Amsterdam) an, ob er diese ›neue‹ Orgelmusik für den WDR an norddeutschen Instrumenten aufnehmen wolle. Da er selbst an Fragen der Bachforschung ständig interessiert ist, machte er gern mit, legte selbst die Orgeln fest (in Lüneburg die Georg-Böhm-Orgel in St. Johannis am Sande, in Salzgitter-Ringelheim und in Liebenburg bei Goslar), und so reisten wir sechs Tage mit dem WDR-Ü-Wagen durch das ARD-›Ausland‹ Niedersachsen. Mit genauem Noten-Plan von taktweisen Varianten bis zu Änderungen in der formalen Anlage ganzer Werke und zahlreichen Neueinspielungen aus dem Bach-Repertoire reichte dieses Programm, das später Stoff für sechs Sendungen (à 90 Minuten) gab, kom-mentiert von Werner Breig.

Im selben Jahr 1984 hatte ich über die damalige Hörfunk-Sendeleitung versucht, Kontakte auf offi ziellem Pressewege zu knüpfen, um in der DDR – in der Mark Brandenburg – historische Orgeln aufzunehmen. Auch hier hatte ich zunächst Verbindung mit dem Orgelsachverständigen Winfried Schrammek in

Leipzig aufgenommen; plötzlich gab es von dort eine Absage – und alles musste über das offi zielle Journalistenbüro in Ost-Berlin gehen.

1985 wurden dann der nie-derländische Organist Ewald Kooiman und ich zur Besichtigungstour und ›Rekognoszierung‹ zugelassen. Von Berlin bzw. Potsdam fuhren wir im Leihwagen über die Dörfer und in die Kleinstädte, begleitet von einer Dame des Pressebüros, die alle Informationen (Zuständigkeiten, Genehmigungen, Telefon-Nummern und Adressen) vor Ort einsammelte. Ich schrieb heim-lich mit – was mir dann später geholfen hat. Wir wohnten natürlich in teuren ›Devisen-Hotels‹, schließlich sollte sich unser Besuch ja für die Staatskasse lohnen. Nachdem Ewald Kooiman auf allen vorgeschlagenen Instrumenten gespielt und wir uns für eine Auswahl und eine bestimmte Reihenfolge entschieden hatten, um 1986 die Reise durchzuführen, hieß es im Frühjahr dieses Jahres: Die Aufnahmen können nicht stattfi nden; angeblich habe die Orgelfi rma keine Kapazität zur Betreuung der Orgeln frei.

Das war die Stunde der Hörfunk-Kollegen des Polnischen Rundfunks; Tadeusz Kopel, ein perfekt zweisprachiger Oberschlesier, war hierbei die treibende Kraft. Mit ihnen (die bereits viel mit dem WDR-Fernsehen zusammen gearbeitet hatten) hatte ich schon Gespräche geführt, und jetzt ging es ganz schnell: Binnen weniger Wochen hatten sie einen Plan und die Formalitäten fertig für Aufnahmen des WDR an historischen Orgeln in Mittel- und Südpolen. Auf Wunsch von Alfred Krings sollte dies mit dem WDR-Ü-Wagen (sozusagen als offi zieller Botschafter) geschehen – eine weite Reise von etlichen tausend Kilometern für dieses nicht eben bewegliche Gefährt. Denn die polnischen Kollegen hatten ein großes Pensum vorgesehen: Es fi ng im äußersten Südosten, in Rzeszów, an – nicht weit entfernt von der Ukraine, wo kurz vorher das Reaktorunglück in Tschernobyl passiert war. Die Gesundheits- und Ernährungsfrage, die bei uns im Westen eine so große Rolle

141140

Orgel in Le · zajsk,

Bernhardinen-

Klosterkirche

Katharinenkirche

in Kraków:

Joachim Grubich

und Kalkant

� II,9

als Standquartier zwischen Krakau und Warschau, und hier stieß der Organist, Musikwissenschaftler und Orgelkundler Jerzy Erdman aus Warschau zu uns. Er spielte an ganz schwierigen und ausgefallenen Instrumenten, hatte immer die richtige reichhaltige Literatur dafür; er war sehr sarkastisch und außerdem außerordentlich zäh: Kälte, schwergehende Mechanik, nächtliche Aufnahmezeit schien er nicht zu merken, bis er sicher war, das Beste abgeliefert zu haben. In Ch

‘ eciny, einem ehemaligen Frauenkloster mit einer kleineren Orgel, gab es große

Stimmungsprobleme wegen Wetterumschwung und Orgelmotorgeräuschen: Erdman hatte nächtliche Ausdauer und spielte dabei die zierlichste ›Damenmusik‹ des späten 18. Jh. (Tabulatur der Jadwiga Dygulska). In ganz anderen Dimensionen war wenige Tage danach die Orgel in der Renaissancestadt Kazimierz Dolny bei Lublin (Kirche St. Johannes und Bartholomäus). Sechs Blasebälge waren nötig ge-

143

spielte, sah man in Polen (notgedrungen) meist gelassen. Die Organisten waren von den polnischen Kollegen bestellt, die Besten ihres Faches für Alte Musik, aber es zeigte sich doch hin und wieder, dass historische Tastaturen und Mechanik ihre Tücken haben. Die staatliche Restaurierungsfi rma in Krakau hatte sehr gut vorge-arbeitet, mit Geschick und Erfi ndungsgeist manche Materiallücke überspielt. Sie waren auch bei den Aufnahmen stets anwesend, manchmal auch als Kalkanten.

Von Rzeszów mit Abstechern nach Le · zajsk mit seiner üppigen Barockorgel war Kraków der nächste Standort (auf dem Weg dorthin konn-ten wir das riesige historische Salzbergwerk Wieliczka besichtigen). In Kraków spielte Joachim Grubich auf der Orgel der Universitätskirche St. Anna Bach und Buxtehude und auf einem kleinen Orgelpositiv in der Kirche St. Katharina u. a. Werke aus der Tabulatur des Krakauer Klosters zum Heiligen Geist. Dann fuhr

der Ü-Wagen mit einigen Umwegen (weil die Brücken zu niedrig waren) in Richtung Gebirge in das Dorf Orawka, in dem eine wunderschöne kleine aus-gemalte Holzkirche stand. Damit der LKW dicht heranfahren konnte, ließ der Pfarrer von zwei Dorfbewohnern den Weg freisägen. Die Dorfkinder standen in respektvollem Abstand, und hier wie überall hatten wir Süßigkeiten und kleine Mitbringsel für sie. Der Weg der weiteren Aufnahmen führte nach Kielce, einer mittelgroßen Stadt

142

Kirche des

Hl. Johannes d. T.

in Orawka, rechts:

Freisägen des

Weges

St. Jo sephs kirche

in Ch ‘eciny, Orgel

und Spieltisch

St. Annakirche

in Bolimów,

Orgelspieltisch

und Pfeifenwerk

Holzkirche

in Wola

Radziszowska

Mit Recht waren die polni-schen Radio-Kollegen sehr stolz, dass sie diese Orgelreise vor der DDR zu-stande gebracht hatten. Ein Jahr später, 1987, war es dann dort soweit, dass wir die geplante Orgelreise durch die Mark Brandenburg machen konnten – sozialistisch überwacht nicht nur der Ü-Wagen, sondern auch die Pastorinnen und Pastoren der jeweiligen Kirchen, die oft zugleich Baukonservatoren waren und ihre Kirchen zu den einzigen freien Begegnungsstätten und Kulturinseln auf dem Land machten. (Im Sommer 1987 lag die Wende ja noch mehr als zwei Jahre in der Zukunft.) Die von Ewald Kooiman ausgewählten Orgeln waren von der Firma Alexander Schuke, Potsdam (damals VEB Schuke-Orgelbau Potsdam) betreut und vorbereitet, es handelte sich meist um Instrumente von Joachim Wagner (1690–1749). Die von uns beauftragten Organisten trafen (mit DDR-Visum) zur verabredeten Zeit ein, konnten an ihren Instrumenten üben und danach im festgelegten Turnus aufnehmen. 1987 waren es: Eric Lynn Kelley, Reinhard Jaud, Philip Swanton, Ewald Kooiman und Roland Götz. Sie spielten, den jeweiligen Gegebenheiten der Instrumente entsprechend, Werke von Ahle bis Zachow, in Angermünde bis Wusterhausen/Dosse. Erstmals ergab sich hierbei die Gelegenheit, eine Auswahl der Stücke auf CD zu veröffentlichen: Roland Götz tat dies auf seinem eigenen Label studio XVII augsburg, indem er die Bänder vom WDR erwarb und den CDs eine schöne grafi sche Aufmachung gab.

Im übernächsten Jahr (1989) gab es auf diesem Gebiet die erste Coproduktion: die Orgelreise durchs österreichische Burgenland, diesmal nicht in allen Einzelheiten von mir, sondern von Roland Götz vorbereitet, aber vom WDR durchgeführt. Die beiden Organisten Roland Götz und Reinhardt Menger brachten hierbei viele besondere Kompositionen des süddeutsch-österreichischen Raumes ans Licht. Wir hatten dieses Orgel-Gebiet ausgewählt, weil es aus unserer nördlichen Sicht zunächst ein etwas ›unbeschriebenes Blatt‹ war; bei näherem Hinsehen bot es dann eine Vielfalt von gut gepfl egten Instrumenten, angefangen von einer Truhenorgel im Museum der Burg Güssing und dem Orgelpositiv auf der Burg Schlaining bis zur zweimanualigen Kirchenorgel in Unterfrauenhaid, der Taufkirche von Franz Liszt und einer Orgel von 1839 aus Ödenburg/Sopron. Und bei meinen örtlichen Recherchen zur Geschichte, Kultur und Tradition des Landes stieß ich auf die interessante Tatsache, dass es hier im Burgenland unter

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wesen, um das Instrument mit Wind zu versorgen, und man musste viele Treppen hinaufsteigen, um an den Spieltisch zu gelangen. Auch hier spielte Jerzy Erdman (aus der Warschauer und der Danziger Tabulatur) bis zum frühen Morgen, der dort für uns allerdings zwei Stunden früher eintrat als in Köln gewohnt, und über die Weichsel-Deiche fuhren wir nach Warschau zurück in der Morgendämmerung einer menschenleeren Landschaft. Zum Aufnahme-Team gehörte Martin Cichy, der in Polen (der deutschen Sprachinsel um Oppeln) die ersten zehn Jahre seines Lebens verbracht hatte und uns in praktischen Dingen der beste Dolmetscher war. Und der Ingenieur Georg Litzinger, der ebenfalls die nächtlichen Aufnahmen und die oft langen Anwege dorthin gelassen in Kauf nahm – gegenüber dem vielen Neuen und Interessanten, das man kennenlernen konnte. Die polnische

Gastfreundschaft tat ein Übriges mit Einladungen in Pfarrhöfe an kräftig gedeckte Tische. Die Sendungen, in denen ich neben aller Kunst- und Orgelgeschichte auch dieses erwähnte, machten mir aber hinsichtlich der Aussprache einzelner Orts- und Eigennamen doch einige Mühe – da haben wir jetzt auch in der EU noch einiges nachzu-holen!

144

Kazimierz Dolny,

St. Johannes und

Bartholo mäus-

Kirche; rechts:

Außen ansicht mit

Ü-Wagen

Ab schluss ver-

anstaltung mit

Jerzy Erdman

in Warschau

(mit Barbara

Schwendowius)

Georg Litzinger

und WDR-

Techniker Karl

Meyer, 1985

� I,11

� II,11

aussah, wird man sich vielleicht noch erinnern. Aber auf diese Weise haben sich eben auch viele Dinge ergeben, die sich nur übermitteln lassen beim Kaffee im Pastoratsgarten oder in der Wohnung des Kantors. Dabei haben Ewald Kooiman und ich eine Kantorenwohnung besonderer Art kennengelernt: das Geburtshaus Carl Gottlieb Reißigers bei der Marienkirche in Belzig, heute Wohnung der Kantorin Thea Labes. Sie setzt sich bereits viele Jahre lang und mit wachsendem Erfolg für das Werk dieses Komponisten ein, der in Dresden zur Zeit des jungen Richard Wagner Hofkapellmeister war. Bei ihr lernte ich Reißigers Oratorium David (1852) kennen und übermittelte diese ›Entdeckung‹ im Kölner Sender; einige Jahre später (Dezember 2002) führte es der WDR Rundfunkchor mit dem WDR Rundfunkorchester in der Kölner Severinskirche auf.

Zum Stichwort ›Coproduktionen‹ für Orgelaufnahmen: Orgelreisen in dieser bunten anthologischen Fülle von Literatur, gespielt an verschiedenen Instrumenten mit verschiedenen Interpreten innerhalb von 10 bis 14 Tagen – das gab es nach 1989 nicht mehr. Statt dessen entstanden eher punktuelle, thematisch gezielte Aufnahmen und dies in Verbindung mit Coproduzenten für Schallplatten bzw. CD. So die Aufnahmen in Venedig mit Rupert Gottfried Frieberger und Ingemar Melchersson an den beiden Orgeln der Frari-Kirche, Elsa Bolzonello Zoja an der Orgel des Ospedaletto. Venedig – dies bedeutete: Transporte auf un-gewöhnlichen Wegen mit Wassertaxi, Linienschiffen anstelle Bus, Carrello statt Auto im Nahbereich für das Gepäck und die Geräte, Fahrt mit dem Nachtboot über den Lido zurück zum Hotel, Gänge durch nächtliche venezianische Gassen. Arbeiten in den Kirchen, die selbst Kunstwerke sind und dazu voller Kunstwerke ausgestattet, täglich von Touristen besucht und deshalb nur abends und nachts für Aufnahmen zu benutzen sind. Aber auch hier, besonders in der Frari-Kirche: die Ehrfurcht vor den Kunstwerken, mit denen man ›umgeht‹, wenn man mit der Technik in der Sakristei (neben der Gasheizung) sitzt und eine zu restaurierende Reiterstatue eines Condottiere des 15. Jh. neben sich hat, oder wenn man unter der Assunta von Tizian steht, allein, nachts, bei dunkler Kirche, nur die Klänge der beiden Chororgeln im riesigen Raum. Und gleich daneben der Gedenkstein für das Grab Monteverdis in einer Seitenkapelle...

Anders dagegen in Ponte in Valtellina, im italienischen Veltlin an der Grenze zur Schweiz, in den Bergen. Hier steht die kleine Kirche außerhalb des Ortes (Madonna in Campagna). Sie beherbergt eine schöne historische Orgel von Marco Antonio Bizarri-Antegnati (1519–1589). Aber da heute die Kirchengemeinde des Dorfes zu klein ist, kann sie die Bausubstanz dieser und anderer Kirchen auf ihrem Gebiet nicht genügend pfl egen, so sehr sich auch der sehr aktive und orgelinteressierte Pfarrer dafür einsetzt. Deshalb war bei unseren Aufnahmen die Bewunderung für die Schönheit der Kirche gemischt mit dem Bedauern über den Zustand des Gebäudes – und der Erheiterung darüber, wie un-konventionell und geschickt die notwendige Stromversorgung für den Ü-Wagen

147

Ungarn- und Türkenherrschaft (bei ständig wechselnden Grenzverläufen) schon eine große religiöse Toleranz gegeben hatte, die erst unter dem Habsburger-Regime rigoros beendet wurde. Immerhin gehörte die alte Fischerkirche in Rust am Neusiedlersee zeitweise zu den wenigen protestantischen Kirchen Österreichs, und hier spielte Roland Götz die Choralbearbeitung »Christ ist erstanden« von Nicolaus Adam Strungk. Wir waren bei diesen Aufnahmen im Sommer übrigens nicht weit entfernt von Sopron und damit der Stelle, an der im Herbst desselben Jahres 1989 der Grenzzaun von der Ungarischen Republik für die Flüchtlinge aus der DDR geöffnet wurde – das stand mir lebhaft vor Augen beim Hören der ersten Radio-Meldungen über diese Ereignisse.

Eine Coproduktion (mit der Firma Dabringhaus + Grimm) war auch die Orgelreise durch Mecklenburg 1991, zwei Jahre nach der Wende. Nach den Brandenburg-Sendungen vermutete die Firma zu Recht weiteres WDR-Interesse an diesem Gebiet. Diesmal lagen Vorarbeiten und Technik beim Coproduzenten. Das war in zweierlei Hinsicht von Vorteil: bei den vielen kleinen Dorf- und Friedhofkirchen, um die es hier oft ging, wäre ein großer Ü-Wagen nicht gut zu platzieren gewesen, auch die Straßenverhältnisse – besonders auf den Nebenstrecken – boten noch viele Überraschungen (ich lieh mir dafür extra einen besonders hochbeinigen, gut gefederten PKW), und in der neuen politischen Lage mit vielen Empfi ndlichkeiten war es angebracht, keinen Eindruck einer neuen ›Staatlichkeit von Invasoren‹ zu wecken. Ohnehin war es schwierig gewesen, die misstrauischen Mecklenburger vom Zweck dieser Aufnahmen für eine West-Firma zu überzeugen, immerhin war jedoch der Organist Martin Rost gebürtiger Leipziger, damals tätig in Frankfurt/Oder (heute in Stralsund, St. Marien) und bestens bekannt mit historischen Orgeln in Mecklenburg und der spezifi schen Literatur dafür, die er aus z. T. entlegenen Quellen zusammengetragen hatte. Glanzstück dieser Reise war die nächtliche Aufnahme im Dom von Schwerin an der riesigen, von Schuke/Potsdam restaurierten Ladegast-Orgel (mit Werken von George Hepworth und Johannes Brahms) – eine riesige Kirche, nachts nur mit schwacher Arbeitsbeleuchtung für Organist und Technik, und eine große klang-liche Eleganz und Klarheit der Orgel auch im spätromantischen Fortissimo.

Während es 1991 für Mecklenburg bereits einen reich bebilderten und ausreichend kommentierten Kunstführer gab, musste man sich doch die Einzelheiten der Informationen zu Geschichte des Ortes und besonders der Kirche durch ›mündliche Tradition‹ zusammentragen – und hier gab es viele Gespräche mit den Pastorinnen und Pastoren, den örtlichen Organisten und Orgelsachverständigen. Noch viel mehr war ich auf solche Gespräche über histori-sche Zusammenhänge und Mitteilungen aus der örtlichen Überlieferung angewie-sen bei der Brandenburg-Reise 1987, denn damals gab es absolut keine greifbare Literatur zur Geschichte von Brandenburg-Preußen, in die man da hineingeriet, und wie es mit Fotos, Drucken und Vervielfältigungen von Informationsblättern

146

den historischen Orgeln von Treviso gemacht, an denen Marcons Heimatstadt so reich ist. Diese Aufnahmen sind als Coproduktion mit dem WDR beim Label Divox erschienen. Bis auf einen Besuch in Venedig, als Andrea Marcon für seine erste Frescobaldi-CD den Preis der Fondazione Cini bekam, hatte ich leider keine Gelegenheit, bei diesen Aufnahmen in Treviso dabei zu sein – aber zumindest kannte ich eine Orgel, San Nicolò, bereits aus unserer früheren Reisezeit: Mit Christopher Stembridge hatten wir 1982 hier Ascanio Mayone (Secondo Libro di Diversi Capricci, Neapel 1609) aufgenommen.

Zwei k lein e Nach klän geIm Juni 2002 arrangierte ich eine zweitägige (zweinächtliche) Aufnahme an der restaurierten Grüneberg-Orgel in der Französischen (Hugenotten-)Kirche in Potsdam mit dem Organisten Klaus Eichhorn. (Die Kirche steht an einem Verkehrsbrennpunkt, unmittelbar vor einem Krankenhaus mit Notdienst-Hubschrauber.) Das Instrument hat eine lange Geschichte, an deren Ende, nach der jahrelangen Restaurierung der Hugenotten-Kirche, die Restaurierung durch die Orgelbaufi rma Schuke/Potsdam steht. Der Sitz der Firma (bis Februar 2004 noch in der Gutenbergstraße am Holländischen Viertel) lag quasi in Sichtweite zur Französischen Kirche. Die Aufnahmen sind – außer als Dokument im DeutschlandRadio Berlin – mehrfach in WDR-Sendungen über Hugenotten und den Hugenotten-Psalter vorgestellt worden, und sie wurden auch der Potsdamer Kirchengemeinde als Dokumentation zur Verfügung gestellt, womit sie eine ›klin-gende Visitenkarte‹ für ihre Kirche hat.

149

gelegt wurde (die wir von Köln aus vorbestellt hatten). Aber auch hier mussten wir bei kühler Nacht bis zum frühen Morgen aufnehmen, weil die Kirche an ei-ner Straßenkreuzung liegt. Der Organist Fabio Bonizzoni hatte aus Mailand eine Choral-Schola mitgebracht, mit der er in liturgischer Form eine Orgelmesse von Giovanni Salvatore (Neapel 1641) aufnahm. Oder in Arezzo. Hier hatte Pier Paolo Donati 1990 die Orgel von Luca da Cortona (1534/36) restauriert. Sie wurde in Konzerten eingeweiht von Luigi Ferdinando Tagliavini und Donati selbst, außer-dem war sie 1995 das ideale Instrument für die Orgelmusik von Andrea Gabrieli, für die Christopher Stembridge eine neue, improvisatorische Aufführungsweise ent wickelt hatte. Arezzo, die Stadt des ›Musikheiligen‹ Guido von Arezzo mit sei-ner Solmisationstheorie, die Stadt des internationalen Chorwettbewerbs, die Stadt Francesco Petrarcas, dessen Geburtshaus gleich unterhalb der Kathedrale steht. Die cattedrale oberhalb der Stadt war – wiederum mit der Sakristei für die Technik – der Ort, in dem ich das letze Mal bei Orgelaufnahmen mit Thomas Gallia zu-sammenarbeitete, bevor er am 17. August 1997 starb. Wie kein anderer hatte er den Klang der Orgeln, der Räume, den Geist der Musik in seinen Aufnahmen ver-binden können. Auch wenn er manchmal beim Betreten der Kirche spontan sagte: »Hier kann man nicht aufnehmen!«

Viel von Thomas Gallia gelernt, wie er selbst sagt, hatte Pere Casulleras. Nach seinem Abschluss in Basel hat er sich als Tonmeister mit eigenem Studio selbstständig gemacht, viele Aufnahmen der Schola Cantorum Basiliensis sind mit ihm entstanden. Andrea Marcon , der ebenfalls an der SCB studiert hat und jetzt als Lehrer an der SCB tätig ist, hat mit Pere Casulleras seine Aufnahmen an

148

Die Französische

(›Hugenotten‹-)

Kirche in Potsdam,

Innen- und

Außenansicht

Thomas Gallia

Gr ö ß er e Pr o d u kt io n en an h ist o r isch en O r geln 1979–2003

27.9.–6.10.1979 SPANIEN Katalonien Cariñena, Daroca, La Almunia, Longares (erbaut 1699 von Joseph de Manera y Ximénez del Reino de Navarra, restauriert 1983 von Fa. Orgelbau Felsberg AG), Zaragoza: Kathedrale La SeoMontserrat Torrent (Barcelona), Philip Swanton (Basel), José Luis Gonzáles Uriol (Zaragoza), Ton Koopman (Amsterdam) Aguilera de Heredia, Cabanilles, Cabezón, Correa de Arauxo

6.7.1980 ITALIEN FerraraFerrara: Museo Comunale, Orgelpositiv aus Anghiari (bei Arezzo) ca. 1540(1977/78 rest. v. Pier Paolo Donati, Florenz)Christopher Stembridge (Cork) Cavazzoni, Frescobaldi

17.7.–30.7.1981 ITALIEN Emilia-RomagnaGuastella (bei Modena): Cattedrale (Giuseppe Serassi 1794, mit Pfeifen aus dem 16. Jh.), Ferrara: San Paolo, Carpi (bei Modena): Chiesa di San Bernardino (Ottavio di Girolamo Fortoni da Soragna 1670), Lugo di Ravenna: Chiesa del Carmine (Gaetano Callido, Venedig 1797, 1967/68 rest. v. Bartolomeo Formentelli, Pedemonte), Florenz: Palazzo Pitti-Laboratorio di restauri (anon. Orgelpositiv, toskanische Schule, 18. Jh., 1981 rest. v. Pier Paolo Donati, Florenz) Stefano Innocenti (Parma), Reinhard Jaud (Innsbruck), Gian Paolo Ferrari (Modena), Maria Grazia Filippi (Lugo di Ravenna), Pier Paolo Donati (Florenz)Cavazzoni, Cirri, Frescobaldi, Froberger, A. Gabrieli, Galuppi, Gherardeschi, Lucchesi, Martini, Merula, Merulo, Pescetti, Poglietti, D. Scarlatti, Zipoli

9.7.–18.7.1982 ITALIEN Bologna und VenetoVerona: Santa Maria in Organo (1881 erb. v. G. Battista De Lorenzi, 1973 rest. v. Bartolomeo Formentelli), Feltre: Chiesa Cattedrale di San Pietro (1767/68 erb. v. Gaetano Callido, 1979/80 rest. v. Fa. Fratelli Ruffatti, Padova), Bologna: Basilica di San Petronio (1471–75 erb. v. Lorenzo da Prato, 1596 Baldassarre Malamini, 1974–82 rest. v. Fa. Tamburini, Crema), Treviso: San Nicolò (1778/79 erb. v. Gaetano Callido), Bassano del Grappa (Vicenza): Santa Maria in Colle (1796 erb. v. Francesco Dacci il Giovane), Torri del Benaco: Chiesa dei SS Pietro e Paolo (1744 erb. v. Angelo Bonatti, 1982 rest. v. Fa. Piccinelli, Padova)Francesco Saverio Colamarino (Rom), Stefano Innocenti (Parma), Luigi Scopel (Belluno), Reinhard Jaud (Innsbruck), Christopher Stembridge (London)Cavazzoni, Cervellini, A. Gabrieli, Galuppi, Gasparini, Gherardeschi, Guami, Lucchesi, Macque, Marcello, Mayone, Pasquini, Rovigo, A. Scarlatti, Storace, Trofeo, Valeri, Zipoli

151

Im Herbst 2003 war die Restaurierung der Orgel in Ostönnen bei Soest beendet, am 8. November wurde die Orgel mit einem Konzert von Harald Vogel eingeweiht. Im Lauf der Restaurierung war man auf erstaunliche Erkenntnisse gestoßen: Die ältesten Teile des Instruments, darunter die Windlade, stammen be-reits aus der Zeit um 1430. Wir haben damit eine der ältesten Orgeln Europas auf unserem westfälischen Gebiet. Natürlich hat der WDR dieses Ereignis besonders gewürdigt: durch die Aufzeichnung des Einweihungskonzerts mit Harald Vogel und seine sachkundigen Erläuterungen sowie durch die unmittelbar vorherge-hende Produktion mit Musik für Zink (Doron David Sherwin, Modena) und Orgel (Brett Leighton, Linz) in Kompositionen der Zeit von 1430 bis 1600. Diese Aufnahmen wurden am 3. März 2004 gesendet und sind im Juni 2004 auf CD erschienen.

150

Orgeln

in Cariñena

(links) und

La Almunia

� II,9

153

23.7.–29.7.1983 ÖSTERREICH/ITALIEN TirolPatsch: kath. Pfarrkirche St. Donatus (1840 erb. v. Franz Reinisch, Steinach am Brenner, rest. v. Reinisch-Pirchner, Steinach am Brenner), Ried: kath. Pfarrkirche (erb. v. Johannes Cronthaler, Kaufbeuren), Völs am Schlern: kath. Pfarrkirche (1770c erb. in Bozen, v. Ignaz Franz Wörle [?], 1971 rest. v. Reinisch-Pirchner, Steinach), Wiesen (Prati, bei Sterzing): kath. Pfarrkirche (rest. v. Reinisch-Pirchner, Steinach), Bozen: Kloster Muri-Gries/Kapelle (Orgelpositiv: Ignaz Franz Wörle, Bozen, rest. v. Paolo Ciresa, Bozen)Brett Leighton (Basel), Reinhard Jaud (Innsbruck), Christopher Stembridge (London) Albrechtsberger, C. Ph. E. Bach, W.F . Bach, Blow, Eberlin, Fischer, Frescobaldi, Froberger, Kerll, Muffat, Murschhauser, Pachelbel, Speth, Walther

23.7.–28.7.1984 NiedersachsenLüneburg: St. Johannis, Salzgitter-Ringelheim: St. Abdon und Sennen, Liebenburg bei Goslar: SchlosskircheEwald Kooiman (Hoofddorp bei Amsterdam) J. S. Bach

26.6.–5.7.1986 POLENKrakau: St. Anna/St. Katharina, Orawka: St. Johannes der Täufer (1656[?]), Ch

‘ eciny (um 1700), Lowicz (1755 erb. v. Paulus Ernestus Rickert), Kazimierz

Dolny: St. Johannes und Bartholomäus (erb. 1620 wohl von drei Meistern; rest. 1975–81), Le · zajsk: Kirche des Bernhardinenklosters (1678–82 und 1684–93 erb.; letzte Reparatur 1966–68)Joachim Grubich (Krakau), Jerzy Erdman (Warschau), Józef Serafi n (Warschau)Anonymus (16.–18. Jh.), Bakfark, Buxtehude, Danziger Tabulatur, Pachelbel, Podbielski, Rohaczewski, Sweelinck, Warschauer Tabulatur, Zelechowski

29.6.–8.7.1987 DDR BrandenburgBötzow: ev. Dorfkirche (1743 v. Joachim Wagner erb.), Wusterhausen/Dosse: ev. Stadtkirche St. Peter (1740/42 v. Joachim Wagner, auf David Baumann, Friesack 1713 zurückgehend), Belzig: ev. Stadtkirche St. Marien (1746/47 v. Johann Adolarius Papenius erb., 1979 nach Restaurierung durch Schuke/Potsdam eingeweiht), Klein Glien: ev. Dorfkirche (1791 v. Johann Wilhelm Grüneberg, Brandenburg/Havel erb.), Neuzelle: Prozessionsorgel-Stiftskirche (Michael Geinitz[?], wahrsch. frühes 18. Jh.), Angermünde: ev. Stadtkirche St. Marien (erb. v. Joachim Wagner 1742/44, rest. v. Schuke/Potsdam)Ewald Kooiman (Amsterdam), Roland Götz (Augsburg), Eric Lynn Kelley (Frankfurt/Main), Reinhard Jaud (Innsbruck), Philip Swanton (Basel) Ahle, Bach, Boyce, Buttstett, Buxtehude, F. Couperin, Krieger, Moyreau, Piroye, Reincken, Rellstab, Scheidemann, Scheidt, Walther, Zachow

152

Marienkirche in

Angermünde,

Orgelprospekt und

Zimbelstern

� I,11

Unten links:

Barbara Schwen-

dowius mit Philip

Swanton (Mitte),

Kantorenfamilie

Glös und dem

Aufnahme team:

Klaus-Dieter

Harbusch (l.)

und Manfred

Gehring (r.) in

Angermünde;

unten rechts:

Ewald Kooiman

vor der

Marienkirche

� II,11

� I,11

Reinhardt Menger (Kl. Arnsburg/Hessen), Roland Götz (Augsburg)Albrechtsberger, Anonymus (16.–18. Jh.), J. Haydn, Lederer, Muffat, Pasquini, Richter, Scherer, Schnizer, Strungk, Sweelinck, Techelmann, Wagenseil

23.6. und 1.7.1990 ITALIEN ArezzoArezzo: Kathedrale (1534/36 erb. v. Luca da Cortona, rest. v. Pier Paolo Donati, Florenz)Luigi Ferdinando Tagliavini (Bologna), Pier Paolo Donati (Florenz)Cara, Cavazzoni, Frescobaldi, Fogliano, A. & G. Gabrieli, Malvezzi

2.6.–14.6.1991 MecklenburgSchwerin: Dom, Jördenstorf: Dorfkirche, Neustrelitz: Stadtkirche, Basedow: Dorfkirche, Zittow: Dorfkirche, Blankenhagen: Dorfkirche, Neukirchen: Dorfkirche, Neuburg: Dorfkirche, Belitz: Dorfkirche, Rostock: Stadtkirche St. Marien, Sternberg: Stadtkirche, Güstrow: Pfarrkirche

155

16.8.–22.8.1988 POLENStary S

‘ acz: Klosterkapelle (1. Hälfte 17. Jh.; v. Jakub Wojtowsicz, Bartlomiej

Febowski, Józef Krzemynski; 1978 rest.), Tokarnia: Pfarrkirche (Erbauer und Baujahr unbekannt; 2. Hälfte 18. Jh.), Orawka: Pfarrkirche St. Joh. Baptist, Jadowniki: Bergkirche St. Anna (18. Jh.), J

‘ edrzejów: Zisterzienserinnen-

Klosterkirche (erb. Józef Sitarski, Krakau ca. 1750)Roland Götz (Augsburg), Jerzy Erdman (Warschau), Krzyzstof Latała (Krakau)Arresti, Ciaja, Eberlin, Frescobaldi, Froberger, G. Gabrieli, Kerll, Kolb, Mozart, Muffat, Noordt, Pasquini, Poglietti

29.6.–5.7.1989 ÖSTERREICH BurgenlandPurbach: Pfarrkirche (1766 v. Roth aus Ödenburg/Sopron), Rust: Fischerkirche (Anonym 1705; Restaurierung v. Romano Zölss), Unterfrauen haid: Pfarrkirche (1839 erb. v. Philipp König, Ödenburg), Bromberg: Pfarrkirche St. Lambertus, Burg Schlaining: Schlosskirche (1695 v. Jakob Hoelinger, Graz), Burg Güssing

154

Eric Lynn Kelley

an der Orgel in

Belzig, rechts: das

Kantorenhaus

Ü-Wagen mit

Kindern;

rechts: Kirche in

Tokarnia

V.l.n.r.: Jerzy

Erdman an der

Orgel in der

Klosterkirche von

J ‘edrzejów, Tadeusz

Kopel, Roland

Götz an der Orgel

in Jadowniki

St. Lambertus

in Bromberg:

Orgelprospekt

mit Roland Götz;

links: Burg

Schlaining

23.–25.5. / 4.–5.10.1999 ITALIEN Ponte in Valtellina und TrevisoPonte in Valtellina (Marco Antonio Bizarri-Antegnati 1519–1589),Treviso: Santa Caterina (1998 erb. v. Francesco Zanin im Renaissance-Stil)Fabio Bonizzoni (Mailand), Andrea Marcon (Treviso)Salvatore, Frescobaldi

März 2001 ITALIEN ValvasoneValvasone: Chiesa SS. Corpo di Cristo (1532/33 erb. v. Vincenzo Colombi, 1999 rest. v. Francesco Zanin aus Codroipo bei Udine)Andrea Marcon (Treviso)G. u. M. Cavazzoni, Fogliano, A. u. G. Gabrieli, Macque, Merulo, Valente, Veggio

5.11.2003 WestfalenOstönnen: Ev. St. Andreas-Kirche (erb. für Alt St. Thomae in Soest, 1586 Reparatur durch Meister Bartholdus, 1721/22 nach Ostönnen versetzt v. Johann Patroclus Möller, 2003 rest. v. Rowan West, Altenahr)Harald Vogel (Bremen), Brett Leighton (Linz) (mit Doron David Sherwin, Zink)Attaingnant, Buchner, Cabezon, Goudimel, Hofhaimer, Ileborgh, Kleber, Kotter, Krakauer Tabulatur, Ockeghem, Palero, Palestrina, Paumann, Schlick, Senfl , Tabulatur Wilkin, Walter

157

Martin Rost (Frankfurt/Oder)Äbel, Brahms, Buxtehude, Emge, Erich, Friese, Gothe, Hasse, Hepworth, Mendelssohn, Müthel, Reimann, Riemenschneider

29.3.–31.3.1992 ITALIEN Venedig und UdineUdine: Chiesa S. Giorgio (Gaetano Callido 1796), Venedig: Basilica Santa Maria Gloriosa dei Frari (Piaggia 1732; Gaetano Callido 1796), Venedig: Chiesa dell’ Ospedaletto (1751 erb. v. Pietro Nacchini, 1983 rest. v. Franz Zanin)Rupert Gottfried Frieberger (Stift Schlägl), Ingemar Melchersson (Stift Schlägl), Elsa Bolzonello Zoja (Castelfranco/Veneto)

Anonymus (18. Jh.), Cavalli, Cervellini, A. u. G. Gabrieli, Galuppi, Guami, Gussago, Haßler, Lucchesi, Lucchinetti, Rognoni Taeggio, Viadana, Zipoli

9.5.–11.5.1995 ITALIEN ArezzoArezzo: Kathedrale (1534/36 erb. v. Luca da Cortona)Christopher Stembridge (Wiesen/Prati bei Sterzing)A. u. G. Gabrieli

23.10.1997 ITALIEN TrevisoTreviso, San Nicolò (Gaetano Callido, 1778)Andrea Marcon (Treviso)D. Scarlatti

28./29.8. und 15.9.1998 Rheinland/WestfalenGrefrath: St. Laurentius Kirche (1996 erb. v. Lukas Fischer, Rommerskirchen), Bielefeld-Brackwede: Ev. Bartholomäuskirche (1994 v. Rowan West, Altenahr)Lorenzo Ghielmi (Mailand)J. S. Bach, Böhm, F. u. L. Couperin

156

Fabio Bonizzoni,

Kirche Madonna

in Campagna

von Ponte in

Valtellina

Schweriner Dom,

Orgel

158

Umschlag

(Vorderseite) der

Dokumentation

»25 Jahre Tage

alter Musik

in Herne« mit

Plakaten von

Heinz Edelmann

und Fotos von

Klaus L Neumann

159

Plakat von Heinz Edelmann für die Tage alter Musik in Herne 1986

161160

Plakate von Heinz Edelmann für die Tage alter Musik in Herne 1980, 1985, 1988, 1989 Plakat von Heinz Edelmann für die Tage alter Musik in Herne 1997

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Plakate von Heinz Edelmann für die Tage alter Musik in Herne 1990, 1991, 1995, 1996

Tage alt er M u sik in Hern e

Ein Festival für Neugierige, Liebhaber und Kenner

Eva Küllmer

1976–1979 D ie An fän ge

»Wie kommt eine Stadt wie Herne eigentlich dazu, ein Festival für alte Musik zu veranstalten?« Diese Frage wurde dem ehemaligen Herner Kulturdezernenten und Festivalgründer Joachim Hengelhaupt immer wieder gestellt. »Was spricht eigent-lich dagegen«, hat er daraufhin erwidert, denn er spürte in dieser Äußerung das Vorurteil, »daß alte Musik zu Herne nicht recht passe – einer Stadt des Ruhrgebiets mit überwiegender Arbeiterbevölkerung, ohne den nostalgischen Rahmen einer historischen Bebauung und vor allem ohne jahrhundertealte Tradition. Wie konn-te man es da wagen, auf einen solchen skurrilen Einfall zu kommen und ihn auch noch zu realisieren?«1

Ja, man konnte und hatte sogar Vorbildfunktion. Einer zündenden Idee kamen Zufall und glückliche Umstände zur Hilfe. Denn gedacht war das erste Festival zunächst als Einzelveranstaltung zur Eröffnung des neuen Kulturzentrums. Der moderne Mehrzweckbau, der neben einem großen Theatersaal auch die Stadtbücherei, die Volkshochschule sowie ein Restaurant unter einem Dach verei-nigt, konnte im Herbst 1976 fertiggestellt werden. Der neue Kulturdezernent und Stadtdirektor Joachim Hengelhaupt, gerade ein Jahr im Amt, wollte sich hierfür etwas Besonderes einfallen lassen.

Hengelhaupt war Jurist, doch als Hobbyorganist hatte sich der begeister-te Musikliebhaber privat einige Jahre zuvor eine Hausorgel, ein ›Truhenpositiv‹, zugelegt. Als es nun um die Anschaffung einer beweglichen Kleinorgel für das Kulturzentrum ging – neben dem obligatorischen Flügel – intensivierte er seine Kontakte zu einigen Orgelbauern. Er folgte einer Einladung zu einer kleinen Ausstellung von Truhenorgeln in einem niederrheinischen Städtchen. »Da haben wir Abends auf einer Parkbank gesessen, unser mitgebrachtes Butterbrot gegessen und gedacht, das wär’ doch was für Herne«,2 erinnert sich Joachim Hengelhaupt, dem es ein Anliegen war, etwas für den Orgelbau zu tun und die Orgel als Hausmusikinstrument bekannter zu machen. So schrieb er mehrere Orgelbauer an, lud sie nach Herne ein und freute sich, dass nicht einer absagte. Schließlich kamen vierzehn Orgelbauer aus ganz Deutschland, um in Herne ihre Instrumente vorzuführen. Das Orgelpositiv hieß die erste Ausstellung seltener Musikinstrumente in Herne vom 2. bis 5. Dezember 1976, organisatorisch unterstützt von Heidrun Jungs, die seither im Kulturamt die Kontakte zu den Instrumentenbauern pfl egt und die jährlichen Ausstellungen betreut.

163

Nicht jeder durfte in Herne ausstellen, billige Instrumenten-Bausätze waren verpönt. Auf handwerkliches Können wurde großer Wert gelegt – hier konnte man stets auch optisch besonders schöne Nachbauten bewundern. 22 Orgeln wurden im Herner Kulturzentrum gezeigt, Truhen-, Kabinett- und Hausorgeln, Positive, Portative und Regale. Das Prunkstück der Ausstellung war ein originales italienisches Positiv aus dem 17. Jahrhundert.

Im Jahr 1979 meldeten die Ruhrnachrichten am 5. Dezember, einen Tag vor Veranstaltungsbeginn, dass alle Konzerte ausverkauft seien. Damit hatte nie-mand gerechnet. Denn trotz der Begeisterung des Publikums im Jahr zuvor war man von Seiten der Stadt nach wie vor skeptisch. Doch mit dem Thema Die Flöte hatte der rührige Kulturdezernent ins Schwarze getroffen. War doch die Blockfl öte ein Volksinstrument, das fast jeder schon einmal in der Hand hatte und das er-schwinglich war. Hinzu kam die Popularität von Flötisten wie Frans Brüggen und Hans-Martin Linde, die durch ihre Schallplattenaufnahmen bekannt waren. Frans Brüggen musizierte in Herne im Trio mit dem Cembalisten Gustav Leonhardt und dem Cellisten Anner Bylsma. Historische Instrumente verwendeten auch Hans-Martin Linde und sein Consort. Bei beiden Konzerten standen u. a. Werke von Scarlatti, Telemann und Bach auf dem Programm.

Mit klingenden Beispielen veranschaulichte Ferdinand Conrad seinen Eröffnungsvortrag über die Entwicklung der Blockfl öte. Der Flötist war wenige Stunden zuvor Studiogast im Mittagsmagazin auf WDR 2 und erläuterte dort profund und recht ausführlich die Geschichte des Instruments. »Der Besucher

Huguette Dreyfus,

Kulturzentrum

Herne, 10.12.1977

Von einem Spezialfestival für Alte Musik war 1976 noch nicht die Rede. Bunt war das Gesamtprogramm mit der Einbeziehung von Chören und Instrumentalkreisen aus Herne, die vorweihnachtliche Musik boten, aber auch dem niederländischen Ensemble Au joly bois mit Renaissancemusik. Thematisch passend waren die beiden Vorträge, die sich dem Thema Orgel widmeten sowie das Abschlusskonzert, eine Matinee für zwei Orgeln, die der WDR aufzeichnete. Einen ersten Kontakt zwischen der Stadt Herne und dem Westdeutschen Rundfunk – genauer gesagt zwischen Joachim Hengelhaupt und Klaus L Neumann, der damals seit einem halben Jahr Redakteur für Alte Musik war – gab es also bereits beim Debüt-Festival. Auch die spätere Struktur des Festivals zeichnete sich ab, der Zeitraum von Donnerstag bis Sonntag, die Verknüpfung von wissenschaftlichen Vorträgen, Konzerten und Instrumentenausstellung im Kulturzentrum.

Der Erfolg dieser ersten Veranstaltungsreihe im Dezember 1976 ermun-terte den Kulturdezernenten, im darauf folgenden Jahr Ausstellung und Konzerte zum Thema Das Cembalo zu organisieren. Renommierte Künstler waren bereits bei diesem Festival zu Gast: die große Dame des französischen Cembalospiels Huguette Dreyfus, der Lautenist Konrad Ragossnig und die Prager Madrigalisten, die das Schlusskonzert bestritten. Dies muss ein denkwürdiger, ergreifender Abend gewe-sen sein, denn zum Abschluss sang der ganze Saal »Es ist ein Ros entsprungen«. Die Cappella Coloniensis, der Flötist Hans-Martin Linde und der Monteverdi-Chor Hamburg waren ein Jahr später zu Gast in Herne. Im dritten Jahr, 1978, hatte sich Joachim Hengelhaupt entschieden, zu seinem Lieblingsinstrument der Orgel zu-rückzukehren und nannte das Ganze Die Kabinettorgel – Instrumentenausstellung und Konzertreihe im Kulturzentrum Herne.

Blick in die

»Ausstellung

seltener Musik-

instrumente« (im

Bild ein Regal mit

hand bedienten

Blase bälgen),

Kulturzentrum

Herne, Dezember

1976

164 165

lich auszurichten. Die frohe Botschaft konnte Joachim Hengelhaupt noch beim Abschlusskonzert 1979 verkünden. Damit war das Festival langfristig gesichert und der WDR mit im Boot.

1980–1986 Neu e Par t n er sch aft u n d en d lich ein Nam e

»Wir möchten zur lebendigen Begegnung mit der Musik führen und damit ei-nen Ausgleich schaffen zu den Surrogaten der Studioproduktion, die ständig aus der Musikbrause strömen«,5 zitierte die Westdeutsche Allgemeine Zeitung Alfred Krings, den Leiter der Hauptabteilung Musik beim WDR, kurz vor Beginn des Festivals 1980, bei dem erstmals der neue Name Tage alter Musik in Herne einge-führt wurde.

Ab jetzt wurde getrennt: Für die Konzerte war der Westdeutsche Rundfunk verantwortlich, d. h. die Redaktion Alte Musik Barbara Schwendowius und Klaus L Neumann. Der WDR übernahm sämtliche Künstlerhonorare und kam für den Druck der Programmhefte auf. Daneben gab es von nun an in je-dem Jahr einen Ausstellungskatalog mit einer umfangreichen Dokumentation der im Foyer des Kulturforums präsentierten Instrumente und den Adressen der Instrumentenbauer. Für den Druck dieses Katalogs, die Vorbereitung und Organisation der Instrumentenausstellung war die Stadt Herne zuständig.

Die Plakate, die für die Tage alter Musik in Herne warben, waren schon 1980 markant. Fast surrealistisch wirken die pastellfarbenen ›Klangschwaden‹, die sich aus einer dunklen Gambe hervorschlängeln – eine Visualisierung der Tonentfaltung und zugleich Symbol für die Aufbruchstimmung in der Alten Musik. Gestaltet hatte dieses Plakat der bekannte Graphiker Heinz Edelmann. Von 1982 bis 2001 zierten seine Entwürfe auch die Umschläge der Programmhefte (vgl. Abb.

Dudelsäcke bei

der Instrumenten-

ausstellung im

Kulturzentrum

Herne, Dezember

1983

der Ausstellung, die durch ihre Vielfalt alle Erwartungen übertrifft, ist zunächst einigermaßen verwirrt«, schildert am 7. Dezember Klaus Kirchberg im Musikalischen Mosaik auf WDR 3: »Da fl ötet’s und fi edelt’s und brummt’s und krächzt es aus allen Rohren. Die Stände von 41 Instrumentenbauern sind umlagert von Menschen, die der Spezies der Musikanten angehören, also alle dieselbe Krankheit haben, so daß die Instrumente, die Block- und Querfl öten, Ranketts und Schalmeien, Pommern und Rauschpfeifchen, krum-men und geraden Zinken, ohne Schaden anzurichten, von Mund zu Mund gehen können.«3 Die Neugier des Publikums, das sich Jahr für Jahr wieder von den Musikinstrumenten faszinieren ließ und alles ausprobieren wollte, prägte stets das Bild des Herner Festivals.

Für die Raritäten im Instrumenten bau interessierte sich damals auch die Fernsehsendung Hier und heute unterwegs, aber auch zahlrei-che Printmedien. Nicht nur die lokalen

Tageszeitungen, sondern auch Fachzeitschriften wie Tibia, Der Musikhandel, Musik International, Das Orchester und Der Kirchenmusiker. Auch die Übertragung der Matinee mit »weihnachtlicher Musik der Renaissance«, gespielt vom Ensemble Odhecaton auf WDR 3, trug zur wachsenden Bekanntheit des Festivals bei. Zunächst sah es für die Zukunft der Veranstaltung allerdings gar nicht so rosig aus. Noch in seiner Eröffnungsrede erwähnte Joachim Hengelhaupt, dass er darü-ber nachdenke, das Festival nur noch alle zwei Jahre stattfi nden zu lassen, weil die Arbeit nicht mehr zu leisten sei. Man könne einfach nicht in so kurzen Abständen immer wieder Höhepunkte bieten, meinte Hengelhaupt. »Diese müssen aber sein, soll das Ganze schließlich nicht doch nur in Routine absinken und erstarren.«4 Klaus L Neumann, der im Publikum saß, wollte dies nicht gelten lassen. Einem Festival, das nur alle zwei Jahre stattfände und an einer so entlegenen Stelle, gab er keine Überlebenschance. Ausstellung und Konzerte, die er ja bereits seit drei Jahren verfolgte, lagen ihm so am Herzen, dass er sich spontan mit dem damali-gen Musikchef Alfred Krings in Verbindung setzte und ihn für die Idee gewinnen konnte, das Festival zu übernehmen und gemeinsam mit der Stadt Herne jähr-

Grafik von Helmut

Bettenhausen für

das Ausstellungs-

Plakat und die LP-

Dokumentation

der Tage alter

Musik in Herne

1983 (Ausschnitt)

166 167

send zum Thema der Instrumentenbauausstellung im Foyer des Kulturzentrums konzipierte. Im Jahr 1999 wurden die Sonderausstellungen durch musikwissen-schaftliche Symposien8 ersetzt. Auch sie orientieren sich inhaltlich am jeweiligen Thema der Ausstellung und sind schriftlich dokumentiert.

War das Bauen von Gamben den Profi s vorbehalten, trug das Festival 1981 Das Cembalo einem neuen Trend Rechnung, es veranstaltete erstmals Workshops. Die Diskussion zwischen Instrumentenbauern, Instrumentenkundlern und Musikern, die bereits in den vorhergehenden Jahren im Foyer stattfand, sollte nun offi ziell ein Forum bekommen. Wie und warum etwas so oder so rekonstruiert wurde, die Frage der Quellen und Vorlagen, der verwendeten Hölzer und Saiten, die Klangästhetik – all das beschäftigte in zunehmendem Maße die Besucher in Herne. Hier bestand die Möglichkeit, Gleichgesinnte kennen zu lernen, sich auszu-tauschen, zu fachsimpeln. Man konnte Fragen stellen, ausprobieren, vergleichen; das war selbst für den Laien spannend. Trauben von Menschen umringten die Tische im Foyer des Kulturzentrums, auf denen die verschiedensten Instrumente gezeigt wurden. In kleine Räume neben dem Konzertsaal schleppte man einzelne Instrumente, um sie dort in Ruhe testen zu können. Und wenn eines der nachge-bauten Instrumente für besonders gelungen erachtet wurde, so konnte es schon einmal passieren, dass der eine oder andere bekannte Musiker es mit auf die Bühne nahm, um es im Konzert vor versammeltem Auditorium auszuprobieren.

Zwei vormittägliche Workshops wurden 1981 ins Programm aufgenom-men, der erste war dem Cembalo gewidmet und beschäftigte sich mit Kopien, Rekonstruktionen und Neuentwicklungen von fl ämischen und italienischen Cembali des 17. Jahrhunderts sowie französischen und deutschen Cembali des 18. Jahrhunderts. Vorgestellt wurden außerdem die Instrumente Clavichord, Virginal und Clavicytherium, ein aufrecht stehendes Cembalo. Dieses älteste besaitete Tasteninstrument von 1480 wurde eigens, im Auftrag des WDR, für die Tage alter Musik in Herne nachgebaut. Bekannte Cembalisten wie Bob van Asperen und Bradford Tracey nahmen an diesem Workshop teil, aber auch an dem Hammerklavier-Workshop, der einen Tag später stattfand.

Was bewog eigentlich so viele nationale wie internationale Instrumenten-bauer, immer wieder nach Herne zu kommen, trotz der internationalen Musikmesse in Frankfurt? Herne sei eine Alternative zu Frankfurt, schrieb die Neue Zeitschrift für Musik: »Hier sind vor allem jene Kleinbetriebe zu fi nden, die auf der großen kommerziellen Messe nicht ausstellen, die pro Jahr nur wenige Instrumente produzieren und die zugleich mit mindestens ebenso viel Idealismus wie mit geschäftlichen Ambitionen arbeiten. ... Herne bietet insofern doch eine Art Gegenmesse, als es sich hier gleichzeitig um eine echte Ausstellung mit hohem Informationswert an sich handelt«.9

Einen berühmten Cembalisten hatte man für den Eröffnungsvortrag am 3. Dezember und das Abschlusskonzert am 6. Dezember gewinnen können:

S. 159ff.). Mit seinem modernen, unkonventionellen wie anspre-chenden Stil prägte Edelmann ganz entscheidend das äußere Erscheinungsbild des Festivals.

1980 lautete das Thema Die Viola da gamba. Für den Eröffnungsvortrag am 4. Dezember hatte man August Wenzinger gewinnen können, den Mitbegründer der Schola Cantorum Basiliensis und ers-ten musikalischen Leiter der Cappella Coloniensis. Auch er setzte die Tradition fort, seinem Vortrag zur Geschichte der Viola da gamba live gespielte Hör-beispiele hinzuzufügen. Quasi als Weihnachtsgeschenk an die Stadt Herne erschien am 24. Dezember

1980 unter der Überschrift Die glückliche Wiederbelebung der Fossilien6 ein Bericht in der FAZ, der ausführlich auf die Entwicklung des noch jungen Festivals – ein »Geheimtipp für Kenner« – einging. Den größten Beifall heimste Jordi Savalls Ensemble Hespèrion XX mit spanischer Musik aus dem 15. und 16. Jahrhundert ein, heißt es dort. Erstmals war 1980 der Geiger Reinhard Goebel bei den Tagen alter Musik in Herne zu Gast. Geistliche Werke von Heinrich Schmelzer und Heinrich Schütz führte seine Musica Antiqua Köln auf. Fünf weitere Auftritte in Herne sollten im Laufe der Jahre folgen. 1980 war auch das Jahr, in dem die Besucher erstmals zwei Instrumentenausstellungen besichtigen konnten, nicht nur jene im Foyer des Kulturzentrums mit der Präsentation von Kopien und Nachbauten historischer Musikinstrumente, sondern auch eine mit Originalen. Das Konservatorium in Brüssel schickte aus seiner berühmten Sammlung eine Auswahl an europäischen Streichinstrumenten nach Herne: alte Geigen, venezia-nische, französische und englische Violen. Rund 100 Originalinstrumente waren es insgesamt, die im Emschertalmuseum, im idyllisch gelegenen Wasserschloss Strünkede, in der didaktisch gut aufbereiteten Ausstellung zu sehen waren. Die Sonderausstellung im Emschertalmuseum Herne trug den Titel Alte Streichinstrumente und bot Interessenten auch im Anschluss an das Festival noch Gelegenheit zum Besuch.

Von nun an gab es bis 1998 jedes Jahr eine Sonderausstellung7 auf Schloss Strünkede, die Christian Ahrens von der Ruhr-Universität Bochum jeweils pas-

August

Wenzinger,

als Referent,

Kulturzentrum

Herne, 4.12.1980

168 169

� I,12 � I,10

� II,17

An den großen Erfolg des Festivals konnte man auch im darauf fol-genden Jahr anknüpfen. Die Tage alter Musik in Herne 1983 hießen wieder Die Flöte. Kritik kam von der alternativen Szene in Herne, die der Meinung war, der Kulturdezernent fördere einseitig die Alte Musik und vernachlässige die Unterstützung anderer kultureller Aktivitäten in der Stadt. Das Thema Die Flöte kam den Kritikern gerade recht. In einer Nacht- und Nebelaktion wurde das Konterfei des Kulturdezernenten über die Festival-Plakate geklebt, so dass die gan-ze Stadt gepfl astert war mit dem Foto Joachim Hengelhaupts und der Unterschrift »Die Flöte«. Dem Erfolg gerade dieser Festivalausgabe konnte die Plakataktion jedoch nichts anhaben. Und alle waren da: Hans-Martin Linde, Barthold Kuijken, Stephen Preston, Michael Schneider, Frans Brüggen und das Amsterdam Loeki Stardust Quartet, um nur die Flötisten zu nennen. Informationen zu den Künstlern fand man im Programmheft, das 1983 sichtbar an Umfang zugenom-men hatte. Schon wenige Jahre später boten alle Programmhefte eine Fülle an Informationen nicht nur zu den gespielten Werken, sondern auch zum jeweili-gen musikgeschichtlichen Umfeld. Artikel renommierter Autoren ermöglichten Einblicke in historische Zusammenhänge und brachten so den interessierten Festivalbesuchern die Programminhalte näher.

Ralph Kirkpatrick,

Kulturzentrum

Herne, 6.12.1981

� II,18

den 1911 geborenen »Weltstar Ralph Kirkpatrick«,10 der in seinem Vortrag 50 Jahre Cembalospiel Revue passieren ließ. Durchaus kontrovers wurde der Vortrag aufgenommen, bemerkte ein Kritiker. Kirkpatrick gestattete sich »eini-ge recht geschickte Erinnerungstrübungen – ganz so wohlwollend und bemüht um die Angelegenheit des historischen Cembalos war der Alt-Meister bekannt-lich nicht; im Gegenteil spielte er bis in die siebziger Jahre hinein regelmäßig Tasteninstrumente aus der Serienfabrikation.«11 Das Abschlusskonzert mit dem amerikanischen Cembalisten, der drei Jahre später starb, wurde aber einhellig mit Begeisterung aufgenommen. Dem erblindeten Künstler nahm man einige ›Verspieler‹ nicht übel, sondern sprach von der Mission des Künstlers, seiner Abgeklärtheit, der großen inneren Ruhe, der gedanklichen Tiefe. Das Publikum war bewegt und feierte Ralph Kirkpatrick mit stehenden Ovationen.

Weitere bedeutende Künstler trugen zum Erfolg des Festivals 1981 bei, so die Sopranistin Emma Kirkby, Mitglied des Ensembles Consort of Musicke um den Lautenisten Anthony Rooley. Erstmals war auch William Christie mit Les Arts Florissants zu Gast in Herne. In den 1980er Jahren sollte er noch drei weitere Konzerte an diesem Ort geben. Heute füllt das Pariser Ensemble weitaus größere Säle, damals konnte man es noch ›entdecken‹. Denn in Herne waren schon früh all die Künstler zu Gast, die später international den Durchbruch schafften.

Dem Cembalo folgte 1982 die Orgel, besser gesagt Die Hausorgel. Wiederum spiegelte sich das Thema in vielen Details des Programms. Zu hö-ren war frühe französische Orgelmusik, Orgelmusik der Renaissance, englische Musik des 17. Jahrhunderts für Violen-Ensemble und Orgel oder Kammermusik des 18. Jahrhunderts für Streichinstrumente und Orgel. Die Konzerte fanden damals noch alle im Kulturzentrum statt, erst später wurden die verschiedenen Kirchenräume für die Tage alter Musik in Herne einbezogen.

The King’s Singers gaben 1982 ihr Herne-Debüt mit fünf- und sechs-stimmigen Vokalwerken aus der Zeit zwischen 1530 und 1630. Die zweite Hälfte ihres Konzerts bestritt André Isoir, damals Organist an Saint-Germain-des-Près in Paris. Die Cappella Coloniensis, zum zweiten Mal zu Gast, musizierte unter der Leitung von Ton Koopman. Der Altist René Jacobs war Solist dieses Konzerts mit Werken von Bach und Händel. »Auch hier überraschte die frische Lebendigkeit, auch hier gingen der temperamentvolle Zugriff und das verantwortungsbewusste Gestalten eine bezwingende Synthese ein«,12 lobte die Westdeutsche Allgemeine Zeitung.

22 Orgelbauer aus dem In- und Ausland zeigten im Foyer des Kulturzentrums fast 40 Hausorgeln, darunter ein 4 Meter hohes Instrument mit 22 Registern, das sich ein Essener Chemiker beim Festival 1978 bestellt hatte. Um dieses Instrument privat unterzubringen, ließ er sich ein neues Haus bauen. Doch vorerst stand das Instrument auf der Herner Bühne, um bei den Konzerten ge-spielt zu werden.

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� II,10

In den Schlussbemerkungen der Studie kann man lesen, das das nun erreichte »hohe Ausmaß an Qualität und Intensität ohne Unterstützung der Rundfunkanstalten gar nicht leistbar wäre für eine Kommune wie Herne. Diese Perspektive konnte allerdings nur durch langfristige und kontinuierliche Aktivitäten auf einem Sektor der Kulturarbeit erreicht werden, wobei kurzfristig andere Bereiche in den Hintergrund treten mussten.«

Mit den »anderen Bereichen« war die alternative Kulturszene gemeint. Auch wenn die spektakuläre Plakataktion von 1983 singulär blieb, verstummten die Vorwürfe natürlich nicht, die Tage alter Musik in Herne seien »elitär«. Die für das Festival »aufgewandten Summen sollten doch besser anderen, weniger anspruchsvollen, populären oder alternativen Zwecken zukommen«, fasste der damalige Kultur- und Musikredakteur der WAZ Klaus Kirchberg in einem Buchaufsatz die Meinung der Kritiker zusammen und argumentierte: »Dagegen ist einiges ins Feld zu führen. Zum einen liegen die Zuschüsse der Stadt mit 25.000 Mark (= 5,43 Prozent des gesamten Aufwands für kulturelle Veranstaltungen im Jahr) sehr niedrig, während die Einkünfte (26,41 Prozent aller Einnahmen in diesem Bereich) ungewöhnlich hoch sind. Zum anderen ist der Umgang mit alter Musik längst nicht mehr eine Angelegenheit von wenigen Außenseitern und ex-klusiven Zirkeln. Der jüngeren Generation von ‚Originalklang‹-Musikern macht der Umgang mit dem historischen Material einfach Spaß, und es haben sich längst Querverbindungen zwischen ihnen und den Musikern der Pop-Szene ergeben. Es geht nicht mehr um geheime Riten.«14

Der Fachmann stellte in seinem Beitrag auch die überregionale Bedeutung des Festivals heraus, ebenso wie die Studie des Kommunalverbandes Ruhrgebiet. Der Kulturdezernent Joachim Hengelhaupt versäumte nicht, das Lob, Herne sei »als kulturell interessante Stadt im Ruhrgebiet bekannt und anerkannt, auch über die Grenzen Nordrhein-Westfalens hinaus« in seiner Eröffnungsrede im darauf folgenden Jahr zu zitieren.

Dem populären Thema Flöte folgte 1984 der Schwerpunkt Lauten, Harfen, Violinen. 40 in- und ausländische Werkstätten beteiligten sich an der Ausstellung im Foyer des Kulturzentrums. Zu sehen waren Nachbauten von Laute, Theorbe, Chitarrone, sowie Psalter, Fidel, Drehleier, Trumscheit und aller-lei Harfen. Mit Konrad Junghänel, Anthony Rooley, Hopkinson Smith und Nigel North waren international renommierte Lauten-Stars verpfl ichtet worden. Die bekannten Scherze über den ewig stimmenden Lautenisten konnte sich manch ein Kritiker nicht verkneifen und fand Johann Matthesons scharfzüngige Anmerkung bestätigt: »Für das beste Lautenstück wird doppelt bezahlet, wenn man nur das dazugehörige ewige Stimmen anhören soll. Denn wenn ein Lautenist achtzig Jahr alt wird, so hat er gewiss sechzig Jahr gestimmet.«

Zu den Höhepunkten 1984 gehörte das Konzert mit Les Arts Florissants unter William Christie, bei dem italienische Vokalmusik des frühen

Im Jahr 1983 wur-de während des Festivals eine Publikumsbefragung durchgeführt. Die Stadt hatte den Kommunal verband Ruhrgebiet gebeten, eine Studie zur Regionalen und überregionalen Bedeutung der Tage alter Musik in Herne13 durchzuführen. Insgesamt wurden 219 Fragebögen ausgewertet, wobei man die Befragten in zwei Gruppen gliederte, in »Experten« (Fachbesucher, die ein beruf-liches Interesse verfolgten) und »normale« Besucher. Davon kamen 40 % nicht aus dem Ruhrgebiet, das heißt, das Festival war schon immer weit über die regionalen Grenzen hinaus bekannt. Mehr als die Hälfte der Besucher gaben an, dass sie durch Mund-Propaganda auf das Festival aufmerksam wurden.

Interessant ist die Altersstruktur der Besucher: 12,8 % der Teilnehmer hatten ein Alter zwischen 14 und 24 Jahren, 27,9 % zwischen 25 und 39 Jahren, 31,1 % zwischen 40 und 49 Jahren, 17,8 % zwischen 50 und 64 Jahren und 4,1 % waren älter als 65 Jahre. Erstaunlich viele junge Besucher waren damals vor Ort. Betrachtet man das Publikum in Herne heute, hat man den Eindruck, dass das sehr treue und fachkundige Publikum mit dem Festival gealtert ist.

Bezeichnend, dass 72,6 % der Besucher 1983 Hochschulreife und 40% der Besucher auch berufl ich mit Musik zu tun hatten, die meisten als Pädagogen. Sie versprachen sich vor allem Erfahrungsaustausch, Informationsgewinn und neue Anregungen. Bei Vielen verknüpften sich private und berufl iche Interessen. »Es gibt nichts Vergleichbares«, sagte ein Besucher. »Kleiner Rahmen, sehr gute Interpreten, vielseitiges Programm, ungezwungene Atmosphäre, zeitlich be-grenzt«. Die besondere Atmosphäre wird auch als »freundlich und offen, familiär und sehr kommunikativ gelobt.«

René Jacobs

singt Kantaten

Bachs mit

konzertierender

Orgel (BWV 35

und 170), Kultur-

zentrum Herne,

4.12.1982

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musiziert (Cembalo) einbe-zog. Klaus L Neumann hat den Veranstaltungsmarathon des Jahres 1985 in einer Skizze humorvoll als Hürdenlauf festgehalten. »Thema des Jahres: Trompeten, Flöten, Schalmeien. Tage alter Musik in Herne beginnen am 4. Dezember – Karten sind schon wieder ausverkauft« – prangte am 27. November 1986 in großen Lettern über einem Artikel in der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung, Ausgabe Wanne-Eickel. »Ständig Ärger mit den Karten«, schrieb die gleiche Zeitung wenige Tage später. Moniert wurde, dass die Karten bereits nach zwei Tagen ausverkauft waren. Nur 774 Plätze stünden pro Konzert zur Verfügung, die Nachfrage sei dreimal so hoch.

Ersatz boten die Übertragungen auf WDR 3: mit der Camerata Köln, dem Ensemble Odhecaton, mit dem Ensemble La Dada aus Amsterdam, mit His Majesties Sagbutts & Cornetts aus London, mit dem Ferrara Ensemble der Schola Cantorum Basiliensis und La Petite Bande. Zu Gast in Herne waren Konrad Hünteler (Flöte), Konrad Junghänel (Laute) und die Cembalisten Ton Koopman, Andreas Staier und – Christine Schornsheim. Sie war mit der Akademie für Alte Musik Berlin angereist, und das war eine Sensation. Denn bereits seit 1984 hatte Klaus L Neumann versucht, das Ensemble aus der DDR einzuladen, zwei Mal war von den DDR-Behörden die Ausreise verweigert worden. Auch diesmal waren die Musiker noch »bis zur letzten Minute mit nervenraubenden Ausreiseformalitäten« beschäftigt, doch dann klappte es. Die Interpreten-Kollegen aus der DDR waren Gäste des Festivals, durften die ganze Zeit über bleiben und hatten die Möglichkeit, sämtliche Proben zu besuchen, Kontakte zu knüpfen, sich in der Szene bekannt zu machen. 1993 war die Akademie für Alte Musik Berlin ein zweites Mal zu Gast in Herne.

Mit den Musikern durfte auch der renommierte Musikwissenschaftler und Spezialist für Blasinstrumente Herbert Heyde von der Universität Leipzig erst-mals zu den Tagen alter Musik in Herne reisen. Anlässlich der Sonderausstellung auf Schloss Strünkede Tönendes Erz – Historische Blechblasinstrumente hielt er einen Vortrag über den Nachbau einer mehrfach gewundenen Naturtrompete, die auf einem Bildnis des Leipziger Stadtpfeifers Gottfried Reiche aus dem 18. Jahrhundert zu sehen ist.

»Ein Hunde-

Marathon Alter

Musik«, Skizze von

Klaus L Neumann,

1985

17. Jahrhunderts auf dem Programm stand. Auch der Rezensent der Neuen Zürcher Zeitung bezeichnete dieses Konzert sowie das Abschlusskonzert mit dem Ensemble London Baroque als Glanzpunkt des Festivals und fügte hinzu: »Die Tage für alte Musik in Herne haben dem Zürcher Besucher gezeigt, was er, trotz vielseitiger Aktivität von Orchestern und kammermusikalischen Gruppen auf dem Felde der Barockmusik, im öffentlichen Musikleben seiner Stadt weitgehend vermissen muss.«15 – Wenn das kein Kompliment ist!

Tasteninstrumente, Orgeln, Blasinstrumente, Zupf- und Streich-instrumente – im vierjährigen Turnus wiederholt sich bei den Tagen alter Musik in Herne das Thema der Instrumentenausstellung. Folgerichtig hieß das 10. Festival 1985 Cembalo und Hammerfl ügel. 25 Cembalobauer zeigten rund 70 Instrumente im Kulturzentrum, das beinahe aus seinen Nähten platzte. In den Konzerten saßen an den historischen Tasteninstrumenten Paul Badura-Skoda, William Christie, Virginia Black, Gustav Leonhardt, Andreas Staier und Robert Hill. Gleich vier Weltklasse-Ensembles konnten in diesem Jahr verpfl ichtet werden: The Consort of Musicke, Chanticleer, La Petite Bande und Musica Antiqua Köln.

1985 war ein besonderes Jahr, das Jahr der Jubiläen, man feierte den 300. Geburtstag von Händel, Bach und Scarlatti, den 400. Geburtstag von Heinrich Schütz. Mit Konzertveranstaltungen und Sendungen dazu hatte die Redaktion Alte Musik schon im laufenden Jahr alle Hände voll zu tun, zumal es in Köln aus Anlass der Wiederherstellung der romanischen Kirchen nach ihrer Zerstörung im Zweiten Weltkrieg auch das Jahr der Romanischen Kirchen zu feiern gab. Und dann folgte noch das Festival in Herne, das den Interpretationswettbewerb Jugend

Anthony Rooley,

Kulturzentrum

Herne, 5.12.1985

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� I,14

1987–1995 Neu e Th em en ko n zep t io n en

Das Konzept alternierender Themen im vierjährigen Zyklus hatte sich für die Instrumentenausstellungen bewährt, allerdings nicht für die Programmgestalter des WDR. Es war zu einseitig. Klaus L Neumann und Barbara Schwendowius wollten sich nicht mehr bei der Auswahl der Werke und Künstler nur nach ei-ner Instrumentengruppe richten. Andere thematische Schwerpunkte waren sehr viel reizvoller und abwechslungsreicher, vor allem in Hinblick auf die Hörer am Radio.

Einen ersten Länderschwerpunkt hatte man sich für 1987, übrigens das letzte Jahr, in dem Joachim Hengelhaupt als Stadtdirektor und Kulturdezernent im Amt war, ausgedacht: Italien – Musik und Musiker. Zum Auftakt erklangen Kantaten von Scarlatti und Bononcini sowie Sonaten von Corelli und Vivaldi. Man hätte – das wäre nahe liegend gewesen – bekannte Stücke wie die Vier Jahreszeiten von Antonio Vivaldi ins Programm packen können. Aber das gehörte nicht zum Konzept. Das wenig Bekannte wollte man dem Publikum vorstellen, stets einladen zu neuen Entdeckungen.

Musik aus Venedig um 1600 und Italienische Instrumentalmusik des 17. und 18. Jahrhunderts waren zwei weitere Konzerte überschrieben mit Werken von Biagio Marini, Dario Castello, Giovanni Picchi oder Giuseppe Girardeschi. Um diese unbekannten Meister wieder zu entdecken, war umfangreiche redak-tionelle Vorarbeit nötig. Aus allerlei Bibliotheken im In- und Ausland musste Notenmaterial angefordert werden, Material, das häufi g nicht gedruckt vorlag

Konrad Hünteler,

Flauto traverso,

Kulturzentrum

Herne, 4.12.1986

Barbara

Schwendowius,

Klaus L Neumann

und William

Christie bei

einer Probe auf

der Bühne im

Kulturzentrum

Herne, 7.12.1985

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Aufgreifen fremder Einfl üsse aus Frankreich, Italien oder England erleichterte und beförderte. Die Konzerte demonstrierten, wie reichhaltig und differenziert das aristokratisch-bürgerliche Musikleben im 18. Jahrhundert war.

Ein weißer Fleck auf der musikalischen Landkarte war lange Zeit die Musik Nordeuropas. Demonstrierte das vorherige Programm den Einfl uss der europäischen Nachbarn auf die deutsche Musikentwicklung, so zeigte 1990 Scandinavia sonans, dass Werke niederländischer, deutscher, französischer oder ita-lienischer Komponisten auch am dänischen Hof gespielt und am schwedischen Hof französische und italienische Musiker für Festlichkeiten und Opernaufführungen engagiert wurden. Von der gemeinsamen musikalischen Tradition der Länder Dänemark, Norwegen und Schweden berichtet das Programmheft, aber auch von deren Konkurrenzsituation insbesondere im Bestreben, den musikalischen Vorrang einzunehmen oder eine Nationaloper zu schaffen. Bei den Konzerten konnte man von der mittelalterlichen Musik bis hin zu Opern, Singspielen und Sinfonien des 18. Jahrhunderts ein breites Spektrum der nordeuropäischen Musik kennen lernen, dazu gehörten auch die typisch norwegische Volksmusik, auf der Hardangerfele gespielt, sowie die Lieder Carl Michael Bellmans.

Das Thema Böhmen hatten Barbara Schwendowius und Klaus L Neumann schon seit längerem geplant, aber erst der Fall der Grenzzäune erleich-terte die Kommunikation und den Austausch von Erfahrungen mit Musikern aus dieser Region. So konnte man 1991 Alte-Musik-Ensembles aus Prag einladen sowie zwei Volksmusikgruppen aus Böhmen und der Slowakei. Musik aus Böhmen, Mähren und der Slowakei vom Mittelalter bis zur Klassik lautete die Überschrift des Gesamtprogramms. Wie viel Böhmen schon seit dem Mittelalter zur Musikkultur Europas beigetragen und auch von ihr empfangen hat, sollten die Konzerte zeigen, »und in dieser Vielfalt den Reichtum spiegeln, der in den Ländern Böhmens und der Slowakei von jeher in der Musik geherrscht hat. Es ist an der Zeit, Böhmen, Mähren und die Slowakei als eine der zentralen abendländischen Kulturregionen zu erkennen und ihr den Platz wieder einzuräumen, den sie so viele Jahrhunderte innehatte.«17

Das Programmbuch, das einen tabellarischen Überblick zur Historie, Kultur und Musikgeschichte der drei Länder seit dem frühen Mittelalter bietet, lässt staunen über die Fülle an Komponistennamen: Pál Esterházy, Daniel Speer, Jan Dismas Zelenka, Johann Baptist Vanhal, Adalbert Gyrowetz und Franz Benda bestimmten die Konzertprogramme.

Nach fünf Jahren mit Länderschwerpunkten folgte 1992 als Intermezzo Von Zeus bis Aeneas: Götter und Helden – Die Welt der Antike in alter Musik. Jupiter, Merkur, Medea, Daphne, Ariadne – die Götter, die Helden der antiken Sagenwelt boten reichlich Stoff für Opern, aber auch für Instrumentalmusik. Beispielsweise im Musikalischen Parnassus von Johann Caspar Ferdinand Fischer aus dem Jahr 1738, einer Sammlung von neun Cembalo-Suiten, die jeweils einer der Musen

und noch spielfertig gemacht werden musste. Ohne den ständigen Kontakt mit Musikwissenschaftlern in aller Welt, aber auch Musikern, die oft selbst auf der Suche nach unbekannten Werken die Archive durchstöbern, hätten die Programme in Herne nicht so aufwendig und einzigartig sein können.

Tournee-Programme einzukaufen, die überall zu hören waren, kam für das Festival nie in Frage: »Nicht so sehr das Standardrepertoire eines je-den Konzertveranstalters, sondern das noch weitgehend Unerforschte, das seit langem verloren Geglaubte, das Besondere in exemplarischen Interpretationen ist Grundthema der Tage alter Musik in Herne. Dass wir dabei anerkannte Meisterwerke ebenfalls vorstellen, aber in aufregend neuer Sicht, versteht sich von selbst. Damit heben sich die Tage alter Musik in Herne von anderen Festivals dieser Art deutlich ab, darum auch sind sie zu einer Art Vorbild für andere ge-worden«,16 hatte Klaus L Neumann bereits zum 10jährigen Bestehen des Festivals konstatiert.

Dem Thema Italien folgten weitere Länderschwerpunkte: 1988 Frankreich, 1989 Deutschland und 1990 Skandinavien. Die Redaktion Alte Musik des Westdeutschen Rundfunks Köln habe einmal mehr »ihr exzellentes Gespür bei Programm- und Künstlerauswahl gezeigt, ihre Schrittmacherrolle auf dem Sektor der alten Musik bestätigt«, schrieb die Neue Osnabrücker Zeitung am 6. Dezember 1988 und hob die »Musikalischen Sensationen in Herne« hervor. Dazu gehörte die konzertante Aufführung der Oper Platée von Jean-Philippe Rameau durch das Ensemble Les Musiciens du Louvre, dem Deutschland-Debüt dieses heute welt-berühmten Orchesters.

Ein Herr in einem barocken Kostüm auf einem Klavierhocker sit-zend, im Hintergrund ein Schloss, erhebt die Hände zum Griff in die Tasten – doch das Tasteninstrument fehlt. Spielt er im Geiste? Komponiert er? Allerlei Assoziationen lässt dieses Bild zu, das für das Festival 1989 warb und dessen Instrumentenausstellung dem Clavichord und Fortepiano gewidmet war. Bezüge zur Ausstellung stellte auch das Konzertprogramm her, beispielsweise mit Sonaten für Flöte und Hammerfl ügel oder Hammerfl ügel und Violine. Linda Nicholsons Instrument war das Clavichord, das wie kein anderes für den ›empfi ndsamen Stil‹ mit seinen unvermittelten Stimmungsumschwüngen geeignet war. Denn das Thema Vom Versuch zur Schöpfung. Musik in Deutschland zwischen 1750 und 1800 grenzt nicht nur das geographische Terrain ein, sondern meint auch eine Stilepoche, den Umschwung vom Barock zur Klassik. Einfachheit, Schlichtheit und Natürlichkeit des musikalischen Satzes gehörten zu den ästhetischen Entdeckungen, ebenso wie die Erkenntnis des individuellen Künstlertums und die Entstehung von Kunstwerken als schöpferischer Akt. Das Thema beinhaltete aber auch eine politische Komponente, denn das Land war zur damaligen Zeit in viele kleinere und größere Zentren zersplittert. Überall wurde musiziert, an den Höfen hielt man sich Kapellen. Hinzu kam die Lage in der Mitte Europas, die das

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ging es um die Blütezeit des Madrigals am Hof der Este von Ferrara, um die Musik im Herzogtum Parma, in Venedig und Bologna. Das Spektrum reichte von mit-telalterlichen Lauden zum Marienlob über die Rekonstruktion einer veneziani-schen Vesper bis hin zu virtuosen Instrumentalkonzerten aus Venedig, präsentiert vorwiegend von renommierten italienischen Interpreten. Denn während 1987 beim ersten Italien-Schwerpunkt nur wenige italienische Musiker vor Ort waren, hatte sich in der Szene der Alten Musik im Nachbarland zwischenzeitlich viel ge-tan. Ensembles wie Sonatori de la Gioiosa Marca oder Concerto italiano und Il Giardino armonico, in den 80er Jahren gegründet, sorgten in Herne für Furore.

1995–2003 H er n e – In n o va t ive Wer kst a t t fü r n eu e a lt e Mu sik

Ab 1995 war Barbara Schwendowius allein für die Programmgestaltung der Tage alter Musik in Herne zuständig, in den Jahren zuvor hatte sie nach und nach den Hauptanteil der Planungen übernommen. Kontinuität in der Gesamtdramaturgie des Festivals blieb wichtigster Leitfaden. Auch Barbara Schwendowius folgte bei der Themenfi ndung geographischen Aspekten, hat jedoch schon bald das inhalt-liche Spektrum in die verschiedensten Richtungen erweitert, durch historische, soziale, politische und musiktheoretische Schwerpunkte.

Länder, Landschaften und Regionen standen noch drei Mal im Mittelpunkt der Tage alter Musik in Herne 1995, 1996 und 1998. Mare Balticum. Musik aus Handelsstädten an der Ostsee war das Programm 1995 zum 20jährigen Bestehen des Festivals überschrieben. »Leitgedanke war dabei, dem Mittelmeerraum, dem Europa so viel zu verdanken hat, den nördlichen Kulturraum der Ostsee gegenüberzustellen«.19 Barbara Schwendowius, in Ostpreußen geboren, ging es darum, den regen Handels- und Kulturaustausch ihrer Heimatregion in früheren Zeiten aufzudecken. Die weit verzweigten Verbindungen zwischen Städten wie Visby, Hamburg, Lübeck, Rostock, Stralsund, Danzig bis nach Riga, Tallinn oder St. Petersburg während der Blütezeit der Ostseekultur zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert prägten die Tage alter Musik in Herne. Spektakuläre Instrumentenfunde aus dem 1676 vor der schwedischen Küste gesunkenen Kriegsschiff Kronan legen die Vermutung nahe, dass auch an Bord musiziert wurde. Einerseits zu militärischen Zwecken, dafür spricht der Fund von Trompeten, man kennt sogar die Namen der ertrunkenen Trompeter. Andererseits wohl auch zur Erbauung, denn unter den Fundstücken befanden sich in der Nähe der Offi ziersquartiere Violinen und eine Viola da gamba.

...fl ießen rechts zur Donau hin. Musik aus deutschsprachigen Ländern süd-lich der Donau – so der Titel des Festivals 1996, das die musikalischen Strömungen in Süddeutschland und Österreich unter die Lupe nahm, mit den musikalischen Zentren Augsburg, München, Passau und Salzburg. Gespielt wurde u. a. Musik, die für den bayerischen Kurfürsten Maximilian Emanuel entstand. Der reiste viel und nahm stets einige Musiker seiner Hofkapelle mit auf seine Feldzüge. Das Programm

des Gottes Apollo gewidmet sind. Die Griechen stellten sich vor, dass der steile Berg Parnassus der Hauptwohnsitz Apollos sei, des Gottes der Poesie und der Musik mit seinen neun Musen.

In sechs Konzerten wurden 1992 die musikalischen Beziehungen zu den Themen der Antike aufgezeigt; darun-ter das Melodram Ariadne auf Naxos von Georg Anton Benda, die 3. Sinfonie von Carl Ditters von Dittersdorf Die Verwandlung Actaeons in einen Hirsch sowie Johann Adolf Hasses Piramo e Tisbe. Das Herner Kulturzentrum »avancierte zur mythologischen Gebirgslandschaft: Musenhügel Parnass und Göttersitz Olymps zugleich«, schrieben die Westfälischen Nachrichten Münster. »Alles, was in der anti-ken Sagenwelt Rang und Namen hat, gab sich ein Stelldichein.«18

1993 standen die Tage alter Musik in Herne, die in die erste Hälfte des Novembers vorverlegt wurden, ganz im Zeichen einer Stadt: Dresdner Inventionen – Eine Musikstadt im Barock. In sieben Konzerten hatten sich Barbara Schwendowius und Klaus L Neumann vorgenommen, die Geschichte der Dresdner Hofkapelle von 1600 bis 1750 schlaglichtartig zu dokumentieren. Zahlreiche Komponisten schrieben für die virtuose Dresdner Hofkapelle: Praetorius, Fasch, Telemann, Pisendel, Veracini, Heinichen, Schütz, ja selbst Vivaldi, der dieser Hofkapelle sein Concerto in g-moll zueignete. Das Eröffnungskonzert war der Cappella Coloniensis übertragen worden. Deren üppige Bläserbesetzung mit drei Traversfl öten, sechs Oboen und drei Fagotten entsprach etwa derjenigen des Dresdner Orchesters und vermittelte so einen Eindruck vom prunkvollem Klang der Hofkapelle.

Dem Städteporträt folgten wiederum drei geographische Schwerpunkte mit Norditalien, der Ostseeregion und den Ländern südlich der Donau. Der Blick auf die Musikzentren Norditaliens in Renaissance und Barock unter dem Titel Hortulus italicus bestimmte die Tage alter Musik in Herne im November 1994. Da

Hans-Martin

Linde als Dirigent

der Cappella

Coloniensis

mit Werken

der Dresdener

Hofkapelle,

Kulturzentrum

Herne, 11 11.1993

180 181

Verfolgte man beim Programm Musikalische Wanderungen die Veränderungen und Bearbeitungen, die Melodien in einzelnen Ländern und verschiedensten Zeiten erfuhren, so war die Blickrichtung 1999 umgekehrt: Die einzelnen Regionen öffneten sich, zeigten ihre Besonderheiten, ihre jewei-ligen Musiksprachen, ihren Stil und Geschmack. Musikalische Begegnungen in Europa. Stil und Geschmack. Länder und Nationen hieß das Programm. Die Unterschiede in den einzelnen Nationalstilen arbeitete das Programm heraus, jene Eigentümlichkeiten, die den italienischen oder französischen Stil charakterisieren. Die Verquickung beider favorisierte Johann Joachim Quantz, sein Ideal war der ›vermischte Stil‹. Dass ein Komponist durchaus in verschiedenen Nationalstilen versiert sein konnte, zeigte das Konzert mit Kantaten von Georg Philipp Telemann Wie Pfeffer und Champagnerwein, das zwischen italienischem und französischem Kolorit wechselte. Inwieweit Künstler auch von ganz anderen Kulturen beeinfl usst waren, dem ging das Abschlusskonzert unter dem Titel Turcaria 1683 nach. In seinem gleichnamigen Werk, einer musikalischen Beschreibung der Belagerung Wiens durch die Türken, setzt Johann Joseph Fux viele Schlaginstrumente ein und lässt Janitscharenmusik anklingen. Zunehmend bemühte sich Barbara Schwendowius um neue Präsentationsformen, so beim Telemann-Konzert durch eine Einführung in Form eines fi ktiven Dialogs zwischen Carl Heinrich Graun (alias Thomas Synofzik) und Georg Philipp Telemann (alias Hermann Max) oder beim Fux-Konzert durch eingefl ochtene Rezitationen von Thos Renneberg.

2000 jährte sich der 500. Geburtstag des römisch-deutschen Kaisers Karl V. Anlässlich des Jubiläums hatte es bereits während des laufenden Jahres einige Ausstellungen in verschiedenen Städten gegeben. Die Tage alter Musik in Herne beleuchteten das Thema aus ihrem ganz speziellen Blickwinkel. Der Titel Das Reich, in dem die Sonne nicht untergeht bezog sich auf das Reich Kaiser Karls V. Ihm wird dieser Satz zugeschrieben, denn sein Reich erstreckte sich von Böhmen und Ungarn bis nach Mexiko und Peru. Ein Anlass für die Tage alter Musik in Herne, die musikalischen Grenzen Europas zu überschreiten und erstmals Barockmusik aus Lateinamerika ins Programm zu nehmen. Die Spanier hatten die westliche Musik auf dem neuen Kontinent eingeführt. »Die Indianer singen ganze Messen und andere Motetten oder Lieder ... so kunstfertig, dass man sich diese Musik in jeder europäischen Kirche anhören könnte.« schrieb ein Priester 1637. In den Kathedralen in Mexiko, Puebla, Guatemala und Lima fanden sich die Noten vieler Werke lateinamerikanischer, aber auch europäischer Komponisten.

Musik spielte schon in der Erziehung des künftigen Kaisers eine wich-tige Rolle. Karl V. war musikliebend, in seiner Kapelle musizierten in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts die besten Musiker der Zeit, für die Nicolas Gombert, Cristóbal de Morales oder Clemens non Papa komponierten. Musik gehörte zum Tagesablauf am Kaiserhof, bei der Messe wie bei der Tafel. Sie war unverzichtbarer Teil des höfi schen Zeremoniells.

beleuchtete die reichhaltige Musik am Hof der Salzburger Fürsterzbischöfe im 17. und 18. Jahrhundert und das Mäzenatentum der Augsburger Kaufmannsfamilie Fugger, die Komponisten wie Hans Leo Haßler und Gregor Aichinger unterstützten und deren Studienreisen nach Venedig fi nanzierten.

1998 folgte Vorhang auf! Musik zwischen Ostsee und Adria. Polen – Tschechien – Slowakei – Ungarn – Kroatien von der Renaissance bis zur Romantik. Fast zehn Jahre nach der

politischen Wende konnte man nun auf den inzwischen intensivierten Ost-West-Kontakten aufbauen. Ein reger Austausch hatte sich seit Anfang der 1990er Jahre entwickelt, zwischen deutschen Musikern und denen der genannten Länder, aber auch zwischen den Rundfunkanstalten. So waren im WDR in Direktsendungen die Konzerte aus Prag mit der Capella Regia Musicalis zu hören oder Aufnahmen mit dem Organisten Marek Toporowski aus Warschau. Erstmals brachten beim Festival 1998 die Interpreten aus Polen, Tschechien und der Slowakei unbekannte Werke aus ihren Ländern mit, von Komponisten wie Mikołaj Zielenski, Adam Michna, Kryštof Harant oder Samuel Capricornus. Neu war auch, dass Slowenien und Kroatien als musikalisch eigenständige Gebiete auftreten konnten. Das Ensemble Salzburger Hofmusik spielte u. a. Ouvertüren und Sinfonien des 1734 geborenen Komponisten Luka Sorkocević, der in Dubrovnik wirkte und dessen Stil von der frühen Mannheimer Schule beeinfl usst worden war.

»Wie entsteht Musik? – als inventio: man erfi ndet sie; als variatio: man verändert sie; als parodia: man arbeitet sie um und gibt ihr eine neue Bedeutung.« schreibt Barbara Schwendowius im Programmheft 1997. Eine fast schon phi-losophische Fragestellung war Ausgangspunkt für das Thema Musikalische Wanderungen. Inventio – Variatio – Parodia. Im Blickfeld standen Melodien und Lieder, die in Europa Allgemeingut geworden waren, denn der Gedanke, dass ein Kunstwerk vor allem original und einmalig sein müsse, spielte vor dem 19. Jahrhundert noch keine Rolle. So waren die Weisen französischer Troubadours, mit neuen Texten versehen, auch bei den deutschen Minnesängern geläufi g. Heinrich Isaacs »Innsbruck, ich muss dich lassen« entwickelte sich zu einem ›Hit‹. Wie viele andere populäre Lieder war es Inspirationsquelle auch für Instrumental-kompositionen. Weltliche Lieder fanden Eingang in Messkompositionen, und das italienische Madrigal beherrschte in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts die Vokalmusik in ganz Europa.

Luca Pianca,

Theorbist des

Ensembles

Il Giardino

armonico,

Kulturzentrum

Herne, 13.11.1994

182 183

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man bisher angenommen hat«, schreibt Barbara Schwendowius, die das Thema breit angelegt hatte und nicht nur nach vergessenen Komponistinnen forschen ließ, sondern die Rolle der Frauen im Musikleben insgesamt beleuchtete, ihre Stellung als Musikerinnen, Sängerinnen, Tänzerinnen, Kurtisanen, Musen und Mäzeninnen. Frauen in der Musik. Werke vom Mittelalter bis zur Weimarer Klassik hießen die Tage alter Musik in Herne 2002, in deren Rahmen man beispielsweise Musik aus italienischen Frauenklöstern entdecken konnte, Motetten aus der Feder von Nonnen, die ihrer tiefen Spiritualität und Mystik Ausdruck verliehen hatten.

Man konnte als Komponistin und Muse Corona Schröter kennen lernen, die Johann Wolfgang von Goethe zu seinem Singspiel Die Fischerin inspirierte. Corona Schröter vertonte das Stück und stand als Primadonna auf der Freilicht-Bühne. Für die Neu-Aufführung hatte man den Garten-Glas-Saal in Schloss Horst (im benachbarten Gelsenkirchen) als fantasiefördernde Umgebung gewählt. Auch die bayerisch-sächsische Kurprinzessin Maria Antonia Walpurgis übernahm 1763 in Dresden aus Anlass der Rückkehr des königlich-kurfürstlichen Hofes aus Warschau in ihrer eigenen Oper die Hauptrolle: als Amazonenkönigin Talestri. Die kunstliebende und hochgebildete Kurprinzessin hatte sogar ihr italienisches Libretto selbst verfasst.

... Mit aller Freiheit ... Improvisation und Virtuosität oder die Inszenierung von Musik – das Thema im Jahr 2003 wies weit über die Grenzen der Alten Musik hinaus. Denn heute verbindet man mit der Improvisation vor allem den Jazz – der in Herne erstmals, wenn auch nur im kleinen Rahmen, ins Programm Eingang fand. In einem Workshop begegneten sich Jazz und Alte Musik auf der Basis der Improvisation. Wie führe ich etwas auf? Wie inszeniere ich die Musik? Das sind Fragen, die sich auf die Interpretation beziehen, die Art und Weise der Verzierungen, die virtuosen Ausschmückungen, die Gepfl ogenheiten bestimmter Epochen oder Stile. Deren Kenntnisse sind für die historische Aufführungspraxis unerlässlich. Bei den Konzerten in Herne wurde deutlich, dass die Regeln für die Interpreten in der Kunstmusik meist erkennbar und weitgehend verbindlich wa-ren, während das Interpretationsspektrum bei der nicht notierten Musik, bei der Volksmusik, viel breiter ist.

Fantasie – Improvisation – Virtuosität war das zweiteilige Abschluss-konzert des Jahres 2003 überschrieben, das mit einer szenisch-musikalischen Improvisation zur Commedia dell’arte begann. Ein possenhaftes, amüsantes Spiel mit den bekannten Commedia-Figuren wie dem geizigen Pantalone, des-sen Tochter Isabella, dem Schönling Flavio oder dem Angeber Capitano. Die einzelnen Szenen wurden musikalisch umrahmt und verbunden mit Musik aus dem 17. Jahrhundert. Das Spektrum vom 16. bis zum 21. Jahrhundert schöpften dann die King’s Singers im zweiten Teil des Konzerts aus, mit alten und neuen Madrigalen von Thomas Morley, Carlo Gesualdo bis hin zu Benjamin Britten und György Ligeti. Ihre stimmliche Virtuosität stellten die sechs Vokalsolisten

Ein Jubiläum prägte nicht nur das Thema der Tage alter Musik in Herne 2000, sondern auch das Festival selbst, das 25 Jahre alt wurde und mit einer großen Plakat- und Fotodokumentation ein Vierteljahrhundert Festival geschichte Revue passieren ließ. Klaus L Neumann hatte eindrucksvoll Künstler wie Atmosphäre in Schwarzweiß festgehalten. Seit 1998 war Neumann im Ruhestand, hat jedoch das Festival im Hintergrund weiterhin unterstützt.

Zeigte das Festival 2000 ein Weltreich im Spiegel der Musik, so konzen-trierte sich das Programm 2001 auf die Wechselwirkungen von Musik, Macht und Politik in Europa. Wie eng oftmals politische Entwicklungen mit künstle-rischen verwoben sind, konnte man auch in früheren Jahren in Herne immer mal wieder verfolgen, doch das Festival Allianzen – Musik und Politik bündelte die verschiedensten Aspekte. Musik als Huldigung für Herrscher, aber auch als Kritik an der Macht – schon die Minnesänger griffen aktuelle Ereignisse in ihren Liedern auf und sparten nicht mit politischen Anspielungen, wobei sie dabei kei-neswegs unabhängig waren, sondern nach dem Motto verfahren mussten »Wes Brot ich ess’, des Lied ich sing«. Das galt natürlich auch für all jene Komponisten, die in Diensten von Fürsten, Königen oder Kaisern standen. Zu allerlei Anlässen

wie Geburt, Tod, Vermählung, Repräsentationszwecken, Krönun-gen oder Feldzügen hatten sie das Passende zuzuliefern. Im günstigsten Fall konnten sie nach eigenem Gusto komponieren und versahen das Werk mit einer Widmung. All dies zeigte beispiel-haft das Herner Programm, das wiederum unerforschtes Terrain wie die Allianzen zwischen Hannover und London oder die zwischen Polen und Litauen mu-sikalisch aufarbeitete.

Sich mit dem wenig Bekannten zu beschäftigen und ins Bewusstsein zu bringen, war auch der Impuls für ein aktuelles Thema im Jahr darauf: Frauen in der Musik. In der Musikgeschichts-schreibung spielen Frauen fast keine Rolle. Und dabei haben sie »viel wichtigere Spuren hinter-lassen und viel mehr bewirkt, als

Markus Schäfer

interpretiert

Kantaten von

Georg Philipp

Telemann mit

der Rheinischen

Kantorei und dem

Ensemble Das

Kleine Konzert,

Kreuzkirche

Herne, 12.11.1999

184 185

� II,19

1984 war das Debüt der Tage Alter Musik Regensburg, übrigens unter an-derem mit Musica Antiqua Köln. Schon im zweiten Jahr waren dort viele interna-tionale Ensembles zu Gast, wie in Herne gab es eine Instrumentenausstellung und im Rahmenprogramm Workshops. Bekannte Interpreten prägen auch heute noch das Programm des Festivals, dessen 20jähriges Bestehen 2004 gefeiert wird. 1987 entstanden die Internationalen Festtage Alter Musik Stuttgart, seit 2004 in Stuttgart Barock umbenannt. Das Festival ist auch ein Forum für das 1985 von Frieder Bernius gegründete Stuttgarter Barockorchester. Der Gedanke eines Festivals für Alte Musik fand selbst in den USA Nachahmer. Der aus Mecklenburg stammende und in die USA ausgewanderte Flötenbauer Friedrich von Huene besuchte seit 1979 mehrfach die Ausstellung von Nachbauten historischer Flöten bei den Tagen alter Musik in Herne. Das Herner Festival hatte von Huene so inspiriert, dass er die Anregungen mit in die USA nahm und sein eigenes Festival gründete. 1980 entstand das Boston Early Music Festival, das heute zu den größten seiner Art in Amerika gehört. 2004 gab es erstmals eine Coproduktion zwischen dem Boston Early Music Festival und dem WDR, unterstützt von Radio Bremen: eine deutsche Barockoper aus der Hamburger Oper am Gänsemarkt, 1691: Ariadne von Johann Georg Conradi – der griechische Götterhimmel verbunden mit dem Hamburger Fischmarkt, Alte Musik als Brücke zwischen Kontinenten und Nationen.

Ensemble Tragi-

comedia mit den

Vokalsolisten

Christian Hilz,

Suzie Le Blanc,

Dorothee Mields,

Barbara Borden,

Kulturzentrum

Herne, 16.11.2002

wieder einmal unter Beweis. Ein würdiger und krönender Abschluss für die Tage alter Musik in Herne 2003, für die zum letzten Mal Barbara Schwendowius die Programmkonzeption entwickelt hatte.

Unter dem Titel Vivo o deliro? Wahn, Vision und Wirklichkeit in der Musik vom Mittelalter bis zum 19. Jahrhundert wird im November 2004 das Programm der Tage alter Musik in Herne fortgesetzt. Von Seiten des WDR zeichnet erstmals Richard Lorber verantwortlich, der die Tradition fortsetzt, das Festival unter ein Thema zu stellen, das in neun Konzerten aus verschiedensten Blickwinkeln be-leuchtet wird.

Vo r r ei t er u n d Im p u lsgeb er – d ie Tage alt er M u sik in H ern e

Die ersten Jahre der Tage alter Musik in Herne waren von Aufbruchstimmung und einer Begeisterungswelle geprägt. Erstmals waren im Rahmen eines Festivals die Interessen von Instrumentenbauern unmittelbar mit denen von Interpreten und Publikum verknüpft worden. Das zog die interessierten Laien wie die Fachleute an. Dass das älteste Festival für Alte Musik in der Bundesrepublik ausgerechnet in der Ruhrgebietsstadt Herne angesiedelt ist, hing – wie die Geschichte des Festivals zeigt – zunächst von Zufällen ab. Doch persönliches Engagement und der mutige Blick nach vorn ermöglichten die Entwicklung zu einem weit über die Landesgrenzen ausstrahlenden Kulturereignis. Die Tage alter Musik in Herne waren richtungsweisend und begründeten eine ganze Bewegung mit.

Zwar gab es auch schon früher Festivals, die Barockmusik spielten, wie die in den 20er Jahren entstandenen Händel-Festspiele in Göttingen und Halle. Doch hier näherte man sich erst Jahrzehnte später den Erkenntnissen historischer Aufführungspraxis. Impulse für die Alte Musik kamen seit den 60er Jahren vor allem aus den europäischen Nachbarländern, aus den Niederlanden, Belgien, England, der Schweiz und Österreich. Zu den Zentren der Alten Musik zählt seit vier Jahrzehnten Innsbruck, 1963 erklang im Spanischen Saal des Ambraser Schlosses erstmals Musik aus der Zeit seiner Erbauung, es war der Beginn der Ambraser Schlosskonzerte. Sie sind Teil der 1976 gegründeten Innsbrucker Festwochen der Alten Musik. Weitere traditionsreiche Festivals sind Musica Antiqua Brügge, seit 1964, und das Festival Oude Muziek in Utrecht, das 1982 ins Leben gerufen wurde.

In Norddeutschland wurde der Geiger und Festival-Intendant Thomas Albert schon früh aktiv. Als ehemaliges Mitglied in Sigiswald Kuijkens La Petite Bande gründete er 1978 das Ensemble Fiori Musicali und 1982 das Forum Alte Musik Bremen, das als Träger ab 1994 jährlich ein Musikfestival organisierte, das jeweils einem Komponisten wie Schütz oder Monteverdi gewidmet war. Zum Festival gehörten auch ein Symposion und ein Fortbildungskurs für junge Musiker. Das Musikfest Bremen, das 1989 entstand, ist zwar längst kein Spezialfestival für Alte Musik mehr, sondern bietet bis hin zum Jazz ein breit gefächertes Spektrum, wichtige Stars der Alten Musik sind allerdings noch immer dabei.

186 187

An m er ku n gen

1 Joachim Hengelhaupt, »20. Tage alter Musik in Herne – ein Rückblick«. Vorwort des

Ausstellungskatalogs Von denen Instrumentis Pneumaticis. Flöten, Pommern und Posaunen, Herne 1995.

2 Gespräch mit Joachim Hengelhaupt und Klaus L Neumann im November 2003 im Kulturzentrum

Herne.

3 WDR 3, Musikalisches Mosaik am 7. Dezember 1979, Bericht von Klaus Kirchberg. Der vollständige

Text ist in der Dokumentation der Stadt Herne Die Flöte 1979 abgedruckt.

4 Ansprache anlässlich der Eröffnung, abgedruckt in: Die Flöte. Dokumentation der Stadt Herne, 1979.

5 WAZ, 29. November 1980.

6 Andreas Obst, »Die glückliche Wiederbelebung der Fossilien«, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung,

24.12.1980, Feuilleton, S. 23.

7 Sonderausstellungen: 1980 Alte Streichinstrumente, 1981 Historische Tasteninstrumente, 1982 Orgeln

in Spanien – Historische Orgeln Westfalens, 1983 Das Mysterium des Pan – Flöten aus aller Welt, 1984

Königliches Saitenspiel – Neue deutsche Geigen aus Meisterhand, 1985 Pian‘e forte – vom Hackbrett zum

Hammerklavier, 1986 Tönendes Erz – Historische Blechblasinstrumente, 1987 Preise dein Glücke, geseg-

netes Sachsen, 1988 Harmonie universelle – Saiteninstrumente des 17. und 18. Jahrhunderts in Frankreich,

1990 Rabenkiel und Büffelleder – Cembali des 18. Jahrhunderts, 1991 Vom Gänsgeschrei zum Espressivo –

Holzblasinstrumente des 16./18. Jahrhunderts, 1992 Zimbelstern und Vogelschrey – kleine Orgelinstrumente,

1993 Original. Kopie. Nachschöpfung – Saiteninstrumente aus Mitteldeutschland, 1994 Springer, Rechen

und Tangente – Cembali und Clavichorde, 1995 von denen Instrumentis Pnevmaticis – Historische

Holz- und Blechblasinstrumente, 1996 Tasten der Empfi ndsamkeit – Hammer- und Tangentenfl ügel, 1997

Zistern und Gitarren – Zur Entwicklung volkstümlicher Zupfi nstrumente, 1998 Das Positiff schlag ich auff

Bürgerlichem Sal... – Die Orgel im nichtliturgischem Raum .

8 Symposien: 1999 Das deutsche Cembalo, 2000 Zur Geschichte von Cornetto und Clarine, 2001

Fundament aller clavierten Instrumente. Das Clavichord, 2002 Viola da gamba und Viola da braccio,

2003 »Wir loben deine Kunst, Dein Preiß ist hoch zu schätzen...« Der Orgelbauer Gottfried Silbermann

(1683–1753).

9 Arnold Werner-Jensen, »Tage für alte Musik in Herne«, in: Neue Zeitschrift für Musik, Heft 2, Februar

1982, S. 38.10 Westfälische Rundschau, 3.12.1981.11 Arnold Werner-Jensen, »Tage für alte Musik in Herne«, a.a.O., S. 39.12 Michael Stenger, »Der Reiz alter Klänge. Herner Festival im Zeichen der Hausorgel – Hohes Niveau«,

in: WAZ, 7.12.1982.13 Regionale und überregionale Bedeutung der Tage alter Musik in Herne. Eine Untersuchung des

Kommunalverbandes Ruhrgebiet im Auftrage der Stadt Herne, Essen 1984.14 Klaus Kirchberg, »E-Musik in der Industrie-Region. Herne und Witten haben in der Musikwelt besten

Klang«, in: Tausend Blumen. Kulturlandschaft Nordrhein-Westfalen, hg. von Lothar Romain und Hartwig

Suhrbier, Wuppertal 1984.15 »Lauten, Harfen, Violen. Tage alter Musik in Herne«, in: Neue Zürcher Zeitung, 14.12.1984.16 Rede anlässlich der Eröffnung der 10. Tage alter Musik in Herne.17 Barbara Schwendowius/Klaus L Neumann, Einleitung im Programmheft 1991.18 Christian Schruff, »Es war sagenhaft. Tage Alter Musik diesmal ganz antik«, in: Westfälische

Nachrichten Münster, 9.12.1992.19 Vorwort im Programmheft 1995 von Klaus L Neumann und Barbara Schwendowius.

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Mu sik an west fä lisch en Ad elsh ö fen

Eine Konzertreihe mit einzigartiger Authentizität (1991–1995)

Wolfgang Sandberger

»Die Kenner der Music sind in Westphalen rar, oder sie halten mehr von einem Schinken und Glaß Branndtwein« – so urteilte der wegen seiner »stacheligen Feder« gefürchtete Hamburgische Musikgelehrte Johann Mattheson 1722 über die Westfalen. Doch auch ein Mattheson konnte sich gewaltig irren, wie die Konzertreihe »Musik an westfälischen Adelshöfen« eindrucksvoll bewiesen hat. Kenner der Musik gab es nämlich auch in dieser Region, wenngleich sicher in bescheidenerem Umfang als in den Musikzentren des 18. Jahrhunderts, in Wien, London, Paris, Amsterdam, Mannheim oder Dresden.

Kenner und Liebhaber gleichermaßen war Graf Ludwig zu Bentheim-Steinfurt, ein fabelhafter Flötist, der dafür sorgte, dass auf den Pulten seiner Musiker in Burgsteinfurt stets die aktuellsten Noten lagen. Ganze Kutschenladungen voll Neuerscheinungen brachte er von seinen ausgedehnten Reisen durch Europa mit zurück nach Burgsteinfurt. Mit seinem berühmten Bagno, einem Lustgarten mit Konzertgalerie nach dem Vorbild des Versailler Grand Trianon, besaß dieser Hof eine überregionale Anziehungskraft. Was damals in Burgsteinfurt gespielt wurde, lässt sich bis heute an der eindrucksvollen Musikaliensammlung ablesen. Erhalten haben sich allein 734 Musikhandschriften, 1.152 Notendrucke, 468 Libretti und einige Theoretica. Doch auch die Sammlungen aus Rheda, Herdringen, Berleburg oder Nordkirchen dokumentieren die Bedeutung der Musik an den westfälischen Adelshöfen und belegen, wie sehr einst die vermeintlich regionale und die große, europäische Musikgeschichte verschränkt waren.

Der musikwissenschaftlichen Forschung waren diese Sammlungen zum größten Teil bekannt. Bereits 1934 war eine Dissertation von Joachim Domp er-schienen mit dem Titel Studien zur Musik an westfälischen Adelshöfen im XVIII. Jahrhundert. Eine Sonderrolle nahm dabei die Sammlung in Rheda ein, die durch die Initiative des Musikhistorikers Johann Philipp Hinnenthal besondere Aufmerksamkeit erlangte. So wurden schon in dem Jahrzehnt zwischen 1934 und 1944 Musiktage auf Schloß Rheda veranstaltet, in denen Werke aus dieser Sammlung erklangen. Mitte der 1950er Jahre verfolgten Hinnenthal und Eduard Gröninger vom WDR dann die Idee »eine ganze Reihe von Schloßkonzerten in Westfalen zu veranstalten.« Doch ließ sich dieses Vorhaben nicht realisieren, da – so ein Brief von Gröninger an Hinnenthal vom 2. Mai 1957 – der »Herr Intendant, dem dieses Projekt vorgetragen worden ist, doch lieber davon absehen« möchte.

Eine Ausstellung aus dem Jahr 1987 dokumentierte das wachsende Interesse an diesen Sammlungen. Die Uni ver sitäts bibliothek Münster, die seit Mitte

189

Der große Erfolg der Konzertreihe hatte mehrere Ursachen: Künstlerisch hochwer-tige Konzerte, im besten Sinne unterhaltsam moderiert, in ei-nem oft einzigartigen Am biente. An viele hochsommerliche Abendstunden in eindrucks-vollen Parkanlagen erinnert sich der Autor, freilich auch an ein gigantisches Gewitter in Berleburg (arme Tontechnik!) zu Beethovens Septett op. 20. Die Musik: meist brillant vorgetragen wie mit Andrew Manze und dem Amsterdam Baroque Orchestra unter Ton Koopman, mal kurios wie die Klavierminiaturen aus der Drucksammlung Das Blumenkörbchen von ei-nem gewissen Gottlob Wilhelm Burmann, mal amüsante Entdeckungen wie die Werke der komponierenden Schlossherren.

Der Erfolg der Reihe wurzelte freilich schon in einer überzeugenden Organisations-struktur. In jedem Konzertsommer gab es sechs verschiedene histo-rische Spielorte, wobei jeweils zwei nicht allzu weit vonein-ander entfernt liegende Häuser ein Paar bildeten. An jedem Spielort-Paar sollten dann die vier konzipierten Programme einer Saison präsentiert werden. So war es den Besuchern von drei Regionen möglich, bei re-lativ kurzen Anfahrtswegen alle vier Programme als komplette Konzertserie zu hören – in etab-lierten Konzertsälen wie in Schloss Anholt, Schloss Berleburg, Schloss Corvey, Schloss Nordkirchen oder Schloss Herten, aber auch in bis dato noch völlig ›unerschlossenen‹ Häusern wie etwa den Schlössern in Rheder, Wehrden oder

Schloss

Burgsteinfurt,

Bagno

Schloss Berleburg

Schloss Lembeck

der 1960er Jahre die Fürstlich zu Bentheim-Tecklenburgische Musikbibliothek Rheda und die Fürst zu Bentheimsche Musikaliensammlung Burgstein furt ver-wahrt, präsentierte dabei seltene und repräsentative Notendrucke aus diesen bei-den Sammlungen – unter dem Titel Musik an westfälischen Adelshöfen.

Kein Wunder also, dass die Idee und Konzeption zu einer gleich-namigen Konzertreihe dann aus dem Landesstudio Münster des WDR kam, genauer: von Dorothea Enderle, heute Leiterin des Programmbereichs Musik beim Südwestrundfunk. Mit der ihr eigenen Phantasie und ihrem ansteckenden Enthusiasmus entwickelte sie die Vision einer Konzertreihe, die sich grundlegend von vermeintlich vergleichbaren Projekten unterschied. Nicht nur künstlerisch hochwertige Konzerte sollten in historischem Ambiente geboten, sondern ganz konkret an die höfi sche Musikkultur Westfalens angeknüpft werden: Die themati-schen Programme hatten sich ausnahmslos an Werken aus den alten Sammlungen zu orientieren. Die künstlerische Leitung durch den ebenfalls in Münster lebenden, aber in der inter nationalen Musikszene agierenden Flötisten Konrad Hünteler sollte garantieren, dass von Seiten der Ausführenden ein künstlerisches Niveau geboten werden würde, wie es diese Musik während ihrer Blütezeit an den westfälischen Adelshöfen – bei allem Respekt vor den kleinen Hofkapellen – wohl nie erreicht hat.

Diese Idee wurde von den WDR-Abteilungen Alte Musik (Klaus L Neumann/Barbara Schwendowius), Kammer musik (Hans Winking/Michael Krügerke) und den westfälischen Landesstudios mit den Musikredakteur/

innen Ulrike Gru ner, Mathias Kremin, Eva Küllmer und Hildegard Schulte sowie dem Landschaftsverband Westfalen –Lippe sofort positiv aufgenom-men. »Aus der Region, für die Region«: unter diesem Motto ließe sich das gemeinsame kulturpoliti-sche Anliegen zusammenfassen, das den Westdeutschen Rundfunk und den Landschaftsverband Westfalen – Lippe bei diesem Projekt zusammenführte. Das ge-meinsame Ziel war erklärterma-ßen, die erstaunliche Musikkultur der Region bewusst zu machen, sie einer breiteren Öffentlichkeit zu erschließen und so lebendig zu halten.

Konrad Hünteler,

künstlerischer

Leiter der

Konzertreihe

»Musik an

westfälischen

Adelshöfen«

191190

Rhedaer Sammlung nämlich befi ndet sich nicht nur einer der fünf heute noch vollständig erhaltenen Erstausgaben der Tafelmusik, sondern auch die berühmt gewordene Liste der Subskribenten der Erstausgabe, auf der sich wohlbekannte Namen des europäischen Musiklebens um 1733 fi nden: neben Pisendel und Quantz auch »Mr. Hendel, Docteur en Musique, Londres«. (Der mit 8 Reichstalern doch gesalzene, ja gepfefferte Preis hat sich für Händel freilich doppelt gelohnt, denn er ›entlehnte‹ immerhin einige Soggetti aus der Tafelmusik für eigene Werke. Die Flötensonate aus der ersten Production hat er sogar Note für Note in ein ei-genes Orgelkonzert umgearbeitet.) In den Folgejahren wurden auch die weiteren Teile von Telemanns Tafelmusik aufgeführt – gelegentlich sogar mit kulinari-schem Rahmen: Ob die Dramaturgie des Menus dabei der exzellenten Musikfolge durch die Camerata des 18. Jahrhunderts wirklich standhielt, mag jeder anders in Erinnerung haben. Einst hatte sich wohl eher die Musik an den Gegebenheiten des Mahls zu orientieren, wie der Hofkapellmeister Wolfgang Briegel in der Vorrede zu seinem Musicalischen Tafel-Confect von 1672 einfühlsam – und wohl nicht ganz unerfahren! – beschrieb: »Es erscheinet aller Orten gebräuchlich und üblich zu seyen, bey vorfallender Tafelaufwartungen mit geistlichen und anderen musicalischen Stucken (biß die heißhungrigen Mägen erfüllet) den Anfang zu machen, hernach aber bey Aufsetzung des Konfects, wenn die Geister durch ed-len Rebensafft schier ermuntert, solche wiederum mit lustigen und kurzweiligen Sachen zu beschließen.«

Georg Philipp

Telemanns

Subskribenten-

verzeichnis der

»Tafelmusik« mit

Eintrag von Georg

Friedrich Händel

Wendlinghausen. Entdeckungsreisen waren von nöten und bisweilen auch etwas (aristokratischer) Charme, um Bedenken der Schlossbesitzer gegen das Öffnen der Schlosstore für ein Publikum zu zerstreuen. Um in reinen Zahlen zu spre-chen: Zwischen 1991 und 1995 gab es insgesamt 60 Konzerte an 24 verschiedenen Spielorten und 20 thematische Programme mit über 70 verschiedenen Komponisten. So exklusiv das Ambiente in den Konzertsälen der Adelshäuser bisweilen auch war: Da die Konzerte vom WDR mitgeschnitten wurden, war gewährleistet, dass trotz der beschränkten Kapazitäten in den Konzerträumen keine Exklusivität entstand. Zudem produzierte der Landschaftsverband Westfalen – Lippe eine CD-Serie, die immerhin acht Konzerte als Silberscheibe für den heimischen Salon bot und bietet.

Die thematische Ausrichtung der Programme orientierte sich einerseits an den jeweiligen Besonderheiten und kostbaren Raritäten der Sammlungen, andererseits sollte sich in den Programmen aber auch der vorherrschende Geschmack der Sammler bzw. das jeweils erkennbare Profi l spiegeln. Schon die erste Konzertserie 1991 zeigt das breite Spektrum der Sammlungen. Als Beitrag zum Mozart-Jahr wurden zunächst kaum bekannte Mozart-Bearbeitungen vorge-stellt: modische Arrangements von F. A. Hoffmeister, Stumpf, A. E. W. Cattus bis hin zu einem Zauberfl öten-Potpourri von C. T. Brunner und dem Zauberfl öten-Arrangement für Flötenquartett von Heinrich Ehrenfried, das Konrad Hünteler erst jüngst komplett bei Dabringhaus und Grimm eingespielt hat – ein später Refl ex auf diese einstige Entdeckung.

Der repräsentative Querschnitt aus dem Verlagsprogramm des Verlegers Johann André zeigte sodann, in welchem musikhistorischen Umfeld sich Haydn und Mozart einst behaupteten – in einem Verlagsprogramm, das in erster Linie für »das Vergnügen und die Unterhaltung der Musikliebhaber zu sorgen hatte«, wie Ernst Ludwig Gerbers Tonkünstler-Lexikon von 1812/14 richtig bemerkte. Unter dem Titel Militärisch-heroische Musikstücke wurden Battaglien, so genann-te Schlachtenmusiken, in kammermusikalischen Besetzungen präsentiert, ein musikalischer Sturm im Wasserglas also, der in den Salons der Zeit Furore machte.

Der Mitschnitt der Bataille de Fleurus aus der Feder des völlig unbekannten Franz Metzger, der allenfalls in dem erwähnten Neuen Tonkünstler-Lexikon von Gerber verzeichnet ist, lässt den einstigen Erfolg dieser Gattung heute zumindest erahnen.

Das vierte Programm schließlich umfasste den ersten Teil der Musique de Table von Georg Philipp Telemann. In der

Schloss

Wendlinghausen

193192

Sandberger fi nden sich Artikel von Ulrich Althöfer, Volkmar Braunbehrens, Konrad Hünteler, Bernhard Korzus, Harold C. Robbins Landon, Laurenz Lütteken, Hans-Günter Ottenberg, Christian Schruff, Axel Schollmeier, Hildegard Schulte, Michael Stegemann und Ulla Zierau. Wer heute die fünf Programmbücher durchblättert, fi ndet am Ende vielleicht sogar noch die begehrten Beilagen: eine Postkartenserie mit kolorierten Stichen, verschiedene Noten-Faksimilia oder gar die Reproduktion eines historischen Rokokofächers aus Schloss Burgsteinfurt – der allerdings dürfte als heißbegehrtes Objekt der sommerlichen Konzertreihe 1995 heu-te kaum mehr in einem Exemplar zu fi nden sein. Zu begeistert waren die Konzertbesucherinnen einst von der Möglichkeit, sich gleichsam ›in his-torischer Aufführungspraxis‹ Kühlung zu verschaffen. Soviel Authentizität gab es eben nur bei der Konzertreihe Musik an westfälischen Adelshöfen!

Camerata des

18. Jahrhunderts

Wenn erst jetzt von den Interpreten die Rede ist, so weil die Konzeption dieser Konzertreihe in der Tat einzigartig war. Ihr Erfolg war aber nur durch die hochkarätigen Ensembles bzw. Solisten möglich, die auch entlegene Werke meist so engagiert vorzutragen wussten, dass die Hörerinnen und Hörer auch von ›Nebenwerken‹ der Musikgeschichte gefesselt wurden: von Kompositionen etwa, die von mehr oder minder begabten Schlossherren stammten oder auch aus mo-dischen Serien, mit denen die Musikverleger damals die klavierspielende Dame – sei sie nun adliger oder bürgerlicher Herkunft – umwarben. Aus der Rückschau wurden damals große Namen der Alte -Musik-Szene eingeladen; doch Anfang der 90er Jahre waren noch keineswegs alle Ensembles so etabliert, wie es heute scheinen mag. Viele haben nicht zuletzt in der Kooperation mit der Abteilung Alte Musik des WDR ihren Weg gefunden: Concerto Köln, das Amsterdam Baroque Orchestra unter Ton Koopman, die von Konrad Hünteler geleitete Camerata des 18. Jahrhunderts, La Stravaganza Köln oder das Freiburger Barockorchester, zudem Ensembles wie das Festetics-Quartett, das Trio 1790 oder das Londoner Ensemble Hausmusik.

Sinnvollerweise wurden die Programme alle moderiert – mal souverän den roten Programm-Faden im Blick, mal amüsant und unterhaltsam (auch in den feinen Salons durfte gekichert werden), mal eher informativ und kompetent mit musikhistorischen Hintergründen.

Schließlich sind die reich illustrierten Programmbücher ein wichtiger und bleibender Bestandteil dieser Konzertreihe: Die umfangreichen Essays – ausnahmslos Originalbeiträge – beleuch-ten die vielfältigen Facetten der Programme aus ganz unterschiedlichen Perspektiven. Oft wurde dabei bislang kaum beachtetes oder unpubliziertes Quellenmaterial verarbeitet. Neben einem exklusiv bebilderten Blick auf Text- und Bildzeugnisse der Grafen Carl und Ludwig zu Bentheim-Steinfurt (Dorothea Enderle) stehen musiksoziologische Beiträge wie Aus dem Jahr eines Musiker-Bedienten (Klaus Hortschansky) oder rezeptionshistorische Artikel wie ›Westphalens Freude‹: die Bach-Familie (Wolfgang Sandberger), sodann Komponisten- und Verlagsportraits oder Essays und Interviews zu Fragen der Vortrags- und Aufführungspraxis. Renommierte Musikwissenschaftler, Musikjournalis-ten und Musiker haben für die Programmbücher geschrieben: Neben den Hauptautoren Dorothea Enderle, Klaus Hort schansky und Wolfgang

Festetics-Quartett

195194

9.–14.11.1989 NRW in Leipzig (Cappella Coloniensis/Rheinische Kantorei)7.–10.12.1989 Tage alter Musik in Herne (11 Konzerte)7.1., 8.4., 28.10.1989 WDR Nachtmusik (3 Konzerte)10.6.1990 Corveyer Musikwochen (Cappella Coloniensis)27.5.–3.6.1990 Westfälisches Musikfest (5 Konzerte in Herford)6.7.–13.7.1990 York Early Music Festival (3 Konzerte)27./28./31.8.1990 Kultur vor Ort: Erkelenz (3 Konzerte)6.–9.12.1990 Tage alter Musik in Herne (11 Konzerte)10.2., 17.3., 27.10.1990 WDR Nachtmusik (3 Konzerte)9.2., 9.3., 14.12.1991 WDR Nachtmusik (3 Konzerte)11./13.3.1991 Mediävisten-Kongress Köln (Anonymous 4 + Sequentia, 2 Konzerte)6./7.4.1991 40 Jahre Bach-Institut Göttingen (3 Konzerte)14.5.1991 Rhein. Musikfest Köln (Trio Sonnerie + Bach Ensemble New York)17.5.1991 Romanischer Sommer/Romanische Nacht (Teil 3) Köln30.5.1991 Corveyer Musikwochen (Linda Nicholson)4.–28.7.1991 Musik an westfälischen Adelshöfen

9.–13.7.1991 York Early Music Festival (3 Konzerte)5.–8.12.1991 Tage alter Musik in Herne (10 Konzerte)8.2., 14.3.1992 WDR Nachtmusik (2 Konzerte)15.–22.5.1992 Rheinisches Musikfest Mönchengladbach (3 Konzerte)25.–28.6.1992 York Early Music Festival (5 Konzerte)17.–26.7.1992 Musik an westfälischen Adelshöfen

21./22.9.1992 Festliche Tage Alter Musik Knechtsteden (2 Konzerte)3.–6.12.1992 Tage alter Musik in Herne (6 Konzerte)9.1., 30.10.1993 WDR Nachtmusik (2 Konzerte)23./24.4.1993 Tilman-Susato-Fest Soest (2 Konzerte)22.–26.5.1993 Unter Romanischen Bögen (5 Mittelalter-Konzerte in Essen)28./29.5.1993 Rheinisches Musikfest Essen (2 Konzerte)10.6.1993 Corveyer Musikwochen (Kuijken-Quartett)9.–16.7.1993 York Early Music Festival (3 Konzerte)2.7.–8.8.1993 Musik an westfälischen Adelshöfen

4., 17., 18., 19.9.1993 WDR in Brandenburg und Meckl.-Vorp.: Rheinsberg, Potsdam, Schwerin20./22.9.1993 Festliche Tage Alter Musik Knechtsteden (2 Konzerte)11.–14.11.1993 Tage alter Musik in Herne (7 Konzerte)23.–29.11.1993 Monteverdi-Fest Detmold/Paderborn (3 Konzerte)15.5.1994 Corveyer Musikwochen (Cappella Coloniensis)24.6.–17.7.1994 Musik an westfälischen Adelshöfen8./16.7.1994 York Early Music Festival (2 Konzerte)18./19.9.1994 Festliche Tage Alter Musik Knechtsteden (2 Konzerte)22./24.9.1994 Internationales Heinrich-Schütz-Fest Soest (2 Konzerte)8.10., 10.12.1994 WDR Nachtmusik (2 Konzerte)10.–13.11.1994 Tage alter Musik in Herne (9 Konzerte)1.10.–5.12.1994 Musik in der Zeit des Umbruchs Duisburg (5 Konzerte)März 1995 CPE Bach Festtage Frankfurt/O. – Zielona Gora/ Polen (2 Konzerte)1.4.1995 Bach-Tage Eisenach (Rheinische Kantorei/Das Kleine Konzert)8.4.1995 WDR Nachtmusik8./11.6.1995 Tilman-Susato-Fest Soest (2 Konzerte)11.6.1995 Corveyer Musikwochen (Kuijken-Streichquartett)7.–13.7.1995 York Early Music Festival (3 Konzerte)Juli 1995 Musik an westfälischen Adelshöfen

16./17.9.1995 Festliche Tage Alter Musik Knechtsteden (2 Konzerte)20./21.9.1995 Internationales Heinrich-Schütz-Fest Dresden (2 Konzerte)16.–19.11.1995 Tage alter Musik in Herne (11 Konzerte)13.1., 20.4., 30.11.1996 WDR Nachtmusik (3 Konzerte)17./18.3.1996 Telemann-Festtage Magdeburg (Cappella Coloniensis/La Stagione)

Fest ivals u n d Kon zer t reih en 1976–2004(mit vom WDR veranstalteten Alte-Musik-Konzerten)

15.10.1976 WDR Nachtmusik (René Jacobs, Sigiswald Kuijken u. a.)5.3., 2.4., 8.10., 17.12.1977 WDR Nachtmusik (4 Konzerte)10./11.12.1977 Tage alter Musik in Herne1.–23.7.1978 York Early Music Festival (12 Konzerte)7.12.1978 Tage alter Musik in Herne14.1., 8.4., 9.12.1978 WDR Nachtmusik (3 Konzerte)28.2./3.3.1979 Köln, Schnütgen-Museum: Die Parler und der schöne Stil (2 Konzerte)20.5., 17.6.1979 Corveyer Musikwochen (Cappella Coloniensis)14. – 21.7.1979 York Early Music Proms + Ripon Renaissance Music (3 Konzerte)9.12.1979 Tage alter Musik in Herne19.–25.10.1980 Europäische Kathedralchöre im Kölner Dom (7 Konzerte)4.–7.12.1980 Tage alter Musik in Herne (7 Konzerte)18.6.1981 Corveyer Musikwochen (Cappella Coloniensis)12.–14.7.1981 York Early Music Festival (3 Konzerte)3.–6.12.1981 Tage alter Musik in Herne (11 Konzerte)28./29.8.1982 Holland Festival Oude Muziek, Utrecht (2 Konzerte)30.10.1982 Haydn-Tagung Köln (Il Ritorno di Tobia)17.11.1982–19.4.1983 5 Kammerkonzerte im Lehmbruck-Museum, Duisburg2.–5.12.1982 Tage alter Musik in Herne (8 Konzerte)5.6.1983 Corveyer Musikwochen (Cappella Coloniensis)1.–4.12.1983 Tage alter Musik in Herne (10 Konzerte)11.–15.7.1984 Josquin-Symposium Köln (5 Konzerte)6.–9.12.1984 Tage alter Musik in Herne (11 Konzerte)6.1.–19.12.1985 Jahr der romanischen Kirchen Köln (12 Konzerte)22./23.2.1985 2 Konzerte zum Bach/Händel-Jahr in Aachen und Kornelimünster22.–24.3.1985 3 Konzerte zum Bach-Jahr in Mönchengladbach3.–6.6.1985 Rheinisches Musikfest Duisburg (4 Konzerte)9.6.1985 Corveyer Musikwochen: (Cappella Coloniensis)13.–17.7.1985 York Early Music Festival (3 Konzerte)5./6.10.1985 2 Konzerte zum Schütz-Jahr in Herford5.–8.12.1985 Tage alter Musik in Herne (11 Konzerte)24.5.–5.6.1986 Bachfest der Neuen Bachgesellschaft in Duisburg (2 Konzerte)31.5.–8.6.1986 Westfälisches Musikfest Gelsenkirchen (6 Konzerte)9.–12.7.1986 York Early Music Festival (4 Konzerte)4.–7.12.1986 Tage alter Musik in Herne (10 Konzerte)1.2., 18.10., 15.11.1986 WDR Nachtmusik (3 Konzerte)14.3., 21.11.1987 WDR Nachtmusik (2 Konzerte)2./3.6.1987 Romanischer Sommer Köln (5 Konzerte)14.6.1987 Corveyer Musikwochen (Cappella Coloniensis)7.–9.7.1987 York Early Music Festival (2 Konzerte)26./27.9.1987 3 Konzerte zum Buxtehude-Jahr in Kempen3.–6.12.1987 Tage alter Musik in Herne (11 Konzerte)15.5.–20.5.1988 Rheinisches Musikfest in Düsseldorf (4 Konzerte)21.6.–23.6.1988 Romanischer Sommer Köln (4 Konzerte)1.–4.12.1988 Tage alter Musik in Herne (10 Konzerte)5., 10., 14.12.1988 Carl-Philipp-Emanuel-Bach-Fest in Duisburg (3 Konzerte)8.10./22.10.1988 WDR Nachtmusik (2 Konzerte)21./26.6.1989 Romanischer Sommer Köln (2 Konzerte)18.–22.7.1989 York Early Music Festival (4 Konzerte)12./13.8., 9./10.9.1989 Straße der Weser-Renaissance Lemgo – Brake (4 Konzerte)

197196

17./18.5.1996 Rheinisches Musikfest Köln (King’s Singers/Rheinische Kantorei)6.–13.7.1996 York Early Music Festival (4 Konzerte)20.9.1996 Internationales Heinrich-Schütz-Fest Detmold (Weser-Renaissance)27./28.9.1996 Festliche Tage Alter Musik Knechtsteden (2 Konzerte)14.–17.11.1996 Tage alter Musik in Herne (9 Konzerte)26.1.1997 Festival Franz Schubert Duisburg (Cappella Coloniensis)3.5.1997 Rheinisches Musikfest Wuppertal (Rhein. Kantorei: Bach in NRW)5.–10.7.1997 York Early Music Festival (5 Konzerte)19.9.1997 Händel/Goethezeit Düsseldorf (Konzert zum Symposium)24./25.9.1997 Festliche Tage Alter Musik Knechtsteden (2 Konzerte)25.–29.10.1997 Unter Romanischen Bögen: Ockeghem-Festival Essen (5 Konzerte)13.–16.11.1997 Tage alter Musik in Herne (11 Konzerte)22.11., 6.12.1997 WDR Nachtmusik (2 Konzerte)10.1., 7.2., 7.3.1998 WDR Nachtmusik (3 Konzerte)17.5.1998 Westfälisches Musikfest Münster (Weser-Renaissance)11.6.1998 Corveyer Musikwochen (Cappella Coloniensis)4.–11.7.1998 York Early Music Festival (5 Konzerte)5./15.9.1998 Patroclus-Möller-Fest Soest/Bielefeld-Brackwede (2 Konzerte)22./24.9.1998 Festliche Tage Alter Musik Knechtsteden (2 Konzerte)11./16./18.10.1998 Rhein-Renaissance Jülich/Rheydt/Köln-Rheinkassel (3 Konzerte)12.–15.11.1998 Tage alter Musik in Herne (9 Konzerte)10.1., 7.2., 7.3.1999 WDR Nachtmusik (3 Konzerte)5./26.2., 12.3.1999 Musica Vaticana, Bundeskunsthalle Bonn (3 Konzerte)28./29.8.1999 Brühler Schloßkonzerte (Cappella Coloniensis)20./21.9.1999 Festliche Tage Alter Musik Knechtsteden (2 Konzerte)26.9.1999 EBU Special Day: John Blow (Konzert im Funkhaus Köln)31.10.–2.11.1999 Rameau-Festival Hochschule für Musik Köln (4 Konzerte)11.–14.11.1999 Tage alter Musik in Herne (8 Konzerte)21.3.2000 JSB’s Birthday Düsseldorf (4 Std. live)26.5.2000 Der Riss im Himmel + Tagung der AG für Rhein. Musikgeschichte in Brühl: Musik der Kurkölnischen Hofkapelle (Düsseldorfer Hofmusik)25.9.2000 Festliche Tage Alter Musik Knechtsteden (Oper, konzertant)28./29.10.2000 3 Bach-Konzerte in Kempen (Akademie für Alte Musik Berlin)9.–12.11.2000 Tage alter Musik in Herne (9 Konzerte) 3./24.2., 13.10, 8./22.12.2001 WDR Nachtmusik (5 Konzerte)13.5.2001 Westfälsches Musikfest Lüdenscheid (Cappella Coloniensis)19.5.–10.6.2001 Westfälisches Musikfest Hagen (5 Konzerte)22.6.2001 Festival Potsdam-Sanssouci (Cappella Coloniensis)23./29.9.2001 Festliche Tage Alter Musik Knechtsteden (2 Konzerte)2.–4.10.2001 3 Bach-Konzerte in Kempen (Musica Alta Ripa)15.–18.11.2001 Tage alter Musik in Herne (9 Konzerte)2.2.–21.12.2002 WDR Nachtmusik (7 Konzerte)12.–25.5.2002 Rheinisches Musikfest Aachen (2 Konzerte)20.9.2002 Festliche Tage Alter Musik Knechtsteden (Oper, konzertant)29.9.–3.10.2002 La Venexiana in Kempen, Aachen, Bonn, Gelsenkirchen, Duisburg (5 K.)14.–17.11.2002 Tage alter Musik in Herne (9 Konzerte)21.4.2003 Feste Musicali Köln − Osterkonzert (Cordarte)17./18.5., 1./3.6.2003 Westfälisches Musikfest Ostwestfalen – Lippe Lemgo, Paderborn (4 Konz.)18.5.2003 Forum Alte Musik Köln (Cappella Coloniensis)21./25.9.2003 Festliche Tage Alter Musik Knechtsteden (2 Konzerte)12.–16.11.2003 Tage alter Musik in Herne (11 Konzerte)4.1.–8.11.2003 WDR Nachtmusik (8 Konzerte)24.1., 6./20.3.2004 WDR Nachtmusik (3 Konzerte)10.4.2004 Feste Musicali Köln - Osterkonzert (Ensemble für Alte Musik Dresden)11.-14.11.2004 Tage alter Musik in Herne (9 Konzerte)

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Mit t ela lt er lich e Mu sik im Pr o gr am m d es W D R

Thomas Daun

»Es ist schwierig, mittelalterliche Musik im Rundfunk zu senden; vor allem im Lauf des Tages. Bei bestimmten Anlässen geht das, aber in der Regel nicht.« Die Bedenken von Klaus L Neumann sind nachvollziehbar; in seiner langjäh-rigen Tätigkeit für die Abteilung Alte Musik hat der 1998 pensionierte WDR-Redakteur immer wieder die Erfahrung gemacht, dass die Klänge des 12. oder 13. Jahrhunderts einem Hörfunkpublikum ungleich schwieriger zu vermitteln sind als etwa barocke Orchesterpracht oder eine frühklassische Sonate für Hammerklavier. Für ein Radiopublikum stimmt die Aussage; ganz anders ist es im Konzert, wo die Konzentration durch einen Kirchenraum sehr begünstigt wird – mittelalterliche Musik ist dort ohne weiteres vertretbar. Einstimmigkeit im Gesang, Beschränkung auf einen geringen Vorrat an Tönen, Sparsamkeit im Gebrauch von Instrumenten, modale Grundlage der Melodie, Fehlen harmoni-scher Bezüge – die charakteristischen Merkmale mittelalterlicher Musik lassen den ungeschulten Hörer schnell ermüden und ›abschalten‹ im wahrsten – für den Rundfunkmacher schmerzlichen – Sinne des Wortes...

Musik späterer Epochen hingegen – etwa die der Barockzeit – knüpft selbst beim ungeschulten Hörer der Gegenwart an musikalische Hörerfahrungen an: bei allen stilistischen Unterschieden zwischen Händel-Arie und Pop-Song gibt es doch elementare Gemeinsamkeiten in Bezug auf die Formung von Melodie, Harmonieschema oder Rhythmus. Heutige Interpreten mittelalterlicher Musik haben diese Schwierigkeiten erkannt und bemühen sich in ihrer Darbietung um phantasievolle Präsentation. Eine besondere Bedeutung kommt dabei stimmungsvollen Räumlichkeiten und natürlicher Akustik zu. Ein historisches Ambiente und ein schön klingender Saal können entscheidend dazu beitragen, dass das Publikum fremde oder archaische Klänge genießt. Diese Atmosphäre im Rundfunk zu vermitteln, ist keine leichte Aufgabe, wie Fachredakteurin Barbara Schwendowius betont: »Man kann das nicht mit einer einfachen Stückansage machen – mittelalterliche Klänge verlangen eine Hinführung des Hörers; man muss diese Musik zum Leben erwecken, denn das ist Geschichte, die das Leben schrieb...« Dabei geht es weniger um formale Kategorien oder wissenschaftliche Genauigkeit. Schwendowius: »Man muss gar nicht wissen, dass die Ballade in dieser oder jener Form gebaut ist, sondern einfach hinhören und sich von der Klangwelt beeindrucken lassen. Selbst wenn man nicht jedes Wort versteht: Diese einfachen, reinen Klänge von zwei oder drei Stimmen können die Gemütslage vermitteln, die dahinter steckt.«

199

fast unbegrenzt. Musikredakteur Klaus L Neumann bestätigt: »Hätte Krings nicht immer nachgehakt und selbst mitgemacht, wäre da so schnell nichts entstanden. Also, man muss sagen, dass die mittelalterliche Musik wirklich mit der ›rüden‹ Hand von Dr. Krings eingeführt wurde – koste es, was es wolle!«

H ild egar d vo n Bin genIm Herbst 1980 wandten sich Barbara Thornton und Benjamin Bagby mit ei-nem außergewöhnlichen Projekt an die Hauptabteilung Musik des WDR: sie planten, mit dem Ensemble Sequentia das geistliche Drama Ordo virtutum der mittelalterlichen Mystikerin Hildegard von Bingen einzustudieren und auf-zunehmen. Bagby erinnert sich an die spontane Reaktion von Krings: »Er war begeistert und sagte: Wir müssen uns um die großen Komponisten aus dem Rheinland kümmern. Wir haben Beethoven, wir haben Stockhausen – jetzt müssen wir Hildegard von Bingen haben.« Auch Klaus L Neumann, zu-ständiger WDR-Abteilungsleiter, war überzeugt, man müsse die bis dahin weitgehend unbekannten Werke der Hildegard von Bingen einspielen: »Die deutsche Musikgeschichte begann mit einem Paukenschlag – und zwar durch eine Komponistin! Das ist in keinem anderen Land so gewesen. Hildegards Musik ist ganz eigenständig, besitzt eine sehr individuelle Melodik – sie ist in vie-len Dingen ganz einzigartig!«

Schon die Vorarbeiten zu den Aufnahmen wurden generalstabsmäßig geplant: 1981 fand in Köln ein Hildegard-von-Bingen-Symposium statt, zu dem Musikwissenschaftler, Historiker und Instrumentenbauer eingeladen wurden. Nicht nur die Vorträge und Diskussionen, auch Sequentias erste musikalische Annäherungsversuche an Melodien der mittelalterlichen Komponistin wurden zu Dokumentationszwecken auf Tonband festgehalten. Im Anschluss an das Symposium wurden Fachleute beauftragt, einige der Instrumente, die man für eine historisch korrekte Aufführung brauchte, zu rekonstruieren. »Sequentia war damals gerade aus dem Studium gekommen,« erinnert sich Klaus L Neumann, »die hatten kein Geld, womit sie so etwas bezahlen konnten. Ich fi nde auch, dass es

Benjamin Bagby,

1982

Gewiss spricht mittelalterliche Musik einen vergleichsweise kleinen Hörerkreis an – aber der ist, laut Barbara Schwendowius, begeistert bei der Sache: »Solange wir das gesendet haben und auch Konzerte gemacht haben, war eigent-lich immer großes Interesse dafür vorhanden.«

Vo n Basel n ach Kö lnWährend Klänge aus Renaissance und Barock in ›historischer Aufführung‹ schon in den sechziger und 70er Jahren im WDR-Programm berücksichtigt wurden, fand die mittelalterliche Musik daher erst in den 80er Jahren systematische Beachtung – in den Jahrzehnten zuvor gab es nur sehr vereinzelte Sendungen zu diesem Thema. Die plötzliche Blüte mittelalterlicher Musik im Programm des WDR seit etwa 1980 war vor allem dem Zusammentreffen von Alfred Krings, dem damaligen Leiter der WDR-Hauptabteilung Musik, mit Barbara Thornton und Benjamin Bagby, den beiden ideenreichen und kreativen Interpreten des Ensembles Sequentia zu verdanken. »Barbara und ich, wir sind einfach zu ihm hingegangen und haben uns vorgestellt: ›Wir sind ein junges Ensemble und wol-len gerne nach Köln kommen, um Musik des Mittelalters zu machen. Was meinen Sie dazu, was sollen wir tun?‹«

Benjamin Bagbys Erinnerung an die erste Begegnung mit Alfred Krings ist lebhaft. 1977 hatte Bagby zusammen mit Barbara Thornton an der Basler Schola Cantorum das Ensemble für mittelalterliche Musik Sequentia gegründet. Der erste öffentliche Auftritt des Ensembles fand im selben Jahr in Brüssel statt. Auf der Rückreise machten die jungen Musiker in Köln Station, um Kontakte zum Rundfunk zu knüpfen. »Krings fi ng sofort Feuer«, erinnert sich Bagby. Ein Jahr später hatte Sequentia in Köln eine neue Heimat gefunden. Das Konzert Tradition und Avantgarde im 13. Jahrhundert mit Liedern französischer Trouvères wurde vom WDR aufgenommen. Es folgte eine jahrzehntelange fruchtbare Zusammenarbeit, die bis heute andauert. Das bislang unbekannte Ensemble Sequentia wurde zu ei-nem der weltweit renommiertesten seiner Art – nicht zuletzt dank der tatkräftigen und sachkundigen Unterstützung seitens des WDR. »Wenn wir in das Büro von Dr. Krings kamen, saß er hinter einem riesigen alten Schreibtisch. Der war fast völlig leer. Nur ein winzig kleiner Notizblock und ein Stift lagen da. Und wenn ich dann sagte: ›Wir bräuchten für die Produktion eigentlich noch dies oder jenes‹ – dann schrieb er es auf. ›Ist das alles?‹ – fragte er kurz. ›Wird erledigt! Und jetzt unterhalten wir uns über interessante Dinge!‹ Und dann konnte es sein, dass wir ein halbe Stunde oder länger über die Uraufführung einer Oper von Mauricio Kagel am Vorabend sprachen...«

Wenn Benjamin Bagby von der Atmosphäre in der Hauptabteilung Musik des WDR zu Beginn der 80er Jahre erzählt, fühlt man sich an die Berichte vom Hofe eines mittelalterlichen Fürsten erinnert. Die Machtfülle des Abteilungsleiters und sein Zugriff auf fi nanzielle Ressourcen des WDR schienen

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� I,9

� II,8

Die Uraufführung des Ordo virtutum fand am 8. Mai 1982 in der Kölner Kirche Groß St. Martin statt. Da das Fernsehen das gesamte Spektakel fi lmen wollte, waren zuvor umfangreiche Bühnenbauten nötig; außerdem wurde für den Bild-Hintergrund ein riesengroßes bemaltes Tuch in Auftrag gegeben, das sich auf ein Miniatur-Portrait der Hildegard von Bingen bezog. Die speziell angefertigten historischen Kostüme der Sängerinnen, Musiker und Schauspieler waren für die Nahaufnahmen der Kameraleute nicht fein genug und mussten deshalb in den Wochen vor der Aufführung noch einmal neu genäht werden. Alle anfallenden Kosten – auch die für die teure Fernsehproduktion – wurden aus dem Etat des Hörfunks bezahlt. Das war nur möglich, weil Alfred Krings als Hauptabteilungsleiter das ehrgeizige Projekt als das seinige ansah und jede (v. a. fi nanzielle) Schwierigkeit aus dem Wege räumte. So blieb der Ordo virtutum bis in die Mitte der 90er Jahre die teuerste Einzelproduktion des WDR Hörfunks. Klaus L Neumann betont: »Ohne Krings wäre das nichts geworden; denn es kostete da-mals sehr viel Geld. Für die Summe hätte man zu Beginn der 80er Jahre zwei oder drei Häuser bauen können...«

Er t r agr eich e Jah r e»Köln war sehr berühmt als Alte-Musik-Stadt; die New York Times brachte damals einen riesigen Leitartikel im Feuilleton über die Arbeit der Alte-Musik-Abteilung des WDR. Die Leute dachten: Deutschland ist reich. Köln noch reicher. Die machen was sie wollen. Das war wirklich für viele das gelobte Land der Alten Musik...«

»Ordo virtutum«,

11./12.5.1982

(Szene mit

William Mock-

ridge und

Barbara Thornton,

links daneben

Guillemette

Laurens) in Groß

St. Martin, Köln,

mit Aufzeichnung

für das WDR-

Fernsehen

eine wichtige Aufgabe des WDR ist, solche Dinge zu fi nanzieren und in Bewegung zu bringen.«

Ein Orga-nistrum – also eine mittelalterliche Dreh-leier – ein kleines Portativ und mehrere Fiedeln wurden bei Instrumentenbauern in England in Auftrag gegeben und rekon-struiert. Als histori-

sches Modell für die Streichinstrumente wurde eine Steinfi edel auf einem mittel-alterlichen Grabstein im Kölner Schnütgen-Museum gewählt. Diese Instrumente wurden dann den Musikern von Sequentia als Leihgaben ausgehändigt. Einen besonderen Kostenfaktor stellten die Proben dar. Barbara Thornton versam-melte elf Sängerinnen aus verschiedenen Ländern um sich, die über Monate in Kölner Hotels untergebracht wurden und täglich zum Proben zusammentrafen. Außerdem wirkten vier Instrumentalisten und einige Schauspieler mit.

Sequentia in der

Basilika St. Ursula,

Köln, 22.6.1983

Symposium zu

»Ordo virtutum«

von Hildegard

von Bingen im

Jahr 1981, links:

Barbara Thornton,

rechts (stehend)

Alfred Krings

202 203

The New York

Times, 21.7.1996,

Bericht von

James R. Oestreich

über Alte Musik

in Köln; das

Titelbild zeigt

Concerto Köln

vor der Ostseite

des Kölner Doms

Benjamin Bagbys Worte verdeutlichen, wie sehr die Arbeit des WDR in den 80er und frühen 90er Jahren den Status des ›Kultur-Standortes‹ Deutschland bzw. Köln festigte. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk als Stütze und Garant kultureller Vielfalt – auch die Szene der mittelalterlichen Musik profi tierte da-von. Nach dem großen Erfolg des Ordo virtutum folgten weitere Projekte mit

Werken der Hildegard von Bingen. Beabsichtigt war, dass Sequentia das gesamte Schaffen der mit-telalterlichen Mystikerin einspielen sollte. Sechs CDs sind seitdem er-schienen – bis auf wenige Stücke tatsächlich das vollständige Repertoire Hildegards. Auch im Rundfunkprogramm des WDR etablierten sich zu

jener Zeit Sendungen über mittelalterliche Musik. Die Präsentation des Ordo virtutum hatte Alfred Krings noch selbst übernommen: Schon im Anschluss an das Symposium lief eine dreistündige Sendung, in der die Ergebnisse der wis-senschaftlichen Gespräche zusammengefasst und mit Musikbeispielen untermalt wurden. Die Uraufführung aus der Kirche Groß St. Martin wurde direkt über-tragen – nach einer längeren Einführungssendung, die wiederum Alfred Krings

gestaltet hatte.Die Präsentation mittelalterli-

cher Musik im Programm war eher sach-lich, oft wissenschaftlich orientiert. Über Rückmeldungen seitens der Hörerschaft oder Einschaltquoten ist wenig bekannt. »Die meisten Sendungen wurden genau nach Manuskript mit professionellen Sprechern aufgenommen. Die beteiligten Musiker waren nicht im Studio, wie etwa in Frankreich. Dort sind die Studiogäste oft Musiker, die ausführlich über ein Stück reden, bevor es gespielt wird...« Schwingt in Benjamin Bagbys Worten vielleicht leise Kritik an der nüchternen, vermeintlich ob-jektiven Darbietung mittelalterlicher Musik mit, so wie sie in den 80er Jahren üblich

»Ordo virtu-

tum«, Sequentia

1982, Plakat der

Aufführung beim

Holland-Festival

in Utrecht, 1982

204 205

Sequentia,

St. Ursula in

Köln, 1983

war? Die Aufgabenteilung innerhalb der Haupt abteilung Musik untersagte der Abteilung Alte Musik Sendungen mit Originaltönen wie Interviews, Reportagen u.s.w., sogenannte Features.

Die WDR Nachtmusik stellte die einzige Aus nahme dar – und wurde deshalb von den Musikern beson-ders geliebt. Benjamin Bagby: »Wir durften dann selbst moderie-ren. Man sollte unseren Akzent hören, meinte Krings. Er fand es sehr wichtig, dass die Musiker selbst sprachen.« Als das Ensemble Sequentia

1981 eine Nachtmusik zur italienischen Musik des 14. Jahrhunderts gestaltete, reichte der WDR anschließend das Sendeband zum Wettbewerb des Innsbrucker Radiopreises ein – und errang den ersten Platz. »Das war ein Wendepunkt in un-serem Verhältnis zum WDR,« erinnert sich Bagby, »Krings hatte nun ein bisschen Rückendeckung im eigenen Hause: Sehen Sie, Sequentia hat diesen Preis für den WDR gewonnen. Vor den Engländern! Er war sehr stolz auf diesen Preis.«

Sequentia

(Benjamin Bagby,

Rainer Ullreich,

Barbara Thornton,

Patricia Neely),

Kulturzentrum

Herne, 5.12.1987

Mit dem Ensemble Sequentia wurden neben den Aufnahmen zu Hildegard von Bingen zahlreiche andere Projekte zur mittelalterlichen Musik durch-geführt. Bis in heutige Tage ist das Ensemble Sequentia ein beliebter Partner des WDR geblieben. Zuletzt wurden die Aufnahmen zur mittelalterlichen isländischen Edda The Rheingold Curse (2001) und die Lost Songs of a Rhineland Harper (2004) durch die Redaktion Alte Musik des WDR mitfi nanziert – in Coproduktion mit der Plattenindustrie – und (in Zusammenarbeit mit der Bundeskunsthalle Bonn) Krone und Schleier (erscheint 2005), Gesänge aus deutschsprachigen Frauenklöstern des Mittelalters.

»Als Sequentia einmal fest im Sattel saß, genügend Konzerte und auch eine Plattenfi rma hatte, musste der WDR das nicht mehr vollständig fi nanzieren«, erklärt Klaus L Neumann seine Philosophie. »Der Rundfunk soll sein Geld für Dinge ausgeben, die sich anders nicht fi nanzieren lassen: für Werke, die nirgend-wo anders aufgenommen werden, weil viel Entwicklungsarbeit dazugehört; und für Musiker, die noch keinen Plattenverlag haben, der sie in solchen Projekten unterstützt.« Prägend wirkte sich für das Programm in jenen Jahren auch die enge Zusammenarbeit der WDR-Redaktion mit dem York Early Music Festival aus. Seit 1978 beteiligte sich der WDR an Mitschnitten des York Festivals. Während der 80er Jahre waren Aufnahmen mit englischen Ensembles wesentlicher Bestandteil der Sendungen der Alte-Musik-Abteilung. Konzertmitschnitte mit den Gothic Voices (Christopher Page), dem Medieval Ensemble of London (Peter und Timothy Davies), den Clerkes of Oxenford (David Wulstan), dem Orlando Consort, den King’s Singers und anderen renommierten Interpreten der Musik des Mittelalters und der Renaissance stießen auf sehr positive Resonanz bei den Hörern.

Die Zusammenarbeit mit den Engländern ging noch weiter: Klaus L Neumann engagierte mehrere britische Kollegen als Autoren – etwa den bekann-ten Musikwissenschaftler David Fallows als Berater bei WDR-Aufnahmen mit den King’s Singers: »Das war von mir auch ein taktischer Kniff, David Fallows zu holen«, gesteht Neumann. »Was wir im WDR an mittelalterlicher Musik

Sequentia in St.

Ursula, Köln 1983,

bei Proben zur

Aufführung der

Symphoniae der

Hildegard von

Bingen

206 207

Überreichung des

1. »Innsbrucker

Radiopreises für

die Interpretation

Alter Musik« an

Klaus L Neumann,

Oktober 1981

aufnahmen, ob das nun Sequentia oder irgendein anderes Ensemble war, wur-de von der ›Oxbridge-Formation‹ immer abgelehnt. Wenn wir Rezensionen in England lasen, waren unsere Aufnahmen immer ›großer Mist‹. Die wussten es immer besser. Und Fallows war ja einer der wichtigsten englischen Redakteure für Plattenrezensionen.« Die Aufnahme-Session mit dem kritischen Musikologen im Regieraum konnte bisweilen durchaus skurrile Züge annehmen: »Wenn Fallows den Sängern zuhörte, sagte er plötzlich: Die Stelle könnte doch auch anders klin-gen. Mal sehen, ob da nicht ›musica fi cta‹ im Spiel ist, ob im Notentext vielleicht ein Kreuz fehlt... Oft telefonierte er in solchen Fällen mit seinen Kollegen, etwa in Utrecht oder Cambridge, und besprach das Problem mit ihnen. Dann haben wir eine mögliche Variante aufgenommen; alles nochmal angehört, diskutiert, über-legt, und uns schließlich für eine Version entschieden.«

Neu e H o r izo n t eIn den 1990er Jahren verschob sich der Schwerpunkt der Arbeit der Redaktion Alte Musik: Waren bislang vor allem Ensembles aus England und Holland ton-angebend, so hatte sich inzwischen auch anderswo eine aktive und interessante Szene mittelalterlicher Musik entwickelt. Vor allem in Italien. 1991 begann die Zusammenarbeit mit dem Ensemble La Reverdie. Verglichen mit den Aufnahmen von Sequentia zeigen die in Koproduktion mit dem französischen Label Arcana erschienenen CDs von La Reverdie eine deutliche Akzentverschiebung im Umgang mit mittelalterlichem Repertoire: Anstatt sich einem Komponisten oder einer historisch eng begrenzten Epoche zu widmen, stellen die Musikerinnen von La Reverdie thematische Assoziationen her – und überwinden dabei Zeiten und Räume: neben der Ostersequenz des Wipo von Burgund (11. Jahrhundert) fi n-den sich auf der CD Nox – Lux Kompositionen von Guillaume Dufay und eigene

Mala Punica

(Jill Feldman

und Gianluca

Ferrarini, Gesang,

sowie Mara

Galassi, Pedro

Memelsdorff,

Kees Boeke,

Roberto Falcone,

Christophe

Deslignes und

Karl-Ernst

Schröder),

Kulturzentrum

Herne, 14.11.1997

Rezension einer

WDR-Aufnahme

mit Sequentia,

Early Music,

Mai 1984

208 209

Stücke im stilo medievale. Das geographische Spektrum der CD Insula Feminarum mit keltischen Klängen des Mittelalters reicht von den (nordischen) Orkneyinseln bis ins (romanische) Italien. Nur eines der 18 Stücke stammt aus dem keltischen Kulturraum – und dies ist das einzige, das im CD-Heft ohne Quellenangabe bleibt. Klangeffekte (etwa ferne Windgeräusche zum sanften Klang einer Harfe) verstärken den Eindruck, dass es La Reverdie darum geht, das Publikum auf einer emotionalen Ebene assoziativ anzusprechen. Dabei ist die Arbeit von La Reverdie immer an den Quellen orientiert, auch nicht-musikalischen, wie WDR-Redakteur Richard Lorber hervorhebt. Die jüngsten Aufnahmen widmen sich nun dem Werk einzelner Komponisten, etwa die 2003 publizierte Produktion Italienische Reise mit Werken von Guillaume Dufay oder die im selben Jahr produzierte Aufnahme mit Werken von Jacopo da Bologna. Dies entspreche, so Lorber, dem Bedarf von WDR 3, wenn etwa mittelalterliche Musik in Sendungen wie den Musikpassagen präsentiert werden soll.

Anders die Vorzeichen bei Mala Punica, einem italienischen Ensemble, mit dem der WDR ebenfalls seit Beginn der 90er Jahre zusammenarbeitet. Der virtuose Blockfl ötist Pedro Memelsdorff fand in seinem Kollegen Kees Boeke ei-nen kongenialen Partner und scharte eine Gruppe motivierter Musiker um sich. Das Ensemble konzentriert sich auf die Musik der Zeit um 1400 – die hochkom-plizierte Mehrstimmigkeit der ars subtilior. »In diesem Bereich musste – und muss – noch viel geforscht werden«, betont Klaus L Neumann, »man meinte lange, diese Musik sei bloß für die Augen da. Denn das Notenbild sieht sehr kompliziert aus. Erst Pedro Memelsdorff, der sich auch theoretisch auf diesem Gebiet wie kein anderer auskennt, gelang es, diese Musik überzeugend zum Klingen zu brin-gen.« Pedro Memelsdorff gilt als Kapazität für die Epoche der Ars subtilior. Seine

Aufnahmen mit Mala Punica sind oft einzelnen Komponisten gewidmet, dessen Werke er nicht nur mit historischer Akribie, son-dern auch mit äußerst kreativer Phantasie zum Leben erweckt: Die Rondeaus, Madrigale und Virelais von Matteo da Perugio oder Paolo da Firenze werden in der Interpretation von Mala Punica zu farbigen, packenden Klangreisen in eine fremde mu-sikalische Welt.

Auch das Ferrara Ensemble um den Lautenisten Crawford Young widmete

Claudia Caffagni

(La Reverdie),

Kirche Herz

Jesu Herne,

13.11.1994

sich in den Produktionen für den WDR überwiegend der Musik des 14. Jahrhunderts; dabei gab es gelegentlich auch Überschneidungen im Repertoire. Allerdings ist die instrumentale Besetzung der bei-den Ensembles sehr unterschied-lich. Außerdem beschränkt sich das Ferrara Ensemble nicht wie Mala Punica auf die italienischen Komponisten jener Zeit, sondern beschäftigt sich auch ausgiebig mit der französischen und bur-gundischen Tradition – so etwa in der CD Mercy ou Mort, die dem Werk des französischen Dichters und Komponisten Guillaume de Machaut gewidmet ist.

Die unterschiedlichen Interpretations ansätze der ge -nannten Ensembles zeigen, welche Vielfalt in der heutigen

Szene der mittel alterlichen Musik herrscht. Die Skala reicht vom phantasievol-len Musizieren, das sich eng an den Quellen orientiert, bis hin zum ›Erfi nden‹ neuer mittelalterlicher Werke; dabei beschränkt sich die Präsentationsform im Konzert immer seltener auf eine strenge, rein musikalische Darbietung – statt-dessen fügt man literarische Texte und moderierte Passagen ein; wagt experi-mentelle Gegenüberstellungen etwa mit Neuer Musik; arbeitet mit Klang- und Lichteffekten, mit Videoinstallationen, mit Jonglage oder Pantomime... Barbara Schwendowius begrüßt den Mut der Interpreten, die Werke des Mittelalters mit kreativer Phantasie zu behandeln: »Nur das zu machen, was hundertprozentig ge-sichert ist, wäre doch sehr langweilig. Wenn man sich anschaut, wie unterschied-lich einzelne Ensembles dasselbe mittelalterliche Stück aufführen: sie basieren alle auf den wenigen Resten, Manuskripten, die man da hat – aber die Ausführungen sind doch sehr unterschiedlich.«

Eine Aufführungspraxis mittelalterlicher Musik ist nur mit Quellen-kenntnis und Fachwissen glaubwürdig. Jedoch, ohne die Rolle der historischen Forschung herabzusetzen, der Rundfunk bezieht in der ewigen Debatte zwi-schen Theorie und Praxis, zwischen Wissenschaftler und Interpret eindeutig Position: »Wir haben uns immer für die Praxis entschieden; wenn man sich nur

Raffaella de’Mirco-

vich (La Reverdie),

Kirche Herz Jesu

Herne, 13.11.1994

210 211

an das hält, was die Musikwissenschaft herausgefunden hat – das dauert viel zu lange. Die Musiker müssen sich entscheiden, die können nicht sagen: unser Forschungsergebnis können Sie drei Jahre später mal hören. Auf diese Weise sind die Musiker sogar manchmal der Wissenschaft voraus, indem sie basierend auf ihren Kenntnissen einfach etwas ausprobieren, was später von der Forschung bestätigt wird – oder zumindest die Wissenschaft anregt, noch weiter darüber nachzudenken.«

Der ständig wachsende Zulauf zu Mittelalter-Märkten und Ritterspielen, die hohen Verkaufszahlen des Gregorianischen Chorals, der Erfolg historischer Fantasy-Romane wie Der Herr der Ringe, die ›Gothic-Welle‹ in der Popmusik beweisen, dass die Epoche des Mittelalters auch auf Menschen von heute einen ungemeinen Reiz ausübt. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk darf dieses Interesse nicht vernachlässigen und sollte die vielen engagierten Musiker, die sich jenen Klängen mit Energie und aus Überzeugung widmen, weiterhin tatkräftig unter-stützen. Denn wie Barbara Schwendowius feststellt, ist gerade in unseren lauten und hektischen Zeiten das Bedürfnis nach der reduzierten Klanglichkeit mittel-alterlicher Musik groß: »Man will auch im Rundfunk diese Musik immer wieder in eine besondere Ecke für Spezialisten stellen. Aber das Publikum wächst, und der WDR hat seine Archive gefüllt, um seinen Hörerinnen und Hörern die bestmög-lichen Interpretationen aus aller Welt vorzustellen.«

212

D er Beit r ag d es W D R zu r Ren aissan ce d er Mu sik

d es 15. u n d 16. Jah r h u n d er t s

Klaus Pietschmann

Unbekanntes hörbar machen – durch diese Maxime, die ein halbes Jahrhundert Studioproduktion, Konzert- und Programmgestaltung der Redaktion Alte Musik des WDR prägte, wurde Köln zum wichtigen Schauplatz und Spiegelbild auch einer Entwicklungslinie der historischen Aufführungspraxis, die sich ansonsten vor allem andernorts wie etwa in Basel oder im angelsächsischen Raum vollzog.1

Unbekannt war die Musik des 15. und 16. Jahrhunderts bei dem potenziellen Publikum der Nachkriegszeit und darüber hinaus freilich eher indirekt. In der Jugendmusikbewegung, die sich schon seit dem frühen 20. Jahrhundert für das Musizieren mit historischem Instrumentarium aufgeschlossen zeigte, bildeten kleine Instrumentalstücke und weltliche Chormusik der (vornehmlich deutschen) ›Renaissance‹ einen wichtigen Schwerpunkt. Der damit verbundene nationale Impetus verlor sich zwar nach dem Krieg, jedoch war dieses Repertoire bereits zu einer tragenden Säule des Laienmusizierens geworden und folglich mit dem Odem der leichten Übungsliteratur bzw. des Schulchor-Standardrepertoires umgeben. Auf der anderen Seite bildeten im katholischen Bereich einzelne Kompositionen Palestrinas, Victorias und Lassos feste Größen, auch wenn der ursprünglich cä-cilianistisch-kulturkämpferische Charakter ihrer Wiederaufführung nun meist mittelklassiger Kirchenchor-Routine gewichen war. Schließlich dürfte das Bild noch vielfach von den ›Alten Niederländern‹ bestimmt gewesen sein, denen in Thomas Manns Doktor Faustus und mit ihm in der Konzertführerliteratur des frühen 20. Jahrhunderts verstiegene Kanonkünste ohne allen sinnlichen Reiz nachgesagt wurden.

Weniger unbekannt als vor allem vorurteilsbelastet war also das landläufi ge Bild von der Musik des 15. und 16. Jahrhunderts in den ersten Jahren des Bestehens der Redaktion Alte Musik des WDR. Ansätze für einen Verständniswandel waren freilich in mancherlei Hinsicht gegeben. So hatte etwa Johann Huizingas Darstellung Der Herbst des Mittelalters2 in ihrer faszinierenden Schilderung des Spätmittelalters als einer Zeit enormer kultureller Vielfalt und intellektueller Dynamik eine neue Sicht auf diese vielen fi nster und rätselhaft erscheinende Epoche eröffnet, von der auch die Beschäftigung mit der Musik profi tieren konnte.

Dass Eduard Gröninger, der für die Cappella Coloniensis zuständige Redakteur, der Musik des 15. und 16. Jahrhunderts in seinem programmatischen Beitrag Alte Musik im Rundfunk ausdrücklich einen wichtigen Platz einräumte3 und diesem Bekenntnis auch Taten folgen ließ, dürfte nicht zuletzt mit seinen eigenen musikwissenschaftlichen Neigungen zusammengehangen haben, plante

213

Renaissance für eine sorgfältige Abwägung der angemessenen besetzungs- wie stimmtechnischen Mittel plädierten. Ameln war es auch, der die Pionierarbeit des NWDR ein Jahr später auf dem internationalen musikwissenschaftlichen Kongress der Gesellschaft für Musikforschung in Bamberg vorstellte und damit den Kontakt des Senders zur Disziplin intensivierte.8

Dass in den Folgejahren parallel zum Aufbau der Cappella Coloniensis auch die Aufführungspraxis der Musik des 15. und 16. Jahrhunderts einen wich-tigen Schwerpunkt der Arbeit des NWDR bzw. (ab 1.1.1956) WDR bildete, war im wesentlichen das Verdienst von Alfred Krings, der ebenso wie Gröninger un-ter Fellerer promoviert worden war und im Jahr 1953 als freier Mitarbeiter zum Sender stieß. Auf sein Betreiben widmete sich ab 1957 das Collegium musicum des WDR zunächst ausschließlich der Musik des Mittelalters bis zum frühen 17. Jahrhundert, wobei gleich die erste Produktion zu einem bemerkenswerten Höhepunkt geriet: Auch aus heutiger Perspektive erscheint die am 6. Juni 1957 in Knechtsteden entstandene Einspielung des Requiems von Pierre de La Rue beachtlich, insbesondere der ungenannte Knabensolist – es handelt sich um den zuvor bereits als Interpret von Stockhausens Gesang der Jünglinge hervorgetrete-nen Josef Protschka9 – verblüfft durch eine unverkrampfte, die mäandrierende Stimmführung gänzlich verinnerlichende Phrasierung. Heikel erscheint in der Rückschau freilich die Instrumentationspraxis, bei der sich Krings von eher subjektiven Maximen leiten ließ: »Mit den wunderbaren alten, für uns jedoch neuen Klängen, entdeckten wir, daß die alte Kunst, die bisher immer ›abstrakt‹ oder ›objektiv‹ genannt wurde, eine ›menschliche‹ Kunst war, der bei aller Strenge nicht Gefühl, nicht Vitalität fehlte. Hier seien uns die Instrumente genannt, die vor allem der Kirchenmusik dienten, alte Instrumente, die nicht oder nur sehr bedingt durch moder-ne zu ersetzen sind. [...] Die Kunst der Instrumentation besteht bei der Musik bis 1600 darin, die Vielfalt der Musik, die freiströmend dahinfl ießt und jede Wiederholung vermeidet, jene immer wieder neuen, verän-derten Melodien und Rhythmen mit einem ebenso immer wieder verwandelten Klang zu schmücken.

215

Eduard Gröninger

bei Aufnahmen in

Bielefeld, 1955

er doch eine Habilitation über Jan Pieterszoon Sweelinck, die freilich durch den Krieg und später eine Auseinandersetzung mit seinem Betreuer, dem Kölner Ordinarius Karl Gustav Fellerer, vereitelt wurde.4 Gleich zu Beginn seiner Tätigkeit als freier Mitarbeiter beim NWDR lenkte er im Rahmen der Sendereihe Von alter Musik die Aufmerksamkeit der Hörer auch und besonders auf die Musik des 15. und 16. Jahrhunderts. Neben einzelnen Komponisten gewidmeten Sendungen (Dunstable, Senfl , Lasso, Palestrina) wurde in weiteren Beiträgen zu übergeord-neten Themen ein umfassender Überblick über gattungs- und stilgeschichtliche Entwicklungen in der Zeit der Renaissance geboten.5

In seinen Einführungstexten war Gröninger offenkundig bemüht, be-kanntes Vorwissen zu vertiefen, Vorurteile abzubauen und Neuland zu erschließen: Im Falle von Dufay und Ockeghem etwa ist keine Rede von Kanonkünsten, son-dern von satztechnischer Ausgeglichenheit; die Auseinandersetzung mit Palestrina wird zum Anlass für den Hinweis genommen, dass die Renaissance sich keines-wegs nur durch Kirchenmusik auszeichnete; und unter Verweis auf Dunstables 500. Todestag am 24. Dezember 1953 bietet Gröninger eine eloquente Hommage auf diesen aus dem damaligen öffentlichen Bewusstsein vollständig verschwun-denen Komponisten.6 Die in den Sendungen vorgestellten Aufnahmen stammten überwiegend von dem Brüsseler Vokal- und Instrumentalensemble Pro Musica Antiqua, das 1933 von dem Amerikaner Safford Cape gegründet worden war und, beraten durch Charles van den Borren, als eines der ersten Spezialensembles überhaupt wissenschaftlich fundierte Interpretationen von Musik zwischen dem 13. und 16. Jahrhundert erarbeitete, die schon früh auf Schallplatte und offen-kundig auch für den Rundfunk eingespielt wurden.7 In dieser Interpretenwahl zeigt sich ebenso wie in derjenigen des Viola da gamba-Quartetts der Schola Cantorum Basiliensis, des Ensemble Vocal unter Leitung von Marcel Couraud oder des Lautenisten Walter Gerwig, dass von Anfang an neben der Vermittlung musikhistorischer Grundkenntnisse die Sensibilisierung der Hörer für den spe-zifi schen Klang des alten Instrumentariums ein zentrales Anliegen bildete. Für das weniger entlegene Repertoire deutscher Reformationsmusik oder der geist-lichen Vokalmusik von Lasso und Palestrina verwendete man Produktionen mit dem Chor der Westfälischen Landeskirchenmusikschule Herford (Ltg. Wilhelm Ehmann), dem Madrigalchor der Kölner Musikhochschule (Ltg. Hermann Schroeder) und dem Domchor Münster (Ltg. Hubert Leiwering).

Gleichwohl wurde die Frage der richtigen Besetzung und Interpretation auch dieses Repertoires bereits thematisiert. Für die Kleine Musikrundschau zeich-nete der Musikwissenschaftler Konrad Ameln im Februar 1952 zwei Sendungen auf, die Das a-cappella-Ideal und Chorbesetzung und Chorstil zum Gegenstand einer differenzierten, durchaus kritischen Standortbestimmung der aktuellen Aufführungspraxis geistlicher Chormusik vor 1600 machten und unter Verweis auf die vielfältigen Aufführungskontexte mehrstimmiger Vokalmusik der

214

� I,15

Abteilungen vor allem nach dem Wechsel von Krings zur Volksmusik-Redaktion im Herbst 1968 in Auftrag gegeben wurden. Einen großen Anteil bildeten noch lang solche Interpretationen, die sich stilistisch in jenen eingangs genannten Fahrwassern bewegten, die Gröninger und Krings zu überwinden suchten. Eccard, Othmayr oder Senfl mit diversen studentischen Madrigalchören, frankofl ämisches Repertoire mit niederländischen oder französischen Kammerchören bildeten bis weit in die 70er Jahre hinein einen beträchtlichen Anteil der Aufnahmetätigkeit. Gleichwohl kam es auch zur Verpfl ichtung von solchen Ensembles, denen durchaus an historischer Aufführungspraxis gelegen war und die zu durchaus beachtlichen Interpretationen gelangten. So spielten etwa die noch recht jungen Les Menestrels 1971 auf Initiative von Wilfried Brennecke, der von 1964 bis 1989 WDR-Redakteur für Kammermusik und Neue Musik des WDR war, einige (vor-wiegend deutsche) Lieder mit Solosopran und Saiteninstrumenten ein. Auch die 1969 aufgenommenen englischen Madrigale mit dem Purcell Consort of Voices, die Giaches de Wert-Madrigale mit der Londoner Accademia Monteverdiana unter Denis Stevens von 1971 oder das 1972 mit dem von Dieter Kirsch ge-leiteten Münchner Vokalensemble eingespielte spanische Repertoire deckten Lücken auf durchaus professionellem künstlerischem Niveau ab, auch wenn das interpretatorische Spektrum mit oft vibratoreicher Dynamik und teilweise sogar unbekümmerten Rubati noch einer romantisch geprägten Renaissance-Auffassung verpfl ichtet erscheint. Solche Produktionen demonstrieren, dass diese Aufnahmetätigkeit die ursprünglich eingeschlagene, klar fundierte Linie vermissen ließ – fairerweise muss jedoch hinzugefügt werden, dass sie in eine Zeit fi el, die generell noch immer stark von Experimenten geprägt war: Spezialisierte Ensembles wie das Studio für Frühe Musik bildeten nach wie vor die Ausnahme, die meisten Interpreten betätigten sich mit wechselndem Erfolg als Universalisten, deren Repertoire von Perotin bis Händel reichte, und nur wenige nachrückende Gruppen verstanden es, höchstes spieltechnisches Niveau mit wissenschaftlicher Solidität und marktstrategischem Geschick zu verbinden. David Munrow mit seinem Ensemble Early Music Consort of London sollte hier – trotz seines frü-hen Todes 1976 – nachhaltigen Einfl uss ausüben: Die meisten Musiker seines Ensembles waren die maßgeblichen Interpreten der 80er Jahre auch auf dem Sektor der Renaissance-Musik und prägten eine ganze Musiker-Generation in Bezug auf Spieltechnik, interpretatorisches Gespür und die Fähigkeit, ein breites Publikum für die Reize einer verschütteten bzw. als unattraktiv empfundenen Musikkultur zu sensibilisieren, ja sogar zu begeistern.15

In eine neue Phase trat die Beschäftigung mit der Musik vor 1600 im WDR dann ab 1976, als Klaus L Neumann Nachfolger von Gröninger in einer – nun neu defi nierten – Redaktion für Alte Musik wurde. Durch seine musikwis-senschaftlichen Studien bei Hans Albrecht für die Musik der Renaissance sensibi-lisiert, führte er den von Gröninger eingeschlagenen Weg zielstrebig fort, nachdem

217

Da die Stimmen fast frei austauschbar mit Instrument oder mit Sänger zu besetzen sind, ist die Variationsmöglichkeit groß.«10 Auch nachfolgend war es vor allem Krings, der sich um die Produktionen von Musik vor 1600 kümmerte, und noch in seiner Funktion als Hauptabteilungsleiter Musik des WDR, die er von 1976 bis zu seinem Tod 1987 bekleidete, regte er Renaissance-spezifi sche Projekte der Redaktion Alte Musik mit an.11

Krings intensivierte auch die von Gröninger 195212 begon-nene Zusammenarbeit mit Alfred Deller, dem Pionier des modernen Countertenorgesangs. Einen offenen Blick für die damals aktuellen Entwicklungen dokumentieren Ein-spielungen einiger Kompositionen von La Rue, Waelrant, Dufay, Encina oder Dunstable mit dem Studio der Frühen Musik im Oktober 196213 bzw. Musica Antiqua Wien im November 1964: Gerade das von Thomas Binkley im Jahr 1960 begründete Studio der Frühen Musik und die von René Clemencic geleitete Musica Antiqua Wien nämlich zählten zu den maßgeblichen Pionieren historischer Aufführungspraxis auf dem Feld der Musik vor 1600.14

Dass das Experimentieren mit dem historischen Instrumentarium innerhalb der Kölner Musikszene durchaus eine breitere Wahrnehmung er-fuhr, demonstriert eindrücklich Mauricio Kagels 1967 eingespielte Musik für Renaissance-Instrumente, bei der neben zahlreichen Cappella-Mitgliedern auch René Clemencic und der spätere Leiter des Kölner Violen-Consorts, Heiner Spicker, mitwirkten. In dieser Komposition spiegelt sich die Faszination, die von dem Klang des alten Instrumentariums zunehmend ausging und hier zum Ausgangspunkt einer Erweiterung der gewohnten Klangspektren jenseits der ton-angebenden elektronischen Musik wurde.

Es ist freilich zu betonen, dass zu diesen Einspielungen zahlreiche andere Eigenproduktionen des fraglichen Repertoires hinzukamen, die von anderen

216

Alfred Deller

� II,1

� I,4

� II,4

� II,5

an Präzision und inter-pretatorischer Frische. Die Bemühung um vernach-lässigte Instrumentalmusik demonstrieren Einspie-lungen englischer Virginal- musik mit Trevor Pinnock im Mai 1977 und engli-scher Lautenmusik mit Nigel North im März 1978. Zu einer bemer-kenswerten Kombination noch weitgehend unbe-kannter Künstler kam es im November 1979, als der Knabenchor Hannover, das von Philippe Herreweghe ge-leitete Collegium Vocale Gent und Jordi Savall mit seinem Ensemble Hespèrion XX in der Genter Karmelitenkirche Motetten von Orlando di Lasso einspielten. Zwar gab es zunächst Kommunikationsschwie-rigkeiten, da die Frage der künstlerischen Gesamtleitung nicht hinreichend ge-klärt worden war, doch nachdem Alfred Krings auf einem Blitzbesuch in Gent in einsamem Entscheid Savall die Stabführung übertragen hatte,16 entstand letztlich eine, von kleinen Intonationstrübungen der Knaben abgesehen, mustergültige Interpretation, die üppige Klangfülle mit präziser Phrasierung und dynamischer Struktur verbindet.

Solche Verpfl ichtungen nachmals sehr erfolgreicher, prominenter Künstler demonstrieren ein sicheres Gespür für die Qualitäten junger, förde-rungswürdiger Interpreten auch und gerade im Bereich der Musik vor 1600. So erscheint die Feststellung nicht übertrieben, dass vom WDR in den 1980er Jahren grundlegende interpretatorische Strömungen der Renaissance-Musik mitgeprägt, wenn nicht sogar ausgelöst wurden. Vor allem für die mehrstimmige weltliche Vokalmusik bestand nach wie vor ein Mangel an aufführungspraktisch versierten Interpreten. Um diesem abzuhelfen, initiierte Neumann 1982 eine enge

219

Jordi Savall im

Kulturzentrum

Herne, 6.12.1980

er mit diesem bereits seit längerem im Rahmen seiner Tätigkeit im Deutschen Rundfunkarchiv eng zusammengearbeitet hatte. Unterstützung bekam er, nach-dem 1978 Barbara Schwendowius auf eine neugeschaffene Redakteursstelle für die zuvor nicht redaktionell etablierten Bereiche der Orgelmusik und der Geistlichen Musik berufen wurde. Sie hatte sich in Wissenschaft und Praxis intensiv mit dem Gambenspiel befasst und brachte allein dadurch der Aufführungspraxis auch der Musik der Renaissance besondere Aufgeschlossenheit entgegen.

Das Hauptaugenmerk wurde nun zunächst auf die weltliche Vokalmusik gerichtet, die die Ensembles bei den Schallplattengesellschaften am schwersten unterzubringen vermochten und bei der es noch die meiste ›Aufklärungsarbeit‹ gegenüber weiten Teilen des Publikums zu leisten gab. Eigenwilliges Zeugnis der ersten Bemühungen um deren stärkere Profi lierung bilden die im Dezember 1976 entstandenen Aufnahmen mit dem weitgehend unbekannt gebliebenen Ensemble Au joly bois aus Eindhoven. Die schnarrenden, zum Teil holprig falsettierenden, aber ungemein musikantischen Männerstimmen und Instrumentalisten verleihen den kurzen Stückchen von Komponisten wie Attaingnant, Erasmus Widmann

oder Othmayr ein in ihrer Bizarrheit au-thentisches Flair, das Assoziationen mit Breughel-Gemälden oder Hieronymus Boschs Musikerhölle weckt. Daneben wurde zunächst auch weiterhin mit ›hauseigenen‹ Kräften gearbeitet: 1977 spielten die inzwischen erfahrenen Bläser der Cappella Coloniensis Günther Höller, Helmut Hucke, Walter Stiftner und Karl-Heinz Weber zusammen mit Wolfgang Eggers an der Bass-Gambe, Eva Csapó (Sopran) und Dirk Schortemeier (Bariton) deutsches Repertoire der Mitte des 16. Jahrhunderts sowie Instrumentalsätze von Stockem, Pipelare, Stoltzer und Frescobaldi ein, jedoch sollten dies die letzten Ausfl üge von Cappella-Musikern in die Renaissance sein. Zugleich entstan-den Aufnahmen mit richtungsweisendem Charakter. Im Mai 1977 nahm Neumann mit den in Deutschland damals noch unbekannten King’s Singers neben eng-lischem Repertoire auch Vokalwerke von Hassler und Senfl auf – mit dem Ergebnis eines bis dahin kaum je gehörten Maßes

218

Au joly bois im

Kölner Funkhaus,

Dezember 1976

großen Erfolgs in der außerordentlichen stimmlichen Homogenität und perso-nellen Konstanz des Ensembles. Im Laufe der 80er Jahre entstanden für den WDR bzw. in Koproduktion mit ihm neben themenorientierten Madrigalprogrammen Portraits lang vernachlässigter Komponisten, wie etwa William Byrd (1982), Orazio Vecchi, Alfonso Ferrabosco (jeweils 1985), Jacques Arcadelt (1987), John Ward, Luca Marenzio (jeweils 1988), Thomas Tomkins, Sigismondo d’India (jeweils 1989), Cipriano de Rore (1991), Luzzasco Luzzaschi, Thomas Weelkes ( jeweils 1994) und nochmals Thomas Tomkins (1996).

In mindestens ebenso starkem Maße war der WDR auch an dem Durchbruch des amerikanischen Ensembles Chanticleer beteiligt. Während das Consort of Musicke auf männliche Diskantstimmen konsequent verzichtet, besetzt Chanticleer ebenso konsequent die hohen Stimmen ausschließlich mit Falsettisten, was zu Beginn der 80er Jahre ein unerhörtes Novum darstellte. Die enge Zusammenarbeit mit dem 1978 von dem Bariton Louis Botto gegründeten Ensemble kam auf Initiative von René Clemencic zustande, der die zwölf Sänger 1983 nach Köln brachte, um gemeinsam mit seinem eigenen Consort weltliche Vokalmusik, drei Motetten und die Missa La mi la sol / O praeclara von Heinrich Isaac für den WDR zu produzieren. Schon diese ersten Aufnahmen, die in ihrem massiven, die Stimmen bedenkenlos verdoppelnden Bläsereinsatz einem zuneh-mend in die Kritik geratenden Interpretationsideal verpfl ichtet waren,17 ließen keinen Zweifel daran, dass der sehr direkte, strahlende Klang des Ensembles in besonderem Maße für geistliche Musik der Renaissance prädestiniert war. Nachfolgend kam es zu ei-ner Reihe von Konzerten und Studioproduktionen mit Werken von Josquin Desprez (1984, 1990), Brumel (1987), Palestrina (1988), Andrea Gabrieli (1989) und Alexander Agricola (1991), jedoch wurden auch einige geist-lich-weltliche Mischprogramme mit Kompositionen von Willaert (1989), Lasso (1985), Nannino (1988) und Giovanni Gabrieli (1989) aufgenommen. Die Reihe der Komponistennamen zeigt, dass auch hier die Strategie verfolgt wurde, gleichermaßen

221

»Cupid and

Death« Masque

von Matthew

Locke in einer

szenischen

Aufführung mit

der Sopranistin

Emma Kirkby,

September 1983

Kooperation mit dem bereits 1969, ursprünglich als Instrumentalensemble ge-gründeten Consort of Musicke. Der Lautenist und Musikwissenschaftler Anthony Rooley war mit seinem Ensemble zu diesem Zeitpunkt in Großbritannien bereits für seine feinfühligen Interpretationen vorwiegend englischer Musik sehr ge-schätzt. Durch die feste Zusage von zwei Aufnahmeperioden pro Jahr erhielt das neugegründete Vokalensemble eine Planungssicherheit, die rasch zum interna-tionalen Durchbruch führen sollte. Durch die regelmäßige Radiopräsenz (das Ensemble hatte zeitweise einen eigenen halbstündigen Sendeplatz pro Woche) und einige Produktionen auf dem noch jungen Medium CD wuchs nicht nur die Bekanntheit des Ensembles in Deutschland rasch, sondern es wirkte auch geradezu stilprägend. Es war und ist vor allem die leidenschaftliche Emphase der madrigalesken Textausdeutung, die den spezifi schen Interpretationsstil der sechs Sänger ausmacht: Wohl erstmals wurde auf dem Gebiet der Ensemblemusik unter radikalem Verzicht auf alle romantisierenden Elemente stimmliche Perfektion in solchem Maße mit der konsequenten Bemühung um die Wiederbelebung stimm-licher Ausdrucksmittel der Zeit um 1600 verbunden, wie sie aus Gesangstraktaten und zeitgenössischen Berichten erschließbar sind. Zwar war es vor allem der vibratolose, in allen Lagen brillant leuchtende Sopran von Emma Kirkby, der in der ›Szene‹ Kultstatus erlangte und wesentlich zu der lang anhaltenden Popularität des Consort of Musicke beitrug, jedoch bestand das eigentliche Fundament des

220

Barbara Schwen-

dowius und

Louis Botto bei

Aufnahmen mit

Chanticleer in

Bochum-Stiepel,

3.12.1985

� II,10

Entwicklung gleichsam voraus: Die Interpretationen geistlicher Werke aus dem Umfeld der Reformation (1983), des Hofs Rudolfs II. (1991) sowie von einzelnen Komponisten wie Willaert (1985) und Senfl (1989) besetzen bzw. verdoppeln einzelne Vokalstimmen mit Blechbläsern mit viel Bedacht und verwenden ein ge-mischtes, meist mehrfach besetztes Sängerensemble. Die Besetzung bedingt einen satten, aber weichen, fl exibel gehandhabten Klang und erscheint für das fragli-che Repertoire durch zahlreiche Quellen gerechtfertigt. Das Ensemble ging aus einer 1978 in Utrecht gegründeten Stiftung hervor, die sich den Dialog zwischen Erforschung und praktischer Umsetzung von musikalischen Spieltechniken der Renaissance zum Ziel gesetzt hatte. Seit Mitte der 1990er Jahre entstanden weitere Aufnahmen repräsentativer Vokalmusik der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts in ähnlicher Besetzung mit Roland Wilsons Musica Fiata und La Cappella Ducale sowie dem von Manfred Cordes geleiteten Ensemble Weser-Renaissance.

Dialogo musicale, Chanticleer und die King’s Singers waren auch bei dem mit Konzerten durchsetzten Symposium Josquin Desprez. Ein Musiker der Renaissance beteiligt, das im Juli 1984 in Köln stattfand und den richtungsweisen-den Auftakt zu einer über das Radioprogramm hinausreichenden Propagierung von Komponisten der Renaissance im Rahmen von Festivals bildete, in denen sich der WDR als Allein- oder Mitveranstalter an das Publikum wandte. Beim Josquin-Symposium, das gemeinsam mit dem niederländischen Josquin-Spezialisten und Professor der Rijksuniversität Utrecht, Willem Elders, durchgeführt wurde, konnte zudem eine fruchtbare Zusammenarbeit mit der Musikwissenschaft hergestellt werden – ein in den 1950er Jahren zentrales Anliegen, das sich später jedoch nur noch ausnahmsweise verwirklichen ließ. Elders nutzte die Gelegenheit nicht nur dazu, das (gegenwärtig gut fortgeschrittene) Projekt einer neuen Josquin-Werkausgabe vorzustellen, sondern lud auch eine Reihe der wichtigs-ten Exponenten der internationalen Josquin-Forschung nach Köln ein, die in Workshops im Funkhaus über Funktion, Besetzung und Stimmgattungen von Josquins Musik diskutierten. Unter den Referenten befand sich auch Rebecca Stewart, die hier ihre richtungsweisenden aufführungspraktischen Vorstellungen präsentierte (am augenfälligsten werden diese im Musizieren aus großen Chorbüchern) und sie in wechselnden Besetzungen mit Sängern von Chanticleer und den King’s Singers ausprobieren konnte – später realisierte sie diese mit der Cappella Pratensis, der der WDR wiederum zu Beginn der 90er Jahre mit einigen Produktionen (Obrecht, Clemens non Papa, Hellinck, Brumel) Starthilfe leistete.

Nachfolgend stellten vor allem im Rahmen der Tage alter Musik in Herne und des York Early Music Festivals zahlreiche jüngere und auch schon etablierte Ensembles für Renaissance-Musik ihre aktuellen Programme dem Konzert- und Rundfunkpublikum vor. Zehn Jahre nach dem Josquin-Symposium wurde an-lässlich des Doppelgedenkjahres der 400. Todestage von Lasso und Palestrina gemeinsam mit der Stadt Duisburg das Internationale Musikfestival Musik in der

223

weitgehend unbekanntes Repertoire zu erschließen und bekannte Kompositionen in neuem interpretatorisch-klanglichem Gewand zu präsentieren. Die in der Regel auf Instrumentalbegleitung verzichtenden Auftritte von Chanticleer reagierten auf die in den 70er Jahren Platz greifenden wissenschaftlichen Ansichten zur Aufführungspraxis von Vokalmusik des Mittelalters bis zum frühen 16. Jahrhundert, denenzufolge eine Verwendung von Instrumenten weitestgehend abgelehnt wurde. Diese Ansicht brach mit gerade etablierten Hörgewohnheiten erneut radikal und wurde daher auch als die ›a cappella heresy‹ bezeichnet – ›Ketzerei‹ eben wegen der Erschütterung von interpretatorischen ›Glaubenssätzen‹, die von Thomas Binkley oder David Munrow vormals etabliert worden waren und den reichen Einsatz von Instrumenten legitimiert hatten.18 Nichtsdestoweniger machten sich zahlreiche, vor allem englische Ensembles die entschlackte Klangästhetik zu eigen und praktizieren sie bis in die Gegenwart mit zum Teil vollendeter stimmlicher Perfektion. An der Etablierung dieser neuen Klangästhetik war Chanticleer vor allem in Deutschland maßgeblich beteiligt und erlangte dabei einen Bekanntheitsgrad, der 1993 zu einem Vertrag mit der Plattenfi rma Teldec führte.

Gleichwohl betrachtete man in der Redaktion Alte Musik die neue Interpretationsschiene keineswegs als sakrosankt. Kritiker hatten von der grund-sätzlichen Verbannung aller Instrumente aus der Kirchenmusik des 15. und 16. Jahrhunderts ohnehin nicht viel gehalten, jedoch setzte sich erst in den 80er Jahren der Trend durch, dass Ensembles wie Paul McCreeshs Gabrieli Consort & Players einen wissenschaftlich refl ektierten Instrumenteneinsatz praktizierten. Die enge Zusammenarbeit des WDR mit Leo Meilinks Dialogo Musicale nahm diese

222

Barbara Schwen-

dowius, Klaus L

Neumann und

Sachbearbeiterin

Käthe Pohl-

meyer beim

Kölner Josquin-

Symposium,

Juli 1984

� II,13

Die angesprochene Auffächerung der Renaissance-Aufführungspraxis in den 90er Jahren spiegelt sich auch in den Eigenproduktionen der Alte-Musik-Redaktion, die weiterhin konsequent solche Ensembles verpfl ichtete, die die nach wie vor zahlreichen Nischen ausleuchteten. Zunächst wurden verstärkt die teils perfektionierten, teils neuartigen Instrumentalformationen für die Ensemblemusik des 15. und 16. Jahrhunderts unterstützt, die sich zuneh-mend etablierten und damit einen Bereich erschlossen, der ebenfalls lang ein Schattendasein geführt hatte. Das Ensemble Flautando Köln etwa beschränkte sich auf eine reine Blockfl ötenbesetzung (Produktionsserien 1994 und 2002). Die Einspielungen mit dem Rose Consort of Viols setzten eine bereits zu Beginn der 80er Jahre gestartete Serie mit Aufnahmen des English Consort of Viols fort, die vorwiegend englischer Consort-Musik gewidmet war.

Vor allem gab es jedoch noch immer terrae incognitae hinsichtlich spe-zieller Repertoires: Das 1984 aus Studenten der Schola Cantorum Basiliensis von Crawford Young formierte (und seitdem mit dem WDR verbundene) Ferrara Ensemble beispielsweise nahm sich bevorzugt die diffi zile ars subtilior vor, also jenen um 1400 vor allem in Norditalien und Burgund fl orierenden Stil, dessen komplexe rhythmische Strukturen sich in einer ebenso komplizierten Notation niederschlagen. Die Musiker verbanden dabei von Anfang an größte Präzision mit einem außerordentlichen Klangsinn, den vor allem die Zusammenstellung des zwar durch Abbildungen einigermaßen bekannten, im Detail aber schwer re-konstruier- und kombinierbaren Instrumentariums erfordert. Die Einbeziehung des Hackbretts etwa wie auch die Auswahl fl exibler, weicher Singstimmen er-öffnete dabei bemerkenswerte Klangspektren, die alle Komplexität vergessen

225

Ensemble Weser-

Renaissance,

Kreuzkirche

Herne, 17.11.1995

Zeit des Umbruchs – Palestrina, Lassus, Monteverdi veranstaltet. Wiederum fand parallel ein (von der Monteverdi-Spezialistin Silke Leopold geleitetes) wis-senschaftliches Symposium statt, auch wenn diesmal eine weit weniger enge Verbindung zu den zahlreichen Konzerten bestand, die sich über meh-rere Wochen erstreckten und deren Besetzung sich beinahe wie ein Who is Who der ton-angebenden Renaissance- und Frühbarock-Interpreten liest. Das weitgefächerte Programm bettete nicht nur das Schaffen der drei im Mittelpunkt ste-henden Komponisten facet-tenreich in den zeitlichen Kontext ein, sondern zeigte auch eindrücklich die enorme Verbreiterung des Spektrums der interpretatorischen Ansätze und Besetzungen, die sich als wesentliches Charakteristikum der Beschäftigung mit der Renaissance-Musik in den 90er

Jahren beschreiben lässt. Zugleich zeichnete sich auch eine nachfolgend zuneh-mende Tendenz zur Inszenierung der Konzertsituationen ab: Während sich etwa das Ensemble Clément Janequin darauf beschränkte, bei Kerzenlicht um einen Tisch sitzend zu musizieren, integrierte das Consort of Musicke in sein engli-sches Madrigalprogramm ausgedehnte szenische Passagen. Und wiederum liefen alte und neue Interpretationsstränge in dem Festival nahtlos ineinander: Mit Consort of Musicke, Chanticleer, Hilliard Ensemble und King’s Singers waren die Gruppen vertreten, mit denen bereits eine lange Zusammenarbeit bestand, wäh-rend Fretwork, The Rose Consort of Viols, Gesualdo Consort und Tragicomedia die jüngeren Ensembles repräsentierten, die in den 90er Jahren eine Reihe von Aufnahmen für den WDR produzierten. In dem gemeinsamen Konzert von Tragicomedia und King’s Singers kam es einmal mehr zu einer überraschenden, erfolgreichen Ensemblekopplung.

224

Roland Wilson,

Kulturzentrum

Herne, 3.12.1987

Johannes Ockeghem zum Anlass für ein weiteres ausschließlich der Musik des 15. Jahrhunderts gewidmetes Festival genom-men.20 Mit Chanticleer, Cappella Pratensis und Ferrara Ensemble waren drei eng mit dem WDR verbundene Ensembles beteiligt, hinzu kamen die renommier-ten Spezialisten des Ensemble Gilles Binchois sowie das damals noch unbekannte, inzwischen ebenfalls etablierte Ensemble Capilla Flamenca (Leuven). Zwei Einführungsgespräche und die Konzertmoderationen mit den beiden im Bereich der Musik des 15. Jahrhunderts um-fänglich ausgewiesenen Musik-wissenschaftlern David Fallows und Laurenz Lütteken ermög-lichten wiederum eine zwanglose Synthese von Wissenschaft und Praxis.

Das sehr erfolgreiche Ockeghem-Festival ermutigte dazu, einen neuen programmatischen Schwerpunkt auf die großen geistlichen Kompositionen des späten 15. und frühen 16. Jahrhunderts zu legen. Begleitend zu der Ausstellung Hochrenaissance im Vatikan in der Bonner Bundeskunsthalle im Jahr 1998/99 wurden Konzerte mit Gruppen wie dem von Alexander Blachly geleiteten Pomerium (USA) oder La Colombina (Katalonien) sowie eine umfangreiche Sendereihe zur Musik am Papsthof produziert, zu denen in Zusammenarbeit mit der Heidelberger Forschungsstelle Cappella Sistina eine Reihe von Kompositionen spartiert und erstmals in neuerer Zeit aufgeführt wurde. Eine Fortführung die-ser Linie erfolgte bei den Tagen alter Musik in Herne der Jahre 2000 und 2001: Fokussierte das Oberthema Karl V. (2000) per se die Zeit der Renaissance und der frühen Neuzeit, wurde im Folgejahr unter der Überschrift Allianzen – Musik und Politik Staatsmotetten und Hochzeitsmusiken des frühen 15. und 16. Jahrhunderts breiter Raum gewidmet. Das Nebeneinander von themenbezogenen Konzerten auf höchstem interpretatorischem Niveau, minuziös recherchierten, wissenschaft-lich kompetent informierenden Programmheften sowie Einführungsvorträgen von renommierten Fachleuten spiegelte dabei die Grundprinzipien, die die

227

Joseph Jennings,

Ensemble

Chanti cleer,

Kulturzentrum

Herne, 6.12.1985

lassen und den enormen Reiz der schwebenden Rhythmen und Klänge zutage fördern. Parallel wurden auch benachbarte Repertoires anvisiert, doch blieb der Schwerpunkt die Musik des sogenannten Spätmittelalters und der Frührenaissance, also bis um 1450. Es folgten rasch weitere Gruppen, die sich mit unterschiedlichen Schwerpunkten in derselben Epoche bewegten, so das Florentiner Ensemble Modo Antiquo, das unter der Leitung von Bettina Hoffmann und Federico Sardelli seit 1992 Aufnahmen für den WDR produzierte und mit atemberaubend lebendigen Interpretationen auf höchstem technischem Niveau im Bereich der italienischen Trecento-Musik neue Maßstäbe setzte (inzwischen ist das Ensemble außerdem mit WDR-Coproduktionen von Opern und Oratorien Vivaldis hervorgetreten). Etwas später folgte Pedro Memelsdorff, dessen früheste Aufnahmen mit seinem Ensemble Mala Punica 1994 ebenfalls vom WDR mitproduziert wurden und für einiges Aufsehen sorgten: Die Interpretationen von ars-subtilior-Motetten brachen mit allen Konventionen, indem sie auf Improvisation, eigenwillige Instrumentierungen und Auszierungen setzten, die einen oszillierenden, erstaun-lich sinnlichen Klang erzeugten, der zwar auf Kritik von wissenschaftlicher Seite stieß,19 insgesamt aber große Faszination ausübte.

Bis in die jüngste Zeit bildete die Musik des 15. und 16. Jahrhunderts auch angesichts knapper werdender Sendeplätze einen wesentlichen Pfeiler der inhaltlichen Arbeit der Alte-Musik-Redaktion. 1997 wurde der 500. Todestag von

226

The King’s

Singers (David

Hurley, Alastair

Hume, Bob Chil-

cott, Bruce Russell,

Simon Carrington,

Stephen Connolly)

und das Ensemble

Tragicomedia in

Forde Abbey, Great

Hall, 24.9.1990,

mit den Instrumen-

talisten Nancy

Had den, Erin

Headley, Andrew

Lawrence-King,

Stephen Stubbs

An m er ku n gen

1 Vgl. zu der Entwicklung der Aufführungspraxis der Musik des 15. und 16. Jahrhunderts nach 1950 v. a.

Harry Haskell, The Early Music Revival. A History, London 1988.

2 München 1924 (mit zahlreichen Folgeaufl agen).

3 Eduard Gröninger, Texte zur Alten Musik, hg. von Robert von Zahn, Köln 1991, S. 41ff.

4 Zu Gröningers Biographie vgl. ibid., S. 10ff.

5 Die weiteren Renaissance-bezogenen Titel der zwischen dem 9.7. und dem 1.10.1951 ausgestrahl-

ten Sendungen lauteten: Die ersten Niederländer in Italien (9), Die geistliche Musik des

15. Jahrhunderts (10), Burgundische Chansonkunst (11), Die niederländischen und französi-

schen Chansons (12), Die niederländische Motette (13), Lautenmusik des 16. Jahrhunderts (15),

Deutsche Reformationsmusik (16), Gambenmusik des 16. Jahrhunderts (17), Das deutsche Lied

im 16. Jahrhundert (18), Das italienische Madrigal (19), Die niederländische Motette (20). Im

Rahmen einer Wiederholung der Reihe auf dem Sender UKW West – Die Welle der Freude kamen

noch folgende Sendetitel hinzu: Das deutsche Lied des 15. Jahrhunderts, Die französische Chanson

und Die französische Programm-Chanson. Ich danke Thomas Synofzik für diese und zahlreiche

weitere Informationen.

6 Eduard Gröninger, Texte zur Alten Musik, a.a.O.

7 Dieter Gutknecht, Studien zur Geschichte der Aufführungspraxis Alter Musik. Ein Überblick vom

Beginn des 19. Jahrhunderts bis zum Zweiten Weltkrieg, Köln 1993, S. 210f.; Harry Haskell, The

Early Music Revival, a.a.O., S. 60f.

8 Konrad Ameln, »Historische Instru mente in der gegenwärtigen Musikpraxis. Aus der Arbeit des

Nordwestdeutschen Rundfunks Köln, mit Vorführungen«, in: Bericht über den internationalen mu-

sikwissenschaftlichen Kongress Bamberg 1953, hg. von Wilfried Brennecke, Willi Kahl und Rudolf

Steglich, Kassel/ Basel 1954, S. 96–99.

9 Hinweis von Thomas Synofzik. Dass es sich um Stockhausens Sänger handelte, wird erwähnt in: Eduard

Gröninger und Alfred Krings, »Erfahrungen mit Alter Musik im Hörfunk, dargestellt am Beispiel des

WDR Köln«, in: 50 Jahre Musik im Hörfunk, hg. von Kurt Blaukopf u.a., Wien und München 1973,

S. 111.10 Alfred Krings, »Zur Aufführungspraxis von Kirchenmusik des Mittelalters und der Renaissance«, in:

IV. Internationaler Kongreß für Kirchenmusik in Köln, 22.–30.6.1961, hg. von Johannes Overath,

Köln 1962, S. 127–130 (hier: S. 128f.).11 Vgl. zu den weiteren Initiativen von Krings in Bezug auf die Musik des 15. und 16. Jahrhunderts in den

1950er und 60er Jahren den Beitrag von Thomas Synofzik, S. 51f.12 Vgl. Thomas Synofzik, »›Der Name Bach auf dem Programm der Musikfeste erscheinend, möchte von

übler Wirkung sein‹. Alte Musik in Köln«, in: Rheinisches Musikfest 1996 [Programmheft], S. 19.13 Vgl. beiligende CD I, Track 4.14 Haskell, Early Music Revival (a.a.O.), S. 165ff. Tess Knighton, »Going down on record«, in: Companion

to Medieval & Renaissance Music, hg. von Tess Knighton und David Fallows, London 1992, S. 30–35.15 Philip Pickett, »Hard-sell, scholarship and silly titles«, in: Companion to Medieval & Renaissance

Music, a.a.O., S. 48–51. Haskell, Early Music Revival, a.a.O., S. 163f.

229

Arbeit der Redaktion über ein halbes Jahrhundert hinweg geprägt hatten. Das Entscheidende bei alledem war freilich die Tatsache, dass diese Programmatik über den Rundfunk in mehrfacher Hinsicht multipliziert werden konnte: Zum einen über das breite, in den entlegensten Landesteilen erreichbare Publikum vor den Rundfunklautsprechern, zum anderen durch die Kooperation mit Schallplattenfi rmen, die für eine weltweite Verbreitung der WDR-Aufnahmen sorgten, und schließlich über die oft in Begleitprogramme wie Ausstellungen oder Fachdiskussionen integrierten Konzertveranstaltungen. Auf diese Weise konnte der aufmerksame Hörer nicht nur neues Repertoire kennen und verstehen lernen, sondern auch Künstler wie Jordi Savall oder das Consort of Musicke als heraus-ragende Interpreten erleben, lange bevor diese zu Weltruhm gelangten, und diese schließlich mehr oder weniger unmittelbar mit Pionieren wie August Wenzinger oder dem Deller Consort vergleichen, da diese epochemachenden Einspielungen nicht im Archiv gleichsam zu Staub zerfi elen, sondern selbst Bestandteil einer mu-sikgeschichtlichen Vergangenheit wurden, die der WDR in zahllosen Sendungen immer wieder aufs Neue lebendig werden ließ.

228

Ferrara Ensemble,

Sornetan/Schweiz,

November 1988,

im Bild: Kathleen

Dineen, Carol

Schlaikjer, Eric

Mentzel, Stephen

Grant sowie

Randall Cook

16 Mitteilung von Klaus L Neumann, 29.2.2004.17 Clytus Gottwald, »Sendbrief vom Dolmetschen. Über die Interpretation alter Musik«, in: Musica 34,4

(1980), S. 349–352. Gottwalds Philippika gegen das von Bruno Turner geleitete Ensemble Pro Cantione

Antiqua war freilich im Prinzip eine Generalabrechnung mit dem Einsatz historischer Instrumente und

der damit verbundenen Originalklang-Vorstellung. Christopher Page, »The English a cappella heresy«,

in: Companion to Medieval and Renaissance Music, New York 1992, S. 23–29. Zunehmend wurde auch

von musikwissenschaftlicher Seite generelle Kritik angesichts des positivistischen Anspruchs der histo-

rischen Aufführungspraxis geäußert, vgl. etwa Georg von Dadelsen, »Alte Musik in neuer Zeit«, in: Neue

Zeitschrift für Musik 140,2 (1979), S. 118–120.18 Page, »The English a cappella heresy«, a.a.O., S. 23f.19 Fabrice Fitch, »Taking risks with the Ars subtilior«, in: Early Music 24,1 (1996), S. 175f.20 »Unter romanischen Bögen. Johannes Ockeghem und seine Zeitgenossen.« Fünf Konzerte in der

Münsterkirche Essen, 25.–29.10.1997.

230

Plakatentwurf

von Klaus L

Neumann zu

einer Konzert reihe

mit Musik des

15. Jahrhunderts

in der Münster-

kirche Essen,

Oktober 1997

O p er n - u n d O r at o r ien p r o d u kt io n en

Klaus L Neumann

Wenn das Kölner Funkhaus des NWDR im Jahr 1954 ein Barockorchester nach dem Muster der Dresdner Hofkapelle des 18. Jahrhunderts gründete, lag es nahe, dass diese Cappella Coloniensis auch Opern spielte. Die erste Möglichkeit dazu bot sich schon bald nach den ersten Produktionssitzungen, da August Wenzinger, der Gründungsdirigent, zu Aufführungen von Monteverdis L’Orfeo nach Hitzacker eingeladen wurde. Nachdem man im Sender argwöhnte, die Leistung insbesonde-re der Bläser könne sicherlich nach so kurzer Probenzeit noch nicht überzeugen, durfte das Ensemble für Konzerte und Schallplatte nicht den Namen Cappella Coloniensis tragen. Dennoch muss die in der Woche nach den Konzerten in Hitzacker auf Schallplatten festgehaltene Aufnahme des Orfeo als die erste Manifestation der Cappella Coloniensis angesehen werden: Nicht nur war August Wenzinger der Dirigent, Ulrich Grehling der Konzertmeister sowohl der Cappella wie des »Instrumentalkreises der Sommerlichen Musiktage Hitzacker 1955«, wie das Ensemble auf der Schallplatte genannt wird, sondern auch etwa die Hälfte der Musiker und Musikerinnen gehörte zum Kernbestand der damaligen Cappella. Die 1955 auf zwei LPs veröffentlichte, damals wegen der LP-Laufzeit gekürzte Aufnahme erschien 1997 noch einmal zum 40jährigen Jubiläum der Archiv Produktion (und nachträglich zu Wenzingers 90. Geburtstag); die fehlenden Teile waren ergänzt, so dass der Orfeo in dieser (CD-)Form zum ersten Mal vollständig vorliegt.

In eine Opernproduktion des 17. Jahrhunderts sollte die Cappella Coloniensis später nicht noch einmal zurückkehren; das blieb anderen Ensembles vorbehalten. Aber bereits im Mai 1959 schlug eine Sternstunde für die Oper, als Händels Alcina konzertant im Kölner Funkhaus aufgeführt wurde und neben Fritz Wunderlich als Ruggiero (in transponierter Tenorlage) keine Geringere als Joan Sutherland die Titelrolle übernahm – allerdings eher durch Zufall, weil die zunächst ausgeguckte Sängerin dem Part nicht gewachsen war. Diese Aufführung, bei deren intensiven Proben vor allem für die einspringende Sutherland der Cappella-Cembalist Fritz Neumeyer eine große Rolle spielte und an denen der Ehemann der Sängerin, Richard Bonynge, regelmäßig teilnahm, mag dann der Anlass für dessen damals sehr erfolgreiche Gesamteinspielung der Alcina in den darauffolgenden Jahren gewesen sein. Eine weitere Oper, Glucks Orfeo ed Euridice, machte 1964 Furore wegen des samtenen Orchesterklangs der Cappella Coloniensis, aber auch wegen der Sänger Dietrich Fischer-Dieskau, Elisabeth Söderström und Ruth-Margret Pütz; sie wurde erst drei Jahrzehnte später auf CD veröffentlicht, übrigens auf eine persönliche Initiative von Fischer-Dieskau hin.

231

In den zwölf Jahren nach Glucks Orfeo kehrte die Cappella Coloniensis noch siebenmal zu Opern- und Oratorienaufnahmen zurück: zu den beiden Passionen von Johann Sebastian Bach (1965 und 1969), zu Händels Tamerlano (1966) und Alexander’s Feast (1973), zu Glucks Iphigenie in Tauris (1974), zu Johann Christian Bachs Lucio Silla (1974) und zu Joseph Haydns Armida (1968). In diesen Jahren ist eine immer zunehmende Beherrschung des Instrumentariums festzustellen; für die drei Clarinetti d’amore im Lucio Silla etwa wurden durch Otto Steinkopf und Eduard Gröninger monatelange Versuche mit den in Museen vor-handenen Instrumenten und Überlegungen zum Problem der Notation angestellt. Das Instrumentenarchiv des WDR kann heute noch eine veritable Geschichte der Nachbautradition historischer Instrumente nach 1950 aufzeigen. Mitte der 70er Jahre waren die Hauptfragen nach dem Instrumentarium des 18. Jahrhunderts, insbesondere der Blasinstrumente, weitgehend gelöst; die weitergehenden Studien nach den Instrumenten des frühen 19. Jahrhunderts sind bis jetzt nur in Ansätzen realisiert und in Aufnahmen umgesetzt worden.

Als die Redaktion Alte Musik im WDR nach der Pensionierung von Eduard Gröninger im Jahr 1976 auf mich überging, hatte sich neben der Cappella Coloniensis noch eine Reihe weiterer Ensembles in Europa etabliert, die sich in den 70er und 80er Jahren vorwiegend auf Musik des 18. und später auch des 17. Jahrhunderts spezialisierten. Mit vielen von ihnen nahm der WDR im Laufe der

Jahre Kontakt auf und produ-zierte größere Werke, die auf Schallplatten noch nicht vorhan-den waren und denen man da-mals auf dem Schallplattenmarkt keine großen Chancen einräum-te. Die von Sigiswald Kuijken gegründete Petite Bande war ab 1977 eines der ersten bevorzug-ten Ensembles. Gleich die erste Aufnahme, die Oper Zais von Jean-Philippe Rameau unter der Leitung von Gustav Leonhardt, wurde zu einem großen Erfolg. La Petite Bande, von Sigiswald Kuijken und Gustav Leonhardt penibel in jedem Detail vorbe-reitet, spielte mit einer Hingabe, rhythmischen Freiheit und Farbigkeit, wie man es zumindest bis dahin nicht gehört hatte.

232

Carl Heinrich

Jacob Fehling:

»Zuschauerraum

des Dresdner

Opernhauses am

Zwinger während

der Aufführung

von Antonio

Lottis ›Teofane‹

anlässlich der

Vermählung

des Sächsischen

Kurprinzen mit

der Erzherzogin

Maria Josepha im

September 1719«

(Ausschnitt aus

lavierter Feder-

zeichnung)

An allen Aufnahmen nach 1977 kann man den Fortschritt ablesen, den die Ausbildung von Singstimmen für die speziellen Bedürfnisse nahm, einem historisch informierten Instrumentalstil einen gleich-wertigen Singstil an die Seite zu stellen. In den ersten Jahren fi el die Auswahl von geeigneten Sängerinnen und Sängern noch schwer; sprach man sie auf be-vorstehende Aufnahmen an, so bekam man oft die Frage gestellt, ob es sich um eine ›Vibrato- oder Nicht-Vibrato-Produktion‹ han-dele – die ganze Problematik einer ›Klangrede‹ hatte sich bei den Vokalisten noch hinter der vereinfachenden Frage ver-borgen, ob man mit oder ohne Dauervibrato singen sollte. Um zu der für die Alte-Musik-Szene heute charakteristischen Intonationskultur zu gelangen, musste man tatsächlich zunächst einmal das Vibrato ›ausschalten‹; der zweite Schritt war dann, es an den passenden Stellen wieder einzusetzen und sinnvoll zu mo-difi zieren. Aber bis man zu dieser Einsicht und dann in einem zwei-ten Schritt zu ihrer Umsetzung gelangte, vergingen erst einmal etliche Jahre. Instrumentalisten übten tagtäglich, die reine Intonation ohne Schwebungen im Zusammenspiel zu erreichen, und die Vokalisten taten es ihnen gleich, wenn auch mit ein paar Jahren Verspätung.

233

Gluck, »Orfeo ed

Euridice« mit

Dietrich Fischer-

Dieskau, Elisabeth

Söderström und

Ruth-Margret

Pütz sowie Karl

Steeb (Bratsche)

und Ulrich Greh-

ling (Violine),

Großer Sendesaal

des WDR Köln,

November 1964

Programmzettel

der konzertan-

ten Aufführung

von Händels

Oper »Alcina«

am 15.5.1959 im

Kölner Funkhaus

Ein gutes Beispiel für die sich verändernde Sängerlandschaft ist ein Vergleich der Aufnahmen, die mit der Petite Bande auf den schon erwähn-ten Zais (1977) folgten: Händels Partenope (1979) hat zwar in der Hauptrolle eine Sopranistin, die von barockem Gesang vor der Aufnahme zunächst nicht viel wusste, nach der ein-gehenden und sprachlich wie musikalisch sehr ar-beitsintensiven Produktion und einem WDR-Konzert

unter Sigiswald Kuijken aber viel davon hielt und, als die Einspielung als Platte bekannt wurde, in ihrem Heimatland sogar eine Professur für barocken Gesang angeboten bekam. Bei Rameaus Pygmalion (1981, wieder unter Leonhardt) ist das Sängerensemble völlig homogen, desgleichen bei der von Sigiswald Kuijken dirigierten großen Rameau-Oper Zoroastre (1983). Inzwischen hatte es, mit Gustav Leonhardt als Mentor, eine neue Generation von Sängern und Dirigenten als Ausbilder vermocht, wahre Breitenarbeit zu leisten; von ihnen müsste ich als ersten René Jacobs nennen, der schon im Oktober 1976 in einer Nachtmusik im WDR unter anderem mit einer Bononcini-Kantate auftrat und in folgenden Opernproduktionen brillierte, u. a. im schon erwähnten Zais. Bevor er 1982 im ›Riesensaal‹ der Hofburg von Innsbruck in Cestis Orontea als Dirigent und Sänger gleichzeitig auftrat, konnte niemand ahnen, welche Karriere ihm bevorstand – und wir konnten uns keinen besser ausgebildeten, interessierteren und mensch-lich integreren Protagonisten für die alsbald von den Innsbrucker Festwochen für Alte Musik ausgehende Renaissance der Beschäftigung mit Opern des 17. und 18. Jahrhunderts vorstellen. Über Jahre hinweg gingen WDR-Produktionen den Innsbrucker Inszenierungen voraus, so dass die CDs oft schon bei der Premiere vorlagen. Es war ein Glück, dass sich von allem Anfang an Harmonia mundi France mit Eva Coutaz an der Spitze dem WDR als Coproduktionspartner an die Seite stellte. Die Aufnahmen mit René Jacobs haben Neuland in jeder Richtung erschlossen, vor allem auf dem Gebiet von Bühnenwerken des 17. Jahrhunderts. Für die Entwicklung eines von historisch informierter Aufführungspraxis gepräg-ten Gesangsstils für das 17. und 18. Jahrhundert sind diese Aufnahmen wichtige Zeitzeugnisse.

234

Jean-Philippe

Rameaus »Zais«

mit La Petite

Bande, im Bild:

Gustav Leonhardt

(Ltg.) mit Sigis-

wald Kuijken als

Konzertmeister,

St. Anna-Kerk,

Brügge 1977

Andere Dirigenten, die man in diesem Zusammenhang erwähnen müss-te, sind John Eliot Gardiner (1979 Il trionfo del tempo von G. F. Händel in der frühen italienischen Fassung mit der Cappella Coloniensis; 1981 The Fairy Queen von Henry Purcell mit seinen Londoner Musikern ebenso wie 1982 Hercules und 1984 Solomon, beide von G. F. Händel; 1985 Stabat mater von D. Scarlatti), William Christie, der bis 1982 noch im Concerto Vocale von René Jacobs als Cembalist mitwirkte und von daher sicherlich bleibende stilistische Eindrücke mitgenom-men hat (1986 Cleofi de von J. A. Hasse mit der Cappella Coloniensis ebenso wie 1988 Die Israeliten in der Wüste von C. P. E. Bach und L’Orfeo von Luigi Rossi mit Les Arts Florissants sowie 1992 Les Troqueurs von Antoine Dauvergne – die erste französische Buffo-Oper, wieder mit der Cappella Coloniensis); Ton Koopman und Hermann Max, Michael Schneider und Konrad Junghänel sind auf ihre Weise ebenfalls dem WDR eng verbunden geblieben bis auf den heutigen Tag.

Abschließend in diesem Kapitel sollte ich nicht vergessen, dass die Geschichte der deutschen Musik mit einem großen Bühnenwerk beginnt: dem Ordo virtutum der Hildegard von Bingen. Nach einer langen vom WDR getrage-nen Vorbereitungszeit einschließlich eines international besetzten Symposiums im Jahr 1981 konnte das Werk schließlich 1982 in Szene gesetzt und in sechs überfüll-ten Konzerten vorgestellt werden (je zwei in Köln, Düsseldorf-Kaiserswerth und Utrecht). Die Resonanz des Publikums war so unvorhersehbar wie überwältigend. Was Barbara Thornton und Benjamin Bagby, die beiden Gründer und Leiter des Kölner Mittelalter-Ensembles Sequentia, für die Herausbildung eines mittelalter-lichen Gesangsstils geleistet haben, hat bereits seinen Platz in der Musikgeschichte gefunden.

235

Plakate zu Luigi

Rossis »Oratorio

per la Settimana

Santa« mit Les

Arts Florissants

bei den Essener

Domkonzerten,

1984, und

zur Reihe

»Nachtmusik im

WDR«,1986 (u. a.

mit René Jacobs)

� I,12

� II,15

� I,9

� II,8

Was Sängerinnen und Sänger betrifft, so stellte sich schon Ende der 70er Jahre die Frage, ob man mit der uns von der Mailänder Scala angebotenen hochkarätigen Sängerbesetzung eine oder mehrere Rossini-Aufnahmen würde durchführen können. Der reizvollen Aufgabe für die Cappella Coloniensis wegen, ihre Stärke im histori-schen Instrumentarium mit der Spiellaune eines auch modern geschulten Ensembles zu verbin-den, mussten alle Bedenken bei-seite geschoben werden. Es ent-standen drei Opernaufnahmen

unter der Leitung des damals noch sehr jungen sizilianischen Dirigenten Gabriele Ferro, in denen unvergessene Sängerinnen und Sänger mitwirkten: 1978 Tancredi (in der erst ein Jahr zuvor entdeckten tragischen Fassung von Ferrara) mit u. a. Fiorenza Cossotto, Lella Cuberli, Werner Hollweg, Nicolai Ghiuselev und Helga Müller Molinari; 1979 L’Italiana in Algeri mit Lucia Valentini-Terrani, Wladimiro Ganzarolli, Francisco Araiza, Enzo Dara und Alessandro Corbelli; schließlich 1980 La Cenerentola mit Lucia Valentini-Terrani, Francisco Araiza, Enzo Dara, Domenico Trimarchi und Alessandro Corbelli. Großen Anteil an der Vokalgestaltung hat-te der in Köln arbeitende ungarische Dirigent Georg Fischer. Fast alle dieser Sängerinnen und Sänger sangen zunächst in der herkömmlichen italienischen Art, die an Opernbühnen damals an der Tagesordnung war; nach der ersten Einweisung modifi zierte sich das Bild jedoch zusehends. Damals war ich der Meinung, man müsste die Aufnahmen nach zwanzig Jahren wiederholen... Dennoch unterwarfen sich die Solisten der Riesenmühe, sich einem Stil anzunähern, den sie von den üb-lichen Aufführungen her nicht kannten. Sie hörten den Proben der Cappella sehr intensiv zu und hatten Freude daran, mitten im Orchester an ihren Mikrofonen zu stehen, die Klangfarben der Bläser und Streicher in sich aufzunehmen und ihnen zu antworten. Dass man Opernrezitative der Umbruchzeit nach 1800 mit dem Hammerklavier begleiten könnte (in unserem Fall war es ein schöner originaler Hammerfl ügel von John Broadwood & Son aus dem Jahr 1804), war damals bei Aufnahmen noch völlig neu, hat sich aber bewährt und ist inzwischen allgemeiner Konsens.

Wenn es für Opernaufnahmen wichtig war, möglichst Sängerinnen und Sänger zu fi nden, deren Heimatsprache derjenigen des Librettos entspricht,

236

so war für deutsche Oratorien ein deutschsprachiger Chor unentbehrlich. Mitte der 70er Jahre kam beim Regensburger Domchor (die WDR-Aufnahmen endeten im September 1981 mit der Missa Sancti Henrici von Heinrich Ignaz Franz von Biber) und beim Windsbacher Knabenchor ein Wechsel der Dirigenten in Sicht; der Tölzer Knabenchor war mit den Aufnahmen des Bach’schen Kantatenwerks ausgelastet und zudem im Begriff, vorwiegend Knabensolisten für größere Opernaufführungen bereitzustellen. Alle drei kamen für weitere Aufnahmen mit dem WDR deshalb auf absehbare Zeit nicht mehr in Frage. Da war es ein Glück, dass der Knabenchor Hannover unter der Leitung von Heinz Hennig auf einem ersten Höhepunkt seines Wirkens angekommen war. Er wurde zunächst ab 1977 für kleinere Projekte mit heimischen Kräften, nämlich Musica Alta Ripa unter Lajos Rovatkay, sowie den Gruppen der Schola Cantorum Basiliensis kombiniert, z. B. einem Instrumentalensemble unter der Leitung von August Wenzinger (mit großbesetzten Werken von Michael Praetorius) oder mit Hespèrion XX und dem Collegium Vocale Gent unter Jordi Savall und Philippe Herreweghe (mit geistlichen Werken von Orlando di Lasso). Seine erste größere Bewährungsprobe folgte ab 1981 dann mit der Gesamtaufnahme der Geistlichen Chormusik (1648) von Heinrich Schütz. Dazu wurde das Notenmaterial in der Redaktion zunächst einer kritischen Durchsicht unterworfen, wobei sich neben einigen Notenkorrekturen u. a. inter-essante sprachliche Aspekte bei der Lautstellung und Wort wahl der Schützzeit und Annäherungen an die Frage der bei Schütz verwendeten Tonhöhe ergaben, die dann bei den sich über mehrere Jahre hinziehenden Auf nahmen im niedersächsischen Mandelsloh konsequent umgesetzt wurden. Eines der Ziele der Neuaufnahme war es, die 29 Motetten der Geistlichen Chormusik von Heinrich Schütz nicht nur im herkömm-lichen Sinne chorisch mit kleineren und größeren Chorgruppen aufzuneh-men, sondern auch die bei Praetorius beschrie-bene Besetzungsvielfalt herzustellen – im Vorwort von Heinrich Schütz heißt es dazu bekräfti-gend, dass »dieser Stylus der Kirchen=Music [...] nicht allezeit einerley ist«. Außer dem Knabenchor Hannover wurden Ad-

237

William Christie

als Cembalist

des Ensembles

Concerto Vocale

bei Aufnahmen

zu Cestis Oper

»Orontea« in

Innsbruck,

August 1982

Gabriele Ferro

bei Aufnahmen

der Cappella

Coloniensis,

Lindlar 1978

� II,12

� I,8

hoc-Instru mentalgruppen um den Baseler Zinkenisten Bruce Dickey, um die Londoner Gambistin Jane Ryan und das Kölner Renaissance-Ensemble Odhecaton hinzugezogen. So lagen am Ende der Aufnahmeserie im Mai 1984 annähernd 110 Versionen vor, die im Laufe der Jahre alle mehrfach gesendet wurden; aus Kapazitätsgründen konnte dann allerdings nur knapp die Hälfte (44) in die 1985 auf dem Schallplattenmarkt erscheinende 3-LP-Kassette übernommen werden. Die Aufnahme ließ international aufhorchen: Schützens Geistliche Chormusik war mit einem Schlag aus ihrer ideo logisch belasteten, teilweise verzopften, schwer-

fälligen Inter pretationsgeschichte heraus gelöst. In der Begründung für den Preis der Deutschen Schallplattenkritik 1985 wird her-vorgehoben, diese Interpretation realisiere beispielhaft das Prinzip der ›Klangrede‹, außerdem hob die Jury u. a. den ausführlichen Begleittext von Siegfried Schmalzriedt und Barbara Schwendowius als bedeu-tenden Beitrag zum Schützjahr 1985 hervor. In der Neuen Zeitschrift für Musik (November 1985) wurde die Aufnahme als »Kurs in historischer Aufführungspraxis« gerühmt.

In Bezug auf Heinrich Schütz wurde auch neben dieser Aufnahme der Geistlichen Chormusik vieles getan: Schon 1980 wurde unter August Wenzinger die Weihnachts-Historie aufgenom-men, zwei Matthäus-Passionen schlossen sich 1983 an, die Auferstehungs-Historie 1984. Parallel dazu ging die Produktion mit der Schola Cantorum Basiliensis auf anderen Gebieten weiter, so mit den Lamentationes Jeremiae Prophetae von Jan Dismas Zelenka unter der Leitung von René Jacobs – eine Aufnahme, die interna-tional viele Preise einheimste und Zelenka erstmalig als Komponisten geistlicher Musik bekannt machte. Nicht zu vergessen seien auch die Aufnahmen mit dem Hilliard Ensemble (vor allem die drei Byrd-Messen, aber auch die Werke von Palestrina, Orlando di Lasso und Ockeghem), mit denen diese englische Gruppe weltweit berühmt wurde.

Eine Zusammenarbeit besonderer Intensität, Regelmäßigkeit und Dauer bahnte sich (neben derjenigen mit Musica Antiqua Köln unter Reinhard Goebel und derjenigen mit Michael Schneider und seinem Frankfurter Ensemble La Stagione) bereits Anfang der 80er Jahre mit dem Dormagener Kirchenmusiker Hermann Max an. Die Dormagener Jugendkantorei, später die Rheinische Kantorei und das dazugehörende Orchester Das Kleine Konzert, gingen beharrlich ihren Weg in der

238

Lajos Rovatkay

und Klaus L

Neumann in

Karikaturen des

Cellisten Rudolf

Mandalka

Erforschung des Lebensumkreises von Johann Sebastian Bach, vor allem Söhne, Schüler und mitteldeutsche Zeitgenossen wurden mit ihren Werken entdeckt. Im Laufe der 24 Jahre dieser Zusammenarbeit hat sich den Musikern und den Hörern von WDR 3 auf diese Weise eine kulturell vielfarbige Musiklandschaft erschlos-sen, von deren Existenz vorher kaum den Spezialisten etwas bekannt war. Als besonderes Charakteristikum der Arbeit von Hermann Max muss der Chorklang der Rheinischen Kantorei erwähnt werden, die von ihm auf einen sehr hellen, quasi italienischen Stil hin ein-gestellt wurde und weniger auf stimmliche Verschmelzung und Homogenität an-gelegt ist. Als Resultat ist so ein bis in große Besetzungen hin sehr gut durchhörba-rer, weicher und vor allem an den Sopranen sofort wiedererkennbarer Gesangsstil ausgebildet worden. Eine weitere Besonderheit der Rheinischen Kantorei ist die Sorgfalt, mit der Hermann Max an Sonderstimmungen, ungleichschwebenden Temperaturen und der äußerst genauen Intonation arbeitet. In diesem Punkt hat sich übrigens ein lebhafter Erfahrungsaustausch mit anderen für den WDR arbeitenden Ensembles ergeben, um die Leiter Harry van der Kamp und Konrad Junghänel etwa oder mit den King’s Singers und Chanticleer.

Parallel zu diesen Bemühungen ent-standen Aufnahmen mit Musica Antiqua Köln (so z. B. ein Konzert beim Rheinischen Musikfest 1982 mit lauter Incerta der Bach-Familie), die sich Stück für Stück zu den Vorhaben mit den Werken des Umkreises der Bach-Familie ergänzten. Einen weiteren glücklichen Schritt vorwärts bedeutete es, dass sich zu Reinhard Goebel, Hermann Max und Michael Schneider noch der junge Musik wissenschaftler Peter Wollny hinzugesellte, dem in der Folgezeit viele hochinteressante Funde und Zuschreibungen gelangen; sie wurden von Musica Antiqua Köln und Rheinischer Kantorei/Kleinem Konzert umgehend der musikalischen Praxis wieder zugeführt. Von diesen Funden und der systema-tischen Zusammenarbeit mit dem Magdeburger Telemann-Zentrum hat dann in großem Maße auch unsere Kenntnis der geistlichen Werke Georg Philipp Telemanns profi tiert.

239

Hans-Martin

Linde und Klaus

L Neumann,

Studio Stolberger

Straße, 1997,

unten: Konrad

Junghänel,

Kulturzentrum

Herne, 7.12.1990

� II,15

� I,6

Gehörte es in den 70er und frühen 80er Jahren noch zu den un-ausgesprochenen Regeln, dass man als Redakteur seine Aufnahmen bis in die Herstellung des Notenmaterials hinein vorbereitete, so konnte mit der zuneh-menden Aufnahme-, Sende- und bürokra-tischen Belastung einer Musikredaktion ohne Verminderung der Aufgaben (und welcher verantwortungsvolle Redakteur hätte das gewollt?!) ein Mensch allein nicht mehr fertig werden. So wurden die Aufträge zum Ausschreiben (›Spartieren‹) von Partituren und Stimmen zuneh-mend mehr nach außen vergeben; fast in allen Fällen von Opern- und

Oratorienaufnahmen in der Redaktion Alte Musik wurde das Notenmaterial selbst erstellt, meist unter den kritischen Augen des Dirigenten oder Redakteurs/der Redakteurin. Das hatte den Vorteil, dass man nicht schon einmal zuvor von einem anderen Orchester benutztes Material zunächst aufwendig radieren und für die eigene Interpretation vorbereiten musste, dass man auf die Originalquellen zurückgehen, evtl. Instrumentations- oder Notationsfragen schon im Vorfeld klä-ren und gegebenenfalls eine bestimmte Version bevorzugen konnte. Außerdem war die eigene Herstellung des Materials für den WDR sehr kostengünstig, weil

die Abrechnung bei Sendungen (›Großes Recht‹) entfi el, da alle Rechte bereits beim WDR lagen und nicht bei jeder Sendung erneut bezahlt werden muss-ten. Es wäre außerdem schwergefallen, Verlage für diese unbekannten Werke der Musikgeschichte zu interessieren, ehe die-se ihre Lebensfähigkeit bewiesen hatten.

Für die Präsentation ›unserer‹ Opern im Programm von WDR 3, sofern es sich nicht um Live-Übertragungen von Konzerten handelte, hätte sich zunächst die Aufgabe gestellt, sie den Kollegen von der eigentlich zuständigen Musikabteilung zu überlassen, die allerdings wenig Erfahrung in der Sendung selbstproduzierter Opern hatte. Nachdem dann aber das erste Mal

240

Ton Koopman im

Kulturzentrum

Herne, 4.12.1987,

unten: Flöten-

Consort Michael

Schneider, Kultur-

zentrum Herne,

7.12.1991

die zornige Aufforderung gekom-men war: »Was? Das ist ja in keinem Opernführer zu fi nden! Das machen Sie mal selbst!« schrieben wir unsere Sende-Ansagen selbst und kamen damit sehr gut zurecht, weil wir die Werke durch die Teilnahme an der Vorbereitung, der Aufnahme und z. T. dem Schnitt gut kannten. Es bereitete Freude, solche Texte zu schreiben und sicher zu sein, dass sie von unseren Hörern verstanden wurden – wir bekamen viele zustim-mende Briefe als Antwort auf unsere Neuvorstellungen. Als ›Ausgleich‹ durften wir in den ersten Jahren und besonders nach dem Tode von Alfred Krings (1987) nur eine ganz kleine Anzahl von Opern und z. T. auch Oratorien pro Jahr senden, »bis diese Werke auch in Staatsopern gespielt werden«, wie ein Haupt-Verantwortlicher mir mitteilte. Das ist inzwischen natürlich längst der Fall.

Wir behalfen uns mit der Wiederholung von Einzelakten oder Ausschnitten in den der Alten Musik übergebenen Sendezeiten oder im Nachtprogramm der ARD, bis wir im Laufe der Jahre wieder mehr Opern- (und damit Oratorien-) Sendezeit zugestanden bekamen. Und da unsere Aufnahmen auch und vor allem weltweit von ande-ren Sendern gespielt wurden, ließ sich der unbezweifelbare Aufwand für die Eigenproduktion ange-sichts der Repertoire-Innovation rechtfertigen. Der WDR erhielt jedenfalls durch internationale Kritiker und Gremien zahlreiche Ehrungen und Auszeichnungen für die beharrliche Arbeit, die sich nach außen in einer wahren Flut von Schallplattenveröffent lichungen zeigte.

Georg Fr. Händels

»Partenope« mit

La Petite Bande,

im Bild: René

Jacobs (Counter-

tenor), Sigiswald

Kujiken (Ltg.)

im Jahr 1980;

die Aufnahme

erhielt den Grand

Prix du Disque

de l’Academie

Charles Cros

Urkunde

zum Preis der

Deutschen Schall-

platten kritik für

die Produktion

von Händels

»Flavio«, 1991

241

Komponist Titel Datum der Produktion und *Schallplattenveröffentlichung

Claudio Monteverdi, L’Orfeo 07-1955 *1997

Georg Friedrich Händel, Alcina 05-1959

Christoph Willibald Gluck, Orfeo ed Euridice 11-1964 *1995

Georg Friedrich Händel, Tamerlano 03-1966

Joseph Haydn, Armida 01-1968

Johann Sebastian Bach, Matthäus-Passion 03-1969

Georg Friedrich Händel, Alexander’s Feast or The Power of Music 05-1973

Johann Christian Bach, Lucio Silla 05-1974

Christoph Willibald Gluck, Iphigenie in Tauris 10/11-1974

Jean-Philippe Rameau, Zaïs 10-1977 *1978

Antonio Vivaldi, La Senna Festeggiante 05-1978 *1978

Antonio Stradella, La Susanna 06-1978

Gioacchino Rossini, Tancredi (Version Ferrara) 10-1978 *1979

Georg Friedrich Händel, Partenope 04-1979 *1979

Georg Friedrich Händel, Il trionfo del tempo e del disinganno 06-1979

Gioacchino Rossini, L’Italiana in Algeri 08-1979 *1982

Antonio Sacchini, L’Isola d’Amore 05-1980

Gioacchino Rossini, La Cenerentola 08-1980 *1982

François-Joseph Gossec, Messe des Morts 09-1980

Ernest-André-Modeste Grétry, Le Jugement de Midas (Ausz.) 10-1980 *1989

Georg Friedrich Händel, Messiah 11-1980

Henry Purcell, The Fairy Queen 06-1981 *1982

Jean-Philippe Rameau, Pygmalion 10-1981 *1981

Alessandro Scarlatti, Passio secundum Ioannem 10-1981 *1982

Johann Sebastian Bach, h-moll-Messe 02-1982 *1985

Luigi Cherubini, Chant sur la mort de Joseph Haydn 02-1982 *1992

Luigi Cherubini, Missa per l’incoronazione di Carlo X. 02-1982 *1992

Johann Theile, Matthäus-Passion 04-1982 *1984

Hildegard von Bingen, Ordo virtutum 06-1982 *1982

Antonio Cesti, Orontea 08-1982 *1982

Georg Friedrich Händel, Hercules 08-1982 *1983

Jean-Philippe Rameau, Zoroastre 03-1983 *1983

Heinrich Schütz, Matthäus-Passion 09-1983 *1985

Orlando Gibbons + Matthew Locke, Cupid and Death 09-1983 *1988

Henry Purcell, Dioclesian / Timon of Athens 10-1983 *1988

Jean-Philippe Rameau, Platée (EBU) 12-1983

Georg Friedrich Händel, Alessandro 02-1984 *1985

Luigi Rossi, Oratorio per la Settimana Santa 02-1984 *1989

John Blow, Venus and Adonis 05-1984 *1988

Alessandro Stradella, L’anime del Purgatorio 05-1984 *1994

Georg Friedrich Händel, Solomon 06-1984 *1985

Wolfgang Amadeus Mozart, Davidde penitente 04-1985 *1988

Francesco Cavalli, Xerse 05-1985 *1985

Georg Friedrich Händel, Tamerlano 06-1985 *1986

Christoph Willibald Gluck, Le Cinesi 11-1985 *1986

Carl Philipp Emanuel Bach, Die letzten Leiden des Erlösers 02-1986 *1987

Johann Adolf Hasse, Cleofide 05-1986 *1987

Dietrich Buxtehude, Membra Jesu Nostri 02-1987 *1987

Johann Sebastian Bach, Johannes-Passion 04-1987 *1988

Joseph Haydn, L’infedeltà delusa 05-1987 *1989

Johann Christoph Friedrich Bach, Die Kindheit Jesu 04-1988 *1989

Francesco Cavalli, Giasone 05-1988 *1988

Carl Philipp Emanuel Bach, Die Israeliten in der Wüste 12-1988 *1990

Jean-Philippe Rameau, Platée 12-1988 *1990

Alessandro Stradella, San Giovanni Battista 01-1989 *1989

Johann Ernst Bach, Passionsoratorium 04-1989 *1990

Georg Philipp Telemann, Die Tageszeiten 04-1989 *1991

Christoph Straus u. a., Festmesse am Wiener Kaiserhof 1648 07-1989 *1989

Henry Purcell, Dido and Aeneas 09-1989

Georg Friedrich Händel, Flavio 10-1989 *1990

Claudio Monteverdi, L’incoronazione di Poppea 02-1990 *1990

Georg Philipp Telemann, Der Tag des Gerichts 04-1990 *1992

G. Ph. Telemann, Betrachtung der 9. Stunde am Todestage Jesu 05-1990 *1997

Luigi Rossi, L’Orfeo 11-1990 *1991

Alessandro Scarlatti, La colpa, il pentimento, la grazia 03-1991 *1992

Wolfgang Amadeus Mozart, Requiem (Version Duncan Druce) 03-1991 *1992

Georg Friedrich Händel, Giulio Cesare in Egitto 07-1991 *1991

André-Ernest-Modeste Grétry, La Caravane du Caire 07-1991 *1992

Christoph Willibald Gluck, Paride ed Elena 09-1991 *1992

Wolfgang Amadeus Mozart, Requiem (Version Richard Maunder) 11-1991 *1992

Gottfried August Homilius, Matthäus-Passion 01-1992 *1993

Christoph Willibald Gluck, Alceste 03-1992

Georg Philipp Telemann, Donner-Ode 03-1992 *1995

Reinhard Keiser, Markus-Passion 03-1992

242 243

� I,8

Oper n - u n d Or ator ien p rodu kt ion en m it Alter Mu sik im WDRRedaktion Klaus L Neumann / Barbara Schwendowius(1955-1974: Eduard Gröninger)

� II,12

Anon., Bordesholmer Marienklage (um 1466) 04-1992 *1993

Claudio Monteverdi, Il ritorno d’Ulisse in patria 06-1992 *1992

Antoine Dauvergne, Les Troqueurs 11-1992 *1994

Johann Adolf Hasse, Piramo e Tisbe 06-1993 *1994

Georg Philipp Telemann, Matthäus-Passion 1746 02-1994 *1994

Francesco Cavalli, La Calisto 08-1994 *1995

Georg Philipp Telemann, Orpheus 08-1994 *1998

Claudio Monteverdi, L’Orfeo 01-1995 *1995

Antonio Caldara, La Maddalena ai piedi di Cristo 01-1995 *1996

Johann Christoph Friedrich Bach, Cassandra 04-1995 *2000

Johann David Heinichen, Requiem 04-1995 *1998

Etienne Nicolas Méhul, Stratonice 04-1995 *1996

Georg Philipp Telemann, Der neumodische Liebhaber Damon 03-1996 *1997

Wolfgang Amadeus Mozart, Così fan tutte 03/04-1998 *1998

Giovanni Bononcini, La Maddalena a’ piedi di Cristo 05-1998 *1999

Georg Philipp Telemann, Matthäus-Passion 1746 09-1998 *1999

Jan Dismas Zelenka, Gesù al Calvario 04-1999 *2000

Carl Heinrich Graun, Weihnachts-Oratorium 04-1999 *1999

Franz Ignaz Beck, Stabat mater 05-1999 *2000

Johann David Heinichen, La Pace di Kamberga 10-1999 *2000

Carl Ditters von Dittersdorf, Giob 05-2000 *2001

Willem de Fesch, Joseph 08-2000 *2000

Johann Christian Bach, La clemenza di Scipione 09-2000 *2000

Giacomo Carissimi, Historia di Jephte 10-2000 *2003

Carl Philipp Emanuel Bach, Magnificat 12-2000 *2002

Johann Christian Bach, Gioas 04-2001 *2002

Leopold Koželuch, Moisè in Egitto 04-2002 *2003

Johann Friedrich Reichardt, Die Geisterinsel 09-2002

Josef Leopold Eybler, Die vier letzten Dinge 05-2003 *2005

Johann Gottlieb Naumann, Betulia liberata 04-2004

Johann Rosenmüller, Weihnachts-Historie 06-2004 *2004

John Ernest Galliard, Pan and Syrinx 08-2004

Georg Philipp Telemann, Heilig ist Gott 10-2004 *2005

244

D as Neu ar t ige d er Mu sik n o ch ein m al ver gegen wär t igen

Musiktheaterproduktionen im WDR 1999 bis 2004

Richard Lorber

Im Jahr 1999 fand eine neue Aufgabenbestimmung für die Cappella Coloniensis statt. Es ging darum, den Sendebedarf auf WDR 3 mit Eigenaufnahmen von Musiktheaterwerken des Barock bis zur Romantik auf Originalinstrumenten zu decken. Zwar stellt auch der Tonträgermarkt in respektablem Umfang Aufnahmen von Barockopern zur Verfügung, aber doch nicht in dem Maße, um einem Sendeplatz wie Bühne.Radio auf WDR 3 das gewünschte Profi l geben zu können. Diese Neupositionierung hat der Cappella Coloniensis auch über den eigentlichen Sendeauftrag hinaus eine neue Geltung verschafft: In den Jahren 1999 bis 2004 sind nicht weniger als zwölf CDs mit der Cappella Coloniensis erschienen. Diese Aufnahmen sind in Coproduktion mit der Schallplattenindustrie veröffentlicht worden und haben dadurch zu einem erheblichen Teil den Programmetat von WDR 3 entlastet.

Die Phase der Neuausrichtung begann die Cappella Coloniensis mit dem Werk eines Mozart-Wegbereiters. WDR 3 hat zusammen mit Harmonia Mundi France Studioaufnahmen der Mozart-Opern Così fan tutte (1998) und Le nozze di Figaro (2003) unter René Jacobs produziert,1 diese aber mit einem anderen Originalklang-Orchester aus Köln: Concerto Köln. 1999 ging es aber um Johann Christian Bachs Serenata in zwei Teilen Endimione, einem wichtigen Werk des Musiktheaters auf dem Weg zur Mozart-Oper. Diese zugleich bei der Deutschen Harmonia Mundi erschienene Produktion unter der Leitung von Bruno Weil wurde mit dem Echo-Klassik-Preis 2000 ausgezeichnet. WDR 3 sendete das Werk erstmals am 21.5.1999 als Live-Übertragung der konzertanten Aufführung im Theater Duisburg.

Endimione ist wegen seines musikalischen Erfi ndungsgeistes und seiner ausgefeilten Instrumentation ein Meisterwerk; aber auch vom Stoff her wird ein Thema von bemerkenswerter Brisanz entfaltet. Scheinbar harmlos geht es um Liebesverwicklungen zwischen Diana, Nice und Endimione, in Wirklichkeit aber nehmen Bach und sein Librettist Giovanni Gualberto Bottarelli auf subtile Weise Stellung zu gesellschaftlichen Konfl ikten, in denen sich das englische Königshaus um 1772, dem Jahr der Uraufführung, befand. Bruno Weil hat darum das Werk als eine der ersten ›Operetten‹ bezeichnet und damit auf die Verwandtschaft zu Jacques Offenbachs mythologischen Stücken aufmerksam gemacht, in denen be-kanntlich die Zeitumstände aufs Korn genommen wurden.

Zugleich begann die Cappella Coloniensis ebenfalls im Jahr 1999 da-mit, sich verstärkt auf das Repertoire des 19. Jahrhunderts auszurichten. Den

245

Abu Hassan ist im Grunde ein Lustspiel mit Musik: Das Stück des Dichters von Franz Carl Hiemer enthält fast doppelt so viel Text wie Musik. Aus diesem Grund musste der gesprochene Dialog gekürzt und bearbeitet werden. Dies erfolgte bei der WDR 3-Produktion in genauer Anlehnung an das Originallibretto, wie es im handschriftlichen Souffl ierbuch der Aufführung in Frankfurt/Main am 19. August 1811, der dritten Aufführung des Werkes überhaupt, überliefert ist.

Abu Hassan gehört nicht zum Genre der damals in Mode gekommenen ›Türkenoper‹. Es handelt sich um eine sogenannte Schuldenposse, in der Weber – durchaus mit Blick auf seine eigene, fi nanziell missliche Situation am Stuttgarter Hof – eine aus 1001 Nacht entlehnte Geschichte vertont. Das hoffnungslos ver-schuldete Ehepaar Abu Hassan und Fatime kommt wieder zu Geld, indem beide abwechselnd vor dem Kalifen und der Sultanin den Tod des jeweils anderen vor-täuschen. Auf diese Weise streichen sie – wie im Orient offenbar üblich – das Geld für das Begräbnis ein.

Webers Behandlung des Orchestersatzes, für die er in seinen späteren Werken immer gerühmt wurde, ist schon in diesem Frühwerk äußerst farbig. Das konnte in der Interpretation der Cappella Coloniensis auf historischen Instrumenten plastisch zur Wirkung kommen.

Bereits im Juni 2001 präsentierte die Cappella Coloniensis – eben-falls unter Leitung von Bruno Weil – die Weltersteinspielung von Webers Der Freischütz auf Originalinstrumenten. Bei dieser Produktion wurde auf die Dialoge von Friedrich Kind verzichtet. Der Berliner Schriftsteller Steffen Kopetzky ver-fasste neue Zwischentexte. Dabei tritt die Figur des Samiel schon von der ersten Szene an auf. Steffen Kopetzky bezeichnet diese Figur als »etwas wie das dunkle Unbewusste der übrigen Figuren, das Verdrängte, das Archaische, das Grausame«, als »den dunklen Geist des Kollektivs, der davon lebt, immer wieder Einzelne auszusondern und sie existenziellen Prüfungen zu unterwerfen oder sie gar zu vernichten.«5

In der musikalischen Interpretation kam es Bruno Weil darauf an, das Werk »wie neue Musik«6 erleben zu lassen. Es ging um den Versuch, eine Aufführungssituation herzu-stellen, in der das Neuartige an Webers Musik noch ein-mal, genau 180 Jahre nach der Uraufführung, erlebbar wird.

Ansatz dazu bildete die Aufnahme des Singspiels Erwin und Elmire von Johann Friedrich Reichardt nach dem »Schauspiel mit Gesang« von Johann Wolfgang von Goethe. Diese Produktion, eine Weltersteinspielung,2 wurde bei den Brühler Schlosskonzerten am 28. und 29. August 1999 vorgestellt. Andreas Spering gab damals sein Debüt bei der Cappella Coloniensis als Dirigent. Reichardts Singspiel ist stilistisch – obwohl schon im Jahr 1791 entstanden – ein Musiktheater »zwi-schen den Epochen«.3 Man fi ndet in dieser Komposition tatsächlich noch ein Stück mit Generalbassbezifferung. Auf der anderen Seite gibt es Passagen, die gerade in Reichardts fortschrittlicher Instrumentation deutlich auf Carl Maria von Weber vorausweisen. Die Wiederentdeckung von Erwin und Elmire zeigte Reichardt, der außer in seinen Liedern heute ja kaum mehr bekannt ist, als einen Komponisten, der für die Entwicklung der deutschen Oper und des deutschen Singspiels womöglich ebenso viel getan hat wie die in diesem Zusammenhang im-mer genannten Johann Adam Hiller oder Georg Benda. Durch diese Produktion der Cappella Coloniensis angeregt, kam es auch an anderer Stelle zu einer neuen Auseinandersetzung mit dem musikdramatischen Werk von Reichardt, z. B. bei den Festlichen Tagen Alter Musik in Knechtsteden 2002.

Nach Johann Friedrich Reichardt war es natürlich besonders reizvoll, sich eingehend mit Carl Maria von Weber zu beschäftigen. Während Reichardt – eigentlich untypisch für die Gattung des Singspiels – in Erwin und Elmire auf gesprochenen Dialog verzichtete, ging Carl Maria von Weber in seinem Frühwerk Abu Hassan noch vollständig auf die traditionellen Gegebenheiten der Gattung ein. Die Cappella Coloniensis hat dieses Werk im Mai 2002 unter der Leitung von Bruno Weil aufgenommen, als Erstaufnahme in historischer Aufführungspraxis und unter Verwendung der im Jahr zuvor veröffentlichten kritischen Edition der Weber-Gesamtausgabe.4

247246

Geigengruppe

der Cappella

Coloniensis

(Annegret Siedel,

Mihoko Kimura,

Helmut Hausberg,

Andrea Keller)

in der Kölner

Kirche St. Maria

im Kapitol,

Oktober 1999

Carl Maria

von Webers

»Freischütz«,

Faksimile des

Titelblatts der

Originalpartitur

(Staatsbibliothek

zu Berlin –

Musikabteilung)

Wie außergewöhnlich Webers Orchestersprache auch heute noch wirken kann, zeigte sich z. B. bereits am Beginn der Ouvertüre: Das Solo der vier Hörner, ge-spielt auf Naturhörnern, entfaltet eine abgründige, fast bedrohliche Wirkung. Oder der Entreakt zu Beginn des dritten Aufzugs: Diese sonst fröhlich und oft un-verbindlich wirkende Musik klingt auf den Originalinstrumenten so vielgestaltig und auch von der dramatischen Aussage her so ambivalent, dass man das Unheil, das in der folgenden Szene mit dem Probeschuss droht, auf die der Entreakt ja motivisch Bezug nimmt, förmlich spürt. Steffen Kopetzky lässt Samiel beim Jägerchor, der Parallelstelle, sprechen: »Was sagt euch der Gesang? Was singen euch die Hörner?/Fürstliche Freude, männlich Verlangen!/Was Fürsten sind, was Männer – ich weiß es nicht,/Ich spüre bloß ein endlos Gehen von Jägern und/Von Schweiß, von Treiben und von Tod aus diesem Gehen.«

Der Freischütz wurde mit großen Erfolg am 24. Juni 2001 in der Kölner Philharmonie konzertant aufgeführt und auf WDR 3 live gesendet. Zwei Tage zuvor war die Produktion bei den Musikfestspielen Potsdam Sanssouci zu Gast; danach wurde das Werk im Studio produziert.7

Einen Probelauf zum vorläufi g anspruchsvollsten Vorhaben der Cappella Coloniensis, der Einspielung von Richard Wagners Oper Der fl iegende Holländer, stellte die Produktion der so genannten Bonner Beethovenkantate von Franz Liszt dar. Liszt hatte das Werk für die Einweihungsfeierlichkeiten des Bonner Beethovendenkmals im Jahr 1845 geschrieben. Das Orchester in dieser Kantate ist exakt dasselbe wie im Fliegenden Holländer, bis hin zur Ophikleïde, die Wagner in der Urfassung des Holländers anstelle der Tuba genauso fordert wie Liszt.

Ein wichtiger Aspekt dieser Produktion, die beim Internationalen Beethovenfest Bonn 2000 vorgestellt wurde, war herauszufi nden, wie das ›Originalklangorchester‹ Cappella Coloniensis, das bis dahin vor allem in ba-rocken und klassischen Orchesterbesetzungen gespielt hatte, mit der ungleich größeren Besetzung bei Liszt zurechtkommen würde. Die Erwartungen an klangliche Transparenz durch die Originalinstrumente mussten mit der berech-tigten Forderung nach dem großvolumigen Ton eines romantischen Orchesters zusammenkommen. Das Ergebnis war ermutigend. Die Cappella Coloniensis hat mit diesem ›romantischen Probelauf‹ die Voraussetzungen geschaffen, um ein abendfüllendes musikdramatisches Werk aus der Mitte des 19. Jahrhunderts in historischer Aufführungspraxis aus der Taufe zu heben.8 Die Aufführung von Richard Wagners Der fl iegende Holländer fand anlässlich der Eröffnung der neuen Philharmonie Essen statt. Wie schon bei den vorausgegangenen Projekten diri-gierte Bruno Weil die Cappella Colonienis. Die Einspielung der Oper wurde mit dem BMG-Label Deutsche Harmonia Mundi coproduziert. Es handelte sich dabei weltweit um die erste Produktion einer Wagner-Oper auf Originalinstrumenten. Die konzertante Aufführung fand in der Philharmonie Essen am 13. Juni 2004 statt, die Erstsendung auf WDR 3 am 12.9.2004.

Eduard Hanslick schrieb in der Wiener Presse am 6. November 1860 anlässlich der Wiener Erstaufführung, der Holländer zeige »in der Behandlung des Orchesters [...] die grellsten Errungenschaften Meyerbeers und Berlioz«. Bedenkt man, dass Hanslick in Wien bereits eine Art ›entschärfte‹ Fassung gehört hatte, kann man sich vorstellen, wie sehr die von Wagner 1841 in Paris vollendete Urfassung des Holländer in ihrer deutlich farbigeren Behandlung der Instrumente noch der Großen Oper französischer Prägung nahesteht. Diese Urfassung lag der WDR 3-Produktion mit der Cappella Coloniensis zugrunde.

In der Urfassung stellt Der fl iegende Holländer noch ein durchgehendes Werk von drei ineinander übergehenden Aufzügen dar.9 Der Schauplatz der Oper ist nicht wie sonst die norwegische, sondern die schottische Küste; Daland heißt in der Urfassung noch Donald und Erik Georg. Einer der auffälligsten Unterschiede ist die Versetzung der sogenannten Senta-Ballade um einen Ganzton nach un-ten in den späteren Fassungen, also von a-moll nach g-moll, damit die Partie für die Sängerin der Uraufführung passte. In der WDR 3-Produktion hört man die Ballade in der Ursprungstonart a-moll. Diese insgesamt grellere Art der Instrumentation im ›Urholländer‹ ist nicht nur eine Frage von Nuancen, sondern zeigt vielmehr die Verwurzelung Wagners in den Operntraditionen seiner Zeit, besonders der französischen Oper. Er steht am Endpunkt einer Tradition, und erst von dort aus kreierte er später seine Art des Musikdramas.

Die Instrumentation und die Art der Orchestersprache des Werkes zeigt an vielen Stellen Spuren sogar noch der klassischen oder romantischen Schreibweise bis zurück zu Weber oder Rossini. Der fl iegende Holländer in der

249248

Johann Christian

Bachs Serenata

»Endimione«,

aufgeführt im

Rahmen des

Rheinischen

Musikfests in

Duisburg 1999,

Ltg. Bruno Weil

»Es gibt Baumeister, die wissen, was sie bauen; geschickte praktische Männer, die sich streng nach dem Riß halten, der sich ihnen schon oft zweck-dienlich erwiesen; nichts ist da vergessen, die Kirchentür an guter Stelle, der Glockenturm an seiner. Ein solcher Mann ist der alte Dessauer Meister.«10 Das sagte kein Geringerer als Robert Schumann über Johann Christian Friedrich Schneider. Mendelssohn bezeichnete er dagegen als »Mozart des 19. Jahrhunderts«. Der direkte Vergleich der beiden Werke bei der Produktion der Cappella Coloniensis hat gezeigt, auf welch hohem Niveau sich das sinfonische Komponieren in Deutschland zu dieser Zeit bei Komponisten wie Schneider bewegte. Gleichzeitig wurde aber auch die Ausnahmeerscheinung Mendelssohns bestätigt.

Bei dieser Produktion, die auch in einem Konzert im Kulturforum Franziskanerkloster in Kempen am 24.11.2002 gespielt wurde11 und auf CD bei dem Label cpo herauskam, leitete Sigiswald Kuijken mit großem Erfolg zum ersten Mal die Cappella Coloniensis. Bis zu diesem Zeitpunkt konnte der Geiger und Dirigent auf eine fast dreißigjährige Zusammenarbeit mit dem WDR zurück-blicken.

Neben der Musik des 19. Jahrhunderts setzte die Cappella Coloniensis auch Maßstäbe mit der Erarbeitung verschiedener Barockopern. Nach der im Jahr 1986 Aufsehen erregenden Einspielung von Hasses Cleofi de unter William Christie,

Urfassung und auf Originalinstrumenten zeigt den Komponisten Richard Wagner aus der Perspektive der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, also vorwärts gewandt und nicht rückwärts aus dem Blickwinkel des Parsifal, des Tristan oder der Werke von Richard Strauss.

Allein schon das von Wagner ausdrücklich geforderte Nebeneinander von Ventilhörnern und Naturhörnern, von Ventil- und Naturtrompeten und die Verwendung der Ophikleïde statt der Basstuba sind Hinweise auf einen transpa-renten und deutlichen Orchesterklang, der in heutigen Wagner-Interpretationen fast unbekannt ist. Dem trug auch die Besetzung der Solisten Rechnung. Die Rollen waren nicht im Sinne des klassischen Wagner-Fachs zu besetzen, sondern der romantischen Oper in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Es wurden mit Astrid Weber (Senta), Franz-Josef Selig (Donald/Daland), Terje Stensvold (Holländer), Jörg Dürmüller (Erik/Georg), Simone Schröder (Mary) und Kobie van Rensburg (Steuermann) leichtere, beweglichere Stimmen gefunden, die ideal mit den historischen Instrumenten zusammenklangen.

Im November 2002 wurde ein sinfonisches Programm mit Mendelssohns Sinfonie Nr. 1 c-moll op. 11 und der 1822 entstandenen Sinfonie c-moll des Dessauer Hofkapellmeisters Johann Christian Friedrich Schneider aufgenommen als Ergänzung zu den Musiktheaterwerken des 19. Jahrhunderts. Schon 1998/1999 beschäftigte sich die Cappella Coloniensis unter Leitung von Hans-Martin Linde und unter Mitwirkung des Pianisten Patrick Cohen mit den Klavierkonzerten von Beethoven und dem 2. Klavierkonzert von Chopin.

251250

Produktion des

»Fliegenden

Holländer« mit

der Cappella

Coloniensis

im Juni 2004

in der Essener

Philharmonie,

Ltg. Bruno Weil,

links hinter ihm

Tonmeisterin

Barbara Valentin

Jean-Philippe

Rameaus Einakter

»Zéphyre« und

»La Guirlande«

mit Les Arts

Florissants und

der Cappella

Coloniensis unter

William Christie

in der Kölner

Philharmonie,

21.1.2000

� I,13

Andreas Spe ring hat für WDR 3 neben Siroe ein Jahr zuvor, im Sommer 2002, mit seinem eigenen Orchester, der Capella Augustina, die Oper Imeneo aufgenommen. Außerdem arbeitet die WDR 3-Redaktion für Alte Musik regelmäßig mit dem Dirigenten Federico Maria Sardelli und dessen Orchestra barocca Modo Antiquo zusammen. Sardelli gehört zusammen mit Rinaldo Alessandrini u. a. zu den Wegberei-tern der um das Jahr 2000 einsetzenden Renaissance von Vivaldi-Opern auf dem Plattenmarkt und im Opern- und Konzertbetrieb. Für WDR 3 hat er in Coproduktion mit dem Festival OperaBarga das Oratorium Juditha Triumphans und die Opern Arsilda, Orlando furioso sowie Tito Manlio aufgenommen. Die drei letzten Werke waren als Ersteinspielungen und Radiopremieren auf dem WDR 3-Sendeplatz Bühne.Radio zu erleben.

Das musikalische Umfeld, in dem sich die Cappella Coloniensis heute bewegt, hat – wie der Aufsatz von Christoph Prasser (S. 15–40) darlegt – nur noch wenig gemein mit dem ihrer Gründerzeit. Dies wäre an sich nicht weiter verwunderlich, denn das halbe Jahrhundert ihres Bestehens, auf das die Cappella heute mit Stolz zurückblicken kann, bringt zwangsläufi g Veränderungen mit sich, die allein schon durch den Zugewinn langjähriger Erfahrung hinreichend erklärt wären. Tatsache ist aber auch, dass sich die gesamte Musikproduktion heute in einem immer stärker kommerzialisierten Umfeld bewegt. Mehr denn je wurde daher auch an die Cappella Coloniensis die Frage nach zukünftigen künstleri-schen Herausforderungen und Möglichkeiten gestellt: »WDR-Hörfunkdirektorin Monika Piel hat dem renommierten Ensemble die Perspektive eröffnet, bis ein-schließlich des Jahres 2006 aus dem Etat der Programmgruppe Musik WDR 3 getragen zu werden. In dieser Zeit erhält das freie Orchester [...] die Gelegenheit, sich mit dem traditionsreichen Namen vom WDR zu lösen und zu verselbständi-gen.«15 Der Autor wünscht als dessen Produzent und Redakteur der letzten sechs Jahre von Herzen, dass dem renommierten Ensemble dieser Weg gelingt.

der Aufführung und Aufnahme von Carl Philipp Emanuel Bachs Oratorium Die Israeliten in der Wüste 1988 und von Méhuls Einakter Stratonice 1995 gelang es, Christie im Januar 2000 erneut als Dirigent der Cappella Coloniensis zu ver-pfl ichten, und zwar für die beiden Operneinakter La Guirlande und Zéphyre von Jean-Philippe Rameau. Bereits nach wenigen Probentagen fanden die Musiker der Cappella Coloniensis unter Christie wieder zu jener atmend instrumentalen Deklamationsweise, die die französische Barockoper wirklich zu einer musikali-schen Delikatesse macht, begünstigt dadurch, dass Hiro Kurosaki, der langjährige Konzertmeister der Cappella Coloniensis, diese Position auch bei Christies eige-nem Orchester Les Arts Florissants innehat. Nachzuhören sind diese Ergebnisse auf der im Jahre 2001 bei Erato herausgekommenen Doppel-CD.12

In den letzten Jahren hat die Cappella Coloniensis auch zwei ita-lienische Barockopern aufgenommen. Zum einen die Ersteinspielung auf Originalinstrumenten von Händels Oper Siroe im Jahr 2003 unter Leitung von Andreas Spering,13 zum anderen Glucks Festa teatrale L’Innocenza giustifi cata, ein Werk, bei dem schon deutliche Anklänge an die späteren Reformopern Glucks zu hören sind.14 L’Innocenza giustifi cata wurde von Christopher Moulds geleitet, einem jungen englischen Dirigenten, dem der WDR die Chance für sein erstes eigenes Opernprojekt gab und der mittlerweile überall in Europa erfolgreich ist.

Bei den Musiktheater-produktionen bezog die WDR 3-Redaktion Alte Musik neben der Cappella Coloniensis wei-tere Orchester ein. So wurde die seit vielen Jahren erfolg-reiche Zusammenarbeit mit dem Dirigenten René Jacobs fortgesetzt. Mit ihm und der Akademie für Alte Musik Berlin wurden als Coproduktion von WDR 3 und Harmonia Mundi France die Opern Croesus von Reinhard Keiser und Griselda von Alessandro Scarlatti auf-genommen, außerdem – wie bereits erwähnt – mit Concerto Köln Mozarts Le nozze di Figaro, eine Aufnahme, die 2005 den Grammy als beste Operneinspielung gewonnen hat. Der namhafte Händel-Dirigent

253252

René Jacobs mit

Simon Keenlyside

und Kobie van

Rensburg bei

den Aufnahmen

zu Wolfgang

Amadeus Mozarts

»Le nozze di

Figaro« im April

2003 im Studio

Stolberger Straße,

Köln

Reinhard Keisers

Oper »Croesus«

mit Dorothea

Röschmann,

Sopran, im

Jahr 2000 an

der Berliner

Staatsoper mit der

Akademie für Alte

Musik Berlin, Ltg.

René Jacobs

(Bariton), Cappella Colonienis, Ltg. Andreas Spering

Produktion: Köln, Funkhaus Wallrafplatz, Klaus-von-

Bismarck-Saal, 24.8.– 1.9.1999, konzertante Aufführungen:

Brühl, Schloß Augustusburg, 28. und 29.8.1999 (Brühler

Schlosskonzerte), Erstsendung: WDR 3, 5.12.1999, erschie-

nen bei cpo 999860-2

• Weihnachtsmusik aus Barock und Klassik, Deutsche

Weihnachtschoräle: Ich steh an deiner Krippen hier (Satz:

Joh. Sebastian Bach), Es ist ein Ros entsprungen (Satz:

Michael Präetorius), O Jesulein süß (Satz: Satz: Samuel

Scheidt), Fröhlich soll mein Herze springen (Satz: Christoph

Bernhard); Wolfgang Amadeus Mozart, Exsultate, jubilate

KV 165, Andante aus der Sinfonie Nr. 19 Es-dur KV 132;

Alessandro Scarlatti, Cantata pastorale per la nascità di

Nostre Signore »O di Betlemme altera povertà«; Antonio

Vivaldi, Concerto E-dur per violino Il Riposo – per il

S. Natale RV 270 (Solist Hiro Kurosaki); Christoph

Bernhard, Fürchtet euch nicht, Weihnachtskonzert für

Sopran, 2 Violinen, Violone und B. c.; Adolphe Adam, O

Holy Night; Franz Xaver Gruber, Stille Nacht, heilige Nacht

(in der Originalfassung vom 12. Dezember 1836); Sumi

Jo (Sopran), VokalEnsemble Köln (Einstudierung Max

Ciolek), Cappella Coloniensis, Ltg. Michael Schneider

Coproduktion: Erato 8573-85819-2, Produktion: Köln,

Studio Stolberger Straße, 4.–9.10.1999, Fernseh-

Aufzeichnung: Köln, St. Maria-im-Kapitol, 10.–11.10.1999,

Erstsendung: WDR 3, 24.12.1999, Erstsendung Fernsehen:

WDR Fernsehen, 19.12.1999

• Jean-Philippe Rameau, Zéphyre, ballet en un acte;

Zéphyre: Gaëlle Méchaly (Sopran), Cloris: Rebecca

Ockenden (Sopran), Diane: Sophie Daneman (Sopran);

La Guirlande, ballet en un acte; Zélide: Sophie Daneman

(Sopran), Une bergère: Gaëlle Méchaly (Sopran), Mirtil:

Paul Agnew (Tenor), Hilas: François Bazola (Bass), Les

Arts Florissants, Cappella Colonienis, Ltg. William Christie

• Frédéric Chopin, Klavierkonzert Nr. 2 f-moll op. 21;

Ludwig van Beethoven, Ouvertüre zu König Stephan

Es-dur op. 117; Anton Reicha, Sinfonie Es-dur op. 41 (nur

Konzert); Antonio Rosetti, Grande Symphonie D-dur à

plusieurs instruments WV (Murray) A 22 (nur Konzert);

Patrick Cohen (Hammerfl ügel), Cappella Coloniensis,

Ltg. Hans-Martin Linde

Konzert: Herne, Kulturzentrum, 12.11.1998 (Tage alter

Musik in Herne), Produktion: Köln, Studio Stolberger

Straße, 5.–11.11.1998, Erstsendung: WDR 3, 12.11.1998

• Ludwig van Beethoven, Ouvertüre zu Heinrich Joseph

von Collins Trauerspiel Coriolan op. 62, Klavierkonzert

Nr. 4 G-dur op. 58; Klavierkonzert Nr. 3 c-moll op. 37 (nur

Produktion); Franz Schubert, Ouvertüre im italienischen

Stil C-dur D 591 (nur Produktion); Patrick Cohen (Ham-

merfl ügel), Cappella Coloniensis, Ltg. Hans-Martin Linde

Konzert: 30.1.1999, Köln, Funkhaus Wallrafplatz, Klaus-

von-Bismarck-Saal (WDR 3 Nachtmusik), Produktion:

Köln, Studio Stolberger Straße, 24.–31.1.1999, Erstsendung:

WDR 3, 30.1.1999

• Joh. Christian Bach, Endimione, Serenata in 2 Teilen;

Diana: Vasiljka Jezovšek (Sopran), Nice: Ann Monoyios

(Sopran), Amore: Jörg Waschinski (Sopran), Endimione:

Jörg Hering (Tenor), VokalEnsemble Köln (Einstudierung

Max Ciolek), Cappella Coloniensis, Ltg. Bruno Weil

Coproduktion Deutsche Harmonia Mundi 05472 7277525-2,

Produktion: Köln, Studio Stolberger Straße, 13.– 18.5.1999,

konzertante Aufführungen: 20.5.1999, Köln, Funkhaus

Wallrafplatz, Klaus-von-Bismarck-Saal, 21.5.1999,

Duisburg, Theater, WDR 3 live, Erstsendung: WDR 3

21.5.1999

• Joh. Friedrich Reichardt, Erwin und Elmire, Singspiel

in 2 Akten nach Johann Wolfgang Goethe; Elmire: Simone

Kermes (Sopran), Erwin: Jörg Dürmüller (Tenor), Rosa:

Johanna Stojkovic (Sopran), Valerio: Michael Kupfer

255

An m er ku n gen

1 Così fan tutte: Harmonia Mundi France HMC 951663.65; Le nozze di Figaro, Erstsendung: WDR 3 am

18.1.2004, Harmonia Mundi France 901818.20. 2 Erstsendung WDR 3 am 5.12.1999, veröffentlicht auch bei cpo 999860-2. 3 Vgl. Christoph Dohr, Programmbuch der Brühler Schlosskonzerte 1999. 4 Erstsendung: WDR 3 am 2.2.2003, veröffentlicht auch bei Deutsche Harmonia Mundi

05472 77979 2. 5 »Statt Dialoge Blankverse?«, S.17, in: Der Freischütz, Programmheft zur konzertanten Aufführung am

24.6.2001 in der Kölner Philharmonie, WDR 2001. 6 a.a.O., S.14. 7 erschienen bei der Deutschen Harmonia Mundi 05472 77536 2. 8 Die Einspielung von Liszts Bonner Beethovenkantate ist zusammen mit der Chorfantasie op. 80 von

Beethoven bei der Deutschen Harmonia Mundi 05472 77535 2 herausgekommen und wurde im Jahr 2002

mit dem Echo-Klassik-Preis ausgezeichnet; WDR 3-Erstsendung am 23.12.2000. 9 In dieser durchgehenden Form wird das Stück heutzutage meist an den Bühnen gegeben.10 zit. n. MGG Bd. 11. Kassel 1963ff., Sp. 1902f.11 Erstsendung auf WDR 3 am 20.12.2002.12 Erato 8573-85774-2; WDR 3-Liveübertragung des im Zusammenhang mit der Studioproduktion

veranstalteten Konzerts in der Kölner Philharmonie am 21.1.2000.13 Erstsendung: WDR 3 am 2.11.2003, Coproduktion Harmonia Mundi France HMC 901826.27.14 Erstsendung: WDR 3 am 21.9.2003. Coproduktion Deutsche Harmonia Mundi 82876587962.15 WDR-PRINT, Februar 2002, S. 7

254

Die Cappella

Coloniensis vor

dem Kölner Dom,

1998

Produ kt ion en m it der Cappella Colon ien sis u n dMusik theaterproduktionen des WDR mit anderen Ensembles 1998–2004Redaktion Richard Lorber

257256

• Franz Liszt, Cantate zur Inauguration des Beethoven-

Monuments 1845 (Bonner Beethoven-Kantate) für Soli,

Chor und Orchester, Gedicht von Bernhard Wolff, Rekon-

struktion von Günther Massenkeil; Ludwig van Beethoven,

Symphonie Nr. 2 D-dur op. 36, Fantasie für Klavier, Chor

und Orchester c-moll op. 80; Diana Damrau (Sopran), Jörg

Dürmüller (Tenor), Georg Zeppenfeld (Bass), Paul Komen

(Hammerfl ügel), Kölner Kantorei (Einstudierung: Volker

Hempfl ing), Cappella Coloniensis, Ltg. Bruno Weil

Coproduktion: Deutsche Harmonia Mundi 05472 77535

2, Internationales Beethovenfest Bonn, Konzert: Bonn,

Beethovenhalle 4.10.2000, Erstsendung: WDR 3, 23.12.2000

• Christoph Willibald Gluck, Iphigénie en Aulide (1775),

Tragédie-Opéra in 3 Akten; Agamemnon: Thomas Baur

(Bariton), Clytemnestre: Patricia Rozario (Mezzosproan),

Iphigénie: Julia Borchert (Sopran), Achille: Christoph

Wittmann (Tenor), Calchas: Jean-Louis Melet (Bass),

Patrocle u. Arcas: Guido Heidloff (Bariton), Diane:

Mechthild Bach (Sopran), ChorWerkRuhr, Barockorchester

Stuttgart, Sprecher: Hansgünther Heyme, Ltg. Frieder

Bernius

Mitschnitt aus dem Ruhrfestspielhaus Recklinghausen vom

5. Mai 2001 im Rahmen der Ruhrfestspiele Recklinghausen,

Erstsendung: WDR 3, 7.10.2001

• Joseph Haydn, Kantate G-dur »Destatevi, o miei fi di«

Hob. XXIVa:2, Kantate C-dur »Al Tuo arrivo felice« Hob.

XXIVa:3, Kantate A-dur »Qual dubbio ormai« Hob. XXIVa:

4; Sunhae Im (Sopran), Johanna Stojkovic (Sopran), Max

Ciolek (Tenor), VokalEnsemble Köln (Einstudierung: Max

Ciolek), Cappella Coloniensis, Ltg. Andreas Spering

Coprodukion: Harmonia Mundi France HMC 901765,

Konzert: Kulturhaus Lüdenscheid, Theatersaal, 13.5.2001

(Westfälisches Musikfest), Produktion: Köln, Funkhaus

Wallrafplatz, Klaus-von-Bismarck-Saal, 12.–15.5.2001,

Erstsendung: WDR 3, 15.6. 2001

• Carl Maria von Weber, Der Freischütz, Romantische

Oper in 3 Aufzügen, mit neuen Texten von Steffen Kopetzky;

Max: Christoph Prégardien (Tenor), Agathe: Petra-Maria

Schnitzer (Sopran), Ännchen: Johanna Stojkovic (Sopran),

Kaspar: Georg Zeppenfeld (Bass), Kuno: Friedemann Röh-

lig (Bariton), Ottokar: Christian Gerhaher (Bar.), Kilian:

Coproduktion Erato 8573-85774-2, Produktion: Köln, Studio

Stolberger Straße, 16.1.–20.1.2000, konzertante Aufführung:

Köln, Philharmonie, 21.1.2000, WDR 3 live, Erstsendung:

WDR 3, 21.1.2000

• Reinhard Keiser, Croesus, Dramma per musica

(1710–1730); Elmira, Prinzessin aus Medien: Dorothea

Röschmann (Soran), Atis, Croesus Sohn: Werner Güra

(Tenor), Croesus, König von Lydien: Roman Trekel

(Bariton), Orsanes, Lydischer Fürst: Klaus Häger (Bariton),

Cyrus, König von Persien: Johannes Mannov (Bariton),

Eliates, Lydischer Fürst: Markus Schäfer (Tenor), Clerida,

Lydische Prinzessin: Salomé Haller (Sopran), Solon,

Griechischer Welt-Weiser: Kwangchul Youn (Bass),

Halimacus, Hofmeister des Atis: Graham Pushee, Trigesta,

Dienerin der Elmira: Brigitte Eisenfeld, Elcius, Diener

des Atis: Kurt Azesberger (Tenor), Nerillus, Page des Atis:

Johanna Stojkovic (Sopran), Hauptmann: Jörg Gottschick

(Bariton), RIAS-Kammerchor, Knabensolisten Knabenchor

Hannover, Akademie für Alte Musik Berlin, Ltg. René Jacobs

Coproduktion Harmonia Mundi France HMC 901714.16,

Produktion: Berlin, Teldec-Studio, 29.2.–3.3.2000,

Erstsendung, WDR 3, 4.2.2001

• Joh. Sebastian Bach, Brandenburgisches Konzert Nr. 3 G-

dur BWV 1048, »Weichet nur, betrübte Schatten« BWV 202

für Sopran, Oboe, Streicher und B. c., »Non sa che sia dolore«

BWV 209 für Sopran, Flauto traverso, Streicher und B. c.,

Ouvertüre D-dur BWV 1069; Johanna Stojkovic (Sopran),

Cappella Coloniensis, Ltg. Hans-Martin Linde (Flöte)

Festkonzert zum 70. Geburtstag von Hans-Martin Linde:

Köln, Funkhaus Wallrafplatz Klaus-von-Bismarck-Saal,

13.5.2000 (live WDR 3), Erstsendung:WDR 3, 13.5.2000

• Antonio Vivaldi, Juditha Triumphans, Sacrum Militare,

Oratorium RV 644; Juditha: Barbara Di Castri (Sopran),

Holofernes: Lucia Sciannimanico (Mezzosopran),

Vagaus: Nicki Kennedy (Sopran), Abra: Alessandra Rossi

(Sopran), Ozias: Rowena Anketell (Mezzosopran), Coro da

Camera Italiano, Roma, Orchestra barocca Modo Antiquo,

Ltg. Federico Maria Sardelli

Coproduktion Amadeus AMS 133-2 und Festival

OperaBarga, Produktion: Barga, Chiesa del Santissimo

Crocifi sso, 1.– 6.8.2000, Erstsendung: WDR 3, 13.5.2001

Christian Gerhaher (Bar.), Eremit: Andreas Hörl (Bass),

Samiel: Markus John, WDR Rundfunkchor Köln (Einstudie-

rung: Godfried Ritter), Cappella Coloniensis, Ltg. Bruno Weil

Coproduktion Deutsche Harmonia Mundi 05472 77536 2,

Produktion: Köln, Funkhaus Wallrafplatz, Klaus-von-

Bismarck-Saal, 25.6.– 1.7.2001, konzertante Aufführungen:

Potsdam, Nikolaisaal (Musikfestspiele Potsdam Sanssouci)

22.6.2001, Köln, Philharmonie, 24.6.2001, WDR 3 live,

Erstsendung: WDR 3, 24.6.2001

• Antonio Vivaldi, Arsilda, regina di Ponto, Dramma

per musica in 3 Akten RV 700; Arsilda: Simonetta Cavalli

(Sopran), Lisea: Lucia Sciannimanico (Mezzosopran),

Barzane: Nicky Kennedy (Sopran), Tamese: Joseph Cornwell

(Tenor), Cisardo: Sergio Foresti (Bass), Mirinda: Elena

Cecchi Fedi (Sopran), Nicandro: Alessandra Rossi (Sopran),

Coro da Camera Italiano, Orchestra barocca Modo Antiquo,

Ltg. Federico Maria Sardelli

Coproduktion: cpo 999740-2, OperaBarga, Produktion:

Barga, Chiesa del Santissimo Crocifi sso, 15.7. – 24.7.2001,

Erstsendung: WDR 3, 5.5.2002

• Carl Maria von Weber, Abu Hassan, Singspiel in einem

Aufzug, nach einem Märchen aus Tausend und Einer Nacht

bearbeitet von J. F. Hiemer, Funkbearbeitung von Uwe

Schareck; Abu Hassan: Jörg Dürmüller (Tenor), Fatime:

Johanna Stojkovic (Sopran), Omar: Franz-Josef Selig

(Bass), Sprecher: Wolfgang Völz, ChorWerk Ruhr, Cappella

Coloniensis, Ltg. Bruno Weil

Coproduktion mit Deutsche Harmonia Mundi 05472 77979

2, Produktion: Köln, Funkhaus Wallrafplatz, Klaus-von-

Bismarck-Saal, 24.5.– 31.5.2002, Erstsendung: WDR 3,

2.2.2003

• Antonio Vivaldi, Orlando furioso, Dramma per mu-

sica in 3 Akten RV 728; Orlando: Anne Desler (Sopran),

Alcina: Marina De Liso (Sopran), Angelica: Nicky

Kennedy (Sopran), Bradamante: Lucia Sciannimanico

(Mezzosopran), Medoro: Luca Dordolo (Tenor), Ruggiero:

Thierry Gregoire (Countertenor), Astolfo: Martin Kron-

thaler (Bariton), Coro da Camera Italiano, Roma, Orchestra

barocca Modo Antiquo, Ltg. Federico Maria Sardelli

Coproduktion Amadeus AMS 078-79 und Festival

OperaBarga und cpo (noch nicht erschienen), Produktion:

Barga, Chiesa del Santissimo Crocifi sso, 14.7. – 24.7.2002,

Erstsendung: WDR 3, 16.3.2003

• Christoph Willibald Gluck, Iphigénie en Tauride,

Tragédie opéra in 4 Akten; Iphigénie: Brigitte Geller

(Sopran), Oreste: Thomas Bauer (Bariton), Pylade: Corby

Welch (Tenor), Thoas: Ludwig Grabmeier (Bariton),

Diane: Mechthild Bach (Sopran), Eine Griechin: Mechthild

Bach (Sopran), Erste Priesterin: Birgit Wegemann

(Sopran), Zweite Priesterin: Judith Decker (Sopran), Ein

Skythe/Ein Tempeldiener: Tobias Hänschke (Bariton),

Priesterinnnen, Skythen, Eumeniden, Königliche Wachen,

Griechen, Sprecher: Hansgünther Heyme, ChorWerk Ruhr,

Barockorchester Stuttgart, Ltg. Frieder Bernius

Mitschnitt aus dem Ruhrfestspielhaus Recklinghausen vom

15.6.2002 im Rahmen der Ruhrfestspiele Recklinghausen,

Erstsendung: WDR 3, 22.9.2002

• Joh. Christian Friedrich Schneider, Sinfonie c-moll

(1822); Felix Mendelssohn Bartholdy, Konzert d-moll für

Violine und Streichorchester; Felix Mendelssohn Bartholdy,

Sinfonie Nr.1 c-moll op.11, Sinfonie D-dur, WoO (für

Streich orchester) (nur Produktion), Hiro Kurosaki (Violine,

Ltg. Streichersinfonie), Cappella Coloniensis, Ltg. Sigiswald

Kuijken

Coproduktion mit cpo 999932-2 und Kempen Klassik e.V.,

Produktion: Kempen Kulturforum Franziskanerkloster,

Paterskirche 24.–27.11.2002, Konzert: Kempen Kulturforum

Franziskanerkloster, Paterskirche 24.11.2002, Erstsendung:

WDR 3, 20.12.2002

• Georg Friedrich Händel, Imeneo, Dramma per mu-

sica in 3 Akten HWV 41; Tirinto: Ann Hallenberg (Alt),

Rosmene: Johanna Stojkjovic (Sopran), Clomiri: Siri

Karoline Thornhill (Sopran), Imeneo: Kay Stiefermann

(Bass), Argenio: Locky Chung (Bass), VokalEnsemble

Köln (Einstudierung Max Ciolek), Capella Augustina,

Ltg. Andreas Spering

Coproduktion mit cpo 999915 2, Produktion: Köln, Studio

Stolberger Straße, 1. – 7.9.2002, Erstsendung: WDR 3, 6.4.2003

• Alessandro Scarlatti, Griselda, Dramma per musica

in 3 Akten; Gualtiero, König von Sizilien: Lawrence

Zazzo (Countertenor), Griselda, seine Gattin: Dorothea

Röschmann (Sopran), Costanza, ihre Tochter: Veronica

Cangemi (Sopran), Ottone, Fürst des Königreichs: Silvia

Tro Santafé (Alt), Corrado, Fürst von Apulien: Kobie van

Rensburg (Tenor), Roberto, jüngerer Bruder Corrados:

Bernarda Fink (Mezzosopran), Akademie für Alte Musik

Berlin, Ltg. René Jacobs

Coproduktion mit Harmonia Mundi France HMC 901805.07,

Produktion: Berlin, Teldex-Studio, November 2002,

Erstsendung: WDR 3, 7.12.2003

• Wolfgang Amadeus Mozart, Le nozze di Figaro, Opera

buffa in 4 Akten; Graf Almaviva: Simon Keenlyside, Gräfi n

Almaviva: Véronique Gens, Susanna: Patrizia Ciofi , Figaro:

Lorenzo Regazzo, Cherubino: Angelika Kirchschlager,

Marcellina: Marie McLaughlin, Basilio und Don Curzio: Kobie

van Rensburg, Bartolo: Antonio Abete, Barbarina: Nuria Rial,

Collegium Vocale Gent, Concerto Köln, Ltg. René Jacobs

Coproduktion mit Harmonia Mundi France HMC

9018818.20, Produktion: Köln, Studio Stolberger Straße,

2.–11.4.2003, Erstsendung: WDR 3, 18.1.2004

• Georg Friedrich Händel, Siroe, Rè di Persia, Oper in

3 Akten HWV 24; Siroe: Ann Hallenberg (Alt), Emira:

Johanna Stojkovic (Sopran), Laodice: Sunhae Im (Sopran),

Medarse: Gunther Schmid (Countertenor), Cosroe:

Sebastian Noack (Bariton), Arasse: Timm de Jong (Bass),

Cappella Coloniensis, Ltg. Andreas Spering

Coproduktion Harmonia Mundi France HMC 901826.27,

Produktion: Köln, Sendesaal des Deutschlandfunks,

19.–26.5.2003, Erstsendung: WDR 3, 2.11.2003

• Christoph Willibald Gluck, L’innocenza giustifi cata,

Festa teatrale; Claudia, Vergine Vestale: María Bayo

(Sopran), Valerio, Console Romano: Andreas Karasiak

(Tenor), Flaminia, Sorella di Claudia: Marina De Liso

(Mezzosopran), Flavio, Cavaliere Romano: Verónica

Cangemi (Sopran), ChorwerkRuhr, Cappella Coloniensis,

Ltg. Christopher Moulds

Coproduktion Deutsche Harmonia Mundi 82876 58796 2,

Produktion: Köln, Studio Stolberger Straße, 20.5.– 24.9.2003,

konzertante Aufführung: Köln, Funkhaus Wallrafplatz,

Klaus-von-Bismarck-Saal, 21.9.2003 WDR 3 live,

Erstsendung: WDR 3 21.9.2003

• Antonio Vivaldi, Tito Manlio, Dramma per musica

in 3 Akten RV 738; Tito Manlio, Konsul: Sergio Foresti

(Bariton), Manlio, sein Sohn: Elisabeth Scholl (Sopran),

Vitellia, seine Tochter: Rosa Dominguez (Mezzosopran),

Decio, römischer Zenturio: Thierry Gregoire (Counter-

tenor), Servilia, Schwester von Geminio: Lucio Scianni-

manico (Mezzosopran), Lucio, latinischer Ritter: Nicky

Kennedy (Sopran), Geminio, Anführer der Latiner: Davide

Livermore (Tenor), Lindo, Vitellias Diener: Bruno Taddia

(Bariton), Orchestra barocca Modo Antiquo, Ltg. Federico

Maria Sardelli

Coproduktion: cpo (noch nicht erschienen)/Amadeus

AMS 086-87/OperaBarga, Produktion: Barga, Chiesa del

Santissimo Crocifi sso, 13.7.– 21.7.2003, Erstsendung, WDR 3,

11.4.2004

• Richard Wagner, Der fl iegende Holländer, Romantische

Oper in 3 Aufzügen (Urfassung 1841); Donald, ein schot-

tischer Seefahrer: Franz-Josef Selig (Bass), Senta, seine

Tochter: Astrid Weber (Sopran), Georg, ein Jäger: Jörg

Dürmüller (Tenor), Mary, Sentas Amme: Simone Schröder

(Alt), Der Steuermann Donalds: Kobie van Rensburg

(Tenor), Der Holländer: Terje Stensvold (Bariton), WDR

Rundfunkchor Köln (Einstudierung Anton Marik), Prager

Kammerchor, Cappella Coloniensis, Ltg. Bruno Weil

Coproduktion mit Deutsche Harmonia Mundi 82876 64071 2

und Philharmonie Essen, Produktion: Essen, Philharmonie,

12.–15.6.2004, konzertante Aufführung, Essen, 13.6.2004,

Erstsendung: WDR 3, 12.9.2004

• Georg Friedrich Händel, Saul, Oratorio, HWV 53;

Michal: Rosemary Joshua (Sopran), Merab: Emma Bell

(Sopran), David: Lawrence Zazzo (Countertenor), Jonathan:

Jeremy Ovenden (Tenor), Hohepriester/Hexe von Endor:

Michael Slattery (Tenor), Saul: Gidon Saks (Bassbariton),

Abner/ein Amalektite: Finnur Bjarnason (Tenor), Doeg/

Samuel: Henry Waddington (Bariton), RIAS Kammerchor,

Concerto Köln, Ltg. René Jacobs

Coproduktion mit Harmonia Mundi France HMC 901877.78

(erscheint im Herbst 2005) Produktion: Berlin, Teldex Studio,

10.–12., 14./15.11.2004

258

Wie sag ich’s?

Refl exionen über das Sendungsbewusstsein

Susanne Ockelmann

Was muss man im Radio sagen, um die Ohren zu öffnen? Ist das Werk oder sein Urheber so bekannt, dass die Nennung von Komponistennamen und Musikern, also die so genannte ›einfache Stückansage‹ ausreichen? Oder erfordert die Musik, der Sendeplatz, der Anlass mehr Informationen, eine andere Form? Vielleicht erwähnt man die Eckdaten eines Komponistenlebens, einen Wirkungsort, die Beziehung zu einer bekannteren Größe, z. B. so etwas wie ›Vorgänger und Schwiegervater Dietrich Buxtehudes‹? Um dann folgen zu lassen: ›Hören Sie nun das Geistliche Konzert von Franz Tunder: »Herr, nun lässest du deinen Diener in Frieden fahren« für zwei Bässe, Streicher und Basso continuo in einer Aufnahme mit...‹. Wobei der Hörer möglicherweise die freundliche Aufforderung ›hören Sie nun‹ als gebieterischen Imperativ auffasst, der ihn gar nicht mehr geneigt sein, sondern ganz im Gegenteil abschalten lässt? Wie spricht man also seinen Hörer an, um ihn zu gewinnen, und wie viel Aufnahmebereitschaft darf man voraussetzen?

Diese Fragen stellen sich natürlich bei jeder Musik, die man vermitteln will. Allerdings stellen sie sich um so mehr, je weniger selbstverständlich und ge-wohnt die zu vermittelnde Musik klingt. Vielleicht könnte man auch sagen, je mehr man als Vermittler den Wert einer bis dato relativ oder gänzlich unbekannten Musik entdeckt hat, desto ausgeprägter ist das Sendungsbewusstsein, dieses unerhört Neue und Spannende anderen zugänglich zu machen und zu verbreiten. Wie Alte Musik in den vergangenen 50 Jahren im WDR gesendet wurde, ist mit anderen Worten das Thema dieses Kapitels. Dass es bei annähernd 80 Aktenordnern und durchschnittlich etwa 350 Sendeminuten pro Woche an dieser Stelle keineswegs erschöpfend behandelt werden kann, versteht sich von selbst. Aber regelmäßige Stichproben in Alt-Akten, vor allem aus den Jahren, bevor die Fachredaktion Alte Musik etabliert wurde, haben doch manches Erstaunliche und Bemerkenswerte zu Tage gefördert, und so will ich versuchen, rückblickend einen Überblick her-zustellen.1

Einerseits überraschend, bei rechter Überlegung allerdings einleuch-tend ist die Erkenntnis, dass die Gründung der Cappella Coloniensis 1954 als Ausgangspunkt für 50 Jahre Alte Musik im WDR im Grunde irreführend ist. Ein solches Ensemble ruft man nicht aus heiterem Himmel ins Leben – der Boden muss bereitet sein, und tatsächlich bezeugen die Sendefahnen bereits einige Jahre zuvor eine regelmäßige Beschäftigung mit Alter Musik und historischer Aufführungspraxis. Sehr gut könnte man den 21. Mai 1951 als Gründungsdatum der Alten Musik festlegen, denn an diesem Tag startete

259

Englisch und Rund um den Sport fl ankiert sein. Sendungen, die unter dem glei-chen Titel mit gleicher Länge in beiden Programmen erschienen, waren übrigens keineswegs Wiederholungen. Die Programmmacher müssen davon ausgegangen sein, dass ihre Hörer beide Programme verfolgten und dabei natürlich nicht dasselbe hören wollten. Am staunenswertesten ist allerdings, wieviel Alte Musik tatsächlich schon vom Anfang der 50er Jahre an größtenteils in Aufnahmen mit historischen Instrumenten gesendet wurde, dass Renaissancemusik dabei keines-wegs selten vorkam und dass auch Musik des Mittelalters zwar zunächst weniger häufi g und vor allem in geistlichen Zusammenhängen erklang, jedoch durchaus vorhanden war.3

Und auch die Vermittlungsformen sind keineswegs so trocken und ein-förmig, wie man sich das heute vorstellt, wenn man an die 50er und 60er Jahre denkt. Der Ton ist natürlich ein anderer, als offi zielle Ankündigung wurde schon die Senderkennung am Anfang jeder Sendung verlesen: »Nordwestdeutscher Rundfunk Köln. UKW Sender West.« Die überaus prononcierte Sprechweise ließ keine Zweifel an den verkündeten Worten aufkommen, sie konnten nur Ausdruck absoluter Wahrheit sein. Und wenn es der Anlass gebührte, nahm die Würdigung beispielsweise von Händels 200. Todestag die Gestalt eines 18-minütigen, durch-gehenden Vortrags an, der ohne ein einziges Musikbeispiel auskam.4

Aber es gab auch zu später sonntäglicher Stunde den Versuch, unter der blumigen Überschrift Aus galanter Zeit – zärtliche Lieder und verliebte Verse ohne jeden Zwischenkommentar rezitierte Gedichte und ihre Vertonungen aufeinander folgen zu lassen.5 Oder man verband alte französische Balladen und Chansons von u. a. Bernhart de Ventadorn und Guillaume de Machaut mit Gesängen für Chor a cappella von Claude Debussy.6 Am Samstagvormittag war im 2. Programm meh-rere Jahre lang eine halbe Stunde besonderen Preziosen gewidmet: Gesellige Musik aus alter Zeit, Musikalischer Zeitvertreib oder Frische Teutsche Liedlein konnte es da heißen. Mit dem letzten Titel war beispielsweise eine gleichnamige deutsche Liedersammlung der Renaissance gemeint, über deren Herkunft man berichtete, Amüsantes zum Gebrauch der Lieder zitierte, um dann Beispiele zum Besten zu geben: »Hören Sie nun ein Lied von Johannes Müller, einem Meister vom Anfang des 16. Jahrhunderts: ›Kuckuck hat sich zu Tod gefalln‹«. Die Ausführenden wurden als ›Mitwirkende‹ erst am Ende der Sendung genannt.7 Bemerkenswert ist auch die Bedeutung der Orgelmusik, der verteilt auf das 1. und 2. Programm zeitweise regelmäßig bis zu 1½ Stunden wöchentlich gewidmet waren, von 1957 bis Anfang der 70er Jahre in Kirchenorgeln unserer Heimat außerdem verbunden mit nordrhein-westfälischer Heimatkunde.

Die Cappella Coloniensis erscheint zwar von 1955 an im Abstand von ein bis zwei Wochen mit neuen Produktionen im Programm, als fester Sendeplatz etabliert sich jedoch erst 1960 in den ungeraden Wochen im 1. Programm der Sonntag von 14.30-15.00 Uhr. Ausnahmen bestätigen die Regel und zeigen gleich-

Eduard Gröninger im Hörfunkprogramm des NWDR, der Mittelwelle, die von Hamburg, Köln, Hannover und Berlin aus gesendet wurde, eine Reihe Von alter Musik. In 22 Sendungen jeweils montags von 17.00 bis 17.15 Uhr steckte der spätere Gründer der Cappella Coloniensis das Feld ab – und nahm in Kurzform vorweg, was seine Arbeit und die Arbeit der späteren Fachredaktion Alte Musik bestimmen und den WDR auf diesem Gebiet zum Vorreiter machen sollte. Mit enzyklopädischer Systematik begann Gröninger beim Gregorianischen Choral und arbeitete sich über den Minnesang, das italienische Trecento u.s.w. durch die Musikgeschichte bis zur Mannheimer Schule vor.2 Diese umfassend-lexikalische Vortragsserie zur Alten Musik blieb im NWDR und im späteren WDR, soweit mein Überblick reicht, einmalig.

Aber die Reihe stand keineswegs allein auf weiter Flur. Sowohl im Mittelwellenprogramm, das später als das 1. Programm bezeichnet wurde, als auch im UKW-Programm, dem späteren 2. Programm, das NRW-weit die west-deutschen Belange abdecken sollte, gab es mehrmals wöchentlich Sendungen mit Alter Musik. Diese waren in vielen Fällen nicht als solche deklariert und erschienen auch nicht unbedingt zu wiederkehrenden Zeiten. Alte Musik kam in Sendungen mit Chormusik vor, die dann auch Chormusik hießen, oder Alte Chormusik, oder man sendete unter dem Titel Alte Klaviermusik 15 Minuten Renaissancemusik, die auf dem Cembalo erklang. Solche Sendetitel konnten bei vergleichbarem Inhalt durchaus wiederkehren, aber nicht unbedingt in regelmäßiger Folge und zur selben Zeit.

Entsprechend verhielt es sich mit Sendungen, die immer wieder auftau-chen, wie Alte Kammermusik, Werke alter Meister, Altitalienische Barockmusik oder Musik der Renaissance. Denkbar waren auch Johann Sebastian Bach oder Georg Philipp Telemann, wenn im Programm noch zehn Minuten fehlten – den Eindruck erwecken solche kurzen Sendungen zumindest aus heutiger Sicht – und man noch eine Sonate aus barocker Zeit erklingen ließ. Kurios aus heutiger Perspektive ist auch die Einbettung der Sendungen in die so genannten Vollprogamme, die ihr Publikum mit allen erdenklichen Informationen aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Sport versorgten. So konnte die Alte Klaviermusik beispielsweise von Lernt

260 261

Ausschnitt aus

einer historischen

Sendewochen-

fahne (13.8.1951)

� I,15

zeitig, wie sich die Sendestrukturen im Laufe der 60er Jahre festigen – mit der zunehmenden Aufmerksamkeit des Publikums für das Fernsehprogramm muss der Hörfunk seine Inhalte systematischer sortieren. Als 1968 meinen Recherchen zufolge das erste Programmschema veröffentlicht wird, ist die Systematik der Sendefolgen allerdings immer noch recht kompliziert. Für die Darstellung der mittlerweile drei Programme (seit 1963 ist – allmählich anwachsend – das 3. hin-zugekommen) benötigt man 45 Seiten!

Die Präsenz der Alten Musik nimmt weiterhin zu, nicht zuletzt durch die Cappella Coloniensis, die immer mehr an Bedeutung gewinnt. Neben der regel mäßig zu unterschiedlichen Zeiten gesendeten Musik alter Meister wird aus der fest etablierten sonntäglichen halben Stunde eine ganze Stunde, von 1970 an wöchentlich auf WDR 3 ausgestrahlt. Außerdem brilliert die Cappella in Konzertübertragungen, die von enthusiastischen Tourneeberichten aus aller Welt begleitet werden. Ein Interview mit Ferdinand Leitner über den Erfolg der Amerikareise 1968 erklingt im mitreißenden Ton einer Sportreportage.8 Als Beitrag zur Überbrückung der Konzertpause kann aber auch eine »monat-liche Journalschau« dienen, die »Zeitschriften des In- und Auslandes kritisch be trachtet«.9

Als logische Folge all dieser Aktivitäten sorgte Alfred Krings, der sich seit Jahren neben Eduard Gröninger sehr für Produktionen Alter Musik eingesetzt hatte, nach seiner Ernennung zum Hauptabteilungsleiter Musik für die Gründung einer entsprechenden Fachredaktion. Mit der neuen Abteilung Alte Musik über-nahm ihr frisch berufener Leiter Klaus L Neumann 1976 neben der Cappella Coloniensis zunächst nur einen Teil der Alte Musik-Sendungen, die bisher in der Abteilung Kammermusik angesiedelt waren. Mit der Einstellung von Barbara Schwendowius folgten 1978 dann die Bereiche Orgelmusik und Geistliche Musik, die traditionsgemäß große Anteile an Alter Musik enthielten. Nun konnte bis zur Aufl ösung der Fachredaktionen 1998 die Hoch-Zeit der Alten Musik im WDR beginnen.

Die Programmschemata dieser zwei Jahrzehnte, die übrigens mittler-weile sehr viel übersichtlicher geworden waren, bezeugen für den Rechercheur wunderbar deutlich die zunehmende Sendezeit der Alten Musik: teilweise in einzelne Bereiche ausgewiesen als Barockmusik, Orgelmusik, Musik des Mittelalters und der Renaissance, von 1988 bis 1995 zu großen Teilen schlicht als Alte Musik in konsequenter Weise die Redaktionszuständigkeit widerspiegelnd.10 Laut Klaus L Neumann konnte die Abteilung bei einem Großteil der Sendungen selbst entschei-den, welche ihrer Bereiche sie vorstellen wollte. So sorgten die beiden Redakteure dafür, »dass wir in jeder Woche zu jedem wichtigen Thema etwas in der Sendung hatten, Renaissance, Mittelalter bis zur Klassik. Das sollte so umfangreich und so vielfarbig sein, wie es irgend ging«.

Mit der Zunahme der Produktionen und der Sendezeit wurde die Arbeit aber auch für zwei Redakteure zuviel. Studentische Hilfskräfte halfen beim Archivieren und nach einigen Jahren mit entsprechender Einarbeitung als freie Mitarbeiter bei den Recherchen für Sendungen. Und während in den Jahrzehnten zuvor nur bei besonderen Anlässen Fachleute von außen für Beiträge verpfl ichtet wurden, wie z. B. Prof. Werner Korte von der Universität Münster im Falle des oben erwähnten 200. Todestages von Georg Friedrich Händel, vergaben Neumann und Schwendowius nun regelmäßig Aufträge. Dabei ließen sie inter-

263262

Ausschnitte aus

Laufplänen vom

21.5.1951 bzw.

5.7.1951

als ›Einschalt‹- sondern als ›Begleitmedium‹ nutzen.12 Die auffi nd- oder einschalt-bare Genresendung ist demnach aus dem Tagesprogramm fast ganz verschwunden, Sendefolgen, die sich explizit an ein Stammpublikum wenden, wie Neumann es in verschiedenen Reihen beispielsweise vom York-Festival in der Begrüßung tat (»Sie werden dieses Glockengeläut wiedererkannt haben: es sind die Glocken des Münsters in York«) sind heute nicht mehr denkbar.

265

nationale Spezialisten zu Worte kommen, so machte z. B. David Fallows mehrere Reihen über das späte Mittelalter oder Graham Dixon konzipierte Sendungen über die Beziehungen zwischen deutscher, italienischer und englischer Musik im 16. Jahrhundert. Als diplomatisches Kunststück wurde 1988 zum 200. Todesjahr Carl Philipp Emanuel Bachs der in Dresden ansässige Fachmann Hans-Günter Ottenberg mit einer 12-teiligen Reihe beauftragt, die sich Monat für Monat über das ganze Jahr verteilte. Diese Texte wurden dann nach Bedarf umgeformt. »Wir haben keine Kollegs abgehalten. Es wurde so formuliert, dass ein normales musi-kalisches Interesse zum Verständnis ausreichte«, so Neumann.

Bei aller Ausführlichkeit solcher Reihen, die bis zur ›Wellenreform‹ von WDR 3 1998 regelmäßig inhaltliche Schwerpunkte in der Darstellung der Alten Musik setzten, war es der Redaktion nicht erlaubt, über die Vermittlungsform einer ›erweiterten Ansage‹ hinauszugehen. Gespräche, Künstler- und Kompo-nistenportraits, Berichte mit O(riginal)-Tönen waren Mittel der Feature-Redaktion und ausschließlich ihr vorbehalten. Andererseits spiegelte die Abteilung Alte Musik in ihren Musiksendungen auf originärste Weise das Alte-Musik-Leben, das sie ja mit den eigenen Produktionen selbst vorantrieb und in den Sendungen

außerdem um die neuesten Aufnahmen anderer ergänzte.

Die WDR 3-Programmreform von 1998 bedeutet in vielfacher Hinsicht einen Paradigmenwechsel. Die Fachredaktionen sind einer Organisationsstruktur gewichen, die sich nun an den Sendestrecken orien-tiert. Um das schwindende WDR 3-Publikum zurückzugewinnen oder zumindest den Status quo zu halten, wurde die Musikvermittlung in den Mittelpunkt gerückt und die Herstellung der Sendungen sehr viel aufwändiger. Da nicht mehr Arbeitskapazitäten hinzuka-men, musste das zwangsläufi g zu Lasten der Produktionen – oder der Freizeit der Redakteure – gehen.11

Die herrschende Programm- philosophie basiert auf Hörerbefragungen, die ergeben haben, dass die meisten sich für mehr als ein spezielles Genre interessieren und auch das Kulturradio vergleichbar den populäreren ›Massenprogrammen‹ nicht

264

Studio-

Technikerin

bei der Arbeit

mit mehreren

Bandmaschinen

Illustration auf

der Rückseite

des Programm-

schemas von

1974

ebenfalls Alte Musik-geprägtes WDR 3 am Sonntagmorgen vorausgeht. Dieses Erbe wird Richard Lorber über das Jubiläumsjahr 2004 hinaus weiterführen. Er sieht keinen Mangel an Sendezeit für Alte Musik. »Es gibt gute Möglichkeiten, in den ›Musikpassagen‹ die Eigenproduktionen vorzustellen. Und auch sonst gibt es genügend Möglichkeiten, Alte Musik unterzubringen, auch ohne eine spezielle Sendereihe, wie es sie für die Neue Musik gibt, die ja im Tagesprogramm weniger vorkommt.«

Nach 50 Jahren Sendungen mit Alter Musik im WDR kann man zu-mindest teilweise das Fazit ziehen: Mission erfüllt, Alte Musik ist selbstverständ-lich geworden. So wie sie das gesamte Musikleben ›unterwandert‹ und auch die modernen Orchester erreicht hat, ist sie heute in jeder Musik-Sendestrecke auf WDR 3 zu fi nden. Gratulation! – Nur die frühe Musik von Mittelalter bis Renaissance ist im allgemeinen Musikbewusstsein noch nicht so angekommen. Es bleibt auch für die nächsten 50 Jahre noch etwas zu tun...

An m er ku n gen

1 Um diesen Überblick zu bekommen, habe ich mit Unterstützung des Historischen Archivs im WDR

Einsicht erhalten in alle Akten mit Sendelaufplänen der Alten Musik bis zum Erscheinen des ers-

ten Hörfunk-Programmschemas im Jahre 1968. Darüber hinaus standen mir auch die Akten der

Fachredaktion Alte Musik zur Verfügung, die nicht mehr in der heutigen Redaktion aufbewahrt werden.

Von den alten Akten ist leider nur ein Teil erhalten: Die Sendelaufpläne der Cappella Coloniensis sind

separat abgelegt worden und komplett vom Anfang an vorhanden. Andere Sendelaufpläne der Alten

Musik gehörten als Teil der Kammermusik in entsprechende Kammermusikordner, von denen jedoch

nur fünf Ordner lückenhaft mit Sendelaufplänen aus den Jahren 1955-1959 archiviert sind. Um über

diesen Zeitraum hinaus Aussagen machen zu können, wieviel und welche Alte Musik gesendet wurde,

habe ich aus allen Jahren zwischen 1951 und 1968 jeweils eine Stichprobe von zwei Programmwochen

untersucht, die in den Sendefahnen des WDR dokumentiert sind und sogar die aktuell vorgenommenen

Programmänderungen enthalten. Diese Stichproben habe ich durch den Jahreslauf rotieren lassen, so

dass sie sich gleichmäßig auf die unterschiedlichen Jahreszeiten und Festtage verteilten. 2 Robert von Zahn hat einige der Manuskripte dieser Reihe herausgegeben und kommentiert: Eduard

Gröninger, Texte zur Alten Musik, Köln 1991. 3 In den Hörfunkprogrammen des WDR steigerte sich die Wochensendezeit mit Alter Musik in histori-

scher Aufführungspraxis (Orgelmusik, Geistliche Musik, Barockmusik, Musik der Renaissance und des

Mittelalters) in den untersuchten Wochen von 1951 bis 1968 konti nuierlich von 120 Minuten auf 445

Minuten. Barockmusik und Geistliche Musik machten in diesem Zeitraum mit durchschnittlich jeweils

110 und 96 Minuten den größten Anteil aus. Orgelmusik erklang im Schnitt wöchentlich 70 Minuten lang,

die Renaissancemusik war mit 21 Minuten präsent und Mittelalterliches beanspruchte immerhin fast 5

Minuten, wobei hier zu ergänzen ist, dass Musik des Mittelalters nur in knapp der Hälfte der untersuch-

ten Wochen vorkam und dann eine Sendezeit von 10-15 Minuten hatte.

267

Das ehrgeizigste Projekt der Musikvermittlung mit der Reform von 1998 sind die nachmittäglichen Musikpassagen. Jede Sendung hat ein Thema, das als roter Faden durch verschiedene Genres geführt wird, um unterschwellige oder offensichtliche Verbindungen zwischen verschiedenen Musikformen hörbar zu machen. Das bedeutet, dass die Fachredakteure ein Thema durchaus in ihrem eigenen Gebiet als Ausgangs- oder Schwerpunkt verankern, dann aber verwandte Bereiche ihrer Kollegen mit einbeziehen, wodurch das ›Gewicht‹ der einzelnen Genres und gleichzeitig der Zugang zu weniger eingängigen Werken erleichtert werden soll.

Mit der mitternächtlichen Reihe WDR 3 open ist 2001 eine Sendeform hinzugekommen, die, wie der Name schon andeutet, offen und experimentell ist. Im Mittelpunkt stehen hier schwerer zugängliche Bereiche vor allem aus heutiger Musik und Literatur, die jedoch nicht in klassischer Feature-Weise mit Informationen versehen werden, sondern spielerisch, assoziativ alle Klangkunst-Möglichkeiten des Radios ausnutzen. Für den Bereich der Alten Musik konn-te13 das beispielsweise der Versuch sein, die historische Aufführungspraxis in Renaissanceliedern aus London auf ein entsprechend akustisch nachempfunde-nes London auszudehnen. Oder italienische Caccien des Trecento verbanden die atemberaubende Jagd der Maschinen eines Science-fi ction-Romans und Fugen für Player-Piano von Conlon Nancarrow zu einer »wilden Jagd-Collage«.14

Wie heißt es so schön: ›Sic transit gloria mundi‹ – während also vor 1998 Wort-Musik-Sendungen der Alten Musik nicht stattfi nden durften, ist seitdem die Verwendung von O-Tönen, Beiträgen, Interviews und allen akusti-schen Mitteln, die dem Radio zur Verfügung stehen, nicht nur gewünscht, son-dern Gebot. Weil der Aufwand so groß ist und man als Redakteur aus zeitlichen Gründen nur ausnahmsweise solche Sendungen selbst machen kann, werden sie in Auftrag gegeben. Im Gegensatz zu früher sind die Autoren jedoch nicht mehr Universitätsprofessoren und Musikforscher, sondern freie Mitarbeiter und Journalisten, die zwar größtenteils einen musikwissenschaftlichen Hintergrund haben, darüber hinaus aber auch auf die Vermittlung von Musik im Radio spe-zialisiert sind. – Womit sich auch das Berufsbild des Redakteurs verändert hat, dessen Büroalltag vor allem aus Organisation und Verwaltung besteht, und erst, wenn die überstanden, vielleicht noch eine Stunde oder zwei für die unmittel-bare Beschäftigung mit der eigentlichen Materie übrig ist: eine Entwicklung, die Barbara Schwendowius einst mit dem Seufzer kommentierte: »Ist denn die Musik an sich nicht mehr schön genug?«

Als Genresendungen, die zumindest zum Großteil Alter Musik ge-widmet sind, gibt es im WDR 3-Programm zur Zeit nur noch das abendliche Konzert, in dem regelmäßig Mitschnitte oder Live-Übertragungen eigener und fremder Konzerte gesendet werden, die Geistliche Abendmusik des Samstags, die seit 2004 Vesper heißt, und am Sonntagmorgen die Geistliche Musik, der ein

266

� I,16

4 Sendung vom Dienstag, den 14.4.1959, um 21.30-22.32(!) Uhr im UKW-Programm. 5 Gesendet am Sonntag, den 3.7.1955, um 23.15-24.00 Uhr im UKW-Programm. 6 Sendung vom Dienstag, den 5.7.1955, um 16.00-16.20 Uhr im UKW-Programm. 7 Sendung vom Samstag, den 2.7.1955, von 11.30-12.00 Uhr im UKW-Programm. 8 Gesendet in der Pause einer Konzertübertragung mit der Cappella Coloniensis am Donnerstag, den

5.9.1968, ab 20.00 Uhr im 3. Programm. 9 So in einer Opernübertragung aus der Wuppertaler Stadthalle am Mittwoch, den 22.6.1966, in der Zeit

von 20.00-23.00 Uhr im 3. Programm.10 Die auch nach 1968 weiterhin stetig zunehmende wöchentliche Sendezeit der Alten Musik erreichte 1995

ihren Höchststand: Inklusive der in größeren Abständen vorkommenden Sendungen wie z. B. Opern oder

Nachtmusiken errechnete Klaus L Neumann einen Durchschnitt von etwas über 1.000 Minuten. 11 Vgl. Susanne Ockelmann, Befreiung von der Neuen Musik? Über die WDR 3-Programmreform von

1998 und ihre Auswirkungen auf die Neue Musik, Diplomarbeit am Institut für Journalistik und

Kommunikationsforschung, Hannover 2000, S. 109ff.12 Vgl. Josef Eckhardt, Klassische Musik und das Kulturradio – Stand der Forschung, Köln 2003, S. 3ff.13 ›Konnte‹, weil aus Kapazitätsgründen seit 2003 die Alte Musik auf diesem Sendeplatz nicht mehr

experimentiert.14 Vgl. Ausschnitt auf CD 1, Track 16.

268

Bem er ku n gen zu d en a lt en Mu sikin st r u m en t en d es W D R

Friedemann Hellwig

Als Mitte der 1980er Jahre einige Stimmen in der Presse die Einrichtung eines Musikinstrumentenmuseums in der Stadt Köln forderten, da wurde in die Überlegungen auch der Bestand im Westdeutschen Rundfunk einbe zogen. Von hier allerdings kam eine klare und wohlbegründete Ablehnung: Die Instrumente im WDR seien keine Museumsstücke, sondern fänden laufend in den Produktionen Verwendung. In der Tat gibt es nirgendwo einen derart umfangrei-chen Bestand, der musikalisch intensiver eingesetzt wird.

Bald nach dem Ende des letzten Krieges hatte auch in Deutschland ein überaus reges Interesse an der Alten Musik eingesetzt, das seitdem nicht mehr aus dem Musikbetrieb fortzudenken ist. Damals war es – das wird heute gelegentlich vergessen – eigentlich keine neue Entwicklung, sondern eine, die seit den späten 1920er Jahren in Deutschland getragen wurde durch die langjährige Arbeit ver-schiedener Musiker wie Fritz Neumeyer, Gustav Scheck und August Wenzinger. Und Wenzinger war auch der erste Dirigent der Cappella Coloniensis, die seit ihrem ersten Konzert 1954 zum Vorbild des Bemühens um Authentizität bei der Aufführung barocker und frühklassischer Musik wurde. Neu war auch, dass eine Rundfunkanstalt, der Westdeutsche Rundfunk, die Initiative zur Gründung eines solchen spezialisierten Orchesters ergriffen hatte. Ein derartiges Orchester benö-tigte besondere Instrumente und damit auch besondere fi nanzielle Zuwendungen. Hier war es Eduard Gröninger, der als Sachverständiger die Ankäufe für die noch junge Cappella Coloniensis initiierte und zusammen mit Edmund Nick, dem damaligen Hauptabteilungsleiter Musik im NWDR Köln, die Bereitstellung ent-sprechender Mittel im Hause durchzusetzen wusste. Nick schrieb damals: »nach der Struktur des heutigen Musiklebens ist überhaupt nur der Rundfunk imstande, einen solchen Plan zur Durchführung zu bringen, denn es bedarf einer längeren Anlaufzeit und geldlicher Mittel, wie sie heutzutage eben nur dem Rundfunk zur Verfügung stehen. Dafür wird derjenige Sender, der es fertig bringt, sich das größte Ansehen erwerben«.

Dabei konnten die Initiatoren sich auf eine wichtige Tradition der deutschen Rundfunkanstalten berufen, nämlich die, dass die Mitglieder ihrer Orchester ihre Instrumente aus dem Besitz eben des jeweiligen Senders zur Verfügung gestellt bekommen. Für ein Barockorchester waren diese allerdings erst zu beschaffen. Dabei hatten sich die Ankäufe auf zwei Bereiche zu konzentrieren: auf Streichinstrumente, möglichst in barockem Zustand, und auf Blasinstrumente. Streichinstrumente mit annähernd originalen Hälsen und Griffbrettern in

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diesem Instrumentarium beschäftigten, nahm Otto Steinkopf eine besondere Rolle ein, da er als Fagottist der Berliner Philharmoniker und Mitglied der Cappella zum Spiel dieser Instrumente besonders befähigt war. Eine Beantragung zum Kauf von Dulcianen und Pommern war erfolgreich, zwei Dulciane und vier Pommer fi nden sich denn auch in der Inventarliste. Alle stammen aus der Werkstatt von Otto Steinkopf in Berlin. Dieser hatte die Möglichkeit genutzt, in der Staatlichen Musikinstrumentensammlung seiner Heimatstadt die Instrumente u. a. aus dem Besitz der Naumburger Kirche St. Wenzel eingehend zu untersuchen und als Modelle für seine Nachbauten zu verwenden. Mit diesen Ankäufen konnte sich die Cappella Coloniensis nun das Repertoire des Frühbarock und gar der Renaissance erschließen. Später ent wickelte Steinkopf, wieder vornehmlich nach Vorbildern in der Berliner Sammlung, Clarinettes d’amour und Barockfagotte, die er selbst in der Cappella vorstellte; kleine Justierungen daran konnte er idealerweise an Ort und Stelle durchführen. In der Folgezeit wurden historische Holzblasinstrumente von Otto Steinkopf auch durch die Firmen Moeck und Püchner angeboten. Immerhin tauchten gelegentlich auf dem Markt im Laufe der Jahre Instrumente auf; so wurden einige originale Querfl öten, Klarinetten und ein Doppelfl ageolett des 19. Jahrhunderts erworben und zum Einsatz in der Cappella gebracht. Kuriosa (aber auch sie sind kammermusikalisch in Konzerten genutzt worden) waren Stockblockfl öte und Stockquerfl öte (vgl. Abbildungen S. 277), beide ebenfalls aus dem 19. Jahrhundert.

Mit den Blechblasinstrumenten waren die Anfangsschwierigkeiten ähnlich. Einer der Pioniere auf der barocken Trompete und anderer Blechblas-instrumente war der Herforder Helmut Finke. Zusammen mit Walter Holy als erstem Trompeter saß er bald nach dem Krieg im Städtischen Orchester seiner Heimatstadt Herford. Nebenbei drehte Finke Mundstücke und führte kleine Reparaturen an Blechblasinstrumenten aus. Er machte sich zudem bald einen Namen als Erbauer historischer Instrumente, zuerst von Posaunen der Renaissance, dann von Trompeten. 1961/62 konstruierte er gemeinsam mit Otto Steinkopf eine runde Clarintrompete nach dem Vorbild des Porträts von Bachs Trompeter Johann Gottfried Reiche. Als aktiver Musiker bildete Finke mit Walter Holy und einem weiteren Bläser das Trompetenterzett der Cappella Coloniensis. Waldhörner als Natur- und Inventionsinstrumente stammten im wesentlichen aus der Werkstatt der Gebrüder Alexander in Mainz, die sich schon lange eines hervorragenden Rufes bei Solisten und Orchestermusikern erfreuten.

Wichtige Hinweise auf erwerbbare Instrumente kamen immer wieder aus dem Kreis der Orchestermitglieder und auch von außen. So war der Ankauf eines Paares barocker Pauken der Vermittlung von Nikolaus Harnoncourt zu verdanken. Die Ausstattung des Orchesters erfolgte verständlicherweise keinem festgelegten Plan, sondern man wartete in den meisten Fällen auf eine günstige Gelegenheit. Grundsätzlich wurden vor dem Ankauf eines älteren Instruments eine

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originaler Mensur waren eine große Seltenheit. So gelang der Erwerb entspre-chender Instrumente nur durch aufmerksames Beobachten des Marktes. Ein wichtiger Partner dabei war ein Mitspieler in der Cappella Coloniensis, der Stuttgarter Geigensammler Josef-Stefan Blum, von dem mehrere Instrumente übernommen werden konnten, darunter 1956 eine weitgehend original erhal-tene Violine von Januarius Gagliano, Neapel, aus dem Jahr 1747. Dabei wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der normale Etat zwar für den Ankauf von Orchesterinstrumenten ausgereicht habe, jetzt aber ein Solisteninstrument benötigt werde. Dieses wurde dem Konzertmeister der Cappella, Ulrich Grehling, zur Verfügung gestellt, nachdem dieser die Violine schon zuvor in drei Konzerten hatte spielen und erproben können. In ähnlicher Weise wurde eine ganze Reihe hochwertiger Streichinstrumente für die Aufführungen Alter Musik erworben, nachdem anfangs die Musiker zum Teil ihre eigenen, zumeist den Anforderungen dieses spezialisierten Orchesters nicht genügenden Instrumente benutzt hatten. In den Bestand des Orchesters kamen auch einige Raritäten, ebenfalls keine Museumsstücke, sondern Instrumente zum Gebrauch, darunter ein Pardessus de viole von Nicolas des Rousseaux aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts (erworben in einer Versteigerung bei Christie’s in London; vgl. die Abbildung S. 278), ein Kontrabass von Martin Hoffmann, Leipzig 1699, und ein Violone (große Bass-Viola da gamba) von Ernst Busch, Nürnberg um 1640 (angekauft aus Privatbesitz). Die anfängliche Größe des Streicherkörpers war mit 5–5–4–3–2 geplant worden und wurde später erweitert auf 6–6–4–4–2, womit zusätzliche Instrumente notwendig waren. Die Erwerbungen verteilten sich dadurch über einen größeren Zeitraum.

Bei Blasinstrumenten war es schwieriger, an geeignete Instrumente zu gelangen, zum einen, weil ba rocke Original-Instrumente auf dem Markt kaum angeboten wurden, zum anderen, weil zweihundert Jahre alte Holzblasinstrumente in der Regel durch intensives Spiel ›verbraucht‹ sind. Es gibt keine alten, spielbereiten Blockfl öten im Handel, und erst recht gilt dies für die älteren Instrumententypen wie Pommern und Dulciane der Renaissance. Nachbauten, Kopien von Instrumenten in Museen sind die Lösung. Unter den wenigen Instrumentenbauern, die sich mit

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Der Stuttgarter

Geigensammler und

-sachverständige

Josef-Stefan Blum

mit Gertraude

Hoff-Mommer

Viele Musiker waren damals dankbar für die Erfi ndung der Griffl öcher, Instrumentenbauer übernahmen sie in ihre Konstruktionen und machten dar-aus ein ganzes System solcher Hilfslöcher. Kritiker belächelten schon bald diese ›Entdeckung‹, die sie als eine zufällig an einem alten Instrument gefundene Verletzung bezeichneten. Aber selbst nach so vielen Jahren wollen viele Trompeter nicht auf diese ›Errungenschaft‹ verzichten.

Ein anderes Problem betraf die Streicher, von denen manche in den 1950er Jahren zwar auch noch im modernen Orchester Darmsaiten benutzten, die aber dennoch Schwierigkeiten mit der Beschaffung und Haltbarkeit insbeson-dere der obersten Saite auf der Violine hatten. Die WDR-Redaktion Alte Musik regte bei Saitenherstellern zu Versuchen an, die zu einer enormen Verbesserung des Saitenmaterials führten. Auch gab es zunächst nur wenige Bogenmacher, die Brauchbares für den Barockstreicher liefern konnten. Inzwischen hat sich dieser Zustand sehr verbessert; Bogenmacher wetteifern weltweit, alle Bedürfnisse der Orchestermusiker und Solisten zu erfüllen.

Claviere gehören zur Grundausstattung eines jeden Konzertsaales und natürlich auch eines Aufnahmeraumes in einer Funkanstalt. Speziell für die Zwecke der Alten Musik mussten entsprechende Anschaffungen gemacht werden, die weniger leicht zu tätigen waren als im Falle von modernen Konzertfl ügeln. Vor allem ein Cembalo für die Continuo-Partien des barocken Orchesters, aber auch für solistische Aufgaben war vonnöten. Das ›dienstälteste‹ Instrument ist die Kopie eines ehemals in der Kölner Heyer-Sammlung befi ndlichen Cembalos von Johann Heinrich Gräbner (d. J.) aus dem Jahr 1774 (vgl. Hubert Henkel, Kielinstrumente, Leipzig 1979, S. 99f.). Die Kopie ist mit den Mitteln und dem Wissen der 1950er Jahre nach dem Vorbild eines ›Reformcembalos‹ hergestellt, modernisiert im in-neren Aufbau und nachempfunden im Äußeren, dazu mit Leder bekielt. So ist das zunächst in aller Welt bei den Reisen der Cappella bestaunte Instrument unver-sehens selbst ein Museumsstück geworden – ein schönes Möbel, das aber dumpf und unfl exibel klingt. Sollte einmal ein Werk für zwei Cembali zur Aufführung gelangen, so musste ein weiteres Instrument aus privatem Besitz geliehen werden. Häufi g war es Fritz Neumeyer, der mit Instrumenten seiner in Freiburg bzw. Bad Krozingen beheimateten Sammlung aushalf (ihn hatte Rudolf Dobernecker als Restaurator unterstützt, so dass Neumeyer eine größere Zahl spielbarer origi-naler Cembali und Nachbauten besaß). Das Gräbner-Cembalo wurde endlich 1976 durch eine wunderbar klingende Kopie nach Pascal Taskin (1723–1793) aus der Pariser Werkstatt des amerikanischen Cembalobauers William Dowd ersetzt (der eigentliche Erbauer war Reinhard von Nagel, der damalige und langjährige Werkstattleiter Dowds in Paris). Gustav Leonhardt, der niederländische Cembalist, riet auf Befragen der Redaktion sehr zu diesem Ankauf. Das Instrument hat sich als überaus strapazierfähig sowie hervorragend stimmhaltend erwiesen und leistet seit seiner Überführung nach Köln vorzügliche Dienste. In den Jahren 1980 bis

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oder mehrere Expertisen eingeholt. Das verlangt allein schon die Einkaufsordnung des WDR. Dass dies oft zu Verzögerungen führte, während denen das anvisierte Instrument bereits anderweitig verkauft wurde, ist verständlich. Glücklicherweise kamen die Verkäufer dem WDR aber häufi g entgegen. Andererseits war es bei Versteigerungen möglich, Instrumente als ›Kunstwerke‹ ohne Gegenangebot ›freihändig‹ zu erwerben, da es ja keinen weiteren Anbieter gab. Umständlich und bürokratisch aufreibend waren Ankäufe aus dem Ausland zu einer Zeit, in der die europäischen Zollgrenzen noch lange nicht gefallen waren. Alle Anschaffungen wurden prinzipiell durch die WDR-Musikredaktion getätigt; anschließend wur-den die Instrumente je nach ihrer Qualität den einzelnen Spielern zugeteilt. Waren Eingriffe wie z. B. die Wiederherstellung eines barocken Spielzustandes nötig, so erfolgten diese in Abstimmung mit dem jeweiligen Spieler. Dieser nahm dann das Instrument in seinen Besitz (nicht in sein Eigentum!).

Das Musizieren auf diesen Instrumenten, heute für viele Musiker eine Selbstverständlichkeit, war in den ersten Jahren der Pfl ege Alter Musik beim WDR ein ständiger Prozess des Lernens, vor allem aber des Entdeckens. Für die Holzbläser bedeutete dies, Griffe für ein in der Tonhöhe sauberes und in der Tonqualität an-sprechendes Spiel zu fi nden. Dass manche altgediente Oboisten sich weigerten, auf solchen ›Stuhlbeinen‹ zu spielen, verwundert denn auch nicht. Für einige von ihnen stand davor noch das Schneiden bzw. Herstellen brauchbarer Rohrblätter. Für die Redaktion Alte Musik bedeutete die Entwicklung im barocken Instrumentenbau, stets nach jüngeren, aufgeschlossenen Musikern Ausschau zu halten. Selbst die scheinbar unkomplizierten Querfl öten verlangten dennoch immer wieder nach Verbesserungen, die bis in die 1990er Jahre hinein erfolgten. Ähnliche Bemühungen gab es auch um die barocke Blockfl öte, die unter anderen von Hans Conrad Fehr in der Schweiz entwickelt und in die Cappella Coloniensis eingebracht wurde; von diesem konnte man auch eine wohlklingende Altblockfl öte aus Elfenbein zum solistischen Spiel erwerben, ein Material, das damals noch nicht unter Artenschutz gestellt worden war. Ähnliches gilt für die Ausstattung der Cappella mit Klarinetten in barocker Stimmlage – hier haben sich die beiden immer wieder einmal verbesser-ten Instrumentensätze des Innsbruckers Rudolf Tutz bewährt.

Für die Trompeter mit ihren Clarininstrumenten erwies sich eine be-sondere ›Entdeckung‹ als ein wahrer Segen: Gefunden worden war bei einem alten Instrument das berühmte kleine Löchlein, das, war es offen, an dieser Stelle der Röhre die Bildung eines Schwingungsknotens und damit das sichere Treffen gewisser Partialtöne unterstützte. Die Cappella Coloniensis konnte mit den so ausgestatteten Trompeten ab 1961 weltweit erstmalig barocke Orchestersuiten in echter Clarinlage realisieren, ohne die sogenannte ›Bach-Trompete‹ einsetzen zu müssen, die winzige Ventiltrompete mit strahlendem Glanz, mit der welt-weit ›Startrompeter‹ gastieren – eine dubiose Erfi ndung des 19. Jahrhunderts, ohne die klangliche Verschmelzungsfähigkeit der Naturtrompeten in Clarinlage.

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reizvoll. Der Haupt-Unterschied liegt in der Mechanik, die in England als Stoßmechanik mit Auslösung gebaut wurde, in Wien dagegen als Prellmechanik. In jener ist der Hammer vom Spieler weg, in dieser zum Spieler hin gewendet. Dadurch schlägt der Hammer an jeweils anderen Stellen gegen die Saite: in England weiter weg vom Steg und damit grundtöniger und voluminöser, in Wien näher am Steg und dadurch heller, brillanter und transparenter im Klang. 1825 stellt Conrad Graf, der sicherlich bedeutendste Klavierbauer jener Zeit, Beethoven ein Instrument seiner Werkstatt zur Verfügung. Ein anderes erhalten Robert und Clara Schumann zu ihrer Hochzeit, Chopin spielt 1829 in Wien ein Konzert auf einem solchen; Danhausers Gemälde von Franz Liszt zeigt den Pianisten an einem Graf-Flügel. Das WDR-Instrument aus der Wiener Werkstatt stammt aus den Jahren 1821/22. Der Vergleich zwischen dem Klang eines Broadwood-Flügels und einem von Conrad Graf ist so mit dem Instrumentarium des WDR sehr schön möglich. Mit diesen beiden Instrumenten ist somit die ganze hochklassische und romantische Klaviermusik in idealer Weise darstellbar.

Das zierlichere Instrument von Johan Lodewijk Dulcken aus München, gebaut 1793, ist der früheren Musik der Klassik vorbehalten. Es ist ganz der Tradition des Johann Andreas Stein aus Augsburg verpfl ichtet, sowohl im inneren Aufbau, im Äußeren wie auch in der Mechanik. Stein hatte die Prellmechanik mit Auslösung entwickelt; eine Besonderheit der Stein’schen Mechanik, die sich bei Dulcken wiederfi ndet, ist die Lagerung der Hammerachse in Filz, um durch Reibung in diesem Lager die Hammerbewegung ein wenig zu zügeln. Zusätzlich verwendet Dulcken ›Fänger‹ zum Einfangen des Hammerkopfes, nachdem dieser die Saiten angeschlagen hat, die Taste aber noch weiter gedrückt bleibt. Ein der-artiges Instrument ist ideal für die Musik C. Ph. E. Bachs, Haydns, Mozarts und des frühen Beethoven. Mit ihm lässt sich auch das Klangbild eines klassischen Klavierkonzerts, gerade in Verbindung mit einem entsprechenden Orchester, überzeugend darstellen. Nicht ein riesiges, klanggewaltiges Instrument ist dafür nötig, sondern eines, das aller Nuancen fähig ist und sich doch gegenüber einem Orchester zu behaupten vermag.

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1993 wurden weitere Instrumente aus derselben Werkstatt angeschafft, zunächst ein kleines und dann zwei große Modelle nach Vorbildern des 17. Jahrhunderts in italienischer Manier sowie eines nach Michael Mietke, wie es vermutlich 1719 von Johann Sebastian Bach erworben worden ist. Daneben gab es noch zwei Instrumente aus der Werkstatt Neupert, Bamberg: ein Modell Hemsch und ein Modell Bach, dieses sogar mit Pedal – beide nicht für die Alte Musik bestimmt, sondern für das WDR-Sinfonieorchester.

Die stürmische Entwicklung des Spieles auf Cembali und Hammerfl ügeln sowie die damit einhergehenden Bemühungen um authentische Klangbilder der Instrumente unterschiedlicher Schulen bewegten die Verantwortlichen zum Erwerb von Originalen. Zehn solche Tasteninstrumente aus den Jahren 1678 bis um 1866 befi nden sich gegenwärtig im Besitz des WDR (siehe die nachfolgenden kurzen Beschreibungen und Abbildungen), darunter zwei Cembali. Alle bis auf eine unrestauriertes sind spielbar und sämtlich in zahlreichen Aufnahmen vielfach musikalisch dokumentiert. Das älteste Instrument ist ein italienisches Cembalo, hervorragend geeignet für die Musik bis ins 18. Jahrhundert hinein.

Die Schwierigkeiten des Umgangs mit verschiedenen Gattungen alter Instrumente, wie oben geschildert, gibt es naturgemäß bei alten Clavieren in ent-sprechender Form. Hier ist es vor allem den Klaviertechnikern des Senders zu dan-ken, dass die Instrumente nach deren (außer Haus durchgeführten) Restaurierung in einem spielbaren Zustand gehalten werden können – und das auch für die Ansprüche moderner Aufnahmetechnik, die keine quietschenden Pedale, sir-renden Saiten und klirrenden Hämmer duldet. Zugleich wird von den WDR-Technikern ein einfühlsamer Umgang mit diesen Klavierinstrumenten verlangt, der jeder Versuchung einer Modernisierung zugunsten leichterer Handhabbarkeit widersteht. Jedes einzelne dieser Tasteninstrumente fordert ein eigenes Repertoire, um die jeweils besten klanglichen Ergebnisse zu erbringen. Mit zwei originalen Cembali ist sicherlich nicht jeder Musik gerecht zu werden, dennoch bietet sich gerade das italienische Instrument für Kompositionen eines größeren musikali-schen Zeitraumes an, der das 16., 17. und noch die Anfänge des 18. Jahrhunderts umfasst. Das englische Instrument aus der Werkstatt von Jacob und Abraham Kirckman, London 1777, eignet sich dagegen für die frühklassische Musik, lädt aber durchaus auch zum Spiel der barocken Musik des 18. Jahrhunderts ein; gera-de das Doppelmanual des Kirckman-Flügels kommt dieser entgegen.

Den Hammerinstrumenten lässt sich die Musik noch gezielter zuordnen. Nur zwei Beispiele: 1817 erhält Ludwig van Beethoven einen Flügel der Firma Broadwood zum Geschenk. Beethoven kannte also die klanglichen Möglichkeiten dieser robusten Instrumente sehr gut, die Darstellung seiner Musik auf einem solchen englischen, nicht-wienerischen Instrument bietet sich damit an. Das Instrument von John Broadwood & Son im WDR-Besitz stammt aus dem Jahr 1804. Dies ist auch als klanglicher Kontrast zu den in Wien entstandenen Klavieren

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� I,5

Firmenschild

eines WDR-

Tafelklaviers

(Beschreibung

s. S. 285)

St o ckb lo ckflö t eDeutschland, ca. 1840–1850Aus Ebenholz. Elfenbeinerne Kappe mit zwei nebeneinanderliegenden Löchern zum Anblasen. Kopfteil mit Labium und unten einem Ring aus Elfenbein, die-ses Teil ausziehbar, vermutlich zum Stimmen des Instruments. Das restliche Instrument in einem einzigen Stück gefertigt, mit oben einem breiten Hornring, auf den noch einmal ein Elfenbeinring aufgezogen ist. 6 Griffl öcher. Klappen für c, c# (beide offen), d#/es, f (f#?), g# (fehlt jetzt), b, c#.Klappen aus Silber mit Metallpolstern, die jeweils durch ein Loch im Klappendeckel gesteckt und von oben her vernietet sind.Unterhalb der Griffl öcher doppelseitiges ›Venthole‹. Am unteren Ende eine Kappe aus Silberblech, an der Spitze mit Eisen verstärkt.Länge: 83,5 cm; Tonhöhe: a1 ca. 383 Hz (etwas mehr als ein Ganzton unter 440 Hz)

St o ckq u er flö t eDeutschland, ca. 1830–1850Ahorn. Wellenförmige Bemalung (?) in Längsrichtung über die gesamte Länge des Instruments. Oben eine schwarze Schraubkappe, darunter doppelseitiges Loch (mit Buchsbaumholz ausgebuchst) zum Durchziehen einer Schnur, an der das Instrument aufgehängt werden kann. 6 Griffl öcher, 1 Klappe für d#/es, doppelseitiges Venthole, darunter um 90° ge-dreht noch einmal ein doppelseitig angebrachtes kleines Venthole, unten mit einer Messingkappe.Länge: 91 cm; Tonhöhe: a1 ca. 466 Hz (ein Halbton über 440 Hz)

Par d essu s d e vio leNicolas des Rousseaux, Verdun, 1. Hälfte 18. JahrhundertHandschriftliches Etikett: »A[?] uerdun par nicolas || des rousseaux. 17.1[?]«Sechssaitig. – Decke aus Nadelholz, einfache, aufgemalte Einlage, Schalllöcher in C-Form. Zargen und Boden aus Ahornholz. Boden mit Einlage wie bei der

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In dem eingangs genannten Schreiben hatte Edmund Nick seine Forde-rung nach Unterstützung der Gründung eines barocken Orchesters in eine Vorhersage gekleidet, die in vielfacher Hinsicht eingetroffen und übertroffen ist: »Wir können mit der systematischen Produktion dieser [alten] Musik uns eine Ausnahmestellung schaffen, die mit Leichtigkeit den Ruhm aufwiegt und überrundet, den sich andere Sender, zum Beispiel durch die vordringliche Pfl ege neuer Musik geschaffen haben, zumal damit zu rechnen ist, daß an Stelle des Widerspruchs, dem die neue Musik unzweifelhaft nach wie vor ausgesetzt bleibt, hier seitens der Rundfunkhörer vorwiegend Zustimmung zu erwarten sein kann.« Schätzungsweise 1.200 Aufnahmen mit der Cappella Coloniensis und eine viel-fach größere Anzahl mit solistischer Musik für Tasteninstrumente belegen dies. Hier ist ein überaus qualitätvolles und in seiner Art einmaliges Tonarchiv für eine schier unendliche Folge von Sendungen erarbeitet worden. Der Kulturauftrag an die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten wird damit glänzend eingelöst. Was die Aufnahmen des WDR aber im Besonderen über die Jahre ausgezeichnet hat, ist ihre Vorbildfunktion, die von ihnen und den in Kooperation mit ver-schiedenen Firmen entstandenen Schallplatten und CDs ausgegangen ist und weiterhin ausgeht. Dieses Vorbild besteht in der Realisierung eines Klanges, wie er in alten Zeiten gewesen sein mag. Dabei ist dies nicht ein statisches Erlebnis, sondern ein über viele Jahre andauernder Prozess der Mühen und der Erfolge. Die Originalinstrumente, aber auch die immer wieder verbesserten Nachbauten haben darin einen überaus wichtigen, unentbehrlichen Platz. Zugleich ist über die eingeladenen Musiker das musikalische Können, der einfühlsame, sen-sible Umgang mit den alten Klangwerkzeugen verbreitet und an Schüler und Enkelschüler weitergegeben worden.

Es ist immer wieder gesagt worden, dass auch originale ältere Instrumente nicht den Klang ihrer Entstehungszeit wiedergeben können. Das ist richtig – und doch nur ein Teil der Antwort. Auch dort, wo – im Rundfunk – ein Instrument nur zu hören und nicht zu sehen ist, hat es doch eine fühlbare Aura um sich: die Aura des Zeitzeugen. Für die Spieler solcher Instrumente besteht das Besondere in den oft mühevollen, aber auch reich belohnten Erfahrungen mit einem nicht ›strom-linienförmigen‹ Werkzeug, das oft für jeden Ton eine eigene Klanggebung, einen eigenen Ansatz, einen eigenen Anschlag fordert und das am Ende auch den Hörer an seinem Rundfunkgerät mit einem Reichtum an Klang und Farbe beschenkt, wie er mit einem modernen Instrumentarium nicht erfahrbar ist.

D an ksagu n g Für ausführliche Gespräche zur Alten Musik im WDR und dem dazugehörigen Instrumentarium sowie die Bereitstellung verschiedener Dokumente danke ich Klaus L Neumann, Dr. Barbara Schwendowius und Paul Müller sehr herzlich.

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Clavicyt h er iu mLewis Jones, Harlow/Essex, England, 1981Kopie des Instruments in der Sammlung des Royal College of Music, London (Donaldson Collection, no. 1).Umfang rekonstruiert nach dem vermuteten Originalzustand: C, D, F, G, G#, A, B, H, c...g2.Das Instrument des Royal College gilt als das älteste erhaltene Kielinstrument überhaupt. Es ist vermutlich in Ulm entstanden und wird datiert um 1480.

Cem b aloItalien, 1678Signatur in Tusche außen auf dem Vorsatzbrett: »Luigi [fl orale Dekoration] de [Deko.] CarLi [!]« (evtl. als »CavLi« zu lesen), vermutlich ein Hinweis auf einen der Eigentümer. – Auf der Innenseite, ebenfalls in Tusche: »Francicus [!] Debbonis Cortonensi Fecit Romæ Anno Dñi 1678«.Inner-outer-Konstruktion. Äußerer Kasten bemalt mit Blumengirlanden. Die Innenseite des Deckels bemalt mit einer Hafenszene mit langgestreckten Gebäuden; vordere Deckelklappe mit Schiffen und Wracks. Der Kasten ruht auf einem fünfbeinigen Untergestell, reich dekoriert mit Rocaillen mit dazwischen gewundenen Blütenranken.Inneres Instrument aus Zypressenholz, Resonanzboden aus Nadelholz (vermutlich Tanne).Die gegenwärtige Klaviatur aus der Restaurierung von 1982 zeigt einen Umfang von C, F, F#/D, G, G#/E, A...c3; Untertasten belegt mit Buchsbaum, Obertasten aus Mooreiche. Springer aus derselben Maßnahme. Zwei 8’-Register. Der Familienname Debbonis ist möglicherweise eine Zusammenziehung von De Bonis. – Das Instrument hat vielfältige Eingriffe erlebt. Darauf weisen u. a. die verschiedenen Spuren der Stegposition auf dem Resonanzboden. Auch die noch erhaltene ältere Klaviatur mit einem Umfang von C–d3 ist offensichtlich

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Decke; an der Innenseite ein ca. 3 cm breites Stimmbrett zur Verstärkung. Die Verbindung von Zargen und Boden ist mit Leinenstreifen gesichert.Hals, Wirbelkasten und Kopf in Form eines umkränzten Kopfes aus Ahornholz. Der Wirbelkasten ist hinten offen. Wirbel aus Obstholz (?) vermutlich alt.Griffbrett und Saitenhalter aus Ahornholz (?), schwarz lackiert; letzterer an einen Pfl ock im Unterklotz angehängt.Gesamtmaß: 62,5 cm; Korpuslänge: 30,5 cm; Korpusbreiten: 15,5/11,0/18,7 cm; Schwingende Saitenlänge: 31,5 cm.Der Zustand des Instruments ist, abgesehen von einer Reparatur des Wirbelkastens, sehr gut.Nicolas des Rousseaux ist bekannt durch weitere kleine Viole da gamba von 1755 in der Berliner Sammlung (Coll. Snoeck, Nr. 465) und von 1758 in der Sammlung des Musikinstrumenten-Museums der Universität Leipzig (Nr. 790); Georg Kinsky nennt im Katalog der Sammlung Wilhelm Heyer, Köln (spä-ter Leipzig), ein weiteres derartiges Instrument in Pariser Privatbesitz. – Von Nicolas des Rousseaux ist bekannt, dass er 1747 die Tochter des Luthier Joseph Miraucourt heiratete (Kinsky).

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H am m er flü gelLouis Dulcken, München 1793Signatur in Form einer gedruckten Vignette auf dem Resonanzboden, links hin-ter der Dämpfung: »Louis Dulcken || Churfl : Hof = mechanischen[!] || Forte piano macher, || wohnhaft vor dem Kost Thoerl || in seiner eigenen Behausung c./v. No 39. || in München. [handschriftl.] 1793«. – Reparaturzettel: »Edwin Beunk || & || Johann Wennink || gerestaureerd in || Enschede || 2001«.Gehäuse mit Kirschbaumholz furniert, der Deckel aus massivem Holz derselben Art ist auf Rahmen und Füllung gearbeitet. 4 gedrechselte Beine. Umfang F1–f3. Wiener Mechanik in der Art des Johann Andreas Stein, aber mit Einzelfängern. Hämmer beledert. Untertasten mit Ebenholz, die Obertasten mit Knochen belegt. Besaitung durchgehend 2fach. Kastendämpfung.Veränderung: zweiarmiger Kniehebel zur Aufhebung der Dämpfung.Länge der Saiten für c2: 27,8 cm; Tastenbreite von 3 Oktaven: 47,2 cm.Louis Dulcken, Sohn des Antwerpener Cembalobauers Johan-Lodewijk Dulcken, wurde 1761 in Antwerpen getauft. Er verließ die Niederlande 1781, arbeitete ver-mutlich in Paris, zog später nach München und erwarb sich dort große Reputation; er starb im Jahr 1836. Ob – wie Details der Mechanik vermuten lassen – Dulcken tat-sächlich bei Johann Andreas Stein gearbeitet hat, konnte nicht nachgewiesen werden.

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nicht die originale. Ebenso weisen die Rechen oben und unten je 2 Schlitze für Springer mehr auf, als gegenwärtig genutzt werden; Entsprechendes gilt für die Wirbellöcher im Stimmstock. Trotz mancher ungelöster Frage zum ursprüngli-chen Bestand des Instruments und der früheren Eingriffe ist es von besonderer Klangschönheit.

Cem b aloJacob und Abraham Kirckman, London 1777Auf einer Leiste über der Klaviatur die Inschrift: »Jacobus et Abraham Kirckman Londini Fecerunt ’777«.Gehäuse aus Mahagoni. Untergestell mit 4 Beinen, untereinander verbunden mit Querstegen; daran befestigt für den linken Fuß ein Pedal.Umfang F1, G1–f3. 2 Manuale. Die Untertasten mit Elfenbein, die Obertasten mit Ebenholz belegt. Besaitung 8’ 8’ 4’. Register: auf dem unteren Manual 8’ (›dog-leg‹), 8’, 4’, auf dem Obermanual 8’ Nasal, 8’ (›dogleg‹), ›Lute Stop‹ (8’). Über der Klaviatur links drei und rechts zwei Handhebel zum Ein- und Ausschalten der Register. Handhebel in der Wandung links der Klaviatur und Pedal für den ›Machine Stop‹ zum schnellen Umschalten der Register.Saitenlänge c2: 34,1/32,7 cm; Klaviaturbreite über 3 Oktaven: 48,4 cm.Begründer dieser bedeutenden Werkstatt von Cembalobauern ist der Schweizer Jakob Kirchmann (1710–1792), der seinen Namen bei der Übersiedlung nach England zu Kirckman anglisierte. Vermutlich um 1772 nahm der kinderlose Jacob K. seinen Neffen Abraham K. (1737–1794) als Partner in die Firma auf; die Instrumente sind dann mit Jacob & Abraham Kirckman signiert.

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H am m er flü gelConrad Graf, Wien, um 1821/1822Von einem Messingrahmen eingefasstes Firmenschild über der Klaviatur: »Conrad Graf || Wien || Wieden No 182.« – Auf dem Resonanzboden in schwarzer Tusche (?): »OPUS 654 CONR. GRAF« in einem Rund angeordnet.Gehäuse mit Mahagoniholz furniert. Die Beine, Lyra und Pedale rekonstruiert. Staubboden nicht mehr vorhanden.Umfang C1–f4. Untertasten mit Elfenbein, Obertasten mit Ebenholz belegt. Wiener Mechanik, Fängerleiste für die belederten Hämmer, Kastendämpfung. Besaitung von C1–E1 umsponnen, doppelchörig, darüber 3chörig.Veränderungen (Pedale von links nach rechts): Verschiebung der Klaviatur; Fagott (C1–a1); Moderator; Dämpferhebung.Saitenlänge c2: 27,3 cm; Tastenbreite von 3 Oktaven: 48,0 cm.Conrad Graf eröffnete 1804 eine eigene Werkstätte. Ab 1824 durfte er den Titel eines »k. k. Hofpiano- und Claviermachers« führen. Graf belieferte u. a. Ludwig van Beethoven im Jahr 1825. Er zählt zu den besten Klaviermachern überhaupt und verbindet in besonderer Weise Klavierkompositionen und Klavierklang Wiens miteinander.

H am m er flü gelSébastien Erard, Paris 1839Auf dem Resonanzboden: »Par brevet d’invention || Erard, a Paris || No 14854«. – Auf dem Stimmstock links in Tinte: »...Sturtz [?] 1540 [?].« Der Name eines Werkmannes und eine interne Stücknummer? – Fabriknummer in Tinte in Verlängerung der Hammerreihe und Dämpfung: »14,584«; diese Zahl ist auch unten an der Deckelstütze eingeschlagen.Gehäuse mit Palisanderholz furniert; Kanten angesetzt und beschnitzt. 6 eiserne Spreizen und eiserne Anhängeplatte. 3 Balusterbeine. Lyra mit zwei Pedalen. Umfang C1–g4. Stoßmechanik mit doppelter Auslösung. Untertasten mit Elfenbein, Obertasten mit Ebenholz. C1–E1 doppelsaitig, mit umsponnenen Saiten, dann dreifach bezogen. Saitennummern auf der messingenen Wirbelplatte. Veränderungen: linkes Pedal Verschiebung bis due corde; rechtes Dämpferhebung.Saitenlänge c2: 30,5 cm; Klaviaturbreite über 3 Oktaven: 49,5 cm.Sebastian Erhard (1752–1831) aus Straßburg kam 1768 nach Paris und begrün-dete die berühmte Klavierbaufi rma. Wegen der umfangreichen Aufträge tat er sich mit seinem älteren Bruder Jean-Baptiste (1745–1826) zusammen. In den Revolutionsjahren musste Sébastien Erard für einige Zeit nach London auswei-chen, während sein Bruder die Pariser Firma weiterführte. Später leitete Jean-Baptistes Sohn Pierre die Geschäfte in England und Frankreich, die vor allem dank der Harfen (London) und der Flügel mit der noch von Sébastien entwickel-ten doppelten Auslösung in der Mechanik (Paris) große Anerkennung fanden.

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H am m er flü gelJohn Broadwood and Son, London 1804Auf dem Vorsatzbrett über der Klaviatur: »1804 || John Broadwood and Son || Makers to His Majesty and the Princesses || Great Pulteney Street, Golden Square || London.«– Fabrikationsnummer: »2844«.Gehäuse mit Mahagoni furniert bzw. massiv für den Deckel. Untergestell mit 4 Beinen, vorne am Quersteg 2 Pedale befestigt. 4 eiserne Spreizen zwischen Stimmstock und Damm.Umfang F1–c4. Stoßmechanik mit Auslösung. Durchgehend 3chörig besaitet. Veränderungen: Klaviaturverschiebung (linkes Pedal) bis una corda mit Riegel am rechten Klaviaturbacken zur Begrenzung auf due corde. Saitenlänge c2: 27,2 cm; Tastaturbreite über 3 Oktaven: 49 cm.Broadwood ist wohl die bedeutendste und produktivste Klavierbaufi rma Englands. Sie geht zurück auf den Schweizer Burkhardt Tschudi, anglisiert zu Burkat Shudi, der 1718 nach England kam. John Broadwood heiratete 1769 die Tochter Shudis und führte nach dessen Tod die Firma weiter, ab 1795 zusammen mit seinem Sohn James Shudi Broadwood (»John Broadwood and Son«); 1807 wird ein weiterer Sohn, Thomas, an der Firma beteiligt (»John Broadwood and Sons«).

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Tafelk lavierJohn Broadwood and Sons, London, um 1840Über der Klaviatur: »Patent || John Broadwood & Sons || Makers to their Majesties & the Princesses || Great Pulteney Street Golden Square || London«. – Fabrikationsnummer: »26.165«.Gehäuse aus Mahagoni. 4 kannelierte und geschnitzte Balusterbeine. Anhängeplatte schwarz bemalt mit goldenen Adern; 1 Spreize, in gleicher Weise dekoriert. 1 Pedal. Umfang F1–f4. F1–H1 umsponnen, einfach besaitet; darüber doppelsaitig. Stoßmechanik mit Auslösung. Auf einer Leiste vor der Mechanik ein gedruckter Zettel mit Stimmanweisung: »CAUTION TO THE TUNERS || ...«. Dämpfung F1–c2.Veränderung: Dämpferaufhebung durch Pedal.Saitenlänge c2: 29,2 cm; Klaviaturbreite über 3 Oktaven: 49,2 cm.Zur Firma Broadwood siehe unter Broadwood, Hammerfl ügel 1804.

H am m er flü gelCollard & Compagnie, London, ca. 1850Auf dem Stimmstock ein kleines Schild mit dem Namenszug »COLLARD & Co«. – Auf dem Stimmstock links die Fabrikationsnummer (?) »50766«.Gehäuse mit Mahagoniholz furniert. Unten offene Rastenbauweise. 3 Beine, Lyra mit 2 Pedalen. Eiserne, bronzierte Anhängeplatte, 4 Eisenspreizen mit Verbindung in den Rasten durch Löcher im Resonanzboden hindurch.Umfang C1–f4. Untertasten belegt mit Elfenbein, Obertasten mit Ebenholz. Englische (Stoß-) Mechanik. Besaitung 2chörig von C1–C#, 3chörig ab D. 2 Veränderungen: linkes Pedal Verschiebung der Klaviatur bis zu una corda, mit Riegel im rechten Klaviaturbacken zur Begrenzung auf due corde; rechtes Pedal zur Dämpferaufhebung.Saitenlänge c2: 29,4 cm; Klaviaturbreite über 3 Oktaven: 49,4 cm.1832 hatte Frederick Collard die traditionsreiche Firma Longman (später Longman and Broderip) übernommen; sie war in den 1760er Jahren gegründet worden und später u. a. unter der Regie von Muzio Clementi fi nanziell recht erfolgreich. Frederick Collard führte sie gemeinsam mit seinem Bruder William unter dem Namen »Collard and Collard« noch bis weit in die Viktorianische Zeit hinein.

O b er sch lägiger H am m er flü gelTheodor Stöcker, Berlin, ca. 1866Im Notenpult der Herstellername in Messing eingelegt: »TH. STÖCKER. || BERLIN.« – Auf dem Resonanzboden gedruckt (?): »Th. Stöcker || Königlicher. u. Sr. Kgl Hoheit des || Kronprinzen v. Preussen || Hof Pianoforte Fabrikant || BERLIN || Tempelhofer Ufer || MAGAZIN Koch Str. 37 [57?]«. – Links auf der Mechanik die Fabrikationsnummer »892«.

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H am m er flü gelFranz Rausch, Wien, 1839 oder späterSchild über der Klaviatur, aus Messing eingelegt in das Palisanderholz des Kämpfers: »FRANZ || RAUSCH || BÜRGER || IN || WIEDEN WIEN Nro 471«, darum herum »GOLDENE MEDAILLE AUSSTELLUNG 1839«. – Auf dem Resonanzboden ein bedrucktes Etikett aufgeklebt mit Medaillen und hand-schriftlich: »F. Rausch || No 171«. – In den Stimmstock bei der obersten Saite in den Basssteg eingeschlagen: »1730«.Gehäuse mit Nussbaumholz furniert. 3 Balusterbeine. Lyra mit 2 Pedalen.Umfang C1–g4. Wiener Mechanik mit Einzelfängern. Untertasten mit Elfenbein, Obertasten mit Ebenholz belegt. Hämmer befi lzt mit einer Lederschicht darü-ber. Kastendämpfung; Dämpfung für C1–e3; f3–g3 nur Attrappen oben auf dem Dämpferkasten; g#3–g4 keine Dämpfer. Besaitung 2fach (umsponnen) C1–F#1, ab F1 3fach. Veränderungen: Verschiebung bis due corde (linkes Pedal), Dämpferhebung (rechtes Pedal). Spätere Hinzufügung des Kniehebels für Betätigung eines Moderators. Saitenlänge c2: 28,6 cm; Klaviaturbreite über 3 Oktaven: 47,8 cm.Rausch ist als Gehilfe Conrad Grafs ab 1819 in den Geschäftsbüchern, 1823 als Mitarbeiter am Beethoven-Flügel nachweisbar. Die Gründung eines eigenen Geschäfts erfolgte 1839, noch im selben Jahr errang er eine Goldmedaille bei einer Ausstellung in Wien, 1859 ebenfalls eine in München.

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Gehäuse mit Palisanderholz furniert. Unten offene Rastenbauweise. 3 Balusterbeine. Lyra mit 2 Pedalen. – Resonanzboden nach hinten ansteigend. Bronzierte Anhängeplatte, 3 eiserne Spreizen mit Verbindung zum Rasten.Umfang A2–a4. Oberschlägige Stoßmechanik mit Auslösung. Hämmer mit Filzköpfen. Dämpfung A2–d3. Stimmwirbel für A2–h1 ganz vorne unterhalb der Klaviatur, für c2–a4 in der Anhängeplatte. Zettel mit gedruckter Anweisung zum Stimmen der oberen Saiten im Instrument.2 Veränderungen: linkes Pedal zur Verschiebung der Klaviatur, rechtes für die Aufhebung der Dämpfung.Saitenlänge c2: 29,0 cm; Klaviaturbreite über 3 Oktaven: 49,4 cm.Die oberschlägige Mechanik folgt der richtigen Überlegung, dass der Hammer nicht entgegen der Schwerkraft nach oben gegen die Saiten schlagen sollte, sondern besser mit ihr nach unten. Dennoch hat sich diese Art, die von verschiedenen Werkstätten – u. a. denen von Nannette Streicher & Sohn und Johann Baptist Streicher in Wien – gebaut wurde, nicht durchsetzen können.

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1 Arcangelo Corelli, Concerto grosso op. 6 Nr. 8 – Grehling, Schärnack, Stenzel, Neumeyer, Cappella Coloniensis/Wenzinger DG Archiv AP 13046a ©1955

2 Georg Friedrich Händel, Alcina – Sutherland, Wunderlich, Monti, Procter, van Dijck, Hemsley/Kölner Rundfunkchor/Cappella Coloniensis/Leitner (1959) Melodram 022 (3 LP) [©1980]; Rodolphe RPC 32563-4 (2 CD) [©1989]; Verona 27011-3 (3 CD); Myto records 905.29 ©1990

3 Georg Friedrich Händel, Concerti grossi op. 3 Nr. 1-4b – Scheck, Linde, Fest, Winschermann, Steinkopf, Göldner, Grehling, Vorholz, Münch-Holland, H. Mueller, Neumeyer, E. Müller/Cappella Coloniensis des WDR/Wenzinger DG Archiv 14239 APM; Stereo: SAPM 198017 ©1959

4 Georg Friedrich Händel, Concerti grossi op. 3 Nr. 4a-6, Concerto C-dur (Alexanderfest) – Cappella Coloniensis des WDR/Wenzinger DG Archiv 14240 APM; Stereo: SAPM 198018 ©1959

5 Arcangelo Corelli, Concerti grossi op. 6 Nr. 1 & 3 – Das Collegium musicum des Westdeutschen Rundfunks Harmonia mundi HM 25 140 ©1960

6 Michael Haydn, Lauft, ihr Hirten, allzugleich; Wolfgang Amadeus Mozart, Kirchensonaten KV 244, 328, 336 – Giebel/Ewerhart/Aachener Domsingknaben/Collegium musicum des Westdeutschen Rundfunks/Pohl Harmonia mundi 25141 ©1960

7 Wolfgang Amadeus Mozart, Serenade D-dur KV 203, Marsch KV 237 – Grehling, Cappella Coloniensis/Leitner DG Archiv 198 363 ©1965

8 Joseph Haydn, Sinfonie Nr. 88 G-dur/Michael Haydn, Sinfonie D-dur, P. 21 – Cappella Coloniensis/Wich FSM Toccata 53630 ©1978

9 Antonio Vivaldi, La Senna Festeggiante, RV 693 – Cuberli, Müller Molinari, Nimsgern/Cappella Coloniensis/Scimone Fonit Cetra Italia ITL 70053 (2 LP) ©1978; CD: PMS CDC 25 (2CD)

10 Antonio Vivaldi, 8 Concerti per strumenti varii – Cappella Coloniensis/Ferro Fonit Cetra/Italia ITL 70063 (2 LP) ©1978; CD: Italia CDC 35 ©1988 [6 Concerti/2 Concerti] Italia CDC 11 ©1986

11 Jean-Philippe Rameau, Zais – Elwes, Kweksilber, van Egmond, Thomas, v.d. Sluis, Marsh, Jacobs/Petite Bande/Collegium vocale Gent/Leonhardt éditions STIL 1010 S 77 (4 LP) ©1978; CD: 1010/1810/1210 SAN 77 (3CD) ©1988

12 Gioacchino Rossini, Tancredi – Cossotto, Cuberli, Hollweg, Ghiuselev, Müller Molinari, Rizzi/Cappella Coloniensis/Ferro Fonit Cetra/Italia ITL 70070 (3 LP) ©1979

13 Georg Friedrich Händel, Partenope – Petite Bande/Laki, Müller Molinari, Jacobs, Skinner, Hill, Varcoe/Kuijken EMI/dhm 1 C 157-99755/6 (4 LP) ©1979; Harmonia mundi France hm 20364/7

14 Johann Sebastian Bach, Motetten BWV 225-230 – Knabenchor Hannover/Collegium aureum/Hennig EMI/dhm 1 C 157-990901/2 (2LP) ©1980; CD: CDM 7692772 ©1988

15 Orlando di Lasso, Mehrchörige Motetten (Orlandi Lassi Sacri Cantiones) – Knabenchor Hannover/Collegium vocale Gent/Hespèrion XX/Savall, Herreweghe Astrée AS 57 ©1980

16 Antonio Vivaldi, Flötenkonzerte P. 76, 78, 79, 83, 440 – Schneider/Cappella Coloniensis/Ferro Ariola Eurodisc 202594-425 ©1981

17 Jean-Philippe Rameau, Pygmalion – Elwes, Yakar, Vanhecke, van der Sluis/La Petite Bande/Leonhardt EMI/dhm 1 C 065-99914 ©1981; CD: CDC 7 491322; dhm/BMG GD 77143 ©1990

18 Wolfgang Amadeus Mozart, Serenade B-dur KV 361 ›Gran Partita‹ – Mitglieder des Collegium aureum EMI/dhm 1 C 067-99919 ©1981; CDC 747818 2; dhm/BMG GD 77004 ©1990

19 Johann Sebastian Bach, Violinkonzerte a-moll BWV 1041/E-dur BWV 1042/d-moll BWV 1043 – Kuijken, van Dael/Petite Bande EMI/dhm 1 C 067-99743 ©1981; CD: CDC 7 47817 2; dhm/BMG GD 77006 ©1989

Diskogr aph ie der au f Sch allp lat te bzw. CD er sch ien en en Au fn ah m en

au s der Alte-Mu sik-Ar beit des Westdeu t sch en Ru n dfu n ks

Thomas Synofzik / Susanne Rump

Die für die Jahre von 1976-89 von Klaus L Neumann erstellte Liste wurde seit den 90er Jahren von Thomas Synofzik fortgeführt. Bei den Aufnahmen der 50er und 60er Jahre handelt es sich um separate Produktionen der Schallplattenindustrie mit WDR-Barockensembles. Die von verschiedenen Firmen auf den Markt gebrachte Alcina-Aufführung (2) ist eine illegale Verbreitung des Rundfunkmitschnitts. Seit den 70er Jahren entstanden überwiegend Coproduktionen, teilweise handelt es sich auch um Übernahmen durch die Schallplattenindustrie. Produzenten auf WDR-Seite waren vornehmlich Klaus L Neumann, Barbara Schwendowius, Richard Lorber, aber auch Eduard Gröninger, Hans Winking und Bernhard Wallerius.

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49 Johann Ludwig Bach, Kantaten (Mache dich auf, werde licht/Ja, mir hast du Arbeit gemacht/Er machet uns lebendig – Schlick, Nichols, Jochens, Varcoe/Jugendkantorei Dormagen/Das Kleine Konzert/Max Carus 63.117 ©1984

50 Johann Theile, Passion selon St. Matthieu – Equiluz, Varcoe, Covey-Crump, Potter/London Baroque/Medlam Harmonia mundi France HMC 1159 ©1984

51 Lamento d’Arianna (Monteverdi, Bonini, Pari, Costa, Antonio Il Verso, Rascarini) – Consort of Musicke/Rooley EMI/dhm 1 C 165-169504 3 (2LP) ©1984

52 Heinrich Schütz, Geistliche Chormusik 1648 – Knabenchor Hannover/Instrumentalensemble/Hennig EMI/dhm 1 C 157-16 9509 3 T (3LP) ©1984 CD (Auswahl): harmonia mundi GD 77171

53 Georg Friedrich Händel, Feuerwerksmusik/Concerto a due cori/Concerto F-dur – Cappella Coloniensis/Linde EMI/Electrola 1 C 067-2701281 ©1984

54 Girolamo Frescobaldi, Arie musicali – Figueras, Jacobs, Rogers, Schopper/Sonnleitner, Smith, Gohl EMI/dhm 1 C 065-1695241 T ©1984

55 Heinrich Isaac, Grands Motets Solennels – Chanticleer/Clemencic Consort/Clemencic Harmonia mundi France HMC 1160 ©1984

56 Silvius Leopold Weiß, Lautenwerke – Konrad Junghänel dhm IOM 691 ©1984; CD: EMI/dhm CDC 749617 2 ©1988; dhm/BMG GD 77217 ©1990

57 Tage alter Musik in Herne 1983 »Die Flöte« Dokumentation – Linde u. a.; Sour Cream; Amsterdam Loeki Stardust; Dickey/Jansen; Ensemble Janequin; Baroque Brass of London; Petite Bande; Preston, Woolley; Camerata Köln; Collegium aureum; B., S. und W. Kuijken/van Dael Stadt Herne (2LP) ©1984

58 Johann Sebastian Bach, Brandenburgische Konzerte – Amsterdam Baroque Orchestra/Koopman Erato/Harlekijn ZL 30494 EX (2LP) ©1984; CD ECD 88.054/55 (2CD)

59 Orlando di Lasso, Motets et Chansons – Hilliard Ensemble/Hillier EMI/Electrola 1 C 067-1436301 ©1984

60 William Byrd, Masses, Lamentations, Motets – Hilliard Ensemble/Hillier EMI/Electrola 1 C 157-2700963 (2LP) ©1984

61 Heinrich Schütz, Matthäus-Passion – Hilliard Ensemble/Hillier EMI/Electrola 1 C 067-2700181 ©1985

62 Domenico Scarlatti, Stabat mater/Francesco Cavalli, Salve Regina/Clemens non Papa, O Maria/Gesualdo, Ave dulcissima – Monteverdi Choir/English Baroque Soloists/John Eliot Gardiner Erato ZL 30962 ©1985; CD ECD 88087

63 Georg Friedrich Händel, Ballettmusik (Alcina/Il pastor fi do/Terpsichore) – English Baroque Soloists/John Eliot Gardiner Erato SL 30689 ©1985; CD ECD 88084

64 Tobias Hume, Poeticall Musicke – Figueras, Hillier/Hespèrion XX/Savall EMI/dhm 1 C 065-1695331 (Schola Cantorum Basiliensis Documenta) ©1985

65 Johann Sebastian Bach, Sonata d-moll und G-dur nach BWV 1001 und 1005; Suite D-dur nach BWV 1012 (Bearb. von G. Leonhardt) – Gustav Leonhardt EMI/dhm 1 C 067-1695218 ©1985

66 Heinrich Schütz, Il primo libro de Madrigali (1611) – The Consort of Musicke/Rooley EMI/dhm 1 C 067-1695271 ©1985; CD 16 9527 2

67 Georg Friedrich Händel, Alessandro – Jacobs, Boulin, Poulenard, Nirouet, Varcoe, de Mey, Bollen/Petite Bande/Kuijken EMI/dhm 1 C 157-1695373 (4LP) ©1985; CD CDS 747910 3 (3CD) ©1987

68 Eustache Du Caurroy, 23 Fantasies à 3, 4, 5 et 6 par-ties – Hespèrion XX/Savall Astrée AS 86 ©1985

69 Johannes Ockeghem, Requiem/Missa Mi-Mi – Hilliard Ensemble/Hillier EMI/Electrola 1 C 067-2700981 ©1985

70 Francesco Cavalli, Xerse – Jacobs, Nelson, Gall, Poulenard, Feldman, Elwes, de Mey, Wistreich, Nirouet, Visse, Mellon, Fauché/Instrumentalensemble/Jacobs Harmonia mundi France LP HMC 1175.78 (4LP); MC HMS 401175.78 (4MC); CD HMC 901175.78 (4CD) ©1985

71 Georg Friedrich Händel, Solomon – Watkinson, Argenta, Hendricks, Rodgers, Della Jones, Rolfe Johnson, Varcoe/Monteverdi Choir/English Baroque Soloists/John Eliot Gardiner Philips LP: 412612-1 (3LP), MC: 412612-4 (3MC); CD: 412612-2 (2CD) ©1985

72 All’Illustrissimi Signori Fuccari (I) – Musik aus der Zeit von 1573-1607, dem Hause Fugger gewidmet (Andrea und Giovanni Gabrieli, Orlando di Lasso, Carl Luython, Philippe de Monte, Jacopo Peeters) – The Consort of Musicke/Baroque Brass of London/Rooley EMI/dhm 1 C 065-1695541 ©1985; CD 7492342 (Auswahl aus I und II) ©1987

73 All’Illustrissimi Signori Fuccari (II) (Aichinger, Ferrabosco, Hans Leo und Jakob Haßler, Vecchi) – Consort of Musicke/Baroque Brass of London/Rooley EMI/dhm 1 C 065-1695551 ©1985; CD 7492342 (Auswahl aus I und II) ©1987

74 Bassedanze, Balli e Canzoni »A la Ferrarese«: Italienische Instrumentalmusik der Frührenaissance – Alta Capella und Citharedi Ensemble der SCB EMI/dhm 1 C 065-1695581 ©1985 (Schola Cantorum Basiliensis Documenta)

75 Johann Sebastian Bach, Messe h-moll, BWV 232 – Poulenard, Laurens, Jacobs, Elwes, van Egmond, van der Kamp/Collegium musicum van de Nederlandse Bachvereniging/Petite Bande/Leonhardt EMI/dhm 1 C 157-1695413 (2LP) ©1985; CD (567) 169541 8 (2CD); dhm/BMG 77040-2RG (2CD) ©1996

76 Tage alter Musik in Herne 1984 »Lauten, Harfen, Violinen« Dokumentation – Young/Cook/Gomez; Rooley; Smith; The Lute Group; Junghänel/Musica Antiqua Köln; Schlick, Blochwitz, van Egmond/Jugendkantorei Dormagen/Das Kleine Konzert/Max; Les Arts fl orissants/Christie; Ros/Buckley/North; London Baroque Stadt Herne (3LP) ©1985

77 Hildegard von Bingen, Symphoniae – Sequentia: Thornton/Tindemans EMI/dhm 1 C 067-1999761 ©1985; CD 7492512; dhm/BMG 77020 ©1989

78 Georg Philipp Telemann, 3 Konzerte (Wassermusik, Hamburger Ebb und Fluth u. a.) – Musica Antiqua Köln/Goebel Archiv Produktion 413 788-1 ©1985

79 Christian Erbach, Orgelwerke – Choralschola der Stiftspfarre Muri-Gries, Bozen/Jaud Motette Ursina M 10770 ©1986

20 Spielmann und Kleriker (um 1200) – SequentiaEMI/dhm 1 C 067-99921 ©1981

21 Henry Purcell, The Fairy Queen – Harrhy, Smith, Nelson, Priday, Penrose, Stafford, Evans, Hill, Varcoe, Thomas/English Baroque Soloists/Monteverdi Choir/Gardiner Archiv Produktion 2742 001 (3 LP) ©1982; CD: 419 221-2 (2CD) ©1987

22 Leonel Power, Messen und Motetten – Hilliard Ensemble EMI/Electrola 1 C 069-46403 ©1982

23 Johann Hermann Schein, Tänze und Lieder – Helling/Ricercare Ensemble/Piguet EMI/Electrola 1 C 069-46405 ©1982

24 Alessandro Stradella, Sinfonie & Sonate – Capella Clementina/Müller-Brühl Phonogram/Philips 9502 074 ©1982

25 Ludwig von Beethoven/Joseph Haydn, Folksongs of the British Isles – Griffett/Maier/Mandalka/Tracey EMI/dhm 1 C 069-99940 ©1982

26 Johann Sebastian Bach, 4 Orchestersuiten (Ouverturen) BWV 1066-69 – Petite Bande EMI/dhm 1 C 165-99930/31 (2LP) ©1982; CD; 199930 2/199931 2 (2CD); dhm/BMG GD 77008 (2CD) ©1990

27 Antonio Cesti, Orontea – Müller Molinari, Jacobs, Poulenard, Cadelo, Feldman, Bierbaum, James, de Mey, Sarti, Reinhart/Concerto vocale/Jacobs EMI1C069-99927T ©1982; CD: HMC 901100.02 (3CD) ©1987

28 Hildegard von Bingen, Ordo virtutum – Mockridge, Köper/Sequentia/Thornton EMI/dhm 1 C 165-99942/43 T (2LP) ©1982; CD: 7492498 (2CD); dhm/BMG GD 77051 (2CD) ©1990

29 Italienische Weihnachtskonzerte – Capella Clementina/Müller-Brühl Phonogram/Philips 9502 075 ©1982

30 Carl Philipp Emanuel Bach, Doppelkonzert Es-dur für Cembalo, Hammerklavier und Orchester/Sonatina II D-dur für 2 Cembali und 16 Instrumente – Collegium aureum/van Immerseel, Kelley EMI/dhm 1 C 067-99957 ©1982

31 Gioacchino Rossini, La Cenerentola – Valentini-Terrani, Araiza, Dara, Trimarchi, Ravaglia, Schmiege, Corbelli/Männerchor des WDR/Cappella Coloniensis/Ferro Fonit Cetra/Italia ITL 70089 (3LP) ©1982; CDS 79359 (M3 38606) (3LP); CD Fonit Cetra CDC 24 (3CD) ©1987

32 Gioacchino Rossini, L’Italiana in Algeri – Valentini-Terrani, Ganzarolli, Araiza, Dara, Corbelli, Bima, Rizzi/Männerchor des WDR/Cappella Coloniensis/Ferro Fonit Cetra/Italia ITL 70092 (3LP) ©1982; CBS 39048 (M359048) (3LP); Sony CD 39 048 (2CD)

33 Alessandro Scarlatti, Passio secundum Joannem – Jacobs, Widmer, Pushee/Basler Madrigalisten/Schola Cantorum Basiliensis/Jacobs EMI/dhm 1 C 069-99927 ©1982

34 Anthony Holborne, Lessons for Consort, Lute, Cittern and Orpharion – Piguet, Bailes/Ricercare Ensemble für alte Musik Basel EMI/dhm 1 C 069-99975 T ©1983

35 Jan Dismas Zelenka, Missa Dei Patris – Marburger Bachchor/Hessisches Bach-Collegium/Wehnert Carus 53.1260 (2LP) ©1983

36 Heinrich Ignaz Franz Biber, Missa Sancti Henrici u. a. – Knabensolisten, Griffett, Schopper/Regensburger Domspatzen/Collegium aureum EMI/dhm 1 C 067-99956 T ©1983; CD: CDC 7 49034 2

37 Jan Dismas Zelenka, Lamentationes Jeremiae Prophetae – Jacobs, de Mey, Widmer/Instrumental-solisten der Schola Cantorum Basiliensis EMI/dhm 1 C 165-99968/69 (2LP) ©1983

38 Georg Friedrich Händel, Hercules (A musical drama) – Tomlinson, Rolfe-Johnson, Walker, Smith, Denley/Monteverdi Choir London/English Baroque Soloists/Gardiner Archiv Produktion 2742 004 (3 LP) ©1983; CD 423 137-2 (3CD) ©1987

39 William Brade, Hamburger Ratsmusik um 1600 – Hespèrion XX/Savall EMI/dhm 1 C 165-999928/29 T (2LP) ©1983; CD: 749 2462

40 Orgelmusik in der Abteikirche Marienmünster (Müthel, Kellner, Krebs, Schübler, Vierling, Kirnberger, Rinck u. a.) – Rüdiger Wilhelm Coronata COR 1005 ©1983

41 Jean-Philippe Rameau, Zoroastre – Elwes, Reyghere, van der Sluis, Mellon, Reinhart, Bona, Verschaeve, Fauché, Cantor/Collegium vocale Gent/Petite Bande/Kuijken EMI/dhm 1 C 157-1 999813 (4LP) ©1983; CD: 7 49168 (3CD) ©1987

42 Heinrich Isaac, Die Kunst der Niederländer I – Hilliard Ensemble/Kees Boeke Consort/Hillier EMI/Electrola 1 C 069-1466921 ©1983

43 Philippe de Monte, Die Kunst der Niederländer II – Hilliard Ensemble/Kees Boeke Consort/Hillier EMI/dhm 1 C 069-1466921 ©1983

44 Josquin Desprez, Motets et Chansons – The Hilliard Ensemble/Hillier EMI/dhm 1 C 067-1435731 ©1984

45 Musik der Renaissance in Neapel (1442-1556) – Monserrat Figueras/Hespèrion XX/Savall EMI/dhm 1 C 067-1436291 ©1984

46 Henry Purcell, Fantasias for Viols – London Baroque/Medlam EMI/dhm 1 C 067-1436311 ©1984

47 Johann Sebastian Bach, 3 Sonaten und 3 Partiten – Sigiswald Kuijken EMI/dhm 1 C 157-1999603 (3LP) ©1984; CD: CDS 7492902 (2CD); CD dhm/BMG 77043 (2CD) ©1990

48 Trouvères. Höfi sche Liebeslieder aus Nordfrankreich – Sequentia EMI/dhm 1 C 157-1695013 (3LP) ©1984; CD: dhm/BMG RD 77155 (2CD)

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109 Carl Philipp Emanuel Bach, Kammermusik (3 Quartetten Wq 93-95, Flötensonate Wq 133) – Les Adieux EMI/dhm 1 C 067-7 49618 1 ©1988

110 English Songs of the Middle Ages – Sequentia dhm/EMI 1 C 067-749192 1 ©1988; dhm/BMG GD 77019

111 Johann Sebastian Bach, Johannespassion BWV 245 (Fassung 1724) – Prégardien, van der Kamp, Schlick, Jacobs, van der Meel, van Egmond/Chor und Orchester der Petite Bande/Kuijken dhm/EMI 1 C 157-749614 1 (2LP) ©1988; dhm/BMG GD 77041 (2CD) ©1990

112 Carl Philipp Emanuel Bach, Die Auferstehung und Himmelfahrt Jesu, Wq 240/Osterkantate Wq 244 – Schlick, Prégardien, Varcoe, Lins, Elliott, Schwarz/Rheinische Kantorei/Das Kleine Konzert/Max Capriccio C50 206/1-2 (2LP); 10 206/07 (2CD) ©1988

113 Carl Philipp Emanuel Bach, Klopstocks Morgengesang am Schöpfungsfeste,Wq 239/Auf, schicke dich recht feierlich, Wq 149/Anbetung dem Erbarmer, Wq 234/Heilig, Wq 217 – Schlick, Helling, Jochens, Schwarz/Rheinische Kantorei/Das Kleine Konzert/Max Capriccio 10208 (CD); C 27 208 (LP) ©1988

114 Carl Philipp Emanuel Bach, Gnädig und barmher-zig ist der Herr, Wq 250/Wer ist so würdig als du, Wq 222/Der Herr lebet, Wq 251 – Schlick, Helling, Jochens, Schwarz/Rheinische Kantorei/Das Kleine Konzert/Max Capriccio 10 209 (CD); C 27 209 (LP) ©1988

115 Carl Philipp Emanuel Bach, Konzert Es-dur für Cembalo, Hammerfl ügel und Orchester Wq 47/Konzert F-dur für 2 Cembali und Orchester, Wq 46 – Koopman, Mathot/Amsterdam Baroque Orchestra BMG/Erato ECD 75386 (CD) ©1988; 2292-45396-2 (CD)

116 John Blow, Venus and Adonis/Christopher Gibbons and Matthew Locke, Cupid and Death – Kirkby, Thomas, Tubb u. a./London Oratory Junior Choir/Instrumentalisten/The Consort of Musicke/Rooleydhm/EMI 1 C 157-749623 1 ©1988; CD 77117 (2CD)

117 Orlando di Lasso, How Excellent is Thy Name/Domine Dominus noster à 6/Adoramus te Christe/In pace, in idipsum/In hora ultima/Ad te levavi oculos meos/Te Deum laudamus/Praeter rerum seriem; Josquin Desprez, Missa Praeter rerum seriem/Resonet in laudibus/Pelli meae/Christus resurgens/Tibi laus, tibi gloria – King’s Singers EMI 749157 1 (LP); CDC 749157 2 (CD) ©1988

118 Orlando di Lasso, To All Things a Season (Bon jour et puis/Bon jour mon coeur/Dessus le marché d’Arras/Il était une réligieuse/Au feu, au feu/Paisible domaine/O vin en vigne/Vignon, vignon/La nuit froide et sombre/Quand mon mari vient de dehors/Toutes les nuits/Musica Dei donum optimi/Matona mia cara/Come la notte ogni fi ammella/Chi chili chi/Cantai hor piango/Ardo si, ma non t’amo/Hört zu ein news Gedicht/Ein guten Raht/Im Mayen/Omnia tempus habent – King’s Singers EMI 749158 1 (LP); CDC 749158 2 (CD) ©1988

119 Wolfgang Amadeus Mozart, Davidde penitente (KV 469)/Ave verum corpus (KV 618) – Laki, Fallien, Blochwitz/Nederlands Kamerkoor/Petite Bande/Kuijken dhm/EMI 1 C 067-747740 1 (LP) ©1988; CDC 747740 2 (CD); dhm/BMG GD 77045 (CD) ©1990

120 Concerto delle Donne (Luca Marenzio, Luzzasco Luzzaschi, Claudio Monteverdi, Barbara Strozzi, Giacomo Carissimi, Alessandro Scarlatti) – Consort of Musicke/Rooley dhm/EMI 1 C 067-7491351 (LP); CDC 749135 2 (CD) ©1988; dhm/BMG RD 77154 (CD) ©1991

121 Francesco Cavalli, Giasone – Chance, Dubosc, Bandi-telli, de Mey, Mellon, van der Kamp, Visse, Schopper, Delétré/Concerto vocale/Jacobs Harmonia mundi France HMC 901282.84 (3CD) ©1988

122 Vesperpsalmen des italienischen Spätbarock (Porpora, Dixit Dominus/Caldara, Laetatus sum und Salve Regina/Durante, Nisi Dominus) – Frimmer, Popken, van der Meel, Mertens/Kölner Kammerchor/Capella Agostino Steffani/Neumann Calig-Verlag CAL 50 875 (CD) ©1988

123 Henry Purcell, Dioclesian/Timon of Athens – Dawson, Fisher, Covey-Crump, Elliott, George, Varcoe/Monteverdi Choir/English Baroque Soloists/John Eliot Gardiner Erato ECD 75473 2CD ©1988; WEA 2292-45327-2 (2CD)

124 Tage alter Musik in Herne 1987 »Italien. Musik und Musiker« – Götz; Filippi; Ensemble 415/Banchini; Academy of Ancient Music; Poulenard, Feldman; Musica Fiata Köln; Laurens/Ensemble Aurora/Lins, Koslowsky/Rheinische Kantorei/Max Stadt Herne (4LP), ©1988

125 Dietrich Buxtehude, Kantaten (Alles was ihr tut/Befi ehl dem Engel, Erhalt uns, Herr/Nimm von uns, Herr/Der Herr ist mit mir) – Instrumentalisten/Kammerchor des Bach-Chores Siegen/Stötzel Cantate CAN 760 001 ©1988

126 Johann Sebastian Bach, Partita BWV 1004 und Sonate BWV 1013 für Laute – Hopkinson Smith dhm/EMI CDM 7 69553 2 ©1989

127 Johann Caspar Kerll, Konrad Paumann, Arnolt Schlick, Hans Buchner, Hans Kotter, Paul Siefert, Heinrich Scheidemann, Johann Jacob Froberger, Dietrich Buxtehude, Hans Leo Hassler, Christian Erbach: Europäische Orgellandschaften: Kiedrich – Ton Koopman Capriccio CD 10228 �1988 ©1989

128 Luigi Rossi, Oratorio per la settimana santa/Un pec-cator pentito – Mellon, Feldman, Vallin, Visse, Darras, Honeyman, Laplénie, Cantor, Fauché, Sicot/Les Arts fl orissants/Christie Harmonia mundi France CD HMC 91297 ©1989

129 Luys de Narváez, Los seys libros del Delphin de musica – Hopkinson Smith Astrée/Auvidis E 8706 CD ©1989

130 Ernest-André Modeste Grétry, Le Jugement de Midas (Ausschnitte) – Elwes, van der Sluis, Gari, Bastin, Verschaeve/Petite Bande/Leonhardt Ricercar RIC 063033 (CD) ©1989

131 Carl Philipp Emanuel Bach, Sonaten und Fantasien – Andreas Staier dhm/BMG RD 77025 (CD) ©1989

132 Johann Sebastian Bach, Clavierfantasien – Andreas Staier dhm/BMG RD 77039 (CD) ©1989

133 Brandenburgische Orgelreise (Angermünde, Klein-Glien, Wusterhausen, Belzig, Neuzelle) – Swanton, Götz, Kooiman, Kelley FSM Studio XVII FCD 96506/07 (2CD) ©1989

134 Johann Sebastian Bach, Flötensonaten – B. Kuijken/M. Hantai/S. Kuijken/W. Kuijken/Leonhardt dhm/BMG RD 77026 (2CD) ©1989

80 Luigi Boccherini, Klavierkonzert Es-dur John Field, Rondo As-dur Johann Schobert, Klavierkonzert G-dur – Eckart Sellheim/Collegium aureum/Maier EMI/dhm 1 C 067-16 9562 1 ©1986; CD 747527 2

81 Johann Hermann Schein, Banchetto musicale – Hespèrion XX/Savall EMI/Electrola 1 C 067-27 0384 1 ©1986; CD 7942242

82 Giovanni Pierluigi da Palestrina, Canticum canticorum/Madrigali spirituali – Hilliard Ensemble EMI/Electrola 1 C 067-27 0319 3 (2 LP) ©1986

83 Danziger Orgelmusik (16.-18. Jahrhundert) – Oskar Gottlieb Blarr dhm IOM 755 D ©1986

84 Christoph Willibald Gluck, Le Cinesi – Poulenard, Banditelli, von Otter, de Mey/Orchester der Schola Cantorum Basiliensis/Jacobs EMI/dhm 1 C 065-169575 1 ©1986; CD CDC 747752 2

85 Ascanio Mayone, Primo e secondo libro di diversi cap-ricci – Christopher Stembridge EMI/dhm 1 C 157-16 9550 3 (2LP) ©1986

86 Antonio de Cabezón, Spanische Instrumentalmusik zur Zeit Karls V. – Hespèrion XX/Savall EMI/Electrola 1C 067-27 0385 1 ©1986

87 Orlando di Lasso, Psalmi Davidis Poenitentiales (Bußpsalmen) – Hilliard Ensemble/Kees Boeke Consort EMI/Electrola 1 C 157-27 0424 3 (2LP) ©1986

88 Georg Friedrich Händel, Tamerlano – Ragin, Robson, Argenta, Chance, Findlay, Schirrer/English Baroque Soloists/John Eliot Gardiner Erato NUM 75278 (3LP) ©1986; CD ECD 88220 (3CD)

89 Carl Philipp Emanuel Bach/Wilhelm Friedemann Bach, Konzerte für 2 Cembali – Staier, Hill/Musica Antiqua Köln/Goebel Archiv Produktion 419 256-1; CD 419 256-2 ©1986

90 Die Familie Bach vor Johann Sebastian. Kantaten (Johann Michael Bach, Georg Christoph Bach, Johann Christoph Bach, Heinrich Bach) – Rheinische Kantorei/Musica Antiqua Köln/Goebel Archiv Produktion 419 253-1 (2LP) ©1986; CD 419 253-2 (2CD)

91 Tage alter Musik in Herne 1985 »Cembalo und Hammerfl ügel« Dokumentation – The Consort of Musicke/Rooley; Chanticleer/Botto; Black; Christie; The London Fortepiano Trio; Badura-Skoda; Fábian, Szakály Stadt Herne (3LP) ©1986

92 Johann Sebastian Bach, Mein Herze schwimmt im Blut e.a. – Kirkby/London Baroque e.a. Stiftung Volkswagenwerk/dhm HM 803 (2LP) ©1986

93 Johann Grabbe, Il primo libro de madrigali – Consort of Musicke/Rooley MD+ G LP: G1220; CD: L3220 CD ©1986

94 Andreas Hammerschidt, 4 Suiten aus der Sammlung »Erster Fleiß« – Hespèrion XX/Savall dhm IOM 792 A ©1987

95 Francesco Geminiani, 6 Concerti grossi – Petite Bande/Kuijken EMI/dhm 1 C 067-16 9591 ©1987; CD CDC 747656 2

96 Carl Philipp Emanuel Bach, Sonatinen für Cembalo (Hammerfl ügel) und Instrumente – Black, Kelley/Collegium aureum EMI/dhm 1 C 067-16 9598 1 ©1987; CD CDC 747655 2

97 Georg Philipp Telemann, Sonaten aus »Der Getreue Music-Meister« und Essercizii musici – Camerata

Köln EMI/dhm 1 C 067-16 9596 1 ©1987; CD dhm/BMG GD 77153 ©1990

98 Wolfgang Amadeus Mozart, Sonaten KV 296, 376, 378, 379 für Klavier und Traversfl öte – Linde/Nicholson EMI Electrola 1 C 067-27 0548 1 ©1987

99 Domenico Scarlatti, [15] Sonaten für Cembalo – Virginia Black EMI/dhm 1 C 067-169597 1 ©1987; CD: CDC 757654 2

100 Georg Philipp Telemann, Bläserkonzerte – Musica Antiqua Köln/Goebel Archiv Produktion 419 633-2 (CD) ©1987

101 Alessandro Scarlatti/Antonio Lotti, Madrigali – Consort of Musicke/Rooley EMI/dhm 1 C 067-16 9614 1 ©1987; CD: CDC 749189 2; dhm/BMG RD 77194 ©1991

102 Sigismondo d’India, Il terzo libro de madrigali (1615) – Consort of Musicke EMI/dhm 1 C 067-16 9624 1 ©1987; dhm/BMG RD 77119 (CD) ©1991

103 Carl Philipp Emanuel Bach, Die letzten Leiden des Erlösers – Schlick, de Reyghere, Patriasz, Prégardien, van Egmond/Collegium vocale Gent/Petite Bande/Kuijken EMI/dhm 1 C 157-16 9602 3 (2LP); CD CDS 747753 8 (2CD) ©1987; dhm/BMG GD 77042 (2CD) ©1990

104 Johann Adolf Hasse, Cleofi de – Kirkby, Mellon, Wong, Ragin, Visse, Cordier/Rheinische Kantorei/Cappella Coloniensis/Christie Delta/Capriccio C 27 193/96 (4LP); CD 19183/96 (4CD) ©1987

105 Tage alter Musik in Herne 1986 »Trompeten, Flöten und Schalmeien« – Hünteler/Möller/Koopman; Keavy; Camerata Köln; Nelson/Wong/Staier/Junghänel; Schopper, His Majesties Sagbutts & Cornetts; La Dada; Petite Bande/Kuijken Stadt Herne (3LP) ©1987

106 Dietrich Buxtehude, »Membra Jesu nostri« – Schlick, Frimmer, Chance, Prégardien, Kooy/Knabenchor Hannover/Amsterdam Baroque Orchestra/Koopman Erato CD: ECD 75378 ©1987

107 Dietrich Buxtehude, Kantaten – Schlick, Frimmer, Chance, Jacobs, Prégardien, Kooy/Knabenchor Hannover/Amsterdam Baroque Orchestra/Koopman Erato CD: ECD 75374 (3CD) ©1987

108 Carl Philipp Emanuel Bach, Sämtliche Flötensonaten – Hünteler/Bijlsma/Ogg MD+ G L 3284/85 (2CD) �1986/87 ©1987

292 293

172 Carl Philipp Emanuel Bach, Oboenkonzerte – Ebbinge/Amsterdam Baroque Orchestra/Koopman Erato 2292-45430-2 ©1990

173 Jacobus Arcadelt, Madrigali (v. a. aus Primo Libro 1538/39) – Consort of Musicke/Rooley dhm/BMG RD 77162 ©1990

174 Kultur NRW vor Ort 1990 – Kelley/Penrose/The English Consort of Viols e. a. Stadt Erkelenz ©1991

175 Georg Philipp Telemann, Die Tageszeiten/Darum ist erschienen – Schlick, Cordier, Prégardien, Varcoe/Rheinische Kantorei/Das Kleine Konzert/Max Capriccio 10319 ©1991

176 J. S. Bach und seine Zeit (Homilius, Walther, Müthel, Johann Bernhard Bach, Buttstedt) – Helga Schauerte an historischen Orgeln im Kreis Olpe FSM FCD 97726 ©1991

177 Arcangelo Corelli, Sonate da camera op. 2 & 4 – London Baroque Harmonia mundi France HMC 901342.43 (2CD) ©1991

178 Luigi Rossi, Orfeo – Mellon, Zanetti, Favat, Piau, Isherwood, Pelon, Rime, Fouchécourt, Corréas, Boyer, Delétré, Thiver, Salzmann/Les Arts fl orissants/Christie Harmonia mundi France HMC 901358.60 (3CD) ©1991

179 Bernardo Pasquini, Sonate per gravicembalo (1702) – Rinaldo Alessandrini Astrée/Auvidis E 8726 ©1991

180 Wolfgang Amadeus Mozart, Klavierkonzerte KV 271/KV 467 – Nicholson/Cappella Coloniensis/KraemerCapriccio 10 621 ©1991

181 Louis-Nicolas Clérambault, Cantates profanes (Léandre et Héro/Pirame et Tisbé/L’Isle de Délos/Apollon et Doris) – Poulenard, Ragon/Ensemble Amalia Opus 111 OPS 39-9103 ©1991

182 Orgelfahrt ins Burgenland – Götz, Menger Studio XVII Fono Stu 96 512/13 (2 CD) ©1991

183 Georg Friedrich Händel, Kantaten und Triosonaten (Pensieri notturni/Agrippina condotta a morire) – Koslowsky/Musica Alta Ripa MD+ G L 3399 ©1991

184 Arcangelo Corelli, Sonate da chiesa op. 1 & 3 – London Baroque Harmonia mundi France HMC 901344.45 (2CD) ©1991

185 Philippe de Vitry, Motetten und Lieder – Sequentia dhm/BMG RD 77095 ©1991

186 Carl Philipp Emanuel Bach, 4 Sinfonien, Wq 183/1-4 – Amsterdam Baroque Orchestra/KoopmanErato 2292-45361-2 ©1991

187 Wolfgang Amadeus Mozart, Klavierkonzerte KV 414/KV 456 – Nicholson/Cappella Coloniensis/Kraemer Capriccio 10 622 ©1991

188 Carl Philipp Emanuel Bach, Sonaten Wq 50/2-4 (»mit veränderten Reprisen«)/Kurze und leichte Clavierstücke mit veränderten Reprisen – Linda Nicholson, Clavichord Capriccio 10318 ©1991

189 La Dolce Vita (Pietro Antonio Giramo, Adrian Willaert, Giovanni Domenico da Nola, Giovanni de Macque, Séverin Cornet, Alessandro Piccinini, Diego Ortiz, Francesco Lambardi, Alonso Mudarra, Ludovico Agostini) – The King’s Singers/TragicomediaEMI Classics CDC 754191 2 ©1991

190 Domenico Scarlatti, Sonaten Vol. I – Andreas Staier dhm/BMG RD 77224 ©1991

191 William Lawes/Robert Johnson, Orpheus I am – Tragicomedia/Stephen Stubbs EMI Classics CDC 7 54311 2 ©1991

192 Georg Friedrich Händel, Giulio Cesare – Larmore, Schlick, Fink, Rørholm, Ragin, Zanasi, Visse, Lallouette/Concerto Köln/Jacobs Harmonia mundi France HMC 901385.87 (4CD) ©1991 (Querschnitt) HMC 901 458 ©1993

193 Tage alter Musik in Herne 1990 »Scandinavia sonans.« Musik aus Nordeuropa vom Mittelalter bis zur Klas sik – Cold/Buhl-Mortensen; Ars Nova/Bo Holten; Cantus Cölln/Junghänel; Hambitzer/Concerto Köln/Ehrhardt; Koopman, Mathot, Marisaldi, Mustonen/Amsterdam Baroque Orchestra Stadt Herne ©1991

194 Franz Schubert, Die Schöne Müllerin – Prégardien/Staier dhm/BMG 05472-77273-2 ©1991

195 Joseph Martin Kraus, Sinfonien Vol. 1 – Concerto Köln Capriccio 10 396 ©1991

196 Antoine Brumel, Missa Berzerette savoyenne/Laudate Dominum/Sicut lilium/Heth Cogitavit/Lauda Sion – Chanticleer Chanticleer CR-8005 ©1991

197 Leonhard Lechner, Sprüche von Leben und Tod/Neue Teutsche Lieder – Cantus Cölln/Junghänel dhm/BMG RD 77182 ©1992

198 André-Modeste Grétry, La Caravane du Caire – Bastin, de Reyghere, Poulenard, de Mey, LeTexier, Ragon, DeCallata, Napoli/Ricercar Academy/Choeur de Chambre de Namur/Minkowski RIC 100084/085 (2CD) �1991 ©ca. 1992

199 Alessandro Scarlatti, Toccate per Cembalo – Rinaldo Alessandrini Arcana/DLF A3 ©1992

200 Johann Rosenmüller, Sonate da camera & Sinfonie – Hespèrion XX/Savall Astrée E 8709 ©1992

201 Josquin Desprez, Missa Mater Patris/Alexander Agricola, Magnifi cat/Motetten – Chanticleer Chanticleer CR-8808 ©1992

202 Francesco Durante, Concerti – Concerto Köln Capriccio 10 371 ©1992

203 Alessandro Scarlatti, La Colpa, il Pentimento, la Grazia/Alessandro Stradella, Lamentazione/Crocifi ssione – Bach/Geitner/Wessel/La Stagione/Schneider Capriccio 10 411/12 �1991 ©1992 (2CD)

135 Ennemond Gaultier, Denis Gaultier/François Du Fault, Jacques Gallot, Charles Mouton: Europäische Lautenmusik Vol. 1: Pièces de luth, France 17e siècle – Konrad Junghänel dhm/BMG RD 77037 (CD) �1987 ©1989

136 Johann Ladislaus Dussek, Sonaten – Andreas Staier dhm/BMG 05472 77286 2 ©1989

137 Johann Christoph Friedrich Bach, Die Kindheit Jesu/Wachet auf – Schlick, Helling, Meens, van der Kamp u. a./Rheinische Kantorei/Das Kleine Konzert/Max Capriccio 10292 (CD) ©1989

138 Carl Philipp Emanuel Bach, Concerti pour Flûte – Hünteler/Amsterdam Baroque Orchestra/Koopman Erato ECD 75 536 (2CD) ©1989; WEA 2292-45353-2 (2CD) ©1991

139 Festal Mass at the Imperial Court of Vienna 1648 (Christoph Strauss/Andreas Rauch/Girolamo Fantini/Antonio Bertali/Giovanni Priuli) – Yorkshire Bach Choir/Yorkshire Baroque Soloists/Baroque Brass of London/Seymour Novello Records NVLCD 105 (CD) ©1989

140 Tage alter Musik in Herne 1988 »La France Enchanteresse« (Dokumentation) – Dialogo musicale Utrecht; Feldman, Mellon, Poulenard/Junghänel/Rousset/Headley; Christie, Rousset/Lesne, Fouchécourt, Gardeil/Stubbs/Matiffa/Christie; Trio Sonnerie; Gens, Ragon, de Mey, Delétré/Ensemble Vocal Françoise Herr/Les Musiciens de Louvre/Minkowski Stadt Herne (3LP) ©1989

141 Joseph Haydn, L’Infedelta delusa – Argenta, Lootens, Prégardien, Schäfer, Varcoe/Petite Bande/Kuijken dhm/BMG RD 77099 (2CD) ©1989

142 Johann Hermann Schein, Diletti pastorali/Weltliche Vokalmusik – Cantus Cölln/Lohff/Junghänel dhm/BMG RD 77088 (CD) ©1989

143 Franz Schubert, Die Winterreise – Schopper/Staier dhm/BMG RD 77044 (CD) ©1989

144 Antonio Vivaldi, Concerti da camera Vol. 1 – Camerata Köln dhm/BMG RD 77033 ©©1989

145 Alessandro Stradella, San Giovanni Battista – Mono-yios, Bach, Cordier, Prégardien, Schopper/La Stagione/Schneider dhm/BMG RD 77034 (CD) ©1989

146 Die Silbertrompeten von Lissabon – Krüger/Trompe-tenensemble Edward Tarr MD+ G L 3348 ©1990

147 Georg Friedrich Händel, Flavio – Gall, Ragin, Lootens, Fink, Högmann, Fagotto, Messthaler/Ensemble 415/Jacobs Harmonia mundi France HMC 901312.13 (2CD) ©1990

148 Philippe le Chancelier, Notre Dame-Schule – Sequentia dhm/BMG RD 77035 ©1990

149 Simone Molinaro, Intavolatura di liuto – Yasunori Imamura dhm/BMG hm 858-2 (881 982.909) ©1990

150 Johann Hermann Schein, Israelis Brünnlein 1623; Carl Philipp Emanuel Bach/Johann Philipp Kirnberger/Johann Friedrich Doles/Johann Adam Hiller, Motetten – Rheinische Kantorei/Max Capriccio 10290/91 (2CD) �1989 ©1990

151 Johann Ernst Bach, Passions-Oratorium/Das Vertrauen der Christen auf Gott/Meine Seele erhebt den Herrn – Schlick, Cordier, Prégardien, Varcoe, Lins, Weisheit, Schmitz, Wimmer/Rheinische Kantorei/Das Kleine Konzert/Max Capriccio 10 310/11 (2CD) �1989 ©1990

152 Carl Philipp Emanuel Bach, Die Israeliten in der Wüste, Wq 238 – Schlick, Lootens, Meens, Varcoe/Corona Coloniensis/Cappella Coloniensis/ChristieHarmonia mundi France HMC 901321 ©1990

153 Jean-Philippe Rameau, Platée – Ragon, Smith, de Mey, Le Texier, Laurens, Gens/Ensemble Vocal Françoise Herr/Les Musiciens du Louvre/Minkowski Erato-Disques WE 815-ZA (2292-45028-2) (2CD) ©1990

154 Chaconne und Passacaglia (Buxtehude, Pasquini, Muffat, Cabanilles, Raison, Johann Sebastian Bach, Barblan, Reger, Karg-Elert) – Wolfgang Baumgratz Christophorus CD 74586 ©1990

155 Sylvius Leopold Weiß, Pièces de luth – Hopkinson Smith Astrée/Auvidis E 8718 ©1990

156 Heinrich Albert, Musikalische Kürbishütte/Lieder von Liebe und Tod – Cantus Cölln/Junghänel dhm IOM 906-2 (881 856-909) ©1990

157 Wolfgang Amadeus Mozart, Flötenkonzerte KV 313/314/Andante KV 315 – Barthold Kuijken/Petite Bande/Sigiswald Kuijken dhm/BMG GD 770054 ©1990

158 Johann Hermann Schein, Opella nova II/Lyra Davidica – Koslowsky/Lins/Müller/Jochens/van der Kamp/Selig/Musica Fiata/Wilson dhm/BMG RD 77036 ©1990

159 Hans Klotz spielt Orgelmusik aus acht Jahrhunderten – Hans Klotz Mitra Schallplatten CD 16219/20 ©1990

160 Johann Christoph Friedrich Bach, Pygmalion/Die Amerikanerin/Ino – Schlick, van der Kamp/Das Kleine Konzert/Max Capriccio CD 10303 ©1990

161 Claudio Monteverdi, L’Incoronazione di Poppea – Borst, Laurens, Köhler, Larmore, Schopper, Lootens u. a./Concerto vocale/Jacobs Harmonia mundi France 901330.32 (3CD) ©1990

162 Alexander Agricola, Chansons – Ferrara Ensemble/Crawford Young dhm/BMG RD 77 038 ©1990

163 Antonio Vivaldi, Flötenkonzerte op. 10 – Schneider, Kaiser/Camerata Köln dhm/BMG RD 77156 ©1990

164 Georg Philipp Telemann, Missa brevis/Deus judicium tuum/Alles redet itzt und singet – Schlick, Cordier, Prégardien, Varcoe, Wimmer/Rheinische Kantorei/Das Kleine Konzert/Max Capriccio 10315 ©1990

165 Francisco Guerau, Poema Harmonico (Madrid 1694) – Hopkinson Smith Astrée/Auvidis E 8722 ©1990

166 Johann Sebastian Bach, Die Lautenwerke – Konrad Junghänel dhm/BMG RD 77092 (2CD) ©1990

167 Wolfgang Amadeus Mozart, Klavierkonzerte KV 414/KV 503 – Migdal/Cappella Coloniensis/Björlin Capriccio 10804/1 ©1990

168 Wolfgang Amadeus Mozart, Klavierkonzerte KV 415/KV 488 – Nicholson/Cappella Coloniensis/Kremer Capriccio 10804/2 ©1990

169 Alessandro Stradella, Weihnachtskantaten (Ah troppo è ver/Si apra al riso) – Bach, Schlick, Ziesak, Wessel, Prégardien, Schopper/La Stagione Frankfurt/Schneider dhm/BMG RD 77180 ©1990

170 Johann Christoph Friedrich, Johann Christian und Carl Philipp Emanuel Bach: Kammermusik der Bach-Söhne – Les Adieux dhm/BMG RD 77250 ©1990

171 Tage alter Musik in Herne 1989 »Vom Versuch zur Schöpfung« Dokumentation – Nicholson; Staier; Kurosaki/Nicholson; Schatzberger/Fitzwilliam String Quartet; van der Kamp/Das Kleine Konzert/Max/Engel/Cappella Coloniensis/Linde Stadt Herne (3CD) ©1990

294 295

241 Alonso Mudarra, Tres Libros de Musica en cifras para Vihuela – Hopkinson Smith Astrée/Auvidis E 8740 ©1992

242 Josquin Desprez, Motetten + Chansons – The King’s Singers BMG 09026 61814 ©1993

243 Biagio Marini, Concerto Terzo delle Musiche da Camera – The Consort of Musicke Musica Oscura 070994 �1990 ©1993

244 Francesco Durante/Pergolesi/Leonardo Leo/Alessandro Scarlatti: Musica Napoletana – Keller, Matzke, Hambitzer/Concerto Köln Capriccio 10 378 ©1993

245 Tu Chiara Sciença – La Reverdie Arcana A29 ©1993

246 Franz Schubert, Lieder nach Texten von Schiller – Prégardien/Staier dhm/BMG 05472 77296 2 ©1993

247 Girolamo Frescobaldi, Toccate d’intavolatura di cem-balo et organo. Libro Primo – Rinaldo Alessandrini Arcana A904 (2 CD) ©1993

248 Gottfried August Homilius, Matthäus-Passion – Monoyios, Groenewold, Türk, Mertens, Wimmer, Prégardien/capella vocale Leverkusen/Akademie für Alte Musik Berlin/Schoener BERLIN Classics BC 1046-2 (2 CD) ©1993

249 Georg Philipp Telemann, Der Tag des Gerichts – Monoyios, Cordier, Jochens, Schreckenberger/Rheinische Kantorei/Das Kleine Konzert/MaxCapriccio 10 413 ©1993

250 Wilhelm Friedemann Bach, Kantaten Vol. 1 – Schlick, Schubert, Jochens, Schreckenberger/Rheinische Kantorei/Das Kleine Konzert/Max Capriccio 10 425 ©1993

251 Wilhelm Friedemann Bach, Kantaten Vol. 2 – Schlick, Schubert, Jochens, Schreckenberger/Rheinische Kantorei/Das Kleine Konzert/Max Capriccio 10 426 ©1993

252 Robert de Visée, Pièces de Théorbe – Yasunori Imamura Capriccio 10 464 ©1993

253 Carl Friedrich Abel, Sinfonien op. 10 – La Stagione/Schneider cpo 999 207-2 ©1993

254 Carl Friedrich Abel, Flötenkonzerte – La Stagione/Schneider cpo 999 208-2 ©1993

255 Giovanni Gabrieli/Samuel Scheidt/Johann Vierdanck/Johann David Pohle/Kaspar Förster/Matthias Weckmann: Musik für das Bürgertum – Musica Fiata Köln dhm/BMG 05472 77183 2 ©1993

256 Thomaskantoren vor Bach: Knüpfer, Schelle, Kuhnau – Cantus Cölln dhm/BMG 05472 77203 2 ©1993

257 Walter Porter, Madrigals and Ayres 1632 – The Consort of Musicke Musica Oscura �1983 ©1993

258 Bordesholmer Marienklage – Sequentia dhm/BMG 05472 77280 2 (2 CD) ©1993

259 Joseph Haydn, Variationen und Sonaten – Andreas Staier dhm/BMG 05472 77285 ©1993

260 Johann Sebastian Bach, Oboenkonzerte/Doppelkonzerte – Camerata Köln dhm/BMG/DLF 05472 77290 2 ©1993

261 Alessandro Scarlatti, Cinque Profeti – Schneider/Schlick, Hallaschka, Wessel, Prégardien, Schopper/La Stagione dhm/BMG 05472 77291 2 ©1993

262 Oswald von Wolkenstein, Lieder – Sequentia dhm/BMG 05472 77302 2 ©1993

263 Jean-Marie Leclair, Triosonaten op. 4 – Musica Alta Ripa MD+ G L 3428 ©1993

264 Tage alter Musik in Herne 1992 »Von Zeus bis Aeneas« – van Asperen; Ensemble Vocal Sagittarius/Laplénie; Tucker/Capriccio stravagante/Sempé; Lesne/Il Seminario Musicale; Rogée, Kilbinger; Merle/Das Neue Orchester/Spering; La Stagione/Schneider Stadt Herne (3 CD) ©1993

265 Jean-Philippe Rameau, Dardanus/Hippolyte et Aricie (Suiten) – L’Arpa Festante/Michi Gaigg Amati/Sonomaster 9206/1 �1993 ©1994

266 Ars Subtilis Ytalica – Mala Punica Arcana A21 ©1994

267 Laude di Sancta Maria – La Reverdie Arcana A34 ©1994

268 Johann Adolf Hasse, Piramo e Tisbe – Schlick, Monoyios, Jochens/La Stagione/Schneider Capriccio 60 043-2 ©1994

269 Duello a due Organi Vol. II – Melchersson/FriebergerChristophorus 77164 ©1994

270 Johann Pachelbel/Johann Christoph Bach/Johann Michael Bach, Motetten – Cantus Cölln/Junghänel dhm/BMG 05472 77305 2 ©1994

271 Johann Sebastian Bach, Clavierübung I & II – Andreas Staier dhm/BMG 05472 77306 2 ©1994

272 Giovanni Pierluigi da Palestrina, Missa in duplicibus/Lamentationen etc. – Maîtrise de Garçons de Colmar, Ensemble Gilles Binchois, Ensemble Cantus Figuratus/Vellard dhm/BMG 05472 77317 2 ©1994

273 Hildegard von Bingen, Canticles of Ecstasy – Sequentia dhm/BMG 05472 77320 2 ©1994

274 Antoine Dauvergne, Les Troqueurs/Concert op.3,2 – Saint-Palais, Marin-Degor, Rivenq, Salzmann/Cappella Coloniensis/Christie Harmonia mundi France HMC 901454 �1992 ©1994

275 Georg Philipp Telemann, Matthäus-Passion 1746 – Schlick, Schubert, Jochens, Dörr, Rück, Wimmer/Collegium Vocale/Bach Chor Siegen/La Stravaganza/Ulrich Stötzel Hänssler 98.960 (2CD) ©1994

276 Tomaso Albinoni, Sonate da chiesa op. 4/Trattenimenti armonici op. 6 – Locatelli Trio Hyperion CDA 66831/2 (2CD) �1991/92 ©1994

277 John Ward, Madrigals and Fantasias – Consort of Musicke/Rooley Musica Oscura 070981 �1984 ©1994

278 John Ward, Psalms and Anthems – Consort of Musicke/Rooley Musica Oscura 070982 ©1994

279 Alessandro Stradella, L’anime del Purgatorio – Consort of Musicke/Rooley Musica Oscura 070984 �1984 ©1994

280 Sigismondo d’India, Il Primo Libro de madrigali a 5 – Consort of Musicke Musica Oscura 070985 1989/90 ©1994

281 Cor mio, deh non languire (Guarini) – Consort of Musicke Musica Oscura 070989 ©1994

282 Gerusalemme Liberata, Settings from Tasso – Consort of Musicke Musica Oscura 070990 ©1994

283 Cipriano de Rore, 5. Libro de Madrigali (1568) – Consort of Musicke Musica Oscura 070991 ©1994

284 Landini e la musica fl orentina – Micrologus Opus 111 OPS 30-112 ©1994

285 150 anni di musica italiana Vol.I – Rinaldo AlessandriniOpus 111 OPS 30-118 ©1994

204 Joseph Martin Kraus, Sinfonien Vol. 2 – Concerto Köln Capriccio 10 430 ©1992

205 Georg Friedrich Händel, Concerti grossi D-dur op. 6,5/F-dur op. 3,4a/Silete venti//Cappella Edition Highlights – Kirkby/Seifert,Neininger, Racz/Cappella Coloniensis/Linde/Cappella Coloniensis/Linde, Ferro, Björlin, Kraemer Capriccio 10 610/1-2 (2CD) ©1992

206 Georg Philipp Telemann, Konzert e-moll für 2 Traversfl öten/Ouvertüre »Alster-Echo«/Konzert e-moll für Blockfl öte und Traversfl öte – Höller, Hunt-geburth, Hünteler/Cappella Coloniensis/Fischer, Linde Capriccio 10 611 ©1992

207 Joseph Haydn, Sinfonie Nr. 36 Es-dur/Miseri noi Hob.XXIVa:7/Berenice che fai Hob.XXIVa:10/Violinkonzert G-dur Hob.VIIa:4 – Schmiege/Seifert/Cappella Coloniensis/Linde Capriccio 10 612 ©1992

208 Wolfgang Amadeus Mozart, Ch’io mi scordi di te KV 505/Flötenkonzert KV 313/Symphonie C-dur KV 338 – Murray, Frager, Hünteler/Cappella Coloniensis/Fischer Capriccio 10 613 ©1992

209 Luigi Cherubini, Missa per l’Incoronazione Carlo X./ Chant sur la Mort de J. Haydn – Schmiege, Hill,Barbacini/Cappella Coloniensis/Kölner Rundfunkchor/Ferro Capriccio 10 614 ©1992

210 Johann Sebastian Bach, Der Streit zwischen Phoebus und Pan BWV 201/Non sà che sia dolore BWV 209 – Csapó, Kwella, Poulenard, Nirouet, Elliott, Meens, Schopper, Thomas/Cappella Coloniensis/Linde, Leitner Capriccio 77 703 7 �1984/87 ©1992

211 François-Joseph Gossec, Messe des Morts – Csapó, Laurich, Corbelli/Kölner Rundfunkchor/Cappella Coloniensis/Herbert Schernus Capriccio 10 616 ©1992

212 Italienische Meister, Concerti etc. (Locatelli, Marcello, Geminiani, Paisiello, Cherubini) – Hucke, Kurosaki, Neininger, Gilly, Rácz, Tanzini/Cappella Coloniensis/Linde, Ferro Capriccio 77 705 2 ©1992

213 Joseph Haydn, Sinfonien Nr. 66, 90, 91 – Cappella Coloniensis/Linde Capriccio 77704/05 �1987/88 ©1992

214 Joseph Haydn, Sinfonien Nr. 92, 98 – Cappella Colonien-sis/Ferdinand Leitner Capriccio 10 618 ©1992

215 Joseph Haydn, Sinfonien Nr. 5 und 54/Wolfgang Amadeus Mozart, Sinfonie Nr. 29 – Cappella Colonien-sis/Ferdinand Leitner Capriccio 10 619 ©1992

216 Wolfgang Amadeus Mozart, Symphonien KV 297/183, Violinkonzert D-dur KV 271a – Kurosaki/Cappella Coloniensis/Björlin, Linde Capriccio 10 620 ©1992

217 Wolfgang Amadeus Mozart, Klavierkonzerte KV 415/488 – Nicholson/Cappella Coloniensis/Kraemer Capriccio 10 623 ©1992

218 Johann Helmich Roman, Drottningholms-Musique/Concerto grosso B-dur – Hucke/Cappella Coloniensis/Björlin Capriccio 10 624 ©1992

219 Deutsche Frühklassik (Heinichen, Fasch, Hasse, J. G. Graun, Friedrich II.) – Cappella Coloniensis/Linde, Björlin Capriccio 10 626 ©1992

220 England, Schweden (Arne, J. C. Bach, Kraus) – Cappella Coloniensis/Linde Capriccio 10 627 ©1992

221 Wegbereiter der Klassik (Stamitz, Vanhal, Mahaut) – Cappella Coloniensis/Björlin, Ferro, Linde Capriccio 10 629 ©1992

222 Christoph Willibald Gluck, Paride ed Elena – Alexan-der, McFadden, Frey, Ganninger/La Stagione/Schnei-der Capriccio 60 027-2 (2CD) �1991 ©1992

223 Wolfgang Amadeus Mozart, Requiem (Maunder) – Daniel, Mayer, Prasser, Lamas/Cantoria Plagensis/1. Barockorchester Heiligenberg/Choralschola Uni Salzburg/Bläserkreis Innsbruck/Rupert Gottfried Frie-berger Christophorus CHR 77114 ©1992

224 Orgelmusik an der Romanus-Seifert-Orgel Dülmen – Bernhard Terschluse sen. & jun. (Privat-CD) CTS ©1992

225 Musik am Prager Hof Kaiser Rudolf II. – Dialogo Musicale/Leo Meilink dhm/BMG 889 861-912 (2 CD) ©1992

226 Heinrich Schütz, Psalmen Motetten Konzerte – Cantus Cölln/Knabenchor Hannover/Musica Fiata dhm/BMG 05472 77175 2 �1989 ©1992

227 Johann Rosenmüller, Sacri Concerti – Cantus Cölln dhm/BMG 05472 77181 2 ©1992

228 Vox Iberica I Donnersöhne – Sequentia dhm/BMG RD 77199 ©1992

229 Vox Iberica II Codex Las Huelgas – Sequentia dhm/BMG 05472 77238 2 ©1992

230 Vox Iberica III El Sabio. Gesänge für Alfonso X. (1221–1284) – Sequentia dhm/BMG 05472 77173 2 ©1992

231 Il Pastor fi do. Madrigale nach Guarini – Cantus Cölln/Junghänel dhm/BMG RD 77240 ©1992

232 Domenico Scarlatti, Sonaten Vol. II – Andreas Staier dhm/BMG 05472 77274 2 ©1992

233 Johann Sebastian Bach/Antonio Caldara/Johann Kuhnau, Magnifi cat – Lins, Spägele, Norin, Brutscher, Kilver, Wimmer/Rheinische Kantorei/Das Kleine Konzert/Max EMI Classics CDS 7 54426 2 ©1992

234 Wolfgang Amadeus Mozart, Concertos KV 107,1-3 / Leopold Mozart, Sonata da camera Nr. 4/Johann Christian Bach, Sonate op. 20, Nr.2/Concerto op. 7, Nr. 5 – London Baroque Harmonia mundi France 901 395 ©1992

235 Arcangelo Corelli, 12 Concerti grossi op. 6 – Ensemble 415/Bianchini, Christensen Harmonia mundiFrance 901 406.07 (2 CD) ©1992

236 Claudio Monteverdi, Il Ritorno d’Ulisse in Patria – Fink/Prégardien/Högman/Hunt/Visse/Tucker/Thomas/Concerto Vocale/Jacobs Harmonia mundi France/DLF 901 427.29 (3 CD) ©1992

237 Johann Schenck, L’Echo du Danube op. 9 – Berliner Conzert MD+ G L 3398 �1991 ©1992

238 Dietrich Buxtehude, Daniel Erich, Nicolaus Hasse, David Äbel, Johann Gottfried Müthel, Adolph Carl Kuntzen, Johann Christoph Schmügel/Georg Riemenschneider, Hermann Ernst Koch, Georg Gothe, Adolf Emge u. a.: Orgellandschaft Mecklenburg – Martin Rost MD+ G O 3430/31 (2 CD) ©1992

239 Tage alter Musik in Herne 1991 »Zwischen Elbe und Donau.« Musik aus Böhmen, Mähren und der Slowakei – Les Menestrels; Ars Cameralis; Malá Ceská Muzika; Flöten Consort Michael Schneider, Musica Antiqua Köln; Trompeten-Consort Friedemann Immer, Ensemble Tama; Musica antiqua Praha; Musica aeterna Bratislava; La Stagione Stadt Herne (4 CD) ©1992

240 Alessandro Scarlatti, Lamentazione per la Settimana Santa – Miatello, Fagotto/Aurora/Enrico Gatti Symphonia Sy 92D17 (2 CD) ©1992

296 297

318 Etienne Nicolas Méhul, Stratonice (1792) – Petibon, Beuron, Lescroart, Daymond/Corona Coloniensis/Cappella Coloniensis/Christie Erato 0630-12714-2 �1995 ©1996

319 Wolfgang Amadeus Mozart, Adagios und Fugen – Les Adieux NCA MA 95 07 811 �1995 ©1996

320 Georg Philipp Telemann, Oboensonaten – Goodwin, Sheppard, Toll, North Harmonia mundi France HMC 907152 ©1996

321 Francesco Maria Veracini, Sonate a violino solo e basso – Gatti/Morini/Gervreau Arcana A27 ©1996

322 Giovanni Battista Fontana, Sonate a 1.2.3./Gian Paolo Cima, Sei Sonate/Francesco Turini, 6 Sonatas – Ensemble Sonnerie Virgin 7243 545199 2 5 ©1996

323 Gaspar Sanz, Instrucción de música sobre la guitarra española (1674) – Hopkinson Smith Astrée/Auvidis E 8576 ©1996

324 Historia Sancti Eadmundi – La Reverdie/Spremulli Arcana A43 ©1996

325 Antonio Caldara, Maddalena ai piedi di Cristo – Kiehr, Dominguez, Fink, Scholl, Messthaler, Türk/Orchestre de la Schola Cantorum Basiliensis/Jacobs Harmonia mundi France HMC 905221.22 (2CD) ©1996

326 Antonio Vivaldi, Concerti per le solennità (RV 212/270/286/169/582/581/208) – Sonatori de la Gioiosa Marca/Carmignola DIVOX CDX-79605 ©1996

327 Jan Dismas Zelenka/Johann Adolf Hasse/Johann David Heinichen/Gottfried August Homilius: Miserere. Geistliche Chormusik des Dresdner Barock – Rheinische Kantorei/Dormagener Jugendkantorei/Das Kleine Konzert/Max Capriccio 10 557 �1983/93 ©1996

328 Georg Matthias Monn, 6 Symphonien – L’Arpa Fes- tante/Michi Gaigg cpo 999 273-2 �1994 ©1996

329 Wolfgang Amadeus Mozart, Violinsonaten – Kurosaki/Nicholson Erato WCPS-4962/5 (4CD) �1991-95 ©1996

330 Andrea Gabrieli, Pass’e Mezzo – Fabio Boniz zoniMEC Records/Stradivarius STR 33457 ©1996

331 Benedikt Anton Aufschnaiter, Serenades – L’OrfeoBarockorchester cpo 999 457-2 �1996 ©1997

332 Fleurs de vertus. Chanson subtile à la fi n du XIVe siècle – Ferrara Ensemble/Young Arcana A40 ©1996

333 En Attendant. L’Art de la citation dans l’Ita-lie des Visconti, 1380-1410 (Corrado da Pistoia, Giovanni da Genova, Antonello da Caserta, Bartolomeo da Bologna u. a..) – Mala Punica/Pedro Memelsdorff Arcana A23 ©1996

334 Adam Falckenhagen, Lautenkonzerte – Dücker/Scala Köln JANSEN-CILAG/SCALA ’96 �1995 ©1996

335 Adriano Banchieri, Domenico Zipoli, Baldassare Galuppi, Andrea Lucchesi, Gaetano Valerij, Giovanni Battista Grazioli u. a.: Historische Orgeln in Florenz und Udine – Rupert Gottfried FriebergerChristophorus CHE 0082-2 �1993 ©1996

336 Georg Muffat, Armonico tributo (1682/1701) – Ensemble 415/Banchini, Christensen Harmonia mundi France HMC 901581 ©1996

337 Tage alter Musik in Herne 1995 »Mare Balticum« – Ensemble Mare Balticum; Hortus Musicus Tallinn; Cantus Cölln; Weser-Renaissance; La Capella Ducale/Musica Fiata Köln; Ludger Lohmann; Cappella Gedanensis; Hildebrand’sche Hoboisten Compagnie; Musica Petropolitana; Musica Alta RipaStadt Herne ©1996

338 Thomas Tomkins, Complete Keyboard Music Vol. 2 – Bernhard Klapprott MD+ G 607 0704-2 ©1996

339 Jan Dismas Zelenka, Magnifi cat B-dur/Psalm 109/Lauretanische Litanei – Lins, Wessel, Dingel-Schulten, Schwarz/Capella Piccola/Metamorphosis/Reuber Thorofon CTH 2181 �1993/94 ©1997

340 Hildegard von Bingen, O Jerusalem – Sequentiadhm/BMG 054472 77353 2 ©1997

341 Missa Cantilena – Mala Punica/MemelsdorffErato 0630 -17069-2 ©1997

342 Franz Schubert, Winterreise – Prégardien/Staier TELDEC 0630 18824 2 ©1997

343 Insula Feminarum: Résonances médiévales de la Féminité Celte (Jacopo da Bologna, Donato da Firenze, Giovanni da Firenze, San Godric di Finchal, Oswald von Wolkenstein) – La Reverdie Arcana A59 ©1997

344 Johann Schop, Jan Pieterszoon Sweelinck, Johann Stobäus, Martin Raphun, Johannes Schultz, Johann Steffens, Johann Eccard, Johann Vierdanck: Hanseatic Wedding Motets – Weser-Renaissance/Manfred Cordes cpo 999 396-2 �1995 ©1997

345 Georg Philipp Telemann, Betrachtung der 9. Stunde/Ein Mensch ist in seinem Leben wie Gras/Herr, ich habe lieb – Zádori, Wessel, Cordier, Jochens, Wimmer, Schreckenberger, van der Kamp/Rheinische Kantorei/Das Kleine Konzert/Max cpo 999 500-2 �1993 ©1997

346 Thomas Tomkins, Complete Keyboard Music Vol. 3 – Bernhard Klapprott MDG607 0705-2 ©1997

347 Thomas Tomkins, Complete Keyboard Music Vol. 4 – Bernhard Klapprott MDG 607 0706-2 ©1997

348 Domenico Scarlatti, Sonate per Organo – Andrea Marcon DIVOX CDX 79607 ©1997

349 William Byrd, Virginals & Consorts – Capriccio Stra-vagante/Sempé Astrée/Auvidis E 8611 ©1997

350 Hyacinthe Jadin, 6 Sonates pour Forte-Piano – Patrick Cohen Valois 4689 �1996 ©1997

351 Giovanni Battista Bassani, Salmi Concertati/Giovanni Legrenzi, Motets – Le Parlement de Musique/GesterAccord 206382 (2CD) ©1997

286 Carl Friedrich Abel, Flötensonaten Nr. V, VI, Trios in F-dur und G-dur, Cellosonate A-dur, Gambenstücke – La Stagione cpo 999 209-2 �1993 ©1994

287 Johann Sebastian Bach, Kantaten BWV 215/195 – Schlick, Haffke, Elliott, Varcoe/Windsbacher Knabenchor/Collegium musicum des WDR/Karl-Friedrich Beringer Rondeau 0572-2 �1986 ©1994

288 Tage alter Musik in Herne 1993 »Dresdner Inventionen« – Schütz-Akademie/Arman; Rheinische Kantorei/Musica Alta Ripa/Max; Argenta, Short/Cappella Coloniensis/Linde; Musica Antiqua Köln/Goebel; Les Nations/Zimmermann; Akademie für Alte Musik Berlin Stadt Herne (3CD) ©1994

289 Robert Schumann/Franz Schubert/Felix Mendelssohn, Lieder nach Texten von Heinrich Heine – Christoph Prégardien/Andreas Staier dhm/BMG 05472 77319 2 �1993 ©1994

290 Thomas Tomkins, Complete Keyboard Music Vol. 1 – Bernhard Klapprott MDG607 0563-2 ©1994

291 Wolfgang Amadeus Mozart, Requiem KV 626 (Druce) – Seymour, Denley, Cornwell, Forbes/Yorkshire Bach Choir/Yorkshire Baroque Soloists/Seymour York Records Ybcd ©1994

292 Delight in Disorder – Memelsdorff/Staier dhm/BMG 05472 77318 2 ©1995

293 Die Johann-Patroclus-Möller-Orgel Borgentreich – Jörg Krämer Fermate Fer 20016 ©1995

294 Francesco Cavalli, La Calisto – Bayo, Lippi, Keenlyside, Pushee, Mantovani, Theodoridou, Ragon, Banks, Visse, Pittsinger, Vindevogel/Concerto vocale/Jacobs Harmonia mundi France HMC 901515.17 (3CD) ©1995

295 Tage alter Musik in Herne 1994 »Hortulus Italicus« – Reverdie; Concerto Palatino; Alessandrini; Sonatori de la Gioiosa Marca; Ensemble Zefi ro; Il Giardino armonico Stadt Herne ©1995

296 Mysteria. Gregorian Chants – Chanticleer Teldec 4509-99203-2 �1994 ©1995

297 Hildebrandston, Chansonniers allemands du XVe siècle – Ferrara Ensemble/Young Arcana A35 ©1995

298 Francesco Maria Veracini, Sonate accademiche Op. 2 – The Locatelli Trio Hyperion CDA 66871/3 �1993 ©1995

299 Feliks Nowowiejski, Symphonie op. 45, Nr. 4/6/7, Konzert op. 56, Nr. 4 – Jerzy Erdman cpo 999 274-2 �1990/91 ©1995

300 150 anni di musica italiana Vol.II – RinaldoAlessan drini Opus 111 OPS 30-119 ©1995

301 Historische Tasteninstrumente aus dem Musik instrumenten-Museum der Universität Leipzig (darin: 4 Tänze aus einer engl. Tabulatur um 1630, Galuppi, Sonate C-dur) – Roland Götz u. a. Musikinstrumen ten-Museum der Universität Leipzig VKJK 9501 ©1995

302 D’Amor ragionando Ballades de neo – Stilnovo en Italie 1380-1415 – Mala Punica/Pedro Memelsdorff Arcana A22 ©1995

303 Balades a iii chans (Johan Robert »Trebor«, Baude Cordier, Matteo da Perugia, Antonio da Cividale, Magister Grimace e.a.) – Ferrara Ensemble/Young Arcana A32 ©1995

304 Francesco Cavalli, Vespro della beata Vergine – Concerto Palatino/Dickey, Toet Harmonia mundi France HMC 905219.20 (2CD) ©1995

305 Giovanni Girolamo Kapsberger, Libro Primo d’Intavolatura di Lauto – Hopkinson SmithAstrée/Auvidis E 8553 ©1995

306 Dança amorosa. Danze italiane del medioevo – Modo Antiquo Opus 111 OPS 30-142 ©1995

307 Christoph Willibald Gluck, Orfeo ed Euridice (1762) – Fischer-Dieskau, Söderström, Pütz/Kölner Rundfunkchor/Cappella Coloniensis/LeitnerOrfeo C 391 952 I 2CD Mono �1964 ©1995

308 Francesco Durante, Lamentationes Jeremiae Prophetae – Frimmer, Bach, Joswig/Kölner Kammerchor/Collegium Cartusianum/Neumann cpo 999 325-2 ©1995

309 La Passion selon Saint Matthieu (Manuscrit d’Uppsala 1667) – Le Parlement de Musique/GesterAccord 205482 ©1995

310 Hildegard von Bingen, Voice of the blood – Sequentia dhm/BMG 05472 77346 2 ©1995

311 Franz Schubert, Lieder nach Texten von Goethe – Prégardien/Staier dhm/BMG 05472 77342 2 ©1995

312 Antonio Vivaldi, Le Humane Passioni, Concerto RV 153 – Carmignola/Sonatori de la Gioiosa Marca DIVOX CDX-79406 ©1995

313 Claudio Monteverdi, L’Orfeo – Dale, Ben-Nun, Larmore, Gérimon, Peeters, Fink, Scholl, Rivenq/Concerto vocale/Jacobs HMC 901553.54 2 CD ©1995

314 Paolino d’Aquileia, Uc di Saint Circ, Rudolf von Fenis, Jacopo da Bologna, Vincenzo da Rimini, Marchetto da Padova, Bartolino da Padova, Matteo da Perugia, Antonio da Cividale: Suso in Italia Bella – La Reverdie Arcana A38 ©1995

315 Thomas Tomkins und seine Zeitgenossen – Penrose/Kelley/The English Consort of Viols Cantate-Musicaphon M 56815 ©1995

316 Josef Myslivecek, Symphonien & Ouvertüren – L’Orfeo Barockorchester/Gaigg cpo 777 050-2 ©2003 �2004

317 Georg Philipp Telemann, Der Herr ist König/Die Don nerode – Monoyios, Schlick, Köhler, Jochens, van der Kamp, Wimmer, Schreckenberger/Rheinische Kantorei/Das Kleine Konzert/Max Capriccio 10 556 ©1995

298 299

387 Antonio Vivaldi, Trio Sonatas op. 1 – Trio Sonneriecpo 999 511 (2CD) �1997/98 ©1999

388 Johann Sebastian Bach/Georg Böhm: Works for Organ – Lorenzo Ghielmi Stradivarius STR 33559 �1997 ©1999

389 Legenda Aurea: Laude delle Santi – La Reverdie Arcana A403 �1997 ©1999

390 The Whyte Rose, Chansons anglo-bourguignonnes – Ferrara Ensemble/Young Arcana A301 �1997 ©1999

391 Kaspar Förster, Vanitas vanitatum – La Capella Ducale/Musica Fiata/Wilson cpo 999 584-2 �1998 ©1999

392 Ivan Khandoshkin, Folk Songs in the Russian Salon – Pasiechnyk/Musica Petropolitana Opus 111 OPS 30-259 ©1999

393 Carl Heinrich Graun, Christmas Oratorio – Schmithüsen, Norin, Schäfer, Mertens/Rheinische Kantorei/Das Kleine Konzert/Max cpo 999 707-2 ©1999

394 Carl Philipp Emanuel Bach, Wind Chamber Music H 573/549/506/636/deest/516-521 – Fiati con Tasto: Hoeren, Kaiser, Bernardini, Klevit, Montes, Wagner, Selo cpo 999508-2 �1997 ©1999

395 Christoph Graupner, Two Ouvertures, Cantata – Das Kleine Konzert/Max cpo 999 592-2 �1983/96 ©1999

396 Christoph Strauss, Missa Maria concertata – Concerto Palatino/Dickey, Toet Harmonia mundi France /Schola Cantorum Basiliensis HMC 905 243 ©1999

397 The Triumphs of Oriana (1601) – The King’s Singers em records 0299-011 �1998 ©1999

398 Fasch/Hagen/Haydn/Kohaut, Lautenkonzerte – Smith, Bianchini, Plantier, Courvoisier, Dieltiens Astrée E8641 ©1999

399 Georg Philipp Telemann, Das befreite Israel/Der May/Ouverture in F minor – Schmithüsen, Schubert, Crook, Mertens, Abele/Rheinische Kantorei/Das Kleine Konzert/Max cpo 999 673-2 �1996/98 ©1999

400 Georg Philipp Telemann, Jauchzet dem Herrn alle Welt. Kantaten und Kammermusik – Mertens/Berliner Barock-Compagney Capriccio 10741 �1996 ©1999

401 Georg Philipp Telemann, Matthäus-Passion (1746) – Jochens, Mertens, Hübner, Burmester-Streffer, Abele/Rheinische Kantorei/Das Kleine Konzert/Max Capriccio 10 854 ©1999

402 Girolamo Frescobaldi, Organ Works – Andrea Marcon DIVOX CDX-79904 ©1999

403 Girolamo Frescobaldi, L’eredità Frescobaldiana Vol. 2 – Andrea Marcon DIVOX CDX 79805 �1998 ©1999

404 Tage alter Musik in Herne 1998 »Vorhang auf! Musik zwischen Ostsee und Adria.« Polen, Tschechien, Slowakei, Ungarn, Kroatien. Heringman; Toporowski; Concerto Polacco; Capella Regia Musicalis; Zajíckova/Musica aeterna Bratislava; La Stagione Frankfurt; Salzburger Hofmusik; Cohen/Cappella Coloniensis Stadt Herne ©1999

405 Heinrich Ignaz Biber, Litaniae Sancto Josepho – Cantus Cölln/Concerto Palatino/Junghänel Harmonia mundi France HMC 901667 �1998 ©1999

406 Ignaz Holzbauer, Five Symphonies – L’Orfeo Barockorchester/Gaigg cpo 999 585-2 �1998 ©1999

407 Ivan Khandoshkin, Concertos, Variations, Quartett – Musica Petropolitana Opus 111 ©1999

408 Johann Christian Bach, Endimione – Jezovšek, Monoyios, Waschinski, Hering/VokalEnsemble Köln/Cappella Coloniensis/Weil dhm/BMG 05472 77525 0 2CD ©1999

409 Johann Hermann Schein, Psalmen Davids – La Capella Ducale/Musica Fiata/Wilson Glissando 779 006-2 ©1999

410 Johann Sebastian Bach, Cello Suites – Susan Sheppard Metronome MET CD 1034 ©1999

411 Padre Davide da Bergamo, Romantic Organ Works – Andrea Marcon DIVOX CDX 79606 ©1999

412 Samuel Scheidt, Prima Pars Concertuum Sacrorum – Ricercar Consort Ricercar 206 882 �1998 ©1999

413 Sylvius Leopold Weiß, Jugendwerke für Laute – Hopkinson Smith Astrée E8718 ©1999

414 Wolfgang Amadeus Mozart/Jean-Philippe Rameau: Transcriptions – Les Quatre Violons/Kurosaki Erato 3984-27318-2 �1998 ©1999

415 Heinrich Ignaz Franz Biber, Sonata Sancti Polycarpi/Missa Salisburgensis – Amsterdam Baroque Choir/Amsterdam Baroque Orchestra/Koopman Erato �1998 ©1999

416 Franz Tunder/Jakob Kortkamp/Dietrich Buxtehude/Daniel Erich/Johann Christian Schieferdecker/Louis Marchand: Norddeutsche und französische Orgelwerke des 17. Jh. – Christoph Krummacher Querstand VKJK 0007 �1996 ©2000

417 Johann Heinrich Rolle: Thirza und ihre Söhne – van Stade, Abele, Schäfer, Schmithüsen, Mammel, Wessel, Wohlgemuth, Malikowa, Burmester-Streffer/Rheinische Kantorei/Das Kleine Konzert/Max Capriccio 10 868/69 (2CD) �1998 ©2000

418 Agostino Steffani, Suites Théatrales – Sonatori de la Gioiosa Marca DIVOX CDX 79811 ©2000

419 Antonio Vivaldi, Juditha Triumphans – di Castri/Sciannimanico/Kennedy/Rossi/Anketell/Modo Antiquo/Sardelli Amadeus AM 133-2 ©2000

420 Benedetto Marcello, Estro poetico-armonico – Cantus Cölln/Junghänel Harmonia mundi France HMC 901696 ©2000

352 Claudio Merulo, Toccate, Ricercari, Canzoni d’Intavolatura d’organo – Fabio BonizzoniArcana A30 ©1997

353 Cipriano de Rore/Andrea Gabrieli/Jacques Arcadelt: Io canterei d’amor. Chansons e Madrigali ›da sonare‹ – Labyrinto/Pandolfo Harmonia mundi France HMC 905 234 �1995 ©1997

354 Johann Rosenmüller, Lamentationes Jeremiae Prophetae – Schmithüsen/Parnassi musicicpo 999 387-2 �1995 ©1997

355 Georg Philipp Telemann, Der neumodische Liebhaber Damon TWV 21:8 – Georg, Monoyios, van Lunen, Biegel, Schwarz, Schopper, Gebhardt, Smits/La Stagione/Schneider cpo 999 429-2 �1996 ©1997

356 Tage alter Musik in Herne 1996 »... fl ießen rechts zur Donau hin« Musik aus deutschsprachigen Ländern südlich der Donau – ensemble für frühe musik augsburg; King’s Singers/Dufay Collective; Hassler-Consort/Raml; Götz; Salzburger Hofmusik/Brunner; L’Orfeo Barockorchester/Gaigg; Nicholson/Florilegium Collinda Stadt Herne ©1997

357 Antonio Bertali, Sonate Festive – Musica Fiata/Wilson cpo 999 545 2 ©1998

358 Frédéric Chopin, Nostalgic Dream – Pavel Gililov (Ham-merfl ügel) ANARecords Ana 1012 �1983 ©1998

359 Georg Philipp Telemann, Orpheus – Röschmann, Trekel, Ziesak, Kiehr, Güra, Poulenard, Müller-Brachmann, Köhler/Rias Kammerchor/Akademie für Alte Musik Berlin/Jacobs Harmonia mundi France HMC 901618.19 (2CD) ©1998

360 Johannes Ciconia, Sidus Preclarum. Complete Motets – Mala Punica/Memelsdorff Erato 3984-21661-2 �1997 ©1998

361 Gaspard Le Roux, Pièces pour deux clavecins – Meyerson/Crawford Harmonia mundi France HMC 901660 ©1998

362 Arcangelo Corelli, Sonate da chiesa/Sonate postume – Ensemble Aurora/Gatti Arcana A902 ©1998

363 Johann Joseph Fux, Concentus Musico Instrumentalis I – Armonico Tributo Austria/Duftschmid Arcana A58 �1997 ©1998

364 Johann Adolf Hasse, Messe in d/Johann David Heinichen, Requiem in Es – Zádori, Norin, Mammel, Mertens/Rheinische Kantorei/Das Kleine Konzert/Max Capriccio 10570 ©1998

365 Johann Ludwig Bach, Motetten – Rheinische Kantorei/Max Capriccio 10 560 ©1998

366 Johann Ludwig Bach, Trauermusik – Zádori, Norin, de Mey, Mertens/Rheinische Kantorei/Das Kleine Konzert/Max Capriccio 10 814 ©1998

367 Joseph Haydn, Jagd-Symphonien (Nr. 31/72) – Cappella Coloniensis/Joshua Rifkin Capriccio 10 733 ©1998

368 Johann Sebastian Bach, Schemelli-Gesangbuch – Schlick, Mertens/van Asperen/Möller cpo 999 407 2 (2CD) �1995 ©1998

369 Hildegard von Bingen, Saints – Sequentia dhm/BMG 72773782 (2CD) ©1998

370 Johann Schop, Michael Jacobi, Heinrich Schütz, Sophie Elisabeth von Braunschweig-Wolfenbüttel, Johann Stobäus, Andreas Hammerschmidt, Heinrich Albert, Thomas Selle: Friedens-Seufftzer und Jubel-Geschrey Music for the Peace of Westphalia 1648 – Weser-Renaissance/Cordes cpo 999 571-2 �1997 ©1998

371 Music at the court of St. Petersburg VI (Tessarini, Paisiello, Khandoshkin, Sarti, Berezovski) – Musica Petropolitana Opus 111 Ops 30-231 ©1998

372 Wolfgang Amadeus Mozart, Märsche KV 335,1/2; Serenade KV 320 (›Posthorn‹), Symphonie KV 318 – Brandt-Lindenbaum/Cappella Coloniensis/Rifkin Capriccio 10 728 �1996

373 Tage alter Musik in Herne 1997 »Musikalische Wanderungen: Inventio Variatio Parodia« – Musica Antiqua Köln/Goebel; Holton/Fretwork; Staier; Mala Punica/Memelsdorff; Rose Consort of Viols; Gesualdo Consort/van der Kamp; Wessel/Ensemble Sonnerie/Huggett; ensemble für frühe musik augsburg; Camerata Köln; Taverner Consort/Parrott; Trio Sonnerie Stadt Herne ©1998

374 Alessandro Poglietti, Toccatina sopra la ribelli-one di Ungheria u. a. Cembalowerke – Jörg-Andreas Bötticher Harmonia mundi France/Schola Cantorum Basiliensis HMC 905 242 �1997 ©1998

375 Andreas Hammerschmidt, Geistliche Vokalmusik, Suiten – Knabenchor Hannover/Spirit of Gambo/Ecco la Musica/Hennig Ars Musici AM 1225-2 �1996 ©1998

376 Giovanni Pescetti/Baldassarre Galuppi/Gaetano Valeri/Andrea Lucchesi/Ignazio Sperger u. a.: 18th Century Venetian Organ Art – Andrea Marcon DIVOX CDX 79703 ©1998

377 Giovanni Rovetta/Francesco Turini/Giovanni Battista Fontana/Dario Castello/Biagio Marini/Giovanni Picchi/Giuseppe Scarani: Music for Strings in the Republic of Venice – Sonatori de la Gioiosa Marca DIVOX CDX 79707 ©1998

378 Elisabeth Claude Jacquet de la Guerre, Cembalosuiten – Carole Cerasi Metronome MET CD 1026 ©1998

379 Alessandro Stradella/Marco Uccellini/Giovanni Bononcini/Domenico Gabrielli/Marco Uccellini/Orazio Vecchi u. a.: Le capitali della musica: Modena – Ensemble Concerto/Ensemble 415/Il Complesso Barocco u. a. Stadt Modena [1998]

380 Georg Philipp Telemann, The Cornett Cantatas – Spägele, Voss, Jochens, Mertens, Telemann-Kammerorchester Michaelstein/Bläser-Collegium Leipzig/Rémy cpo/MBM 999 542-2 �1997 ©1998

381 Giovanni Battista Bononcini, La Maddalena a’piedi di Cristo – Bertotti, Gianese, Bonitatibus, Pecchetti, Foresti/Ensemble Concerto/Gini Accord 206 642 ©1998

382 Historia Sancti Nicolai – La Reverdie Arcana A72 ©1998

383 Johann Friedrich Reichardt, Lieder und Sonaten – Poulenard/Spadano/Stewart/Schoonder woerdAstrée/Auvidis E 8595 ©1998

384 Maestri del Rinascimento Italiano (Cavazzoni, Fogliano, Antico, Veggio, de Macque, Valente, A. & G. Gabrieli, Merulo) – Andrea Marcon DIVOX CDX-70005-I P2001

385 Wolfgang Amadeus Mozart, Cosi fan tutte – Gens, Fink, Oddone, Güra, Boone, Spagnoli/Kölner Kammerchor/Concerto Köln/Jacobs Harmonia mundi France HMC 901663.65 ©1998

386 Heinrich Ignaz Franz Biber, Sonate, tam aris quam aulis servientes/Serenada Harmonia romana – The Rare Fruits Council Astrée E8572 ©1996

300 301

456 Antonio Vivaldi/Arcangelo Corelli/Andrea Falconieri/Bernardo Storace/Maurizio Cazzati/Francesco Corbetta/Giovan Battista Vitali/Antonio Caldara u. a.: Follie all’italiana – Sonatori de la Gioiosa Marca Erato 8573-85775-2 ©2001

457 Francesco Geminiani, Pièces de Clavecin – Fabio Bonizzoni Glossa GCD 921504 ©2001

458 Gaetano Brunetti, String Quartets – Schuppanzigh Quartett cpo 999 780-2 ©2001

459 Nox Lux. France & Angleterre 1200-1300 – La Reverdie Arcana A307 �2000 ©2001

460 Giovanni Rovetta, Vespro solenne – Cantus Cölln/Jung-hänel Harmonia mundi France HMC 901706 ©2001

461 Guillaume de Machaut, Mercy ou mort. Chansons & motets d’amour – Ferrara Ensemble/YoungArcana A305 �1998 ©2001

462 Jan Dismas Zelenka, Gesù al Calvario – Cordier, Schmithüsen, Malikowa, Norin, Wessel/Rheinische Kantorei/Das Kleine Konzert/Max Capriccio 10 887/88 (2CD) ©2001

463 Jean-Philippe Rameau, La Guirlande/Zéphyre – Daneman, Agnew, Bazola, Méchaly, Ockenden, Decau-daveine/Les Arts fl orissants/Cappella Coloniensis/Christie Erato 8573-85774-2 �2000 ©2001

464 Ludwig van Beethoven/Franz Liszt: Chorfantasien Kantate – Damrau, Dürmüller, Zeppenfeld, Komen/Kölner Kantorei/Cappella Coloniensis/Weil dhm/BMG 05472 77535 2 ©2001

465 Paul Peuerl, Weltspiegel – Armonico Tributo Austria/Duftschmid cpo 999 792-2 ©2001

466 The Rheingold Curse – Sequentia Marc Aurel Edition MA 200 16 ©2002

467 Anton Fils, Symphonies – L’Orfeo Barockorchester/Gaigg cpo 999 778-2 �2000 ©2002

468 Carl Philipp Emanuel Bach/Johann Christian Bach:Magnifi cat – Scholl/Sandhoff/Karasiak/Schwarz/Dresdner Kammerchor /La Stagione/SchneiderCapriccio 67 003 �2000 ©2002

469 Francesco Conti, Cantate con istromenti – Fink/Ars Antiqua Austria/Letzbor Arcana A309 �2001 ©2002

470 Georg Philipp Telemann, Serenata Eroica – Schlick, Winter, Mammel, Post, Mertens, Abele/Rheinische Kantorei/Das Kleine Konzert/Max Capriccio 10 67004/5 (2CD) �1997 ©2002

471 Ivan Pratsch, Chamber Composer at St. Petersburg – Playel Trio Christophorus CHR 77250 ©2002

472 Johann Christian Bach, Gioas Rè di Giuda – Frimmer, Staude, Wessel, Georg, Schäfer, Sol/Rheinische Kantorei/Das Kleine Konzert/Max cpo 999 895-2(2CD) �2001 ©2002

473 Johann Christian Bach, La Clemenza di Scipione – Perillo, Wolff, Waschinski, Schäfer, Mammel/Rheinische Kantorei/Das Kleine Konzert/Max cpo 999 791-2 (2CD) �2001 ©2002

474 Tage alter Musik Herne 2001 »Allianzen« Musik und Politik in Werken vom Mittelalter bis zur Romantik – Azéma/Kammen; Orlando Consort; Corona Colonien-sis/Seymour; Weser-Renaissance Bremen/Cordes; Zanetti/Musica Alta Ripa; Ars Antiqua Austria/Letzbor; Hammer/Schuppanzigh-Quartett; Brunner/Pixl; Concerto Polacco/Toporowski. Stadt Herne ©2002

475 Johann Schelle, Sacred Concertos & Cantatas – La Capella Ducale/Musica Fiata/Wilsoncpo 999 841-2 �2001 ©2002

476 Joseph Haydn, Cantatas pour les Esterhazy Hob. XXIVa:2–4; Symphonie Hob. I:12 – Im/Stojkovic, Ciolek/Vokal-ensemble Köln/Cappella Coloniensis/Spering, KraemerHarmonia mundi France HMC 9017654 ©2002

477 Paolo da Firenze, Narcisso Speculando – Mala PunicaHarmonia mundi France HMC 901732 ©2002

478 Sebastiano Moratelli, La Faretra Smarrita – Oswald, Krause, Ruf, Schmid, Steffan, Müller, Georg/Salzburger Hofmusik/Brunner cpo 999 851-2 �1998 ©2002

479 Walter Frye, Northern Winde. Music of Walter Frye – Ferrara Ensemble Marc Aurel Edition MA20018 �1999 ©2002

480 Johann Friedrich Fasch/Carl Fasch: Cantatas/Psalm 119 – Zádori/Norin/Mammel/Mertens/Rheinische Kantorei/Das Kleine Konzert/Max cpo 999 594 2 �1995/96/2001 ©2002

481 Wolfgang Amadeus Mozart, Concert Arias for Tenor – Prégardien/L’Orfeo Barockorchester/Gaigg cpo 999 810-2 �2001 ©2002

482 Carl Philipp Emanuel Bach, Sämtliche Triosonaten für Flöte, Violine und Basso continuo – Les Amis de Philippe cpo 999 495-2 �1997 ©2003

483 Alfonso Ferrabosco, Consort Music – Rose Consort of Viols cpo 999 859-2 �1997 ©2003

484 John Ward, Upon a Bank with Roses: Consort Music – Rose Consort of Viols cpo 999 928-2 �1998 ©2003

485 Alessandro Scarlatti, Griselda – Röschmann, Zazzo, Cangemi, Fink, Tro Santafé, van Rensburg, Akademie für Alte Musik Berlin/Jacobs Harmonia mundi France HMC 901805.07 (3CD) ©2003

486 Alexander Utendal, Fröliche neue teutsche und frant-zösische Lieder – Romanesque Ricercar RIC 227 �2002 ©2003

487 Antonio Vivaldi, Orlando Furioso – Desler/De Liso, Dordolo, Sciannimanico, Kennedy, Gregoire, Kronthaler/Modo Antiquo Amadeus 078-79 �2002 ©2003

488 Carl Maria von Weber, Abu Hassan/Sinfonie Nr. 1 – Völz, Dürmüller, Stojkovic, Selig/ChorWerk Ruhr/Cappella Coloniensis/Weil dhm/BMG 05472 77979 2 ©2003

421 Carl Philipp Emanuel Bach/Johann Christoph Friedrich Bach: Geistliche und weltliche Lieder – Schwarz/Bauer Capriccio 10 856 ©2000

422 Carl Philipp Emanuel Bach, Six keyboard sona-tas for harpsichord & fortepiano – Carole Cerasi Metronome MET CD 1032 ©2000

423 Caspar Kittel, Arien und Kantaten – Stojkovic/Fink/Türk/Ovenden/Snell/Jacobs Harmonia mundi France /Schola Cantorum Basiliensis HMC 905 247 ©2000

424 Gabrieli/Cabezon/Rognoni u. a., Ancor che col partire – Flautando Köln Ars musici AM 1286-2 ©2000

425 Tomaso Albinoni/Carlo Antonio Marini/Marc’Antonio Ziani/Giorgio Gentili/Giulio Taglietti/Benedetto Marcello/Luigi Taglietti: Concerti Veneziani – Sonatori de la Gioiosa Marca Erato 8573-80237-2 ©2000

426 Cristobal de Morales/Mateo Flecha/Francisco Guerrero/Santiago de Murcia u. a.: Fire-Water: The Spirit of Renaissance Spain – The King’s Singers/The Harp Consort/King RCA 09026 63519 2 �1999 ©2000

427 La Musica dei Crociati – Modo Antiquo AmadeusAMS 062-63 ©2000

428 Tage alter Musik in Herne 1999 »Musikalische Begegnungen in Europa. Stil und Geschmack. Länder und Nationen.« – Neue Düsseldorfer Hofmusik; Ferrara Ensemble; Götz/Flautando Köln/Geigenbande; Armonico Tributo Austria/Duftschmid; Cantus Cölln/Junghänel; Rheinische Kantorei/Das Kleine Konzert/Max; Ricercar Consort; Meyerson Stadt Herne ©2000

429 Johann Sebastian Bach, Alessandro Scarlatti, Johann Crüger, Adolphe Charles Adam, Christoph Bernhard, Wolfgang Amadeus Mozart, Franz Xaver Gruber, Michael Preatorius, Antonio Vivaldi, Samuel Scheidt, The Christmas Album – Jo/Cappella Coloniensis/Schneider Erato 8573-85819-2 ©2000

430 Francesco Maria Veracini, Ouvertüren und Concerti – Neue Düsseldorfer Hofmusik/UtigerNCA 9911845-215 �1999 ©2000

431 Franz Ignaz Beck, Stabat Mater – Piau, Kordes, Ragin, Einhorn, Mertens/Vokalensemble des SWR/La Stagione/Schneider Koch/Schwann 3-6583-2 �1999 ©2000

432 Georg Philipp Telemann, Danziger Kantaten – Schmithüsen, Schubert, Crook, Mertens/Rheinische Kantorei/Das Kleine Konzert/Max Capriccio 10 853 ©2000

433 Giovanni Bononcini, Luci Barbare – Zanetti, Bertin, Fons Musicae Etcetera KTC1202 ©2000

434 Matteo da Perugia, Hélas Avril: Chansons – Mala Punica Erato 8573-82163-2 ©2000

435 Claude Debussy, La musique de Chambre – S. Kuijken, V. Kuijken, S. Kuijken, W. Kuijken, B. Kuijken, P. Kuijken, S. Hallynck Arcana A303 �1999 ©2000

436 Giovanni Salvatore, Messa della Domenica – Fabio Bonizzoni Glossa GCD 921501 �1998/99 ©2000

437 Hans Leo Hassler, Cantate Domino: Motets & Organ Works – Böcker/Weser-Renaissance/Cordes cpo 999 723-2 �1999 ©2000

438 Heinrich von Meissen, Frauenlob – Sequentia dhm/BMG 05472 77309 2 ©2000

439 Johann Christoph Friedrich Bach, Cassandra – Norin/Das Kleine Konzert/Max cpo 999 593-2 �1995 ©2000

440 Johann David Heinichen, La Pace di Kamberga – Schwarz/Böhm/Seidl/Nanneson/Batzdorfer Hofkapelle Kammerton KT2009 �1999 ©2000

441 Johann Michael Bach, Friedens-Cantata – Schmithüsen, Crook, Schwarz, Mertens, Rheinische Kantorei/Das Kleine Konzert/Max cpo 999 671-2 �1997/98 ©2000

442 Johann Sebastian Bach, Bach oder nicht Bach. Frühe Cembalowerke von J. S. Bach – Christian Rieger Glissando 779011-2 ©2000

443 Orlando di Lasso/Philippe de Monte/Jean de Castro: Musica Sacra in Colonia – La Capella Ducale/Musica Fiata/Wilson Glissando 779 012-2 ©2000

444 Orlando Gibbons, Royal Fantasies – Concordia Metronome MET CD 1033 ©2000

445 Reinhard Keiser, Croesus – Röschmann, Güra, Trekel, Häger, Mannov, Schäfer, Haller, Youn, Pushee, Eisenfeld, Azesberger, Stojkovic, Gottschick, RIAS-Kammerchor, Knabenchor Hannover, Akademie für Alte Musik Berlin/Jacobs Harmonia mundi France HMC 901714.16 (3CD) ©2000

446 Wilhelm Friedrich Ernst Bach, Columbus, Cantatas & Sinfonias – Schmithüsen, Crook, Schwarz, Mertens/Rheinische Kantorei/Das Kleine Konzert/Max cpo 999 672 2 �1997/98 ©2000

447 Willem de Fesch, Joseph – McFadden, Alexander ,von Hase, van der Meel, Vonk, Sol, ten Wolde, Schweppe/Nationaal Kinderkoor/Viri Cantores/Musica ad Rhenum/Wentz NM Classics 92079 ©2000

448 Agostino Steffani, Cantatas, Duets, Sonatas – Zanetti, Bertin, Fons Musicae/Imamura Pan Classics 510 131 �2000 ©2001

449 Anton Eberl, Piano Trios – Playel Trio Christophorus CHR 77237 ©2001

450 Antonio Vivaldi, Concerti per Flauto – Oberlinger/Ornamente 99 Marc Aurel Edition MA 20015 ©2001

451 Carl Ditters von Dittersdorf, Giob – Schäfer, Lichtenstein, Waschinski, Abele, Duddeck, Perillo/Rheinische Kantorei/Das Kleine Konzert/Max cpo 999 790-2 (2CD) �2000 ©2001

452 Carl Maria von Weber, Der Freischütz – Gerhaher, Röhlig, Schnitzler, Stojkovic, Zeppenfeld, Prégardien, Hörl, Gerhaher, John/WDR Rundfunkchor Köln/Cappella Coloniensis dhm/BMG 05472 77536 2 (2CD) ©2001

453 Johann Nicolaus Bach /Wilhelm Friedrich Ernst Bach/Johann Christian Bach/Johann Christoph Bach: Der Jenaische Wein- & Bierrufer – Schäfer, Winter, Abele, Duddeck/Rheinische Kantorei/Das Kleine Konzert/Max cpo 999 797-2 ©2001

454 Orazio Bassani/Fabritio Fillimarino/Carlo Gesualdo di Venosa/Orlando di Lasso/Francesco Lombardo/Giovanni de Macque/Jacopo Peri/Scipione Stella/Giovanni Maria Trabaci/Giaches de Wert: Canzon del Principe – Tubb/Marcon/Pandolfo/Rooley Schola Cantorum Basiliensis/DIVOX CDX 79997 ©2001

455 Tage alter Musik in Herne 2000: »Das Reich, in dem die Sonne nicht untergeht.« Musik aus der Welt Karls V. und seiner Nachfolger – Huelgas Ensemble/van Nevel/Armonico Tributo Austria; Trio Montparnasse; Mudéjar; Weser-Renaissance/Cordes; Doulce Mémoire/Dadre; Villancico/Pontvik; Compañia Musical/Cabré; Al Alyre Español/Banzo. Stadt Herne ©2001

302

489 Claudin de Sermisy/Thoinot Arbeau/Eustache Du Caurroy, Orlando di Lasso/Claude Le Jeune/Pierre Sandrin/Adrian Willaert, Joyssance vous donne-ray. Chansons musicales – Il Desiderio Aeolus AE 10066 �2002 ©2003

490 Georg Friedrich Händel, Imeneo – Hallenberg, Stojko-vic, Thornhill, Stiefermann, Chung/Vokalensemble Köln/Capella Augustina/Spering cpo 999 915-2 �2002 ©2003

491 Giacomo Carissimi: Damnatorium lamentatio, Jephte, Felicitas beatorum/Lelio Colista: Sinfonie/Girolamo Frescobaldi: O mors illa/Partite sopra passacagli/Deus noster – Le Parlement de musique/Gester Opus 111 OP 30296 �2000 ©2003

492 Johann Georg Albrechtsberger, Concerti per Trombula e Mandora – Paulus/Prosser/Baiano/Piccolo Concerto Wien/Sensi ORF CD344 ©2003

493 Benedikt Anton Aufschnaiter, Dulcis fi dium harmonia – Ars Antiqua Austria/Letzbor Arcana A313 �2002 ©2003

494 Johann Adolf Hasse/Jan Dismas Zelenka, Dresdner Motetten & Konzerte – Haller/Batzdorfer HofkapelleKammerton KT2013 �2002 ©2003

495 Johann Philipp Sack u. a.: Lieder – Wessel/Hammer assai 222 302 �2002 ©2003

496 Tage alter Musik in Herne 2002: »Frauen in der Musik.« Werke vom Mittelalter bis zur Weimarer Klassik. – Rydén/Musica Fiorita; Wilkinson/Musica Antiqua of London; Discantus/Lesne; Mentzel/Bois de Cologne; Capella Artemisia/Smith; Tragicomedia; Reichardt-Ensemble; von Stauss/Brunner; Wolff, Stojkovic, Vargas, Bartsch, Batzdorfer Hofkapelle Stadt Herne ©2003

497 Leopold Anton Kozeluch, Moisè in Egitto – Kermes, Perillo, Schäfer, Sol/Rheinische Kantorei/Das Kleine Konzert/Max cpo 999 948-2 (2CD) �2002 ©2003

498 Guillaume Dufay/Prepositus Brixiensis /Bartholomeo da Bologna/Bertrandus Ferraguti/Antonius de Civitate, Voyage en Italie: Motetten, Ballaten, Canzonen – La Reverdie Arcana A317 �2001 ©2003

499 Friedrich Schneider, Sinfonie Nr. 17; Felix Mendels-sohn Bartholdy, Sinfonie Nr. 1/Violinkonzert d-moll – Kurosaki/Cappella Coloniensis/Kuijkencpo 999 932-2 ©2004

500 Georg Friedrich Händel, Siroe, Rè di Persia – Hallenberg, Stojkovic, Im, Schmid, Noack, de Jong/Cappella Coloniensis/Spering Harmonia mundi France HMC 901826.27 ©2004

501 Johann Friedrich Reichardt, Erwin und Elmire – Kermes, Stojkovic, Dürmüller, Kupfer/Cappella Coloniensis/Spering cpo 999 860-2 �1999 ©2004

502 Johann Pachelbel, Easter Cantatas – La Capella Ducale/Musica Fiata/Wilson cpo 999 916-2 �2002 ©2004

503 Wolfgang Amadeus Mozart, Le Nozze di Figaro – Keenlyside, Gens, Ciofi , Regazzo, Kirchschlager, McLaughlin, Rensburg, Abete, Rial/Collegium vocale Gent/Concerto Köln/Jacobs Harmonia mundi France HMC 901818.20 (3CD) ©2004

504 Philipp Heinrich Erlebach, Ouvertüren/Sonaten – Berliner Barock-Compagney Capriccio 67074 �2002 ©2004

505 Christoph Willibald Gluck, L’innocenza giustifi cata – Bayo, Karasiak, de Liso, Cangemi/ChorwerkRuhr/Cappella Coloniensis/Moulds dhm/BMG 82876587962 �2003 ©2004

506 La Vision de Tondal. A la recherche des chantres glago-litiques & latins de la Dalmatie médiévale – Dialogos/Livljanic Arcana A329 �2003 ©2004

507 Anthoine Boesset, Je meurs sans mourir – Le Poème Harmonique/Dumestre Alpha 057 �2003 ©2004

508 Lost Songs of a Rhineland Harper X & XII centuries – Sequentia dhm/BMG 82876 58940 2 �2002 ©2004

509 Giuseppe Antonio Brescianello, Concerti, Sinfonie, Ouverture – La Cetra Barockorchester Basel/Plantier/Luks Schola Cantorum Basiliensis/Harmonia mundi France HMC 905262 �2002 ©2004

510 Arnolt Schlick/Paul Hofhaimer/Johann Walter/Orazio Vecchi/Henry VIII./Antonio de Cabezon/Francisco Palero, Musik für Zink und Orgel auf der ältesten spielbaren Orgel der Welt in der Ev. St.-Andreaskirche Ostönnen b. Soest – Leighton/Sherwin Motette CD 20321 �2003 ©2004

511 Francesco Geminiani, Der Zauberwald/Concerti grossi op. 7 Nr. 4/6 – La Stagione Frankfurt/Schneider Capriccio 67 081 ©2004

512 Franz Ignaz Beck, Symphonies op. 3 Nos 1, 2 & 6/Ouverture »La Mort d’Orphée« – La Stagione Frankfurt/Schneider cpo 777 034-2 �2003 ©2004

513 Antonio Vivaldi, Tito Manlio – Foresti, Scholl, Kennedy, Dominguez, Sciannimanico, Grégoire, Livermore, Taddia/Modo Antiquo/Sardelli Amadeus AMS 086-87 2CD �2003 ©2004

514 Antonio Vivaldi, Concerti per fagotto e oboe RV 481, 461, 545, 498, 451, 501 – Azzolini/Westermann/Sona tori de la Gioiosa Marca Opus 111 OP 30379 ©2004

515 Antonio Vivaldi, Arsilda – Modo Antiquo/Coro da Camera Italiano/Sardelli cpo 999740-2 �2001 ©2004

516 Domenico Scarlatti, Sonaten – Linda Nicholson Capriccio 67112 �2003 ©2004

517 Johann Joseph Vilsmayr, Artifi ciosus Concentus pro Camera – Gunar Letzbor Arcana A328 �2003 ©2004

518 Arcangelo Corelli, Sonate a violino e violone o cimbalo op. V. – Gatti/Nasillo/Morini Arcana A423 �2003 ©2004

519 Johann Rosenmüller, Weihnachtshistorie – Cantus Cölln/Concerto Palatino/Junghänel Harmonia mundi France HMC 901861 ©2004

520 Ludwig van Beethoven, Diabelli-Variationen op. 120/Bagatellen op. 126 – Paul Komen Ars Musici AM 1382-2 ©2004

521 Robert Schumann, Sämtliche Werke für Violine und Pianoforte – Lisa Marie Landgraf/Tobias Koch GENUIN GEN 04043 ©2004

522 Georg Friedrich Händel, Lotario – Mingardo, Kermes, Prina, Summers, Davislim, Priante/Il Complesso Barocco/Curtis dhm/BMG 82876 58797 2 (2 CD) ©2004

523 Tage alter Musik in Herne 2003: »...mit aller Freiheit...« Improvisationen und Virtuosität oder Die Inszenierung von Musik – Millenarium, Huelgas-Ensemble, Lorenzo Ghielmi, Labyrinto, Le Concert Brisé, Vittorio Ghielmi/Luca Pianca, Theater Narrattak/Ensemble Cordarte, The King’s Singers, Suzie Le Blanc/Ensemble Tempo Rubato, European Union Baroque Orchestra/Goodman Stadt Herne ©2004

CD I / I I

Produktionsdaten und Kommentare

Thomas Synofzik

Johann Hermann Schein (1586–1630), Suite Nr. XVI in a aus Banchetto Musicale. Newer anmutiger

Padouanen, Gagliarden, Courenten und Allemanden à 5. auff allerley Instrumenten bevorans auf

Violen nicht ohne sonderbarere gratia, lieblich und lustig zugebrauchen ... (Leipzig 1617), Courente à 5

– Allemande à 4 – Tripla à 4 CD I, Track 1, 2’07

Collegium musicum des NWDR, Ltg. August Wenzinger; Aufnahme: Oetkerhalle Bielefeld, 10.3.1954, Ton:

Eduard Gröninger, Technik: Albert Wegener

Die erste Aufnahme des rundfunkeigenen Barockorchesters, das erst ein halbes Jahr später auf

den Namen ›Cappella Coloniensis‹ getauft wurde, war neben Bachs 6. Brandenburgischem

Konzert ausschließlich der Musik des frühen 17. Jahrhunderts gewidmet. Wie beim

6. Internationalen Heinrich-Schütz-Fest in Herford sechs Monate zuvor, im September

1953 (vgl. S. 53), wurden Suitensätze von Johann Hermann Schein nach dem Vorbild der

Mehrchörigkeit besetzt: Im kurzgliedrigen Wechsel alternieren ein Blockfl öten- und ein

Gambenchor. Namentliche Besetzungslisten sind in den WDR-Archiven nicht erhalten.

Gesichert ist die Mitwirkung von Hannelore Mueller und Hans-Martin Linde; ebenso wie

in Herford wurde die Blockfl ötengruppe vermutlich von Ferdinand Conrad geleitet, Fritz

Neumeyer spielte Cembalo.

Edmund Nick (1891–1974), ... wenn die Cappella Coloniensis spielt ... Moderation zum Kammerkonzert

auf UKW West – Die Welle der Freude, Sonntag 17. Oktober 1954, 23.15 bis 24.00 Uhr (Mitglieder der

Cappella Coloniensis, Ltg. Aug. Wenzinger) CD I, Track 2, 4’57

Aufnahme: Kölner Funkhaus, Studio 1a, 9.10.1954, Ton: Eduard Gröninger

Offenkundig hatte die Cappella Coloniensis mehrere ›Väter‹: Eduard Gröninger, August

Wenzinger und auch Edmund Nick, den Leiter der Hauptabteilung Musik. Dessen per-

sönlich gehaltene Moderation (vgl. S. ) belegt seinen wesentlichen Anteil an der Idee des

Barockorchesters. Der hier ausgewählten allgemeinen Einführung zur Bedeutung der

Orchestergründung folgten kurze Werkkommentare zu den drei in der Sendung gespielten

Werken: einem Concerto grosso von Vivaldi, einem Ballet aus Xerxes von Lully und der fünften

Streichersinfonie von Carl Philipp Emanuel Bach.

Johann Sebastian Bach (1685–1750), Schwingt freudig euch empor, Kantate zum 1. Advent: Nun komm der

Heiden Heiland, Duett für Sopran, Alt und Basso continuo, BWV 36/2 CD I, Track 3, 4’13

Knabensolisten der Wiener Hofmusikkapelle, Cappella Coloniensis, Ltg. Karl Richter; Aufnahme: Imma-

nuelskirche Wuppertal-Barmen, 17.9.1954, Ton und Produktion: Eduard Gröninger, Technik: Köhler

Die gemeinsam von den Herausgebern der Neuen Bach-Ausgabe und den Verantwortlichen

im WDR geplante Aufführung im Rahmen des Festakts zur Publikation der ersten Bände

besetzte nicht nur bei den Chorstimmen, sondern auch in den solistischen Partien die hohen

303

Antonio Sacchini (1730–1786), L’isola d’amore III/10 (Libretto: Antonio Gori), Rez./Duetto: A ch’io la cerco

invan/Mio cor CD I, Track 8, 5’48

Belinda: Lella Cuberli (Sopran), Giocondo: Ignacio Clapés (Tenor), Cappella Coloniensis,

Ltg. Daniel Chorzempa; Aufnahme: Bergisch Gladbach, Bürgerhaus ›Bergischer Löwe‹, 2.5.1980,

Produktion: Klaus L Neumann, Ton: Otto Nielen

Sacchini wurde nachgesagt, er habe »den lieblichen Styl der neuern Italiänischen Musik ein-

geführt« (W. Heinse 1795). Seine komische Oper aus dem Jahr 1766 fand ein Jahrzehnt später

auch in französischer Fassung in Paris großen Beifall. Die Cappella Coloniensis fühlte sich in

diesem frühklassischen Repertoire offenkundig sehr zu Hause. Wie schon bei den Rossini-

Aufnahmen sichern italienische Sänger die idiomatische Anbindung (vgl. S. 94).

Focquet de Marseille (um 1100), A quan gen CD I, Track 9, 1’18

Barbara Thornton (Gesang); Aufnahme: Köln, Gewölbekeller am Römerturm, August 1980, Produktion:

Klaus L Neumann, Ton: Hartwig Paulsen, Technik: Christoph Gronarz

Über die aquitanische Gesangskunst, die hier in einem zum dritten Kreuzzug entstande-

nen Lied vertreten ist, hatte Barbara Thornton ihre Basler Diplomarbeit verfasst, was zu

einem im Basler Jahrbuch für historische Musikpraxis 1980 gedruckten Artikel führte. Aus der

Korrelation zwischen Melismenzahl und Vokalfarbe folgerte sie eine »spezifi sche Nutzung des

Stimmapparates, die zu einem als ›hoch‹, ›hell‹, ›durchdringend‹ und ›tragend‹ umschreibbaren

Timbre führt«. Auf Grundlage solcher spärlichen Anhaltspunkte, aber auch durch eine Art von

›innerer Archäologie‹ entwickelte die Sängerin einen eigenen Stil, der selbst Schule machte.

Philippus de Caserta (14. Jh.), De ma dolour (Ms., Codex Chantilly) CD I, Track 10, 5’57

Marcel Pérès (Clavicytherium); Aufnahme: Düsseldorf-Gerresheim, Basilika St. Margareta, 6.10.1986,

Produktion: Barbara Schwendowius, Ton: Nikolaus Matthes

1981 wurde bei den Tagen alter Musik in Herne ein vom WDR in Auftrag gegebener Nachbau des

ältesten erhaltenen Tasteninstruments präsentiert (vgl. S. 169). Marcel Pérès ließ sich daraufhin

selbst eine entsprechende Kopie bauen. Als er mit seinem Ensemble Stücke aus dem Codex

Chantilly beim WDR produzierte, nahm er zwei davon auch am WDR-Clavicytherium auf.

Charles Piroye (vor 1672–nach 1717), L’allegresse, Dialogue, Rondeau a deux choeurs CD I, Track 11, 2’53

Ewald Kooiman (Orgel); Aufnahme: Angermünde (Brandenburg), ev. Stadtkirche St. Marien, 8.7.1987,

Produktion: Barbara Schwendowius, Ton: Klaus-Dieter Harbusch, Technik: Manfred Gehring

Die charakteristischen Zungenstimmen der 1742–44 erbauten Wagner-Orgel in Angermünde

waren Anlass für Ewald Kooiman, bei seiner Produktion neben mittel- und norddeutschem

Repertoire auch einige französische Stücke aufzunehmen, darunter dieses effektvolle Stück des

Lully-Schülers Charles Piroye.

Christian Geist (um 1640–1711), Die mit Tränen säen, Motetto für 5 Stimmen, 2 Violen und Basso continuo

CD I, Track 12, 8’37

Cantus Cölln: Johanna Koslowsky (Sopran), Maria Cristina Kiehr (Sopran), David Cordier (Altus),

Wilfried Jochens (Tenor), Stephan Schreckenberger (Bass), Konrad Junghänel (Laute), Musica

Antiqua Köln: Reinhard Goebel (Viola), Claudia Steeb (Viola), Phoebe Carrai (Violoncello), Andreas

Spering (Orgel); Aufnahme: Wuppertal-Barmen, Immanuelskirche, 16.2.1990, Produktion: Barbara

Schwendowius, Ton: Barbara Valentin, Technik: Martin Andrae

Stimmen (Sopran und Alt) mit Knaben. Der Festakt im Kölner Funkhaus am 18. September

1954 wurde live auf den Frequenzen des NWDR Köln übertragen, durch eine Produktion am

Vortag hatte man sich möglicherweise gegen eventuelle Pannen abgesichert. Richters Tempi

sind im allgemeinen langsam, auffällig ist das starke Ritardando am Schluss des Satzes, bei dem

Cello und Orgel nicht ganz synchron bleiben.

Gabriel Mena de Texenara (†1528), De la dulce e l’amiga, Villancico zu 4 Stimmen CD I, Track 4, 1’01

Studio der Frühen Musik: Andrea von Ramm (Mezzosopran), Nigel Rogers (Tenor), Thomas Binkley

(Krummhorn), Sterling Jones (Viola da gamba); Aufnahme: WDR Köln, Saal 2, 22.10.1962, Produktion:

Eduard Gröninger, Ton: Alfred Krings, Technik: Michels

Für den vierstimmigen Villancico-Satz des Troubadors Gabriel Mena aus dem Cancionero de

Palacio (E-Mp 1335) wählt der gleichermaßen als Musiker wie als Forscher und Pädagoge

bedeutende Thomas Binkley eine gemischt instrumental-vokale Besetzung und zieht mit

Andrea von Ramm und Nigel Rogers zwei erfahrene Sängerspezialisten heran. Dem Gambisten

Sterling Jones begegnen wir später im Ensemble Project Ars Nova (vgl. CD I, Tr. 16) wieder.

Muzio Clementi (1752–1832), Preludio Nr 2 A-dur ›alla Mozart‹ CD I, Track 5, 2’05

Alan Curtis (Broadwood-Hammerfl ügel 1804); Aufnahme: WDR Funkhaus, Saal 2, 2.9.1977, Produktion:

Klaus L Neumann, Ton: Klaus-Dieter Harbusch, Technik: Karl-Wilhelm Sieben

Clementi schlüpft in diesem Stück in die Rolle seines einstigen Kontrahenten Mozart, mit dem

er sich 1781 einen oft beschriebenen Wettstreit geliefert hatte. Alan Curtis arbeitete bereits

1974 mit Eduard Gröninger zusammen (vorher schon mit Alfred Krings und dem Collegium

aureum) und hat noch im Sommer 2004 in einer Coproduktion mit dem WDR Händels Oper

Lotario vorgelegt. Muzio Clementi gründete in London einen eigenen Klavierhandel, von

seinen Nachfolgern Collard & Collard befi ndet sich ein weiterer Hammerfl ügel in der WDR-

Sammlung. Hier fand der zeitlich passendere, noch unrestaurierte Broadwood-Flügel erstmals

in einer Rundfunkproduktion Verwendung; leider fi ng das offenbar sehr direkt plazierte

Mikrofon auch beträchtliche Mechanik- und Pedalgeräusche ein.

Ludwig Senfl (um 1486–um 1543), Das Gläut zu Speyer (›Gling glang‹), Liedsatz zu 6 Stimmen aus Varia

carminum genera (Nürnberg 1534) CD I, Track 6, 1’00

The King’s Singers: Nigel Perrin und Alastair Hume (Countertenor), Alastair Thompson (Tenor), Anthony

Holt (Bariton), Simon Carrington (Bariton), Brian Kay (Bass); Aufnahme: WDR Funkhaus, Saal 1,

15.7.1977, Produktion: Klaus L Neumann, Ton: Hans Schlosser, Technik: Helmut Dirksen

Am 16. Mai 1977 gaben die King’s Singers ihr erstes Konzert für den WDR und wurden

seitdem zu jährlichen Stammgästen. Mit lautmalerischen Stücken, wie diesem deutschen

Renaissance-Klassiker, sorgten sie bei ihren Zuhörern immer wieder für Begeisterung.

Jaufré Rudel de Blaia (ca. 1120–ca. 1147), Can lo rossinhols e’l fulhos CD I, Track 7, 3’06

Martin Best (Gesang und Laute); Aufnahme: WDR-Funkhaus, Saal 2, 14.8.1978, Produktion: Klaus L

Neumann, Ton: Klaus-Dieter Harbusch, Technik: Siegfried Burghardt

Martin Best pfl egt seit Anfang der 70er Jahre die historisch reich dokumentierte, heute aber

seltene Praxis des sich selbst auf einem Zupfi nstrument begleitenden Sängers. Im Falle dieses

einstimmig überlieferten Gesangs des Troubadours Jaufré Rudel de Blaia spielt nach einem

improvisierten Vorspiel die Laute die gesungene Melodie weitgehend unverändert mit.

305304

Kompositionen von Johann Rudolf Ahle, Christian Geist und Dietrich Becker und Georg

Christoph Strattner standen auf dem Programm einer Produktion, die die beiden Kölner

Ensembles Cantus Cölln und Musica Antiqua Köln1 vereinigte. Die Frage, ob das geistli-

che Ensemblerepertoire der Zeit um 1700 chorisch oder solistisch zu besetzen sei, wurde als

Reaktion auf die Forschungen vor allem von Joshua Rifkin zu dieser Zeit gerade heftig disku-

tiert; im Vorjahr hatte Musica Antiqua Köln mit anderen Solisten erstmals Bach-Kantaten in

solistischer Chor-Besetzung für den WDR aufgenommen.

Franz Schubert (1797–1828), Ouvertüre im italienischen Stil C-dur, D 591 CD I, Track 13, 7’43

Cappella Coloniensis, Ltg. Hans-Martin Linde; Aufnahme: Köln, Studio Stolberger Straße, 24.1.1999,

Produktion: Richard Lorber, Ton: Barbara Valentin, Technik: Martin Andrae

Bevor Hans-Martin Linde in einem Festkonzert aus Anlass seines 70. Geburtstags im Mai 2000

seinen offi ziellen Abschied als Dirigent der Cappella Coloniensis nahm, widmete er sich 1999

bei seiner letzten Studioproduktion einmal dem Repertoire des frühen 19. Jahrhunderts – ent-

sprechend der neuen Ausrichtung, die Redakteur Richard Lorber der Cappella Coloniensis

seit 1998 gab.

Fryderyk Chopin (1810–1849), Valse cis-moll op 64,2 CD I, Track 14, 3’45

Christine Schornsheim (Erard-Hammerfl ügel 1839); Konzertmitschnitt, Nachtmusik im WDR: »Claviere

1750–1850«, Köln, WDR, Klaus-von-Bismarck-Saal, 15.2.2003, Produktion: Barbara Schwendowius, Ton:

Barbara Valentin, Technik: Mark Hohn

2002 und 2003 präsentierte Barbara Schwendowius in zwei Nachtmusiken Schätze aus der

WDR-Sammlung von historischen Tasteninstrumenten. Auch wenn die Mechanik des Erard-

Flügels schon prinzipiell der heutigen Repetitionsmechanik entspricht, so bedingen doch

Konstruktion und Besaitung einen deutlich verschiedenen Klang, der dem von Christine

Schornsheim ausgewählten Walzer von Frédéric Chopin sehr entgegenkommt, auch wenn

Chopin als Pianist die leichtgängigere Mechanik von Erards Konkurrenten Pleyel bevor-

zugte.

NWDR Von alter Musik: Gambenmusik des 16. Jahrhunderts (Ausschnitt 0’00 bis 4’50) CD I, Track 15, 4’50

Autor u. Sprecher: Eduard Gröninger, Ton: Horst Hempel; Aufn./Erstsendung: 5.9./10.9.1951, 17.00–17.15

Heinrich Isaac (um 1450–1517), Innsbruck, ich muß dich lassen (1’07)

Ludwig Senfl (um 1486–um 1543), Carmen Lamentatio (1’12)

Viola-da-gamba-Quartett der Schola Cantorum Basiliensis: August Wenzinger, Marianne Majer,

Hannelore Mueller, Gertrud Flügel (Viola da gamba); Aufnahme: Köln, Juli 1951, Produktion: Eduard

Gröninger, Ton: Alfred Krings

Dass für diese Folge der mehr als zwanzigteiligen Sendereihe Von alter Musik 1951 spezielle

Musik-Produktionen erfolgten, ist nur durch die zufällig im Nachlass der Künstler erhal-

tenen Verpfl ichtungsscheine nachweisbar – die entsprechenden NWDR-Dokumente sind

offenbar verloren. Wenn Gröninger das Isaac-Lied »Innsbruck, ich muss dich lassen« in

einer Gambenbearbeitung an den Anfang stellt, knüpft er an den Hörern Bekanntes an. Seine

insgesamt 15-minütige Sendung ist dabei bewusst als Teil einer Reihe konzipiert. Offenbar

konnte er von einer regelmäßigen Hörerschaft ausgehen, wenn er hier auf die vorletzte Folge

(mit Einspielungen des Lautenisten Walter Gerwig) verweist.

WDR3 open Soundworld, Die wilde Jagd (Ausschnitt 20’30 bis 25’50) CD I, Track 16, 5’32

Autor: Thomas Synofzik, Sprecher: Luciana Caglioti, Andreas Fiebig, Volker Niederfahrenhorst;

Redaktion: Susanne Ockelmann, Regie: Detlev W. Meissner, Ton & Technik: Gerd Nesgen;

Aufnahme: Köln, Studio Interface, 8.–9.10.2002, Erstsendung WDR3 15.10.2002, 23.05 bis 0.00 Uhr

Magister Piero (14. Jh.), Con bracchi assai (1’36)

Giovanni da Cascia (= Giovanni da Firenze, 14. Jh.), Con bracchi assai (2’38)

Project Ars Nova: Laurie Monahan (Mezzosopran), Michael Collver (Countertenor), Sterling Jones (Fidel);

Aufnahme: Honrath, evangelische Kirche, 16.5.1983, Produktion: Klaus L Neumann, Ton: Wolfgang

Sandner, Technik: Heller (DLF)

Die beiden Parallelvertonungen desselben Textes »Con bracchi assai« gehören zur musikali-

schen Gattung der Caccia, mit der im 14. Jahrhundert die Geschichte des Kanons beginnt. Das

gegenseitige Verfolgen einzelner Stimmen in der Musik wird zum musikalischen Abbild einer

Jagd. Die nach einem Roman von Paul Scheerbart benannte akustische Jagd-Collage kombi-

nierte musikalisch-literarisches Material des 14. und des 20. Jahrhunderts und übertrug das

Prinzip der kanonischen Stimmverschachtelungen auch auf die gesprochenen Texte, wie hier

in dem zu Beginn erklingenden, leitmotivartig beibehaltenen Titeljingle und der in unter-

schiedlichen Zeitabständen überlagerten Rezitation von Originaltext und Übersetzung.

Collage (Hommage à Klaus L Neumann), Tibi Claus, tibi Gloria CD I, Track 17, 10’18

Aufnahme: WDR Köln, Studio für Klangdesign, August 1998, Idee, Ton & Technik: Gela Birckenstaedt,

Barbara Schwendowius, Annelie Stender, Thomas Synofzik und Günther Wollersheim

Zur offi ziellen Verabschiedung von Klaus L Neumann hatten sich viele Kollegen, Freunde und

Musiker eingefunden, einzelne brachten auch live ihr Ständchen dar. Die engeren Mitarbeiter

hatten zu diesem Anlass eine Collage zusammengestellt, mit Aufnahmen, an denen Neumann

als Produzent, Musiker oder Komponist beteiligt war. Zu hören sind Ausschnitte u. a. mit La

Reverdie, Cappella Coloniensis, René Jacobs, Jugendkantorei Dormagen, Gustav Leonhardt,

Musica Antiqua Köln, Reinhard Goebel, Sigiswald Kuijken, Konrad Junghänel, William

Christie, Randall K. Wong, The King’s Singers, Emma Kirkby, Benjamin Bagby, John Eliot

Gardiner, Cantus Cölln, Michael Schopper, Mala Punica und Les Adieux. Ausgangspunkt war

ein Jux der King’s Singers, die eines der Madrigale aus ihrer Lasso-Produktion 1988 durch

Einfügung des Buchstaben ›C‹ zur Hommage für den Produzenten werden ließen.

Georg Friedrich Händel (1685–1759), Rezitativ und Arie des Xerxes »Frondi tenere/Ombra mai fù«, HWV 40/I,1

(Xerxes) CD II, Track 1, 4’18

Alfred Deller (›Kontraalt‹), Cappella Coloniensis, Ltg. August Wenzinger; Aufnahme: Oetkerhalle Bielefeld,

10.10.1956; Aufnahmeleitung: Eduard Gröninger, Technik: Albert Wegener

Aus der Tradition der englischen Cathedral Choirs stammend, wo der Falsettgesang in cho-

rischer Besetzung eine bis heute ununterbrochene Pfl ege erfahren hat, konnte Alfred Deller

(vgl. S. 104f., dort ein Faksimile eines Briefes aus der dieser Produktion vorausgehenden

Korrespondenz) das solistische Stimmfach Countertenor neu etablieren und übernimmt hier

die bei Händel mit dem neapolitanischen Kastraten Caffarelli besetzte Titelpartie der Oper

Xerxes. Flexibel und nuancenreich versteht Deller in der Anfangsszene seine Stimme im hohen

Register zu modulieren.

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Johann Sebastian Bach (1685–1750), Unser Mund sei voll Lachens, BWV 110/1, Kantate am 1. Weihnachts-

festtag für vierstimmigen Chor, 3 Clarintrompeten, Pauken, 2 Flöten, 3 Oboen, Fagott, Streicher und Basso

continuo CD II, Track 6, 7’21

Tölzer Knabenchor, Collegium musicum des WDR, Ltg. Gerhard Schmidt-Gaden; Aufnahme:

Benediktbeuern, 11.9.1971, Produktion Alfred Krings, Ton/Technik: Höpfner

WDR-Mitarbeiter Alfred Krings kann als Entdecker des Tölzer Knabenchors gelten, der unter

der autoritären Anführung von Gerhard Schmidt-Gaden schon um 1970 musikalisch hoch-

wertige Leistungen bot. Chor- und Orchesterbesetzung sind weitgehend identisch mit der

späteren Schallplattenaufnahme,2 bei den Solisten allerdings gab es Umbesetzungen, da WDR-

Redakteur Horst Hempel weibliche Solisten bevorzugte. Bach greift im Eröffnungssatz dieser

Kantate auf das musikalische Material seiner Ouvertüre BWV 1069 zurück.

Armand-Louis Couperin (1727-1789), Sonate A-dur op 2,1 für konzertierendes Cembalo und obligate

Violine, Allegro CD II, Track 7, 3’56

Ton Koopman (Cembalo), Reinhard Goebel (Violine); Aufnahme: WDR Funkhaus, Saal 2, 5.1.1978,

Produktion: Klaus L Neumann, Ton: Otto Nielen

Armand-Louis Couperin, der Neffe des ›großen‹ François Couperin, enthob als einer der

ersten Komponisten das Tasteninstrument aus seiner Rolle in der improvisatorischen

Generalbasspraxis und kehrte so das Verhältnis zwischen begleitetem und begleitendem

Instrument um. Bei einem der seltenen ›Gipfeltreffen‹ zwischen dem Kölner Franzjosef-

Maier-Schüler Reinhard Goebel und dem Amsterdamer Gustav-Leonhardt-Schüler Ton

Koopman entstand 1978 diese energiegeladene Aufnahme.

Anonymus (Notre-Dame-Schule, 13. Jahrhundert), Hac in die salutari CD II, Track 8, 2’35

Männerstimmen der Schola Cantorum Basiliensis (Einstudierung: Christopher Schmidt), Sequentia:

Benjamin Bagby (Gesang), Crawford Young (Quinterne), Ltg. Benjamin Bagby; Aufnahme: Dossenbach,

ev. Kirche, 22.5.1979, Produktion: Klaus L Neumann, Ton: Susanne Uhing

Das 1977 gegründete Ensemble Sequentia suchte für diese Produktion ›Verstärkung‹ bei den

Studienkollegen und Lehrern der Schola Cantorum Basiliensis. Der Neujahrsgesang wird nach

Köln-Basler Manier in vokal-instrumentaler Besetzung dargeboten, die Quinterne spielt der später

u. a. mit seinem Ferrara Ensemble häufi g in WDR-Produktionen präsente Crawford Young.

Gioseffo Guami (um 1540-1611), Canzon XXV a 8 aus Canzoni per sonare (Venedig 1608) CD II, Track 9, 2’37

Stefano Innocenti (Orgel), Francesco Saverio Colamarino (Orgel); Aufnahme: Bologna, Basilica di San

Petronio, 13.7.1982, Produktion: Barbara Schwendowius, Ton: Thomas Gallia (Sonart)

Das ungewöhnliche Glück gleich zweier frisch restaurierter historischer Orgeln in der Kirche San

Petronio (vgl. S. 139ff.) inspirierte die Organisten zu diesem effektvollen dialogischen Musizieren.

Grundlage dazu bot eine 1608 in Einzelstimmen ohne spezifi sche Instrumentenangabe gedruckte

Canzone, die gemäß dokumentierbarer historischer Praxis eingerichtet wurde.

Scipione Lacorcia (um 1585-um 1620), Ahi tu piangi aus »Il secondo libro de madrigali« (Neapel 1616)

CD II, Track 10, 5’02

Consor t of Musicke: Emma Kirkby (Sopran), Evelyn Tubb (Sopran), Mar y Nichols (Alt), Andrew

King (Tenor), Alan Ewing (Bass), Anthony Rooley, Laute und Leitung; Aufnahme: Forde Abbey,

Great Hall 29.9.1986, Produktion: Klaus L Neumann, Ton: Thomas Gallia, Technik: Paul Der y

309

André Destouches (1662–1749), Airs de Musette I/II aus dem Ballett Les Eléments (1721) CD II, Track 2, 3’33

Cappella Coloniensis, Ltg. Marcel Couraud; Aufnahme: 30./31.7.1958, Oetkerhalle Bielefeld,

Ton/Produktion: Eduard Gröninger/Technik: Siegfried Burghardt

Ausgesprochen leichtfüßig klingt die – in gewohnter Weise mit zwölf Violinen besetzte –

Cappella Coloniensis hier unter der Leitung des zu jener Zeit in Stuttgart angestellten franzö-

sischen Dirigenten Marcel Couraud. Die französischen Verzierungen werden stilkundig aus-

geführt, der charakteristische französische Klang entsteht durch die Kopplung von Streichern

und Oboen. Letztere sind hier – wie für die Cappella Coloniensis zu jener Zeit typisch – mit

jeweils drei Spielern chorisch besetzt.

Robert Johnson (um 1583–1633)/arr.: Giles Farnaby (um 1565–1630), Pavana (Ms. Fitzwilliam Virginal Book)

CD II, Track 3, 4’22

Gustav Leonhardt, Cembalo; Aufnahme: WDR Köln, Saal II, 20.4.1959; Ton/Produktion: Eduard

Gröninger, Technik: Lustig

Seit seinem Schallplattendebüt mit Bachs Kunst der Fuge hatte der holländische Cembalist

Gustav Leonhardt 1953 (vgl. S. 106f.) einen neuen Cembalostil begründet, der dem virtuos-

motorischen Spiel einer Wanda Landowska eine fl exible, phrasierende Tempogestaltung gegen-

überstellt. Auch in dieser Aufnahme einer von Giles Farnaby bearbeiteten Lauten-Pavane aus

dem Fitzwilliam Virginal Book ist zu hören, wie er den zahlreichen extravaganten harmonischen

Wendungen durch minimale Aufhaltungen des musikalischen Zeitfl usses sensibel nachspürt.

Anonymus (13. Jahrhundert, Notre-Dame-Schule), Klausel Mors (instrumental) CD II, Track 4, 1’29

Helmut Hucke (Diskantpommer), Albrecht Renz (Zink), Dieter Vorholz (Fidel), Johannes Koch

(Tenorfl öte), Rudolf Ewerhart (Regal); Aufnahme: Basilika Knechtsteden, 5.10.1959, Ton/Produktion:

Alfred Krings, Technik: Siegfried Burghardt

Schon in seiner Zeit als Assistent am musikwissenschaftlichen Institut der Universität zu

Köln hatte Alfred Krings im universitären Collegium musicum die Aufführung von Werken

der Notre-Dame-Schule initiiert; nun konnte er solche Schätze in seiner Arbeit für den

Westdeutschen Rundfunk mit professionellen Kräften aufnehmen. Er übertrug seine Theorien

über gemischt vokal-instrumentale Besetzung in der Renaissance (vgl. S. 53ff.) zurück auf die

mittelalterliche Musik und ließ in den meisten Stücken die Sänger des Deller Consorts von

Instrumentalisten des rundfunkeigenen Collegium musicum begleiten.

Georg Friedrich Händel, Ode for St. Cecilia’s Day HWV 76/4, »The trumpet’s loud clangor«, CD II, Track 5, 3’35

Alexander Young (Tenor), Kölner Rundfunkchor (Chordirektor: Herbert Schernus), Cappella Coloniensis,

Ltg. Paul Sacher; Aufnahme: WDR Köln, Saal I, 28.5.1963, Produktion: Eduard Gröninger, Ton: Otto

Nielen, Technik: Wagner

»The trumpet’s loud clangor« gab es bei der Cappella Coloniensis erst seit 1960 zu hören, vorher

waren den Trompeten allenfalls leichtere Partien etwa in frühklassischen Sinfonien zugemutet

worden. Nun aber hatte man mit Walter Holy und den Finckeschen Transpositionsloch-

Trompeten (vgl. S. 11/26/272ff.) eine glückliche Lösung gefunden. Als ›hauseigenes‹ Ensemble

des WDR kooperierte die Cappella Coloniensis bis in die Gegenwart hinein mehrfach mit

dem Kölner Rundfunkchor, die Leitung hat hier einmal der Basler Dirigent Paul Sacher, der

gemeinsam mit August Wenzinger 1933 die Schola Cantorum Basiliensis begründete.

308

Gemeinsam mit der englischen Geigerin Catherine Mackintosh nahm sich dieser 1988 die

Sonaten des Deutsch-Engländers Michael Festing vor, aus der vor allem die zweite durch

ausgefallene harmonische Wendungen überrascht.

Johann Friedrich Fasch (1688–1758), Welt und Teufel, tobt ihr noch. Kantate zum Reformationsfest für Sopran,

Tenor, Chor, Streicher und Basso continuo, Arie (Tenor) Welt und Teufel – Chor Amen, Lob und Ehre – Arie

(Sopran) Freuet euch, ihr Gerechten – Choral Ihr Anschläg, Herr, zunichte mach CD II, Track 15, 8’13

Ann Monoyios (Sopran), Wilfried Jochens (Tenor), Rheinische Kantorei, Das Kleine Konzert, Ltg.

Hermann Max; Aufnahme: Wuppertal-Barmen, Immanuelskirche, Mai 1990, Produktion: Barbara

Schwendowius, Ton: Barbara Valentin, Technik: Burkhard Fernhomberg

Ein besonderes Anliegen der geistlichen Musikproduktionen war immer wieder die Erkundung

des Kantatenschaffens der Zeitgenossen Johann Sebastian Bachs. Idealer Partner für den WDR

war dabei Hermann Max, der immer wieder entsprechende Entdeckungen ausgrub und sie auf

hohem Niveau klingend umsetzte. Faschs Reformationskantate (Ms. Stadtbibliothek Leipzig)

wurde 1734 in Leipzig aufgeführt, möglicherweise also hat auch Johann Seb. Bach sie gekannt.

Wolfgang Amadeus Mozart (1756–1791), Lacrimoso son’io, Kanon KV 555 CD II, Track 16, 1’38

Corona Coloniensis: Elisabeth Hermans, Hildegarde von Overstraeten, Judith Cunnold, Annelies Coene

(Sopran); Aufnahme: Holland, Hoeven, Bovendonk, September 1990, Produktion: Klaus L Neumann, Ton:

Klaus-Dieter Harbusch, Technik: Martin Andrae

Als Gegenstück und Ergänzung zur Cappella Coloniensis entstand bei einer Produktion

unter William Christie 1988 die Chorgründung der Corona Coloniensis, deren Leitung

nach diesem Debüt Peter Seymour übernahm. Eine der ersten Produktionen galt mehrstim-

migen Gesängen Mozarts und Haydns, die zum Teil chorisch, zum Teil – wie im Falle dieses

vierstimmigen Kanons – solistisch besetzt wurden.

Pieter Bustijn (1649?–1729), Giga & Variatio (Suite Nr. VI a-moll aus IX Suittes pour le Clavessin composees de

Preludes, Allemandes, Courantes, Sarabandes, Gigues, Gavottes et autres Airs, Amsterdam 1712)

CD II, Track 17, 1’32

Bob van Asperen (Cembalo); Aufnahme: Köln, Gewölbekeller am Römerturm, 11.1.1994, Produktion:

Klaus L Neumann, Ton: Wolfgang Müller, Technik: Werner Sträßer

1992 spielte Bob van Asperen als Zugabe zu einem Konzert bei den Tagen alter Musik in Herne

zwei Stücke von Pieter Bustijn, einem Zeitgenossen Bachs, dessen Werke im Bach-Kreis nach-

weislich bekannt waren. Zwei Jahre später produzierte der holländische Cembalist sämtliche

Suiten seines Landmanns für den WDR.

Claude Debussy (1862–1918), Syrinx, L. 129 (1912) CD II, Track 18, 2’40

Barthold Kuijken (Flöte von Auguste Bonneville, Paris um 1910); Aufnahme: Lommel (B), Centre culturel,

September 1999, Produzent: Richard Lorber, Ton: Michel Bernstein

Im Booklet zur CD-Veröffentlichung3 mit Werken Debussys, gespielt von Mitgliedern der

Kuijken-Familie, schreibt Sigiswald Kuijken: »Wir haben uns immer geweigert, den Weg der

historischen Rekonstruktion als Selbstzweck zu gehen... Nicht das Instrument spielt, sondern

der Musiker«. Barthold Kuijken verwendet hier eine um 1910 gebaute Flöte von Auguste

Bonneville, Paris, und hat sich durch die erhaltenen Schallplattenaufnahmen beispielsweise

von Marcel Moysé inspirieren lassen.

311

Scipione Lacorcia gehörte zum neapolitanischen Umfeld von Carlo Gesualdo; für den

Ausdruck des Weinens (»Ahi tu piangi«) werden hier einzigartige satztechnische Kühnheiten

aufgeboten, die das Consort of Musicke (vgl. S. 109ff., 170-174 u. 220ff.) intonationssicher und

ausdrucksstark umzusetzen weiß.

N Z Cracoviensis (16. Jh.), »Nasz Sbawycyel« (Ms. Tabulatur des Heilig-Geist-Klosters Krakau 1548)

CD II, Track 11, 2’46

Jerzy Erdman (Orgel); Aufnahme: Kazimierz Dolny bei Lublin (PL), St. Johannes und Bartholomäus,

5.7.1986, Produktion: Barbara Schwendowius, Ton: Hans-Georg Daehn, Toningenieur: Georg Litzinger

In Polen sind aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts einige der frühesten Musikzeugnisse

für Tasteninstrumente überliefert, darunter die Tabulatur des Heilig-Geist-Klosters in Krakau

aus dem Jahr 1548. Bei der ersten WDR-Orgelreise wurde auch die älteste erhaltene polnische

Orgel in der Kirche St. Johannes und Bartholomäus in Kazimierz Dolny (zur Bauzeit 1607–20

auch die größte in Polen), gebaut von Szymon Lilius, Sprössling einer berühmten italienisch-

polnischen Musikerfamilie, aufgenommen.

Jean-Philippe Rameau (1683–1764), Platée, Comédie lyrique/Ballet bouffon (Libretto: Adrien-Joseph Le

Valois d’Orville nach Jacques Autreau, Uraufführung 31.3.1745), 3. Akt, Schlussszene CD II, Track 12, 6’45

Mercure: Guy de Mey, Platée: Gilles Ragon, Junon: Guillemette Laurens, Jupiter: Vincent Le Texier, Cithéron:

Bernard Deletré, La Folie: Isabelle Poulenard, Ensémble Vocal Françoise Herr, Les Musiciens du Louvre,

Ltg. Marc Minkowski, Konzertmitschnitt: Kulturzentrum Herne, 3.12.1988, Produktion: Klaus L Neumann

Erstmals wurde 1988 eine ganze Barock-Oper bei den Tagen alter Musik in Herne geboten. Der

damals gerade 26jährige Marc Minkowski, ursprünglich Fagottist unter anderem in William

Christies Les Arts fl orissants und Sigiswald Kuijkens La Petite Bande, präsentierte hier als

Dirigent mit seinem Ensemble bereits die für ihn bis heute charakteristischen einzigartigen

dramatischen Qualitäten. Der Rezitativgesang mit seinen nationalspezifi schen, sprachbeding-

ten Liaisons und Accents wird von den sämtlich aus Frankreich stammenden Sängern nicht

nur idiomatisch, sondern auch spannungs- und affektreich vorgetragen, die Chöre dieses

Schlussteils der Oper atmen tänzerischen Schwung.

Johannes Cesaris (†ca. 1420), Le Dieus d’amour (Ms. Codex Chantilly) CD II, Track 13, 3’30

Dialogo musicale Utrecht: David Cordier (Kontratenor), Jacques Bogaart (Laute), Erika Waardenburg

(Harfe), Ltg. Leo Meilink; Aufnahme: ev. Kirche Honrath, November 1988, Produktion: Barbara

Schwendowius, Ton: Stephan Hahn, Technik: Dietrich Wohlfromm

Der Codex Chantilly überliefert eine der frühesten Kompositionen des französischen Organisten

Johannes Cesaris. Von Cesaris stammt allerdings nur der Tenor der Ballade, offenbar handelt es

sich um die Erweiterung einer ursprünglich zweistimmigen Komposition. Der Blockfl ötist und

Ensembleleiter Leo Meilink besetzt diese beiden Grundstimmen mit Laute und Harfe.

Michael Christian Festing (1705–1752), Sonata II c-moll, op 4,2 (aus 8 Solos for a violin and thorough-bass...

opera quarta (London 1736), Largo – Allegro – Adagio – Poco Allegro – Allegro CD II, Track 14, 6’40

Catherine Mackintosh (Violine), Peter Seymour (Cembalo); Aufnahme: Köln, Gewölbekeller am

Römerturm, 16.5.1989, Produktion: Klaus L Neumann, Ton: Oskar Waldeck, Technik: Martin Andrae

Seit Klaus L Neumann 1977 erstmals das York Early Music Festival besucht hatte, pfl egte

er die Zusammenarbeit mit dessen Initiator und künstlerischem Leiter Peter Seymour.

310

Johann Sebastian Bach/arr.: Bill Dobbins (*1947), Weichet nur, betrübte Schatten BWV 202/1 (Kantate)

CD II, Track 19, 4’59

King’s Singers: David Hurley und Nigel Short (Countertenor), Paul Phoenix (Tenor), Philip Lawson und

Gabriel Crouch (Bariton), Stephen Conolly (Bass), Gary Foster (Sopransaxophon), Ltg. Bill Dobbins;

Aufnahme: Köln, WDR, Studio 4, September 2000, Produzent: Wolfgang Hirschmann, Ton: Frank

Schneider, Technik: Thomas Sehringer

Hatten sich die King’s Singers in den von der Alte-Musik-Redaktion veranstalteten Konzerten

schon oft über den Tellerrand der ›Early Music‹ hinausbewegt, so ließen sie sich zum Bach-

Jahr 2000 zum wiederholten Male auf ein Kooperationsprojekt mit der WDR-Big Band ein.

Deren Chefdirigent (von 1994–2002) Bill Dobbins steuerte die Bearbeitungen bei, im Falle

seiner Version des Eingangssatzes der Kantate »Weichet nur, betrübte Schatten« wirkt nur Big-

Band-Saxophonist Gary Foster mit.

An m e rk u n g e n

1 Die CD-Veröffentlichung dieser WDR-Aufnahme erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Deutschen

Grammophon – Archiv Produktion, dem das Ensemble durch einen Exklusivvertrag verbunden ist. 2 Harmonia mundi HM 21584 [1972] 3 Arcana A303 (vgl. Nr. 435, S. 300). Die Verwendung dieser WDR-Coproduktion – der einzigen schon

auf kommerziellem Tonträger zugänglichen Aufnahme unserer Auswahl – geschieht mit freundlicher

Genehmigung von Michel Bernstein, Arcana.

Auswahl und Zusammenstellung: Gela Birckenstaedt und Thomas Synofzik, Ton: Barbara Valentin, Technik: Irene van Dreyke/Angelika Schraml/Maria Wickenbrock

312

313

Adorno, Theodor W. (1903-1969) 75Agricola, Alexander (um 1446-1506) 221, 292, 293Ahle, Johann Rudolf (1625-1673) 306Ahrens, Christian (*1943) 168Aichinger, Gregor (1564-1628) 182, 289Albrecht, Hans (1902-1961) 217Alexander, Gebrüder (gegr. 1782) 271Alfons der Weise (1221-1284) 89Althöfer, Ulrich (*1961) 195Altmeyer, Theo (*1931) 56Ameling, Elly (*1938) 63, 70, 83Ameln, Konrad (1899-1994) 21, 39, 214f., 229Araiza, Francisco (*1950) 236, 288Arcadelt, Jacques (um 1500-1568) 221, 293, 298Asperen, Bob van (*1947) 112, 169, 295, 298, 311Baccelli, Umberto (1899-?) 44, Bach, Carl Philipp Emanuel (1714-1788) 42, 76, 82, 84, 91,

98, 121f., 130, 134, 152, 235, 243f., 252, 264, 275, 288, 290-293, 300f., 303, 306, 308f., 311f.

Bach, Georg Christoph (1642-1697) #128, 290Bach, Heinrich (1615-1692) 132, 290, Bach, Johann Christian (1735-1782) #31, 91, 232, 242, 244f.,

#248, 255, 294, 299-301Bach, Johann Christoph (1642-1703) 129f., #131, 132, 290,

295, 300Bach, Johann Christoph Friedrich (1732-1795) 134, 243f.,

292, 300Bach, Johann Ernst (1722-1777) 243, 293Bach, Johann Ludwig (1677-1731) 133, 288, 298Bach, Johann Michael (I: 1648-1694/II: 1745-1820) 134,

290, 295, 300, Bach, Johann Sebastian (1685-1750) 9f., 12f., 21, 26, 29f.,

40, 42f., 46, 50, 63, 66f., 68f., 71, 72ff., 73, 77, 79, 82f., 85, 87f., 102, 106f., 112, 114, 119, 127, 129, 132ff., 140, 142, 152, 165, 170, #172, 174, (194, 196f.), 229, 232, 237, 239, 242f., 255, 256, 260, 271f., 274, 287-296, 298-300, 303,

Bach, Wilhelm Friedemann (1710-1788) 12f., 152, 156, 290, 295

Bach, Wilhelm Friedrich Ernst (1759-1834) 134f., 300Badura-Skoda, Paul (*1927) 84, 174, 290Bagby, Benjamin (*1951) 200f., 204, 206, 235, 307, 309Barlow, Klarenz (*1945) 90Bauermann, Werner 9Beckedorf, Horst (*1930) 64, 73Becker, Dietrich (c1623-1679) 306Beethoven, Ludwig van (1770-1827) 15, 70, 84f., 201, 248ff.,

254ff., 274f., 283f., 288, 301f.Bellman, Carl Michael (1740-1795) 179Benda, Franz (1709-1786) 179, Benda, Georg (1722-1795) 180, 246Berio, Luciano (*1925) 114Berlioz, Hector (1803-1869) 249Beyer, Franz (*1922) 65, 73Beyer-Hané, Hermann 41

Biber, Heinrich Ignaz Franz (1644-1704) 84, 88, 236, 288, 299

Binchois, Gilles (c1400-1460) 120, 227, 295Binkley, Thomas (1931-1995) 216, 222, 304Bizarri-Antegnati, Marco-Antonio (1519-1589) 147, 157Björlin, Ulf (1933-1993) 97, 292, 294Blachly, Alexander 227Black, Virginia 174, 290Blaia, Jaufré Rudel de (ca. 1120-ca. 1147) 304Blum, Josef Stefan (*1919-1993) 270Boccherini, Luigi (1743-1805) 70, 290Bodenröder, Robert (*1900?) 83Boeke, Kees (*1950) 120, #209, 210, 288, 290Bolzonello Zoja, Elsa 147, 156Bonizzoni, Fabio 148, 157, 298, 300Bonneville, Auguste (fl . 1876-p1950) 311Bononcini, Giovanni Maria (1642-1678) 121,Bononcini, Giovanni (1670-1747) 177, 234, 244, 298, 300Bonynge, Richard (*1930) 231Bordas, Antonio Fernandez (fl . 1921-1940) 93Bosch, Hieronymus (c1450-1516) 218Bottarelli, Giovanni Gualberto (fl . 1762-1779) 245Botto, Louis (1951-1997) 220f., 290Boyden, David (1910-1986) 86Broadwood, John (1732-1812) 236, 274f., 282, 285, 304Brahms, Johannes (1833-1897) 86, 93, 146, 156Braunbehrens, Volkmar (*1941) 195Breig, Werner (*1932) 140Brennecke, Wilfried (*1926) 39, 217, 229Breuer, Paul (1918-1993) 58, 64Breughel, Pieter (1528-1569) 218Briegel, Wolfgang (1626-1712) 193Britten, Benjamin (1913-1976) 185Brix-Meinert, Ilse Marianne (1903-?) 61Bruhns, Nikolaus (1637-1718) 58Brüggen, Frans (*1934) 165, 171Brühl, Fritz (1909-1982) 74, 81Brumel, Antoine (c1460-1512) 221, 223, 293Brunner, C. T. (um 1840) 192Bryan, John (*1934) 109Buhl, Reinhold Johannes (*1933) 61, 73Burmann, Gottlob Wilhelm (1737-1805) 191Busch, Ernst 270Bussotti, Sylvano (*1931) 114 Bustijn, Pieter (1649?-1729) 311Buxtehude, Dietrich (c1637-1707) 10, 58, 112, 142, 152, 156,

196, 243, 259, 290ff., 294, 299Bylsma, Anner (*1943) 165Byrd, William (1539/40-1623) 42, 221, 238, 289, 297Cape, Safford (1906-1973) 214Capricornus, Samuel (1628-1665) 182Caruselli, Salvatore 94Caskel, Christoph (*1932) 23f., #25, 40, Castello, Dario (fl . 1629) 177, 299Casulleras, Pere 137f., 148

Register (mit Lebensdaten)zusammengestellt von Thomas Synofzik

Namen, die ausschließlich in den kleingedruckten Textteilen (Bildbeischriften, Anmerkungen, Verzeichnisse)

auftreten, bleiben unberücksichtigt. Abbildungsnachweise sind kursiviert.

315314

Cattus, A. E. W. (um 1840) 192Cavazzoni, Marco Antonio (c1485-n1569) 139, 151, 155, 157Cavazzoni, Girolamo (fl . 1540-1577) 151, 157Cervellini, Giovanni Battista (18. Jh.) 140, 151, 156, 298Cesaris, Johann (fl . 1406-1417) 310Cesti, Antonio (1623-1669) 124, 242, 288Chopin, Fryderyk (1810-1849) 250, 255, 275, 298, 306Christie, William (*1944) 13, #13, 97f., 112ff., 116, 170,

173f., #176, 235, 237, 251, #251, 252, 256, 289-293, 295, 297, 301, 307, 311

Cichy, Martin 144Ciconia, Johannes (c1375-1412) 120, 298Clemencic, René (*1928) 216, 221, 289Clemens non Papa (c1512-1555?) 183, 223, 289Clementi, Muzio (1752-1832) 285, 304Cohen, Patrick (*1965) 250, 255, 297, 299Colamarino, Francesco Saverio 140, 151, 309Collard, Frederick (1762-1860) 285, 304Conrad, Ferdinand (1912-1982) 11, 165, 303Conradi, Johann Georg (+ 1699) 187Corbelli, Alessandro (*1952) 236, 288, 294Corelli, Arcangelo (1653-1713) 61, 73, 177, 287, 293f., 298,

301f.Corrette, Michel (1707-1795) 86Cortona, Luca da (fl . 1535) 148, 155f.Cossotto, Fiorenza (*1935) 236, 287Couperin, Armand-Louis (1727-1789) 309Couperin, François (1668-1733) 152, 156, 309Couperin, Louis (1626-1661) 42, 156Couraud, Marcel (1912-1986) 46, 60, 214, 308, Coutaz, Eva (*1943) 234Crüger, Johann (1598-1662) 46, 300Csapó, Eva (*1944) 218, 294Cuberli, Lella (*1945) 236, 287, 305Curtis, Alan (*1934) 302, 304Dael, Lucy van 86, 288f. Danhauser, Joseph (1805-1845) 275Danz, Ruth 61Dara, Enzo 236, 288Davies, Peter & Timothy 207Debbonis, Francicus (fl . 1678) 279Debussy, Claude (1862-1918) 8, 76, 261, 300, 311Deconetti, Michele (1722-1795) 65Deinzer, Hans (*1934) 84Deller, Alfred (1912-1979) 51, 62, #62, 79f., #80, 104f., 112,

216, 228, 307f. Demus, Jörg (*1928) 70Dery, Paul (1921-1992) 137f., 309Destouches, André (1662-1749) 308Dickey, Bruce (*1949) 238, 289, 296, 299Diener, Hermann (1897-1955) 54Dittersdorf, Carl Ditters von (1739-1799) 180, 244, 300Dixon, Graham (*1955?) 123, 264Dobbins, Bill (*1947) 312Dobernecker, Rudolf 273Domp, Joachim (*1910) 189Donati, Pier Paolo 138f., 148, 151, 155Dostojewsky, Fjodor M. (1821-1881) 86Dowland, John (1563-1626) 51Dürmüller, Jörg (*1959) 250, 255ff., 301f.Dufay, Guillaume (1397?-1474) 57, 100, 120, 209, 210, 214,

216, 298, 302Dulcken, Johan Lodewijk (1761-1836) 275, 281

Dunstable, John (1395-1453) 214, 216Dupré, Marcel (1886-1971) 106Durante, Francesco (1684-1755) 62, 291, 293, 295, 296Dygulska, Jadwiga (fl . 18. Jh.) 143Edelmann, Heinz (*1936) 158-162, 167f.Eggers, Wolfgang (*1923) 91, 99, 218Ehmann, Wilhelm (1904-1989) 16, 214Ehrenfried, Heinrich (um 1800) 192Ehrhardt, Martin 89Ehrhardt, Werner (*1957) 89, 293Elders, Willem (*1934) 223 Encina, Juan del (1468-1529/30) 216Erdman, Jerzy (1942-2000) 143f., 152, 154, #155, 296, 310Erlebach, Philipp Heinrich (1657-1714) 58, 302Ernst, Friedrich 12Erraji, Hassan 86Eßrich, Eberhard 75Esswood, Paul (*1942) 83Esterházy, Pal 179 Ewerhart, Rudolf (*1928) 56f., 60f., 66, 73, 78, 287, 308Fallows, David (*1945) 119, 207, 209, 227, 229, 264Farnaby, Giles (+ 1640) 308Fasch, Johann Friedrich (1688-1758) 180, 294, 299, 301, 311Fehr, Hans Conrad 272Feldman, Morton (1926-1987) 114Felicani, Rodolfo (1902-?) 44, 61Fellerer, Karl Gustav (1902-1984) 214f.Ferrabosco, Alfonso (I:1543-1588/II:1575c-1628) 221,

289, 301Ferrari, Gian Paolo 139, 151Ferras, Christian (1933-1982) 75Ferro, Gabriele (*1937) 94, #95, 236, #236, 287f., 294Fest, Fritjof (*1909) 56, 78, 287Festing, Michael (1705-1752) 310f.Feuermann, Emanuel (1902-1942) 41Feyerabend, Johannes 56Field, John (1782-1837) 70, 290Finke, Helmut (*1923) 23, 26, #27, 34, 271Fischer, Georg (*1933) 236, 294Fischer, Johann Caspar Ferdinand (1656-1746) 152, 179Fischer-Dieskau, Dietrich (*1925) 231, #233, 296Flügel, Gertrud (1901-1998) 42, 173Forkel, Johann Nikolaus (1749-1818) 131Foster, Gary (*1936) 312Franck, Melchior (c1579-1639) 43, 51f., 72Frescobaldi, Girolamo (1583-1643) 42, 138, 149, 151f., 154f.,

157, 218, 289, 295, 299, 302Frieberger, Rupert Gottfried (*1951) 147, 156, 294f., 297Fritsch, Johannes G. (*1941) 90Fux, Johann Joseph (c1660-1741) 183, 298Gabrieli, Andrea (1532/33-1585) 98, 148, 151, 155, 156f.,

221, 289, 297f., 300Gabrieli, Giovanni (c1555-1612) 42, 46, 51, 67, 154-157,

221, 289, 295Gagliano, Januarius (fl . 1730-1783) 270Gaigg, Michi (*1957) 122, 295, 297-299, 301Gallia, Thomas (1921-1997) 137f., 148, #148, 309, Gallus, Jacobus (1550-1591) 67Ganzarolli, Wladimiro (*1932) 236, 288Gardiner, John Eliot (*1943) 97, 235, 288-291, 307Geck, Martin (*1936) 74, 135Gehann, Horst (*1928) 107, 127Geist, Christian (c1640-1711) 305f.

Geminiani, Francesco (1687-1762) 86, 290, 294, 301, 302Gerber, Ernst Ludwig (1746-1819) 192Germani, Fernando (1906-1998) 107Gerwig, Walter (1899-1966) 43, 214, 306Gesell, Willy 56Gesualdo, Carlo (1566-1613) 185, 224, 289, 298, 300, 310Ghiuselev, Nicolai (*1936) 236, 287Gibbons, Orlando (1583-1625) 42, 243, 291, 300Girardeschi, Giuseppe (18. Jh.) 177 Glaser, Karl 42Glasunow, Aleksandr (1865-1936) 76Gluck, Christoph Willibald (1714-1787) 231ff., 242f., 252,

256f., 290, 294, 296, 302Goebel, Reinhard (*1952) 87, 92, 99, 124, 129, #132, 168,

238f., 289f., 296, 298, 305, 307, 309Goethe, Johann Wolfgang von (1749-1832) 76, 88, 185, 246,

255, 296Göldner, Heinrich (*1913) #45, 56, 287Göpelt, Philipp (1904-?) 58Götz, Roland 145f., 152, 154f., #155, 291, 293, 296, 298, 300Goldberg, Johann Gottlieb (1727-1756) 66Gombert, Nicolas (c1495-c1560) 57, 183Gräbner, Johann Heinrich (c1700-c1777) 273Graf, Conrad (1782-1851) 70, 275, 283, 284Graf, Heinz-Otto 84Graun, Carl Heinrich (1703/04-1759) 183, 244, 299Greene, Hugh Carleton (1910-1987) 104Grehling, Ulrich (1917-1977) 10f., #20, 22, 44, 59, 61, #61,

65, 64, 77, 91, 97, 231, #233, 270, 287Gröninger, Eduard (1909-1990) 9, #10, 11ff., #14, 15-17, #19,

20f., 24, 26, #27, 28, 30, 36f., #38, 39f., 43, #44, 46, 50-55, #54, 57-60, #59, 64, 69, 71-74, 80, 91, #93, 102-105, #105, 108, 119, 135, 189, 213-217, #215, 229, 232, 242, 260, 263, 267, 269, 287, 303f, 306ff.

Grubich, Joachim (*1935) #141, 142, 152Grümmer, Paul (1879-1965) 41, #42Gruner, Ulrike 190Guami, Gioseffo (c1540-1611) 151, 156, 309Guido von Arezzo (fl . 1020-1035) 148Gyrowetz, Adalbert (1763-1850) 179Hacker, Alan (*1938) 109Händel, Georg Friedrich (1685-1759) 10, 30, 33, 48, 57,

78, 96, 100, 102, 170, 174, 186, 193, 199, 217, 231-235, 241ff., 252f., 261, 263, 287-290, 292ff., 302, 304, 307f.

Harant, Kryštof (1564-1621) 182Harnoncourt, Nikolaus (*1929) 39, 68f., 82, 84, 271Hartmann, Hanns (1901-1972) 17-20, 39, 51, 67, 71, 127, Haselböck, Hans (*1928) 107Hasse, Johann Adolf (1699-1783) 13, 97f., 180, 235, 243f.,

251, 290, 294f., 297f., 302Haßler, Hans Leo (1564-1612) 67, 156, 182, 218, 289, 291,

298, 300Haydn, Joseph (1732-1809) 70, 84, 91, 94, 98, 102, 114, 155,

192, 232, 242f., 257, 275, 287f., 292, 294f., 298f., 301, 311Haydn, Michael (1737-1806) 61, 287Heindorff, Ernst Dietrich (1651-1724) 132Heinichen, Johann David (1683-1729) 180, 244, 294, 297f.,

300Heintze, Hans (1911-2003) 10Hellinck, Lupus (1493/94-1541) 223Hempel, Horst 79, 82f., 106, 127, 306, 309Hemsch, Henri (1700-1769) 274

Hengelhaupt, Joachim (*1927) 163f., 166f., 171, 173, 177, 188

Henkel, Hubert 273Hennig, Heinz (1927-2002) 237, 287, 289, 298Hepworth, George (1825-?) 146, 156Herreweghe, Philippe (*1947) 219, 237, 287Herzbruch, Kurt 58Heyde, Herbert 175Hiemer, Franz Carl (1768-1822) 247, 257Hildegard von Bingen (1098-1179) 109, 118, 201-204, 207,

235, 242, 288f, 295, 296ff.Hill, Robert (*1953) 88, 174, 290Hiller, Johann Adam (1728-1804) 246, 292Hindemith, Paul (1895-1963) 41, 79Hinnenthal, Johann Philipp (1883-?) 189Höller, Günther (*1937) #55, 91, #97, 218, 294Hoesch, Hans Eberhard (1891-1972) 41Hoffmann, Bettina 226Hoffmann, Martin 270Hoffmeister, Franz Anton (1754-1812) 192Hofmann, Matthias 126f.Hoff-Mommer, Gertraude (*1930) 270Hogwood, Christopher (*1941) 109Hollweg, Werner (*1936) 236, 287Holy, Walter (*1921) 10, #11, 23, 26, #27, 271, 308Hortschansky, Klaus (*1935) 194f.Howland, Chris (*1928) 104, 127Hucke, Helmut (*1929) #78, 83, 91, #96, 218, 294, 308Huene, Friedrich von (*1928) 187Hünteler, Konrad (*1947) #97, 119, 175, 177, 190, #190, 192,

194, 290, 292, 294Huizinga, Johan (1872-1945) 213India, Sigismondo d’ (c1582-1629) 221, 290, 295Ingenhoven, Clemens (1905-1982) 58Innocenti, Stefano 140, 151, 309Isaac, Heinrich (c1450-1517) 73, 182, 221, 288f., 306Isoir, René (*1935) 170Jacobs, René (*1946) 89, 112f.,114, #115, 119, 121, 124, 170,

#172, 196, 234f., 238, #241, 245, 252, #253, 256, 287-294, 296ff., 300ff., 307

Jarnach, Philipp (1892-1982) 41Jaud, Reinhard (*1947) 145, 151f., 289Jenke, Manfred (*1931) 108Joachim, Joseph (1832-1907) 93Johnson, Robert (um 1583-1633) 293, 308Jones, Lewis 279Jones, Sterling 307Josquin Desprez (c1450-1521) 55f., 120, 196, 221ff., 288,

291, 293, 295Junghänel, Konrad (*1953) 173, 175, 235, 239, #239, 289f.,

292-295, 299-302, 305, 307Kagel, Maurizio (*1931) 90, 200, 216Kahlhöfer, Helmut (1914-1988) 9f., 68Kamp, Harry van der (*1947) 239, 289, 291f., 296f., 299Kämper, Dietrich (*1936) 80Karl V., Kaiser (1500-1558) 140, 183, 227, 290, 300Kehr, Günther (1920-1989) 45, 76, 92Kelley, Eric Lynn 112, 145, 152, #154, 288, 290f., 293, 296Khan, Imrat (*1935) 88, #89Kirchberg, Klaus 166, 173, 188Kirckman, Jacob & Abraham (1710-1792/1737-1794) 274,

280

317316

Kirkby, Emma (*1949) #13 oder 97???, 109f., #111, 170, 220, #221, 290f., 294, 307, 309

Kirkpatrick, Ralph (1911-1984) 113, 170, #171Kirsch, Dieter 217Knäbel, Hans (+ 1977) 106f., 115, 127Koch, Ferdinand 56Koch, Johannes 10, 36, #37, 56f., 58, #58, 61, 73, 78, 308Koch, Karl O. (1911-1982) #37, 60, 63, 67, 69, 74, 106, 108,

127Koch, Ulrich (*1921) 11, #11, 22, 61, 64, 91Kooiman, Ewald (*1938) 140f., 145, 147, 152, #153, 291, 305König, Christian Ludwig (1717-1789) 61Kohnen, Robert 106Kontarsky, Elfriede (geb. Früh, 1932-1999?) 91Koopman, Ton (*1944) 112, #114, 115, 119, 137, 151, 170,

175, 191, 194, 235, #240, 289-293, 299, 309Kopel, Tadeusz 141, #155Kopetzky, Steffen (*1971) 247f., 257Korte, Werner (1906-1982) 263Korzus, Bernhard 195Kraemer, Nicholas (*1945) 97, 293f., 301Krebs, Helmut (*1913) 10f., 288Kreisler, Fritz (1875-1962) 93f.Kremin, Mathias 190Krings, Alfred (1919-1987) 7, 9, 39, 53-57, #54, 60-63, 68,

70-73, 76f., #77, 79, 80-85, 87, 89, 88, 94, 105, 106, 108ff., #109, 112, 115, 127, 137, 141, 166f., 200-204, #202, 206, 215, 216f., 219, 229, 241, 263, 304, 306, 308f.,

Krügerke, Michael (*1957) 190Kruschek, Hans 58Kruttge, Eigel (1910?-1975?) 61, 66, 73, 127Küllmer, Eva 116, 190Kuhnau, Johann (1660-1722) 66, 294f.Kuijken, Barthold (*1949) 8, 106, 112, 171, 291, 311Kuijken, Sigiswald (*1944) 8, 85, #87, 106, 108, 112, 115,

121, 186, 196f., 232, 234, #234, 251, 287-292, 300, 302, 307, 310f.

Kuijken, Wieland (*1938) 8, 84, 106, #108, 112, 197, 289, 291Kurosaki, Hiro (*1959) 95-97, #95, 122, #124, 252, 255, 292,

294, 297, 299, 302Labes, Thea 147Lacorcia, Scipione (um 1585-um 1620) 309Landon, Harold C. Robbins (*1926) 195Landowska, Wanda (1879-1959) 308la Rue, Pierre de (c1460-1518) 56f., 215f.Lasso, Orlando di (1532-1594) 57, 67, 72, 213f., 219f., 223,

237f., 287, 289ff., 300, 302, 307Lautenbacher, Susanne (*1932) 61Leighton, Brett 150, 152, 157, 302Leisinger, Ulrich 120Leitner, Ferdinand (1912-1996) 33f., #34f., #48, 91, 263,

287, 294, 296Lehmann, Fritz (1904-1956) 68Lemmen, Günter 44, 64, 73, 78Leonhardt, Gustav (*1928) 69, 84f., #86, 106, #107, 108, 112,

139, 165, 174, 232, 234, #234, 273, 287, 289, 291, 307ff.Leonhardt, Marie 106Leiwering, Hubert (1886-1976) 214Lexutt, Walter 83Ligeti, György (*1923) 185Linde, Hans-Martin (*1930) 22, 33, #37, #38, 40, #55, 56, 94-

97, #94, #96, 100, 127, 136, 164f., 171, #180, #238, 250, 255f., 287, 289f., 293f., 296, 303, 306

Liszt, Franz (1811-1886) 145, 248f., 254, 256, 275, 301Litzinger, Georg (1941) 144, #145Locke, Matthew (c1622-1677) 48, 111, 243, 291Lorber, Richard (*1959) 97, 186, 210, 267, 287Lucchesi, Andrea (1741-1801) 140, 151, 156, 297f.Lütteken, Laurenz (*1964) 195, 227Lully, Jean-Baptiste (1632-1687) 55, 85f., 89, 303, 305Luzzaschi, Luzzasco (1544/45-1607) 139, 221, 291Machaut, Guillaume de (c1300-1377) 210, 261, 301Maier, Franzjosef (*1925) 58f., 63, 64f., #64, 68, 72f., #76,

76ff., 84ff., 93, 100, 288, 290, 309Majer, Marianne (*1913) 42, #43, 306Mandalka, Rudolf (+ 2004) 58, 64, #65, #82, #238, 288Manze, Andrew (*1965) 191Marais, Marin (1656-1728) 48Marcon, Andrea (*1963) 148f., 157, 156, 297-300 Marenzio, Luca (1553/54-1599) 221, 291Marini, Biagio (1594-1663) 177, 295, 298, 300Marschner, Wolfgang (*1926) 43Massaino, Tiburzio (c1550-1608/09) 51Matteo da Perugia (fl . 1402-1426) 127, 210, 296, 300Mattheson, Johann (1681-1764) 173, 189Max, Hermann (*1941) 133f., #133ff., 183, 235, 238f., 289,

291, 292-302, 311Maximilian Emanuel, Kurfürst von Bayern (1679-1727) 181May, Angelika (*1933) 73, 84Mayone, Ascanio (c1570-1627) 149, 151, 290McDaniel, Barry (*1930) 77Medlam, Charles 95, 288f.Méhul, Etienne-Nicolas (1763-1817) 244, 252, 297Meilink, Leo 222, 294, 310Melchersson, Ingemar (*1946) 147, 156, 295Memelsdorff, Pedro (*1960) 120, #120, 127, #209, 210, 226,

296ff.Mena, Gabriel (+ 1528) 304Mendelssohn Bartholdy, Felix (1809-1847) 58, 75, 156,

250f., 296, 302Menger, Reinhardt 145, 155, 293Merulo, Claudio (1533-1604) 139f., 151, 156, 298Metzger, Franz 192Mey, Guy de (*1955) 121, 288ff., 292f, 298, 310Meyerbeer, Giacomo (1791-1864) 249Michaelis, Bernhard 56Minkowski, Marc (*1962) 116, 292f., 310Mischiati, Oscar (*1936-2004) 138ff.Moffo, Anna (*1932) 57Montéclair, Michel Pignolet de (1667-1737) 86Monteverdi, Claudio (1567-1643) 16, 46, 48, 51, 79, 113,

147, 164, 186, 197, 217, 224, 231, 242f., 244, 288f., 291, 292, 294, 296

Morales, Cristóbal de (c1500-1553) [Akzentrichtung???] 183, 300

Morley, Thomas (1557/58-1602) 185Moulds, Christopher 252, 302Moulinié, Etienne (1599-1676) 48Mozart, Wolfgang Amadeus (1756-1791) 30, 40, 58, 61, 70,

83f., 91, 98, 102f., 113, 122, 124, 154, 192, 243f., 245, 251ff., 255, 275, 287, 290-294, 296-302, 304, 311

Mozart, Leopold (1719-1787) 44, 50Müller, Eduard (1912-1982?) 106, 162Mueller, Hannelore (*1930) 10, 42f., #42f., 45, 49f., #49, 91,

287, 303Müller Molinari, Helga (*1948) 236, 287f.

Münch-Holland, Hans (1899-1971) 287Muffat, Georg (1653-1704) 84, 86, 152, 154f., 292, 297Munrow, David (1942-1976) 108f., 217, 222Nagel, Reinhard von 273Nannino, Giovannio Maria (1534/44-1607) 221Nef, Karl (1873-1935) 41Neininger, Wolfgang (*1926) 64f., 73, 78, 91, #92, 294Neuhaus, Werner 58, 64Neumann, Klaus L (*1933) 13, 39, 49, 73, 89, 91, 94f., #95,

97-100, #98, 108ff., #109, 112, 114, 118, 120, 122, 127, 158, 164, 166f.,175, #175f., 177-180, 184, 188, 190, 199, 201, 203, #206, 207, 210, 217ff., #222, 230, #231, 239, 242, 263ff., 268

Neumeyer, Fritz (1900-1983) 9, 11, #13, #14, 16, #21, 22, 42-45, 78, #79, #80, 91, 231, 269, 273, 287, 303

Neupert, Hanns (1902-1980) 75, 274Neyses, Joseph (1893-?) 58Nicholson, Linda 122, 197, 290, 292ff., 297f., 302Nick, Edmund (*1891-1974) 7, #16, 17, 20, 39, 67, 71f., 103,

269, 276, 303Nielen, Otto (*1931) 37, #37, #93, 305, 308f.Nielen, Ruth (1926-1996) #38, 64, #92Norrington, Roger (*1934) 8North, Nigel (*1954) 173, 219, 289, 297North, Roger (1651-1734) 86Obrecht, Jacob (1457/58-1505) 223Ockeghem, Johannes (c1422-1497) 55f., 157, 198, 214, 227,

230, 238, 289Offenbach, Jacques (1819-1880) 245Othmayr, Caspar (1515-1553) 217f.Ottenberg, Hans-Günter (*1947) 195, 264Page, Christopher (*1952) 109f., 207, 230Palestrina, Giovanni Pierluigi da (1525/26-1594) 67, 157,

213f., 221, 223f., 238, 290, 295Paolo da Firenze (+ 1419) 210, 301Parrott, Andrew (*1947) 109, 298Pataki, James (1925-2004) 59f.Pérès, Marcel 119, 305Perotin (c1160-c1215) 217Peters, Gerhard 64Petrarca, Francesco (1304-1374) 148Petzold, Rudolf (*1908) 76Pfi tzner, Martin 56Philips, Peter (1560/61-1628) 98Philpot, Margaret 110Picchi, Giovanni (1571/72-1643) 177, 298Picht-Axenfeld, Edith (1914-2001) 48Pinnock, Trevor (*1946) 219Pipelare, Matthaeus (um 1500) 218Piroye, Charles (c1670-p1617) 152, 305Pisendel, Johann Georg (1687-1755) 97, 180, 193Pleyel, Ignaz (1757-1831) 306Praetorius, Michael (1571/72-1621) 24, 53, 71, 73, 76, 180,

236Prasser, Christoph (*1966) 71f, 103, 253Prato, Lorenzo da (um 1475) 140, 151Preston, Stephen 171, 289Pricha, Wenzel 91Protschka, Josef (*1944) 215Proust, Marcel (1861-1922) 90Pütz, Ruth-Margret (*1931) 231, 233, 296Purcell, Henry (1659-1695) 49, 217, 235, 242f., 288, 291Quantz, Johann Joachim (1698-1773) 183, 193

Rácz, Zoltán (*1928) 60, 294Ragossnig, Konrad (*1932) 164Rameau, Jean-Philippe (1683-1764) 79, 86f., 107, 112, 116,

178, 198, 232, 234, 242f., 251f., 256, 287f., 295, 301, 310Raskin, Maurice 106Rausch, Franz (1792-1838) 284Reichardt, Johann Friedrich (1752-1814) 244, 246, 255,

298, 302Reiche, Gottfried (1667-1734) 271Reichow, Jan (*1940) 64, 127Reißiger, Carl Gottlieb (1798-1859) 147Renneberg, Thos (*1959) 183Rensburg, Kobie van 250, #253, 301f.Reuter, Rudolf (*1920-1983) 116Richter, Karl (1926-1981) #29, 303Riemann, Hugo (1849-1919) 54, 72Rifkin, Joshua (*1944) 97, 114, 298, 306Rore, Cipriano de (1516-1565) 51, 221, 295, 298Rooley, Anthony (*1944) #174, 220, 289-291, 293, 295,

300, 309Rosenmüller, Johann (c1619-1684) 43, 84, 236, 244, 293f.,

298, 302Rossini, Gioacchino (1792-1868) 94, 236, 242, 249, 287f.,

305Rost, Martin (*1963) 146, 156, 181, 294Rousseaux, Nicolas des (¥1747) 277f.Rousset, Christophe (*1964) 116, 292, Rovatkay, Lajos (1933) 236, #237Ruby, Rudolf 60, 63, 65Ryan, Jane #111, 238Sacchini, Antonio (1730-1786) 242, 305Sacher, Paul (1906-1999) 46, 308Sachs, Curt (1881-1959) 10f.Salvatore, Giovanni (+ 1688?) 148, 157, 300Sandberger, Wolfgang (*1961) 194f.Sardelli, Federico 226, 253, 256f., 299, 302Savall, Jordi (*1941) 112, 120, 168, 219, #219, 228, 237, 287-

290, 293Scarlatti, Alessandro (1660-1725) 48, 151, 156, 177, 242f.,

252, 255, 288, 290f., 293ff., 300f.Scarlatti, Domenico (1685-1757) 151, 165, 174, 235, 289f.,

293f., 297, 302Schäfer, Adelheid 64, 91Schäfer, Markus (*1961) #184, 256, 292, 299-302Schäfer, Wilhelm 56Schäffer, Kurt 43, 58ff., #58, 72Schärnack, Otto (1924-1984) 91, 287Scheck, Gustav (1901-1984) 11, 16, #21, 22, 30, 36, 42f., 45,

#47, 269, 287Scheerbart, Paul (1863-1915) 307Scheidt, Samuel (1587-1654) 43, 51ff, 72, 152, 255, 295, 299f.Schein, Johann Hermann (1586-1630) 16, 43, 51ff., 72, 288,

290, 292, 299, 303Schelle, Johann (1648-1701) 66, 295, 301Schepping, Wilhelm (*1931) 57Schieri, Fritz (*1922) 56Schmalzriedt, Siegfried (*1941) 238Schmelzer, Johann Heinrich (c1620-1680) 168Schmidt-Gaden, Gerhard (*1937) 68, 82, 309Schmitt, Helmut 56Schneider, Friedrich (1786-1853) 250f., Schneider, Horst (*1924) #23, #78Schneider, Marius (1903-1982) 80

319318

Schneider, Max (1875-1967) 129, 136Schneider, Michael (1909-1994) 12Schneider, Michael (*1953) #97, 171, 235, 238, 239, #240,

255, 287, 292-295, 298, 300ff.Schnock, Josef 58Schobert, Johann (c1740-1767) 70, 290Schönstedt, Arno (1913-?) 58, #59Schollmeier, Axel 195Schopper, Michael (*1942) 129, 288-292, 294f., 298, 307Schornsheim, Christine 175, 306Schortemeier, Dirk (*1943) 218Schrammek, Winfried 140Schroeder, Hermann (1904-1984) 214Schröder, Karl-Ernst (1958-2003) #209Schröder, Simone 250Schröter, Corona (1751-1802) 185Schruff, Christian (*1963) 188, 195Schubert, Franz (1797-1828) 70, 255, 292, 295ff., 306Schulte, Hildegard 190, 195Schütz, Heinrich (1585-1672) 16f., 31, 46, 51ff., 58, 82, 122,

168, 174, 180, 186, 196ff., 237f., 243, 289, 294, 298, 303Schuke, Alexander (1870-1933; Fa. gegr. 1894) 145f., 149,

152Schumann, Clara (1819-1896) 275Schumann, Robert (1810-1856) 70, 99, 251, 275, 296, 302Schwendowius, Barbara (*1943) 53, 115, 121, 123, 126f.,

130, 136, #144, #153, 167, #176, 177, 179-183, 185f., 188, 190, 199f., 211f., 218, #220, #222, 238, 242, 263, 266, 276, 287, 305ff., 309ff.

Schweitzer, Albert (1875-1965) 9, 75Seidler, Kurt (1900-?) 16, 39, 72Seifert, Ingrid 95, 294Selig, Franz-Josef (*1962) 250, 256, 292, 301Selle, Thomas (1599-1663) 48, 298Sellentin, Horst (+ 1973) 67Sellheim, Eckart 70, 290Senfl , Ludwig (ca. 1486-ca. 1543) 57, 157, 214, 217f., 223,

304, 306Šev^ cík (1852-1934) 75 [umgekehrter Dachakzent auf c]Seymour, Peter (*1950) 98, 109, 292, 296, 300, 310f. Sherwin, Doron David (*1962) 151, 157, 302Shneerova, Irina 112Smend, Friedrich (1893-1980) 66, 102Smith, Hopkinson (*1946) 112, 173, 288f., 291f., 295ff.,

299, 302Söderström, Elisabeth (*1927) 231, #233, 296Sorko^ cevic´ , Luka (1734-1789) 182 [umgekehrter

Dachakzent auf c]Sous, Alfred 39, 56, #78Sparr, Thea von (1915-1988) #47Speer, Daniel (1636-1707) 179Spemann, Doris (*1931, vgl. Wolff-Malm) 61 Spering, Andreas (*1966) 246, 252, 255, 257, 301f., 305Spering, Christoph (*1959) 125, 295Stadler, Anton Paul (1753-1812) 83Staier, Andreas (*1955) 120, 174f., 290-298Steeb, Karl (*1911) 59, 73, #233Steeb, Karl-Heinz 73, 79Stegemann, Michael (*1956) 195Stein, Johann Andreas (1728-1792) 275, 281Steinkopf, Otto (*1904-1980) 10f., 22f., #22, 26, 34, 45, #45,

#47, 56, 58, 91, 232, 271, 287Stembridge, Christopher 138, 148f., 151f., 156, 290

Stensvold, Terje 250Stevens, Denis (1922-2004) 217Stiftner, Walter 218Stockem, Johannes de (c1445-p1501) 218Stockhausen, Karlheinz (*1928) 24, 90, 201, 214, 229Stöcker, Theodor (1811-1878) 285Stölzel, Gottfried Heinrich (1690-1749) 66Stöneberg, Alfred 66Stoltzer, Thomas (c1475-1526) 218Storck, Klaus (*1928) 61Strauss, Richard (1864-1949) 250Strohm, Heinrich K. (1895-1959) 52, 71Strungk, Nikolaus Adam (1640-1700) 146, 155Stumpf, (Johann) Christian (Ludovicus) (+ 1801) 192Sutherland, Joan (*1926) 231, 287Swanton, Philip 138, 144, 150, 291Sweelinck, Jan Pieterszoon (1562-1621) 52, 98, 152, 155,

214, 297Synofzik, Thomas (*1966) 39, 50, 72f., 99f., 127, 135, 183,

229, 266, 287, 307Szabados-Rácz, Maria 60Tachezi, Wilfried (*1935) 91Tagliavini, Luigi Ferdinando (*1929) 138f., 148, 155Tarr, Edward (*1936) #27, 292Taskin, Pascal (1723-1793) 273Telemann, Georg Philipp (1681-1767) 26, 43, 46, 87, 97f.,

102, 165, 180, 183f., 192f., #193, 198, 239, 243f., 260, 289f., 292-301

Thamm, Hans (*1921) 46, #69Thomas, Kurt (1904-1973) 68Thomas, David 110Thornton, Barbara (1950-1998) 199f., 202, #202f., #206,

235, 288f., 305Tomkins, Thomas (1572-1656) 221, 296f.Toporowski, Marek (*1964) 182, 299, 301Torrent, Montserrat 138, 151Tracey, Bradford (1951-1987) #65, 169, 288Treichler, Willy 41Tromboncino, Bartolomeo (c1470-c1535) 110Tuchtenhagen, Gerhard 56Tunder, Franz (1614-1667) 58, 259, 299Tutz, Rudolf 83, 272Tyler, James 110Uriol, José Luis Gonzalez 138, 151Vanhal, Johann Baptist (1739-1813) 179, 294Vecchi, Orazio (1550-1605) 57, 62, 221, 289, 298, 302Ventadorn, Bernart de (c1135-c1195) 261Veracini, Francesco (1690-1768) 76, 180, 296f., 300Viale, Angelo (1906-?) #19Vittoria, Ludovico da (c1549-1611) 67, 213, 302Vivaldi, Antonio (1678-1741) 72, 76, 91, 95, 177, 180, 226,

242, 253, 255ff., 287, 292, 297, 299-303Vogel, Harald (*1941) 150, 157Volans, Kevin (*1949) 88Vollmer, Günter 58, 64, 73Vötterle, Karl (*1903-1975) 20Vorholz, Dieter (Dietrich) (1932-2003?) 61, 91, #92, 99,

287, 308Waelrant, Hubert (1516/17-1595) 216Wagner, Joachim 145, 152, 305Wagner, Richard (1813-1883) 9, 37, 76, 147, 248ff.Wallerius, Bernhard 287Walpurgis, Maria Antonia (1724-1780) 185

Ward, John (1571-1638) 221, 295, 301Weber, Astrid (*1970) 250Weber, Carl-Maria von (1786-1826) 246fff, 257, 300f.Weber, Karl-Heinz 218Weelkes, Thomas (1576-1623) 221Weil, Bruno (*1949) 245ff,, #248, 249, #250, 255ff.Wenzinger, August (1905-1996) 10f., 16, #21, 22, 24, 30f.,

#32, 33f., 36, 41-51, #42-45, #47ff., 53, 55, 58, 73, 104, #104, 118, 127, 168, #168, 228, 231, 237f., 269, 287, 303, 306ff.

Wert, Giaches de (1535-1596) 217, 300Widmer, Kurt (*1940) 121, 288Willaert, Adrian (c1490-1562) 57, 221, 223, 293, 302Wilson, Glen 112Winking, Hans (*1948) 190, 287Winschermann, Helmut (*1920) 22, #23, 54, #57, 72, 77,

#78, 287Wipo von Burgund (11. Jahrhundert) 209Woehl, Waldemar (1902-?) 42Wolff-Malm, Doris (*1931, vgl. Spemann) #38, 61, 64, 73, 91Wolff, Christoph (*1940) 120, 132Wollny, Peter (*1961) 120, 238Wong, Randall K. (*1955) 98, 290, 307Wulstan, David 207Wunderlich, Fritz (1930-1966) #47, 231, 287Young, Crawford 210, 225, 289, 292, 296f., 299, 301, 309Yun, Isang (1917-1995) 88Zelenka, Jan Dismas (1679-1745) 121, 179, 238, 244, 288,

297, 301f.Ziele´ nski, Mikol/aj (um 1600) 182Zierau, Ulla (*1966) 195Zillig, Winfried (1905-1963) 67Zimmermann, Walter (*1949) 90

320

© action press S. 139

© Clive Barda S. 111 (oben, unten links), 221

© Berliner Sing-Akademie S. 128, 131

© Blasy, Oberwart/Burgenland S. 155 (unten links)

© Daniela-Maria Brandt S. 85

© Joachim Clüsserath S. 12, 135 (oben)

© CONCERTO (Archiv) S. 56

© Heinz Edelmann S. 159-162, 235 (links)

© Foto Faulhaber, Hamburg S. 21

© Foto Hofer, Innsbruck S. 206 (oben)

© Fürstlich zu Bentheim-Tecklenburgische Musikbibliothek

Rheda, Depositum in der ULB Münster (Signatur:

Rheda 798) S. 193

© Thomas Gallia S. 64, 82, 150 (links und rechts), 237

© Paul Grümmer, Begegnungen, München o.J., 109v S. 42 (oben)

© harmonia mundi France S. 81, 253

© Friedemann Hellwig S. 275, 277, 278, 279, 280, 281, 282,

284, 286

© Thomas Helms S. 156

© Harald Hirsch S. 149 (links und rechts)

© Historisches Archiv der Stadt Köln S. 14, 38

© Hochschule für Musik Köln S. 43 (unten)

© Heinz Karnine S. 10, 27

© IV. Internationaler Kongreß für Kirchenmusik in Köln,

Köln 1962 (Bildanhang) S. 11

© Bernd Liebl S. 96 (rechts), 98

© Georg Litzinger S. 122, 123 (oben), 141 (oben und unten),

142 (3 Bilder), 143 (4 Bilder), 144 (3 Bilder), 154

(unten links und rechts), 155 (3 Bilder oben)

© Richard Lorber S. 250

© Klaus Mohr S. 235 (rechts)

© Klaus L Neumann S. 13 (unten), 63 (unten), 65, 76, 86,

87, 92, 93 (unten), 95 (oben und unten), 96, 97 (oben

und unten), 107, 108, 111 (unten rechts), 113, 114, 115,

117 (3 Bilder), 120, 123 (unten), 125, 132, 133, 134, 135

(unten), 148, 157, 164, 174, 175, 177, 180, 182, 184, 187,

201, 202 (unten), 204 (oben), 206 (unten), 207, 209,

210, 211, 218, 220, 224, 225, 226, 227, 228, 234, 236, 239

(unten), 240 (oben und unten), 241 (oben), 270

© Presse- und Informationsamt der Stadt Herne S. 49, 158,

164, 165, 166, 167, 168, 171, 172, 176, 219

© privat S. 42 (unten), 47, 154 (oben links), 190

© Hans-Dieter Radke, Köln S. 31

© Rheinisches Bildarchiv S. 130

© Monika Rittershaus S. 252

© Klaus Rudolph S. 251

© Helmut Schmaul S. 145

© Schola Cantorum Basiliensis S. 43 (oben), 45 (oben)

© Barbara Schwendowius S. 153, S. 154 (oben rechts), 155

(unten rechts)

© Staatsbibliothek zu Berlin, Musikabteilung S. 247

© SV-Bilderdienst S. 63 (oben)

© Vanguard Classics S. 62, 216

© Westfälisches Amt für Denkmalpfl ege S. 96 (unten links),

191 (3 Bilder), 192

© WDR S. 13 (oben), 16, 18, 19, 20, 22, 23, 25, 26, 27 (oben),

28, 29, 30, 32 (oben und unten), 33, 34, 35, 36, 37, 44,

45, 48, 52, 53, 54, 55, 58, 59, 61, 66, 70, 77, 78, 79, 80, 93

(oben), 103, 104, 105 (oben und unten), 118 (3 Bilder),

203, 204 (unten), 215, 230, 233, 241 (unten), 246, 248,

254, 264

© WDR/Walter Dick S. 102

© WDR/Hajo Hohl S. 94, 99, 109, 202 (oben), 222, 239 (oben)

© Gudrun Webel S. 124

© Windsbacher Knabenchor S. 69

© Harro Wolter S. 89

Buchumschlag von Johannes Ritter unter Verwendung

eines zeitgenössischen Stiches (Orchesteraufstellung

des Dresdner Orchesters um 1725).

Bildnachweis