50 Jahre Moore's Gesetz

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“Moore’s Law” ist nun 50 Jahre alt – der Chip auf dem Titelbild auch schon über 15 Jahre. Sollen wir uns an einer Hochschule mit einer Technik beschäftigen, die so alt ist? Dieses Referat will aufzeigen, wie aktuell die Mikroelektronik auch heute – 50 Jahre nach der Formulierung von “Moore’s Law” immer noch ist! Referent ist Prof. Karl Schenk, Leiter des Instituts für Mikroelektronik der Fachhochschule Nordwestschweiz. 1

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“Moore’s Law” ist nun 50 Jahre alt – der Chip auf dem Titelbild auch schon über 15 Jahre. Sollen wir uns an einer Hochschule mit einer Technik beschäftigen, die so alt ist? Dieses Referat will aufzeigen, wie aktuell die Mikroelektronik auch heute – 50 Jahre nach der Formulierung von “Moore’s Law” immer noch ist!

Referent ist Prof. Karl Schenk, Leiter des Instituts für Mikroelektronik der Fachhochschule Nordwestschweiz.

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Ich werde kurz “Moore’s Law” vorstellen, dann zeigen wo wir heute stehen und was heute die Herausforderungen der Mikroelektronik sind. Ein Blick auf das IME schliesst meine Präsentation ab.

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Was ist “Moore’s Law” eigentlich?

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“Moore’s Law” wurde von Gordon Moore, u.a. dem Mitbegründer von Intel, In der Fachzeitschrift «Electronics» am 19. April 1965 formuliert. Moore’s Law ist kein Gesetz, sondern eine Schlussfolgerung aus einer Beobachtung. Gordon Moore postulierte, dass die Komplexität der Komponentenkosten sich um einen Faktor 2 pro Jahr erhöht hatte. Er gab seiner Überzeugung Ausdruck, dass diese Steigerungsrate noch sicher 10 Jahre so weiter gehen würde und künftig ganze komplexe Schaltungen auf einem einzigen Wafer möglich wären…

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Die Grafik zeigt, aufgrund welcher Daten Gordon Moore seine Schlussfolgerung zog: 1959 wurde erstmals ein «Chip», d.h. ein Element aus mehr als einem einzigen Transistor auf dem selben Substrat produziert. 1965 konnten Chips mit ca. 100 Transistoren hergestellt werden. Diese Kurve ergab extrapoliert bis 1075 ca. 65’000 erwartete Transistoren auf einem Chip…

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Wo stehen wir heute: Die Halbleiter-Industrie erstellt alle zwei Jahre eine «Technologie-Roadmap». Dabei wird der Status aufgenommen. Die Herausforderungen in den verschiedenen Teildisziplinen werden analysiert, die Lösungsansätze diskutiert und die Entwicklung auf die nächsten 10-20 Jahre projiziert.

In der Vergangenheit war die ITRS jeweils ziemlich genau. Erstaunlich ist vor allem, wie auch heute noch eine Entwicklung mit annähernd den gleichen Steigerungsraten wie vor 50 Jahren gerechnet wird…

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Diese Grafik zeigt die Entwicklung der Mikroprozessorchips seit dem ersten µP (Intel 4004) im Jahre 1971 bis heute. Aufgetragen sind die wichtigsten µPs mit ihrer Anzahl Transistoren. Dabei zeigt sich, dass in den 44 Jahren von 1971 bis 2015 eine Steigerung der Komplexität um einen Faktor 222 stattgefunden hat, also eine Verdoppelung alle zwei Jahre.

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Eine Grafik aus «Nature» verknüpft die Anzahl Transistoren (blau) mit der Gate Länge, also der wichtigsten Technologie-Definition zur Strukturgrösse (rot). Zu erkennen ist, dass die Strukturgrösse bis ins Jahr 2025 weiter von heute 10 nmbis 7.4 nm sinken wird.

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Die rasante Entwicklung gilt nicht nur für Prozessoren, sondern in ähnlichem Masse auch für Speicherchips der verschiedenen Technologien: Auch hier ist in der Grafik aus der ISSCC eine stete Erhöhung der Komplexität (der Anzahl Speicherzellen pro Chip) zu erkennen – je nach Reife der Technologie mehr oder weniger schnell.

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Wie erreicht man auch heute noch diese Verdoppelung der Komplexität?

Einerseits werden Verfahren eingesetzt, welch emit «Strained Silicon» die Gitterstruktur des Siliziums verändern, damit die Elektronen mobiler werden. Mit high- κ Materialien, also Materialien mit höherer Dielektrizitätszahl als Siliziumoxid, kann die Dicke des Gateoxids erhöht werden, was die Kapazität erhöht und den Leckstrom senkt.

Materialien aus der sogenannten III-V-Gruppe wie Galliumarsenid, Indiumphosphid etc. erhöhen ebenfalls die Geschwindigkeit der Bauteile. Ausserdem werden neuartige Prinzipien wie Tunneling und Elektromagnetischer Spin eingesetzt. Allerdings ist vorauszusehen, dass die horizontale Skalierung von CMOS bald grundsätzliche Grenzen erreichen wird, weil die Grössenordnungdes Gitterabstands von Silizium erreicht wird.

Deshalb wird nach 50 Jahren der Weg in die dritte Dimension gesucht.

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Was sind nun die Herausforderungen?

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Als Zyklus bezeichnet die ITRS die Zeit für die Verdoppelung der Komplexität. Dadie Technologien bisher in 2D ausgeführt wurden, bedeutet «Verdoppelung der Kapazität» immer eine Division der Strukturgrössen um die Wurzel von 2.

Prozessoren und ASICs folgten bisher einem Zyklus von 2 Jahren. Dieser wird sich ab etwa 2017 auf 3 Jahre verlangsamen. Dynamische Speicher (DRAMs) folgten bisher einem 3-Jahre-Zyklus und werden auf einen 4 Jahres Zyklus zurückfallen. Damit werden die Prozessortechnologien jene der Speicher einholen.

Mit der zunehmenden Verkleinerung der Strukturbreiten auf unter 10 nm nähern sich diese immer mehr der Grösse des Silizium-Gitters: Hier beträgt der Gitterabstand im Silizium-Kristall ca. 543 pm, somit sind bei einer Strukturgrösse von 10 nm gerade noch etwa Kristalllagen vorhanden, bei einem FinFET (siehe später) von 8 nm sogar nur 15 Kristallebenen. Es ist klar, dass dabei eine Grenze erreicht wird und eine weitere Erhöhung der Dichte nur durch den Schritt in die dritte Dimension erreichbar ist.

Es gibt Leute, welche das als «Moore’s Law 2.0» (oder sogar schon 3.0) bezeichnen…

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Die dritte Dimension kann auf verschiedenen Wegen gesucht werden.

Ein Weg ist, die Transistoren in die dritte Dimension wachsen zu lassen. Das bedeutet, dass das Gate, das beim planaren MOS Transistor in der Ebene liegt, neu aufgestellt wird. Es sieht dann aus wie eine Flosse (Fin) und wird von der Gate-Elektrode umfasst. Dadurch werden die Wege sehr viel kürzer, die Geschwindigkeit erhöht und auch die mögliche Dichte erhöht, weil nun auch mehrere Gates pro Transistor möglich werden.

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Die dritte Dimension wird aber auch erreicht, indem Chips aufeinander gestapelt werden. Das wird schon seit einigen Jahren gemacht, dann aber, indem die einzelnen Chips gegenüber dem Gehäuse und untereinander gebondet werden. Heute werden die Chips hingegen durch den Wafer bzw. den Chip hindurch miteinander verbunden, mit sogenannten «Through Silicon Via». Forschungen, an denen auch ein Mitarbiter des IME beteiligt war, sind nun z.B. am IMEC im Bereich des Test dieser TSV im Gang.

Stacking von Chips erlaubt nicht nur eine Erhöhung der Dichte, sondern auch die Kombination von Chips in unterschiedlichen, auf die jeweiligen Anwendungen optimierten Technologien, wie Prozessoren, Speicher, Analog-Funktionen und Mikromechanik und deren schnelle Verbindung mit sehr vielen Verbindungsstellen.

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Neue Technologien wie «Spin-Wave-Materialien» erlauben nochmals eine Erhöhung der Komplexität. Dabei werden elektromagnetische Spinwellenerzeugt, gesteuert und übertragen.

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Eine grosse Herausforderung bleibt der Energieverbrauch, und dabei auch das Problem, wie die entstandene Wärme abgeführt werden kann. Gegen Ende des letzten Jahrhunderts näherte sich die Energiedichte in den komplexesten Prozessoren jener der Herdplatte, und befürchtet wurde bereits, dass diese Energiedichte weiter ansteigen würde. Der Übergang zu neuen Technologien hat aber dann zu einer Reduktion der Leckströme und des dynamischen Energieverbauchs geführt, so dass die Leistungsdichte nun konstant geblieben ist.

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Generell ist die «Energie-Effizienz» gestiegen. Da moderne Rechner nicht immerentweder gar nicht oder auf «Volllast» laufen, wird die Anzahl der Berechnungen über ein Jahr mit dem Energieverbrauch während des Jahres mit allen Standby-, Sleep- und Low-Power-Modi bewertet.

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Bei den Standard-ICs wird auch heute noch Alumium für die Verdrahtung (Metal-Layer) verwendet. Für High-Performance-Chips kommt seit vielen Jahren das aufwändigere Kupfer zum Einsatz, das eine bessere Leitfähigkeit aufweist. Bessere Materialien sind nicht in unmittelbarer Sicht, hingegen werden Forschungsarbeiten mit Graphen, also einlagige Kohlenstoffschichten.

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Eine weitere Herausforderung besteht ebenfalls schon seit vielen Jahren: Heute wird immer noch UV-Licht mit 193 nm Wellenlänge zur Belichtung der Chipstrukturen in der Produktion verwendet. Bei Strukturgrössen von 20 nm und darunter ist die Wellenlänge somit ein Vielfaches der Struktur – somit muss die Maske die optischen Streueffekte nachbilden. Extended UV mit 13 nm ist zwar seit Langem bekannt, aber zu teuer, zuwenig lichtstark und noch nicht im breiten Einsatz. Am PSI wird die SLS verwendet, um für Forschungszwecke EUV-Lithographie zu machen – ein sehr aufwändiges Verfahren…

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Schliesslich steigen mit der wachsenden Komplexität der ICs auch die Anforderungen an den Design: Die Kosten wachsen nicht linear mit der Komplexität, sondern exponentiell. Da auch die NRE-Kosten («Non-recurringEngineering», Masken-Kosten etc.) exponentiell mit der Technologieentwicklung ansteigen, werden FPGAs auch für komplexe integrierte Funktionen bei höheren Stückzahlen wirtschaftlich, da die Programmierbarkeit nicht nur NRE-Kosten spart, sondern auch das Designrisiko senkt. Vor Jahren wurde deshalb erwartet, dass der ASIC-Markt für digitale ASICs massiv zurückgehen würde zugunsten der FPGAs. Heute stellt man allerdings fest, dass sowohl der ASIC- als auch der FPGA-Markt mehr oder weniger stabil sind. Trotzdem sind gerade im Schweizer Markt die FPGAs absolut dominant – es gibt nur sehr wenige grosse Digital-ASIC-Projekte.

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Und wo steht bei alledem das Institut für Mikroelektronik (IME) der FHNW?

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Im Bereich der rein digitalen ASICs sieht das IME praktisch nur FPGA-Projekte: Diese können ihre Stärken bei schneller Signalverarbeitung mit hohen Datenmengen, z.B. Echtzeit-Bildverarbeitung, ausspielen. Dabei bearbeitet das IME grosse aufwändige Projekte wie den Echtzeit-Spektrumanalyse für die Radiostronomie oder eine Bildverarbeitung für industrielle Drucksysteme und wirkt damit an der Spitze der Technologie mit.

Während rein digitale «masken-produzierte» ASICs in der Schweiz nur eine geringe Bedeutung haben, finden gemischt analog/digitale ASICs gerade in der Medizintechnik oder in der Industriellen Mess- und Sensortechnik sehr viele bestens geeignete Anwendungen. Aufgrund der Anforderungen und der in der regel eher bescheidenen Stückzahlen genügen Technologien bis etwa 130 nm, dafür kommen für die üblichen Anforderungen wie Low-Power und sehr schwache Sensorsignale Schaltungstechniken wie Switched-Capacitor und Wandlersystem als Sigma-Delta-Systeme zum Einsatz. Das IME beherrscht dazu die Entwicklungs- und Simulationsmethodik und bearbeitet mehrere spannende Industrieprojekte.

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